Stephan Herbert Fuchs
 

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13.04.2024

Seite an Seite mit der deutschen Elf / Fußball-EM-Song kommt aus dem Kulmbacher Land – Kasendorfer Dirigent Dominik Biedermann hat den Ohrwurm komponiert

Kulmbach. Die Fußball-Europameisterschaft findet in diesem Jahr vom 14. Juni bis zum 14. Juli in Deutschland statt. Einen Song dazu gibt es schon, und der kommt aus dem Kulmbacher Land: „Seite an Seite“ ist der Titel. Komponiert und getextet wurde die Fußball-Hymne von Dominik Biedermann aus Neuenmarkt. Er hat sie auch zusammen mit der Formation „Brassinga“ eingespielt. Das Video auf „YouTube“ hat es bereits in den ersten zwei Wochen zu fast 1500 Aufrufen gebracht. „Richtig geil“, „echt cool“, „toller Song“, so heißt es in den Kommentaren.

Dominik Biedermann (34) ist ein musikalischer Tausendsassa. Seit Oktober 2022 leitet er das Sinfonische Blasorchester Kasendorf. Er spielt Posaune, Tenorhorn, Trompete, Tuba, Waldhorn, eben alles, was Blech ist, und ein Mundstück hat. Er leitete schon mehrere Musikvereine in verschiedenen Bundesländern, unterrichtete zahlreiche Schüler, spielt in verschiedenen Formationen und hat sogar schon zwei Theaterstücke geschrieben. Seit dem aktuellen Schuljahr ist er Musiklehrer in zwei Hofer Mittelschulen.

Die Brassband „Brassinga“ war erst im Sommer des vergangenen Jahres gegründet worden. „Beim ersten Konzert Mitte September in der Kommunbräu haben und sie Leute förmlich überrannt“, erinnert sich Dominik Biedermann. Dabei ist Brassinga alles andere als eine klassische Brassband. Zum einen ist die Band keinesfalls nur instrumental ausgerichtet. Zum anderen kommen ausschließlich eigene Arrangements zur Aufführung, die alle aus der Feder von Dominik Biedermann stammen. „Wir machen das, was sonst keiner macht“, sagt er. Bei den Rocknummern erklinge halt dann Saxofon und Posaune statt der E-Gitarre.

Mittlerweile ist der Ohrwurm „Seite an Seite“ nicht nur auf „YouTube“ zu sehen und zu hören, es gibt ihn auch auf anderen Plattformen wie Spotify oder Apple Music. Die Idee, überhaupt einen EM-Song zu machen, sei von Schlagzeuger Stefan Friedrich aus Kasendorf gekommen. „Das Grundgerüst stand in zwei Stunden“, für den Notensatz habe er einen halben Tag gebraucht, sagt Dominik Biedermann, der trotz junger Jahre bereits als erfahrener Arrangeur gilt.

Konkret setzen sich „Brassinga“ aus vier Saxofonen, zwei Tenorhörnern, zwei Trompeten, einer Tuba, einem Schlagzeug und einer Gesangstimme zusammen. Wie in einer Fußballmannschaft also genau elf Musiker. Dominik Biedermann spricht von einer „zusammengewürfelten Truppe aus erfahrenen Musikern“. Tatsächlich waren oder sind sämtliche Mitwirkenden auch in anderen prominenten Formationen aktiv.

Nun gilt es, den Song bekannt zu machen und zu vermarkten. Dazu hat Dominik Biedermann mehrere Notensätze erarbeitet, die auf Anforderung kostenlos erhältlich sind. Eine E-Mail an noten@biedermann-music.de genügt. Die Notensätze sind für Blasorchester, Brassband, Bigband, Chor und Band erhältlich.

Bild: Unter der Leitung des Komponisten Dominik Biedermann fanden die Dreharbeiten zu dem Video im Musikerheim in Kasendorf statt. Der Clip wurde auf „YouTube“ mittlerweile rund eineinhalbtausendmal abgerufen.

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12.04.2024

Orgel ohne Pfeifen: Satte Farben der Spätromantik / Konzert der Hofer Symphoniker: Ein Abend für die schwedische Komponistin Elfrida Andrée

Hof. Man fragt sich, warum man nicht schon längst einmal etwas von dieser Komponistin gehört hat: Elfrida Andrée heißt die schwedische Spätromantikerin, von der die Hofer Symphoniker und ihr Dirigent Hermann Bäumer am Freitagabend im Festsaal der Freiheitshalle gleich drei Werke auf das Programm gesetzt hatten. Eine Premiere, denn erstmals in der Orchestergeschichte hatten sich die Symphoniker dieser hierzulande unbekannten Komponistin angenommen. Und das, obwohl Elfrida Andrée mehr als hundert Werke hinterlassen hat. Mit ihrem kurzen Andante für Streichorchester, ihrer ersten Symphonie und ihrer zweiten Orgelsymphonie widmeten ihr der Klangkörper und Hermann Bäumer fast einen ganzen Abend.

Elfrida Andrée (1841 - 1929) ist in ihrer Heimat nicht nur als Komponistin bekannt geworden, sondern auch als Organistin und als Frauenrechtlerin. Sie war eine der ersten Organistinnen im skandinavischen Raum und legte als erste Frau in Schweden ihr Orgelexamen ab. Frauen auf der Orgelbank, das war lange nicht selbstverständlich.

Für das Portrait der Komponistin hat Dirigent Hermann Bäumer eine kluge Auswahl getroffen: einmal Streichorchester, dann Bläser und Orgel und schließlich großes Orchester. Das waren drei verschiedene Klangvariationen ein und derselben Tonsetzerin. Schon in der kleinen Komposition des „Andante quasi recitativo für Streichorchester“ wird deutlich, welch kunstfertigen Umgang die Komponistin mit dem Klangkörper beherrschte. Solo-Instrumente werden rezitativ-artig von den Antworten des Streichorchesters begleitet und Hermann Bäumer hebt mit den Musikern besonders die vielen Details hervor.

Eine weitere Premiere war der Auftritt des Orgelvirtuosen Christian Schmitt mit Elfrida Andrées dreisätziger „Orgelsymphonie Nr. 2 Es-Dur für Orgel und Blechbläser“. Christian Schmitt ist Orgelprofessor in Rotterdam und betreut als Principal Organist die Orgelreihe der Bamberger Symphoniker. Da es im Festsaal keine Orgel gibt, brachte der Solist kurzerhand eine Art Eigenentwicklung mit nach Hof.

Dabei handelt es sich um Hightech pur mit einer digitalen Version der Orgel der Philharmonie Essen, die in Zusammenarbeit mit einer niederländischen Firma entstanden war, die transportabel und an viele Räume anpassbar ist. Konkret handelt es sich um einen normalen Spieltisch mit drei Manualen und Pedalen, lediglich die Orgelpfeifen fehlen. Stattdessen stehen zwei große Lautsprecher an der Rückwand des Saales. Von dort kommen die Klänge so lupenrein, dass man sich mit geschlossenen Augen tatsächlich im sakralen Raum glauben könnte. Die Töne wurden allerdings in der Essener Philharmonie aufgenommen, gespeichert und in digitale Dateien „verpackt“. „Die Philharmonie Essen erklingt gesampelt in Hof“, so hatte es der Organist zuvor erklärt.

Elfrida Andrée verkörpert mit ihrer Komposition beispielhaft den Übergang von der Romantik zur Spätromantik. Klare Konturen und ein durchsichtiges Klangbild, wie man es von Felix Mendelssohn Bartholdy oder Niels Wilhelm Gade, dessen Schülerin Elfrida Andrée war, kennt, taucht sie voller Effekte in die satten Farben der Spätromantik. So führt es auch Christian Schmitt an der digitalen Orgel auf: gekonnt virtuos, meisterhaft, kunstfertig und eindrucksvoll musiziert. Auch für ihn war die Begegnung mit der schwedischen Komponisten Neuland. Mit der Meditation aus Charles-Marie Widors erster Symphonie als Zugabe bedankte sich der Solist für den großen Applaus.

Neben ihrem Schaffen für die Orgel wagte Elfrida Andrée wohl auch als erste Schwedin den Schritt in den Bereich der Sinfonik. Ihre viersätzige „Symphonie Nr. 1 C-Dur“ ist eine kunstvolle, eingängige und bemerkenswerte Komposition. Trotzdem endete die Uraufführung im Winter 1869 in Stockholm in einem Debakel, weil die Komposition einer Frau boykottiert wurde. Die Zeit war eben noch nicht reif. Lyrisch musizieren die Symphoniker das komplexe und trotzdem auch traditionelle Werk unter der behutsamen Leitung des Dirigenten. Hermann Bäumer betont auch hier die vielen zarten Details der an Farben so reichen Partitur.

Zur Einstimmung gab es zuvor die „Manfred“-Ouvertüre von Robert Schumann. Der Komponist hatte aus Lord Byrons Text ein tragisches Gedicht in drei Teilen für Soli, Chor und Orchester gestaltet, das allerdings kaum aufgeführt wird. Lediglich die expressive Ouvertüre wird hin und wieder gespielt und sie passte hervorragend als Einstimmung auf den Abend mit den Werken von Elfrida Andrée. Scharf konturiert, dramatisch und voller Atmosphäre präsentieren sie die Hofer Symphoniker unter Hermann Bäumer. Das macht Lust auf mehr, da würde man gerne auch einmal den ganzen „Manfred“ im Konzertsaal hören.

Weil dieser Konzertabend doch ein besonderer war, wurde er vom Bayerischen Rundfunk aufgenommen. Man darf auf die Sendung am 24. April um 20.05 Uhr auf BR-Klassik gespannt sein.

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11.04.2024

Pariser Flair und nostalgischer Charme / Stefanie Hertel im Boulevardstück „Ganz Paris träumt von der Liebe“

Kulmbach. Es ist Boulevardtheater im besten Sinne: „Ganz Paris träumt von der Liebe“ heißt die musikalisch-romantisch-nostalgische Komödie von David-Jonas Frei, die am Donnerstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle zu sehen war. In der Hauptrolle: Schlagersängerin und TV-Star Stefanie Hertel.

Klar, dass auch gesungen wird. Nicht nur der Titel war vor Jahrzehnten ein Hit, den Catarina Valente so treffend interpretiert hatte. Auch große zeitlose Schlager vieler anderer Unterhaltungskünstler hat der Autor geschickt in das Stück eingebaut. Da erklingen Lieder von Peter Kraus („Sugar Baby“), Bill Ramsey („Pigalle“), Gerd Böttcher („Für Gaby tu ich alles“) oder Wencke Myhre („Beiß nicht gleich in jeden Apfel“). Sogar Tom Jones klingt an („She´s a Lady“) und Serge Gainsbourgs Skandalsong „Je t´aime“. Die meisten Songs interpretiert Stefanie Hertel. Keine Frage Autor David-Jonas Frei hat ihr das Boulevardstück praktisch „auf den Leib“ geschrieben.

Inhaltlich geht es auf eine romantische Reise in ein turbulentes und farbenfroh gezeichnetes Paris der 60er Jahre mit Eiffelturm und Moulin Rouge im Hintergrund. In der Stadt der Liebe treffen sich Gaby und Andrew, ein Amerikaner. Gaby ist auf der Flucht vor Verantwortung, sie soll den Präsidenten heiraten. Andrew wird von seiner Frau in der unbekannten Stadt zurückgelassen, während sie sich lieber mit der französischen High Society vergnügt. Aus einer Zweckgemeinschaft wird eine Romanze, die immer wieder durch die Ankunft von Andrews Frau Nathalie, einem lästigen Polizeibeamten und einem sehr anhänglichen Kellner, gestört wird. Auch Gabys Verlobter, der Präsident persönlich, taucht auf.

Zugegeben, die Handlung ist schon etwas weit hergeholt, aber darauf kommt es nicht an. Stefanie Hertel ist in der weiblichen Hauptrolle als Gaby zu erleben. In weiteren Rollen sind zu sehen und zu hören: Stuart Summer als Andrew, Sascha Hödl als „Le President Maurice“, Rebecca Lara Müller als Nathalie, Martin Schranz als Hoteldirektor und mit David Jinas Frei als Polizist steht der Autor selbst mit auf der Bühne. Sie alle sind echte Profis, die schon an vielen Namhaften Bühnen gespielt haben, in TV-Filmen zu erleben waren und teilweise auch als Musicaldarsteller einen Namen haben. Klar, dass alle absolut professionell agieren, auch dann, wenn die Handlung nicht mehr so glaubhaft, sondern eher etwas konstruiert rüberkommt und von Albernheiten nur so strotzt. Gleich zwei Mal gibt es in Showeinlagen sogar eine, zugegeben durchaus gelungene Thomas-Gottschalk-Parodie.

Man muss nicht besonders erwähnen, dass Stefanie Hertel sämtliche bekannten Titel perfekt zeitgemäß und überaus gekonnt interpretiert. Erwähnenswert ist schon eher, dass sie auch schauspielerisch stets 100 Prozent gibt. Ist die Handlung auch noch so verdreht, ihr nimmt man alles ab. Bereits mit ihrem Engagement im Musical „Mamma Mia“ hatte sie eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass ihr die Kombination Singen und Spielen bestens liegt. Auch sie ist in einer ganz besonderen Einlage zu erleben, als sächselnde Uschi.

Man merkt auch, dass Stefanie Hertel das Stück am Herzen liegt, denn gemeinsam mit dem Autor hat sie die gesamte Tournee von den Ideen zum Stück bis zur Organisation der Proben geplant. Unterstützt wurde das Team dabei unter anderem von Kostümbildnerin Antje Fiedler. Das Bühnenbild ist in Zusammenarbeit mit der Schreinermeisterin Petra Huber entstanden.

Eine ganz besondere Freude war die Aufführung für die Bewohner der Seniorengemeinschaft „Magnusturm“ in Kasendorf. Vor drei Wochen hatte Stefanie Hertel die Einrichtung der GmbH „Zuhause sein – Ambulante Pflege“ von Markus Weigel besucht und die Senioren persönlich eingeladen. In der Dr.-Stammberger-Halle ließ es sich der Star nicht nehmen, die älteren Menschen mit Handschlag und ein paar persönlichen Worten zu begrüßen.

Die Premiere des Stücks war bereits am 3. April in Mannheim. Seitdem tourt das Ensemble durch die Lande. Ein Ende ist noch lange nicht abzusehen, sogar für November 2025 stehen bereits Aufführungstermine fest. Wer Stefanie Hertel live erleben möchte, hat dazu in Kulmbach bereits am 30. Juli erneut Gelegenheit. Dann tritt sie bei der Bierwoche im Stadl zusammen mit Schlagerkollegen Patrick Lindner auf.

Bilder: „Ganz Paris träumt von der Liebe“ heißt die Boulevardkomödie, mit der TV-Star Stefanie Hertel in der Dr.-Stammberger-Halle das Publikum als Sängerin und Schauspielerin gleichermaßen begeistert hat.

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05.04.2024

Digital, interaktiv und multimedial: Konzert des Dresdner Kammerchors ExSilentio in der Mainleuser Spinnerei

Mainleus. Fast hätte der Brand am Mittwochabend auf dem Industriegelände dem Auftakt des Kulturfestivals „Klang im Kesselhaus“ einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch das Feuer wütete in einem anderen Bereich, so dass dem Auftritt des ExSilentio-Kammerchores der Musikhochschule Dresden unter Lukas Alois Roth in der „Neuen Baumwollhalle“ nichts im Wege stand und das außergewöhnliche Konzert ohne Einschränkungen stattfinden konnte.

„Identities“ heißt die neue Produktion, die sich die kreativen Köpfe um den Tausendsassa Lukas Alois Roth aus Ludwigschorgast ausgedacht haben. Dabei gastierte das Ensemble nicht zum ersten Mal an diesem Ort. Bereits im vergangenen Jahr brachte der Chor mit seiner Aufführung „Stimmen an verstummten Stellen“ die Location zum Erklingen. Diesmal aber war es kein Chorkonzert, wie man es vielleicht erwartet hätte. Vielmehr kamen unterschiedliche Medien zum Einsatz, um die zahlreichen geistlichen und weltlichen Chorsätze aus mehreren Jahrhunderten und in verschiedenen Sprachen zu unterstreichen und die Kompositionen in einen Kontext zu bringen.

Dafür war der Stuttgarter Tom Schellmann zuständig, der aktuell auch für die Münchner Kammerspiele arbeitet und der eigens für Mainleus eine Art Bühnenbild erschaffen hatte. Zunächst sitzen die zwölf Sängerinnen und Sänger wie bei einer Konferenz auf einem Podium und singen sogar im Sitzen, dann agieren sie, stehen auf, steigen auf den Tisch und erst später stellen sie sich zum Chor auf.

Der Mediengestalter Maks Pallas begleitete das Projekt videographisch. In Einblendungen reflektieren sie in fiktiven nachgestellten Interviews über den Zustand der Gesellschaft, über Herausforderungen der Gegenwart und über Werte als den Kompass des Lebens. Das Ergebnis war eine interaktive multimediale Vokalperformance, die es so wohl noch nie gegeben hat. Inhaltlich sollte es um die „großen Fragen des Lebens“ gehen, hatte Lukas Alois Roth bereits im Vorfeld erklärt. Zugegeben, in dieses Motto lässt sich praktisch alles packen, was die Verantwortlichen auch getan haben, von Klimawandel bis Kriegsangst.

Musikalisch bemerkenswert war nicht nur, dass es auch eine Uraufführung eines zeitgenössischen Chorsatzes des jungen Dresdener Komponisten Maximilian Nicolai gab. Bemerkenswert war vor allem die stimmliche Leistung aller Akteure, die fast 75 Minuten lang, ohne Pause, perfekt agierten- Stimmkultur und Sprachverständlichkeit, Klanggröße und Piano, alles war da zur rechten Zeit. Lukas Alois Roth hatte „seinen“ Chor wieder einmal vollendet einstudiert. Überraschend ist auch, welche wundervolle Akustik in dieser eigentlich unwirtlichen Halle mit Pfützen auf dem Boden und Tauben im Gebälk herrscht.

Bürgermeister Robert Bosch hatte zuvor seiner Freude Ausdruck verliehen, dass in dem alten Hallen mit dem neuen Festival das ganze Jahr Kultur inszeniert werden soll. Begeistert von der Festivalidee, begeistert von der Kreativität des Ludwigschorgasters Lukas Alois Roth und voller Freude auf die anstehenden kulturellen Aktivitäten hatte sich zuvor die Dirigentin Ljubka Biagioni geäußert. Sie hatte die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen. Eine, die Lukas Alois Roth und dessen Wirken seit Jahren begleitet, ist Christina Flauder. Im Rahmen seines Schaffens sei jeder Abend unglaublich berührend, sagte die stellvertretende Landrätin.

Der gebürtige Kulmbacher Lukas Alois Roth (27) steht aktuell kurz vor dem Ende seines Studiums der Schulmusik und der Chorleitung an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden. Den ExSilentio-Kammerchor rief er 2020 ins Leben, um der Stille der Pandemie etwas entgegenzusetzen, Alle Sängerinnen und Sänger des Ensembles sind Studenten und Ehemalige der Dresdner Musikhochschule.

Weitere Aufführungen des ehrgeizigen Projekts fanden am Samstag in der Kühnlenzpassage in Kronach und am Sonntag im Konzertsaal der Hochschule für Musik in Dresden statt.

Bilder: Außergewöhnlich und extravagant: der Auftritt von ExSilentio, dem Kammerchor der Musikhochschule Dresden unter Lukas Alois Roth in der Mainleuser Spinnerei sprengte am Freitagabend viele Grenzen musikalisch-künstlerischer Ausdrucksformen.

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23.03.2024

Eindrucksvoll, emotional und bestens einstudiert / Bachs Johannespassion in der Schlosskirche

Bayreuth. Fast auf den Tag genau, am 7. April vor 300 Jahren wurde die Johannespassion von Johann Sebastian Bach in der Leipziger Nikolaikirche uraufgeführt. Regionalkantor Sebastian Ruf hat den Jahrestag zum Anlass genommen, zusammen mit dem Kammerchor der Bayreuther Schlosskirche, dem Barockorchester „La Banda“ und einer Reihe namhafter Solisten, das Werk am Samstagabend in der Schlosskirche und am Sonntagnachmittag im Bamberger Dom aufzuführen.

Der erst vor einem knappen Jahr gegründete Kammerchor hatte bereits in seinen ersten Konzerten durch Homogenität, saubere Intonation und gut ausgebildete Stimmen für Furore gesorgt. So stellte das Ensemble auch bei der Johannespassion seine Qualitäten diszipliniert und trotzdem voller Leidenschaft wieder eindrucksvoll unter Beweis. Präzise, sprachlich gut ausgearbeitet und bestens einstudiert ist das alles. Eindrucksvolle Klänge ohne jegliche falsche Sentimentalitäten sind es, die da ertönen, wie etwa der herrische Gestus des großen Eingangschores „Herr unser Herrscher“ oder der apotheotische Schlusschoral „Ach Herr, lass dein lieb Engelein“. Überhaupt bietet das Johannes-Evangelium wenig Ruhepunkte, dafür ist es unmittelbarer und dramatisch belebter durch die vielen zügig vorgetragenen Choräle. Der Chorklang ist wunderbar geschmeidig und feingliedrig.

Das Fürther Barockorchester „La Banda“ interpretierte die Passion unter der Stabführung von Sebastian Ruf auf historischen Instrumenten weniger als Leidensmeditation und mehr als Handlungsdrama mit vielen scharfen Akzentsetzungen, aber stets zügig und schnörkellos. Sebastian Ruf liebt die schnellen Tempi und lässt auch zwischen den Nummern wenig Zeit zum Durchatmen. Auch mit kleinerer Besetzung lässt sich ein großes Werk adäquat gestalten. Alles in allem bleibt der Eindruck einer authentisch wirkenden Glaubwürdigkeit. Hoch emotional wurden die Glaubensinhalte vermittelt, wobei die theologisch-musikalische Aussage stets im Vordergrund stand.

Unter den Solisten ragt besonders der italienisch-amerikanische Tenor Eric Price hervor. Ihm fehlt es weder an Durchschlagskraft noch an Höhe, er singt klar in der Artikulation und flexibel in der Intonation. Der Tenor ist in dieser Aufführung, ganz wie von Bach beabsichtigt, für den dramatisch vorwärtsdrängenden Impuls verantwortlich, eine Rolle, die Eric Price hervorragend ausfüllt. Schlank und unprätentiös, emotional und trotzdem kontrolliert führt der aus Hof stammende Michael Wolfrum die Basspartien ruhig und mit großem Volumen in der Tiefe.

Mit der richtigen Dosis an Pathos, nicht zu viel und nicht zu wenig, setzt Oliver Pürckhauer die Partie des Jesus exzellent und packend um. Weniger beschäftigt sind in der Johannespassion die Damen. Spielerisch leicht, frisch, unmittelbar und stets präsent interpretierte die Berliner Sopranistin Frieda Jolande Barck ihren Part. Intensiv im Ausdruck und emotionsgeladen ist die Bayreutherin Nathalie Flessa in der Alt-Partie zu erleben. Makellos erklingt etwa ihre so eindrucksvolle Arie „Es ist vollbracht“. Alles in Allem bilden die Solisten einen Glücksfall an barocker Gesangskultur.

Die Texte der Arien und Choräle hatte Johann Sebastian Bach selbst aus dem Bericht des Evangelisten Johannes und freien Versen aus der oft vertonten Passionsdichtung von Barthold Heinrich Brockes zusammengestellt. Die Bayreuther Aufführung war ein prima Beispiel dafür, wie man zu Bachs Zeiten Glaubensinhalte spannend und ernsthaft zu vermitteln wusste und wie sie nichts an Aktualität verloren haben. Im Gegenteil: Auch 300 Jahre nach seiner Uraufführung schafft es das Werk noch immer, die Zuhörer vom ersten Ton an zu fesseln.

Bild: Zusammen mit dem Kammerchor der Schlosskirche, dem Barockorchester „La Banda“ und einer Reihe namhafter Solisten hat Regionalkantor Sebastian Ruf am Samstagabend in der Schlosskirche Johann Sebastian Bachs Johannespassion aufgeführt.

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21.03.2024

Mittelalter trifft Moderne / Gregorianik meets Pop: Konzert der „Gregorian Voices” in der Kirche „Unsere Liebe Frau“

Kulmbach. Der gregorianische Gesang reicht bis tief ins Mittelalter zurück. Ursprünglich war es einstimmiger, unbegleiteter Liedgesang in lateinischer Sprache. Die ukrainische Formation „Gregorian Voices“ hat diese Tradition aufgenommen und in die Gegenwart fortgeführt. Mit klassischen, sakralen und orthodoxen Gesängen waren die acht Sänger am Donnerstagabend in der gut besuchten katholischen Kirchen „Unsere liebe Frau“ in Kulmbach zu Gast. Im zweiten Teil des ungewöhnlichen Konzerts stellten die „Gregorian Voices“ eindrucksvoll unter Beweis, dass Gregorianik nicht im Mittelalter stehen geblieben ist, denn da gab es eingängige Pop-Songs im gregorianischen Stil.

Noch heute sind gregorianische Choräle Bestandteil der katholischen Liturgie. Die überlieferten Gesänge stammen aus der Feder anonymer Autoren der verschiedensten Epochen und Stilrichtungen. Ihnen allen gemeinsam ist der spezielle und unverwechselbare Charakter, der den besonderen Reiz und die Faszination dieser Musik ausmacht.

„The Gregorian Voices“ sind seit über zehn Jahren unter der künstlerischen Leitung von Oleksiy Semenchuk auf Tournee in Europa. Nun kommt es dem Ensemble freilich nicht auf die musikwissenschaftlichen Zusammenhänge der Gregorianik an. Sie setzen vielmehr auf den Effekt, nicht nur akustisch, sondern auch optisch. Mit Kerzen in der Hand schreiten sie zu Beginn im Gewand der Franziskaner durch die abgedunkelte Kirche, postieren sich feierlich vor dem stimmungsvoll beleuchteten Altar, um dann mit ihren beeindruckenden Stimmen loszulegen.

Doch nicht nur die Stimmen sind es, die den besonderen Reiz dieser Musik ausmachen. Die Gesänge erfordern sehr viel Einfühlungsvermögen, Disziplin und Präzision, und mit all dem können die acht ukrainischen Sänger aufwarten. Sie führen eindrucksvoll vor, wie lebendig gregorianischer Gesang heute klingen kann, blitzsauber intoniert und dynamisch ausgefeilt. Da wechseln sich ergreifenden Solopassagen mit den atemberaubenden Chorgesängen ab und der Zuhörer wird von den acht Stimmen mitgenommen in ein gewaltiges Klangerlebnis und auf eine musikalische Zeitreise vom Mittelalter bis heute.

Das Besondere des Konzertabends ist denn auch die faszinierende Mischung aus geistlichen Gesängen des Mittelalters, Raritäten wie dem „Pie Jesu“ aus dem Requiem von Andrew Lloyd Webber und zeitgenössischen Pop-Klassikern, wie etwa „Halleluja“ von Leonard Cohen, „Sailing“ von Rod Steward, „Ameno“ von Era, „You raise me up“ von Josh Groban oder „Sound of Silence" von Simon and Garfunkel, alles Titel, die im Stil des gregorianischen Gesangs neu arrangiert wurden. Die Kirche „Unsere Liebe Frau“ bietet dazu nicht nur den optimalen Rahmen, sondern auch eine hervorragende Akustik.

Am Ende bedanken sich „The Gregorian Voices“ unter anderem mit dem Song „Thank you for the Music“ von Abba als Zugabe für den langen und intensiven Applaus, was wiederum mit Standing Ovations quittiert wurde. Tatsächlich leben alle acht Sänger in der Ukraine. Sie nutzten deshalb auch ihren Auftritt in Kulmbach, um Spenden für ihre Heimat zu sammeln.

Bilder: Mystische Klänge und meditative Gesänge: „The Gregorian Voices“ bei ihrem Konzert in der Kirche „Unsere liebe Frau“ in Kulmbach.

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16.03.2024

Abstrakt und meditativ: Sieben Worte und 529 Stimmen / Chormusical und Pop-Oratorium: „7 Worte am Kreuz“ in Bamberg

Bamberg. Einen derartigen Jubel erlebt die Brose-Arena in Bamberg allenfalls bei den Heimspielen der Bamberg Baskets: Die Aufführung des Chormusicals „7 Worte vom Kreuz“ hat das Publikum förmlich von den Sitzen gerissen. Lang anhaltender Jubel und ein nicht enden wollender Beifall waren der Lohn für eine gelungene Aufführung des Musicals, das eigentlich ein Pop-Oratorium ist und das aus der Feder des Komponisten Albert Frey stammt.

Wie schon vor zwei Jahren beim Martin-Luther-King-Musical hat auch diesmal die Stiftung Creative Kirche den Boden für das denkwürdige Spektakel bereitet. Während mit dem US-amerikanischen Baptistenpastor und Friedensnobelpreisträger allerdings eine reale Biografie theatermäßig perfekt umgesetzt wurde, war das „7-Worte“-Thema diesmal eher abstrakt angelegt. Dementsprechend hatte die Aufführung weniger dokumentarischen als eher meditativen und philosophischen Charakter.

Im Mittelpunkt stand nicht nur das riesige LED-Kreuz, sondern vor allem der gewaltige Chor mit exakt 529 Sängerinnen und Sängern in der Einstudierung des Bayreuther Dekanatskantors Michael Lippert und des Coburger Kirchenmusikers Arno Seifert. Seit Monaten haben sich die Mitwirkenden des Megachors auf die Aufführung vorbereitet. Jüngste Sängerin war Katharina Rain, die älteste Elisabeth Jung, die eine neun Jahre, die andere 88.

Bei den sieben letzten Worten handelt es sich der Passionsgeschichte zufolge um die letzten Worte Jesu Christi nach der Kreuzigung. Zahlreiche Komponisten, von Heinrich Schütz, über Carl Heinrich Graun, Georg Philipp Telemann bis Joseph Haydn, haben entsprechende Vertonungen geschaffen. Nun also auch der 1964 geborene Musiker Albert Frey, der in der christlichen Popmusikszene längst kein Unbekannter mehr ist. Er hat daraus eine moderne und bewegende Neu-Interpretation der Passionsgeschichte gemacht. In Bamberg spielte er nicht nur die E-Gitarre, er ergriff am Ende auch kurz das Mikrofon, um einige Dankesworte auszusprechen.

Der meditative und philosophische Charakter des Stückes wird vor allem darin deutlich, dass auch Menschen, die nicht unbedingt gläubig sind, Antworten auf essenzielle Alltagsfragen finden können: Wie möchte ich leben? Was macht mein Leben wertvoll? Wer beeinflusst meine Entscheidungen? Was brauche ich, um glücklich zu sein? Ist das Leben hier alles, oder kommt da noch etwas? Auch wenn der Tod am Kreuz im Mittelpunkt steht, hier geht es eigentlich um das Leben.

Inhaltlich geht es um die beiden Protagonisten Marie und Ben, dargestellt von den in der Szene hochgelobten Musical-Darstellern Kathleen Bauer und Dominik Doll. Marie und Ben erfahren durch eine Zufallsbegegnung, dass Jesus Ängste und Sorgen auch unseren Alltag bestimmen. Zwei Menschen, wie Du und ich, die sich ganz offen ihrer Skepsis und ihren Zweifeln am Leben und Glauben stellen. Die Gesangssolisten der Bamberger Aufführung waren Anja Lehmann, Yasmina Hunzinger, Benjamin Gail und Michael Janz. Alle vier langjährige Profis mit internationaler Erfahrung, die in Bamberg nicht nur mit beeindruckender Bühnenpräsenz glänzen, sondern auch mit ihren gewaltigen Stimmen.

Musikalisch hat Albert Frey viele eingängige Melodien geschaffen, die vor allem durch die überzeugenden orchestralen Arrangements wirken. Vom friedlichen „Vater, vergib“ über das verzweifelte „Warum hast du mich verlassen?“ bis zum triumphalen „Es ist vollbracht“ und schließlich zum ergebenen „Vater in deine Hände“ zeigen Musik und Text den Weg, den wir selbst zu gehen aufgerufen sind, im Leben und im Sterben. Das imposante Werk, interpretiert von einem eigens zusammengestellten Ensemble, dem Mega-Chor, und dem Wechselspiel zwischen der Band und einem Orchester, sprengt das Format einzelner Pop-Songs und wird zum Breitwand-Soundtrack der Passion. Regionalbischöfin Dorothea Greiner, die zusammen mit dem neuen Bamberger Erzbischof Herwig Gössl die Aufführung besucht hatte, war es zu verdanken, dass die Stiftung Creative Kirche nun schon zum zweiten Mal im Kirchenkreis Bayreuth mit einer ihrer gigantischen Produktionen zu Gast war. Die anderen beiden Aufführungen fanden vor wenigen Tagen in Ludwigsburg und Bochum statt.

Bilder: Eindrucksvolle Aufführung in der Brose-Arena: Albert Freys Pop-Oratorium „7 Worte am Kreuz“ in Bamberg.

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02.03.2024

Liebe, Leidenschaft, Erlösung/ Großer Beifall für europäische Erstaufführung von David Carlsons Oper „Anna Karenina“ am Theater Hof

Hof. Erstaufführungen sind immer etwas Besonderes. Erst recht, wenn es sich um eine europäische Erstaufführung handelt. Dem Theater Hof ist es nach jahrelangen Bemühungen gelungen, sich die Rechte der erst 2007 in Miami uraufgeführten Oper „Anna Karenina“ des amerikanischen Komponisten David Carlson zu sichern. Am Samstagabend war die umjubelte Premiere und schon wieder hat das Theater Hof damit ein Stück Musikgeschichte geschrieben. David Carlsons „Anna Karenina“ ist zeitgenössisches Musiktheater von höchster Qualität, dieser Oper wird man auf den internationalen Spielplänen bestimmt noch oft begegnen.

„Anna Karenina“, das ist der Roman des russischen Schriftstellers Lew Tolstoi, der schon so viele Adaptionen erfahren hat. Es gibt mehrere Verfilmungen, die älteste ist ein Stummfilm aus dem Jahr 1911, und auch mehrere Ballettversionen unter Anderem von John Neumeier. Warum also nicht auch eine Oper? Zumal der Stoff wie gemacht für eine Oper ist: Eine leidenschaftliche Affäre, die im größten Unglück endet, weil die Konventionen der adeligen Gesellschaft den Liebenden entgegenstehen. „Anna Karenina“ hat alles, was große Oper ausmacht: Liebe und Leidenschaft, Hass und Gewalt, Verzweiflung und Erlösung. Tolstois 1877 veröffentlichter Roman ist ein Stück Weltliteratur und man wundert sich, warum noch niemand auf die Idee gekommen ist, diesen Roman auf die Opernbühne zu bringen.

Komponist David Carlson ist auf diese Idee gekommen und hat ein in sich schlüssiges Werk geschaffen. Das Libretto hatte der inzwischen vestorbene britische Regisseur Colin Graham verfasst. Letzteres schon vor Jahrzehnten, und zwar für den englischen Komponisten Benjamin Britten. Die ursprünglich geplante Aufführung am Bolschoi-Theater war damals aus politischen Gründen nicht zustande gekommen.

Das Hofer Ensemble hätte die Oper in der fabelhaften Inszenierung seines künftigen Intendanten Lothar Krause nicht besser umsetzen können. Da geht es nicht nur um die tragische Liebesgeschichte, sondern auch um das gesellschaftliche Umfeld, um Traditionen und Konventionen, deren Bruch und deren Ende. Die abstrakte Bühne und die prächtigen Kostüme steuerte Annette Mahlendorf bei. Die Bühne setzt sich von Anfang an aus sich ständig wandelnden sterilen Räumen zusammen, die von Anfang an auf den unheilvollen Ausgang hinweisen. Sparsame Ausstattungsdetails beschreiben die jeweiligen Schauplätze. Mehr ins Detail geht die Kostümbildnerin. Prächtige Roben, viel Pelz, Anzüg und Fräcke sowie Uniformen angelehnt an das späte 19. Jahrhundert beherrschen das Bild. Die Aufführung fand in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln statt.

Nun mag das Adjektiv zeitgenössisch im Zusammenhang mit Oper so manchen abschrecken. David Carlsons Komposition ist aber streng genommen gar nicht so zeitgenössisch, sondern am ehesten zwischen Impressionismus und Spätromantik angesiedelt. Bei flüchtigem Hören könnte man auf Debussy und dessen Oper „Pelléas et Mélisande“ tippen, auch Elemente von Richard Strauss und Erich Wolfgang Korngold tauchen auf. Ivo Hentschel am Pult der Hofer Symphoniker fasst das Stück genauso auf. Eindrucksvolle Lautmalereien sind es, mit denen die unterschiedlichsten Stimmungen transportiert werden. Besonders in den wenigen rein orchestralen Stellen blitzt das Orchester auf. Die Chorszenen hatte Lucia Birzer mit dem Hofer Opernchor einstudiert.

In der Titelpartie der Anna Karenina überzeugte Inga Lisa Lehr auf ganzer Linie. Von ihr wird in dieser Oper so einiges verlangt. Ihre Interpretation ist ungemein atmosphärisch. Sie verkörpert die Rolle in überzeugender Weise als geheimnisvolles und hinsichtlich ihrer Emotionen und Begierden schwer durchschaubares Geschöpf. Ihr Spiel hat große Klasse. Absolut präsent, mit lyrisch weicher Stimme steht ihr Andrii Chakov als Graf Wronskij in nichts nach. Auch er agiert absolut glaubhaft, sowohl stimmlich als auch darstellerisch.  Aufgeregt und zornig, aber auch unsicher und verzweifelnd interpretiert Michal Rudzinski mit rauem Unterton Annas Mann Alexej.

Insgesamt fordert die Oper 16 Solisten. Sie alle sorgen ohne irgendwelche Abstriche für ein wahres Festival der Stimmen. So sind in weiteren Rollen unter anderem Sylwia Piertzak als „Dolly“, Yvonne Prentki als „Kitty“, Annett Tsoungui als „Betsy“, Stefanie Rhaue in der Doppelrolle als Gräfin Iwanowa und als Agafia, Minseok Kim als „Kostja“, Markus Gruber als Annas Bruder „Stiwa“ sowie Thilo Andersson als Fürst Jaschwin zu erleben.

Weitere Aufführungen: Sonntag, 24. März um 18 Uhr, Mittwoch, 3. April um 19.30 Uhr, Samstag, 6. April um 19.30 Uhr, Sonntag, 14. April um 19.30 Uhr und Freitag, 26. April um 19.30 Uhr.

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01.03.2024

Lummerland und lustige Posaunen / Am 31. März findet das Osterkonzert der Schorgasttaler Blasmusik statt – Vorverkauf startet am 1. März

Ludwigschorgast. Einfach mal etwas anderes machen als alle anderen, das möchte Rainer Streit, Leiter der Schorgasttaler Blasmusik. Zum Osterkonzert am 31. März in Stadtsteinach steht dennoch die gesamte Palette der Blasmusik auf dem Programm. Von klassisch bis solistisch, es gibt Traditionelles und Modernes, Melodien aus Musical und Film und auch einige witzige Einlagen.

„Das meiste habe ich selbst ausgesucht“, sagt Rainer Streit, der seit 2010 an der Spitze der Schorgasttaler Blasmusik steht. Viele Ideen seien aber auch aus den Reihen der Aktiven gekommen. Die Blasmusik besteht aktuell aus 33 Musikerinnen und Musikern im Alter zwischen 14 und 67 Jahren. Dazu kommen noch drei Nachwuchsmusiker zwischen neun und zwölf Jahren, die bei drei ausgewählten Stücken ihr Können an der Trompete, am Euphonium und an der Posaune unter Beweis stellen werden.

Das Programm wird traditionell mit dem Boccaccio-Marsch von Franz von Suppé starten. Eine schöne klassische Komposition zur Eröffnung, wie Rainer Streit sagt. Er wird sich das Pult beim Osterkonzert mit Claudia Goller teilen, die einen teil des Programms leiten wird. Claudia Goller macht bei den Schorgasttalern hauptsächlich die Jugendarbeit und spielt normalerweise die Es-Klarinette und auch mal das Saxofon.

Weitere Höhepunkte im ersten Teil des Abends werden das Solostück „Die lustigen Posaunen“ aus den frühen Jahren von Blasmusik-Legende Ernst Mosch sowie die „Spatzenhochzeit“, ein Solo für drei Querflöten, sein. Dann geht es in die Welt des Films mit Melodien aus dem Dschungelbuch und aus Lummerland, der Heimat der Augsburger Puppenkiste. “Wir möchten gerne auch mal was ausprobieren“, sagt Rainer Streit und freut sich schon auf Ohrwürmer wie „Probier´s mal mit Gemütlichkeit“ oder „“Eine Insel mit zwei Bergen“.

Höhepunkt des zweiten Konzertteils wird der Auftritt des Tuba-Quartetts mit Andreas Braunersreuther, Moritz Pöhlmann, Roman Rupf und Rainer Streit sein. Die Tuba ist das Instrument des Jahres und so haben die vier Musiker drei außergewöhnliche Kompositionen, beziehungsweise Arrangements von Peter Tschaikowsky, Henri Mancini und Lennie Nierhaus einstudiert.

Daneben stehen Kompositionen von Wolfgang Amadeus Mozart und Johann Strauss in Happy-Sound-Arrangements von James Last sowie Musik aus dem Film „Forrest Gump“ und aus John Kanders Musical „Chicago“ auf dem Programm.

Das Osterkonzert der Schorgasttaler Blasmusik findet am Ostersonntag, 31. März, in der Steinachtalhalle in Stadtsteinach statt. Beginn ist um 19.30 Uhr, Einlass bereits um 18 Uhr. Der Vorverkauf startet am 1. März. Tickets zum Preis von zehn Euro können unter 09227/6848 vorbestellt werden. Restkarten gibt es an der Abendkasse

Bild: Das Tubaquartett der Schorgasttaler Blasmusik mit Andreas Braunersreuther, Moritz Pöhlmann, Roman Rupf und Rainer Streit probt bereits intensiv die drei Kompositionen, die beim Osterkonzert am 31. März in Stadtsteinach zur Aufführung kommen werden.

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23.02.2024

Aktuelle Hits und altbekannte Klassiker / Ausverkauft: „Nacht des Musicals“ begeisterte das Kulmbacher Publikum

Kulmbach. Mehrere Jahrzehnte Musical-Geschichte und 15 großartige Bühnenwerke in einer einzigen Show: „Die Nacht des Musicals“ am Freitagabend in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle machte es möglich. Geboten wurden die größten Hits, die bekanntesten Songs, gefühlvolle Balladen vor allem vieler aktueller Musicals in einer zweieinhalbstündigen abwechslungsreichen, mitreißenden und intelligent zusammengestellten Gala.

Musical, das heißt musikalische Komödie mit Elementen des Jazz und der Pop- und Rockmusik, aber auch eine moderne Form der Operette mit und ohne Kitsch. Musical ist alles das auf einmal und längst nicht mehr nur „Amerikas Antwort auf zweieinhalb Jahrtausende europäische Theaterkultur“. Da gibt es herausragende Werke der Gegenwart wie Andrew Lloyd Webbers „Cats“ oder das „Phantom der Oper“ und es gibt Musicals, die meist einem Star oder einer Band gewidmet sind. Dazu gehören das Abba-Musical „Mamma Mia“ oder „Ich war noch niemals in New York“, ein Musical mit den großen Udo-Jürgens-Hits, und eines mit den zeitlosen Rocksongs von Queen.

Die wachsenden Zuschauerzahlen bei dieser seit Jahren mit wechselnden Solisten tourenden Produktion bringen „Die Nacht der Musicals“ dazu, immer neue Werke ins Programm aufzunehmen. „Moulin Rouge“ gehört diesmal dazu, ebenso wie die besten Szenen aus „Grease“ oder dem Broadway-Verkaufsrenner „The Greatest Showman“. Natürlich darf auch die „Eiskönigin“ mit dem Hit „Frozen“ nicht fehlen. Dabei verschmelzen die modernen Lieder zu einer untrennbaren Einheit mit den zeitlosen Klassikern. Erstmals haben auch Hits aus der Netfix Serie „Haus des Geldes” das Publikum begeistert.

Die 14 Darsteller, sechs Solisten und acht Tänzer, sind alle absolute Musical-Profis, die bereits in den verschiedensten Produktionen auf der Bühne standen. Stimmgewaltig nahmen sie das Publikum mit auf eine Reise von Afrika („König der Löwen“) bis Wien („Elisabeth“). Einzelne hervorzuheben wäre fast schon ein wenig unfair, singen sie doch alle mal abwechselnd im gesamten Ensemble mal im Duett oder sie übernehmen solistische Aufgaben. Außerdem sind es gerade die großen „Massenszenen“, die das Publikum zu wahren Begeisterungsstürmen hinrissen, etwas bei „We are the champions“ im Queen-Musical oder ganz am Schluss beim Medley aus dem Udo-Jürgens-Musical.

Die sechs Solisten waren: Aleksandra Szurgot mit kraftvoller Powerstimme und rockiger Musical-Röhre etwa als Sandy in „Grease“, Katrin Mayer aus Freiburg mit strahlendem Sopran und eleganter Ausstrahlung, sie sang mit beeindruckend präsenter Stimme die Arie der Elisabeth („Ich gehör nur mir“) aus dem gleichnamigen Musical. Der Niederländer Micha van de Weg ist der Mister Showman schlechthin mit smarter Wandlungsfähigkeit, Istvan Sziscar aus Ungarn ist in vornehmlich düster-dramatischen Parts wie der Titelpartie im „Phantom der Oper“ zu erleben.  Olivia Patrizia Kunze gibt eindrucksvoll die Elphaba in „Wicked“, den „Hexen von Oz“, und der Italiener Francesco Alimonti präsentiert sich als poppiger, allseits präsenter und flexibler Sängerdarsteller unter anderem als Danny in „Grease“ oder als Tod in „Elisabeth“.

Das Team mit den acht Tänzerinnen und Tänzern der „Broadway Musical Dance Company“ stellte eine abwechslungsreiche, farbenprächtige und fantasievolle Show auf die Beine, beste Unterhaltung auf hohem Niveau. Zum Musical gehören allerdings nicht nur Musik und Stimmen, sondern auch eine ausgeklügelte Choreografie, schnelle Tänze und farbenfrohe Kostüme. Auch die in solchen Shows schon obligatorische Tuchfühlung mit dem Publikum darf nicht fehlen.

Bei derartigen Tourneeproduktionen gilt es freilich auch immer wieder Abstriche zu machen. So gab es kein richtiges Bühnenbild, dafür aber alle nur denkbaren Projektionen im Hintergrund und vor allem viel Licht. Die Technik war bestens eingestellt und auf die Solisten abgestimmt. Zur Musik vom Band wurde live gesungen.

Bilder:
1.
 Christine Mayer und Istvan Csiszar begeisterten das Publikum mit einem Duett aus Andrew Lloyd Webbers „Phantom der Oper“.
2.
 Da flogen die Petticoats: Das Musical „Grease“ gehört längst zum festen Repertoire einer jeden Musical-Gala.
3.
 Ausschnitte aus den bekanntesten Musicals waren am Freitagabend in der Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach zu hören und zu sehen. Dabei waren es vor allem immer die bestens durchchoreographierten Massenszenen, die das Publikum zu echtem Jubel hinrissen.
4.
 Heiße Kostüme und schnelle Tänze: Der Cancan aus dem Musical „Moulin Rouge”.
5.
 "Ich gehör nur mir“ heißt die Arie aus dem Musical „Elisabeth“, die Katrin Mayer zu Besten gab.

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18.02.2024

Countrysongs mit den Cashbags / “A Tribute to Johnny Cash” mit der Coverband um US-Sänger Robert Tyson

Hof. Wer Country mag, kommt an den „Cashbags“ nicht vorbei: Sie bringen den mitreißenden „Boom-Chicka-Boom-Sound“ der US-Legende Johnny Cash seit über 15 Jahren perfekt auf die Bühne: die Coverband „The Cashbags“ um US-Sänger Robert Tyson. Am Sonntag gastierte die Formation mit einem umjubelten Konzert im Festsaal der Freiheitshalle. Nach ihrem Auftritt in Kulmbach vor einigen Jahren gab es in Hof eine neu konzipierte Show mit fast allen großen Cash-Songs über das Land, über Patriotismus, über Ehebruch und Trennung, über gute und über schlechte Zeiten.

Johnny Cash ist sich selbst stets treu geblieben, so wie er es in einem seiner größten Hits „I walk the line“ sang, nicht immer geradlinig, eher als Außenseiter.  „The Cashbags“ sind im Klang und im Erscheinungsbild sehr nah an den berühmten Vorbildern. Mit markanter Bassbariton-Stimme, Westerngitarre, Telecaster, Kontrabass und Schlagzeug spielen Robert Tyson, Stephan Ckoehler (der tatsächlich so geschrieben wird), David Seezen und Tobias Fuchs detailgenau Klassiker wie „Ring of Fire“, „Orange blossom special“, „Sunday Morning coming down“ bis hin zu „Folsom Prison Blues“ und „Ghostriders in the sky“. Vieles ist angelehnt an die Originalkonzerte der späten 1960er Jahre, mal solo, mal im Duett mit der aus Coburg stammenden Sängerin Valeska Kunath als June Carter, dann als „Tennessee Two“, später als „Tennessee Three“.

Schon damals war Johnny Cash (1932 - 2003) unverwechselbar. Mord, Liebe und Gott, das waren die großen Themen, die sich durch seine Songs wie ein roter Faden ziehen. Das wird auch in der rund zweieinhalbstündigen Show der „Cashbags“ deutlich. Man bekommt danach den typischen „Boom-Chicka-Boom-Sound“ kaum mehr aus dem Kopf. Es ist der Rhythmus aus den Südstaaten der USA, mit dem Johnny Cash berühmt wurde. Und so spiegeln seine Lieder auch immer das Lebensgefühl in den Südstaaten wider.

Mittelpunkt der Show ist US-Sänger Robert Tyson, der seit Jahren in Deutschland zuhause ist. Mit großer Bühnenpräsenz, unglaublicher Lässigkeit und dem unverwechselbaren Timbre seiner markanten Bassbaritonstimme gibt er den „Man in Black“, absolut authentisch. Auch Songs von Kris Kristofferson, Hank Williams, Jim Reeves, Tom Petty und sogar von John Denver „Take me home country roads” gehören diesmal zur Show.

Über die großen Hits hinaus wird bei dem Tribute-Konzert aber auch das musikalische Spektrum deutlich, das Johnny Cash so legendär machte. Es reicht von den 1950er Jahren mit Country, Rockabilly, Blues, Folk und Pop bis hin zum Alternative Country Anfang des 21. Jahrhunderts. Über 500 Songs hat er geschrieben, mehr als 50 Millionen Tonträger verkauft und dafür 13 Grammy Awards bekommen.

Johnny Cash soll ein höflicher, sympathischer Mensch gewesen sein, aber auch ein Exzentriker. Wie der Farmersohn aus Arkansas wirklich war, das weiß keiner. In der Auswahl der Songs, mit denen die „Cashbags“ nach Hof gekommen waren, wird aber deutlich, wie bedeutend Johnny Cash für die Musikgeschichte ist. Er war der erste Country-Sänger, der größer wurde als die Grand Old Opry. Er war Patriot, später aber auch gegen den Vietnam-Krieg, er ist in St. Quentin und in Folsom, den härtesten Gefängnissen der USA, aufgetreten und zusammen mit Bob Dylan auf dem legendären Folk-Festival in Newport. Kaum eine dieser Perioden lassen die „Cashbags“ aus.

Auch einige Überraschungen haben sie im Gepäck. Valeska Kunath stilecht in Kleidung, Frisur und Bewegung als June Carter, für Johnny Cash die Liebe seines Lebens. Zusammen mit Robert Tyson interpretiert sie unter anderem das Duett „Jackson“. Außerdem spielt sie perfekt wie einst June Carter die Autoharp, ein Instrument, das einer Steel-Guitar ähnelt, aber wie eine Gitarre gespielt wird. In „Wildwood flower“ singt Valeska Kunath solo und begleitet sich dabei selbst. Wie sie das macht, hat echte Klasse. Auch hier wird klar, warum die „Cashbags als erfolgreichste Johnny-Cash-Revival-Band gelten. Der Man in Black wäre stolz auf sie gewesen.

Bilder: Mit einem Tribute to Johnny Cash gastierte die Band „The Cashbags“ um US-Sänger Robert Tyson am Sonntag in der Freiheitshalle

  

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09.02.2024

Spontan und spannungsvoll, transparent und traditionell / Hofer Symphoniker auf dem Klassik-Olymp: Christian Zacharias beendet seinen Beethoven-Zyklus mit der 9. Symphonie

Hof. Die Musikwelt benötigt nicht immer ein besonderes Datum oder ein herausragendes Ereignis, um Ludwig van Beethovens 9. Symphonie aufzuführen. Am Freitagabend hat Christian Zacharias im Großen Haus der Freiheitshalle seinen Beethoven-Zyklus mit den Hofer Symphonikern genau vier Jahre nach dem ersten Konzert gebührend abgeschlossen.

Begonnen hatte der Pianist und Dirigent damals mit den ersten beiden Symphonien Beethovens und mit einem Klavierkonzert, in dem er selbst als Solist zu hören war. So war es nur konsequent, dass am Ende der Reihe als Höhepunkt die letzte Symphonie des Komponisten steht und ebenfalls wieder ein Klavierkonzert.

Monumental klingt diese gigantische Neunte unter Christian Zacharias, eine Komposition, die wie keine andere für wahre Größe steht und den Humanitätsgedanken verkörpert. Auch wenn Friedrich von Schillers Textzeile „Alle Menschen werden Brüder“ in diesen Zeiten eher einer Utopie gleicht.

Stets vorwärtsdrängend stimmt in dieser Aufführung alles: die Temporelationen, der transparente Klang, die gelungene Artikulation, die Durchhörbarkeit der Stimmen. Im Allegro treibt Zacharias das Orchester stürmisch an, ganz traditionell erklingt der 2. Satz. Im Adagio lässt er die Symphoniker schlank und anmutig musizieren, ehe der Schlusssatz einem wahren Prestissimo-Finale gleicht. Mehr Steigerung geht kaum.

Pathos kommt im Schlusssatz schon auf, wenn die Chöre der KlangVerwaltung und des Theaters Hof sowie die bestens aufeinander abgestimmten Solisten Sophia Brommer (Sopran), Stefanie Irányi (Alt), Sung min Song (Tenor) und Christian Valle (Bass) ihren Auftritt haben. Die Gesangsleistungen der Chöre überzeugen mit machtvollen Stimmen. Weil der Chor des Theaters nur 20 Sängerinnen und Sänger umfasst, hatten die Verantwortlichen, den einst von Enoch zu Guttenberg gegründeten Chor der „KlangVerwaltung“ engagiert, der seit dem Tod des Maestros als Projektchor mit unterschiedlicher Besetzung auftritt.

Christian Zacharias erweist sich auch als sängerfreundlicher Maestro: Mit zügigem Tempo meistern die durchweg überzeugenden Solisten Beethovens nicht immer sängerfreundliche Klippen. Christian Zacharias ist der große Bogen in diesem aufklärerischen Menschheitshymnus gelungen. Damit wurden alle Erwartungen erfüllt. Mit der Neunten haben Christian Zacharias und die Hofer Symphoniker ihren Beethoven-Zyklus würdig gekrönt.

Als wäre das alles nicht schon Herausforderung genug, hatte Christian Zacharias zuvor auch noch Beethovens 2. Klavierkonzert B-Dur op. 19, im Gegensatz zur Neunten ein sehr frühes Werk, auf das Programm gesetzt. Auch hier musiziert der „Erzähler unter den Dirigenten und Pianisten“ spontan, mitreißend und spannungsvoll. Solist und Dirigent in einer Person, das steht für Feinabstimmung, für kammermusikalisches Miteinander und für den großen Bogen. Hier klingt das gesamte Spiel leicht und frisch, obwohl die Komposition doch so herausfordernd ist.

Besonders eindrucksvoll musizieren Christian Zacharias und die Hofer Symphoniker den langsamen Satz als eine Insel voller Poesie, innig und empfindsam. In den Ecksätzen ist es ein schnörkelfreies, flottes und ganz wie später in der Symphonie auch, ein vorwärtsdrängendes Musizieren voller Elan und Vitalität.

Am Ende steht in der ausverkauften großen Freiheitshalle ein nicht enden wollender Applaus. Immer wieder treten Dirigent und Solisten hervor und lassen sich bei Standing Ovations zurecht lange feiern. Intendantin Cora Bethke hatte am Rande des Konzerts verraten, dass Christian Zacharias auch in der nächsten Saison wieder am Pult der Hofer Symphoniker stehen wird. Genaueres soll Ende März bei der offiziellen Programmvorstellung für die kommende Saison bekannt gegeben werden.

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01.02.2024

Ikone des deutschen Schlagers feierte in Kulmbach triumphales Comeback / Ausverkaufte Halle beim Schlagerspaß mit Bata Illic und Andy Borg

Kulmbach. Eigentlich ist Schlagerstar Andy Borg Mittelpunkt der Show. Sie heißt ja auch „Schlager und Spaß mit Andy Borg“. Als die Tour am Donnerstagabend in der Kulmbacher Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach Station machte, stand aber ein andere im Mittelpunkt: Schlager-Urgestein Bata Illic. Nach über zehn Wochen Zwangspause aufgrund eines Unfalls und einer anschließenden Hüftoperation feierte der 84-Jährige in Kulmbach ein triumphales Comeback.

„Es freut mich, mich nach einer intensiven Zeit der Genesung wieder bei Ihnen melden zu dürfen“, sagte Bata Illic, der bereits seit über 55 Jahren im Showgeschäft ist. „Die Unterstützung und das Verständnis, das ich von meinen Fans in dieser herausfordernden Zeit erfahren durfte, haben mir viel Kraft gegeben“, so der Sänger, der noch immer mit seiner samtweichen Stimme punkten kann. Nach Krankenhausaufenthalt und Reha-Phase ist er wieder voller Energie zurück. „Es ist mir ein Herzensanliegen, mich bei allen meinen Fans persönlich zu bedanken“, sagte er und man merkte ihm an, dass er es ernst meint.

Neben seinen Erfolgstiteln wie „Micaela“ gleich zu Beginn, „Schwarze Madonna“ oder „Sand in den Schuhen von Hawaii“ hat Bata Illic auch neue Songs aus seiner letzten Veröffentlichung „Goldene Zeiten“ mitgebracht. Das hat durchaus einen biographischen Hintergrund: Seit 1963 ist er mit seiner Frau Olga verheiratet. Wenn er dann vom „kleinen großen Glück, für das ich dankbar bin“ singt, ist das spürbar authentisch gemeint: „Der junge Träumer“, so heißt es in einem anderen Titel. Überhaupt gelingt ihm mit seinem neuen Song der Spagat zwischen traditionellem Schlager und modernen Sounds. Die Melodien sind zum Mitsingen und doch anspruchsvoll komponiert.

Bis zuletzt hatten Schlagerfans, die teilweise weite Anreisen bis aus dem Nürnberger Land nach Kulmbach auf sich nahmen, gebangt, wen Andy Borg, denn als Gast mitbringen würde. Denn Gäste entsprechen nicht nur dem Konzept der Show, sondern auch der SWR-Fernsehsendung, die als nahezu einzige Sendung dieser Art noch im öffentlich-rechtlichen TV verblieben ist. Seit 2018 gibt es den Schlager-Spaß Monat für Monat und von Anfang an ist Andy Borg ihr singender Moderator. Die Show bekommt so viel Zuspruch, gerade weil sie auch für zeitlose Unterhaltung steht, für die unterschiedlichsten Lieblingsstücke mit Retro-Charme, könnte man vielleicht sagen.

Und tatsächlich entführen Andy Borg und Bata Illic an diesem Abend das Publikum in der Dr.-Stammberger-Halle zweieinhalb Stunden lang in die Zeit zurück, als man noch die ZDF-Hitparade schaute und selbst zum Tanzen ging. Schlager ist eben auch immer ein Stück Zeitgeist und Lebensgefühl. Es gelingt den Akteuren glänzend, diese Stimmung zu transportieren.  „Vielleicht passt der Schlager-Spaß auch deshalb so gut zu mir und kommt bei den Zuschauern so gut an, weil er für uns alle wie maßgeschneidert ist“, erklärt Andy Borg.

Nun ist Andy Borg allerdings nicht nur Sänger und Moderator, sondern auch ein stückweit Comedian. Ihn könnte man sich gut vorstellen, als denjenigen, der im Reisebus stundenlang vorne am Mikro steht und einen Witz nach dem anderen erzählt. Das macht er auch in Kulmbach so. Schlagfertig, wortgewitzt und in den seltensten Fällen um eine Antwort verlegen, feierte er kürzlich sein vierzigjähriges Bühnenjubiläum. Was ihn so überaus sympathisch macht, er nimmt sich immer wieder selbst auf die Schippe, lacht über sich und nimmt das alles nicht so ernst. Da könnten sich viele aktuelle Stars eine Scheibe abschneiden

Daneben gab Andy Borg auch seine großen Hits zum Besten: „Die berühmten drei Worte“, „Cara mia“ oder „Die Fischer von San Juan“, aber auch Titel anderer Interpreten wie etwa „Griechischer Wein“. Nie ganz ernst, sondern immer mit einer großen Prise Selbstironie. Ganz am Schluss, nach einem Bündel von Zugaben, kommen die beiden Schlagergiganten noch einmal zusammen auf die Bühne und werden frenetisch gefeiert.


Bilder:
1. Zwei Schlagergiganten vereint auf der Bühne der Dr.-Stammberger-Halle: Bata Illic und Andy Borg.
2. Das teilweise von weither angereiste Publikum feierte die beiden Schlagergiganten frenetisch.
3. Triumphales Comeback in Kulmbach und der beste Beweis dafür, dass fröhliche Lieder jung halten: Schlagerstar Bata Illic.
4. Schlagerstar, Moderator und Comedian: Andy Borg bei der Schlagergala in der Dr.-Stammberger-Halle.
5. Autogramme von Andy Borg waren in der Pause überaus gefragt. Zeitweise gab es kein Durchkommen mehr im Foyer der Dr.-Stammberger-Halle.

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20.01.2024

Forsche Tempi statt höfischer Eleganz / „Reiselust“: Großer Applaus für die Hofer Symphoniker unter Martin Rajna mit Werken von Mendelssohn, Mozart und Haydn

Hof. Beide gelten als vielversprechende Musiker der jüngeren Generation, beide haben andernorts schon für Furore gesorgt und beide gaben ihr Debüt in Hof: der Geiger Jonian Ilias Kadesha und der Dirigent Martin Rajna. Mit einem Programm, das populärer nicht hätte sein können, gastierten die beiden charismatischen Musiker beim 5. Symphoniekonzert der Hofer Symphoniker unter dem Motto „Reiselust“ am Freitagabend im Festsaal der Freiheitshalle.

Ein Komponist, der wie kaum ein anderer für das Reisen steht, ist der junge Wolfgang Amadeus Mozart. Solist in seinem Violinkonzert Nr. 5 A-Dur KV 219 war der griechisch-albanische Geiger Jonian Ilias Kadesha. Seine Interpretation zeichnete sich durch hohe technische Raffinesse, hohe Sensibilität und gleichzeitig kräftiges Zupacken aus. Jonian Ilias Kadesha liebt die Extreme, sowohl in der Dynamik als auch bei der Wahl seiner Tempi. Mit dem Notentext geht er zuweilen eher frei um, er sucht Farben, Klänge und liebt die Effekte. So hat man diesen Mozart noch nie gehört.

Aufgeregt erklingt etwa der langsame Mittelsatz, manchmal etwas übertrieben sentimental doch nicht minder spannend, aber auf jeden Fall spektakulär. So ganz stimmt die Balance zwischen der Melodieführung des Soloinstruments und der nuancenreichen Artikulation des Orchesters da nicht mehr. Trotzdem klingt dieser Mozart ungewöhnlich modern, dafür sorgte schon der ungarische Dirigent Martin Rajna, seit 2021 Chefdirigent des Philharmonischen Orchesters im westungarischen Györ. Mit gutem Gespür ließ er ein frisches und spontanes Musizieren zu. Die Wahl der Kadenz hatte Jonian Ilias Kadesha dabei dem Zufall überlassen. So jedenfalls hatte er das vor dem Konzert erklärt. Meistens schreibe er die Kadenzen selbst. Und wenn er noch keine geschrieben hat, wie im vorliegenden Fall, dann lade er sich aus dem Internet irgendeine herunter und improvisiere dazu. Klingt abenteuerlich, hat aber geklappt. Dazu passt die Zugabe: Ein Ausschnitt aus einer Suite mit dem Titel „The Fiddler“ des rumänischen Komponisten George Enescu.

Voller Dramatik und Spannung vom ersten bis zum letzten Ton erklingt dann die große Symphonie nach der Pause: Joseph Haydns Symphonie Nr. 104 D-Dur, die letzte der zwölf Londoner-Sinfonien, zugleich der letzte Beitrag Haydns zu dieser Gattung überhaupt. Nach Jahrzehnten in den Diensten des Fürsten Nikolaus Esterhazy konnte sich Haydn als knapp 60-Jähriger ab dem Jahr 1791 endlich als freischaffender Komponist und Musiker beweisen. Das macht die Londoner Symphonien so besonders. Martin Rajna und die Hofer Symphoniker leuchteten die Details der Partitur wunderbar aus, gewichteten die Motive und sorgten so vom ersten bis zum letzten Takt für Spannung. Vom „easy listening“ eines „Papa Haydn“ bleibt da wenig. Forsche Tempi statt höfischer Eleganz, packender Zugriff statt gediegenen Musizierens waren angesagt.

Zu Beginn hatten Martin Rajna und die Hofer Symphoniker Felix Mendelssohn Bartholdys spektakuläre „Hebriden“-Ouvertüre auf das Programm gesetzt. Angeregt von einer Schottland-Reise 1829 hatte Mendelssohn diese Konzertouvertüre geschrieben. Tiefgründig, atmosphärisch dicht und mit gutem Gespür für Gesanglichkeit geht der Klangkörper vor und zeichnet damit ein eindringliches Klanggemälde, das noch lange nachhallt.

Am Ende gibt es nicht nur großen Applaus, sondern auch einen riesigen Blumenstrauß von Intendantin Cora Bethke für die Geigerin Violeta Zaharia. Nach fast 40 Jahren im Dienst der Hofer Symphoniker, wurde sie von ihren Kollegen feierlich verabschiedet.

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16.01.2024

Musical, Mozart und Marschmusik / Abend der Superlative: Jubel und Standing Ovations für Thomas Besand und die Stadtkapelle Kulmbach

Kulmbach. Dieses Konzert macht einfach gute Laune, besser kann man nicht auf das neue Jahr einstimmen. Seit vielen Jahren ist das Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach eine echte Konstante im kulturellen Leben der Stadt und eine liebgewonnene Tradition für alle Blasmusikfreunde aus nah und fern. Thomas Besand und die Stadtkapelle, das sind einfach feste Größen. Nach Naila am Mittwoch und Saalfeld am Sonntag nun also die Dr.-Stammberger-Halle am Dienstagabend. Kein Wunder, dass das Konzert heuer schon am Tag nach dem Vorverkaufsstart Anfang Dezember als ausverkauft galt, obwohl kein einziges Plakat in der Stadt hing.

Auf die Stadtkapelle mit ihren aktuell rund 45 Musikern ist eben Verlass. Unterhaltsam aufbereitet und trotzdem nie nachlässig wird das gesamte Programm präsentiert. Thomas Besand hat die Zügel fest in der Hand und lässt die Musiker trotzdem locker aufspielen. Ganz so, wie man das seit vielen Jahren gewohnt ist. Das Konzert verging wieder einmal wie im Flug. Alle Beteiligten präsentierten einen Abend der Superlative, der drei Stunden lang konzertante Blasmusik in all ihren Facetten zeigte.

Eine entscheidende Neuerung gab es. Die Moderation hatte Simon Moritz übernommen, nachdem der langjährige Moderator Karl Heinrich Backert nur wenige Wochen nach dem letzten Neujahrskonzert und kurz nach seiner Ernennung zum Ehrenmitglied der Stadtkapelle verstorben war. Ein schwerer Verlust war das für alle Beteiligten, doch Simon Moritz, in Kulmbach kein Unbekannter, macht seine Sache exzellent, gewährt den Musikern mit launigen Ansagen die notwendigen Verschnaufpausen und sorgt für den einen oder anderen Lacher im Publikum.

Es war das mittlerweile 31. Neujahrskonzert unter der Leitung von Thomas Besand, der seit 33 Jahren an der Spitze des renommierten Klangkörpers steht, der stets auswendig dirigiert und der als „Vater des Kulmbacher Neujahrskonzerts“ gilt. Was die Stadtkapelle ganz besonders auszeichnet, das ist ihre Vielseitigkeit. Wie immer reichte das Programm von klassisch bis populär, von ernst bis heiter, es gab Bekanntes und Unbekanntes, alles stets anspruchsvoll und auf höchstem Niveau.

Kein Neujahrskonzert ohne Johann Strauß. Mit seiner bekannten, beliebten und rasch ins Ohr gehenden Komposition „Rosen aus dem Süden“ und seiner Schnellpolka „Auf de Jagd“ zeigten die Musiker der Stadtkapelle, dass sie so manch symphonischem Orchester in nichts nachstehen. Die Stadtkapelle setzt dabei nicht nur auf den Effekt, sondern sucht die Farben, gestaltet die Kompositionen und musiziert wunderschön schwingende Legato-Bögen.

Ein ausgeklügeltes Arrangement für Blasorchester gab es auch bei der Ouvertüre zur Operette „Die schöne Galathee“ von Franz von Suppé. Bis ins kleinste Detail ausgefeilt erklingt das alles, auch bei den traditionellen Konzertmärschen wie der Triumphmarsch „Salve Imperator“ von Julius Fucik, den „92er Regimentsmarsch“ („Aller Ehren ist Österreich voll“) von Johann Novotny oder dem Konzertmarsch „Viribus Unitis“ („Mit vereinten Kräften“), alles gewohnt schmissig und zum Mitklatschen.

Bei der Stadtkapelle haben immer auch moderne Stücke ihren festen Platz, diesmal in Form eines Bert-Kaempfert-Potpourris. Im Rhythmischen wie im Melodischen stimmt einfach alles, wenn Thomas Besand zum Bandleader und die Stadtkapelle zum großen Showorchester wird.

Unter den Solisten ragte einmal mehr Elke Höhn besonders heraus, die nicht nur ihr Instrument, die Querflöte, spielte, sondern als Sopranistin überrascht. Sie hatte diesmal eine besondere Komposition mit dem Song „Gold von den Sternen“ aus dem Musical „Mozart“ von Sylvester Levay ausgewählt. Ebenfalls mit glasklarer Stimme interpretiert sie im zweiten Teil den Titel „Blue Moon“ des Musical-Komponisten Richard Rodgers.

Ganz konventionell überzeugte Daniel Richter vom Musikverein Burghaig auf dem Flügelhorn mit der wundervoll musizierten Pop-Ballade „My Dream“. Ein Urgestein der Stadtkapelle und sicher auch einer der meistbeschäftigten Solisten ist Klarinettist Roland Schaller. Absolut exakt und technisch versiert interpretiert er den Dixieland-Standard „Petite Fleur“ von Sidney Bechet.

Zwei Zugaben hatte Thomas Besand mit den Musikern diesmal einstudiert: Den Marsch „Alte Kameraden“ von Carl Teike und zum Mitklatschen, wie beim großen Neujahrskonzert in Wien, den Radetzky-Marsch von Johann Strauss Vater.

Bilder:
1. Die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand bei ihrem traditionellen Neujahrskonzert in der Stadthalle.
2. Showtime: Elke Höhn als Gesangssolistin interpretierte unter anderem eine moderne Musical-Melodie aus Sylvester Levays „Mozart“.
3. . Einer der meistbeschäftigten Solisten ist der Klarinettist Roland Schaller mit der Komposition „Petite Fleur“

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09.01.2024

„Ballett des Friedens“: Ästhetik der goldenen Tanzkultur / Märchenhaft und museal: International Festival Ballett gastierte mit Tschaikowskys „Nussknacker“ in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Von wegen „Ballett ist out“: Wer das bisher geglaubt hatte, wurde am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle eines Besseren belehrt, Bei der Aufführung des Märchenballetts „Der Nussknacker“ durch das „International Festival Ballet“ und eines eigens gegründeten Festival Orchestra war nicht nur die Halle mit teils von weiten angereistem Ballettfans gut gefüllt, am Ende gab es auch Jubel und lautstarke Ovationen für Tänzer und Musiker.

Also keine Sorge, dass die Sparte Ballett langsam ausstirbt. Dafür gibt es Tourneetheater, die zwar nicht gerade mit bahnbrechenden, sondern eher mit konservativen, um nicht zu sagen musealen Inszenierungen aufwarten, aber dennoch vieles von der großen Faszination Ballett vermitteln. Wer es konventionell mag, wird nirgends besser bedient als hier: Das „International Festival Ballet“ ist so eine Truppe, die Jahr für Jahr um die Weihnachtszeit entweder mit Peter Tschaikowskys „Schwanensee“, mit „Dornröschen“ oder eben mit dem „Nussknacker“ durch die Lande zieht.

Beim „International Festival Ballet“ handelt es sich um das seit Sommer 2022 umbenannte „St. Petersburg Festival Ballet“. Betroffen vom Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine habe das renommierte Ensemble seinen Namen geändert, so heißt es. Damit wollen die Künstler ihre klare Haltung ausdrücken. Das „Festival Ballet“ sei ein über alle Nationengrenzen hinweg denkendes internationales Ballett, dass für die weltumspannende Verständigung und das Miteinander in der Poesie von Kunst, Musik und Tanz steht.

Ihre Haltung gegen die russische Aggression hätten die Künstler seit Kriegsbeginn mehrfach eindeutig zum Ausdruck gebracht. Deshalb würden sie nun auch aus Russland bedroht. Umso selbstverständlicher verstehe sich das Ensemble, in dem im Übrigen mehrere ukrainische Künstler tanzen, als Ballett des Friedens und des Zusammenhalts aller Menschen. Alle Tänzer sind Absolventen der besten Ballett-Schulen. Zudem arbeitet das Ensemble regelmäßig mit großen Theatern zusammen und gewann zahlreiche Preise und Auszeichnungen bei internationalen Festivals und Wettbewerben.

Zusammen mit dem Ballett „Schwanensee“ ist auch der „Nussknacker“ fast schon ein Synonym geworden für die Eleganz des klassischen Balletts auf höchstem Niveau. Das „International Festival Ballet“ steht für strenge klassische Eleganz und für Tanzleistung in Perfektion. Die Macher um den künstlerischen Leiter Alex Bogutsky haben dazu ganz traditionelle opulente Kostüme und kitschig-schöne Bühnenbilder geschaffen. Hier wird die Ästhetik der goldenen Tanzkultur großgeschrieben. Alle Tänzer agieren auf hohem Niveau und überzeugen mit Können und einer blitzsauberen Tanzleistung.

In den Hauptrollen vereint Elizaveta Bogutskaya in der Partie der Marie, beziehungsweise der Zuckerfee Eleganz mit Pathos, ganz in alter russischer Schule. Die Prima Ballerina war jahrelang unter anderem jahrelang erste Solistin des Moskauer Staatstheaters. Ihr zur Seite tanzte und spielte sich Nikita Moskalets als Nussknacker, beziehungsweise als Prinz mit graziöser Eleganz und athletischer Sprungfertigkeit in die Herzen des Publikums. Stets präsent, perfekt und im fantasievollen Kostüm ist Evgeny Silakov als Onkel Drosselmayer zu erleben. Taras Titarenko tanzt in ebenfalls überragender Manier den Mäusekönig.

Höhepunkte sind zweifellos die Charaktertänze und Solovariationen und vor allem die beiden Pas de deux von Marie und dem Prinzen am Ende des ersten und im zweiten Akt. Bahnbrechende Choreografien wird ernsthaft niemand erwartet haben. Ganz traditionell setzt das Ballett mit der historisch überlieferten Choreografie von Marius Petipa auf geometrische Figuren, da laufen Tänzerreihen ineinander, da werden immer wieder bewegte Ornamente gebildet, ganz mit Revue-Charakter und das alles zu der alles überragenden Musik von Peter Tschaikowskys.

Für das Bündel klangvoller Ohrwürmer ist das Festival Orchestra unter der Leitung von Normunds Vaicis, in seiner Heimat Lettland ein echter Star, verantwortlich. Der Klangkörper wurde von Musikern aus Lettland, Moldawien, Ungarn und der Ukraine gegründet und ist auf Ballett spezialisiert. Mit dem Orchester leuchtet Normunds Vaicis jede der noch so galant schimmernden Satzperlen fast schon kammermusikalisch und äußerst farbig aus. Ob der Besuch im Zuckerparadies, der „Arabische Kaffee“ oder der „Chinesische Tee“: Die musikalische Interpretation lässt Detailfreudigkeit zu und zeigt gleichzeitig großes Gespür für Tschaikowskys brillante Instrumentationskunst.

Am Ende krönt ein großer Schlussapplaus mit Jubel und Bravo-Rufen für das fast 30-köpfige Tanzensemble und das große Orchester den außergewöhnlichen Ballettabend in der Dr.-Stammberger-Halle.

Bilder:
1. Noch ist der Nussknacker nicht zu Leben erweckt, doch schon bald wird er ein Prinz sein. Dem Ballett liegt das Libretto „Nussknacker und Mäusekönig“ von E.T.A. Hoffmann zugrunde.
2. Auch das macht klassisches Ballett aus: Athletische Sprungfähigkeit, wie sie sonst nur Leistungssportler an den Tag legen.
3. Musik für die Augen Elizaveta Bogutskaya als Marie Nikita Moskalets als Prinz tanzten sich in die herzen der Ballettfans.
4. Die Interpretation ist traditionell klassisch, dennoch konnte das „International Festival Ballet „mit Tschaikowskys „Nussknacker“ am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle vollends überzeugen.
 

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05./06.01.2024

Glanz, Glamour und gute Laune: Musikalischer Liebesgruß vom Broadway / Umjubeltes Neujahrskonzert der Hofer Symphoniker unter Martijn Dendievel im Großen Haus der Freiheitshalle

Kulmbach/Hof. Es muss nicht immer Wiener Walzerseligkeit sein: nach den Konzerten in Ansbach und Selb sowie vor dem Konzert in Tirschenreuth hatten die Hofer Symphoniker am Samstag im Großen Haus der Freiheitshalle ein Heimspiel mit ihrem Neujahrskonzert unter dem Motto „From Broadway with love“. Am Tag zuvor fand das Konzert in der Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach statt. Unter der Leitung ihres künftigen Chefdirigenten Martijn Dendievel aus Belgien startete das Orchester mit bekannten und unbekannten Melodien unter anderem von Stephen Sondheim, Cole Porter, Richard Rodgers und Frederick Loewe in das Neue Jahr.

All diese Namen und viele mehr stehen für den Broadway, dem riesigen Theaterviertel am Times Square in New York, das längst zum Synonym für die Musik geworden ist, die irgendwo zwischen traditioneller Klassik und moderner Unterhaltungsmusik steht. Da ist manches, wie etwa Frederick Loewes „My fair lady“ noch in bester klassischer Tradition verhaftet. Anderes, wie etwa Cole Porters „I´ve got you under my skin“ weist den Weg bereits klar in Richtung populärer Musik. Das ist genau die richtige Mischung, um ein neues Jahr zu begrüßen.

Die stilistischen Crossover-Seitensprünge des Orchesters kamen beim Publikum bestens an. Ein hervorragend zusammengestelltes Programm sorgte für Glanz, Glamour und gute Laune. Thematisch stand natürlich die Liebe im Mittelpunkt. Mit witzigen Duetten und schwärmerischen Solonummern konnten die Sopranistin und Musical-Sängerin Kathrin Hanak und der Bariton Marian Müller schnell punkten. Geschickt mischten Martijn Dendievel und die Hofer Symphoniker Evergreens wie „Wunderbar“ aus „Kiss me Kate“ von Cole Porter mit Musical-Raritäten zum Beispiel von Stephen Sondheim oder Filmmusik von Harry Warren und brachten so eine breite Palette an Broadway-Charakteren zum Klingen.

Kathrin Hanak sang und spielte Altbekanntes lässig, abgeklärt, erstaunlich wandlungsfähig und stets souverän. Zum Kitsch taugen diese Kompositionen ja dann doch nicht, dafür sind sie einfach zu gut, noch dazu, wenn sie so direkt und präsent dargebracht werden. Marian Müller klingt musicalmäßig manchmal melancholisch leicht, manchmal fast ein wenig jazzig und dann wieder kraftvoll opernhaft. Gerade noch mimt er den knödelnden Tenor, schon gibt er sich wieder lässig wie Frank Sinatra. Unglaublich mitreißend ist das alles und vor allem erstklassig interpretiert, Tanzeinlagen inklusive.

Auch das Orchester plusterte nichts auf oder überdrehte. Ganz im Gegenteil: unter Martijn Dendievels Leitung, der bei diesem Programm gelegentlich auch zum Bandleader mutiert, nahm man die leichte Muße zwar ernst, fand aber doch einen unverkrampften, natürlichen Zugang zu den Musical-Melodien. Bemerkenswert waren auch die Zugaben: Mit „New York, New York“ und „Something stupid“ war man dann endgültig bei Frank Sinatra angelangt. Aufgrund der ausgezeichneten Interpretationen der beiden Solisten konnte man glatt die überragenden Arrangements dieser Klassiker der Unterhaltungsmusik überhören.

Das bestimmt eigenartigste Arrangement des Radetzky-Marsches in einer Art symphonisch-jazziger Broadway-Version erklang dann als dritte Zugabe. Tags zuvor beim Gastspiel in Kulmbach war das Publikum hartnäckiger und hatte sich sogar eine vierte Zugabe erklatscht.

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03.01.2024

Sechs Länder, drei Kontinente / Ausstellungen in Bayreuth, Kulmbach und Thurnau: Malerin Doris Bocka zeigt ihre Werke in der Region

Bayreuth/Kulmbach. Ausstellungen in sechs Ländern auf drei Kontinenten: Für die aus Kasendorf stammende und in Bindlach beheimatete Malerin Doris Bocka war 2023 ein überaus erfolgreiches Jahr. Vor einigen Wochen ist sie aus Indien zurückgekehrt, wo sie rund zehn Tage lang Kindern und Jugendlichen einer Sekundarschule zeitgenössische Kunst vermittelt hat. Ab März stellt sie im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth aus. Weitere Ausstellungen im laufenden Jahr, unter anderem in Kulmbach, sind bereits in Vorbereitung.

Deutschland, Tschechien, Österreich, Serbien, USA und Indien, in all diesen Ländern waren die Werke von Doris Bocka in den zurückliegenden Monaten zu sehen. Indien ragt dabei ganz besonders heraus. Durch die Vermittlung eines Künstlerkollegen unterrichtete Doris Bocka an der internationalen Public School Kishangarh in Rajasthan und hielt einen Vortrag an der Central University of Rajasthan. Mit den Kindern und Jugendlichen der 5. bis 10. Jahrgangsstufe zu arbeiten, sei schon ein besonderes Erlebnis gewesen, sagt sie. Wenn die Künstlerin von ihren Begegnungen in Indien berichtet, klingt es, wie eine Schilderung aus einer anderen Welt, in der man zwar den FC Bayern München kennt, über die europäische Kultur aber wenig bekannt ist.

Schritt für Schritt habe sie den Schülern beigebracht, wie man an ein Portrait herangeht, das eigene Gesicht ausmisst, eine Leinwand grundiert und so weiter. Bei dem Projekt handelte es sich um ein internationales Kunsttreffen, bei dem weitere Kunstschaffende unter anderem aus Litauen, Neuseeland und Vietnam beteiligt waren. Der Unterricht fand in englischer Sprache statt. „Ich bringe meine Expertise ein, profitiere aber genauso von den Kollegen und bekomme neue Inspirationen durch die Begegnung mit Land und Leuten“, so die Künstlerin.

In Indien habe sie beispielsweise Textildruckkunst kennengelernt und sich dort entsprechende Holzstempel gekauft. „Die habe ich nun schon in meine Acrylmalerei einfließen lassen, sie schaffen eine wunderbare Patina in den Gemälden“, sagt Doris Bocka, die noch immer völlig überwältigt von der Farbenpracht in Indien ist. Ihre danach entstandenen Gemälde sind schon etwas bunter geworden. Besonders spannend fand sie das Ausprobieren von Indisch-Gelb, ein lasierender Gelbton, mit dem sie vorher noch nie gearbeitet hatte.

Das Interesse an zeitgenössischer Kunst fiel auf großen Anklang, besonders bei den Schülern und Studenten. Deren Vorkenntnisse oder Erfahrungen damit seien allerdings eher dürftig gewesen. „Trotzdem hatten wir viel Spaß miteinander“, sagt Doris Bocka, die mit vielen hundert Fotos nach Hause gekommen ist. Sie alle zeugen von einem Land der krassen Unterschiede. Indien, das ist eben nicht nur Taj Mahal und Palast der Winde, Indien stehe auch für unbeschreibliche Armut und unvorstellbare Zustände in Sachen Sicherheit. Ein Selfie hätten alle mit ihr gemacht und eine Einladung für das kommende Jahr habe sie auch schon bekommen. Ein von Indien inspiriertes Gemälde mit dem Titel „Tempelelefant“ ist übrigens kurz vor Weihnachten nach Oberbayern verkauft worden.

Aufgewachsen ist Doris Bocka im Kulmbacher Land, und zwar in Kasendorf. In Kulmbach besuchte sie das Margraf-Georg-Friedrich-Gymnasium, in Bamberg und Bayreuth absolvierte sie anschließend ein Lehramtsstudium und unterrichtete an oberfränkischen und mittelfränkischen Schulen. In Bayreuth promovierte sie auch zum Dr. phil. und wurde an der Universität in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern tätig. Seit 2015 ist sie als Malerin freischaffend tätig.

Unter dem Motto „Da Capo“ stellt Doris Bocka in einer Einzelausstellung im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität vom 3. März bis zum 30. Juni hauptsächlich Portraits aus. Die Schau sollte bereits im Winter 2020 stattfinden. Damals sei alles vorbereitet gewesen, als plötzlich der Corona-Lockdown dazwischenkam und alles noch am Tag der Vernissage komplett abgebaut werden musste.

Nachdem auch in den Räumen der Regierung von Oberfranken an der Ludwigstraße in Bayreuth wieder Ausstellungen stattfinden, wird Doris Bocka auch dort im Zuge eines Nachholtermins im Spätsommer ihre Werke zeigen. Der Termin steht auch schon fest, Vernissage ist am 12. September, die Ausstellung ist dann bis in den Dezember hinein zu sehen.

In Planung ist außerdem eine weitere Ausstellung in Kulmbach sowie die Beteiligung der Künstlerin am Europa-Symposium in Thurnau vom 26. August bis zum 1. September.

Erstmals wird sie auch in der Region Workshops für Erwachsene, Kinder und Jugendliche anbieten, unter anderem bei den Kulmbacher Sommerkunstwochen.

Bild: Kunstunterricht an der internationalen Public School Kishangarh in Rajasthan. Lehrerin auf Zeit ist die aus Kasendorf stammende und in Bindlach beheimatete Malerin Doris Bocka.

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29.12.2023

Brainstorming und Business-Pläne bei den Berchlern / Kupferberger Theatergruppe sorgt mit der Komödie „Plötzlich war die Ruhe weg“ für Lachsalven

Kupferberg. Da wird die Theaterbühne zur Lachbühne und die Stadthalle zum Comedy-Palast: Mit dem Lustspiel „Ruhestand - …und plötzlich war die Ruhe weg“ der unterfränkischen Erfolgsautorin Regina Rösch haben die Berchler voll ins Schwarze getroffen. Die Berchler, das ist die Theatergruppe Kupferberg. Mit der Auswahl des Stückes, der Besetzung sämtlicher Rollen und der engagierten Darbietung aller Mitwirkenden ist der Gruppe ein Coup gelungen. Nach den beiden Aufführungen vom Wochenende steh das Lustspiel bis zum 3. Februar nur noch vier Mal auf dem Programm.

In dem Stück geht es darum, dass ein Ehemann nach über 40 Berufsjahren in Rente geht und mit seinen Aktivitäten gehörig für Verwirrung sorgt. Das erinnert ein wenig an Loriots Spielfilm „Pappa ante Portas“, denn plötzlich war die Ruhe weg, als der frisch gebackene Ruheständler Julius seine Berufung darin findet, den Haushalt seiner Familie grundlegend umzukrempeln. Wo bislang alles wie am Schnürchen klappte, halten plötzlich Brainstorming, Jour fixe, To-do-Listen, Teambildungsmaßnahmen und Businesspläne Einzug. Natürlich nervt der Rentner damit seine gesamte Familie. Doch damit nicht genug, er findet auch noch Verbündete: seine Nachbarn Franz-Martin, Erwin und nicht zuletzt seine ehemalige Sekretärin Liselotte. Eine ganze Weile wird das von den Ehefrauen so hingenommen, bis alle schier in Verzweiflung ausbrechen. Ehe das Geschehen im dritten Akt in bester Wild-West-Manier völlig aus dem Ruder läuft, finden die Damen aber ihren alten Kampfgeist wieder.

Wieder einmal schaffen es die Berchler, das Lustspiel mit den üblichen Anpassungen an lokale Gegebenheiten perfekt umzusetzen. Auf der Bühne geht es rund zwei Stunden lang überaus turbulent zu. Die Mitwirkenden sind in diesem Jahr: Willi Rucker mit sehr guter Bühnenpräsenz als frisch pensionierter, handwerklich völlig talentfreier Ehemann Julius. Die genervte Gattin Therese gibt Doris Holhut überaus glaubhaft und am Rande des Wahnsinns. Auch bei den anderen beiden Damen Gisela und Karola ist nichts mehr so wie es einmal war, was Martina Rucker und Stefka Kodisch sehr realistisch auf die Bühne bringen. Zur „Rentnergang“ gehören Nachbar Erwin (Stephan Zeis), Franz-Martin (Patrick Rosa) und Sekretärin Liselotte (Barbara Michel). Dagegen können selbst Tochter Renate (Christina Exner) und Verdachtsschwiegersohn Stefan (Manuel Pöhlmann), ein ewiger Student, wenig ausrichten. Bleibt noch Pensionsgast Karl Mai, gespielt von Marco Küffner. Sie alle spielen ihre Rollen glaubhaft überaus plausibel. Für die Technik war Johannes Manz verantwortlich. Heidi Holhut hatte als Souffleuse wenig zu tun, so textsicher war das gesamte Ensemble. Einziger Kritikpunkt für einige Zuschauer im hinteren Bereich der Stadthalle: Die Akustik war nicht immer optimal.

„Die Organisation übernehme wir komplett selbst“, so Stephan Zeis, der erst zum zweiten Mal mit dabei ist. Auch einen Regisseur gibt es in Kupferberg nicht. „Unsere Inszenierung entwickelt sich im Laufe der Proben“, erklärte Willi Rucker im Vorfeld. Eine Besonderheit der Berchler Theatergruppe ist es, dass es nicht nur um das Stück geht. Auch das Drumherum ist wichtig. In de Stadthalle stehen Stühle und Tische, es gibt Schnitzel und Baguettes, Für die Bewirtschaftung sind die örtlichen Vereine verantwortlich, bei der Premiere war es diesmal der FC Kupferberg.

Das Lustspiel „Ruhestand - …und plötzlich war die Ruhe weg“ von Regina Rösch steht noch am Samstag, 13. Januar um 19.30 Uhr Sonntag, 14. Januar um 15 Uhr, Sonntag, 28. Januar um 15 Uhr und Samstag, 3. Februar um 19.30 Uhr auf dem Programm. Ort der Aufführung ist die Stadthalle Kupferberg. Einzelkarten gibt es noch im Vorverkauf bei Willi Rucker (09227/4977) oder bei Heidi Holhut (09227/309) zum Preis von 9,50 Euro. Zurückgegebene Tickets gibt es in der Regel auch noch an der Abendkasse. Eine weitere Aufführung ist nicht öffentlich und ausschließlich als Benefizveranstaltung für die Bewohner der Himmelkroner Heime, die Beschäftigten der Werkstatt für Behinderte und für Heimbewohner.

Bilder: Mit wahren Lachsalven wurde am Samstag in Kupferberg die Premiere des Lustspiels „Ruhestand - ... und plötzlich war die Ruhe weg“ gefeiert.

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16.12.2023

Operette pur und ohne Mätzchen / Umjubelte Premiere von „Wie einst im Mai“ am Theater Hof

Hof. Weihnachtszeit ist Operettenzeit. Was für ein Glück, denn mit „Wie einst im Mai“ von Walter und Willi Kollo hat das Theater Hof ein echtes Juwel der Berliner Revue-Operette ausgegraben. Wer kennt sie nicht, Ohrwürmer wie „Das war in Schöneberg, im Monat Mai“, „Die Männer sind alle Verbrecher“ oder „Untern Linden, untern Linden“ sind längst zum Allgemeingut geworden. Doch die ursprünglich 1913 uraufgeführte Operette steht in ihrer Gesamtheit immer seltener auf den Spielplänen. Am Samstagabend war die umjubelte Premiere am Theater Hof, das sich für die Neufassung von Willi Kollo entschieden hat.

Natürlich wirken manche Texte so, als wären sie aus der Zeit gefallen. Auch die Handlung ist über weite Strecken schon weit hergeholt. Doch wer den richtigen Humor mitbringt, der wird auch dieser Geschichte etwas abgewinnen können, zumal die Operette durchaus auch zeitkritische Anspielungen beinhaltet, etwa, wenn es um Standesdünkel und Standesunterschiede geht. Die Hauptrolle in dieser Liebesgeschichte spielt Berlin im goldenen Zeitalter. Wie kaum eine andere, hatte die Kollo-Familie das musikalische Bild dieser Stadt geprägt.

Es geht aber auch um eine hinreißende Liebesgeschichte nicht nur zwischen Ottilie und Fritz. Die ganze Geschichte erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte und drei Generationen. Nicht nur um Standesdünkel geht es dabei, sondern auch um einen Auswanderer und Heimkehrer, um ein Ehemartyrium und um einen echten Hallodri. Und es gibt nicht unbedingt ein Happy End. So viel sei verraten, erst die übernächste Generation findet zusammen. Das allerdings wird in der Neufassung von Willi Kollo sehr verkürzt dargestellt. Er hatte den Schluss in die Filmstudios Babelsberg verlegt und damit die Brücke zur Neuzeit geschlagen.

Regisseurin Nicole Claudia Weber macht zum Glück nicht den Fehler, der Operette einen zeitgemäßen Anstrich zu verpassen, Zeitgeist darin zu verpacken oder Dialoge zu modernisieren. Ganz im Gegenteil, sie zeigt das Stück, so wie es sich Walter Kollo ausgedacht, und wie es Willi Kollo bearbeitet hat, ohne Mätzchen, Operette pur.

Die Sopranistin Inga Lisa Lehr und der Tenor Thielo Anderson sind so etwas, wie die Idealbesetzung für die Partien der Ottilie und des Fritz und im Schlussbild für die Rollen der Tilly und des Fred. Mit schnoddrig-herzlicher Berliner Schnauze singt Thilo Andersson in lupenreiner Textverständlichkeit den Fritz, Inga Lisa Lehr tritt vor allem mit beeindruckender stimmlicher Präsenz auf. Die beiden singen nicht nur, sie spielen auch voller Witz und Engagement, sie tanzen, sie verwandeln sich.

In weiteren Hauptrollen waren der Buffo Markus Gruber als Stanislaus und Stefanie Rhaue als Mechthilde und Angostura zu erleben. Markus Gruber geht in seiner komischen Rolle vollends auf, auch er singt und tanz, verkörpert mehrere Altersstufen und spielt sich von Anfang an in die Herzen des Publikums. Aber auch das komplette übrige Ensemble lässt keinerlei Wünsche offen. Yvonne Prentki gleich in drei Rollen, Andrii Chakov als Ernst, Andreas Wobig als Major und als Werkmeister, Michal Rudzinski als Justizrat und als Radansky. In weiteren Rollen singen und spielen Valerie Bast, Jonas Neumann, Marleen Evelyn Schneider, Christiane Seidel, Daniel Milos, und Hans-Peter Pollmer.

Die vielen eingängigen Melodien bringen die Hofer Symphoniker unter David Preil hervorragend zum Klingen. Da gab es herrlich ausmusizierte Foxtrotts und Polkas, aber auch eine Gavotte und sogar einen Tango. David Preil gibt die notwendigen schnellen Tempi vor, lässt manchmal auch mit einem Augenzwinkern musizieren und setzt immer wieder beeindruckende Akzente. Den Opernchor des Theaters hatte Lucia Birzer bestens einstudiert. Die Massenszenen ergänzten Mitglieder von "THE ARTS Company".

Für die hervorragend gelungene und in den Massenszenen eindrucksvolle Choreografie zeichnete sich Barbara Buser, für das wandlungsfähige Bühnenbild mit seinen vielen witzigen Details Herbert Buckmiller und für die Kostüme Annette Mahlendorf verantwortlich. Die Kostümbildnerin hatte wohl den langwierigsten Part zu bewältigen. Für die fast 50 Beteiligten schuf sie fünf fantasievolle Kleidungssätze und ließ dabei ein Abbild über mehrere Jahrzehnte Modegeschichte entstehen.

Weitere Aufführungen am 26.12., 27.12., 30.12., 13.01.,14.01., 21.01, 28.01. und am 23.02. jeweils um 19.30 Uhr im Theater Hof. Eine weitere Aufführung steht am 25.01. um 19.30 Uhr im Rosenthal-Theater Selb auf dem Programm. Karten gibt es an der Theaterkasse, Telefon 09281/7070-290 oder im Internet unter www.theater-hof.de/karten.

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08.12.2023

Große Oper und Konzerte bei Kerzenschein / „Bayreuth Baroque“ geht in seine fünfte Spielzeit – Intendant Max Emanuel Cencic stellte Spielplan für 2024 vor

Bayreuth. Das Musikfestival „Bayreuth Baroque“ geht 2024 in seine fünfte Auflage. Vom 5. bis zum 15. September 2024 stehen zwei szenische Opern, einige Vokalkonzerte sowie ein Instrumentalkonzert auf dem Programm. Spielstätten sind neben dem Markgräflichen Opernhaus die Schlosskirche, die Ordenskirche St. Georgen und der Sonnentempel der Orangerie in der Eremitage. Unter den Augen von Markgräfin Wilhelmine stellte der künstlerische Leiter Max Emanuel Cencic zusammen mit Ursula Adamski-Störmer vom Bayerischen Rundfunk das Programm am Freitag im Saal des ehemaligen Jagdschlosses Birken vor.

„Das Markgräfliche Opernhaus soll sich zu einem Zentrum für Barockopern entwickeln“, sagte Max Emanuel Cencic, der nicht nur künstlerischer Leiter von „Bayreuth Baroque“ ist, sondern auch als Countertenor eine der tragenden Rollen in der von ihm inszenierten Barockoper “Ifigenia in Aulide“ von Nicola Antonio Porpora übernimmt.

Porporas „Ifigenie“ steht in diesem Jahr auch im Mittelpunkt des Festivals. Seit 1735 ist die Oper nicht mehr gezeigt worden. Gleich vier Mal kommt die Neuinszenierung zur Aufführung (05., 07., 13. und 15. September 2024). Porpora sei neben Georg Friedrich Händel und Johann Adolph Hasse einer der wichtigsten Opernkomponisten dieser Zeit gewesen, so Max Emanuel Cencic. Er beschrieb die Oper als politische Tragödie, die auch und gerade in unserer Zeit noch Gültigkeit habe. Inhaltlich gehe es um religiösen Wahn, um Massenwahn, Hysterie, aber auch um aufklärerische Ideale. „Es ist ein hochbrisanter Stoff, gerade in der jetzigen Zeit“, so der Regisseur, der mit der Partie des Agamemnon auch einer der Hauptpartien übernimmt.

Zweite große Oper ist in diesem Jahr Antonio Vivaldis Musikdrama „Orlando Furioso“. Das Besondere daran: Das Werk wird in Coproduktion mit dem Teatro Comunale di Ferrara und dem Teatro Comunale Pavarotti-Freni in Modena gezeigt (10. und 11. September). Derartige internationale Coproduktionen sollen in Zukunft bei „Bayreuth Baroque“ wichtiger werden, kündigte Max Emanuel Cencic an. Mit Les Talens Lyriques unter Christopher Rousset („Ifigenie“) und Il Pormo d´Oro unter Francesco Corti („Orlando“) konnten zudem zwei internationale Spitzen Barockensembles gewonnen werden.

Neben den beiden szenischen Opern gibt es Soloabende, etwa mit der weltbekannten Sopranistin Anna Prohaska, die das Publikum mit einem eigens für Bayreuth ausgearbeiteten Programm in eine frühe Blütezeit der Hamburger Oper entführen wird (14. September). Neben den Kerzenlicht-Konzerten in der Ordenskirche mit den Sopranistinnen Sandrine Piau (08. September) und Nuria Rial (12. September) gilt das Konzert von Jakub Jozef Orlinski als weiterer Höhepunkt. Unter dem Titel „Beyond“ präsentiert der Countertenor und Breakdancer sein neues Programm.

Das Festival „Bayreuth Baroque“ wird im Wesentlichen aus Mitteln des Bundes, des Landes, des Bezirks Oberfranken und der Stadt Bayreuth finanziert. Nach den Worten von Geschäftsführer Clemens Lukas haben das Festival zuletzt rund 5000 Menschen besucht, 80 Prozent davon von außerhalb der Region, viele davon aus dem Ausland.

Von den International Opera Awards sei „Bayreuth Baroque“ 2023 in der Kategorie „Bestes Festival“ nominiert worden. Auch die Fachzeitschrift Opernwelt habe „Bayreuth Baroque“ mehrfach in verschiedenen Kategorien nominiert und Leonardo Vincis „Alessandro nell´Indie“ zur Oper mit den besten Kostümen des Jahres gekürt.

Der Kartenvorverkauf startet Am 14. Dezember. Weitere Information: www.bayreuthbaroque.de.

Bild: Unter den Augen von Markgräfin Wilhelmine stellten Ursula Adamski-Störmer vom Bayerischen Rundfunkt und der Countertenor, Regisseur und künstlerische Leiter Max Emanuel Cencic das Programm für „Bayreuth Baroque“ 2024 vor.

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05.12.2023

„Alles hat seine Zeit“: Wechsel an der Spitze der Städtischen Jugendkapelle / Harald Streit übergibt am Sonntag den Dirigentenstab an seinen Nachfolger Maximilian Väth

Kulmbach. Gerüchten tritt Harald Streit entschieden entgegen, denn mit der Leitung der Städtischen Jugendkapelle gibt der 59-Jährige nur einen einzigen Aufgabenbereich ab. Viele neue kommen dazu, in seiner künftigen Funktion als Leiter der Kulturabteilung der Stadt Kulmbach. Damit ist er für die Bücherei, die Volkshochschule, die Plassenburg-Museen und die allgemeine Kultur- und Sportverwaltung zuständig. Harald Streit bleibt auch Leiter der Musikschule, wo der Musikpädagoge, der sich auch als Solist und Kammermusiker einen Namen gemacht hat weiterhin Blechbläser unterrichten wird.

„Alles hat seine Zeit“, sagt Harald Streit und macht deutlich, dass es nie sein Bestreben gewesen sei, die Städtische Jugendkapelle bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand zu leiten. Den vielen positiven Erlebnissen und dem großen Engagement aller Beteiligten sei es zu verdanken gewesen, dass es dann doch 28 Jahre wurden. Für die Stabübergabe an seinen Nachfolger Maximilian Väth am kommenden Sonntag hat sich Harald Streit allerdings einen besonderen Tag ausgesucht. Die Städtische Jugendkapelle feiert an diesem Tag mit einem großen Konzert in der Stadthalle ihr 50-jähriges Bestehen. Harald Streit verspricht ein Konzert der Superlative und einen „Abend voller Überraschungen“. Über 100 Musiker werden dabei in drei verschiedenen Orchestern mitwirken.

Viele Kulmbacher habe er vom ersten Ton an begleitet und bis hin zum Solisten ausgebildet. Viele seien mittlerweile als Profimusiker oder Musiklehrer im Geschäft, viele hätten studiert, sein Nachfolger Maximilian Väth etwa, der mittlerweile auch an der Musikschule unterrichtet und der in Nürnberg Saxofon studiert hat.

Zur Arbeit des Dirigenten der Städtischen Jugendkapelle gehört allerdings viel mehr als nur die schöne Kunst. „Vom Notenständer bis zur Uniform ist der Dirigent für alles zuständig.“ Manchmal sei er auch Reiseleiter oder Seelsorger für die jungen Leute. „Man ist wie ein Dompteur, der alle bei der Stange halten muss“, so Harald Streit.

Als solcher hat er natürlich auch schon vieles erlebt. Da komme es schon mal vor, dass ein Musiker völlig ahnungslos zum Wertungsspiel in kurzen Hosen und Flip-Flops erscheint und sich von Musikerkollegen das passende Outfit leihen muss. Viele solche Geschichten könnte Harald Streit erzählen. Zum Beispiel die, dass bei einem Marschmusiktermin ausgerechnet der Trommler seine Sticks vergessen hat und man auf der Suche nach Ersatz vor Baumästen und Kochlöffeln nicht zurückschreckte. Als absolutes Highlight bezeichnet Harald Streit die Auftritte mit der Jugendkapelle in Lugo/Italien und  im schottischen Kilmarnock, der Partnerstadt von Kulmbach. Aus Liebe zu Schottland habe er sogar begonnen, das Spiel mit dem Dudelsack zu erlernen.

Angefangen hat das alles bei Harald Streit als er zwölf Jahre jung war. In Hegnabrunn aufgewachsen trat er dem Musikverein im nahen Ludwigschorgast bei und lernte Trompete. Die Liebe zur Musik war geweckt. Harald Streit wollte mehr, er suchte sich selbst Profis in den Nachbarstädten Bamberg, Coburg und Hof, um sein Trompetenspiel fortzuentwickeln. In den Jahren 1984 bis 1986 besuchte er die Berufsfachschule für Musik in Kronach, anschließend ging es zum Musikstudium nach Würzburg.

Parallel dazu hatte Harald Streit schon seinen ersten Vertrag als Lehrer an der Kulmbacher Musikschule in der Tasche. 1984 war das, als er mit zwei Schülern startete. In den Folgejahren wurden es immer mehr. 1990 trat er dann eine Festanstellung an der Musikschule an, die Wilhelm-Meußdorfer-Straße 1 sollte künftig sein zweites Zuhause werden. Mit dem Ziel, den Nachwuchs auf die Jugendkapelle vorzubereiten, baute er das Vororchester auf und übernahm 1995 die Leitung der Städtischen Jugendkappelle. Als sein Vorgänger Musikschulrektor Walter Schleicher 2011 in Pension ging, fiel die Wahl auf Harald Streit als neuen Chef der Musikschule.

Untrennbar verbunden ist der Name Harald Streit mit dem Blechbläserensemble Culma Brass. Darüber hinaus musizierte er unter anderem mit den fränkischen Komödianten Volker Heißmann und Martin Rassau, mit der Pavel-Sandorff-Big-Band, aber auch den Hofer Symphonikern und dem Münchner Rundfunkorchester. Zehn Jahre lang leitete er den Musikverein Ludwigschorgast als Dirigent, aktiv ist er außerdem ehrenamtlich im Nordbayerischen Musikbund.

Eine Besonderheit beim Konzert am Sonntag wird das JUKA-Revival Orchester sein. Harald Streit hat es geschafft, 47 Ehemalige zu motivieren, die teilweise noch unter seinem Vorgänger Hans Fiedler in der Städtischen Jugendkapelle aktiv waren. Eine Musikerin kommt sogar eigens aus Nordrhein-Westfalen nach Kulmbach.

Das Jubiläumskonzert „50 Jahre Städtische Jugendkapelle Kulmbach“ findet am Sonntag, 10. Dezember um 17 Uhr in der Dr.-Stammberger-Halle statt. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen. Tickets gibt es in der Tourist Information der Stadt Kulmbach in der Buchbindergasse 5. Sollte es Restkarten geben, werden sie an der Abendkasse erhältlich sein.

Bild: Harald Streit gibt am Sonntag beim Konzert zum 50. Geburtstag der Städtischen Jugendkapelle den Dirigentenstab ab.

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01.12.2023

Mit Musik für eine bessere Welt / Großer Jubel zum Zehnjährigen: Benefizaktion „Musik verbindet“

Kulmbach. Mit drei fulminanten Konzerten in Kulmbach, Bad Berneck und Stadtsteinach sind der Projektchor und die Band der Aktion „Musik verbindet“ unter der Leitung von Lukas Alois Roth aus Ludwigschorgast am Wochenende in die Adventszeit gestartet. Auftakt war am Freitagabend in der prachtvoll erleuchteten Petrikirche, die man so gut gefüllt schon lange nicht mehr gesehen hat. Sogar auf den Emporen standen viele Zuhörer während der gesamten 90 Minuten.

Das Programm glich eher dem eines Popkonzerts. Da waren einige Weihnachtsklassiker dabei, aber immer in neuem Gewand. Der Song vom „Winter Wonderland“ etwa zur Melodie von „Don ´t worry be happy“ oder ein stimmgewaltiges „Do they know it´s Christmas“). Ansonsten dominierten Songs von ABBA in einem effektvollen Medley, von Toto („Rosanna“), Phil Collins („Dance into the light“) und Michael Jackson („Heal the world“) bis hin zu eindrucksvollen Liedern wie „From now on“ aus „The greatest Showman“. Die Arrangements stammten dabei zum Beispiel von der US-amerikanischen A-cappella-Gruppe Pentatonix. Als Zugaben hatte Lukas Alois Roth mit Band und Chor den Song „Africa“ von Toto und John Farnhams „You´re the voice“ einstudiert.

Der Projektchor besteht aktuell aus über 40 jungen Leuten im Alter zwischen 14 und 27 Jahren. Sie kommen nicht nur aus der Region, sondern auch aus Würzburg und Dresden. Lukas Alois Roth, der nach einer Ausbildung zum staatlichen geprüften Chor- und Ensembleleiter an der Berufsfachschule für Musik Oberfranken an der Musikhochschule Dresden studiert, ist der Leiter.

Einstudiert wurde das alles auch diesmal an nur drei Tagen. Als Benefizband fungierte eine feste Besetzung aus eingespielten Musikern, die sich in der christlichen Szene und bei Konzertprojekten in ganz Oberfranken kennen gelernt haben. Die Musiker waren diesmal Kilian Pistor (Drums), Tobias Herath (Bass), Lennard Fischer (Piano), Felix Brendel (Keys), Max Heiß (Gitarre) sowie Anton Gomer und Nina Scheibe (Gesang). Gastmusiker waren Paul Wachter (Trompete), Lucas Gröbel (Saxofon), sowie Flo Reuner und Julian Heinz (Posaune).

Das Projekt „Musik verbindet kann heuer schon sein zehnjähriges Bestehen feiern. Bereits im Herbst 2013 hatte sich eine Gruppe von Schülern des Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasiums zusammengefunden, um gemeinsam für mehr Chancengleichheit und eine gerechtere Welt zu kämpfen. „Sie wollten ihr Talent einsetzen, um etwas Gutes zu tun“, erläutert der Initiator und musikalische Tausendsassa Lukas Alois Roth. So war „Musik verbindet - Das Benefizprojekt Kulmbach“ geboren.

„Wir wollen Musik machen und ein Zeichen setzen“, sagte Jonas Gleich, im normalen Leben Pressesprecher der Stadt Kulmbach, der seit vielen Jahren immer wieder professionell durch das Programm führt. Ein eindrucksvolles Zeichen gelang dem Chor gleich zu Beginn mit dem a-cappella gesungenem Weihnachtslied „Carols oft the bells“ in ukrainischer Sprache. Auch Dekan Friedrich Hohenberger sprach zu Beginn von einem wertvollen Zeichen, die Welt ein Stück liebenswerter zu machen.

Über 80000 Euro seien seitdem für wohltätige Zwecke zusammengekommen, wobei jedes Jahr ein neues Spendenziel gesucht wurde. Partner waren bisher unter anderem die KinderNotHilfe, lokale Hilfsorganisationen oder die Welt-Hunger-Hilfe. Das diesjährige Spendenziel war die gemeinnützige Organisation „Naturefund“, die verschiedene Naturschutzprojekte im In- und Ausland unterstützt. Das Besondere bei Musik verbindet: Hundertprozent der Konzerteinnahmen werden gespendet.

Das Projekt hat inzwischen auch zahlreiche Auszeichnungen erfahren. So gab es 2015 den Sozial- und Kulturpreis der Kulmbacher Service-Clubs, 2016 den Kulmbacher Ehrenamtspreis und 2019 den Publikumspreis „Helden der Heimat Oberfranken" der Adalbert-Raps-Stiftung. 2020 wurde das Projekt für den Deutschen Engagementpreis nominiert.

Bilder: Lukas Alois Roth aus Ludwigschorgast leitete zum zehnjährigen Bestehen der Aktion „Musik verbindet“ Projektchor und Band in der Kulmbacher Petrikirche.

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01.12.2023

Großveranstaltung für einen guten Zweck / 14. Moonlight Serenade: Old Beertown Jazzband sagt endgültig Servus

Kulmbach. Eigentlich soll man immer dann aufhören, wenn es am schönsten ist. Doch die Old Beertown Jazzband um Konrad „Conny“ Fischer Andreassohn setzt im kommenden Jahr noch eins drauf: Am 15. Juni 2024 wird es im Kulmbacher Mönchshof erneut eine Moonlight Serenade geben. Dann aber definitiv die letzte, wie der Musiker aus Fölschnitz jetzt bekannt gegeben hat. Der Vorverkauf startet in diesen Tagen und Conny Fischer ist sich sicher, dass die rund 500 Tickets auch diesmal wieder schnell vergriffen sein werden.

„Wir waren im Sommer nicht sicher, ob da noch was geht“, sagt Conny Fischer Andreassohn. Seine Musiker hätten sich bereits auf die verdiente Rente eingestellt. Schließlich sei auch die Moonlight Serenade 2023 nicht mehr zu toppen gewesen. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. „Es ist schon immer ein Mordsstress“, so der 73-Jährige.

Wenn das musikalische Niveau der Moonlight Serenade von Kennern als außerordentlich hoch eingestuft wird, dann liegt das nicht nur an den engagierten Mitstreitern, die aus den Landkreisen Bayreuth, Kulmbach und Kronach und sogar aus Weimar kommen, sondern auch an den sächsischen Kollegen von „Micha Winkler´s Hot Jazzband“. Kein Wunder, dass diesmal Musikfreunde nicht nur aus allen Teilen Frankens, aus Thüringen und Sachsen angereist sind, sondern auch aus Hamburg und Iserlohn. „Micha Winkler aus Dresden gilt als musikalischer Tausendsassa und als einer der besten Jazz-Posaunisten in Deutschland.

Der entscheidende Punkt „nochmal an die Front zu gehen“ sei die Tatsache gewesen, dass die Old Beertown Jazzband 2024 ihre 40-jähriges Bestehen feiern kann. Auch die Wirtschaft habe in Sachen Sponsoring schnell signalisiert, dass sie wieder mit dabei ist. Schließlich ist die Großveranstaltung wieder als Benefizkonzert konzipiert. „Wir haben in all den Jahren schon weit über 25.000 Euro an soziale und musische Einrichtungen überwiesen“, sagt Conny Fischer. Kindergärten und Schulen sind darunter, aber auch Musikvereine und sonstige Institutionen. Zuletzt wurden die KITA in Fölschnitz mit 1500 Euro gefördert. Mit dem Geld wurden unter anderem Musikinstrumente angeschafft.

Bisher habe man mit dem Wetter stets Glück gehabt, egal ob Anfangs in Wernstein oder später in Thurnau. Sollte wider Erwarten der Himmel am 15. Juni seine Schleusen öffnen, findet das Konzert in der ehemaligen Ladehalle der Brauerei auf dem Mönchshof-Gelände statt.  Auch diesmal wird wieder der Lions-Club Kulmbach-Plassenburg und die Kulmbacher Brauerei mit im Boot sein.

 „Wir freuen uns, dass wir die Serenade wieder hier haben dürfen“, so Helga Metzel von den Museen im Kulmbacher Mönchshof. Sie sprach von einer kulturellen Bereicherung nicht nur für den Mönchshof, sondern für die gesamte Region. Es muss 2024 ja nicht das Ende der Moonlight Serenade sein, sagt Conny Fischer. Das Ende der Old Beertown Jazzband in der bisherigen Form werde es aber in jedem Fall sein.

Die Geburtsstunde der „Old Beertown Jazzband“ schlug 1984. Zur Erstbesetzung gehörten Bernd Meile, der unvergessene Udo Koch, der frühere Kulturreferent Rupprecht Konrad und der Trompeter Werner Beyerlein. Ein Höhepunkt in der Geschichte der Formation war unter anderem eine Einladung zum Dixieland-Festival in Dresden, eines der größten Festivals dieser Art. Die Old Beertown Jazzband trat damals vor 2000 Leuten in der Prager Straße auf.

Tickets für die 14. Moonlight Serenade am 15. Juni 2024 mit der Old Beertown Jazzband und „Micha Winklers Hot Jazzband“ gibt es im Vorverkauf für 22 Euro in der Kulmbacher Brauerei, in den Museen im Mönchshof, in der Buchhandlung Friedrich am Holzmarkt 12, bei der Buchhandlung Häußinger in Thurnau und bei Conny Fischer persönlich per Mail unter fischer.andreassohn@t-online.de.Einlass ist Ab 18 Uhr, Beginn um 19.30 Uhr.

Bild: Der Vorverkauf für die 14. Moonlight Serenade startet in diesen Tagen. Organisator und Bandleader Konrad „Conny“ Fischer Andreassohn, Helga Metzel von den Kulmbacher Museen und Musiker Wolfgang „Timmi“ Diehm (von links) rührten schon mal die Werbetrommel.

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23.11.2023

Komödie in Kupferberg: „Plötzlich war die Ruhe weg“ / Proben der „Berchler“-Theatergruppe haben begonnen – Premiere am 29. Dezember

Kupferberg. „Bei uns müssen die Leute lachen.“ Willi Rucker und Stephan Zeis sind sich einig, wer spannende Krimis oder gar Ernstes oder Tiefgründiges erwartet, der ist bei den „Berchlern“ fehl am Platz. Die Berchler, das ist die Theatergruppe Kupferberg, 2011 aus einer Bierlaune heraus gegründet von vier Kupferbergern und vier Wirsbergern. „Was uns verbindet ist der Berg“, sagt Willi Rucker, besser der „Berch“. Mittlerweile gehen sie in ihre 11. Spielzeit.

Die Vorbereitungen laufen bereits seit September, die Bühnenproben seit Anfang November. Bis zur Premiere am 29. Dezember ist noch ein wenig Zeit, doch schon jetzt sind alle Beteiligten mit Feuereifer bei der Sache. Auf dem Programm steht diesmal das Lustspiel „Ruhestand - …und plötzlich war die Ruhe weg“ der Unterfränkischen Erfolgsautorin Regina Rösch. Der Inhalt erinnert ein wenig an Loriots Spielfilm „Pappa ante Portas“, denn auch hier geht es darum, dass ein Ehemann nach 43 Berufsjahren in Rente geht und gehörig für Verwirrung sorgt.

Ausgesucht hat das Stück die „Lesekommission“, wie sie Willi Rucker bezeichnet. Das sind drei Damen aus dem Ensemble, die sich alle Jahre auf die Suche nach einer interessanten Komödie machen. Zehn Aktive stehen heuer auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Dazu kommen eine Souffleuse und ein Techniker. „Die Organisation übernehme wir komplett selbst“, so Stephan Zeis, der erst zum zweiten Mal mit dabei ist.

Sein Traum sei es schon immer gewesen, aber dass es mal Wirklichkeit wird, in einem Theaterstück mitzuspielen, das hätte er sich nie träumen lassen, so Stephan Zeis. Tatsächlich kennen die „Berchler“ auch keine Nachwuchsprobleme. Der jüngste Mitwirkende, Manuel Pöhlmann, ist 23, die älteste Dagmar Vornhof ist 70 Jahre jung. Einen Regisseur gibt es in Kupferberg nicht. „Unsere Inszenierung entwickelt sich im Laufe der Proben“, sagt Willi Rucker. Mit dem Schauspieler Jürgen Peter schaut in der Regel dann gegen Ende der Probezeitz doch mal ein Profi vorbei und die Amateure nehmen dankbar den einen oder anderen Tipp von ihm an.

Das Besondere an der „Berchler“ Theatergruppe ist, dass es nicht nur um das Stück geht. Auch das Drumherum ist wichtig. Da trifft man sich vor der Aufführung in der Kupferberger Stadthalle, in der Stühle und Tische aufgestellt sind, es gibt Schnitzel, Käse- und Lachsbaguettes, beziehungsweise bei den Nachmittagsaufführungen Kaffee und Kuchen. „Bei uns kommt man, um ein en schönen Abend zu haben“, so Stephan Zeis. Für die Bewirtschaftung sind die örtlichen Vereine verantwortlich, deren Mitglieder sich regelmäßig mit Feuereifer engagieren. Konkret sind diesmal der FC Kupferberg, der TSV Wirsberg, die BRK-Bereitschaft Kupferberg und der örtliche Musikverein mit dabei.

Viele Karten gibt es nicht mehr für die insgesamt sechs regulären Aufführungen. Eine siebte Aufführung ist nicht öffentlich und ausschließlich als Benefizveranstaltung für die Bewohner der Himmelkroner Heime, die Beschäftigten der Werkstatt für Behinderte und für Heimbewohner. Auch da gibt es Kaffee und Kuchen, die Kosten übernimmt der VdK-Kreisverband Kulmbach, die Organisation der VdK-Ortsverband Kupferberg.

Die Mitwirkenden sind in diesem Jahr: Christina Exner, Doris Holhut, Heidi Holhut, Stefka Kodisch, Johannes Manz, Manuel Pöhlmann, Marco Küffner, Patrick Rosa, Martina Rucker, Willi Rucker, Dagmar Vornhof und Stephan Zeis.

Das Lustspiel „Ruhestand - …und plötzlich war die Ruhe weg“ von Regina Rösch hat am Freitag, 29. Dezember um 19.30 Uhr in der Stadthalle Kupferberg Premiere. Weitere Aufführungen: Samstag, 30. Dezember um 19.30 Uhr, Samstag, 13. Januar um 19.30 Uhr Sonntag, 14. Januar um 15 Uhr, Sonntag, 28. Januar um 15 Uhr und Samstag, 3. Februar um 19.30 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf bei Willi Rucker (09227/4977) oder bei Heidi Holhut (09227/309) zum Preis von 9,50 Euro.

Bild: Auf der Bühne der Stadthalle Kupferberg probt die Theatergruppe „Berchler“ bereits eifrig für die Aufführung des Lustspiels „Ruhestand - ... und plötzlich war die Ruhe weg“. Premiere ist am 29. Dezember.

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19.11.2023

Musikalische Hoffnungsschimmer trotz düsterer Farben / Neue Version des altbekannten Mozart-Requiems unter Martin Popp in St. Bartholomäus

Pegnitz. „Es klang so alt und war doch so neu.“ Nein, hier geht es nicht um den Fliedermonolog von Richard Wagners „Meistersinger von Nürnberg“, sondern um das Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart. Man meint es zu kennen, zumindest in der Fassung des Mozart-Schülers Franz Xaver Süßmayr, der die letzten vier Sätze „Sanctus“, „Benedictus“, „Agnus Dei“ und „Communio“ komponiert und wohl auch weitere Teile instrumentiert hatte. Doch es gibt auch andere Versionen. Eine davon war am Sonntag in St. Bartholomäus zu hören, aufgeführt von der evangelischen Pegnitzer Kantorei zusammen mit dem Chor der katholischen Pfarrkirche Johannes der Täufer in Schlüsselfeld und der Vogtland Philharmonie Greiz Reichenbach unter Martin Popp. Der gebürtige Pegnitzer leitet seit 2007 den Schlüsselfelder Chor und unterrichtet unter anderem an der Karlsruher Musikhochschule. Dekanatskantor Jörg Fuhr hatte die Leitung krankheitsbedingt abgeben müssen.

Wenn Mozarts Requiem anders als sonst klang, lag das aber auch an den halsbrecherischen Tempi, die Martin Popp vorgegeben hatte. Manchmal klingt es schon sehr gehetzt, für die Details der Partitur bleibt da wenig Zeit. Selbst zwischen den einzelnen Sätzen lässt der Dirigent Musikern und Sängern kaum Zeit zum Durchatmen. Zu Beginn des Offertoriums beim „Domine Jesu“ wird er dann selbst zum Opfer seiner atemberaubenden Tempovorgaben. Chor und Orchester sind einfach nicht zusammen und so muss er den Satz nach wenigen Takten nochmal von vorne anfangen.

Die von Martin Popp ausgewählte und in Pegnitz aufgeführte Fassung stammt von dem britischen Musikwissenschaftler Karl Marguerre, wurde von dessen Enkelin Dorothee Heath 2014 überarbeitet und erschien erst jüngst im Druck. Allzu viele Aufführungen gab es davon noch nicht. Anders als in früheren Fassungen werden hier beispielsweise auch die hohen Holzbläser im Orchester eingesetzt und neben den düsteren Farben werden auch die des ewigen Lichts deutlicher, wie es Martin Popp im Programmheft erläutert. „Kostet Mozart zwar die dunklen Momente in der Beschreibung der Unterwelt dramatisch aus, so gibt er doch auch musikalische Hoffnungsschimmer.“ Spielt der Chor im Requiem insgesamt die größte Rolle, so tritt er in der aufgeführten Fassung im „Recordare“ vollständig zurück und das Solistenensemble verwandelt in thematischer Verwandtschaft den Beginn des Werkes in eine Insel der Hoffnung auf Erlösung.

Martin Popps Interpretation erklingt denn auch, von der Tempowahl einmal abgesehen, dynamisch abwechslungsreich, frisch und eindringlich in den markanten Sätzen. Die Vogtland Philharmonie, die beiden Chöre und das Würzburger Solistenquartett mit Manuela Falk, Barbara Buffy, Stefan Schneider und Lorenz Schober können in Klang und Balance vollends überzeugen. Martin Popp lässt größtmögliche Flexibilität zu, vernachlässigt den dramatischen Aufbau des Werkes trotzdem nicht. Im „Dies irae“ oder auch im „Confutatis“ musiziert die Vogtland Philharmonie eindrucksvoll impulsiv und im „Sanctus“ werden sogar fast schon ein wenig modern anmutende Klänge zugelassen.

Präzise und verständlich deklamieren die beiden Chöre homogen und gut aufeinander eingestimmt. Sämtliche Stimmen befanden sich in guter Verfassung und boten ein geschlossenes Klangbild und eine dichte Gestaltung. Im Solistenquartett lässt vor allem Manuela Falks betörend geschmeidige Stimme aufhorchen. Völlig natürlich und überhaupt nicht angestrengt erklingt ihr glockenheller Sopran. Intensiv und kraftvoll im Ausdruck agiert Tenor Stefan Schneider. Was die tonsprachliche Gestaltung angeht, lassen auch Altistin Barbara Buffy und Bassist Lorenz Schober keine Wünsche offen. Sowohl als Quartett wie auch in den Solopassagen meistern alle vier sorgfältig ihren Part und lassen keinen Mangel an deutlicher Aussprache zu.

Neben dem Requiem führte die Kantorei zuvor auch Franz Schuberts mitreißendes Offertorium „Intende voci“, eine Tenorarie mit Chor und Mozarts kurze und oft zu hörende und überaus populäre Motette „Ave verum corpus“ KV 618 auf.

Bild: Große Besetzung zur Aufführung von Mozarts Requiem in St. Bartholomäus: Martin Popp leitete die Pegnitzer Kantorei, den Chor der Schlüsselfelder Pfarrkirche und die Vogtland Philharmonie.

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17.11.2023

Amüsant, authentisch und anspruchsvoll / Weltklasse-Harfenistin Silke Aichhorn gastierte in der Pegnitzer Stadtbibliothek

Pegnitz. Hätte sie doch nur Flöte gelernt. Das Instrument würde bequem in jede Handtasche passen. So aber muss die Harfenistin Silke Aichhorn jedes Mal dieses 40 Kilogramm schwere Monstrum mit sich herumschleppen. Allerdings ist Silke Aichhorn nicht irgendeine Harfenspielerin. Die gebürtige Oberbayerin aus dem Chiemgau ist eine Weltklasse-Harfenistin, nennt sich selbst eine der aktivsten Harfensolistinnen, was ein Blick in ihren Terminkalender eindrucksvoll bestätigt. Am Freitagabend war die sympathische Künstlerin wieder einmal in Pegnitz zu Gast.

Silke Aichhorn stellt sich unermüdlich in den Dienst der Musik. Sie ist ihre beste Botschafterin und sie tritt auch als Buchautorin in Erscheinung. In ihrem zweiten Werk „Lebenslänglich frohlocken!?“ geht es, wie sollte es anders sein, um ihren Alltag als Musikerin. Nicht so, wie man es sich vorstellt. Eher chaotisch, komisch, vom Instrument der Engel bleibt da wenig übrig. Amüsant sind die gesammelten Anekdoten aber allemal und vor allem authentisch. Sei es die von dem Pfarrer, der mit seinen Fertigkeiten auf der Blockflöte kokettiert oder eine abenteuerliche rechtsrheinische Reise mit dem Instrument in der Bahn. Der Zuhörer erfährt, warum sie lieber bei Beerdigungen spielt, als bei Hochzeiten und wie es hinter den Kulissen für die „Christmas Show“ von Startenor Jonas Kaufmann so zuging.

Freilich hat die Harfe unter allen Instrumenten die größte und längste Tradition. 47 Saiten und sieben Pedale sind es, auf denen Silke Aichhorn wahre Wunderklänge hervorzaubert. Silke Aichhorns Spiel ist zu jedem Zeitpunkt überaus elegant, sinnlich und spannungsvoll. Für Pegnitz hat sie nach ihrem Auftritt im Juni des vergangenen Jahres wieder ein abwechslungsreiches Programm mitgebracht, von barocken, klassischen, jazzigen bis hin zu zeitgenössischen Klängen.

Gleich zu Beginn wird in der „Ankunft der Königin von Saba“ von Georg Friedrich Händel ihre spürbare Freude an effektvoller Virtuosität deutlich. Tschaikowskys Walzer aus dem Schwanensee-Ballett interpretiert Silke Aichhorn ebenso lyrisch wie rhythmisch pointiert und temperamentvoll. Einer der Höhepunkte des Konzertes ist wieder einmal Friedrich Smetanas „Moldau“ in einem Arrangement für Soloharfe. Kaum zu glauben, wie brillant so ein Instrument klingen kann. In der Interpretation von Silke Aichhorn steckt jede Menge Esprit und Raffinesse. In der Moldau kann sie ihr ganzes Können mit scheinbarer Leichtigkeit abrufen.

Zeitgenössisches gibt es auch, etwa die jazzig angerhauchte Komposition „Take a break“ der österreichischen Harfenistin Monika Stadler oder das Stück „Harping on an harp“ des Briten Robert Maxwell, das stellenweise wie ein Ragtime klingt und zeigt, dass auf einer Harfe eben alles möglich ist. Dazwischen gibt es auch noch die Barcarole aus „Hoffmanns Erzählungen“ und, sicher das anspruchsvollste Werk des Abends, ein Impromptu für Soloharfe des französischen Komponisten Gabriel Faure. Silke Aichhorn meistert jede der mannigfachen Schwierigkeiten scheinbar spielend und vermag sich dabei in jeder Hinsicht faszinierend zu äußern.

Mit ihren Moderationen ist Silke Aichhorn nicht zuletzt auch bemüht, das komplizierte Instrument ihrem Publikum nahe zu bringen. Ihr Ziel sei es, das Image der Harfe zu entstauben, so sagt sie selbst von sich, die sich in keine Schublade stecken lässt. Dabei ist sie vielmehr als „nur“ eine kreative und energiegeladene Musikerin. Silke Aichhorn ist Mutter, Unternehmerin mit eigenem CD-Label, Hospizbotschafterin bei der Caritas und Geschäftsführerin des Regionalwettbewerbes Jugend musiziert.

Bild: Mit Silke Aichhorn gastierte eine Weltklasse-Harfenistin in der Pegnitzer Stadtbibliothek.

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10.11.2023

Orchestraler Glamour und akustisches Heimweh / Großer Jubel für die Hofer Symphoniker unter Joseph Bastian bei 3. Abo-Konzert – Syrischer Klarinettist und Komponist wird zum Star des Abends

Hof. Musikalisch wie geschichtlich gibt es eine enge Verbindung zwischen Frankreich und Spanien. Während die Spanier um 1900 nach Paris kamen, um Erscheinungen wie den Impressionismus kennen zu lernen, zog es die Franzosen nach Spanien, um die dortigen gesellschaftlichen und künstlerischen Strömungen zu entdecken. Zwei von Ihnen waren Maurice Ravel und Claude Debussy. Für beide muss die iberische Halbinsel tatsächlich als „Sehnsuchtsort“ gegolten haben. Um „Sehnsuchtsorte“ ging es auch am Freitagabend im Festsaal der Freiheitshalle beim 3. Abo-Konzert der Hofer Symphoniker unter der Leitung des französischen Dirigenten Joseph Bastian. Er, der als designierter Chef der Münchner Symphoniker gilt, gab damit sein Debüt in Hof.

Gleich zu Beginn lassen Joseph Bastian und die Symphoniker die „Rhapsodie Espagnole“ überaus spannungsvoll, fast schon ein wenig furchterregend und auch detailverliebt beginnen. Doch allmählich entsteht ein Bild von einem Spanien, das typisch, vielleicht ein wenig klischeehaft, aber dennoch sehr eindrucksvoll ist und das in einem sprühenden Kaleidoskop von Orchesterfarben schon fast in einer wahren Orgie endet.

Nach der Pause knallen In Debussys „Iberia“ die Kastagnetten, klingen die typischen Bolero-Triolen und kommt die gesamte Palette französisch-sinnlicher Klangfarben zum Tragen. Auch hier fällt die große Liebe von Joseph Bastian zu den Details der Partitur auf. Da werden die „Düfte der Nacht“ im Raum verteilt, es entsteht die für Debussy so typische Atmosphäre.

Bleibt noch Ravels „Bolero“, ein Mega-Hit der klassischen Musik, eine Komposition, die auch bei Anhängern ganz anderer Musik einen hohen Bekanntheitsgrad genießt. Warum also auch nicht mal einen der „Greatest Hits“, vor allem, wenn er so sitzt, wie bei den Hofer Symphonikern unter Joseph Bastian. So leichtfüßig das auch manchmal klingt, so sehr ist bei diesem Werk Perfektion und Disziplin gefragt. Nur so entsteht die knisternde Spannung, die das Werk so berühmt gemacht hat. Und irgendwie ist es halt doch bombastisch und voller orchestralen Glamours, was da so eindrucksvoll erklingt. Dabei ist es ein immer gleiches Ostinato im Bolero-Rhythmus mit sechzehn Takten Melodie, bei der alle nur denkbaren Klangfarben des Orchesters zum Einsatz kommen und die Lautstärke bis zum explosiven Ende beständig gesteigert wird.

Das eigentliche Ereignis des Konzertes ist aber Kinan Azmeh, Komponist und Klarinettist aus der syrischen Hauptstadt Damaskus. Wie er seine eigene Komposition zum Klingen bringt, das hat ganz große Klasse. Seine Klarinette betet und klagt, dann wieder lacht und jubelt sie. Auch in dieser Komposition, die so erfrischend anders klingt, geht es um Heimweh, um „akustisches Heimweh“.  In der „Suite for Improvisor and Orchestra“ trifft das Motto des Abends „Sehnsuchtsorte“ punktgenau zu. Es geht um eine, vielleicht sogar unbeschwerte Kindheit in Damaskus, im Finale gibt es Anklänge an eine syrische Hochzeitsfeier und zu beginn geht es nach New York, wo Kinan Azmeh studiert hat.

Der prominente Musiker, der schon in allen großen Musikzentren der Welt aufgetreten ist und mit den berühmtesten Orchestern gespielt hat, gilt als Grenzgänger zwischen den Kulturen, und zwischen den musikalischen Genres. Er war Mitglied in Daniel Barenboims West-Eastern-Divan-Orchester und hat ein eigenes Jazz-Quartett.  Das Besondere an der „Suite for Improvisor and Orchestra“ ist, dass die Grenzen zwischen Komposition und Improvisation aufgehoben wurden. Den Rahmen und die Struktur des Werkes hat er selbst vorgegeben, das solistische Ausfüllen erfolgt ganz spontan, was es dem Dirigenten und den Musiker nicht unbedingt leichter macht. Mit einer eigenen Solokomposition als Zugabe, einem Wiegenlied, bedankt er sich bei den Zuhörern, ehe er sich in der Pause unters Publikum mischt und seine CDs signiert.

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08.11.2023

Kraft der Liebe und Menschlichkeit/ „A Tale oft wo cities“: Spektakuläre Musical-Uraufführung am Theater Hof

Hof. Uraufführungen eines neuen Musicals sind im deutschsprachigen Raum eine Seltenheit. Das Theater Hof schreibt in diesen Tagen mit „A Tale oft two Cities“ Musikgeschichte. Zahlreiche Handlungsstränge und eine leidenschaftliche Love Story stecken in diesem Charles-Dickens-Klassiker aus dem Jahr 1859, den der englische Musical-Komponist und -Autor Paul Graham Brown mit den deutschen Texten von Moritz Staemmler als Auftragswerk für Hof geschrieben hat. Die Idee stammt von dem scheidenden Intendanten Reinhardt Friese. Für die grandiose Regie ist ein anderer Großer aus der Musical-Szene verantwortlich: Weltstar Uwe Kröger, der auch in Hof kein Unbekannter ist. Nach der krankheitsbedingten Absage der zweiten Aufführung am vergangenen Samstag wurde das Stück am Mittwochabend wieder aufgenommen.

In der „Geschichte aus zwei Städten“ geht es um London und Paris im 18. Jahrhundert. Lucie Manette, gesungen und gespielt von der fabelhaften Birgit Reutter, gerät in die Fänge der Französischen Revolution. Dabei entwickelt sich eine Liebesgeschichte, in der Lucie zahlreiche Gefahren meistern muss. Der französische Aristokraten Darnay und der englische Anwalt Carton spielen dabei entscheidende Rollen. Was folgt sind eine Reihe von Zufällen und unvorhergesehenen Begegnungen. Hinter dem meistgelesenen Roman von Charles Dickens steckt vor allem eine Geschichte von der Kraft der Liebe und Menschlichkeit, Aber auch eine Mahnung vor Gewalt und Machtmissbrauch. Die Geschichte hat also nichts von ihrer Aktualität verloren.

Trotz der langen Spieldauer von fast zweieinhalb Stunden kommt zu keiner Sekunde Langeweile auf. Im Gegenteil, manches hätte man sich noch ein wenig mehr auserzählt vorstellen können. Wo andere Musicals Längen haben, gerät hier das eine oder andere fast ein wenig zu kurz. Wenn das Stück vor allem nach der Pause stark an Spannung gewinnt, dann liegt das vor allem an der überaus schlüssigen Regie von Uwe Kröger, der in seinem Metier ein absoluter Profi ist. Hat er doch in Hof bereits „Spamalot“ und „Cabaret“ inszeniert. Uwe Kröger setzt die vielen Bilder in schnellen Wechsel und mit großartigen Effekten um. Die Drehscheibe auf der Bühne hilft ihm dabei in sekundenschnelle von der einen Stadt in die andere zu wechseln. Unterstützt wurde Uwe Kröger in seiner Regiearbeit von dem Choreographen Timo Radünz.

Die historisierenden Kostüme von Annette Mahlendorf basieren auf ein Farbkonzept, das jeder Hauptfigur eine spezielle Farbe, in diesem Fall die französischen Nationalfarben rot, weiß und blau zuordnet. Die französische Flagge spielt auch im Bühnenbild von Herbert Buckmiller eine wichtige Rolle. Ansonsten gibt es viele kombinier- und bespielbare Gerüste und am Ende auch eine Guillotine. Die kommt auch zum Einsatz. Wessen Kopf da rollt, soll hier nicht verraten werden. Der Zuschauer muss sich aber auf eine echte Überraschung gefasst machen.

Für Birgit Reutter ist Lucie die absolute Traumrolle („Schon allein, weil es eine Uraufführung ist“) und das spürt man in jeder Szene. Absolut glaubhaft verkörpert sie die Entwicklung vom jugendlichen Leichtsinn zu Beginn bis zur großen Dramatik am Schluss. Die vielen Songs meistert sie stimmlich perfekt. Das gilt auch für Stefan Reil in der Partie des Carles Darnay. Auch er agiert absolut glaubhaft, wandlungsfähig und ist stimmlich gut drauf. Weitere „Hauptrollen“ sind die von Lucies Vater Dr. Manett, die Yngve Gasoy-Romdal ausgezeichnet verkörpert, ebenso wie Jannik Harmeit den Sydney Carton gibt

In weiteren Rollen sind unter anderem Stefanie Rhaue als Miss Pross, Thielo Anderson und Yvonne Prentki als Monsieur und Madame Defarge, Pariser Weinhändler und Anhänger der Revolution, der kurzfristig eingesprungene Maurice Daniel Ernst als Jarvis Lorry, Tamas Mester als Jerry Cruncher und Ralf Hocke als Marquis D´Evremonde zu erleben.

Dirigent Michael Falk leitet die erstaunlich wandlungsfähigen Hofer Symphoniker und baut dabei eindrucksvolle Klangbilder auf. Am stärksten ist die Musik immer in ihren symphonischen Anklängen, dort, wo Paul Graham Brown auf filmische Sequenzen setzt sowie in den großen Szenen mit Chor. Für großes Orchester arrangiert wurde die Komposition von Paul Graham Brown von Lucia Birzer.

Weitere Aufführungen: Samstag, 18.11., Sonntag, 19.11., Samstag, 25.11., Sonntag, 26.11. und Freitag, 01.12. jeweils 19.30 Uhr im Großen Haus. Karten gibt es an der Theaterkasse (Telefon 09281/7070-290) oder im Online-Ticketshop des Theaters Hof. https://thof.chiketto.de/de/perf/. Eine weitere Aufführung findet am 16.11., um 19.30 Uhr im Rosenthal-Theater Selb statt.

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31.10.2023

Magische Klanggebäude: Ästhetisch, ätherisch und authentisch / Pink-Floyd-Tribute-Band „Kings of Floyd” begeisterten das Hofer Publikum im Festsaal der Freiheitshalle

Hof. Viele Bands sind in den zurückliegenden Jahrzehnten schon angetreten, das legendäre Erbe der britischen Kultband Pink Floyd weiterzutragen. Eine davon ist „Kings of Floyd”, die sich selbst als „führende deutsche Pink-Floyd-Tribute-Band“ bezeichnet. Am Dienstagabend stellten die Musiker im gut besetzten Festsaal der Freiheitshalle eindrucksvoll unter Beweis, dass sie das nicht nur irgendwie, sondern perfekt umsetzen können. Höchst emotional gab es die außergewöhnliche Musik von Pink Floyd aus allen Schaffensphasen vom Opener „Shine on you crazy little diamant“ und „Meddle“ über „Wish you were here“ und bis hin zu „Money“ und natürlich „The Wall“.

Pink Floyd um Roger Waters und David Gilmour stand einst für gigantische Liveshows. Das Album „Dark Side of the Moon“ von 1973 oder das Konzeptalbum „The Wall“ von 1979 hatte gefühlt jeder im Plattenschrank stehen. Man musste kein Fan sein, um mit dieser Musik groß zu werden.

Kings of Floyd, das waren beim Konzert in Hof der britische Leadsänger Mark Gillespie sowie die aus Deutschland, den Niederlanden und Kanada stammenden Musiker Maurus Fischer (Gitarre), Jürgen Magdziak (Keyboard), Hans Maahn (Bass), Berni Bovens (Drums), Bernd Winterschladen (Saxofon) sowie, ganz neu dabei, Coco Voss als Background- und einmal auch als phänomenale Solosängerin. Alle Bandmitglieder sind wahre Multi-Instrumentalisten, echte Könner, Vollblutmusiker, die jeden einzelnen Klang mit Hingabe zelebrieren und sphärisch dicht umsetzen.

Immer wieder glänzt Maurus Fischer an der Gitarre und Bernd Winterschaden legte bei „Money“ ein extravagantes Saxofon-Solo hin. Zusammen zeigen sie als bestens aufeinander eingespieltes Team, dass die Kompositionen von Pink Floyd viel mehr sind als eingängige Pop- und Rock-Songs. Sie sind zeitlose Musik, die ihren ganz besonderen Platz hat, und die heute noch genauso faszinierend und aktuell sind, wie zur Zeit ihrer Entstehung.

Magische Klanggebäude mit einzigartiger musikalischer Ästhetik, immer etwas ätherisch und meditativ, viel instrumental mit ungewöhnlichen Soundeffekten, ans klassische erinnernd und vor allem gegen heute weit verbreitete schnelllebige Hörgewohnheiten. Da dauert ein Song schon mal 15 Minuten. Das alles ist Pink Floyd und das ist die Tribute-Band „Kings of Floyd“, die auch eingefleischte Pink-Floyd-Enthusiasten restlos überzeugen konnte.

Absolut authentisch ist das, was da rüberkommt, verpackt in einer aufwändigen Sound-, Light- und Lasershow. Der Rang des Festsaals dufte aufgrund der Laser-Inszenierung gar nicht betreten werden. Dazu waren auf einer Leinwand immer wieder kleine filmische Einblendungen zu sehen, akustisch wurden Stimmen und Geräusche eingespielt. Der Tourplan von Kings of Floyd zeigt schließlich auch, dass die Musiker eine wahre Liveband sind. Gleich nach Hof gastierten sie bereits in Bonn, der Tourplan umfasst rund 100 dutzend Konzerte und reicht bereits bis tief in den Januar 2025 (!) hinein.

 

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28.10.2023

Die Sehnsucht nach dem großen Frieden / „Gast auf Erden“: Beeindruckende Musik-Lesung mit Texten des Theologen Dietrich Bonhoeffer

Bayreuth. „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Dieses Gedicht des evangelischen Theologen und NS-Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer gilt als eines der bekanntesten Lieder des Evangelischen Gesangbuchs. Verfasst hatte es Bonhoeffer im Dezember 1944 in der Gestapo-Haft, es gilt als sein letzter erhaltener theologischer Text vor seiner Hinrichtung am 9. April 1945. Viele Komponisten haben es vertont. Beim Stiftungskonzert mit einem Kammer-Jazzensemble der Hochschule für evangelische Kirchenmusik (HfK) im Orgelsaal der Hochschule erklang es erst ganz zum Schluss, und zwar in der populären Fassung von Siegfried Fietz.

„Gast auf Erden“ war das außergewöhnliche Stiftungskonzert überschrieben, bei dem ansonsten nahezu ausnahmslos Kompositionen von Rafael Alcántara aufgeführt worden. Der Wilfried-Hiller-Schüler, der seit Jahren wichtige musikalische Impulse zu Jazz-Musik in sakralen Räumen setzt, hatte die Musik zu dem ehrgeizigen Projekt nach einem Besuch der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg komponiert, Dietrich Bonhoeffers letztem Aufenthalts- und Hinrichtungsort. Es sind sehr versöhnliche, melodiöse, eher poppige als jazzige Klänge, die da unter der Leitung von Victor Alcántara erklingen, dem Zwillingsbruder des Komponisten, der an der Hochschule für den Pop-, Rock- und Jazzbereich zuständig ist. Er hatte bereits im Vorfeld von einem „interessanten Format“ gesprochen, „mit dem auch einmal ganz andere Facetten der Kirchenmusik aufgezeigt werden“.

Bonhoeffers Zitate und Gedichte, die Rafael Alcántara zusammen mit der hervorragend disponierten Studentin Nadja Rangott sang, und die Stadtkirchenpfarrer Carsten Brall rezitierte, zeigten eindrucksvoll, zu welch philosophischen Gedanken Bonhoeffer fähig war und welch großer Denker in diesem Theologen steckte. Bonhoeffer hatte sich unermüdlich für die Mitmenschlichkeit eingesetzt, seine sozialkritischen Ansichten und Gedichte zu existentiellen Fragen haben nichts an Aktualität eingebüßt. In einem Text etwa bringt er die Hoffnung und die Sehnsucht nach dem großen Frieden zum Ausdruck.

Die Band des Projektes „Gast auf Erden“ setzte sich aus Studenten und Dozenten der Popabteilung der Hochschule für evangelische Kirchenmusik sowie aus hochkarätigen Gastmusikern wie dem Schlagzeuger Julian Fau, Träger des Neuen Deutschen Jazzpreises 2016, und der E-Bassistin Anna Emmersberger, Trägerin des Jungen Münchner Jazzpreisen 2022, zusammen. Weitere Mitglieder waren neben den Alcántara-Brüdern Antonius Gümbel am Flügelhorn und Tobias Wirth an der Posaune. Der preisgekrönte Gitarrist Jochen Roth steuerte als instrumentales Zwischenspiel eine Komposition an der Akustik-Gitarre bei.

Regionalbischöfin Dorothea Greiner, Vorsitzende der Förderstiftung der Hochschule, sprach von einem hervorragenden Zusammenwirken von Lehrenden und Studierenden. Im mittlerweile dritten Stiftungskonzert des laufenden Jahres habe endlich auch einmal die Popularmusikabteilung der Hochschule die Möglichkeit, sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Ein Zweck des Stiftungskonzertes war es auch, Geld für eine neue dringend benötigte Übe- und Unterrichtsorgeln zu sammeln. Einige der derzeitigen Orgeln seien nicht mehr für den Unterricht tauglich, so Dorothea Greiner.

Eine Voraufführung der Musik-Lesung „Gast auf Erden“ hatte bereits im Sommer im Rahmen des Deutschen Evangelischen Kirchentags in der Paul-Gerhardt-Kirche in Nürnberg-Langwasser stattgefunden.

Bild: „Gast auf Erden“: Musik zu Texten von Dietrich Bonhoeffer gab es von einem eigens zusammengestellten Kammer-Jazz-Ensemble der Hochschule für evangelische Kirchenmusik mit (von links): Anna Emmersberger, Nadja Rangott, Julian Fau, Rafael Alcántara, Tobias Wirth und Antonius Gümbel.

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22.10.2023

Gesprochen, geflüstert und gerufen / „Ex-Silentio“ Kammerchor überraschte mit ungewohnten Klängen in der St.-Bartholomäuskirche

Ludwigschorgast. Dresden Zwickau, Bayreuth und Ludwigschorgast: Es hat schon seinen Grund, wenn der 2020 gegründete Kammerchor „ExSilentio“ mit einem ambitionierten Programm nicht nur in den Städten, sondern am Sonntagabend auch in Ludwigschorgast konzertiert hat. Eigentlich sind es gleich mehrere Gründe.

Zum einen kommt Chorleiter und -gründer Lukas Alois Roth aus Ludwigschorgast, zum anderen hat der Träger, der neu gegründete Kulturverein „Kunstwert – Wir machen Kultur“ hier seinen Sitz. Es gibt aber auch noch einen persönlichen Grund: Gustav Roth, Großvater des Chorleiters war viele Jahre lang in Ludwigschorgast für die Kirchenmusik zuständig. Zur Einweihung der neuen Kirche hatte er vor 50 Jahren hier mit seinem Jugendchor ebenfalls musiziert.

Nun war es kein alltägliches Programm, mit dem ExSilentio hier aufgetreten ist. Zeitgenössisches, experimentelles, modernes, ungewohntes, für all das und vieles mehr steht „ExSilentio“. Da gab es eine Uraufführung des 1994 geborenen Dresdner Komponisten Maximilian Nikolai von der dortigen Musikhochschule. Das Werk bezog sich inhaltlich auf Psalm 130 und setzte auf „Stille als Zeitmaß“, wie es der Komponist selbst beschrieben hatte. Wie passend für einen Chor, der sich den Namen „ExSilentio“ („Aus der Stille“) gegeben hat. Gesprochene Passagen, geflüsterte, laut gerufene und auch das Schweigen gehörte dazu

Auf dem Programm standen weiterhin A-Capella-Chorsätze von den unterschiedlichsten Komponisten. Barockes und Klassisches von Bach und Brahms, ein zeitgenössisches Madrigal des lettischen Komponisten Peteris Vasks und ein Abendgebet von Mikis Theodorakis. All das und vieles mehr ist absolut hörenswert. Natürlich ist der „ExSilentio“ Kammerchor für das Projekt bestens vorbereitet und er liefert eine exquisite Performance ab.

Auf vokaler Ebene hat der Chor einen guten Kompromiss gefunden zwischen einer phrasierten und vibratofreien sowie einer sympathisch modernen Singweise. Die sechs Damen und sechs Herren überzeugen mit einer reichen Farbpalette aus überschwänglicher Emphase, hymnischer Zartheit und balladesker Kraft. Stimmkultur und Sprachverständlichkeit, Klanggröße und Piano, alles zur rechten Zeit präsentiert „ExSilentio“. Der Chor glänzte mit seinem homogenen Klang und die einzelnen Stimmen fügten sich perfekt ausbalanciert ineinander.

Gäste der „Musikalischen Erkundungen“ waren die Banduristin Nadiia Istiufeieva und Burkhart Matthias Schürmann als Dirigent und Sprecher sowie Volker Sondermann (Live-Electronics). Nadiia Istiufeieva kommt aus der Ukraine und lebt zurzeit im Landkreis Bayreuth. In drei Stücken stellt sie das ukrainische Volksinstrument mit seinen 68 Saiten vor: Trotz der fremdartigen Klänge merkt man schnell, dass sie eine absolute Meisterin ihres Instrumentes ist.

Geistige und weltliche Texte über die Stille, auch mal in englischer Sprache rezitierte Burkhart Matthias Schürmann und Volker Sondermann steuerte elektronische Klänge in der Uraufführung seines Stückes „Komm Trost der Welt“ bei, eine Komposition, die aus wenigen Klängen, einigen gesprochenen Passagen, durch die im Raumverteilten Choristen und aus großem Schweigen besteht. Man traut sich kaum zu bewegen, so still ist es im Raum und mit der Zeit wird es richtig unheimlich. Das genau scheint die Absicht der Komposition zu sein.

„Ich bin mit meiner Heimat tief verwurzelt, so war es mir ein großes Anliegen, die jungen Musikerinnen und Musiker aus ganz Deutschland anlässlich des Kirchenjubiläums nach Ludwigschorgast zu holen“, erklärte Lukas Alois Roth, für den Dresden mittlerweile auch zu einer Art Wahlheimat geworden ist. An der dortigen „Hochschule für Musik Carl Maria von Weber“ belegt er die Fächer Schulmusik und Chorleitung und steht kurz vor dem Abschluss. In der Region hat ihn das Benefizprojekt „Musik verbindet“ bekannt gemacht.

Bilder:
1.
 Der Kammerchor „ExSilentio“ unter der Leitung von Lukas Alois Roth gastierte zum 50-jährigen Jubiläum in der neuen St.-Bartholomäuskirche in Ludwigschorgast.
2.
 In der Ukraine ein Nationalinstrument, hierzulande nur wenig bekannt, die Bandura, meisterhaft gespielt von Nadiia Istufeieva aus Charkiv

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22.10.2023

Kultureller Werbeträger für die Region/ Sängerfreunde Wasserknoden feierten in Marktschorgast gleich zwei Jubiläen

Marktschorgast. Mit einem großen Jubiläumskonzert in der ASV-Turnhalle in Marktschorgast haben die „Sängerfreunde Wasserknoden“ am Wochenende gleich zwei Jubiläen gefeiert: den Kinderchor gibt es seit 40, den Erwachsenenchor seit 25 Jahren. Landkreisübergreifend haben die Sängerfreunde eine enge Verbindung zu Marktschorgast und damit zum Kulmbacher Land. Nicht zuletzt gehören dem Erwachsenenchor zahlreiche Mitglieder des ehemaligen Gesangvereins 1870 Marktschorgast an. Was lag also näher, als dort auch das große Doppeljubiläum zu feiern. Ihre Musik soll die Seele berühren und Gefühle ansprechen, sind sich die beiden Leiterinnen und Schwestern Carolin und Monika Scherm einig. Und so gab es beim Jubiläumskonzert traditionelle Volksweisen, Schlager im besten Sinne und viele Lieder für Kinder.

„Wohlauf liebe Freunde, lasst uns singen.“ Mit diesem Chorsatz hatten die Sängerfreunde das rund dreistündige Festkonzert stimmgewaltig eröffnet. Dabei geht es allen Mitwirkenden nicht unbedingt nur um die musikalische Gemeinschaft. Es sei mit den Jahren auch eine starke Verbundenheit untereinander entstanden, sagte Chorleiterin Carolin Scherm mit Blick auf das zurückliegende viertel Jahrhundert.

Witzige Songs von bekannten Kinderlied-Komponisten wie Detlev Jöcker oder Rolf Zuckowski hatte der Kinderchor einstudiert. Ein Höhepunkt war der gemeinsame Auftritt mit den Sängerfreunden und dem Lied: „Sind wir nicht alle Sonntagskinder“ von Gerhard Grote. Für eine gelungene Überraschung sorgten die vielen ehemaligen Mitwirkenden des Kinderchors, die sich für ein eigens getextetes Lied wieder zusammengefunden hatten und damit Carolin und Monika Scherm überraschten.

Beim Jubiläumskonzert wirkten unter anderem auch der Männergesangverein Nemmersdorf und die Band „Brassd scho“ aus Bad Berneck mit. Mit „La Pastorella“ und „La Montanara“ hatten die Gäste aus Nemmersdorf unter der Leitung von Theresia Birner vor allem das traditionelle Repertoire mit Liedern der Berge mitgebracht. „Brassd scho“ ist ein Ableger des Blasorchesters Bad Berneck. Und wie sollte es anders sein, bei ihrem Auftritt durfte auch der Blasmusik-Mega-Hit, der „Böhmische Traum“ nicht fehlen. Die Moderation hatte Harry Kröhn aus Bad Berneck übernommen.

Den Anstoß zur Gründung der Sängerfreunde Wasserknoden hatte 1998 Johannes Scherm gegeben. Als Nachfolger des Männergesangvereins Edelweiss sollte ein Männerchor entstehen. Mit vier Männern und zweistimmigen Gesang, musikalisch begleitet von Günther Hartmann, sei es damals losgegangen, erinnerte sich Scherm. Bald schon seien die Frauen dazugekommen und 1998 bestanden die Sängerfreunde bereits aus elf Männern und fünf Frauen. Chorleiterin ist Carolin Scherm, für die musikalische Begleitung, Liedauswahl und Vorbereitung ist Schwester Monika zuständig. Beide kommen auf über 160 einstudierte Lieder in den 25 Jahren, die sie zusammen mit den bislang etwa 60 Sängerinnen und Sängern aufgeführt haben.

Gesungen wird neben den Auftritten in Wasserknoden beim Frühlingssingen, zum Totengedenken und im Advent, öffentlich bei Sängerfesten, auf Einladungen zu Jubiläen, auf Weihnachtsmärkten, im Sommer in den Bad Bernecker Kolonnaden, in Kirchen und bei runden Geburtstagen. Carolin und Monika Scherm kommen in den zurückliegenden 25 Jahren auf 125 öffentliche und 25 private Auftritte.

Der Kinderchor kam an Weihnachten 1983 erstmals unter dem Christbaum am Denkmal in Wasserknoden zusammen. Zehn Kinder hatten sich damals eingefunden. Daraus war eine Tradition entstanden, bis 1999 musizierten die Kinder jeweils am Heiligen Abend, ab dem Jahr 2000 bis heute immer am 1. Advent. Mittlerweile kommen die bis zu 40 Mitwirkenden im Alter bis zu zwölf Jahren nicht nur aus Wasserknoden, sondern auch aus den umliegenden Ortschaften.

Von einem hervorragenden Werbeträger für Wasserknoden, aber auch für Marktschorgast sprach Bürgermeister Marc Benker. Die Sängerfreunde und der Kinderchor seien aus dem kulturellen Leben in beiden Orten nicht mehr wegzudenken. Auch wenn jeder gerne zuhört, selbstverständlich sei es längst nicht mehr, aktive Sänger zu finden, so Marc Benker. Sein Amtskollege Jürgen Zinnert aus Bad Berneck würdigte das außergewöhnliche Doppeljubiläum, außergewöhnlich vor allem deshalb, weil sich die Verantwortlichkeiten in den 40 Jahren des Kinderchors und den 25 Jahren der Sängerfreunde die Verantwortlichkeiten mit Monika und Carolin Scherm nicht geändert hätten „Das ist Frauenpower pur“, so Jürgen Zinnert.

Bilder:
1. Die Sängerfreunde Wasserknoden feierten ihren 25. Geburtstag mit einem Festkonzert in Marktschorgast.
2. Auf 40 Jahre kann der Kinderchor Wasserknoden zurückblicken, der in seiner aktuellen Besetzung einige witzige Songs bekannter Kinderliedkomponisten einstudiert hatte.
3. Höhepunkt des Doppeljubiläums auf der Bühne des ASV-Sportheims on Marktschorgast war der gemeinsame Auftritt von Sängerfreunden und Kinderchor unter der Leitung von Carolin Scherm

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21.10.2023

Reinschauen, Zuhören und zusehen / Ladenmusik lockte in die Innenstadt – Riesenzuspruch: MGF-Projekt sollte unbedingt wiederholt werden

Kulmbach. Viele wussten gar nichts von der Aktion und waren entsprechend überrascht. Andere sind eigens deshalb nach Kulmbach gekommen: Rund 40 Schüler aus verschiedenen Jahrgangsstufen des Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasiums musizierten am Samstag drei Stunden lang in Solo-, Duo- oder Trio-Besetzung in acht Einzelhandelsgeschäften der Innenstadt. Die Zuhörer waren durchwegs begeistert, die Aktion war auf großen Zuspruch gestoßen und sollte, so die einhellige Meinung vieler Passanten, auf jeden Fall wiederholt werden.

„Ladenmusik in der Kulmbacher Innenstadt“, das war eine Aktion des Projekt-Seminars Musik in Zusammenarbeit mit der Händlervereinigung Kulmbach. „Wir wollen ein kreatives Zeichen zur Attraktivierung der Kulmbacher Einzelhandelsszene setzen“, erklärte Lilly Hübner vom P-Seminar und eine der Musikerinnen. Fünf Wochen hab es gedauert von der Idee bis zu deren Umsetzung. Dabei klappte alles wie am Schnürchen. Immer im Halbstundentakt erfolgte der Wechsel und das jeweilige Ensemble zog weiter, so dass sämtliche Formationen in allen Geschäften zu hören waren.

Christine Friedlein, Vorsitzende der Händlervereinigung Kulmbach, sprach bei der Eröffnung am Holzmarkt von einem musikalischen Lockangebot nach dem Motto „Reinschauen, Zuhören und Zusehen“. Es sei doch toll, was die jungen Leute auf die Beine gestellt haben, so Friedlein. Die Aktion soll auch deutlich machen, wie großartig die Kulmbacher Innenstadt sei und was sie alles zu bieten habe.  Für alle Teilnehmer gab es von ihr eine Dönerbox und für das P-Seminar einen Gutschein.

„Weil wir die Herzen erreichen wollen, kommt unsere Musik auch von Herzen“, so der betreuende Projektleiter und Musiklehrer Hubertus Baumann. Er dirigierte das Blechbläserensemble zur Einstimmung am Holzmarkt. Dann ging es in den Geschäften weiter, Da gab es Tubaklänge von George Gershwin im Weltladen und Frank Sinatra für Saxofon im Schmuckladen. Im Hof des Ratskellers spielte ein Bläserduo vom Balkon, zu Pralinen und Cappuccino musizierte eine junge Geigerin und zwischen Brillengestellen ertönten Gitarren- und Flötenklänge.

Die Aktion dürfe auf keinen Fall eine Eintagsfliege bleiben, war man sich in den Geschäften einig. „Ich war noch nie im Weltladen“, bekannte eine Frau aus Kulmbach, die sich dank der jungen Musiker gleich nach einem Geschenk für ihre Tochter umsah. Während bei einigen Läden, wie etwa Sissis Schmuckladen die Zuhörer bis vor der Ladentüre standen, gingen die Geschäfte in den Modeshops „Privera“ und „Wäschetraum“ unbeirrt weiter. Dazwischen sah man die Musiker von Geschäft zu Geschäft wechseln. „Es sind auf jeden Fall deutlich mehr Leute als sonst unterwegs“, stellte eine Passantin fest. Durch die Bank waren die Eindrücke positiv, viele Eltern der Schülerinnen und Schüler blieben die kompletten drei Stunden in der Innenstadt und nutzten den Aufenthalt zu einem Kaffee oder zumindest für ein Paar Bratwürste.

Zum MGF-P-Seminar Musik „Kulmbach klingt“ gehörten: Jule Hanna, Felicia Hofmann, Lilly Hübner, Sophia Neubrand, Nicola Nußgräber, Josef Pezold, Magdalena Prokisch, Helene Rupp, Marlene Schinner und Jakob Schmitt.

Außerdem wirkten mit: Antonia Bächer, Tim Beckmann, Vanessa Burrmann, Lena Daumann, Marlene Dippold, Lenia Eck, Emilia Haderdauer, Maya Häublein, Paul Hüttemann, Emma Jahreis, Leonie Johne, Tommy Johne, Lena Kellner, Lea Lauterbach, Jule Leimenstoll, Lukas Macht, Felix Maiwald, Johanna Matschke, Tim Müller, Lars Nützel, Judith Posel, Johann Rummer, Theo Sommer, Carl Sprinzel, Mia Stamm, Emmi Ulbrich, Amelie Wagner, Maria Weiche, Felix Werner, Emma Wernlein, Finia Wilsch, Christoph Zech, Helene Zenker, Noel Zink.

Musiziert wurde in den folgenden Geschäften: Blumen im Ratskeller, Buchhandlung Friedrich, Esther Genusswelt, „Hoffmann Optic“, „Privera“, Sissis Schmuckladen, „Wäschetraum“ und im Weltladen.

  

  

  

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15.10.2023

Sommer, Sonne, Süden / Drei Stunden Partystimmung in der Dr.-Stammberger-Halle mit Daniela Alfinito und den „Schlagerpiloten“

Kulmbach. Es sind Schlager im besten Sinne, die da am Sonntag fast drei Stunden lang in der Dr.-Stammberger-Halle zu hören waren. Eingängige Melodien, flotte Rhythmen und Texte, die sich fast immer nur darum drehen, um Sonne, Sonne, Süden und um das große rote Herz. Ganz ausverkauft war die Halle bei Daniela Alfinito und den Schlagerpiloten nicht. Eigentlich schade, denn die Schlagerstars boten eine überaus professionelle, perfekte und mitreißende Show.

Unter Schlagerfreunden gehören sie zu den ganz Großen: Daniela Alfinito war mit ihrem aktuellen Album „Frei und Grenzenlos“ zum fünften Mal in Folge auf der Spitzenposition in den deutschen Albumcharts. Auch die Schlagerpiloten, das sind Stefan Peters aus dem fränkischen Weissenburg und Kevin Marx aus dem Ruhrpott, sind in den Charts zuhause: nachdem es alle ihre vier bisherigen Alben in die Spitze geschafft hatten, erreichten sie mit „Rio“ ebenfalls Platz 1. Früher waren sie allerdings mal zu dritt.

Sommer, Sonne, Süden und die Liebe, verpackt in flotten Party-Sound und dazu zwei smarte Interpreten, das sind die Schlagerpiloten., Zugegeben, ganz neu ist die Masche mit den Uniformen nicht, aber sie funktioniert noch immer. „Die Musik der Schlagerpiloten lockt die Sonne an Regentagen hinter den Wolken hervor“, heißt es in einem Pressetext und wenn man die beiden auf der Bühne so sieht, könnte man es fast glauben. Titel wie „Ole, Ole, Ole“, „Sommertraum von Mykonos“ oder „Te quiero amor“ sorgen durchaus auch mal für Mallorca-Feeling. Zugegeben, Refrains wie „Es war in Wuppertal, wo sie das Herz mir stahl“ mögen nicht jedermanns Sache sein. Aber sie verfehlen ihre Wirkung nicht und alles singt mit. Überhaupt scheinen die Piloten eine treue Anhängerschaft zu haben. Absolut textsicher sind viele Fans. Kein Wunder, behaupten die beiden von sich doch, dass sie auch für den deutschen Schlager stehen, „wie er früher einmal war“.

Auch wenn es schon tausendmal geschrieben wurde, das musikalische Talent von Daniela Alfinito, die im Gegensatz zu vielen anderen Stars kein Problem mit ihrem Alter (52) hat, ganz offen damit umgeht und die sich gern als absolut authentisch bezeichnet, kommt nicht von ungefähr. Ihr Vater Bernd Ulrich und ihr Onkel Karl-Heinz Ulrich sind niemand anderes als die legendären Amigos, die seit vielen Jahren Schlager-Erfolge feiern und ebenfalls schon in Kulmbach zu Gast waren. Die gelernte Altenpflegerin, die diesen Beruf tatsächlich noch ausübt und die am nächsten Tag schon wieder um sechs Uhr morgens „bei ihren Omis“, 300 Kilometer entfernt, sein musste, thematisiert in ihren Songs häufig gescheiterte Beziehungen. Dabei kommt sie absolut authentisch und selbstbewusst rüber. Titel wie „Kämpferherz“, „Zu tief ins Herz“ oder „Hollywood“ sorgen für die notwendige Identifikation. Auf der Bühne ist Daniela Alfinito der absolute Profi, hatte sie doch schon im Alter von sieben Jahren einen ersten Auftritt mit ihrem Vater. „Es macht mir sehr große Freude, die Menschen um uns herum glücklich zu machen“, sagt sie.

Fast schon zu einem Happening gerät die Pause, de mehrfach verlängert werden muss, so groß ist der Andrang an den Fanständen. Daniela Alfinito und die Schlagerpiloten geben unermüdlich Autogramme, signieren alles, was ihnen unter die Nasen gehalten wird, stellen sich für dutzende von Selfies zur Verfügung und haben für jeden Fan ein freundliches Wort übrig. Davon könnten sich so manche „Stars“ eine Scheibe abschneiden.

Bilder:
1.
 Sie singt am liebsten vom großen roten Herz: Daniela Alfinito bei ihrer Bühnenshow.
2.
 Ihre Musik lockt die Sonne hinter den Wolken hervor: die Schlagerpiloten
3.
 Die Schlagerpiloten feiern mit ihren Fans im Foyer der Dr.-Stammberger-Halle.

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12.10.2023

„Dürers Knechtlein“ im Badhaus / Autorin Kerstin Trimble stellte ihren neuen Roman vor

Kulmbach. Das Historische Badhaus ist praktisch einer der Originalschauplätze ihres neuen Romans: die Nürnberger Autorin Kerstin Trimble hat dort am Donnerstagabend ihren im Sommer erschienenen Roman „Dürers Knechtlein“ vorgestellt. Zusammen mit der Gruppe „Alleweyl“ entführten Kerstin Trimble und das Trio mit Jenny und Gerhard Escher sowie Anja Wichmann in eine literarische und musikalische Zeitreise. Während die Autorin aus ihrem Roman vorlas, führten die Musiker auf historischen Instrumenten Lieder und Tänze des späten Mittelalters auf.

Albrecht Dürer, auf dem Gipfel seines Ruhms, hat eigentlich keine Geduld für Lehrbuben, doch der feinsinnige Adrian berührt ihn mit seiner außergewöhnlichen Gabe und seinem rätselhaften Wesen. Nur ist das Wunderkind kein junger Knabe, sondern Klara, eine vor Zwangsheirat geflohene Malerstochter. Sie und der charmante Trickbetrüger Jakob führen nicht nur den Dürerhaushalt hinters Licht, sondern treiben in der ganzen Reichsstadt Nürnberg wahnwitzige Possen wider Aberglauben, Ablasshandel und anderes Irrsal.

Dabei geht es auch in die Badhäuser der Region. Die Zuhörer erfuhren unter anderem auch, warum das spätmittelalterliche Badhaus, ähnlich wie heutige „Wellness-Tempel", für viele Menschen damals ein Highlight in ihrem arbeitsamen Alltag war, und dass manches Badhaus nicht nur der Sauberkeit, sondern auch anderen „zwischenmenschlichen" Aktivitäten diente.

Kerstin Trimble ist eine erst ausgewanderte, dann heimgekehrte Nürnbergerin, deren Lokalpatriotismus sich in den langen Jahren fern der Noris nur noch verschlimmert hat. Als studierte Kulturwirtin führte ihr beruflicher und privater Weg sie nach England, Spanien, Frankreich und in die USA, wo sie neben ihrer Tätigkeit als High-School-Lehrerin die deutsch-amerikanische Community mit deutsch-englischen Romanen unterhielt. Heute lebt sie als freiberufliche Übersetzerin, Sprachlehrerin, Lektorin und Copy Writer in Großgründlach und schreibt immer noch zweisprachig, nun allerdings im Sprachpaar Hochdeutsch-Fränkisch.

Der Roman „Dürers Knechtlein“ von Kerstin Trimble ist im Wifa Verlag Ansbach erschienen, hat 426 Seiten und kostet 16,80 Euro (ISBN 9783932884665).

Bild: Kerstin Trimble stellte im Kulmbacher Badhaus ihren Roman „Dürers Knechtlein“ vor.

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12.10.2023

Der Weg zum Selbst / Roland „Roldan“ Friedrich zeigt im Badhaus Skulpturen, Fotografien und Gedichte

Kulmbach. Die Ausstellung des Fotografen und bildenden Künstlers Roland Friedrich, der sich das Pseudonym Roldan“ gegeben hat, soll „Wegspuren auf dem Pfad zum Selbst offenbaren“. So jedenfalls beschreibt es der in Veitlahm beheimatete Künstler. Die Skulpturen, Fotografien und Gedichte, die er seit Donnerstag in einer Ausstellung im Historischen Badhaus zeigt, führten den Betrachter „in das Gespräch zum eigenen Selbst und in die Welt der Moralität des Herzens“.

Menschen mit ihrem „KulturLebenRaum“ zu versöhnen, das ist die Vision des Fotografen und bildenden Künstlers Roland Friedrich. Seine Bildsprache nimmt den Menschen unmittelbar wahr, schaut ihn in seinem ursprünglich individuellen Dasein an, will ihn aber nicht interpretieren. „So entsteht der schöpferische Freiraum für die wahre Entfaltung, für die Würde des Menschen“, erklärt Roland Friedrich.

Er wird dann konkret, wenn er fordert, dass der Mensch eine Wesenstiefe benötigt um schöpferisch tätig zu werden und um die damit zusammengehörige Ehrfurcht vor dem Geist des Lebens zu entfalten. Der Künstler sieht sich als Weltenbürger, der in der derzeitigen Welt des egoistischen und erschreckend neu-nationalen Denkens schmerzlich fehle.

Vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Ereignisse fand Roland Friedrich bei der Vernissage dann auch nachdenklich, fast schon düstere Worte. Ausgehend von seinem Bild „Der Eiserne Vorhang fällt“ sagte „Roldan“, dass der Eiserne Vorhang mittlerweile schon wieder aufgebaut sei. „Da haben wir keine Chance mehr.“ Wenn es auch noch Jahrtausende bis zu einer Apocalypse dauern werde, würden Krieg und Verwüstung schon jetzt überall beginnen. Als möglichen Leitfaden für ein menschliches Miteinander zitierte er die vier platonischen Kardinaltugenden Prudentia (Weisheit), Fortitudo (Tapferkeit), Temperantia (Bescheidenheit, Mäßigkeit) und Iustitia (Gerechtigkeit).

„Roldan“ hat in den verschiedenen kleinen und großen, aber stets verwinkelten Räumen des Badhauses verschiedene Schwerpunkte gesetzt. Da gibt es Fotos und Gemälde auf Leinwand, hinter Acrylglas, beschichtet auf Platten oder ganz klassisch gerahmt und im Passepartout. Auch einige großformatige Skulpturen und Reliefs sind zusehen. Ergänzend hat der Künstler kleine Gedichte und einige seiner Tagebucheinträge veröffentlicht. „Eine wunderbare kulturelle Vielfalt, die im Dreiklang ineinanderpasst“, so beschreibt Roland Friedrich selbst seine umfangreiche Werkschau.

„Man muss sich tatsächlich durch die Ausstellung arbeiten“, sagte Kulmbachs 3. Bürgermeister Ralf Hartnack bei der Eröffnung. Passend zum Schauplatz wurde die Vernissage von der Gruppe „Alleweyl“ musikalisch umrahmt. Das Trio mit Jenny und Gerhard Escher sowie Anja Wichmann führte dabei auf historischen Instrumenten Lieder und Tänze des späten Mittelalters auf.

Roland Friedrich, 1960 in Frankfurt am Main geboren, hat das Handwerk des Schreiners gelernt, war viele Jahre lang als Kunst- und Werklehrer tätig. Er ist Bildhauer, Fotograf, Kunstpädagoge, hat Bücher veröffentlicht, er besitzt ein Diplom im Kulturmanagement, war jahrzehntelang Gründungsvorstand eines privaten Musikinstituts und hat seine Holz-, Stein- und Bronzeskulpturen im In- und Ausland gezeigt.

Zuletzt war er im vergangenen Jahr mit seiner Ausstellung „Das Antlitz des Selbst“ im Himmelkroner Stiftskirchenmuseum an die Öffentlichkeit getreten. Bei den Kulmbacher Sommerkunstwochen bietet er Kurse im Holzschnitzen für Kinder und Jugendliche an. Nicht zuletzt ist er in der Region auch durch seine Publikation „Schau dich um“ bekannt geworden, in der er seit zehn Jahren „Inweltperspektiven und Lebensbilder“ rund um den „KulturLebenRaum“ am Patersberg veröffentlicht. 2020 ist sein Gedichtband „Das Antlitz des Selbst“ mit tiefsinnigen Gedichten und Texten über die Ehrfurcht vor dem Geist des Lebens erschienen.

Die Ausstellung „Der Weg zum Selbst“ mit Werken von Roland „Roldan“ Friedrich ist noch bis zum 12. November jeweils freitags bis sonntags von 13 bis 17 Uhr im Historischen Badhaus in Kulmbach zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Bild: „Schöpferischer Freiraum für die Würde des Menschen. Roland „Roldan“ Friedrich bei der Vernissage seiner Ausstellung im Historischen Badhaus.

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06.10.2023

Stille als Zeitmaß / Kammerchor ExSilentio unter Lukas Alois Roth gastiert in Bayreuth und Ludwigschorgast

Ludwigschorgast/Bayreuth. Dem Klang der Stille auf den Grund gehen, das ist das Ziel eines neuen Projektes des Kammerchors ExSilentio. „Das Programm knüpft inhaltlich an Gedanken unserer zurückliegenden Produktion mit dem Titel ´Stimmen an verstummten Stellen´ an“, sagt Lukas Alois Roth aus Ludwigschorgast, Gründer und Leiter des Kammerchores sowie Vorstand des neugegründeten Vereins „Kunstwert – Wir machen Kultur“. Das Thema ist ähnlich, das Programm besteht diesmal aber aus geistlichen Werken. Neben Konzerten am 20. Oktober in Dresden und am 21. Oktober in Zwickau wird es auch zwei Auftritte in der Region geben: am 15. Oktober um 16 Uhr in der Schlosskirche in Bayreuth und am 22. Oktober zum 50. Kirchenjubiläum in der St.-Bartholomäus-Kirche in Ludwigschorgast.

Wie bei „ExSilentio“ üblich ist das Programm weitab des Mainstreams angesiedelt. Sogar eine Uraufführung gibt es mit dem Werk „Insilentio“ des Dresdner Komponisten Maximilian Nikolai. Das Werk bezieht sich inhaltlich auf den Psalm 130 und setzt auf „Stille als Zeitmaß“. Da darf man gespannt sein, was sich der junge Komponist aus dem Umfeld der Dresdner Musikhochschule so ausgedacht hat.

Dresden ist für Lukas Alois Roth auch eine Art Wahlheimat. An der dortigen „Hochschule für Musik Carl Maria von Weber“ belegt er die Fächer Schulmusik, Musikpraxis und Dirigieren und steht kurz vor dem Abschluss. Dort leitet er nicht nur den Kammerchor „ExSilentio“, in Pillnitz bei Dresden ist er Chef des dortigen Kirchenchores und an der Musikhochschule ist er Assistent des Hochschulchores. In der Region hat ihn das Benefizprojekt „Musik verbindet“ bekannt gemacht. Dabei hat er einen Chor und eine Band auf die Beine gestellt und Benefizkonzerte veröffentlicht. Rund 60000 Euro wurden seitdem für wohltätige Zwecke eingespielt.

Bei den Konzerten in Dresden, Zwickau, Bayreuth und Ludwigschorgast werden die Banduristin Nadiia Istiufeieva und Burkhart Matthias Schürmann als Gastdirigent und als Sprecher zu hören sein. Auf dem Programm stehen weiterhin A-Capella-Chorsätze von Christian Lahnsen, Gabriel Faure, Zeitgenössisches des lettischen Komponisten Peteris Vasks und Sätze aus der Messe von Mikis Theodorakis.

Das Konzert in Ludwigschorgast ist eingebettet in das Jubiläumsprogramm 50 Jahre neue St. Bartholomäus-Kirche. Sie wurde damals an die historische Pfarrkirche angebaut und wird für Sonn- und Feiertagsgottesdienste genutzt. Eine Besonderheit dabei ist, dass der mittlerweile verstorbene Großvater von Lukas Alois Roth an der Planung und am Bau des Gotteshauses beteiligt und dort auch als Organist tätig war. Im Festgottesdienst zur Einweihung 1973 hatte der Großvater dort auch den Chor geleitet, eine Tradition, an die der Enkel jetzt anknüpft.

Der Chor „ExSilentio“ trägt seinen Namen ganz bewusst. „Aus der Stille heraus“ war die Formation während der Pandemie entstanden. Ziel war es von Anfang an, gemeinsam, nachhaltig und auf hohem Niveau zu musizieren.

Die Konzerte mit dem Titel „Silence“ des ExSilentio Kammerchors finden am Sonntag, 15.10. um 16 Uhr in der Schlosskirche Bayreuth und am Sonntag, 22.10. um 18.30 Uhr in der St- Bartholomäus-Kirche in Ludwigschorgast statt. Der Eintritt ist frei.

Bild: Lukas Alois Roth ist Gründer und Leiter des Kammerchors ExSilentio. Mit der Formation gastiert er demnächst in Bayreuth und in Ludwigschorgast.

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04.10.2023

Wahnsinn mit „Wolle“ / Wolfgang-Petry-Show rockt die Freiheitshalle

Hof. Fast hätte man glauben mögen, „Wolle“ kommt persönlich vorbei, bei der Wolfgang-Petry-Party am Mittwochabend in der Freiheitshalle. So sah es zumindest auf den Plakaten aus und einige Besucher gingen tatsächlich davon aus. Doch in Wirklichkeit hat Wolfgang Petry schon vor rund 15 Jahren Abschied von der Live-Bühne genommen. Richtige Fans wissen das und die waren ganz klar in der Mehrzahl. Also feierten sie ihn mit einer großen Party, die den Namen „Wahnsinn“ wirklich verdient hat.

Wolfgang Petry, das ist Stimmung, Spaß und Power zum Mitsingen. Damit das auch funktioniert, wurden sogar die meisten Texte oberhalb der riesigen Bühne während der Songs eingeblendet. 18 Millionen Tonträger soll er angeblich verkauft haben, Wolfgang Petry ist aber auch durch seine karierten Holzfällerhemden und seine Freundschaftsbänder in Erinnerung geblieben. Beides suchte man bei der „Wahnsinn“-Show, zumindest auf der Bühne, vergebens. Dafür um so mehr im Publikum, dazu gab es jede Menge Schlager im rockigen Gewand. Man kennt sie alle, denn zu Wolfgang Petrys Zeiten lief das alles im Radio rauf und runter.

Für den richtigen Sound bei der Petry-Party sorgten gleich vier phänomenale Sängerinnen und Sänger: Chantal Jansen, Nastassja Giuila, Pat Lawson und Konrad Wissmath. Natürlich gab es sämtliche Wolfgang -Petry-Hits, wie etwa „Der Himmel brennt“, „Wahnsinn“, „Verlieben, verloren, vergessen, verzeih’ n“, „Bronze, Silber und Gold“, „Augen zu und durch“ und „Weiß der Geier“. Aber auch Titel aus den Anfangsjahren waren dabei wie etwa „Gianna“ oder Jessica“. Manches in neuem Gewand, etwa im Country-and-Western-Stil, anderes auch ganz ungewohnt, etwa wenn Petry-Klassiker von Frauenstimmen interpretiert werden.

Gleichzeitig war die Show aber auch eine Zeitreise in die 1990er Jahre. Im Stil eines echten „Wolle“-Konzerts schließt „Wahnsinn!“ an das legendäre Konzert von Wolfgang Petrys umjubelter „Einfach Geil“-Tournee aus dem Jahr 1999 an. Ausschnitte davon sind immer wieder auf der Großbildleinwand hinter der Bühne zu sehen. Da werden noch einmal all die großen Emotionen und die pure Lebensfreude sichtbar, die Wolfgang Petry immer ausgestrahlt hat.

Neben der phänomenalen Band mit Alex Klier (Bass), Bernd Junker (Schlagzeug), Sebastian Padotzke (Keyboards und Saxofon) sowie Martin Kursawe (Gitarre) standen bei der Show auch die Tänzerinnen Gabriel Pitoni, Fiona Kiara Fricke, Mary Kalidien, Ivan Dubinin, Victoria Henze und Linda Scherp im Mittelpunkt. Ihre Aufgabe bestand es in erster Linie darin, dem Publikum so richtig einzuheizen und Musik für die Augen zu bieten.

Nach Angaben der Veranstalter wurden allein bei der Tour im zurückliegenden Jahr 50.000 Tickets verkauft. Auch in den großen TV-Shows war „Wahnsinn!“ schon zu sehen, beispielsweise bei Florian Silbereisens „Schlagerboom“ oder auch bei der „Die Schlagernacht des Jahres“. Lediglich der Merchandising-Stand war in Hof nicht so gefragt. Kein Wunder, bei Mondpreisen von fünf Euro für ein einfaches Plastikfeuerzeug oder zehn Euro für ein Schlüsselband mit der Aufschrift „Wahnsinn“.

Bilder: Partystimmung pur: Die Wolfgang-Petry-Party mit dem Titel „Wahnsinn“ gastierte am Mittwochabend in der Freiheitshalle.

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29.09.2023

Musik als Schicksalsfrage / Hofer Symphoniker starteten Spielzeit mit Saent-Sains, Tschaikowsky und einer zeitgenössischen Komposition

Hof. Unter dem Motto „Schicksalsfragen stand das erste Konzert der Hofer Symphoniker in der neuen Spielzeit am Freitagabend im Festsaal der Freiheitshalle. Nun ist die Schicksals-Thematik in der Musik der Romantik allgegenwärtig. Peter Tschaikowskys 4. Sinfonie kommt dabei eine Schlüsselstellung zu. Bei Camille Saint-Saens wird es schon schwieriger, wirkliche schicksalhafte Züge zu erkennen. Ganz unmittelbar berührt nahezu jede Musik, ganz gleich welcher Epoche, die Seele und bringt die Menschen in Resonanz.

Wo könnte man da besser ansetzen als bei einer zeitgenössischen Komposition? Grummelnde tiefe Streicher, eindrucksvolle Bläsersätze, irgendwo zwischen Minimal Music und Choral, das ist Anna Clynes Orchesterstück „This Midnight Hour”, eine Komposition aus dem Jahr 2015 nach Gedichten von Juan Ramón Jiménez („La musica“) und Charles Baudelaire („Harmonie du soir“). Wenn die Dirigentin, die in China geborene Neuseeländerin Tianyi Lu diese „Mitternachtsstunde“ für großes Orchester in Hof auf das Programm gesetzt hat, dann zeigt das vor allem eines: die unglaubliche Flexibilität dieses Klangkörpers. Obwohl es mit einer Spieldauer von gut zehn Minuten nur ein relativ kurzes Stück ist, so beinhaltet es doch alle nur denkbaren orchestralen Möglichkeiten. „“This midnight hour“ zeigt aber auch, wie abwechslungsreich und fesselnd zeitgenössische Musik sein kann, gerne auch mal zugänglich, auf traditionelle Harmonien aufbauend und unglaublich sentimental.

In bester Partnerschaft musizieren die niederländische Cellistin Harriet Krijgh und die Hofer Symphoniker unter Tianyi Lu das erste Cellokonzert a-Moll op. 33 des Franzosen Camille Saint-Saëns. Die Solistin präsentiert ihren Part elegant und gedämpft virtuos, die Symphoniker spielen dazu sanft und behutsam. Empfindsam kostet Harriet Krijgh die vielen wunderbaren Details des Konzertes technisch versiert aus und setzt auf die bestechende Originalität des Werkes wie den überleitenden Pianissimo-Takten vor dem Mittelsatz. Die Solistin weiß um die sinnlich schwelgerische Kantabilität, die den Solopart dieses Konzertes dominieren. Als Zugabe gab es neben einem Klingelton aus dem Publikum eine Sarabande von Johann Sebastian Bach.

Ein musikalisches Kleinod an das andere gereiht und trotzdem den großen Bogen nicht aus den Augen verlierend, so präsentieren die Symphoniker Peter Tschaikowskys schicksalhafte 4. Symphonie f-Moll op. 36, eine der am meisten aufgeführten Werke des Komponisten. Hier geht es nun wirklich um Schicksalsfragen, um Sehnsüchte und düstere Vorahnungen, etwa im entsprechenden „Schicksalsmotiv,“ das im ersten Satz gleich mehrfach ertönt, aber im triumphal virtuosen Finale auch um ein versöhnliches Ende.

Überaus sorgfältig, ja akribisch klingt das, was die sympathische Dirigentin aus dem Orchester herausholt. Tianyi Lu ist eine Musikerin, die für ihre Interpretation brennt. Mit weit ausholenden Gesten führt sie das Orchester, fast scheint es, als tänzelt sie auf dem Podium, meist auf den Zehenspitzen stehend, zeigt sie exakt, wie sie sich diese und jene Phrasierung vorstellt und die Musiker folgen ihr genauestens.

Da werden die Nebenstimmen deutlich hervorgehoben, bis ein runder Gesamtklang entsteht. Behutsam, aber dennoch stringent folgt die Dirigentin der unglaublichen Kontrast- und Steigerungsdynamik des Komponisten. Größte Freude und größter Schmerz liegen eben oft nah beieinander. Verzögerungen, Beschleunigungen, ein Anschwellen bis ins äußerste Fortissimo, das alles kostet Tianyi Lu genüsslich aus. Wunderbar ertönen im zweiten Satz die prägend innigen Melodien, bevor im dritten Satz ein leicht und transparent klingendes Pizzicato-Scherzo den Raum füllt. Das triumphale Ende ist praktisch nicht mehr steigerungsfähig. Mit einem langen anhaltenden Applaus werden die Symphoniker und ihre charismatische Dirigentin am Ende belohnt.

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26.09.2023

Maestro der leisen Töne / König des Klezmer in Kulmbach: Giora Feidmann begeisterte sein Publikum in der Petrikirche

Kulmbach. Mit der „Friendship-Tour“ zu seinem 75-jährigem (!) Bühnenjubiläum gastierte der „König des Klezmer“, der Klarinettist Giora Feidman, am Dienstagabend seit langer Zeit endlich wieder einmal in der Region. Der Weltstar war diesmal mit seinem Ensemble „Klezmer virtuos“ in die Petrikirche gekommen, um sowohl traditionelle jüdische Klänge, klassische christliche Kompositionen und auch Populäres geschickt miteinander zu verknüpfen.

In der gut besetzten Kirche wirkt Feidmans exzellent virtuoses Spiel tiefempfunden und innig. In dem Gotteshaus vermag Feidman mit der Klarinette selbst die Stille noch zum Klingen zu bringen. Durch den Mittelgang betritt er die Kirche, ganz leise, fast tonlos spielend. Der Klang kommt aus der Stille. Der Maestro der leisen Töne besänftigt manche Kadenz bis zur Tonlosigkeit. Aus einer einzigen Linie zaubert der Musiker Freude und Glück, Trauer und Melancholie. Das Instrument betet und klagt, dann wieder lacht und jubelt es.

Giora Feidman, der den Titel „Klezmer-König“ seit vielen Jahren zu Recht trägt, ist genauso ein geschätzter und geachteter Musiker wie Botschafter zwischen Juden und Deutschen, und als solcher fast schon eine Art lebende Legende. So tritt er auch bei seinem Kulmbacher Gastspiel, diesmal notwendiger denn je, wieder als unermüdlicher Prediger für den Frieden und für das Miteinander der Religionen auf. In einem Gemisch aus Englisch und Deutsch erklärt er, was Freundschaft, das Motto der Tour, bedeutet: Respekt, Dank und Glück. Musikalisch setzt er ein Zeichen, indem er beispielsweise auch zwei Kompositionen des iranischen Komponisten Majid Montazer in sein Programm aufgenommen hat. Freilich gibt es auch Populäres, Leonard Cohens „Halleluja“ etwa, zwei Tangos von Astor Piazolla oder „What a wonderful world“ von Louis Armstrong.

Ein Phänomen ist Giora Feidman in jedem Fall. Mittlerweile 87 Jahre jung, reist er noch immer unermüdlich durch die Lande, das Konzert bestreitet er größtenteils sitzend. Die jetzige Tour hat irgendwann im Sommer begonnen, sein Konzertkalender geht bis Ende Januar, wobei er nahezu jeden Abend in einer anderen Stadt auftritt. Dennoch gelten die Konzerte Feidmans immer irgendwie als außerordentlich, denn er spult kein einstudiertes Programm ab, sondern lebt in seinem Auftritt. Sein Publikum bringt ihm zum Dank dafür ungeteilten Zuspruch entgegen. So auch in der Petrikirche: mal Klarinette solo, mal im Zusammenspiel mit seinen Musikern Konstantin Ischenko (Akkordeon), Hila Ofek (Harfe) und Andre Tsirlin (Saxofon und Klarinette). Fast ein Familienunternehmen, denn Hila Ofek ist Giora Feidmans Enkelin und Andre Tsirlin deren Ehemann.

Giora Feidman und Klezmer Virtuos verzaubern die Gäste mit Klängen zwischen Träumen und Lachen, leidvoller Melancholie und halsbrecherischer Virtuosität. 18 Jahre lang war er erster Klarinettist des Israel Philharmonic Orchestra, ehe er sich in den siebziger Jahren auf den Weg des Klezmers rund um die Welt machte.

„Die meisten Besucher haben eine Geschichte mit Giora Feidman“, hatte Dekan Friedrich Hohenberger zu Beginn in seiner Begrüßung gesagt und tatsächlich: In Deutschland hatte sein außergewöhnlicher Erfolg mit Peter Zadeks „Ghetto“-Inszenierung begonnen. Auch die Oskar-preisgekrönte Musik zu Spielbergs „Schindlers Liste“ wurde für Giora Feidman geschrieben. Unvergessen ist sein Auftritt 1995 im deutschen Bundestag, 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Selbst in der Region hat der Musiker schon seine Spuren hinterlassen: Mit Teilnehmern des Festivals Junger Künstler studierte er 1996 die Kammeroper „Lilith“ ein, er gastierte unter anderem 2005 bei den Plassenburg-Open-Airs und 2006 in der Bayreuther Stadtkirche.

Dass Klezmer nach Meinung Feidmans kein bestimmtes Repertoire, sondern vielmehr eine Einstellung zur Musik bezeichnet, zeigte das übrige Programm. Da gab es jüdische Folklore, jüdische Tänze, Klezmer-Musik in bester Tradition mit den unterschiedlichsten Einflüssen, die dank Giora Feidman seit Anfang der achtziger Jahre als eigenständige, multikulturelle Kunstform ihren Siegeszug um die Welt angetreten hatte. Noch bevor die Zuhörer wieder traditionell mitsingen durften und er am Ende wieder durch den Mittelgang abgeht, gab es im Kirchenschiff Standing Ovations und minutenlangen Applaus. Sogar zum Signieren von Büchern, CDs und Notenheften nahm er sich im Anschluss noch Zeit.

Bilder: Tiefempfundenes Gefühl und exzellente Virtuosität: Klezmer-König Giora Feidman mit seinem Ensemble in der Petrikirche.

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23.09.2023

Zeitgeist versus Zauberflöte / Umjubelte Opernpremiere am Theater Hof

Hof. Es ist keine Zauberflöte, wie man sie kennt oder vielleicht erwarten würde. Kein Felsengebirge, keine sternengekrönte Königin der Nacht, nichts Romantisches, Idealistisches oder Magisches, alles das sucht man vergebens. Regisseurin Kerstin Steeb erzählt eine andere Geschichte, mit der am Samstagabend am Theater Hof die Spielzeit eröffnet wurde. Andere Bilder, andere Kostüme und sogar andere Dialoge, die von der Autorin Ivana Sokola verfasst wurden.

Irrungen und Wirrungen spielen dabei eine große Rolle, Machtkämpfe, alle möglichen Konflikte, Naturzerstörung, Emanzipation: ganz schön viele Themen, die Kerstin Steeb in ihre Inszenierung gepackt hat und die sie letztlich dann doch immer nur anreißen kann. Gut, dass es die neuen, überaus gelungenen, logischen und schlüssigen Dialoge von Ivana Sokola gibt, die einen direkten Bezug zur Gegenwart herstellen und die nicht nur manches Handlungsdetail, sondern auch einige Dinge der Inszenierung klären. Zugegeben, so ganz zeitgemäß waren weder die Dialoge noch das Libretto von Emanuel Schikaneder ja schon längst nicht mehr.

Allerding scheint es in der Produktion so, als habe der Zeitgeist über die Zauberflöte gesiegt. Da kommt einem so manches doch ein wenig aufgesetzt vor. Etwa wenn bei der Feuer- und Wasserprobe Videosequenzen von brennenden Urwäldern und überfluteten Dörfern auf die Bühne projiziert werden. Dem Zeitgeist geschuldet ist auch, wenn Monostatos plötzlich kein Mohr mehr ist, wie es im Libretto von Emmanuel Schikaneder steht, sondern mit extra weiß geschminkten Gesicht auftritt. Sogar seinen Text hat man geändert. Da wird aus dem „Schwarzen“ plötzlich ein „Fremder“. Und in dem Duett Pamina / Papageno heißt es plötzlich nicht mehr „Mann und Frau und Frau und Mann“, sondern auch „Mann und Mann, reichen an die Gottheit an“.

Das alles sind freilich nur Lappalien. Denn davon abgesehen bieten das Produktionsteam und die Mitwirkenden drei Stunden lang bestes Regietheater. Bei Bühnenbildner Jan Hendrik Neidert beginnt die Handlung in einer zerstörten Welt. Von Natur kaum noch eine Spur, stattdessen überall Zivilisationsschrott, Asche und Brandspuren. Als Gegenpart dazu wird Sarastros Welt komplett durchtechnisiert, bis hin zum E-Roller, gezeigt, hell beleuchtet, steril, desinfiziert und klinisch rein. Erstaunlich ist auch, was die Technik des Hofer Theaters so alles hergibt.

Dirigent Ivo Hentschel, der die Zauberflöte schon an vielen Theatern geleitet hatte, lässt sich von all dem nicht beeinflussen. Seine Interpretation ist absolut geradlinig. Die Hofer Symphoniker musizieren wunderbar ausbalanciert, der Chor singt mit Liebe zum Detail. Ivo Hentschel charakterisiert jeden einzelnen Protagonisten punktgenau. Forsch in den Tempi, voller Dramatik, mit schlankem und gebündeltem Klang schon in der Ouvertüre.

Stimmlich absolut souverän und hervorragend disponiert agieren sämtliche Solisten. Das Vokalensemble ist bestens aufeinander abgestimmt. Allen voran Minseok Kim. Er gibt den Tamino mit heller, schlanker Stimme, in der sich jede Menge Verzagtheit und Emotion widerspiegeln. Er ist der einzige, dem die Kostümbildnerin Lorena Diaz Stephens Straßenkleidung mit Kapuzenpulli und Turnschuhen verpasst hat, alle anderen Protagonisten haben Fantasiekostüme an. Stimmlich auf voller Höhe verkörpert Sophie Magdalena Reuter eine lyrisch-intensive Pamina. Lebhaft, stimmlich ohne irgendwelche Probleme und mit jeder Menge Komik gibt Andrii Chakov den Papageno. Da ist Henriette Schein als Papagena die absolute Idealbesetzung dazu.

Es ist nicht die längste, aber bestimmt die schwerste Partie: Glockenrein intoniert Laura Braun die Koloraturen der Königin der Nacht, in den ruhigen Teilen kann sie durch eine lyrische Stimmführung überzeugen. Michal Rudzinski singt den Sarastro mit kernigem, warm timbriertem Bass und Markus Gruber gibt den Monostatos. In weiteren Rollen sind Thilo Andersson und Kwanghun Mun als die beiden Geharnischten, Stefanie Rhaue, Marta Mika und Inga Lisa Lehrt als die drei Damen der Königin sowie Masako Iwamoto-Ruiter, Dong-Joo Kim und Annett Tsoungui als „Genien“ zu erleben. In konventionellen Inszenierungen werden die „Schutzgeister“ durch Knabensoprane verkörpert.

Am Ende gibt es großen Jubel für alle Mitwirkenden, auch für das Regieteam. Sogar das komplette Orchester erscheint auf der Bühne. Die Zauberflöte steht bis Ende Oktober noch sechs Mal auf dem Spielplan (27. und 30. September, sowie 8., 13., 15., und 29. Oktober). Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr, lediglich am 29. Oktober fängt die Aufführung schon um 18 Uhr an. Ein Gastspiel gibt es am 5. Oktober um 19.30 Uhr im Rosenthal-Theater in Selb.

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17.09.2023

Große Gefühle und große Namen / Dreifachmatinee zur Spielzeiteröffnung am Theater Hof

Hof. Liebe, Hass, Rache, Gewalt und große Gefühle: dafür steht das Theater im Allgemeinen und das Theater Hof im Besonderen. Um all dies geht es auch in den ersten drei Premieren der neuen Spielzeit. Wenn dann auch noch so große Namen dazukommen, wie Wolfgang Amadeus Mozart, Andrew Lloyd Webber und William Shakespeare, steht dem perfekten Theatererlebnis nichts mehr im Weg. Die ersten drei Premieren der kommenden Saison stehen mit Mozarts „Zauberflöte“, Shakespeares „Hamlet“ und Webbers „Tell me on a sunday” dafür. Alle drei Stücke stellten die Produktionsteams und einige der Solisten am Sonntag in einer Matinee den Hofer Theaterfreunden vor und waren dabei auf große Resonanz gestoßen, wie ein gut gefülltes Großes Haus zeigen sollte.

Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ hat am kommenden Samstag, 23. September um 19.30 Uhr, in der Inszenierung von Kerstin Steeb Premiere. Wer eine romantisierende, verkitschte „Zauberflöte“ erwartet, der wird bestimmt enttäuscht werden. Regisseurin Steeb und di beiden Bühnen- und Kostümbildnern Lorena Diaz Stephens und Jan Hendrik Neidert sprachen bei der Matinee von Elementen der Naturzerstörung, des Generationenkonflikts, vom Kampf um die Macht. All das will das Produktionsteam in einem apokalyptisch anmutenden Bild auf die Bühne bringen. Das Besondere daran ist, die junge Autorin und vielfache Literaturpreisträgerin Ivana Sokola hat dazu eine Neufassung der Dialoge geschrieben, die einen direkten Bezug zur Gegenwart herstellen wird. Man darf also gespannt sein.

Von Mozart zu Shakespeare ist der Weg weit kürzer, als man denkt. Das wurde jedenfalls im Gespräch mit Reinhard Friese, dem Intendanten des Theaters Hof deutlich, der den „Hamlet“ neu inszeniert hat. Premiere ist am 7. Oktober um 19.30 Uhr ebenfalls im Großen Haus. Auch hier geht es nach den Worten des Intendanten und Regisseurs um Generationenkonflikte, um Liebe und Rache. Parallelen zur „Zauberflöte“ sind nicht zu übersehen. Bemerkenswert ist es, dass Reinhard Friese nicht auf die allgemein gebräuchliche Übersetzung des Shakespeare-Textes von August Wilhelm Schlegel zurückgreift, sondern auf die des zeitgenössischen Literaten Frank Günther. Bemerkenswert, so verspricht es der Intendant, soll auch die Fechtszene am Schluss sein, nicht mir klassischen Schwertern, sondern mit Katananen, also japanischen Samurai-Schwertern. „Die Fechtszenen haben sie so noch nie gesehen“, versprach der Intendant.

Bleibt noch die dritte Premiere mit Webbers Ein-Personen-Musical „Tell me on a sunday“. Premiere ist am kommenden Sonntag, 24. September um 19.30 Uhr im Studio des Theaters. Das Musical selbst ist relativ unbekannt, einzelne Titel daraus sind längst um so bekanntere Popsongs geworden. Der „Unexpected Song“ beispielsweise, das Titellied „Tell me on a Sunday“ oder „Take that look of your face”, ein Lied, das es sogar in die Charts geschafft hatte. In dem ursprünglich als TV-Special konzipierten Stück geht es um die Suche nach der großen Liebe quer durch Amerika. Inszenieren wird Florian Lührsdorf, die musikalische Leitung hat Rebecca Lang übernommen, spielen und singen wird Cornelia Löhr.

Sie war s auch, die bei der Matinee den Reigen der musikalischen Kostproben mit dem Song „Ein rätselhaftes Lied“ („Unexpected Song“) eröffnet hatte. Aus der „Zauberflöte“ gab es eine Arie und dem Duett mit den Solisten Sophie Magdalena Reuter, Andrii Chakov und Minseok Kim. Eine Szene aus dem „Hamlet“ spielten Carolin Waltsgott und Oliver Hildebrandt.

Bild: Mit einer Szene aus der Tragödie „Hamlet“ von William Shakespeare machten Carolin Waltsgott und Oliver Hildebrandt bei der Matinee am Sonntag im Theater Hof Lust auf die Premiere, die am 7. Oktober stattfindet.

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14.09.2023

Verwirklichung des europäischen Gedankens durch Verständigung und Vernetzung / Cornelia Morsch vertrat Kulmbach beim EU-Network-Symposium in der Partnerstadt Rust

Kulmbach/Rust. Unter dem Motto „small is beautiful“ hat in der Freistadt Rust im österreichischen Burgenland das 23. EU-Art-Network-Symposium stattgefunden. Die Veranstaltung vereint alljährlich unter anderem Maler, Bildhauer, Literaten und Musiker. 30 Künstler aus zehn Nationen waren in diesem Jahr vertreten, mit dabei die Kulmbacher Malerin und zweite Vorsitzende des Kunstvereins Cornelia Morsch. Mit Gudrun Schüler und Thomas Brix aus Bayreuth sowie Michaela Schwarzmann aus Eggolsheim vertraten Deutschland gleich vier Künstler, die dem Berufsverband der bildenden Künstler Oberfranken angehören.

„Es ist schon eine Auszeichnung, dort eingeladen zu werden“, freute sich Cornelia Morsch. Immerhin handle es sich bei EU-Art-Network um eines der wichtigsten Symposien im Burgenland und die Kulmbacherin durfte die Farben der Partnerstadt schon zum zweiten Mal vertreten. Oberstes Ziel ist die Verwirklichung des europäischen Gedankens durch Verständigung und Vernetzung. Der Titel geht dabei auf ein Buch des Ökonomen Ernst Friedrich Schumacher zurück, in dem er den Raubbau an den Ressourcen kritisiert. Bei der Veranstaltung steht die internationale zeitgenössische Kunst aus den verschiedensten Sparten im Vordergrund. So nahm auch ein Video-Künstler aus Spanien, ein Land-Art-Künstler aus Kroatien und eine Malerin aus Polen daran teil.

Cornelia Morsch spricht von einem echten Ereignis. Sogar das österreichische Fernsehen hatte in einem langen Beitrag, der in der Mediathek des ORF noch immer zu sehen ist, darüber berichtet. Zehn Tag lang sei intensiv gearbeitet worden. „Es war ein Klima der Wertschätzung und des Miteinanders“, so die Malerin. Einheimische und Gäste der Stadt hatten die Möglichkeit, den Künstlern beim Arbeiten über die Schulter zu blicken. Zum Abschluss gab es eine Ausstellung im Seehof von Rust. Die Schau wird demnächst auf Tour durch mehrere europäischen Länder gehen. Aufgrund der Kulturpartnerschaft, die das österreichische Burgenland mit der Stadt Bayreuth unterhält, werden sämtlicher Werke demnächst auch in Bayreuth gezeigt.

Cornelia Morsch zeichnete beim Symposium mit feinem Strich auf 30 mal 30 Zentimeter großen Holztafeln. Was auf dem ersten Bild mit dem Titel „Am Ende der Spitze“ wie ein Wurzelfragment aussieht, verändert sich auf dem zweiten Blick zum Wolkenkratzer und gibt weiterer Betrachtung neue Einblicke frei.

Das Thema „small ist beautiful“ sei von anderen Teilnehmern aber teilweise auch ganz anders umgesetzt worden. Wolfgang Horvath, der künstlerische Kurator der Ausstellung interpretierte es politisch und sah darin das „Ende der Unendlichkeit“. Michaela Schwarmann aus Eggolsheim skizzierte die Hände sämtlicher Teilnehmer und setzte die Skizzen mit Faden und Nähmaschinen auf einem Fries künstlerisch um. Gudrun Schüler aus Bayreuth widmete sich mit zarten Tuschzeichnungen verschiedenen Kleinoden, die jeder besitzt, die nur für ihn wichtig sind und die einen Gegenpol zum überbordenden Konsumverhalten bilden sollen.

Die Ausstellung mit einer Auswahl der Werke aus dem EU-Art-Network-Symposium Rust aus den Jahren 2020 bis 2023 wird am 4. Oktober um 18 Uhr in der Ausstellungshalle des Neuen Rathauses in Bayreuth eröffnet. Sie ist dort bis zum 27. Oktober zu sehen. Öffnungszeiten Montag bis Donnerstag jeweils von 9 bis 17 Uhr, Freitag von 9 bis 15 Uhr.

Bild: „Small ist beautiful“: die Kulmbacher Malerin Cornelia Morsch beim EU-Art-Symposium in Rust. Foto: Bassam Halaka

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27.09.2023

Völkerverbindung durch Kunst / Europa-Symposium Thurnau: Hochkarätige Werkschau im Töpfermuseum eröffnet

Thurnau. „Europa lebt, vor allem in Thurnau.“ So hat es Manfred Gareis, Vorsitzender des Fördervereins, bei der Vernissage ­zum Europa-Symposium Thurnau am Sonntag im Töpfermuseum formuliert. 15 hochkarätige Künstler, Bildhauer und Maler, aus Tschechien, Deutschland und Polen haben gut eine Woche lang in Thurnau gearbeitet, sich von den alten Mauern inspirieren lassen und ihre Kreativität ausleben können. Exakt 79 Werkstücke sind entstanden. Einen Querschnitt davon zeigt das Töpfermuseum in einer Sonderausstellung noch bis zum 1. Oktober.

Das Motto „Kunst baut Brücken“ sei nach wie vor hochaktuell, sagte Manfred Gareis bei der Vernissage. Vielleicht sogar aktueller als je zuvor, wenn man auf die derzeitigen Geschehnisse blicke. Sämtliche Künstler seien überaus motiviert nach Thurnau gekommen und hätten hier frei, das heißt, ohne thematische Vorgaben, arbeiten können. Lediglich die Bildhauer seien schon einige Tage vorher angereist und sich im Skulpturengarten von Michael Sauer am Oberen Markt eingerichtet. Die Maler arbeiteten fast alle im Schloss, in den Räumen des Instituts für Fränkische Landesgeschichte.

Martin Auer aus Würzburg beispielsweise. Er war zum ersten Mal dabei, war mit dem Wohnmobil angereist und hatte seinen Hund Moreno mitgebracht. Ebenfalls zum ersten Mal in Thurnau war auch Holger Ritzhaupt aus Röthlein bei Schweinfurt. Genauso wie Auer ist auch er Bildhauer und arbeitet mit fränkischem Sandstein. Ein Dauergast ist dagegen Rudolf Schneidmadel, der nicht nur fränkischen Sandstein, sondern auch spanischen Marmor mitgebracht hatte. Lokalmatador ist Michael Sauer. Ihm gehört der Skulpturengarten, in dem die Bildhauer arbeiteten. Sein Werk in der Ausstellung heißt „Die diebische Elster“ und ist ein absoluter Blickfang. Bleibt noch Florian Tully aus Gerolzhofen, der seit vielen Jahren immer wieder nach Thurnau kommt und schon viele Bildhauerkollegen mitgebracht hat.

Eine Sonderstellung nimmt der Stahlkünstler Thomás Doleyš aus Prag ein. Er arbeitet mit Cortenstahl, einem wetterfesten Baustahl, der oberflächlich eine leichte Rostschicht bildet und dadurch eine ganz besondere Ausstrahlung hat. Sein Werk, eine, auf einem Wehr sitzende Frau, ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen.

Die Liste der Maler führt mit Doris Bocka ebenfalls eine Lokalmatadorin an. Sie stammt aus Kasendorf und arbeitet, wie fast alle beteiligten Maler mit Acryl auf Leinwand. Einzige Teilnehmerin aus Polen war Iwa Kruczkowska, die ganz experimentell arbeitet, sich an Zen-Gärten orientiert und so künstlerische Ruheinseln schaffen möchte. Zum ersten Mal dabei war Denisa Ruzičová aus Franzensbad. Ihr großformatives Werk trägt den Titel „Loslassen“. Nicht an der Vernissage teilnehmen konnte Jan Samec. Er musste früher abreisen, seine abstrakten Naturerlebnisse sind aber ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Weil er nicht persönlich anwesend sein konnte, hatte er eine Botschaft hinterlassen, die Manfred Gareis verlas: „Thurnau ist Gemütlichkeit und Inspiration, wie ich sie kaum woanders finde“, so schrieb Jan Sammer.

Bleiben noch Anna Schumacher aus Prag, die in ihrem bildnerischen Zyklus den Klimawandel thematisierte und Jan Tichy, ebenfalls aus Prag, der sich auf Landschaften und Architektur spezialisiert hatte. Jan Tichy gilt als einer der bekanntesten zeitgenössischen Künstler Tschechiens. Als Vertreterin der „tschechischen Groteske“ steuerte Anna Vančátová aus Karlsbad einige Kunstwerke bei, während Thomas Winkler aus Pegnitz ganz klassisch in seinen Aquarellzeichnungen Motive aus Thurnau und der Umgebung gewählt hatte. Bleibt noch Volker Wunderlich aus Goldkronach. Er ist nicht nur Maler und Allroundtalent, sondern auch zweiter Vorsitzende des Fördervereins. Zusammen mit Iwa Kruczkowska hatte er einen Tag lang eine Aktion für Kinder veranstaltet, die zusammen mit ihren Müttern in der Fachklinik untergebracht sind. Die Zeichnungen, die im Rahmen dieses, von der Adalbert-Raps-Stiftung geförderten Projekts entstanden sind, werden ebenfalls in der Ausstellung gezeigt.

Ins Leben gerufen haben das Symposium vor 14 Jahren die beiden Bildhauer Albrecht Volk und Michael Sauer. Einen Großteil der Ausgaben stemmt der Förderverein neben dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und Sponsoren wie der Sparkasse Kulmbach-Kronach, dem Landkreis Kulmbach und mehreren privaten Geldgebern.

Bilder:
1.
 Bildhauer Florian Tully aus Gerolzhofen nennt seine Skulptur „Seawatch“. Findet die Skulptur einen Käufer, will der Künstler den Erlös der Seenotrettung spenden.
2.
 Allroundtalent, Künstler und 2. Vorsitzender des Fördervereins: auch Volker Wunderlich aus Goldkronach hat aktiv am Europa-Symposium teilgenommen.
3. Diese Maler und Bildhauer aus Tschechien, Polen und Deutschland konnte Fördervereinsvorsitzender Manfred Gareis (links) beim Europa-Symposium in Thurnau begrüßen.

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25.08.2023

Poetisch, packend und perfekt / Wahnfried-Konzert der Freunde Bayreuths mit Kateryna Titova – Programmänderung wegen Drohungen gegen ukrainische Pianistin

Bayreuth. Mit einem Programm, das ihre nahezu vollkommene Virtuosität dokumentiert, hat die ukrainische Pianistin Kateryna Titova den Reigen der Wahnfried-Konzerte beschlossen. Ihr Klavier-Recital mit Werken von Scarlatti, Chopin, Liszt und Beethoven war ein ganz besonderer Abend, denn die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth war diesmal Mitveranstalter. Für die Mitglieder gab es zuvor zum nahen Festspielausklang einen kleinen Empfang im Museumscafe.

Einzig ein wenig getrübt war die Stimmung durch eine unerwartete Programmänderung. Die ursprünglich vorgesehenen „Bilder eine Ausstellung“ des russischen Komponisten Modest Mussorgsky waren kurzfristig abgesetzt worden, da die ukrainische Pianistin „aus radikal ukrainischen Kreisen“ Drohungen erhalten hatte, so der Direktor des Richard-Wagner-Museums Sven Friedrich. „Wir haben uns entschlossen, das Programm zu ändern, um Kateryna Titova und ihre Familie zu schützen“, sagte Friedrich und äußerte sein großes Bedauern. Die Pianistin spielte stattdessen Ludwig van Beethovens “Sonata quasi una fantasie” Nr. 2 op. 27 („Mondscheinsonate) und Frederic Chopins Ballade Nr. 1 g-Moll op. 23.

Doch zuvor gab es Musik von Domenico Scarlatti. Ein ganzes Universum unterschiedlichster Stimmungen und Gefühlswelten hatte Scarlatti, Zeitgenosse von Bach und Händel, in seinen über 500 (!) Sonaten hinterlassen. Kateryna Titova entschied sich für die beiden d-Moll-Sonaten K 213 und K 9, sowie für die beiden Sonaten h-Moll K 27 und A-Dur K 212. Sie präsentiert sich dabei gleich zu Beginn als ideale Interpretin, voller rhythmischer Raffinesse und mit einem großen Farbenreichtum. Elegant perlt ihr Anschlag auf Wagners Steinway und technisch überaus perfekt macht Kateryna Titova aus den auf den ersten Blick relativ unspektakulären Kompositionen echte Meisterwerke.

Ein Synonym für Meisterwerke ist der Name Frédéric Chopin. Von ihm hatte Kateryna Titova neben der Ballade Nr. 1 das Scherzo Nr. 1 op. 20 auf das Programm gesetzt. Punktgenau, virtuos, dramatisch und packend klingt Chopin bei der ukrainischen Pianistin. Sie spielt völlig unangestrengt, aber nie mechanisch, einfach brillant und stets makellos.

Für unbändiges Virtuosentum steht auch Franz Liszt. Von ihm gab es die Consolation Nr. 3 und die Ungarische Rhapsodie E-Dur S 244/10. Kateryna Titova steht auch hier für Perfektion, die aber nie langweilig wird, sondern aufgrund der gewählten raschen Tempi stets herausfordernd emotional klingt.

Bei Ludwig van Beethovens „Sonata quasi una fantasia” Nr. 2 op. 27 klingt Kateryna Titova kultiviert, unprätentiös und doch aufregend. Fein phrasiert und artikuliert sowie klar formuliert erweist sich die Pianistin als Poetin am Klavier, der scheinbar alles mühelos geling und für die kaum eine Komposition eine echte Herausforderung sein dürfte.

Kateryna Titova wurde schon bei rund zwanzig internationalen Klavierwettbewerben mit Preisen ausgezeichnet, unter anderem in San José, Manchester, Madrid und in Dresden. Sie hatte mit fünf Jahren begonnen, Klavier zu spielen und erhielt ihre Ausbildung in Charkow und am Staatlichen Tschaikowsky-Konservatorium Moskau. Ab 2001 setzte sie ihre Studien in Deutschland fort. Als Solistin und Kammermusikerin trat sie bereits in ganz Europa, Russland, der Ukraine, China und in den USA auf.

Bild: Gefragte Pianistin aus der Ukraine. Bei einem Klavierabend der Gesellschaft der Freunde Bayreuths gastierte Kateryna Titova im Saal des Hauses Wahnfried.

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23.08.2023

Produktives kreatives Arbeiten in alten Mauern / Noch bis Sonntag: 16 internationale Bildhauer und Maler beim Europa-Symposium in Thurnau

Thurnau. Raus aus dem Alltag, sich keine Gedanken um irgendwelche Banalitäten machen zu müssen und sich ganz dem kreativen Schaffensprozess widmen zu können, das ist für alle Beteiligten das wichtigste. Die Zwischenbilanz beim 14. Europa-Symposium in Thurnau fällt durchwegs positiv aus. 16 bildende Künstler, acht aus Tschechien, eine aus Polen und sieben aus Deutschland sind dort noch bis Sonntag zugange, arbeiten mit Steinen, Farben, Leinwänden und Metall, ehe die Ergebnisse ab Sonntag vier Wochen lang in einer Sonderausstellung im Töpfermuseum zu sehen sein werden.

„Alle, die sich angemeldet haben, sind dabei“, sagt Professor Dr. Dr. Manfred Gareis, der als Vorsitzender an der Spitze des Fördervereines Europa-Symposium Thurnau e.V. steht. Auch er hebt die ganz besondere Atmosphäre hervor, die an den beiden Wirkungsstätten der Künstler, dem Skulpturengarten von Michael Sauer am Oberen Markt und die Räume des Instituts für Fränkische Landesgeschichte im Unteren Schlosshof, herrscht. Gerade sind wieder zwei Spaziergänger auf die Bildhauer aufmerksam geworden, neugierig blicken sie den Bildhauern über die Schulter und kommen schnell ins Gespräch. „Das ist es, was das Besondere an unserem Symposium ausmacht“, so Manfred Gareis.

Er arbeite hier aus purer Freude, „aus Lust und Liebe“, sagt Michael Sauer, um den finanziellen Erlös gehe es ihm nicht. Er gehört zu den Gründervätern des Symposiums, kommt eigentlich aus Berlin, hat aber seit mittlerweile 40 Jahren auch einen Wohnsitz in Thurnau. Sein Skulpturengarten am Oberen Markt ist während des gesamten Jahres ein echter Blickfang. Ihm geht es darum, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen und mit dem Material Stein gestalterisch zu arbeiten.

Der Stein hat es allen angetan. Florian Tully aus Gerolzhofen hat einen 250 Millionen Jahre alten Marmor aus Serbien mitgebracht, aus dem er eine weibliche Form herausarbeitet. „Ich bin Halbprofi“, sagt er bescheiden. Er ist Inhaber eines Steinmetzbetriebes und auch als Sachverständiger für Naturstein tätig. Besonders schätzt er den Austausch mit den Künstlerkollegen: „Da kommst du auf Dinge, die du allein gar nicht entwickeln könntest.“

Zum ersten Mal dabei ist Holger Ritzhaupt aus Röthlein ganz im Gegensatz zu Rudolf Schneidmadel aus Ebelsbach, der schon seit Jahren alljährlich zum Arbeiten nach Thurnau kommt. Holger Ritzhaupt hat einen ganz besonderen Sandstein aus der Region Gerolzhofen/Volkach mitgebracht und möchte aus dem Rohling ein Kunstwerk machen, in dem er das Zusammenleben der verschiedensten Menschen darstellt. Rudolf Schneimadel ist schon bei seinem zweiten Werk, einem Kepler-Stern, den er in seiner Heimat auf eine Granitstele aufsetzen möchte. Er hat eigentlich das Handwerk des Feinmechanikers gelernt und verbindet in seinen Kunstwerken immer wieder gerne Metall mit Sandstein.

Seinen Hund Moreno hat Martin Auer aus Würzburg mitgebracht. Der Lärm und der Staub machen ihm nichts aus. Sonst arbeitet er mit fränkischem Muschelkalk, diesmal hat er aber ebenfalls einen Sandstein dabei, aus dem er einen stilisierten Torso herausarbeiten möchte. „Stein muss man mit den Händen greifen, Stein muss man berühren“, sagt er, ansonsten bekomme man kein Gefühl dafür. Ein ganz eigenartiges Material hat sich schließlich Tomas Dolejs aus Karlsbad ausgesucht. Er ist mit seinen Stahlarbeiten schon zum 6. Mal in Thurnau dabei und arbeitet gerade an einer sitzenden Frauenfigur auf einem gläsernen Wehr. Sein ganzes Atelier habe er mit seinem Pick-Up mitgebracht und wenn man ihm so zusieht, wird klar, welche körperliche Schwerstarbeit er da gerade verrichtet.

Mit Lokalmatadorin Doris Bocka aus Kasendorf, die mittlerweile im Nachbarlandkreis Bayreuth zu Hause ist, Anna Vančátová aus Karlsbad und Jan Tichy aus Prag haben am Oberen Markt auch drei Maler ihr temporäres Atelier aufgeschlagen. Anna freut sich über das perfekte Licht und die wunderbare Arbeitsatmosphäre. „Das alte Gemäuer hier hat schon einen ganz wesentlichen Einfluss auf die Arbeit“, sagt Doris Bocka. Sie hat alte Kinderfotos aus ihrem Familienalbum dabei und setzt sie auf ihren Leinwänden fantasievoll um.

Auch das Schloss, in dem die restlichen Maler arbeiten, ist ein altes Gemäuer, doch die Räume im Institut für fränkische Landesgeschichte sind top-saniert. Hier arbeitet beispielsweise Volker Wunderlich aus Goldkronach. Er ist als 2. Vorsitzender des Fördervereins Europa-Symposium Thurnau e.V. Mitorganisator und als solcher gerade am Telefonieren. Trotzdem ist auch er kreativ tätig. „Ich mach gerade ´verschiedene abstrakte Sachen, ohne konkretes Ziel“, sagt er. Ein Blick auf den Tisch vor ihm zeigt, dass er aber schon recht kreativ war.

Volker Wunderlich ist es auch, der zusammen mit Iwa Kruczkowska aus Krakau fast einen ganzen Tag lang eine Sozialaktion für traumatisierte Kinder, die mit ihren Müttern in der Fachklinik in Hutschdorf untergebracht sind, veranstaltet. Beide möchten mit den rund zehn angemeldeten Kindern kreativ tätig werden und vor allem viel Spaß haben. Gefördert wird diese Aktion von der Adalbert-Raps-Stiftung.

Ins Leben gerufen haben das Symposium vor 14 Jahren die beiden Bildhauer Albrecht Volk und Michael Sauer. Einen Großteil der Ausgaben stemmt der Förderverein neben dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und Sponsoren wie der Sparkasse Kulmbach-Kronach, dem Landkreis Kulmbach und mehrere privaten Geldgebern.

Die Ergebnisse des 14. Europa-Symposiums Thurnau sind ab 27. August vier Wochen lang in einer Sonderausstellung im Töpfermuseum zu sehen. Die Vernissage findet am 27. August um 11 Uhr statt

Bilder:
1.
 Fördervereinsvorsitzender Manfred Gareis blickt der tschechischen Malerin Anna Vancatova über die Schulter.
2.
 Lobt die besondere Atmosphäre: Lokalmatadorin Doris Bocka, die aus Kasendorf stammt.
3.
 Sie kümmern sich im Rahmen des Europa-Symposiums auch um traumatisierte Kinder: Volker Wunderlich und Iwa Kruczkowska.

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14.08.2023

Brückenschlag zur bildenden Kunst / 14. Europa-Symposium Thurnau beginnt am 21. August

Thurnau. Unter dem Motto „Kunst baut Brücken“ findet vom 21. bis zum 27. August das 14. Europa-Symposium in Thurnau statt. 16 Künstler wurden dazu eingeladen, acht aus Tschechien, eine Teilnehmerin aus Polen, sieben aus Deutschland. Mit den Malern Doris Bocka aus Bindlach, Volker Wunderlich aus Goldkronach und Thomas Winkler aus Pegnitz sind darunter auch drei bildende Künstler aus der Region.

Die Bildhauer treffen in diesen Tagen ein, denn sie brauchen länger, um ihre Ideen zu verwirklichen. Während die Maler im Schloss in den Räumen des Instituts für Fränkische Landesgeschichte und im Unteren Schlosshof ihr temporäres Atelier einrichten, haben die Bildhauer im Skulpturengarten von Michael Sauer am Oberen Markt ihre Werkstatt.

„Mit dem Symposium wollen wir eine Brücke zu unseren tschechischen Nachbarn schlagen“, sagt Manfred Gareis, der seit vier Jahren als Vorsitzender an der Spitze des Fördervereines Europa-Symposium Thurnau e.V. steht. Ein weiteres Ziel soll es aber auch sein, Kunst transparenter zu machen und in die Öffentlichkeit zu tragen. So haben alle Künstler nichts dagegen, wenn ihnen interessierte Thurnauer oder auch Gäste des Marktes über die Schulter blicken, um die Entstehung der Steinarbeiten und Gemälde in Echtzeit zu verfolgen. Im Gegenteil: Auf diese Art und Weise soll noch eine weitere Brücke geschlagen werden, eine Brücke zwischen Kunst und Gesellschaft.

„Das Europa-Symposium ist für uns mittlerweile liebgewordene Tradition“, sagt Manfred Gareis. Das Motto „Kunst baut Brücken“ habe über die Jahre nichts an Bedeutung verloren. „Im Gegenteil, die Beziehungen mit den europäischen Nachbarn zu stärken und gut zu gestalten ist zwischen den Künstlern völlig problemlos umsetzbar, sie haben damit Vorbildfunktion für uns alle.“

Der Förderverein kümmert sich um die komplette administrative Abwicklung der Veranstaltung. Das fängt bei der Bereitstellung von Leinwänden, Sandsteinen und Arbeitsmaterialien an und hört bei der Unterbringung der Künstler in Thurnau noch lange nicht auf. „Wir schaffen die Rahmenbedingungen dafür, dass eine Woche lang künstlerisch kreativ gearbeitet werden kann, sagt Manfred Gareis. Auch einen gemeinsamen Grillabend mit Bier und Bratwürsten wird es geben und sogar ein Besuch der Limmersdorfer Lindenkirchweih ist geplant.

Ins Leben gerufen haben das Symposium vor 14 Jahren die beiden Bildhauer Albrecht Volk und Michael Sauer. Mit dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds hatte man schnell einen interessierten Geldgeber mit im Boot, der für rund 50 Prozent der Kosten aufkommt. Alle weiteren Ausgaben tragen die Sparkasse Kulmbach-Kronach, der Landkreis Kulmbach und mehrere private Sponsoren. In ihren Arbeiten sind die beteiligten Künstler völlig frei. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt auf Empfehlung, einzige Bedingung, es muss eine künstlerische Ausbildung vorliegen.

Eine Besonderheit wird es auch in diesem Jahr wieder geben: eine Sozialaktion für traumatisierte Kinder, die mit ihren Müttern in der Fachklinik in Hutschdorf untergebracht sind. Zwei der beteiligten Künstler sollen sich einen ganzen Tag lang um die Kinder aus Hutschdorf kümmern, mit ihnen kreativ tätig werden und vor allem viel Spaß haben. Diese Aktion wird von der Adalbert-Raps-Stiftung gefördert.

Die folgenden Künstler nehmen n diesem Jahr am Europa-Symposium in Thurnau teil: Thomás Doleyš, Jan Samec und Anna Vančátová (alle aus Karlsbad), Anna Schumacher und Jan Tichy (beide aus Prag), Denisa Ruzičová (Bayreuth/Franzensbad), Iwa Kruczkowska (Krakau), Martin Auer (Würzburg), Doris Bocka (Bindlach), Holger Ritzhaupt (Röthlein), Michael Sauer (Berlin/Thurnau), Rudolf Schneidmadel (Ebelsbach), Florian Tully und Albrecht Volk (beide aus Hallstadt), Volker Wunderlich (Goldkronach) sowie Thomas Winkler (Pegnitz).

Die Ergebnisse des 14. Europa-Symposiums Thurnau sind ab 27. August vier Wochen lang in einer Sonderausstellung im Töpfermuseum zu sehen. Die Vernissage findet am 27. August um 11 Uhr statt

Bild: Die Arbeitsmaterialien liegen bereit, das 14. Europa-Symposium in Thurnau kann beginnen.

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09.08.2023

Strahlende Blechbläser mit lupenreinem Sound / Festival Junger Künstler gastierte in der Himmelkroner Stiftskirche

Himmelkron.      Musik ist Gottesdienst, weil sie die Kirche zum klingenden Raum macht. Bei der festlichen Bläserserenade am Mittwochabend in der evangelischen Stiftskirche Himmelkron wurde das einmal mehr deutlich. Ziel des Festivals Junger Künstler in Bayreuth ist aber immer auch der Gedanke der Humanität. Musik verbindet, weil sie die Sprache hinter der Sprache ist. Das wiederum machten Dozenten, Solisten und die Teilnehmer der Sommerakademien der World & European Brass Association beim Konzert des 73. Festivals unter der musikalischen Leitung von Otto Sauter (Trompete) und Dariusz Mikulski (Horn) erlebbar.

Die atemberaubende Klangpracht der Trompete in verschiedensten Facetten von intimen Soli über höfische Kammermusik zum galanten Stil: der Schwerpunkt bei den Blechbläsern lag in diesem Jahr auf der Wiederaufführung unbekannter barocker Werke. Doch nicht nur. Da gab es das Trompetenkonzert des nahezu in Vergessenheit geratenen frühen Klassikers Luigi Otto, meisterhaft musiziert von Otto Sauter, zwei Gesangsnummern mit der bestens aufgelegten polnischen Mezzosopranistin Aleksandra Gudzio und zwei ukrainische Volksweisen.

Wunderbar musiziert wurde das alles von Otto Sauter auf der Piccolo-Trompete, Dariusz Mikulski am Horn und Andriy Ilkiv an der Trompete. Unterstützt wurden sie vom Ensemble der World & European Brass Association mit Teilnehmern aus dem Iran, Italien, Mexiko, Österreich, Polen, der Türkei und aus Deutschland. Sie alle überzeugten mit einem durchwegs kultivierten und einfühlsamen, von rundem und warmen Ton geadelten Spiel in der wunderbaren Akustik der Stiftskirche.

Schon der Beginn mit einer Canzone des Hallensischen Hofkapellmeisters Samuel Scheidt überzeugte das Ensemble mit einer Mischung aus galantem Stil, Melodienseligkeit und beschwingtem Flair, raffiniert musiziert abwechselnd aus dem Altarraum und von der Orgelempore.

Im Mittelpunkt stand das berühmte zweite Hornkonzert in Es-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart, musiziert von Dariusz Mikulski, ein international gefragter Solist und Dirigent, der exzellent virtuos musizierte. Da fiel es kaum auf, dass kein Orchester gegenwärtig war, sondern Nataliia Ilkiv am E-Piano den orchestralen Part übernahm. Beide pflegten einen kultivierten, eleganten Ton, ohne auf die typischen Kontraste der Komposition zu verzichten.

Eingerahmt wurde das Hornkonzert von einer der berühmtesten Arien von Georg Friedrich Händel, „Lascia ch´io pianga“ aus seiner Oper „Rinaldo“, sowie dessen Bravourarie „Destero dall empla dite“, gesungen von der international gefragten Aleksandra Gudzio. Jugendlich frisch und trotzdem exzessiv in der Stimmführung trumpft die Mezzosopranistin auf, begleitet von fast einem Dutzend Trompetern und Hornisten. An den Schluss des offiziellen Teils setzte das Ensemble mit der Komposition „Gabriels Oboe“ ein unbekanntes Werk des bekannten Ennio Morricone.

Das 73. Festival junger Künstler steht bin diesem Jahr unter dem Generalthema „Rituals“. Es will mit seinen Workshops, Konzerten und Events zwischen Freunden und Gästen aus aller Welt vermitteln. So geht es in diesem Sommer mit den schönsten Künsten „zeitgemäß & zeitlos“ auf eine sinnliche Reise durch die reiche Welt der „Rituale“ und ihrer Klänge. In der Begegnung Künstlern aus vielen Ländern und Kulturen soll in einer immer unübersichtlicheren Welt gemeinsam das „Fremde“ vertrauter gemacht und das „Eigene“ neu erfahren werden. 520 Teilnehmer aus mehr als 30 Nationen arbeiten im Rahmen des Festivals an 35 künstlerischen Projekten und Workshops. Sie bringen über 80 Veranstaltungen auf die Bühne, Barockmusik und Klassik, Neues und Weltmusik.

Bild: Die Mezzosopranistin Aleksandra Gudzio und die Teilnehmer der Sommerakademie der World & European Brass Association musizierten in der Himmelkroner Stiftskirche bei einer Serenade des Festivals Junger Künstler.

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09.08.2023

Ein Kulmbacher in Bamberg / Multitalent Andreas Woitzik zeigt ein „Best of“ seiner Zeichnungen und Illustrationen

Kulmbach/Bamberg. In einer eigenen Ausstellung zeigt der in Kulmbach geborene und aufgewachsene Maler und Illustrator Andreas Woitzik ab 15. August in Bamberg ein „Best of“ seines Schaffens der zurückliegenden Jahre. Der 34-Jährige mittlerweile, durch seine Kunstaktionen im öffentlichen Raum und sein allseits umfassendes kreatives Schaffen aus dem Kulturleben der Domstadt nicht mehr wegzudenken.

Andreas Woitzik zeichnet nicht nur zum Spaß. viel mehr muss er sein kreatives Denken auch gestalterisch umsetzen. Ausdrucks dafür findet es auf mehreren Kanälen. Etwa durch seine Rapmusik. Sein Lieblingsmedium allerdings sind Tinte und Aquarellfarben. Ohne Skizzenbuch ist Andreas Woitzik praktisch nie zu sehen. Dies spiegelt sich natürlich auch in seinen Bildern wieder. Es sind Stadtszenen in die der Künstler alles einfließen lässt, was im Moment des Zeichnens passiert. So könne es schon mal passieren, dass beiläufig ein zwei Passanten innerhalb von wenigen Sekunden in ein Bild integriert werden, erklärt er.

Andreas Woitzik geht es nicht darum, die Umwelt Wahrheitsgetreu zu erfassen, das findet der Illustrator eher langweilig. Ein blauer Bamberger Dom mit komplementär passenden orangegelben Himmel stimmen da mehr zu seiner Fasson. „Vor allem möchte ich Geschichten erzählen“, sagt er. Deshalb arbeitet Andreas Woitzik auch an zwei Büchern, die er sowohl schreibt, als auch zeichnet. Andreas Woitzik zeichnet Auftragsarbeiten für Unternehmen und Privatpersonen. Seiner Instagram-Seite zu Folge scheint es keine Begrenztheit in der Umsetzung der Aufträge zu geben. Sein Spektrum reicht von Illustrationen für Bücher und Flyer, über Portraits, Tiere bis hin zu Logos für Marken und vieles mehr.

„Ich habe schon immer gerne gezeichnet“, sagt Andreas Woitzik. Schon als Kind, damals in der Schule in Mainleus. Geboren und aufgewachsen ist er in Kulmbach, seit etwa zehn Jahren ist er in Bamberg zuhause. Dort hat er das Abitur nachgeholt, dort studiert er Kunst, Illustration und Kommunikationsdesign. Schon im Alter von 16 Jahren durfte Andreas Woitzik Auftragsarbeiten durchführen. Mit 23 nahm er erstmals an einer Ausstellung teil. Zuletzt war eine 3er Serie zum Thema „Wachstum“ im Kulmbacher Badhaus zu sehen. Nach Kulmbach hat Andreeas Woitzik noch immer rege Verbindungen. Seine Eltern wohnen im Landkreis, einige Freunde besucht er regelmäßig. „Einmal pro Monat bin ich bestimmt in Kulmbach“, sagt er. Trotzdem: Inzwischen ist Bamberg sein Lebensmittelpunkt geworden.

Wer sich gerne ein genaueres Bild von Andreas Woitziks schaffen machen möchte hat ab den 15. August dazu die Gelegenheit. Im Café Marle in der Oberen Sandstraße 6 in Bamberg startet an diesem Tag seine Ausstellung, die bis zum 10. September ein „Best of“ der Zeichnungen der letzten beiden Jahre zeigen wird.

Bild: Ein Kulmbacher in Bamberg: Andreas Woitzik zeigt in einer Einzelausstellung Beispiele seines kreativen Schaffens.

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23.07.2023

Star der Singer-Songwriter-Szene / Rebekka Bakken auf der Trebgaster Naturbühne

Trebgast. Ohne Frage, sie ist ein Weltstar: Rebekka Bakken. Am Sonntagabend gastierte die norwegische Sängerin mit der großen Stimme auf der Naturbühne. Wenn nicht jeder gleich mit dem Namen etwas anfangen kann, dann liegt das daran, dass sich Rebekka Bakken eben nicht so leicht in eine Schublade hineinpressen lässt. Sie ist als Jazzsängerin gefeiert worden, obwohl sie gar keine Jazzsängerin ist, auch kein Pop- oder Rockstar, vielleicht eine Singer-Songwriterin, wenn der Begriff nicht gar so veraltet wäre. In Wirklichkeit ist Rebekka Bakken von allem etwas. Und wenn es noch einen Beweis braucht, dass sie in keine Schablone passt, dann ist das ihr neues Coveralbum „Always on my mind“, von dem sie in Trebgast einige Titel vorstellt.

Da wird schnell klar, diese Frau kann alles, aber eben auf Ihre Art und Weise: auf das Wesentliche reduziert, fast schon minimalistisch und doch irgendwie so, dass man den jeweiligen Titel gleich wieder erkennt. Die 53-Jährige ist eben Musikerin durch und durch.

Auf der Naturbühne hatte man zur Sicherheit die Zeltkonstruktion aufgebaut. Was für ein Glück, denn nach etwa einer Stunde setzte tatsächlich ein kurzer Regenschauer ein. Rebekka Bakken ihre Musiker und die wertvollen Instrumente blieben trocken. Schon vorher war klar geworden, sie spricht auch ein wenig deutsch, gibt zu, dass sie noch nie etwas von Trebgast gehört hat und will erfahren haben, dass die Gegend für Wurst, Bier und „feste Stoffe“ bekannt sei. Wo sie Letzteres nur her hat? Prompt bringen die Veranstalter später ein Mönchshof im Bügelverschluss, das die Sängerin „not bad“ findet.

In ihren Songs klingen Elemente des Folk, des Pop des Jazz, des Blues und des Country. Stets elegant melancholisch mit fantastisch tiefer, rauer Stimme interpretiert sie Songs wie „Closer“, „Here comes the flood“, „Louisiana“ oder ganz am Schluss als Zugabe „Yesterday“ von den Beatles. „Ich nehme mir die Freiheit, heilige Songs zu interpretieren“, sagt sie. Das ist es, worum es Rebekka Bakken geht, um die Interpretation. Ganz so, wie in der sogenannten klassischen Musik. Kompositionen, die es wert sind, der Vergessenheit zu entrücken und auf eine eigene ganz neue Weise aufzuführen. Wie das geht, zeigt der Weltstar in Trebgast ganz deutlich. Mit enormer Spielfreude, bestens aufgelegt performed sie all ihre Songs, auch ihre eigenen, von denen jeder unverwechselbar und zu hundert Prozent Rebekka Bakken ist.

Zu der fantastischen Sängerin gehört auch eine fantastische Band: der Gitarrist Johan Lindstroem, Jörn Øien am Piano, Even Enersen Ormestad am Bass und Karl Oluf Wennerberg am Schlagzeug. Ohne Frage, alles exzellente Musiker, die sich blind verstehen. Erst nach einer Stunde setzt sie sich das erste und leider auch das einzige Mal selbst ans Piano, um sich zu begleiten.

Rebekka Bakken wurde nahe Oslo geboren, lernte zunächst Violine und Klavier, bevor sie noch im Teenageralter zu singen begann. Über lokale Bands gelang ihr der Einstieg in die Szene. Mehr und mehr sammelte sie erste Erfahrungen in der Singer-Songwriter-Szene. 2003 veröffentlichte sie ihr erstes Solo-Album. Als Vorbilder nennt die mehrfache Preisträgerin des German Jazz Awards Johnny Cash, Miles Davis, Bob Dylan und auch Prince.

Ein wenig schade ist es schon, dass sie nach exakt 90 Minuten ohne Pause den Abend beendet. Gut, drei Zugaben gibt es. Zuhören hätte man noch lange können.

Bilder: Weltstar auf der Naturbühne: Rebekka Bakken in Trebgast.

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21.07.2023

Poesie und Popmusik: Pippo Pollina in Helmbrechts / Lieder mit Botschaft - für den Frieden und gegen den Krieg

Helmbrechts. Was für ein Auftakt für die 20. Auflage der „Kulturwelten“. Diesmal schon im Sommer, gleich nach dem Wiesenfest und mit einem der ganz großen der Szene: der italienische Popstar und Songpoet Giovanni „Pippo“ Pollina. Es war ein Abend zum Träumen, eine Reise in die Fantasie und ins geliebte Italien. Nicht immer leichtfüßig, auch kritisch und nachdenklich. Mit dabei hatten Pippo Pollina und das Palermo Acoustic Quintett im ausverkauften Bürgersaal das aktuelle Album „Canzoni Segrete“ („Geheime Lieder“) und so manchen Ohrwurm.

Die Songs von Pippo Pollina, mit denen er es auch immer wieder mal in die Charts geschafft hat, berühren, auch wenn wohl die Italienisch-Kenntnisse der meisten Zuhörer eher rudimentär sein dürften. Nur wenige Finger gehen hoch, als er gleich zu Beginn die Frage stellt, wer des Italienischen mächtig ist. Er trifft trotzdem mit dem einen oder anderen Lied mitten ins Herz, weil die Musik anspricht, seine Stimme emotional und kraftvoll erklingt und die Texte einfach so poetisch klingen, so wie beim Sommerhit „Mare, Mare, Mare“ oder bei „Caminando“.

Manchmal liefert der 60-Jähirge die Erklärung auch mit. Dann wird deutlich, nicht alles aus seinem Schaffen ist so leicht und luftig. Da geht es auch mal schwermütig, kraftvoll und laut zu. In dem Song „Un’ altra vita“ („Ein anderes Leben“) beispielsweise. Die Botschaft des sizilianischen „Songpoeten“ ist manchmal alles andere als verklärte Italien-Romantik. „Wer hat die Utopien, wenn nicht wir Künstler?“, sagt er mit Blick auf die Ukraine. Gegen den Krieg und für den Frieden, das ist sein Motto. Großen Applaus bekommt er, wenn er feststellt: „Zum Frieden gibt es keine Alternative.“

Wenn Pippo Pollinas Musik berührt, dann liegt das auch an den fabelhaft präsenten Musikern, die er mit nach Helmbrechts gebracht hat: Fabrizio Giambanco (Schlagzeug, Percussion), Edoardo Musumeci (elektrische und akustische Gitarre), Roberto Petroli (Flöte, Saxofon, Klarinette), Gianvito Di Maio (Keyboards, Akkordeon, Gesang) und Mario Rivera (E-Bass, Kontrabass, Gesang). Sie alle sind Vollblutmusiker, die sich blind verstehen und die trotz der Hitze im Bürgersaal alles geben.

Aufgewachsen ist Pippo Pollina in Palermo, wo er auch das Musikkonservatorium besuchte und Rechtswissenschaften studierte. Lange zog er als Straßenmusiker durch Europa. Bekannt wurde er auch durch seinen jahrzehntelang andauernden Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Das ist immer noch sein Thema, wenn er die erschütternde Geschichte von Margherita Asta erzählt, die in den 1980er Jahren ihre ganze Familie bei einem fehlgeleiteten Maffia-Anschlag verloren hatte. Ihr hatte er den Song „Pizzolungo“ gewidmet.

Sogar einen Roman („Der Andere“) hat er geschrieben, während der Pandemie. Nach der Pause wird das Konzert kurzzeitig zur Lesung und Pippo Pollina rezitiert aus der deutschen Übersetzung ein Kapitel. Heute lebt er in der Schweiz. Pippo Pollina hat mittlerweile 30 Alben veröffentlicht, die es alle am Fanstand gibt und die er schon während der Pause gutgelaunt signiert. Pippo Pollinas Engagement gegen Machtmissbrauch und Korruption bestimmt noch immer seine künstlerische Existenz.

Allen Musikfreunden in der Region ist Pippo Pollina durch seine Solo-Auftritte in Helmbrechts bekannt geworden. Vor sechs Jahren war er zum letzten Mal hier und die meisten Konzertbesucher waren schon damals mit dabei. Sogar in seinem Roman soll die Stadt Helmbrechts erwähnt sein. Am Ende des Abends noch vor der Hymne „Bella ciao“ sagt er unter großem Beifall: „Ich glaube, ich komme wieder.“

Bilder: Der sizilianische Songpoet und Popmusiker Pippo Pollina bei seinem Auftritt bei den Kulturwelten im Bürgersaal von Helmbrechts.

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19.07.2023

Kunst an der frischen Luft / Doris Bocka zum Malersymposium in das österreichische Burgenland eingeladen

Bindlach/Kasendorf. Mit der aus Kasendorf im Landkreis Kulmbach stammenden Doris Bocka hat zum ersten Mal eine Malerin aus der Region bei den renommierten „Plein-Air“-Künstlertagen im österreichischen Burgenland teilgenommen. Nach ihrer vielbeachteten Einzelausstellung im Bayreuther Rathaus im Mai hatte die in Bindlach lebende Künstlerin die Einladung zu dem hochkarätigen Symposium ins Burgenland erhalten, mit dem die Stadt Bayreuth seit über 30 Jahren eine Kulturpartnerschaft unterhält.

„Plein Air“, das bedeutet in Künstlerkreisen so viel wie Malen an der frischen Luft. Malen live vor Ort und dabei alle Stimmungen und Eindrücke mitnehmen, die sich anbieten, dafür ist das Burgenland wie kaum ein anderer Ort geeignet. „Wir haben fast eine Woche lang von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gearbeitet“, sagt Doris Bocka. Wir, das sind sieben Maler, sechs aus Österreich und eben Doris Bocka. Mit dabei waren in der österreichischen Kunstszene relativ bekannte Namen wie Jay Finger, Gottfried Laf Wurm, Michaela Mair, Gerti Velich, Annemarie Lukowitsch und Florian Stolle. Die Ergebnisse sind aktuell noch in einem zum Ausstellungsraum umfunktionierten Eisenbahnwaggon in Wallern bis Ende August zu sehen und sollen danach auch an anderen Orten gezeigt werden.

„Die Landschaft im Burgenland ist einzigartig und atemberaubend“, wird Doris Bocka in der österreichischen Presse zitiert. Zurück in Oberfranken schwärmt sie noch immer von der sensationellen Weite der Steppenlandschaft rund um den Neusiedler See. Festgehalten hat sie die eigenwilligen Dörfer, die schmucken Barockfassaden und die berühmten weißen Esel aus dem Burgenland in verschiedenen Techniken in insgesamt einem Dutzend Bildern. Auch über die Künstlerkollegen, von denen jeder und jede eigene Erfahrungen und Techniken mit an den Seewinkel brachten, kann sie nur Gutes berichten: „Es war ein toller Austausch mit unglaublich bereichernden Begegnungen.“

Veranstalter des Symposiums war die burgenländische Gemeinde Wallern, der dortige Tourismusverein und die Gastronomenfamilie Gabi und Hans Tauber. Früher habe es dort viele Künstler gegeben, die sich zur Sommerfrische im Burgenland niedergelassen hatten. Diesen Gedanken wollten die Initiatoren wieder aufgreifen und dafür sorgen, dass Kunstschaffende in die Region kommen. Nach der Corona-bedingten Zwangspause sei das jetzige Symposium für alle Beteiligten ein gelungener Neustart gewesen, heißt es von Seiten der Veranstalter.

Doris Bocka ist seit 2015 freischaffend tätig. Ihre bevorzugten Techniken sind Acryl auf Leinwand und Pigment auf Papier. Aufgewachsen ist Doris Bocka im Kulmbacher Land, und zwar in Kasendorf. In Kulmbach besuchte sie das Margraf-Georg-Friedrich-Gymnasium, in Bamberg und Bayreuth absolvierte sie anschließend ein Lehramtsstudium und unterrichtete an oberfränkischen und mittelfränkischen Schulen. In Bayreuth promovierte sie auch zum Dr. phil. und war an der Universität in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern tätig. Seit 2020 belegt sie einen der begehrten Studienplätze für Zeichnung und Malerei an der privaten Kunstakademie in Kolbermoor bei dem prominenten Universalkünstler Markus Lüpertz.

Für Doris Bocka ging es nach dem Burgenland weiter ins tschechische Karlsbad, wo sie in der dortigen Stadtgalerie ihre erste Einzelausstellung im Ausland präsentierte. Ende August steht unter dem Motto „Kunst baut Brücken“ das Europa-Symposium in Thurnau auf dem Programm, Anfang September nimmt sie an einem weiteren Kunstsymposium in Serbien.

Bild: Die aus Kasendorf stammende und in Bindlach beheimatete Malerin Doris Bocka hat am „Plein-Air“-Festival im österreichischen Burgenland teilgenommen

Fotos: Veronika Maria

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16.07.2023

Böhmischer Klangduft und American Folk / Ungarische, norwegische und slawische Tänze: Hofer Symphoniker unter Martijn Dendievel zum Abschluss der Open-Airs auf der Plassenburg

Kulmbach. Es ist eine schöne Tradition, die Plassenburg-Open-Airs mit einem klassischen Konzert ausklingen zu lassen. Was passt besser zu einem lauen Sommerabend im Schönen Hof der Burg als leichte, beschwingte und tänzerische Melodien, gespielt von einem gut aufgelegten Orchester unter einem versierten Dirigenten? Am Sonntagabend beim Konzert der Hofer Symphoniker unter ihrem designierten Chefdirigenten Martijn Dendievel kam das alles zusammen und es war ein großes Erlebnis für alle Beteiligten.

Die Betonung lag diesmal auf Tanz: Drei Ungarische Tänze von Johannes Brahms (die Nummern 1,3 und 5), ein Slawischer Tanz von Anton Dvorak (aus op. 72, Nr.8 “Sousedska“), zwei Norwegische Tänze von Edvard Grieg (op. 35 Nr. 2 und 3) sowie rumänischen Volkstänze von Bela Bartok. Wenn die Verleger damals Kompositionsgeschichte geschrieben hätten, dann gäbe es vermutlich nur Tänze, denn beispielsweise die Kompositionen von Johannes Brahms und Anton Dvoráks wurden sofort nach Erscheinen echter Ohrwürmer und machten ihre Schöpfer populär.

Natürlich darf bei diesen populären Werken in der herrlichen Umgebung des Schönen Hofes bei bestem Sommerwetter der mitreißende Schwung nicht fehlen. Vor allem an dem böhmischen Klangduft kann man sich ja normalerweise gar nicht satthören. Wunderbar gestalten Dirigent und Musiker die Accelerandi, also die Beschleunigungstakte, die den Kern der Musik ausmachen, lassen die Geigen auch mal seufzen und die Bläser glitzern. Die Hofer Symphoniker präsentieren eine ungetrübte Darbietung auch beim Slawischen Tanz von Anton Dvorak. Hier übertrifft der emotionale Reichtum der Musik alles und die Hofer Symphoniker spielen stets präsent, transparent und folgen dem Dirigenten auch in den vielen Details der Komposition, die zwar recht leichtfüßig daherkommt, aber in Wirklichkeit große, gedankenreiche Kunstmusik ist.

Von ganz anderem Ton sind die beiden Norwegischen Tänze von Edvard Grieg, doch auch hier gelingt es den Symphonikern, den landestypischen Klang einzufangen und herrlich stimmungsvoll zu transportieren. Bleiben noch die Rumänischen Tänze von Bela Bartok, ein wenig beachtetes Nebenwerk des Komponisten, das im 20. Jahrhundert seinen Weg jenseits der atonalen Schulen der Avantgarde gefunden hatte. Klangliche Wucht, innere Spannung und die großen Kontraste machen diese Werke aus. Martijn Dendievel und die Hofer Symphoniker erweisen sich als ideale Interpreten.

Eine andere Klangwelt tut sich bei Manuel de Falla auf. Hier hat der Dirigent de Fallas Tanzepisode aus der Ballettsuite „El amor brujo“ auf das Programm gesetzt. Manuel de Falla war lange Jahre Wahl-Einwohner Granadas. Und so klingen die Tänze denn auch feurig, fast ein wenig grob, auf jeden Fall kontrastreich und ob der komplexen Rhythmuswechsel alles andere als Easy-Listening. Martijn Dendievel treibt das Orchester bei diesen spanischen Tänzen voran und lässt die Musik in knallbunten Farben schimmern. Mit der kurzen, aber effektiven Ballettmusik aus Giuseppe Verdi Oper „Aida“ gab es schließlich auch noch ein wenig italienisches Flair.

Einen echten musikalischen Leckerbissen präsentierte der künftige Chefdirigent nach der Pause mit George Gershwins „Porgy and Bess“-Fantasy in einem eigenen Arrangement. „Porgy and Bess“ hat alles, was kunstvolle amerikanische Musik ausmacht. Auch echte Schlager wie „Summertime“ oder „I got plenty o´ nottin´“ gehören dazu. George Gershwin war damals so etwas wie der König des Broadways, ein Meister glitzernder Revuen und eleganter Musicals. Und dann landete er einen Welterfolg mit einer ernste American Folk Opera. Die Hofer Symphoniker präsentieren Musik, die manchmal wie Spirituals, wie Gospel klingt. Dirigent Martijn Dendievel hatte daraus nicht nur ein buntes Potpourri gemacht, sondern die Highlights der abendfüllenden Oper geschickt miteinander verknüpft und zu einem großen Ganzen zusammengefügt. Als Zugabe gab es unter anderem die schwungvoller Louis-Prima-Komposition „Sing, sing, sing“, die Benny Goodman einst so bekannt gemacht hatte. Zum Abschluss der Plassenburg-Open-Airs hätte man keine bessere Musik auswählen können.

Bilder: Die Hofer Symphoniker unter ihrem Dirigenten Martijn Dendievel gastierten zum Abschluss der Open-Airs auf der Plassenburg.

  

  

  

  

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15.07.2023

Sturm konnte Superstar nichts anhaben / Trotz langer Unterbrechung: Chris de Burgh bei den Plassenburg-Open-Airs umjubelt

Kulmbach. Das hatten sich viele seit Jahren gewünscht: Superstar Chris de Burgh im Schönen Hof der Plassenburg. Am Samstagabend wurde der Traum aller Fans wahr. Doch erst einmal ganz anders als gedacht.

Genau 35 Minuten nach dem Beginn der Show war erst einmal Schluss. Ein aufziehender Sturm mit Gewitter und starken Regenfällen machte alles zunichte. Und wie! Zehn Jahre lang habe man die Notfallpläne nicht gebraucht, jetzt musste alles ganz schnell gehen. Chris de Burgh sang sein Lied noch zu Ende, dann wurde abgebrochen. Windböen ließen den Staub gehörig aufwirbeln, Transparente, Zelte und Stühle drohten durch den Hof zu fliegen. Geschäftsführer Matthias Mayer von der veranstaltenden Agentur Motion aus Bayreuth rief alle Besucher dazu auf, im Inneren der Burg Schutz zu suchen. Feuerwehrleute in voller Montur wiesen den Besuchern den Weg. Aus den angekündigten 20 Minuten Pause wurde eine Unterbrechung von fast einer Stunde, in der blitzte, donnerte und kurzzeitig wie aus Eimern schüttete.

Keiner hätte zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass das nochmal ein richtig tolles Konzert wird, doch Chris de Burgh ging absolut souverän mit der Situation um. Er machte sogar noch seine Witzchen, als er kurz vor 21 Uhr zum zweiten Mal die Bühne betrat und das wertvolle E-Piano wiederausgepackt wurde. Was folgte war eine Reise in die Fantasie in die Zeit der Träume, mal rockig, mal poppig, meist ein wenig melancholisch aber immer Chris de Burgh pur. Vorzeitig gegangen war offensichtlich niemand.

Pur heißt: ein E-Piano mit Gitarre im Wechsel, die unverkennbare Stimme des irischen Barden und einige bunte Lichter, weiter nichts. Band und Orchester wurden vereinzelt zugespielt. Ein Höhepunkt in der Geschichte der Plassenburg-Open-Airs war es zweifellos und das nicht nur wegen des Sturms. Chris de Burgh kann, so erzählte er, auf 27 Studioalben, weltweit über 3000 Konzerte und 330 eigene Songs blicken. Die jetzige Solo-Tour hatte er schon 2022 begonnen. Nach Erfurt am Mittwoch und Zwickau am Donnerstag war nun also Kulmbach als einziger Auftritt in Bayern an der Reihe, mit unglaublich vielen Hits im Gepäck, Songs aus seinem letzten Konzeptalbum „The Legend of Robin Hood“ und, ganz am Schuss als Zugabe, der neuen Single „Legacy“.

Kaum ein Künstler schafft es, so wie Chris de Burgh, sein Publikum mit angenehm entspannten Melodien und einer einzigartigen und unverwechselbaren Stimme zu berühren. Auch wenn er das Leben oft von der melancholischen Seite betrachtet, sieht er in der Welt hauptsächlich das Schöne und Liebenswerte. Bei den neueren Liedern dominieren klassische, bei älteren Liedern rockige Elemente. Auch die romantischen Schmuseballaden gehören dazu, mit Titeln wie „Lady in red“ wurde er schließlich weltberühmt.

Bei den älteren Stücken beweist der Meister des gefühlvollen Folkrocks, dass der Wandel der Zeit an ihm scheinbar spurlos vorübergeht. Inzwischen zu Klassikern avancierte gefühlvolle Titel wie „Missing you“, „Sailing away” und „Where peaceful waters flow“, die ihn in den achtziger Jahren weltweit an die Spitze der Charts gebracht haben, bestätigen seinen Ruf als ungekrönter König des modernen Schmuse-Pop. Dazwischen erzählt er vom Frankenwein, auch das Kulmbacher Bier kennt er und seine Kenntnisse der deutschen Sprache sind gar nicht so schlecht.

Beim Publikum kommt der Superstar an, wie kaum ein zweiter. Christine Schuster ist extra aus der Nähe von Erfurt angereist, wo sie schon am Mittwoch beim Konzert war. „Ich kann gar nicht genug von Chris und seiner Musik bekommen“, sagt sie. Ihr Lieblingslied? Ganz klar: „Lady in Red“. Wie souverän „Chris“ mit dem Sturm umgegangen ist, dafür hat sie nur die Bewunderung übrig. Thorsten Körner aus dem Nürnberger Land ist schon seit seiner Jugend ein echter Fan. Er liebt die Balladen des Meisters, Texte und Musik, wie sie „kein zweiter Musiker“ präsentiert, sagt er, der sich in weiser Voraussicht gleich zu Beginn für zwei Euro ein Regencape gekauft hatte. Auch Susanne aus Bamberg ist begeistert. Sie kommt jedes Jahr mindestens einmal zu den Plassenburg-Open-Airs. Allein schon die Atmosphäre sei es wert. Blitz und Donner und die lange Unterbrechung des Konzertes konnten ihr jedenfalls nichts anhaben.

Bilder: Chris de Burgh beim Plassenburg-Open-Air am Samstagabend in Kulmbach.

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13.07.2023

Mitsingen, mittanzen und mitmachen / Party auf der Plassenburg: „Abba Fever“ brachte das Lebensgefühl der 1970er zurück

Kulmbach. Auf kaum eine Popgruppe trifft die Bezeichnung „Kultband“ so zu, wie auf Abba. Seit ihrem sensationellen Sieg mit „Waterloo“ beim Eurovision Song Contest 1974 begeisterte die Musik von Anni-Frid, Benny, Björn und Agnetha weltweit ganze Generationen. „Mamma Mia”, „Dancing Queen” oder „Super Trouper” sind nur einige der zahlreichen Welthits deren unverwechselbarer Sound das Quartett unsterblich werden ließ und die am Donnerstagabend im Schönen Hof der Plassenburg erklangen.

Zum wiederholten Mal war die Cover-Band „Abba-Fever“ bei den Plassenburg-Open-Airs zu Gast und wie immer, wenn Abba auf dem Programm steht, kennt die Fangemeinde kein Halten mehr. Da glitzern die Outfits, da können die Plateau-Sohlen nicht hoch genug sein, da rotiert die Disco-Kugel. Ja, so ungefähr muss es gewesen sein. Ein Live-Konzert des Pop-Quartetts, das symbolisch für die gesamten 1970er Jahre stand.

„Abba Fever“ interpretierte dabei zweieinhalb Stunden lang alle großen Hits der vier Schweden gekonnt, perfekt und vor allem so mitreißend, dass es schon nach wenigen Minuten keinem mehr auf seinem Sitz hielt. Mitmachen, mitsingen und mittanzen waren angesagt, und schon ist die Lebensfreude aus den 70ern wieder zurück. Stundenlang hätte es noch so weitergehen können, das Abba-Repertoire hätte das hergegeben und wirklich langweilig ist keine einzige der Nummern.

Nun ist „Abba-Fever“ nicht irgendeine Coverband. Die sieben Hamburger stehen seit 20 Jahren auf der Bühne und sehen sich, freilich in wechselnden Besetzungen, als so etwas, wie die legitimen Erben des Originals. Längst hat sich ihre Show mit mehr als 100 Konzerten pro Jahr im In- und Ausland vom Geheimtipp zur Nr. 1 der Abba Tribute Shows entwickelt.

Hinter „Abba Fever“ stehen die beiden Sängerinnen Anja Bublitz und Caroline Leuzinger. Stimmlich nah am Vorbild können die beiden gut mit Agnetha und Anni-Frid mithalten. Die beiden interpretieren Abba-Songs wie „One of us“, „Dancing Queen“ oder „Chiquitita“ auf ihre ganz eigene Art: nah am Original, aber doch mit dem ganz eigenen gewissen etwas.

Die Musiker hinter ihnen sind die Keyboarderin Merih Aktoprak, Johannes Beetz (er stammt aus Kronach!) und Axel Roesler an den Gitarren, Rainer Brockmann an den Drums und Heiko Behrendt am Bass. Sie alle haben in oder mit namhaften Bands musiziert, standen teilweise schon von klein auf der Bühne, wirkten in großen Musical-Produktionen mit und haben die Musik von Abba praktisch mit der Muttermilch aufgenommen

Bereits bei den ersten Songs rissen die Stars auf der Bühne auch den letzten noch sitzenden Zuschauer vom Hocker. Als Opener spielte die Band „Waterloo“, gefolgt von „Take a Chance on me“: Große Nummern wie „Gimme, Gimme, Gimme“ oder „Lay all your love on me“ gaben „Abba Fever“ zum Besten und führten die Zuhörer auf eine kleine Zeitreise. Emotional, rockig und poppig. Nette Einfälle hatten die Musiker auch: bei „I have a dream“ gab es leuchtend bunte Disko-Stäbchen für alle, beim „Money, Money, Money“ warfen die beiden Sängerinnen „Blüten“ ins Publikum, immer wieder durften die überaus textsicheren rund 1200 Zuhörer mitsingen und auf sämtlichen freien Flächen wurde getanzt, was das Zeug hergab. Klar, dass das Publikum „Abba Fever“ nicht ohne Zugaben von der Bühne ließ.

Bilder: Mit „Abba Fever“ gastierte eine der profiliertesten Abba-Tribute-Bands bei den Plassenburg-Open-Airs.

  

  

  

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09.07.2023

Stimmgewaltig, stimmungsvoll und ein Star zum Anfassen / Prominente Singer-Songwriterin Claudia Koreck auf der Naturbühne Trebgast

Trebgast. Sie ist noch relativ jung und trotzdem schon eine gefühlte Ewigkeit im Musikbusiness unterwegs. Sie kann bereits auf eine mehr als beeindruckende Liste eigener Songs verweisen, sie hat bereits viele Jahre Bühnenerfahrung hinter sich, zahlreiche Alben veröffentlicht und auch ungewöhnliche Projekte, wie eine eigene CD für Kinder herausgebracht: Die oberbayerische Singer-Songwriterin Claudia Koreck.

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen gastierte sie in der Region. Nach ihrem Auftritt auf der Seebühne in Bayreuth als Duo zusammen mit ihrem Mann Gunnar Graewert war sie jetzt im Rahmen ihrer „Kalender-Tour“ auf die Naturbühne Trebgast gekommen. Diesmal mit ihrer kompletten Band. Wer dabei war, der erlebte einen ganz stimmungsvollen, wunderbar beeindruckenden Abend mit einer Frontfrau in bester Spiellaune. Und das alles trotz sengender Hitze, die auch noch am Abend über dem Wehelitzer Berg stand.

Claudia Koreck hat es geschafft, sich den Regeln des Business konsequent zu verweigern. Sie machte von Anfang an ihr Ding und der Erfolg gab ihr Recht. Nie hätte sie sich in eine Schablone pressen lassen. Auch an diesem Abend wechselt Claudia Koreck mühelos zwischen allen möglichen Stilrichtungen. Da geht es auch mal in Richtung Schlager, da werden Elemente des Country eingebaut, da gibt es lupenreine Popsongs und es darf auch gerne einmal etwas rockiger sein. Bei allem bleibt Claudia Koreck aber immer auch die klassische Liedermacherin.

„Kalender-Tour“, das heißt: Jeder Song des Konzeptalbums „Kalender“, das im Oktober erscheinen wird, beschreibt den Monat des Jahres, in dem er auch entstanden ist, mit all seinen Besonderheiten, Eindrücken und Stimmungen. Die Songs sind alle sehr persönlich, sanft und nachdenklich, aber auch mal fröhlich und witzig. Claudia Koreck bringt die gesamte Bandbreite an Stimmungen auf die Bühne. Im „Februar“-Titel etwa geht es etwa ganz chansonhaft um Paris, im „April“ um den kommenden Frühling („Ois werd wieder guad“), im „Oktober“ um eine New-York-Reise, die das Schicksal verhindert hat

Natürlich war nach zwölf Songs nicht Schluss, Claudia Koreck hatte aus ihrem nahezu unerschöpflichen Repertoire einige ihrer Highlights in bayerischer, hochdeutscher und auch englischer Sprache im Gepäck. Da darf ihrer erster großer Hit „Fliang“ nicht fehlen. Auch eine Kostprobe ihres Cover-Albums gab es mit dem Nena-Hit „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“, nur auf das Wesentliche reduziert, unverkennbar Claudia Koreck eben.

Sie beeindruckt das Publikum mit ihrer unverwechselbaren Stimme, ihrer großen Musikalität und ihrem ansteckenden Lachen. Die Band mit Gunnar Graewert, Andreas Bauer, Oscar Kraus und Kilian Reischl steht dem in keiner Weise nach, man versteht sich blind. Zum Einsatz kommt ein breites Spektrum an Instrumenten, das den speziellen Koreck-Sound ausmacht: von der Ukulele bis hin zu allerhand Gitarren. Allein Claudia Koreck hat für sich ein Arsenal aus sechs Akustik- und E-Gitarren aufgebaut, die alle im permanenten Wechsel zum Einsatz kommen.

Verbindender Teil des Konzertes sind ihre lustigen Ansagen mit Geschichten aus dem Hause Koreck. Voller Humor aber auch nachdenklich bezieht Claudia Koreck ihr Publikum in ihr privates Leben ein, das von ihrem Mann und den beiden Kindern bestimmt ist. Da ist sie einfach nur Ehefrau und Mama und nicht etwa der Star, der in Trebgast auf der Bühne steht. Obwohl: Claudia Koreck ist ein Star zum Anfassen. Nach dem Konzert sitzt sie noch am Merchandising-Stand, schreibt Autogramme und plaudert mit ihren Fans.

Bilder:
Claudia Koreck auf der Naturbühne Trebgast. Oben: Im Duett mit Ehemann Gunnar Graewert.

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07.07.2023

Böhmisches Feuer und Bachs Klangspektrum / Solist und Dirigent in einem: Albrecht Mayer beim letzten Konzert der Hofer Symphoniker dieser Saison in der Freiheitshalle

Hof. Solisten, die zum Taktstock greifen, kennt man. Pianisten vor allem, auch Geiger, ein Oboist kommt schon seltener vor. Albrecht Mayer ist als solcher ein echter Weltstar und ein überaus sympathischer noch dazu. Seit geraumer Zeit greift auch er zum Taktstock. Für das Konzert mit den Hofer Symphonikern am Freitagabend im ausverkauften Festsaal der Freiheitshalle hat er sich zwei echte „Schlager“ des Konzertrepertoires herausgesucht: die Haydn-Variationen von Johannes Brahms und Anton Dvoraks 8. Sinfonie. Dazu für sein Instrument das Oboenkonzert von Johann Sebastian Bach BWV 1055, ein Werk, das es zwar auch als Cembalokonzert gibt, das aber an diesem Abend so klingt, als hätte es Bach Albrecht Mayer auf den Leib geschrieben.

Es ist kein Zufall, dass Albrecht Mayer in der Musikszene einen so exzellenten Ruf genießt. Mit seinem ungewöhnlich schlanken, federnden und singenden Ton präsentiert er das Konzert für Oboe d’amore, Streicher und Basso continuo in A-Dur eindringlich melancholisch und taucht tief in das Klangspektrum der Bach-Zeit ein. Der Solist ist ein einfühlsamer Interpret, der die wundervoll verschlungenen Melodielinien vor allem im langsamen Satz des Konzertes deutlich herausstellt. Hier kann er atmen, hat Zeit, seinen warmen, runden Ton zu entfalten. Aber auch die schnellen Ecksätze gestaltet Albrecht Mayer aussagekräftig. Dass sein Spiel technisch an Perfektion kaum zu überbieten ist, muss man wohl nicht mehr erwähnen. Sowohl dort, wo das kleine Orchester begleitende Funktion hat, als auch dort, wo es die Führung übernimmt, glänzt der Streicher- und Continuo-Apparat der Symphoniker durch Prägnanz und einem zupackenden Musizierstil.

Gutgelaunt berichtet Albrecht Mayer danach von seinem ersten Auftritt in Hof vor 44 Jahren, 14 Jahre jung dürfte er damals gewesen sein. Er erzählt vom Schwimmen im Untreusee und spielt als Zugaben mit „Lascia ch’io pianga“ eine der berühmtesten Arien von Georg Friedrich Händel. Nicht einfach so, er spaziert musizierend durch die Reihen und geht auf Tuchfühlung mit seinem Publikum. Auch ein Solo-Stück von Bach gibt es noch obendrauf.

Wenig falsch, aber vieles richtig machen, können Dirigent und Orchester bei Anton Dvoraks Symphonie Nr. 8 in G-Dur. Wie bei keiner seiner vorherigen Symphonien trumpft der Komponist mit einfallsreichen Themen und Motiven auf, die längst zu Ohrwürmern geworden sind. Der typische böhmische Dvorak-Klang, hier ist er wieder, und er mag einem auch diesmal lange nach dem Konzert nicht mehr aus dem Kopf gehen. Das liegt natürlich am perfekten Spiel des Orchesters und an der behutsamen und deutlich zurückgenommenen Leitung Albrecht Mayers. Die Symphoniker entzünden auch so das böhmische Feuer, spielen im wehmütig-graziösen Walzer-Thema des Allegretto betörend schön und bringen viele Details zum Klingen.

Einer, der den melodischen Einfallsreichtum von Anton Dvorak stets bewundert hat, war Johannes Brahms. Mit dessen „Variationen über ein Thema von Haydn op. 56a“ haben Albrecht Mayer und die Hofer Symphoniker den Abend eröffnet. Ob die Variationen auch wirklich von Haydn sind oder nicht, spielt hier keine Rolle, Hauptsache ist, sie klingen so. Sicher ist, dass Brahms ein wahrer Meister darin war, das Choralthema immer wieder, insgesamt acht Mal, kunstvoll und kreativ zu verändern. Aus der ursprünglichen Bläserbesetzung des Chorals wurde ein großes Orchester. In der Aufführung der Symphoniker unter Albrecht Mayers Leitung ließen sich der Farbenreichtum, die verschiedenen Charaktere und die Dur-Moll-Wechsel wunderbar nachvollziehen, ehe die Komposition schließlich im Finale in einer Passacaglia mündet.

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23.06.2023

Üppig, umsichtig und überaus brillant / Eindrucksvolle Aufführung: Felix Mendelssohn Bartholdys „Elias“ mit Hochschulchören aus Bayreuth und Regensburg in der Petrikirche

Kulmbach. Hat uns dieser Prophet Elias heute noch etwas zu sagen? Alttestamentarisch ist Elias der tobende Wüterich, neutestamentarisch eher der Versöhnende, aber er ist auch derjenige, der am Ende auf den kommenden Messias hinweist. Musikalisch hat uns diese Komposition aber auch sehr viel zu sagen. Gilt doch das gleichnamige Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy als eines der populärsten kirchenmusikalischen Werke überhaupt. In hochkarätiger Besetzung brachten die Hochschule für evangelische Kirchenmusik Bayreuth und die Hochschule für Katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik Regensburg das gewaltige Werk mit ihren Konzertchören in der Kulmbacher St.-Petri-Kirche zu einer in jeder Hinsicht mustergültigen Aufführung.

Felix Mendelssohn Bartholdy soll ja nicht zufrieden gewesen sein mit seiner Komposition, die ein Jahr vor seinem Tod im britischen Birmingham mit zusammen 400 Mitwirkenden uraufgeführt wurde. So viele Sängerinnen und Sänger konnten die beiden Hochschulen nicht für die Kulmbacher Aufführung gewinnen, auf eine derart monumentale Besetzung muss man heute ohnehin meistens verzichten. Obwohl, allein 120 Sängerinnen und Sänger, je 60 aus Bayreuth und aus Regensburg waren es dann doch. Dazu kommt die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach in relativ großer Besetzung. Da gaben alle Beteiligten ein stattliches (Klang)-Bild ab und betonten mit mitreißenden chorsinfonischen Szenarien voll alttestamentarischer Wucht und Bildergewalt die genial dramatische Konzeption dieses Meisterwerkes.

Die Chöre spielen die Hauptrolle in dieser Komposition, die chorischen Effekte, etwa die Baal-Anrufungsszene sind einfach überwältigend und lassen niemanden kalt. Den beiden Konzertchören aus Bayreuth und Regensburg ist es gelungen mit einer brillanten, üppigen und deutlichen Stimmführung das Werk nicht nur ansprechend, sondern überaus ergreifend aufzuführen. In dieser Musik liegt Dramatik pur. Das weiß natürlich auch Dirigent Steven Heelein, Lehrbeauftragter an der evangelischen Hochschule in Bayreuth und gleichzeitig an der katholischen Hochschule in Regensburg. Er kostet die bitteren Schärfen und Dissonanzen der Partitur ohne Romantizismus und Rührseligkeit und auch ohne die bei Mendelssohn oft gepflegten Sentimentalitäten aus. Die Vogtland-Philharmonie folgt ihm penibel genau und technisch brillant mit sattem Blech und donnernden Pauken.

Absolut ansprechend gestaltete das Solistenquartett ihre Auftritte: textverständlich, voller Akkuratesse. Sie alle treffen den von Mendelssohn gewünschten Ton des so farbenreichen, szenisch konzipierten Oratoriums und Dirigent Steven Heelein trägt sie alle umsichtig durch ihre Arien und Szenen. Sopranistin Katja Stuber, die auch schon bei den Bayreuther Festspielen als Solistin mitwirkte, erfüllte mit heller Stimme alle Engelskriterien sowohl in ihrer Rolle als „Engel“, wie auch in der Partie als „Witwe“. Benedikt Heggemann, ehemaliger Regensburger Domspatz, ist als Obadjah und Ahab ein heller und angenehmer Tenor. Die Altstimme von Eva Barbara Schuster aus Kronach und der Mezzosopran von Nicole Tschaikin aus München lassen ebenfalls keine Wünsche übrig. Gründlich und gewissenhaft deutet Bass-Bariton Marlo Honselmann imposant, mit mächtiger Stimme und dramatischer Spannweite die Titelpartie. Kleinere solistische Aufgaben, etwa das Engelsterzett von der Empore gesungen, übernehmen Chormitglieder absolut professionell.

Am Ende gab es einen langen, donnernden Applaus von dem zahlreich erschienen Publikum, das teilweise aus weiten Teilen Bayerns eigens für diese Aufführung nach Kulmbach gereist war. Regionalbischöfin Dorothea Greiner hatte Anfangs in ihrer Funktion als Vorsitzende der 2001 gegründeten Förderstiftung für die Bayreuther Hochschule geworben. In Bayreuth werde auch der Nachwuchs für den hiesigen Dekanatsbezirk ausgebildet, sagte sie und warb für die Anschaffung neuer Unterrichtsorgeln für die Einrichtung. Bayreuth ist die einzige Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayern.

Bild: Die beiden Hochschulchöre aus Bayreuth und Regensburg und die Vogtland-Philharmonie haben bei der Aufführung des Mendelssohn-Oratorium Elias ein imposantes Bild in der Petrikirche ab.

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11.06.2023

Umjubeltes Jubiläumskonzert: 20 Jahre „Barfly“ auf der Naturbühne Trebgast / Virtuos, professionell und routiniert Die Formation mit Kulmbacher Wurzeln feierte Geburtstag

Trebgast. „Barfly“, das ist Easy Listening auf hohem Niveau. Doch funktioniert diese Art von „Lounge Music“ auch konzertant? Beim Jubiläumskonzert zum 20. Geburtstag der Kulmbacher Band haben Karsten Friedrich (Piano und Gesang), Peter Groß (Klarinette, Saxofon, Querflöte und Gesang), Paul Braun (Bass und Gesang) sowie Mike Müller (Schlagzeug) eine klare Antwort gegeben: es funktioniert.

Und wie! Von Easy Listening blieb am Ende nicht mehr viel übrig. Es war ein fulminanter Abend, ein eindrucksvoller Querschnitt durch die Unterhaltungsmusik der zurückliegenden Jahrzehnte. Stimmungsvoll, mitreißend und voller Überraschungen. Dafür sorgten schon die Gastmusiker die Geigerin Monika Romanovska der Bassist Georg Hofmann aus Heinersreuth, die Sängerin Barbara Kirsch aus Hannover, die Nürnberger Saxophonisten Katja Heinrich, der Leipziger Schlagzeuger Markus Christ und der Berliner Drummer Oliver Friedrich.

Sie alle stehen und standen irgendwie mit „Barfly“ in Verbindung, haben irgendwann mal mitgespielt und ließen sich nicht zweimal bitten, beim Jubiläumskonzert dabei zu sein. Musikalisch gehören sie alle zur ersten Riege. Monika Romanovska allerdings ist schon ein ganz besonderes musikalisches Talent. Sie spielt unter anderem Beethoven poppig, interpretiert und tanzt einen fetzigen Csardas und präsentiert als Zugabe auch noch einen ungarischen Tanz.

Es lag nicht nur an den Gästen, wenn das Motto der Band „dezent, aber präsent“ für einen Abend außer Kraft gesetzt wurde. Denn von dezent kann da keine Rede mehr sein. Vor allem aber ist es die hohe Professionalität, mit der die Musiker angetreten sind. Könnern, Musikalität und Routine im besten Sinne, das ist es, was die Band ausmacht.

Bandleader Karsten Friedrich und seine Musiker hatten jede Menge musikalische Leckerbissen ausgewählt. Zur Setlist gehörten auch klassische und viele jazzige Klänge. Schon der Opener „Spain“ von Chick Corea war eine lupenreine Jazz-Nummer oder auch das unverwüstliche „Take Five“ von Dave Brubeck.

Es sind die besonderen Arrangements, die „Barfly“ auszeichnen. Die meisten Songs kennt man, nur eben nicht so, wie sie die vier Musiker spielen. Stilsicher und geschmackvoll agiert das Quartett, aber eben auch immer mit einer eigenen Handschrift. „Wir arrangieren jeden Song um, so dass er seine Seele behält“, sagt Karsten Friedrich. Das gilt für „Smoke on the water“ von Deep Purple genauso wie für Paolo Contes „It´s wonderful“, das „Mr. Barfly“ Karsten Friedrich wunderbar mit rauchig rauer Stimme singt.

Dazwischen plauderte Karsten Friedrich, der auch an der Kulmbacher Musikschule unterrichtet, ein wenig aus dem Nähkästchen und gibt die eine oder andere Anekdote aus der Bandgeschichte zum Besten. Er erwies sich dabei als wahrer Entertainer, witzig, spontan und am Ende sogar mit weißem Bademantel am weißen E-Flügel. Auch das Geheimnis um den Namen „Barfly“ wurde dabei endlich einmal gelüftet. So heißt ein US-amerikanisches Filmdrama aus dem Jahr 1987 mit Mickey Rourke in der Hauptrolle. Am Schluss gibt es eine Art Session, bei der alle Musiker zusammen auf der Bühne spielen, unter anderem den Titel „Hot Stuff“ von Donna Summer.

„Barfly“ gibt es seit 2003. Die Musiker bringen es im Schnitt auf bis zu 100 Auftritte pro Jahr, und zwar längst nicht mehr nur in Deutschland, sondern beispielsweise auch in der Schweiz Österreich oder auf Mallorca. Firmenfeiern, Tanzbälle, Ausstellungseröffnungen, Empfänge, Schulbälle, Geburtstage und so weiter. Auch heuer ist Barfly wieder unterwegs, etwa mit Auftritten in Regensburg, Bonn und Berlin. Zur Premiere der Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele wird die Band heuer sogar den Staatsempfang im Anschluss an die Aufführung im markgräflichen Neuen Schloss bestreiten.

Bilder:
1.
 „Barfly“ auf der Naturbühne: Zum 20. Geburtstag der Band gaben Paul Braun, Karsten Friedrich, Mike Müller und Peter Groß (von links) in Trebgast einen ihrer seltenen konzertanten Gastspiele.
2.
 Ungewohnte Popklänge auf der Geige: Monika Romanovska aus Prag musizierte auf der Naturbühne.
3.
 Session zum Ende: Zusammen mit vielen Gastmusikern ließ die Band „Barfly“ ihr Gastspiel auf der Naturbühne ausklingen.

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10.06.2023

Liebevoll, mit Ecken und Kanten / Spektakuläre Aufführung von Verdis „Falstaff“ am Theater Hof – Einspringer rettet Premiere

Hof. Es ist schon eine seltsame Oper, Giuseppe Verdis geniale Spätschöpfung „Falstaff“: Halb Komödie, halb Tragödie, keine Ouvertüre, keine Bravourarie, stattdessen eine Ensembleszene nach der anderen, nicht einmal zweieinhalb Stunden Spieldauer und irgendwie so ganz anders als andere Verdi-Opern. Kein Wunder, dass dieses Werk noch nie in Hof aufgeführt wurde. Als letzte Produktion der laufenden Spielzeit machten sich jetzt Dirigent Ivo Hentschel und Regisseurin Nilufar K. Münzing daran, den „Falstaff“ endlich auch hier auf die Bühne zu bringen und sie taten dies mit großem Erfolg. Am Ende gab es großen und langanhaltenden Applaus für alle Beteiligten.

Wenngleich eine Indisposition von Michal Rudzinsky, dem eigentlich vorgesehenen Sänger des Pistola zuvor für Aufregung gesorgt hatte. Nun ist es zwar nicht die tragende Rolle der Oper, doch ohne geht es nicht. Glücklicherweise konnte kurzfristig Taras Konoshchenko vom Staatstheater Nürnberg gewonnen werden. Der Bassist sang die Partie von der Seite, während Rudzinsky stumm spielte. Einen Abbruch tat dies der Aufführung in keiner Weise.

Über dem Spätwerk schwebt zum einen William Shakespeares humanistischer Geist, zum anderen Giuseppe Verdis Altersweisheit. Das macht Nilufar K. Münzing in ihrer Inszenierung deutlich. So wundert es nicht, dass die Titelfigur irgendwie liebenswert erscheint, ein Original eben, mit Ecken und Kanten. Am Ende steht die große Versöhnung und die stets gültige Erkenntnis: „Alles um uns ist Narrheit, wir sind selber nur Narren“.

Dem Bühnenbild von Britta Lammers und den Kostümen von Uta Gruber-Ballehr ist zu entnehmen, dass die Inszenierung nicht zur Entstehungszeit der Vorlage Shakespeares spielt, sondern nach der Entstehung von Verdis Komposition, vielleicht um die Jahrhundertwende, also so um 1900 vielleicht aber auch erst in den 1920er Jahren. Deutlich wird sie vor allem durch die Kleidung der Protagonisten. Während das Kleid von Nanetta immerhin schon Kniefreiheit zulässt, erscheint Mrs. Quickly Zigaretten rauchend und im Hosenanzug im Marlene-Dietrich-Stil. Ausnahme ist Falstaff, der im samtenen tiefroten Morgenmantel und mit Perücke immer noch im Rokoko verankert scheint.

Wunderbar geglückt ist die turbulente Schlussszene, in der die Beteiligten alle Register ziehen. Vor allem in Sachen Maskerade: Die Herren und Damen werden zu Hasen, Falstaff zum gehörnten mit dem obligatorischen Geweih auf dem Kopf.

Dirigent Ivo Hentschel gelingt es, die Partitur mit den Hofer Symphonikern mustergültig umzusetzen. Kein einfaches Unterfangen, greifen doch so viele Handlungsebenen ineinander, die der Komponist unglaublich geschickt miteinander verwoben hat. „Jede Vorstellung ist ein Ritt auf der Rasierklinge“, hatte Ivo Hentschel bereits im Vorfeld erklärt und damit die enge Verflechtung der Handlung mit dem musikalischen Geschehen gemeint. Weil alles so kompliziert ist, hatten die Verantwortlichen auch gut daran getan, für die Aufführung nicht die italienische Originalsprache zu verwenden, sondern die hervorragende deutsche Übersetzung von Hans Swarowsky.

Ivo Hentschel lässt dem Ensemble jeden nur denkbaren interpretatorischen Freiraum und die Sänger wissen dies auch zu nutzen. Für Gregor Dalal, dem früheren Hofer Ensemblemitglied war die Partie des John Falstaff ebenfalls eine Premiere, zumindest in deutscher Sprache. Mehrfach hatte er die Rolle bereits in der Originalsprache gesungen. Er lebt das Stück und man merkt seiner Interpretation an, dass ihm die Auseinandersetzung mit dem Text sehr viel Freude bereitet hat. Da ist nicht nur Gregor Dalals atemberaubende Virtuosität, seine große Textverständlichkeit und sein kraftvoll wohltönender Bariton. Auch mit seinem komödiantischen Spiel reißt er das Publikum förmlich mit.

Wahrhaft furios agieren mit grotesker Komik sowohl stimmlich als auch darstellerisch alle anderen Solisten: Ein furioses Quartett bilden Inga Lisa Lehr (Alice Ford), Franziska Rabl (Meg Page), Stefanie Rhaue (Quickly) und Yvonne Prentki (Nannetta) als übermütige, intrigant und geschwätzige, aber auch als überaus reizende Damen. Nils Stäfe überzeugt brillant als Mr. Ford, makellos singt Minseok Kim die Partie des Fenton. Hochkarätig sind auch die übrigen Partien besetzt: Bardolfo (Markus Gruber) und Doktor Cajus (Jason Lee). Vor allem Bardolfo und Pistola als Falstaffs Diener wurden von der Regie hervorragend geführt und steigern sich durch ihre ganz eigene Komik.

Weitere Aufführungen: 1., 2.,9., 12., 14. und 16. Juli (jeweils 19.30 Uhr) sowie am 25. Juni (18.00 Uhr). Karten gibt es an der Theaterkasse, Telefon 09281/7070-290 oder online unter www.theater-hof.de/karten.             

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04.06.2023

„Ritt auf der Rasierklinge“ / Theater Hof: Premiere der Oper „Falstaff“ von Giuseppe Verdi am Samstag

Hof. Am kommenden Samstag findet im Theater Hof die letzte Musiktheater-Premiere der laufenden Saison statt. Es ist eine echte Premiere, denn Verdis Spätwerk nach William Shakespeares „Die Lustigen Weiber von Windsor“ wird zum ersten Mal in Hof aufgeführt. Mit einer Matinee haben die Verantwortlichen am Sonntag noch einmal die Werbetrommel für die Aufführung gerührt und alle Interessierten in das Werk und die Inszenierung von Nilufar K. Münzing eingeführt.

Unter der Moderation von Musikdramaturg Lothar Krause stellten die Verantwortlichen ihre Produktion des „Falstaff“ vor. Fast das gesamte Ensemble war anwesend und so gab es auch zwei musikalische Kostproben mit den Solisten Inga Lisa Lehr (Alice Ford), Yvonne Prentki (Nanette), Franziska Rabl (Mrs. Page), Stefanie Rhaue (Mrs. Quickly), Gregor Dalal (Falstaff), Minseok Kim (Fenton), Jason Lee (Doktor Cajus), Markus Gruber (Bardolfo) und Michal Rudzinski (Pistola). Begleitet wurden sie von Mengling Chen am Klavier.

Musikdramaturg Lothar Krause fand es überaus erstaunlich, dass das Werk nie zuvor in Hof gespielt worden sei. Er sprach von einem wunderbaren Ensemblewerk, das schon zur Uraufführung „einen bombastischen Erfolg“ erlebt habe. Nach Auffassung der Regisseurin Nilufar K. Münzing schwebt über dem Werk William Shakespeares humanistischer Geist. Für sie habe die Oper einen glaublichen Reiz, zumal Giuseppe Verdi in seiner letzten Oper wohl auch die Erfahrungen seines Lebens eingearbeitet habe.

Es gebe kaum groß Arien, stattdessen reihten sich Szene an Szene aneinander, erläuterte der Dirigent Ivo Hentschel die Besonderheit der Komposition. „Das umzusetzen ist wahnsinnig schwer“, sagte er. Jede Vorstellung sei ein „Ritt auf der Rasierklinge“. Selbst die klassische Ouvertüre gebe es nicht. Der Komponist habe das Werk extrem komprimiert, so dass es mit zwei Stunden Aufführungsdauer auch relativ kurz sei. Die musikalische Sprache verglich der Dirigent mit einer Art Filmmusik, obwohl es zur Zeit der Komposition noch gar keine Filme gegeben hatte.

Gregor Dalal, früheres Ensemblemitglied und insgesamt schon seit 1996 am Theater Hof tätig, singt nicht zum ersten Mal den Falstaff, aber zum ersten Mal singt er die Titelpartie auf Deutsch. Dafür habe sich das Produktionsensemble ganz bewusst entschieden. Auch Dalal fand die Übersetzung von Hans Swarowsky sehr gut getroffen. „Ich bin überzeugt davon, dass es der beste Falstaff ist, den ich je gemacht habe.“

Bei der Matinee verriet Regisseurin Nilufar K. Münzing auch, dass ihre Inszenierung zeitlich nicht bei Shakespeare, sondern in der Entstehungszeit des Werkes an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert angesiedelt ist. So spiegle das Bühnenbild laut seiner Schöpferin Britta Lammers auch Elemente des Jugendstils wider. Dem sollen auch die Kostüme von Uta Gruber-Ballehr entsprechen, lediglich Falstaff selbst sei noch im Rokoko verankert. Freuen dürfen sich alle Opernfreunde auf die turbulente Schlussszene in bunter Maskerade. Und natürlich wird der Titelfigur dabei auch das berühmte Geweih als Symbol des gehörnten Mannes aufgesetzt.

Bilder:
1.
 Ein Teil des Ensembles gab in der Theaterkantine eine Szene aus Verdis Spätwerk Falstaff zum Besten.
2.
 Sie sprachen bei der Matinee über ihre Falstaff-Inszenierung (von links): Gregor Dalal („Falstaff“), Britta Lammers (Bühnenbild), Musikdramaturg Lothar Krause, Regisseurin Nilufar K. Münzing, Uta Gruber-Ballehr (Kostüme) und der Dirigent Ivo Hentschel.

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02.06.2023

Komödie mit Kirschgeist und Kartenspiel / Premiere „Der Brandner Kaspar und das ewig´ Leben“ auf der Naturbühne Trebgast

Trebgast. Es ist eines der bekanntesten Volksstücke überhaupt: „Der Brandner Kaspar und das ewig´ Leben von Kurt Wilhelm nach Franz von Kobell. Nun spielt das Ensemble der Naturbühne freilich nicht irgendeine beliebige Version der volkstümlichen Komödie, sondern eine in fränkischer Mundart, die sich der Schauspieler und Regisseur Bernd Berleb ausgedacht hat. Der Charakter des Stückes ist dadurch ein anderer geworden. Die Heiterkeit überwiegt, die komischen Elemente kommen stärker zum Tragen als die tiefsinnigen. Und ein wenig Lokalkolorit gehört natürlich auch dazu.

Der eigentliche Kern des Volksstückes aber bleibt. Da geht es um zwei Fragen, wie könnte man den Tod überlisten und ist das wirklich erstrebenswert? Das versöhnliche Ende gibt die Antwort, egal ob auf traditionellem bayerisch oder im fränkischen Dialekt.

Auch in Franken kommt der Tod in Gestalt des Boandlkramers, auch hier gibt es Kirschgeist und es wird beim Kartenspiel betrogen, geht es doch immerhin um zusätzliche Lebensjahre. Doch ist es das alles wert? Das Stück kommt zu der eindeutigen Antwort: nein. Ein Blick ins Paradies überzeugt den Brandner Kaspar am Schluss.

Für die Trebgaster Produktion gespickt mit vielen wunderbaren Einfällen, einer schlüssigen Personenführung und einem flotten Spielfluss, der die zweieinhalb Stunden Spielzeit wie im Flug vergehen lässt, hat Bernd Berleb die Regie übernommen. Er hat schon an vielen Theatern gespielt und inszeniert und lässt seine Erfahrungen natürlich in die Trebgaster Produktion einfließen. Warum er das 1871 veröffentlichte Stück in die Nazizeit verlegt hat, erschließt sich allerdings nicht. Da gibt es einen Gruppenführer, da gibt es Volksgenossen und es wird in Reichsmark bezahlt. Auch vom Führer ist schon mal die Rede. Das war es dann aber auch schon.

Wirklich witzig sind dagegen die vielen lokalen Anspielungen, wenn etwa der Brandner nicht im Sommer sterben kann, denn da ist ja Kulmbacher Bierfest und Peestener Lindenkerwa, auch nicht im Herbst, denn da ist Schederndorfer Bockbierfest. Ob der Boandlkramer vielleicht einen anderen Kaspar meint, vielleicht den auf der Luisenburg? Tatsächlich gibt es dort heuer auch eine Fassung des Stückes zu sehen. Urkomisch ist es schließlich auch, wie man sich den Himmel so vorstellt. Da gibt es beispielsweise Bratwürste mit Sauerkraut, es spukt die Weiße Frau und es erklingt der Walkürenritt.

Das Bühnenbild der „Brandner“-Produktion stammt von André Putzmann, wobei das beste Bühnenbild natürlich wie immer in Trebgast die Natur geschaffen hat. So macht er auch nicht den Fehler, die Bühne zuzustellen, vielmehr lässt er die Natur zu, bespielt die Bühne in ganzer Breite und macht auch vor den Gängen im Zuschauerraum nicht halt.

Zwei Figuren stehen im Zentrum, die beide exzellent verkörpert werden; Jochen Böhm als Brandner Kaspar und Jakob Wenz als Boandlkramer. Jochen Böhm überzeugt durch sein überaus glaubhaftes Auftreten, himmelhoch jauchzend, als er den Boandlkramer überlistet hat, und zu Tode betrübt, als die Enkelin Marei ums Leben kommt. „Boandlkramer“ Jakob Wenz spielt gespenstisch perfekt und komisch, witzig, sowie schrullig zugleich. Wie man es von den verschiedenen Verfilmungen gewohnt ist, überzeugt auch Jakob Wenz mit aufgesetztem Gehabe und wird am Ende fast zur bemitleidenswerten Gestalt.

Von den übrigen Rollen ragt unter anderem Thomas Ziegelhöfer als stets präsenter und überraschend bayerisch sprechender Petrus hervor. Ramona Schmidtgall spielt ihre Rolle als Marei ebenso perfekt. Aber auch die anderen, durchaus anspruchsvollen Rollen werden professionell und vollends überzeugend verkörpert: Bärbel Schaller-Böhm als Theres und Afra, Gerd Kammerer als naiv verliebter Simmerl, Stefan Kossmann als Michael, Michael Vogler als Bürgermeister Senftl sowie als witziger Aloisius, Moritz Weismann als Florian, Gordian Beck als Berthold.

Info:

Weitere Aufführungen des Volksstückes „Der Brandner Kaspar und das ewig´ Leben“ auf der Naturbühne Trebgast gibt es zu den folgenden Terminen: 10.06. (20.30 Uhr), 14.06. (20 Uhr), 18.06. (15 Uhr), 30.06. (20.30 Uhr), 01.07. (15 Uhr), 05.07. (20 Uhr), 13.07. (20 Uhr), 21.07. (20.30 Uhr), 22.07. (15 Uhr), 29.07. (20.30 Uhr), 03.08.2023 (20 Uhr). 05.08. (20.30 Uhr), 09.08. (20 Uhr) und am 17.08.2023 (20 Uhr).

Bilder:
1.
 Hier gibt´s Kirschgeist: Jochen Böhm als Brandner Kaspar und Jakob Wenz als Boandlkramer.
2.
 Der Brandner Kaspar (Jochen Böhm) feiert seinen 75. Geburtstag.
3.
 So stellt man sich den Himmel vor: Stefan Kossmann als Michael, Gordian Beck als Berthold und Thomas Ziegelhöfer als Petrus (von links) zusammen mit zwei Engeln.

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27.05.2023

Zeitlos und aus der Zeit gefallen / Max Raabe in Hof: Goldene Zwanziger und MTV-unplugged

Hof. Keiner singt derart poetische Texte wie Max Raabe. In welchen Schlagern kommen Wörter vor wie „Dauerlauf“ oder „Schiebetür“ oder gar der „schlechtgelaunte Lurch“? Das alles kann nur Max Raabe sein. Er ist so, wie er sich gibt. Ein wenig altmodisch vielleicht. Bestimmt schmiert er sich auch zuhause Pomade ins Haar, trägt er auch zuhause eine Buntfaltenhose und jeden Tag ein frischgebügeltes weißes Hemd. Aber eines steht fest: er ist ein genialer Sänger und Musiker.

Sind er und seine Musik nun reichlich retro oder postmodern? Ganz sicher beides, denn Max Raabe, das heißt einmal die Interpretation von gehobener Unterhaltungsmusik aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aus den Goldenen 20er Jahren, als die Comedian Harmonists Megastars waren. Musik, von so genialen Komponisten wie Fred Raymond („Ich steh mit Ruth gut“), Peter Kreuder („Ich werde jede Nacht von ihnen träumen“), Leo Leux (Unter den Pinien von Argentinien“) oder Will Meisel („Dort tanzt Lulu“).

Max Raabe, das heißt gerade in der zurückliegenden Zeit immer mehr auch eigene Schlager mit witzigen Texten, irrwitzigen Themen und kuriosen Reimen. Mit „Raabe-Pop“ ist dafür sogar eine eigene Bezeichnung erfunden worden. Wobei, seinen Anfang hat der „moderne“ Max Raabe bereits 1992 mit dem selbst komponierten Hit „Kein Schwein ruft mich an“ genommen, der an diesem Abend nicht auf dem Programm stand. Doch Max Raabe hat noch viel mehr zu bieten, denn zwischenzeitlich gab es eine überaus erfolgreiche Zusammenarbeit mit der prominenten Popmusikerin Annette Humpe, ein umjubeltes MTV-Unplugged-Konzert und jüngst das Album „Wer hat hier schlechte Laune“, das gleichsam das Motto der aktuellen Tour ist.

Beim Konzert im Großen Haus der Freiheitshalle gab es von all dem etwas. Max Raabe hat eine phänomenale Bühnenpräsenz, näselt sich als ausgebildeter Bariton mit Charme, Eleganz, Humor, Ironie und Stil durch die gut zwei Stunden Programm. Dabei wirkt er zum einen wie aus der Zeit gefallen, zum anderen aber auch absolut zeitlos. Kaum zu glauben, dass er schon 60 ist, mit bürgerlichem Namen Matthias Otto heißt und nicht aus Berlin, sondern aus Westfalen stammt.

Im Mittelpunkt standen aber dann doch die Songs aus dem neuen Album. Neben dem Titellied „Wer hat hier schlechte Laune“ gibt es den, für Max Raabe ungewohnt ernsten Song „Es wird wieder gut“, hoffnungsvoll optimistische Lieder wie „Das mit uns könnte was werden“ oder „Ein Tag wie Gold“, der Titelsong von „Babylon Berlin“.

Einige Lieder ragen besonders heraus: Das Volkslied „Guter Mond, du gehst zur Stille“, das Max Raabe zusammen mit drei seiner Musiker interpretiert, eine herausragende Fassung von Charles Trenets „La mer“ in französischer Originalsprache, den US-Klassiker aus den 1930er Jahren „Dream a little dream of me“, bei dem ein kleiner Zeppelin durch die Halle schwebt und, als Zugabe, der „Kleine grüne Kaktus“.

Max Raabe, das ist freilich nur ein Teil der Show, dazu kommt das zwölfköpfige Palast Orchester, von ihm selbst während seines Gesangstudiums 1986 gegründet. Über 500 Stücke haben sie bereits im Repertoire, umjubelte Auftritte in der New Yorker Carnegie Hall gemeinsam absolviert genauso wie eine Israel-Tournee. Da gibt es kuriose Instrumente wie eine Bassklarinette, ein Banjo oder ein Sousaphon. Herausragende Instrumentalisten sind sie alle, etwa der Pianist Ian Wekwerth oder die Violinistin Cecilia Crisafulli und natürlich auch all die anderen Musiker, die alle etwas Schrulliges an sich haben, scheinbar für jedem Spaß bereit sind und von denen fast jeder auch solistische Aufgaben zu übernehmen hat. Max Raabe lehnt dann lässig im Rund des großen Konzertflügels und verzieht wie immer keine Miene

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26.05.2023

Brücke zwischen Bayern und Tschechien / Freundschaftswochen mit imposanter Licht- und Videoinstallation eröffnet

Selb. Mit einer Installation der Künstlerin Brigitt Hadlich aus Weidenberg sind in Selb die Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen eröffnet worden. Um die tiefe Verbundenheit beider Orte deutlich zu machen hat die Künstlerin eine grenzüberschreitende und aufeinander abgestimmte Licht- und Videoinstallation geschaffen und so eine sichtbare Brücke zwischen Bayern und Tschechien geschlagen.

Die Aktion fand zunächst rund um den Grafenmühlweiher in Selb statt, ehe tags darauf eine ähnliche Installation im Geschichtspark Kaplan im tschechischen Asch gezeigt wurde. In Selb lockte das Projekt rund 3000 Besucher an. Thematisch ging es um einen Spaziergang durch die Geschichte beider Orte, bei dem zahlreiche Elemente und Strukturen gezeigt wurden, die mit dem Plätzen eng in Verbindung stehen. Da gab es auf zwei großen Leinwänden historische Bilder aus beiden Städten zu sehen, für Selbs stand natürlich das Thema Porzellan, für das seit Jahrhunderten evangelisch geprägte Asch unter anderem das dortige Martin-Luther-Denkmal, das einzige in Böhmen.

Künstlerin Brigitt Hadlich selbst sprach von einem Farb-Kunst-Raum, der durch ihre emotionale und farbenfrohe Lichtinszenierung entstand. „Ich spiele mit den Elementen Erde, Luft, Feuer, Wasser und verbinde sie mit Bildern und Strukturen aus Selb und Asch“, so beschreibt die Künstlerin Brigitt Hadlich die Idee, die hinter der Illumination steht. Der kleine Park konnte von den Besuchern einmal in einem ganz anderen Licht gesehen werden. Eine dokumentarische Animation beleuchtete an anderer Stelle die Geschichte beider Städte. Ihre alte und ihre neue Freundschaft wurden in Szene gesetzt. Geschichtliche Ereignisse visualisierten die eigenständige Entwicklung und die Gemeinsamkeiten beider Städte.

Bestimmendes Element des Konzepts war das „Tor der Freundschaft“, das Brückentor aus dem Kaplan-Park in Asch. Das Tor ist der Verbindungsknoten für beide Standorte. Es erschien in der ersten Szene in der Animation in Selb und war damit auch eine „Vorausschau“ auf den nächsten Abend in Asch.

Dort lag der Hauptaspekt auf dem geschichtlichen Hintergrund und der Ost-West-Achse, auf der das „Tor der Freundschaft“ liegt. Dort gab es bewegende emotionale Animationen mit mystischen Strukturen auf den Wänden der Brücke zu sehen. Die Grundmauern der abgebrannten Kirche sind in magisches Leuchten versetzt. Im ehemaligen Altarraum wird die Geschichte einer Trennung und einer Freundschaft in verschiedenen Kontexten erzählt. An beiden Standorten lud die Beleuchtung der Bäume zu einem Rundgang ein, um die weiteren Illuminationen auf sich wirken zu lassen.

Selbs Bürgermeister Ulrich Pötzsch nannte die Freundschaftswochen einen „riesigen Glücksfall für die Region“. Die große Bedeutung der Veranstaltung werde unter anderem darin deutlich, dass zur offiziellen Eröffnung wenige Tage zuvor sogar der tschechisch Staatspräsident Petr Pavel nach Selb gekommen war. Der Bürgermeister von Asch Vitezslav Kokor wünschte sich, dass die Freundschaftswochen aus Nachbarschaft Partnerschaft machen. Die Großartige Installation sei dafür ein wichtiges Symbol.

Die Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen laden die Menschen noch bis Ende Juli ein, bei den verschiedensten Veranstaltungen mehr über Ihre Nachbarn zu erfahren, frühere Verbindungen wieder aufleben zu lassen und neue Kontakte zu knüpfen. Neben sportlichen Aktionen, musikalischen Angeboten gab und gibt es auch Tagesausflüge und Besichtigungstouren.

Bilder: Bis Mitternacht war die Licht- und Videoinstallation in den Grünanlagen rund um den Grafenmühlweiher in Selb zu sehen.

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24.05.2023

„Lost Places“ zum Klingen bringen / Lukas Alois Roth aus Ludwigschorgast gastiert mit dem Kammerchor ExSilentio in Mainleus und Kronach

Kulmbach/Mainleus. „Lost places“, diesen Begriff kennt man von spektakulären Fotos an außergewöhnlichen Orten. Doch diese „Lost places“ haben auch ihren eigenen Klang. Das will der Kammerchor ExSilentio mit zwei Konzerten in der Region beweisen. Hinter der Formation steckt das musikalische Multitalent Lukas Alois Roth aus Ludwigschorgast. Zusammen mit seinen Mitstreitern von ExSilentio, einem 2020 gegründeten studentischen Ensemble der Hochschule für Musik Dresden, wird er am 11. Juni um 18 Uhr in der Kühnlenzpassage in Kronach und tags darauf am 12. Juni um 17.30 Uhr in der alten Spinnerei in Mainleus auftreten.

„Das Projekt ´Stimmen an verstummten Stellen´ bringt Musik an Orten zum Erklingen, die schon seit langem verstummt sind“, erklärt Lukas Alois Roth. „Durch die Konzertreihe wollen wir diesen Lost places wieder Aufmerksamkeit und Wertschätzung schenken, indem wir auf die industrielle Geschichte unserer Region und deren Folgen, wie Leerstand und Industrieruinen, Bezug nehmen.“ Zum anderen soll die besondere Historie der Konzertstätten zum Gegenstand der künstlerischen Auseinandersetzung sowie zum Konzertinhalt erhoben werden.

Musikalisch gibt es neben zwei Uraufführungen, die speziell für diese Orte komponiert wurden, auch Werke von Johannes Brahms, Mikis Theodorakis und James MacMillan sowie selten zu hörende Raritäten der Komponisten Peteris Vasks, Viktor Ullman und Veljo Tormis. Die zwölf Sängerinnen und Sänger von ExSilentio stammen aus den Reihen der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden. Bereits 2021 führte das Schaffen des Ensembles zu einer Einladung nach Rom in die päpstliche Basilika St. Johann im Lateran im Rahmen des Festivals Musica e arte sacra Roma. Seitdem folgten zwei weitere Italienreisen, mit „toMaintain“ die erste interdisziplinäre Eigenproduktion, sowie weitere Konzertprogramme. Träger des Ensembles ist der Kulmbacher Verein „Kunstwert – Wir machen Kultur e.V.“ mit Lukas Alois Roth als künstlerischen Leiter.

Lukas Alois Roth ist gerade in der Endphase seines Studiums an der Dresdner Musikhochschule. In der Region bekannt wurde er unter anderem durch das Benefizprojekt „Musik verbindet“ das er als Vorstand und künstlerischer Leiter organisiert hatte. Von der Corona-Zeit abgesehen hat er es Jahr für Jahr geschafft, einen Projektchor und eine Projektband auf die Beine zu stellen und mit Benefizkonzerten an die Öffentlichkeit zu treten. Über 60000 Euro wurden seitdem eingespielt, fünf CDs aufgenommen. Die Einnahmen flossen dabei eins zu eins in wohltätige Zwecke, wie zum Beispiel an die Welthungerhilfe. Die Unkosten wurden durch Sponsoren abgedeckt.

Bild: Der Chor ExSilentio unter Leitung von Lukas Alois Roth aus Ludwigschorgast tritt am 12. Juni in Mainleus auf. Foto: Philipp Roth

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21.05.2023

Werbung für die Musik und das Musizieren / Viele hundert Teilnehmer und Besucher beim „Tag der Blasmusik“ in Kulmbach – Gigantisches Abschlusskonzert auf dem Marktplatz

Kulmbach. „Wir sind wieder da!“ Das war gleichsam das Motto einer bislang einmaligen Veranstaltung, die am Sonntag in Kulmbach über die Bühne ging. Sieben Blaskapellen und Musikvereine der Stadt und des Landkreises mit zusammen rund 200 Musikwern spielten zu einem „Tag der Blasmusik“ auf. Viele hundert Besucher ließen sich diese Gelegenheit, die musikalische Vielfalt in Kulmbach Stadt und Land zu erleben, nicht entgehen.

Der Hintergrund für das ungewöhnliche Open-Air-Konzert waren unter anderem die Einschnitte, die während der zurückliegenden drei Jahre die eine oder andere Formation hinnehmen musste. Viele ältere Musiker haben aufgehört, jüngere kamen kaum nach, weil die Musikvereine ja lange keine Präsenz zeigen konnten. Viele ehemalige Mitstreiter haben sich auch ein anderes Hobby gesucht und kehrten der Blaskapelle den Rücken. „Auch Musikvereine sind von Nachwuchsproblemen nicht verschont. Durch die Corona-Pandemie wurden sie noch verstärkt“, waren sich alle Beteiligten einig.

Der „Tag der Blasmusik“ war deshalb auch so etwas, wie der Start zur neuen Imagekampagne des Nordbayerischen Musikbundes und der Nordbayerischen Bläserjugend. Zusammen haben sie rund 900 Mitgliedsvereine und sie alle wollen in den kommenden Wochen und Monaten unter anderem mit Plakaten, Transparenten und im Internet für das Musizieren in einem Musikverein werben. Auch an der Musikschule Kulmbach hängen solche Transparente schon, die Lust aufs Musizieren machen sollen. Allein in Stadt und Landkreis Kulmbach kann der Nordbayerische Musikbund auf 16 Blaskapellen und zwei Spielmannszüge verweisen.

Der Kreisverband Kulmbach des Nordbayerischen Musikbundes verwandelte zusammen mit seinen Mitgliedskapellen das ehemalige Kaufplatzgelände und den Marktplatz den ganzen Nachmittag bis in die Abendstunden in eine große Musikbühne. Den Auftakt machte die Stadtkapelle Kulmbach unter der Leitung ihres stellvertretenden Dirigenten Hans-Georg Busch, gefolgt vom Musikverein Burghaig. Weitere Formationen, die jeweils eine knappe rtunde spielten waren der Musikverein Kulmbach-Weiher, die Stadtkapelle Kupferberg, der Musikverein Marktleugast und die Dorfmusik Rugendorf. Den Schlusspunkt setzte Musikverein Ludwigschorgast, ehe es durch die Langgasse zum Marktplatz ging.

Höhepunkt war dort am Abend der Gemeinschaftschor vor dem Rathaus. Dazu waren die Musiker aller beteiligten Kapellen zusammengekommen, um unter der Leitung von Musikschulleiter Harald Streit von der Rathaustreppe dirigierend, ein Platzkonzert anzustimmen. Mit dem Jubiläumsmarsch des Nordbayerischen Musikbundes begann der gigantische Klangapparat, mit Bayern- und Deutschland-Hymne verabschiedeten sich die Musiker. Dazwischen gab es unter anderem den Frankenlied-Marsch, den Titel „Durchs schöne Frankenland“ und - zur Überraschung aller Zuhörer auf dem Marktplatz - den Toten-Hosen-Titel „An Tagen wie diesen“. Die Auswahl des letzten Titels zeigt einmal mehr, wie vielseitig Blasmusik sein kann.

„Blasmusik lebt“, so Thomas Kalb, Vizepräsident des Nordbayerischen Musikbundes. Von einem einzigartigen Musikevent sprach Oberbürgermeister Ingo Lehmann. „Musik macht Freude, sie verbindet Menschen“, sagte er, der zusammen mit Landrat Klaus Peter Söllner die Schirmherrschaft für den „Tag der Blasmusik“ übernommen hatte. Die Blaskapellen seien unverzichtbarer Träger von Kunst und Kultur. Gerade in unseren Breiten habe die Blasmusik eine lange Tradition nun sei fest mit dem fränkischen Brauchtum verbunden. „Allen Beteiligte ist es gelungen, ein eindrucksvolles musikalisches Zeichen zu setzen“, sagte der Oberbürgermeister.

  

  

  

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19.05.2023

Schenkelklopfer und tiefsinnige Ironie / Sympathisch und authentisch: Günter Grünwald in der Freiheitshalle

Hof. „Definitiv vielleicht“: Diese Wortpaarung könnte glatt von Karl Valentin stammen. Der preisgekrönte Kabarettist Günter Grünwald aus Ingolstadt hat sein neues Programm ebenfalls mit „definitiv vielleicht“ überschrieben. Am Freitag gastierte er damit im Festsaal der Freiheitshalle und bot über zwei Stunden lang beste Unterhaltung.

Karl Valentin nennt Günter Grünwald auch, wenn man ihm nach seinen Vorbildern befragt. Tatsächlich sind auch seine Geschichten meistens irgendwie abgefahren, skurril, verdreht. Er kommt vom Hundertsten ins Tausende und findet oft ein aberwitziges Ende.

Zugegeben, manches kommt schon recht derb daher, manchmal auch makaber, grenzwertig und gerne auch mal unter der Gürtellinie. Aber es spricht für Günter Grünwald, wenn er sich nicht vom Zeitgeist lenken lässt und seinem Humor gesellschaftlichen Strömungen anpasst. Die Sensibilität des Publikums ist ihm „wurscht“, auch das hat er im Interview mit der Frankenpost verraten. Gut, dass sich ein Günter Grünwald nicht verbiegen lässt und sich selbst treu bleibt, auch wenn man als Zuhörer manchmal schon schlucken muss. Die Lacher überwiegen, wobei die Lacher gerne auch mal Brüller und Schenkelklopfer sein können. Günter Grünwalds schauspielerisches Talent, seine Grimassen und seine Fähigkeit, Stimmen und Dialekte nachzuahmen tun das übrige.

Im aktuellen Programm bekommen viele ihr Fett ab. Sei es der nordkoreanische Herrscher Kim Jong-un, die Taliban und der Koran sowieso, Pfarrer im Allgemeinen aber auch Erdogan und natürlich Putin. Tief einsteigen ins politische Kabarett, das macht Günter Grünwald freilich nicht. Er reißt zwar ungeniert Witze über die genannten, spricht von „mohammedanischen Volltrotteln“ und nennt den Koran „nicht richtig durchdacht“, aber auch Pfarrer sind für ihn „Selbstdarsteller ohne Ende“ und wegen Putin habe er sogar in Erwägung gezogen, den Kampfbomberführerschein zu machen. Letzteres sei dann an der theoretischen Prüfung für den Mofa-Führerschein gescheitert. Das ist ein typisches Beispiel für die unerwarteten Wendungen in den Pointen seiner witzigen Erzählungen.

Günther Grünwald live, das ist mittlerweile auch Minimalismus. Requisiten braucht es nicht, keine Verkleidung, einfach nichts. Wahrscheinlich ist er am Nachmittag genauso in Ingolstadt losgefahren.  Ein winziger Stehtisch mit einem Glas Wasser reicht. Der Künstler steht auf der Bühne, sympathisch wie immer und authentisch wirkend, und er quatscht so einfach drauflos. Man könnte meinen, das ist ihm gerade in dem Moment eingefallen, dabei läuft das Programm „Definitiv vielleicht“ mit Corona-bedingten Unterbrechungen schon seit 2019.

Keine Ahnung, wie sich ein Künstler so viel Text merken kann, ohne auch nur ein einziges Mal zu stocken. Dazu muss man allerdings auch wissen, dass der 66-Jährige schon seit fast 40 Jahren auf der Bühne steht. Auch in andere Rollen, so wie früher etwa in den Hausmeister Bamberger oder den Leibwächter Bonzo, braucht er nicht mehr zu schlüpfen. Günther Grünwald steht einfach für sich selbst, irgendwie nett, bodenständig, einfach er selbst, nur eben voller tiefsinniger Ironie. Etwa, wenn er in unglaublich witziger Art die Sprachverhunzung in aktuellen TV-Werbespots („Mehr gut geht nicht“ oder „So muss Technik“) kritisiert.

Zugegeben, Längen hat sein Programm schon auch. Die deftige Geschichte von Tante Lisbeth und Onkel Hans mit der Gallenblasenoperation hätte man mindestens um die Hälfte kürzen können. Lustig wäre sie immer noch gewesen. Auch die aberwitzige Geschichte vom Urlaub in Afghanistan lebte mehr von verstellten Stimmen als von echter Komik.

Auch wenn er polarisiert: Günther Grünwald ist längst selbst zu einem Urgestein der bayerischen Unterhaltung geworden, ähnlich, wie seine Vorbilder Karl Valentin oder auch Gerhard Polt. In der Kabarettszene hat er sich fest etabliert und ist nicht erst seit seiner TV-Show „Grünwalds Freitagscomedy“ nicht mehr davon wegzudenken.

Und hier geht es zum Interview mit Günter Grünwald

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16.05.2023

Besondere Interpretationen, außergewöhnlicher Stil / Die Kulmbacher Band Barfly feiert auf der Naturbühne in Trebgast 20-jähriges Jubiläum

Trebgast. Zuhören und wohlfühlen: das soll sich das Publikum bei der Band Barfly. Am 11. Juni absolviert die außergewöhnliche Formation, die ihren Ursprung in Kulmbach hat, einen ihrer seltenen konzertanten Auftritte, und zwar auf der Naturbühne Trebgast. Anlass ist das 20-jährige Bestehen des Quartetts, das wie kein anderes für Unterhaltungsmusik auf höchstem Niveau steht.  Mit dabei sein werden zahlreiche Gastmusiker, Weggefährten und die Prager Geigerin Monika Romanovska.

„Das wird schon was Besonderes“, freut sich „Mister Barfly“ Karsten Friedrich. Er ist nicht nur Bandleader, sondern auch Pianist, Sänger und Schlagzeuger. Karsten Friedrich denkt gerne zurück an den ersten Auftritt an Silvester 2003 in der Hornschuchvilla in Mainleus. Schnell hatte es sich herumgesprochen, dass Barfly mit seiner Lounge Music, seinen ganz besonderen Interpretationen und seinem außergewöhnlichen Easy-Listening-Stil eine ganz besondere Formation sind. So wurden die Auftritte immer mehr, die Band immer professioneller und Barfly wurde der Renner bei Tanzveranstaltungen, Vernissagen, Firmenfeiern, Schulbälle, Geburtstagen und, und, und. Heute, nach Corona, sind es wieder 80 bis 100 Auftritte pro Jahr, wobei das Trebgaster Gastspiel schon aus der Reihe fällt.

Aber auch hier setzt die Kulmbacher Band auf ihr bewährtes Rezept. Bekannt ist Barfly für seinen hohen musikalischen Anspruch. „Wir bemühen uns, alles, was wir spielen, stilsicher und geschmackvoll zu interpretieren“, sagt Karsten Friedrich. Jeder Song hat seinen eigenen Charakter und jeder Song hat eine Aussage, egal, ob „Highway to hell“ von ACV/DC oder Stings „English Man in New York“.

Barfly, das sind neben Karsten Friedrich (Piano und Gesang), Peter Groß (Klarinette, Saxofon, Querflöte und Gesang), Paul Braun (Bass und Gesang) sowie Mike Müller (Schlagzeug). Als Gastmusiker erwarten sie neben der Geigerin Monika Romanovska den Bassisten Georg Hofmann aus Heinersreuth, die Sängerin Barbara Kirsch aus Hannover, die Nürnberger Saxophonisten Katja Heinrich, den Leipziger Schlagzeuger Markus Christ und den Berliner Drummer Oliver Friedrich. „Alles absolute Profis“, versichert Karsten Friedrich. Er verspricht jede Menge musikalische Leckerbissen, auch klassische und jazzige Klänge und den einen oder anderen neuen Song. Dazwischen wird er selbst auch mal aus dem Nähkästchen plaudern und die eine oder andere Anekdote aus der Bandgeschichte zum Besten geben.

Auch heuer ist Barfly wieder bundesweit unterwegs. Nach dem Start in die Sommersaison bei „Kronach leuchtet“ folgen Auftritte in Regensburg, Bonn und Berlin. Zur Premiere der Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele wird die Band heuer sogar den Staatsempfang im Anschluss an die Aufführung im markgräflichen Neuen Schloss bestreiten.

Das Konzert mit Barfly und Gästen findet am Sonntag, 11. Juni um 20 Uhr auf der Naturbühne Trebgast statt. Einlass ist um 19.30 Uhr. Tickets kosten im Vorverkauf 19,50 Euro, an der Abendkasse 22 Euro. Weitere Infos gibt es im Internet unter dienaturbuehne.de.

Bild: Die Kulmbacher Band Barfly gibt am 11. Juni auf der Naturbühne Trebgast einen ihrer seltenen konzertanten Gastspiele. Die Stammbesetzung der Formation besteht aus Paul Braun, Karsten Friedrich, Peter Groß und Mike Müller (von links).

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09.05.2023

Benefizkonzert: „Jazz ganz locker vom Hocker“ / Mit der Moonlight-Serenade an 17. Juni geht für die „Old Beertown Jazzband eine Ära zu Ende

Kulmbach. „Wir werden unser Bestes geben.“ Das verspricht Konrad „Conny“ Fischer Andreassohn (72) aus Fölschnitz. Er ist nicht nur der Bassist, sondern auch so etwas wie der Kopf der „Old Beertown Jazzband“. Mit dem Abschiedskonzert der Formation am 17. Juni im Mönchshof geht eine Ära zu Ende. Die „Moonlight Serenade“ soll definitiv der letzte Auftritt sein.

Es ist die 13. Moonlight-Serenade seit 2008 und dabei sein wird einmal mehr die Dresdner Formation  „Micha Winkler´s Hot Jazzband“. Wir spielen im ersten Teil Jazz ganz locker vom Hocker“, verspricht Conny Fischer. „Gute Laune ist Trumpf“, sagt er. Nicht nur die Musiker auf der Bühne sollen ihren Spaß haben, sondern auch alle Konzertbesucher. Kartenbestellungen seien bislang nicht nur aus dem gesamten fränkischen Raum eingetroffen, von Aschaffenburg über Nürnberg bis Hof“, sondern auch aus dem Dresdner Raum.

Nach der Pause ist dann „Micha Winkler´s Hot Jazzband“ aus Dresden an der Reihe, ehe als krönender Höhepunkt eine gemeinsame Session auf dem Programm steht. Conny Fischer beschreibt Micha Winkler als absoluten musikalischen Tausendsasse und nennt ihn „einen der besten Jazz-Posaunisten Deutschlands“. Dazu kämen Micha Winklers launigen wie legendäre Moderationen.

Das Ganze ist, wie bei allen früheren „Moonlight Serenaden“ auch als Benefizkonzert konzipiert. „Wir haben in all den Jahren schon über 25.000 Euro an soziale und musische Einrichtungen überwiesen“, sagt Conny Fischer. Kindergärten und Schulen sind darunter, aber auch Musikvereine und sonstige Institutionen.

Bisher habe man mit dem Wetter stets Glück gehabt, egal ob Anfangs in Wernstein oder später in Thurnau. Sollte wider Erwarten der Himmel am 17. Juni seine Schleusen öffnen, findet das Konzert in der ehemaligen Ladehalle der Brauerei auf dem Mönchshof-Gelände statt.  Auch diesmal wird wieder der Lions-Club Kulmbach-Plassenburg und die Kulmbacher Brauerei mit im Boot sein.

Die Geburtsstunde der „Old Beertown Jazzband“ schlug bereits 1984. Zur Erstbesetzung gehörten Bernd Meile, der unvergessene Udo Koch, der frühere Kulturreferent Rupprecht Konrad und der Trompeter Werner Beyerlein. Noch vor der Wende spielten beide Formationen zusammen und besuchten sich gegenseitig.. Einmal am 9. Juli 1987, ein weiteres Mal am 6. November 1988. Zunächst gab es ein gemeinsames Konzert mit der Dresdner Semperhouse Jazzband mit Opernstar Gunter Emmerlich im damaligen Vereinshaus. Gut ein Jahr später startete ein aus heutiger Sicht historischer Sonderzug von Kulmbach in Richtung Dresden. Was heute selbstverständlich klingt, war vor dem Fall des Eisernen Vorhangs eine echte Sensation. Die Freundschaft, die damals begonnen hatte, gipfelte 2015 in einer Einladung zum Dixieland-Festival nach Dresden, eines der größten Festivals dieser Art. Die Old Beertown Jazzband trat damals vor 2000 Leuten in der Prager Straße auf.

Die „Old Beertown Jazzband“ wird diesmal voraussichtlich in der folgenden Besetzung spielen: Pit Brendel (Schlagzeug), Wolfgang „Timmi“ Diehm (Gitarre), Daniel Hoffmann (Trompete), Wolfgang Schrepfer (Klarinette und Saxofon), Conny Fischer (Bass) sowie Silke Krause am Klavier. Die Dresdnerin wird auch in „Micha Winkler´s Hot Jazzband“ den Pianopart bestreiten. Dazu kommt Micha Winkler an der Posaune. Auf dem Programm steht ein „Best of“ der „Moonlight Serenaden“, klassisch schöne alte Jazz- und Swing-Nummern.

Tickets für die „Moonlight Serenade“ mit der Old Beertown Jazzband und „Micha Winklers Hot Jazzband“ gibt es im Vorverkauf für 20 Euro in der Kulmbacher Brauerei, der Zentralplatzapotheke, Klostergasse 10, in den Museen im Mönchshof, bei der Buchhandlung Häußinger in Thurnau und bei Conny Fischer persönlich per Mail unter fischer-andreassohn@t-online.de. Sollten noch Restkarten übrig sein, wird auch eine Abendkasse eingerichtet. Dort werden die Tickets 24 Euro kosten. Einlass ist Ab 18 Uhr, Beginn um 19.30 Uhr.

Bild: Konrad „Conny“ Fischer Andreassohn aus Fölschnitz ist nicht nur der Bassist, sondern auch der Kopf der „Old Beertown Jazzband“. Am 17. Juni gibt die Formation ihr Abschiedskonzert im Mönchshof.

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07.05.2023

Hauch von Hollywood / Mai Musica. Sinfonisches Blasorchester Kasendorf begeisterte mit Kompositionen aus Film und TV

Kulmbach. Blasmusik einmal ganz anders: die Mai-Musica-Reihe des Sinfonischen Blasorchesters Kasendorf macht es möglich. Unter der Stabführung des neuen Dirigenten Dominik Biedermann gab es diesmal weder Böhmisches, noch traditionelle Marschmusik und auch keine Konzertwalzer. Der neue Leiter hatte den Musikern stattdessen einen Hauch von Hollywood auf die Pulte gelegt. Auf dem Programm standen ausnahmslos Klassiker aus Film und TV sowie jede Menge fulminante Soundtracks. Ein ganz neues Format hatte der Musikverein Kasendorf versprochen und sein Versprechen gehalten. So modern und zeitgemäß kann Blasmusik auch sein.

Die Filmwelt wäre ohne Musik undenkbar. Ob „Moon River“ (hervorragend interpretiert von der Sopranistin Katharina Hübner) oder „James Bond“, „Star Wars“ oder „Herr der Ringe“. Musik verstärkt Emotionen und macht Gefühle hörbar. Das Sinfonische Blasorchester aus Kasendorf brachte dies alles überaus effektvoll und überzeugend auf die Bühne. Von den Klassikern der Filmgeschichte war bei diesem Konzert so ziemlich alles vertreten, was ins Ohr geht und immer wieder für Überraschungen sorgte.

Jede Komposition für sich ist ein wahres Meisterwerk. Manches steckt voller Dramatik, anderes strotzt nur so vor Witz. Die Musiker aus Kasendorf musizieren dabei mitreißend und voller Spielfreude und vor allem mit einem Perfektionismus, der seines gleichen sucht. Da wurde größter Wert auf das noch so kleinste Detail gelegt, da ging nichts, aber auch gar nichts daneben, da könnte man glauben, das sind alles langjährige Profis auf der Bühne. Besonders das üppig besetzte Schlagwerk war an diesem Abend sehr gefragt und sorgte für mitreißende Rhythmen. Bei zwei Kompositionen gab Dominik Biedermann seinen Taktstock aus der Hand und reichte ihn weiter an Nachwuchsdirigentin Iris Melzer.

Die Musik war das eine, die Show das andere. Dominik Biedermann hatte den zweieinhalbstündigen Abend zusätzlich eingebettet in ein Oscar-reifes Umfeld. Da gab es keinen Ansager, vielmehr gaben die beiden Schauspieler Stefka Kodisch als Edeltraud und Stephan Zeis als Horst ein skurriles Paar ab, das um die Fernbedienung stritt. Sie wollte Rosamunde Pilcher sehen, er Champion-League. Und so einigte man sich stets auf den Film, dessen Musik das Blasorchester als nächstes auf dem Programm hatte. Das war nicht nur exzellent in hiesiger Mundart gespielt, sondern auch überaus einfallsreich, durchdacht und vor allem witzig. Zumal auf der Großbildleinwand hinter dem Orchester tatsächlich jedes Mal ein „Best of“ der Szenen aus dem jeweiligen Film zu sehen war. Ganz großes Kino hatten sich Dominik Biedermann und die Verantwortlichen des Musikvereins Kasendorf da einfallen lassen, wobei Perfektion auch hier großgeschrieben wurde.

Mit der Tagesschau-Erkennungsmelodie und einer „Live“-Schaltung zum Korrespondenten vor der Halle, der von den Vorbereitungen zum Konzert, berichtete, ging es schon mal ganz außergewöhnlich los. Nach „James Bond“, „Police Academy“, „Breakfest at Tiffanys“ folgten – kein Witz - erst einmal der „Erdinger Weißbierwalzer“, gesungen von Katharina Hübner, Markus Schwarzott und Andreas Casper, ehe sozusagen als Welturaufführung der für den Hauptsponsor, die Kulmbacher Brauerei, komponierte „Kulmbacher Jingle“ gespielt wurde.

Daneben hatten die Musiker jede Menge anderer Hits und Raritäten im Programm, die Filmmusik zu „Spiderman“ etwa, natürlich John Williams „Star Wars“, aber auch „Moments für Morricone“, ein Medley, das sich langsam, aber sicher zum wahren Blasmusik-Schlager entwickelt. Mit der gesungenen Titelmusik zur bayerischen Daily-Soap „Dahoam is Dahoam“ verabschiedete sich das Blasorchester, und bedankte sich mit der Musik aus der Muppet-Show beim Publikum.

Bilder:
- 'Das Sinfonische Blasorchester des Musikvereins Kasendorf begeisterte unter seinem neuen Dirigenten Dominik Biedermann mit akustischen Klassikern der Filmgeschichte.

Stefka Kodisch als Edeltraud und Stephan Zeis als Horst führten als skurriles Paar durch den Filmmusikabend.

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04.05.2023

„Mit den Augen fühlen“ / Umfangreiche Werkschau der Malerin Doris Bocka im Neuen Rathaus eröffnet

Bayreuth. Unter dem Motto „peinture“ zeigt die aus Kulmbach stammende und in Bindlach beheimatete Malerin Doris Bocka in der Ausstellungshalle des Rathauses derzeit ihre bislang umfangreichste Werkschau. „Gemälde“, „Bild“, „Malerei“, das alles heißt „peinture“. Derjenige, der diesen Begriff gerne benutzt ist Markus Lüpertz.

Der Maler, Graphiker und Bildhauer gilt als einer der bekanntesten deutschen Künstler der Gegenwart. Seit 2020 studiert Doris Bocka bei Markus Lüpertz Zeichnung und Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Kolbermoor. Die Künstlerin hatte im Februar 2023 ihr Aufbaustudium erfolgreich abgeschlossen und besucht nun die Meisterklasse.

Die Malerin setzte sich viele Jahre lang immer wieder mit zentralen menschlichen Motiven auseinander, spürte Sehnsüchten nach und versucht, das Unverkennbare zu finden. Nun präsentiert sie in der Ausstellung rund 50 Gemälde, die nicht nur sinnbildlich für ein Thema, sondern auch für diesen Prozess stehen. Dabei changieren ihre Bilder zwischen Figurativem und Abstrahiertem.

Für die Bilder von Doris Bocka muss man sich Zeit nehmen. Sie erschließen sich nicht unbedingt auf den ersten Blick, obwohl sie direkt Emotionen ansprechen und sich „in das Gedächtnis brennen“. Die Gemälde deuten nur an, zeigen in außergewöhnlichen, teilweise angeschnittenen Perspektiven das Wesentliche und laden dazu ein, sich im Anblick zu versenken. Doris Bocka ermöglicht so dem Betrachter einen persönlichen Zugang zu ihrer Malerei und viel Freiraum für eine individuelle Interpretation.

Ihre Themenkreise macht sie oft abseits des zentralen Geschehens fest, die Bilder deuten nur Ausschnitte an: Bei „Joshua träumt von Jericho“ stehen die Mauern noch fest im Bild. „Anfang am Ararat“ symbolisiert das Ende der Sintflut und „Babels Beginn“ deutet den Hochmut des Menschen durch eine aufgestellte Leiter an. Die Gemälde „Parsifal“ und Lohengrin“ gehen noch weiter. Sie werden von der Malerin nur noch in einer Geste dargestellt, das Figürliche kaum noch erahnend.

Aufgewachsen ist Doris Bocka im Kulmbacher Land, und zwar in Kasendorf. In Kulmbach besuchte sie das Margraf-Georg-Friedrich-Gymnasium, in Bamberg und Bayreuth absolvierte sie anschließend ein Lehramtsstudium und unterrichtete an oberfränkischen und mittelfränkischen Schulen. In Bayreuth promovierte sie auch zum Dr. phil. und wurde an der Universität in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern tätig. Nach ihrem Ausscheiden aus der Universität wagte sie 2015 den Sprung zur freischaffenden Künstlerin.

Von einer facettenreichen Ausstellung sprach bei der Vernissage Anie Bonnet, Künstlerkollegin aus Bonn und ebenfalls aus der Klasse von Markus Lüpertz. Sie nannte besonders die Klarheit und die konzentrierte Herangehensweise im Schaffen von Doris Bocka. „Da ist kein Strich zu viel und keiner zu wenig“, so Anie Bonnet. Deutlich zu sehen sei der Einfluss des spanischen Malers Antoni Tapies, Ähnlichkeiten fand sie aber auch in den Werken des amerikanischen Realisten Edward Hopper, bei dem sich ebenfalls Wirklichkeit und Unwirklichkeit auf der Leinwand treffen. Einen Tipp hatte Anie Bonnet für alle Ausstellungsbesucher: Man müsse nah an die Bilder herangehen, um mit den Augen zu fühlen“.

Die Ausstellung „peinture“ von Doris Bocka ist bis zum 30. Mai im Neuen Rathaus zu sehen.

Bilder:
1.
 Doris Bocka bei ihrer Werkschau in der Ausstellungshalle des Rathauses.
2.
 Anie Bonnet (rechts), genauso wie Doris Bocka (links) aus der Klasse von Markus Lüpertz, bei der Vernissage zur Werkschau in der Ausstellungshalle des Rathauses in Bayreuth.

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27.04.2023

Raum für Kunst und Kultur / Cordelia Maria Mertel aus Pechgraben zeigt in Bayreuth einen Querschnitt ihrer Arbeiten

Bayreuth/Neudrossenfeld. Unter dem Motto „Raum für Kunst“ zeigt die seit vielen Jahren in Pechgraben bei Neudrossenfeld lebende Künstlerin derzeit im „Jean Paul Art Space“, der ehemaligen Jean-Paul-Apotheke in Sterbehaus des Dichters, einen Querschnitt ihrer Arbeiten. Das Motto stehe auf einer Bodenfliese in ihrem Atelier und passe in vielerlei Hinsicht. Zum einen sei ihr der Raum in Bayreuth vom Jean-Paul-Kulturverein für ihre Kunst zur Verfügung gestellt worden, zum anderen gebe es nach einer Durststrecke endlich auch in den Köpfen wieder Raum für Kunst und Kultur. „Ich bin froh, wieder einen derartigen Raum zur Verfügung zu haben“, so die Malerin.

Tatsächlich seien das kulturelle Leben durch die Auswirkungen der Pandemie weitgehen zum Erliegen und viele Kulturschaffende in eine verzweifelte Lage geraten, so Ulrich Pfeifer, berufsmäßiger Stadtrat, der bei der Vernissage in die Ausstellung einführte. Umso wichtiger sei es, dass im „Jean Paul Art Space“ ein „Raum für Kunst“ zur Verfügung gestellt werde. Der Malerin Cordelia Maria Mertel bescheinigte Ulrich Pfeifer, dass Kunst für sie ein Mittel sei, um anderen eine Freude zu bereiten. Die Künstlerin erzähle in ihren filigranen Werken gemalte Geschichten und illustriere sie meisterhaft in ihrer ganz eigenen philosophischen Betrachtung und Herangehensweise.

Cornelia Maria Mertel ist nicht nur in ihrer Motivwahl ungewöhnlich breit aufgestellt, sondern auch was ihre Techniken angeht. Die Künstlerin wurde in Würzburg geboren und wuchs in Bayreuth auf. Nach dem Abitur studierte sie zunächst Völkerkunde, dann Kommunikationsdesign und schloss mit dem Diplom ab. Ausgezeichnet mit dem Preis des Deutschen Kommunikationsverbandes BDW ist die Mutter zweier erwachsener Kinder seitdem freischaffend tätig.

Lange Zeit gab sie Malkurse an verschiedenen Volkshochschulen, heute konzentriert sie sich auf Auftragsarbeiten. Nachdem Cordelia Maria Mertel 2012 Richard Wagner und seine Werke in ihrer kräftigen Bildsprache umgesetzt und im Wagner-Jahr 2013 in einer Leipziger Galerie ausgestellt hat, widmete sie sich seitdem in großen Zyklen immer wieder Themen, die im weitesten Sinne mit der Natur in Verbindung stehen. „Mein größtes Vorbild ist die Natur“, sagt die vielfältig aufgestellte Künstlerin.

Die aktuelle Ausstellung sei so zustande gekommen, dass Cordelia Maria Mertel zu der Veranstaltung „LebensArt Wasser“ Anfang März im „Jean Paul Art Space“ zwei Bilder eingereicht hatte. Daraufhin sei ihr eine Einzelausstellung angeboten worden. Trotz der knappen Vorbereitungszeit habe sie sofort zugesagt, so die Künstlerin, die sich ganz besonders für die tatkräftige Unterstützung durch den Jean Paul Kulturverein bedankt.

Die Ausstellung „Raum für Kunst“ mit Arbeiten von Cordelia Maria Mertel findet bis zum 28. Mai im „Jean Paul Art Space“ in der Friedrichstraße 5 in Bayreuth statt. Öffnungszeiten sind jeweils Freitag von 15 bis 19 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 11 bis 14 Uhr.

Bilder:
1.
 Cordelia Maria Mertel mit einem ihrer großformatigen Werke, das den Titel „Melodie“ trägt, und das derzeit im „Jean Paul Art Space“ zu sehen ist.
2.
 Die Malerin Cordelia Maria Mertel mit dem berufsmäßigen Bayreuther Stadtrat Ulrich Pfeifer, der bei der Vernissage in die Ausstellung einführte.

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10.04.2023

Mit Blasmusik in den Frühling / Musikalische Ostergrüße übermittelte die Stadtkapelle Kulmbach mit einem Auftritt auf dem Marktplatz

Kulmbach. Mit ihrem Auftritt auf dem Marktplatz hat die Stadtkapelle Kulmbach am Ostermontag eine alte Tradition wiederaufleben lassen. Klassiker der Blasmusik, liebgewonnene Märsche und beliebte Filmmelodien sorgten dafür, dass sich während des einstündigen Konzerts mehrere hundert Zuhörer bei frühlingshaften Temperaturen, strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel auf dem Platz und ringsum in der Gastronomie einfanden und den Klängen der Kapelle lauschten.

Hier konnte man Blasmusik in vollen Zügen genießen: Unter ihrem langjährigen Dirigenten Thomas Besand erfüllte das Blasorchester in großer Besetzung die Innenstadt mit einer abwechslungsreichen Mischung bekannter Melodien, wie gewohnt stets perfekt einstudiert und eindrucksvoll musiziert. Dementsprechend heiter war die Stimmung unter den Zuhörern. Die Musiker waren merklich gut vorbereitet und spielen kraftvoll in kompetenter Besetzung.

Den Auftakt machte nach einem festlichen Choral der „Olympiade-Marsch“ von Jaroslac Labsky. Eisdiele und Cafés rundum füllten sich derweil, denn obwohl die Stadtkapelle gar nicht groß geworben hatte, sprach sich der Osterauftritt schnell herum. Zu den traditionellen Klängen gehörten der Marsch „Prinz Wilhelm“ von Heinrich Saro, zu den Klassikern der Konzertwalzer „Über den Wellen“ von Juventino Rosas. Mittlerweile hatte auch einer der Bratwurststände geöffnet und es dauerte nicht lange, bis sich auch dort eine Schlange gebildet hatte.

Eine der Besonderheiten des Konzertes war sicher die Aufführung des Medleys „Moments for Morricone“ mit den bekannten Filmklassikern aus der Feder des italienischen Komponisten Ennio Morricone. Traditionelle Blaskapellenklänge gab es bereits vorher mit der Polka „Morgengedanken“ von Norbert Gälle oder der eher selten gespielten Festmusik von, man mag es kaum glauben, Richard Wagner. Am Ende schafften es die Musiker der Stadtkapelle sogar, das Publikum beim Regimentsmarsch „Schneidig voran“ zum Mitklatschen zu bewegen. Das Zwölf-Uhr-Läuten ringsum hatte da bereits den Schlusspunkt des österlichen Kurzauftritts vorgegeben.

Nach der Bierfestserenade im zurückliegenden Sommer gab auch der österliche Auftritt der Blasmusikszene nach der langen Corona-Zwangspause wieder Klang und Gesicht. So war der Auftritt einmal mehr beste Werbung für die Stadtkapelle als auch für Kulmbach.

Am 27. Juli um 19 Uhr veranstaltet die Stadtkapelle Kulmbach auf dem Marktplatz ihre traditionelle Bierfestserenade, ehe der Klangkörper zwei Tage später am 29. Juli um 10 Uhr den Anstich zur Bierwoche musikalisch begleiten wird.

Bilder: Frühlingshafte Klänge gab es mit der Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand am Ostermontag auf dem Marktplatz.

 

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03.04.2023

Stimmungsvoll, beeindruckend und spektakuläres / Frühlingskonzert mit dem Orchester der Hochschule für den öffentlichen Dienst

Hof. Viele Berufsgruppen, wie etwa Mediziner oder Juristen, haben ihre eigenen Orchester. Die meisten Universitäten besitzen einen eigenen Klangkörper und so hat auch die Hofer Hochschule für den öffentlichen Dienst ihre Hofmusikanten. Unter dem Motto „Very British“ veranstalteten die engagierten Amateure nach drei Jahren Corona-Pause in der Freiheitshalle endlich wieder einmal ein Frühjahrskonzert.

Nicht nur für alle Beteiligten war es ein Abend der Superlative, auch für das Publikum: Gleich drei Klangkörper schickten von der Bühne des in britischen Farben geschmückten Festsaals aus einen musikalischen Gruß über den Ärmelkanal: das Bayerische Beamtenorchester, ein gewaltiges sinfonisches Blasorchester, unter der Leitung von Christian Metz, der Chor unter der jungen Studentin und ausgebildeten Kirchenmusikerin Karin Luczak sowie die Big Band mit Bandleader Andreas Böhm. Für letzteren war es übrigens eine Art musikalische Abschiedsvorstellung. Der Gründer der Formation  trat als Trompeter wieder zurück in die Big Band und übergab den Taktstock an den künftigen Dirigenten Lukas Friedrich.

Eines der Hauptwerke des fast 100 Musiker starken Blasorchesters stand dabei gleich am Anfang: Ludwig van Beethovens Tongemälde „Wellingtons Sieg“. Forsch, jugendlich und rasant klingt das bei den ehemaligen und aktuellen Studenten. Man möchte gar nicht glauben, dass da wirklich Laien am Werk sind. Nicht, dass der Klangkörper mit seiner Beethoven-Lesart etwas wirklich Neues präsentiert, doch die Interpretation und der Stil des Musizierens haben große Klasse. Es ist der Gestus, der zählt, und Christian Metz gelingt es, zu fesseln und zu überzeugen. Natürlich ist es nicht das letzte Wort in Sachen Beethoven, doch was die Differenzierung und den Farbreichtum betrifft hat das Orchester echt Klasse.

Einen weiteren Klassiker hat das Orchester mit der „Second Suite for Military Band“ von Gustav Holst ausgewählt. In dieser Komposition ist Holst weit weg von seiner späteren impressionistischen Tonsprache. Unter der Stabführung von Christian Metz erfährt das Werk in jedem Fall eine ebenbürtige Interpretation, vielleicht nicht so spektakulär, doch außerordentlich stimmungsvoll und klangschön.

Neben den „Klassikern“ gab es auch moderne Klänge, unter anderem die Bohemian Rhapsody der Gruppe Queen und als eine Art Höhepunkt des zweien Teils das irische Tanzstück „Lord of the Dance“. Die pulsierenden Rhythmen und einprägsamen Klänge haben bis heute nichts an ihrer Faszination verloren. Das Besondere ist, dass die mitreißende Folk-Music von hohem Tempo, pochenden Rhythmen und ständigen dynamischen Steigerungen geprägt ist. Da gibt es anschauliche musikalischen Linien, rhythmischen Riffs, mitreißenden Melodien und viele blitzenden Glanzpunkte.

Doch das war noch lange nicht alles: Unter anderem mit „Viva la vida“ von der Band Coldplay, Gene Kellys unverwüstlichem „Singing in the rain“ und Adeles „Skyfall“ gab der vierstimmige Hochschulchor unter Karin Luczak eine beeindruckende Visitenkarte ab. In allen Lagen ausgewogen besetzt, fügten sich die einzelnen Stimmen perfekt ausbalanciert ineinander.

Perfekt musizierte schließlich auch die Big Band, geleitet vom scheidenden Dirigenten Andi Böhm und später vom neuen Dirigenten Lukas Friedrich. Passend der „Final countdown“ von der Band Europe, aber auch Big-Band-Klassiker wie „Old-Time-Rock´n-Roll“ mit Tanzpaar live auf der Bühne oder Glen Millers „In the Mood“. Andi Böhm darf sich künftig als Ehrendirigent bezeichnen. Er hatte die Formation nicht nur gegründet, sondern auch ihre Erfolgsgeschichte wesentlich gestaltet, und die Big Band war die Attraktion sämtlicher Hochschulbälle.

Ein wenig überflüssig empfanden einige die gnadenlos gendernde Moderation von Korbinian Lechner. Witzig, wenn er beispielsweise von den „Komponist:innen“ des Abends sprach, obwohl ausnahmslos Kompositionen von Männern auf dem Programm standen.

Das Bayerische Beamtenorchester steht seit mittlerweile zehn Jahren für anspruchsvolles Musizieren mit einem breit gefächerten musikalischen Repertoire. Dabei rekrutiert sich das Orchester überwiegend aus aktiven und ehemaligen Studenten der Hochschule für den öffentlichen Dienst, die auch nach Abschluss ihres Studiums aus ganz Bayern immer wieder gerne nach Hof kommen, um dort gemeinsam Musik zu machen. „Mit dem Frühjahrskonzert setzen wir die kulturelle Tradition der Hochschule für den öffentlichen Dienst fort. Es ist uns ein Herzensanliegen, mit unserem musikalischen Frühlingsgruß den Hofer Bürgern etwas zurückzugeben, indem wir sie einen Abend lang mit unserer Musik begeistern“, so ließen die Verantwortlichen im Umfeld des Konzerts verlautbaren. Sie haben Wort gehalten und fast drei Stunden lang für hochkarätige Unterhaltung gesorgt.

Bilder:
1. Das Orchester der Hofer Hochschule für den öffentlichen Dienst hat nach drei Jahren Corona-Pause im Festsaal der Freiheitshalle endlich wieder ein Frühjahrskonzert veranstaltet.
2. Die Big Band der Hochschule sorgte für Begeisterungsstürme im Festsaal der Freiheitshalle.
3. Der vierstimmige Chor unter Karin Luczak hatte mehrere moderne Songs für das Konzert einstudiert.

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02.04.2023

Große Musik in kleiner Kirche / Bachs Johannespassion auf fränkisch: Ungewöhnliches Chorprojekt in Kasendorf aufgeführt

Kasendorf. Die Weihnachtsgeschichte wird ja auch gern ins Alpenländische verlegt, warum nicht auch die Passion ins Fränkische? Das dachte sich wohl Jürgen Gahn, Mundartautor aus Stein bei Gefrees im Landkreis Bayreuth. So startete er zusammen mit Dekanatskantorin Ulrike Heubeck (Thurnau/Bad Berneck), einigen Musikern und gleich vier Chören ein ungewöhnliches Projekt. Alle zusammen  führten die früheste der Passionen von Johann Sebastian Bach, die Johannespassion, in einer stark gekürzten Version auf. Das Besondere daran: die Rezitative wurden nicht wie vorgesehen gesungen, sondern gesprochen, und zwar von Jürgen Gahn auf Fränkisch. Nach einer Aufführung in Bad Berneck war das ehrgeizige Projekt am Palmsonntag in der Kasendorfer Kilianskirche zu erleben.

Da heißt es dann „Mei Reich is ned vo dera Welt“, oder „Und auf amol herd ma an Hohnagoggel greha““. Ob das immer so sinnvoll ist, sei dahingestellt, es ist in jedem Fall eine ganz andere, ungewöhnliche Auseinandersetzung mit der Leidensgeschichte Jesu. Nicht minder ergreifend, nicht ganz so erdrückend, vielleicht sogar etwas verständlicher und tröstender und deshalb eine durchaus spannende Herangehensweise. Die Texte der Arien und Choräle hatte Johann Sebastian Bach selbst aus dem Bericht des Evangelisten Johannes und freien Versen aus der oft vertonten Passionsdichtung von Barthold Heinrich Brockes zusammengestellt. Jürgen Gahn artikulierte seine fränkische Übersetzung der Rezitative vortrefflich, er legte den Evangelien-Text flexibel aus und nahm sich wohltuend zurück.

Gewaltig war die Beteiligung von vier Chören aus zwei Dekanaten mit insgesamt fast 50 Mitwirkenden, die Ulrike Heubeck für die Aufführung gewinnen konnte: den Laurentius-Chor Thurnau, den Kirchenchor Kasendorf, den katholischen Kirchenchor Thurnau und die Kantorei Bad Berneck. Selten dürften in der Kilianskirche so eindrucksvolle Klänge ertönt sein, wie etwa der apotheotische Schlusschoral „Ach Herr lass dein lieb Engelein“. Überhaupt bietet das Johannes-Evangelium wenig Ruhepunkte, dafür ist es unmittelbarer und dramatisch belebter durch die vielen Chöre. Allerdings hatte Dekanatskantorin Ulrike Heubeck schon empfindlich gekürzt. Von den ursprünglich 30 Nummern (ohne die reinen Rezitative) blieben nur noch 15 übrig.

Als reine Leidensmeditation interpretierte die Instrumentalgruppe in Kleinstbesetzung die Passion, wenngleich manche schärfere Akzentsetzung nicht geschadet hätte. Die Musik erklang zügig und schnörkellos. Zu den Instrumentalisten gehörte das Streichquintett Hubert, Ulrike Hünefeld (Flöte), Pei-Shan Ruf (Oboe und Englischhorn) sowie Johannes Freund (Orgel). Sie alle zusammen haben einmal mehr bewiesen, dass eine minimale Besetzung auch ein großes Werk adäquat gestalten kann.

Solisten waren die hervorragende Sopranistin Yuka Koroyasu. Sie sang ihre Arien spielerisch leicht, überaus frisch und unmittelbar und war stets präsent. Haruka Koroyasu konnte da nicht ganz mithalten. Ihm fehlte es schon ein wenig an Durchschlagskraft und Höhe.

Alles in allem bleibt aber trotzdem der Eindruck einer authentisch wirkenden Glaubwürdigkeit. Hoch emotional wurden die Glaubensinhalte auf ungewöhnliche Weise vermittelt, wobei die theologisch-musikalische Aussage stets im Vordergrund stand.

Bild: Große Besetzung in kleiner Kirche: Vier Chöre mit knapp 50 Mitwirkenden aus zwei Dekanaten führten in der Kasendorfer Kilianskirche Teile aus der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach auf

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26.03.2023

Passionsmusik macht Petrikirche zum klingenden Raum  / Kulmbacher Kantorei führte Bachs fragmentarische Markus-Passion in der Petri-Kirche auf

Kulmbach. Die Partitur ist leider verschollen, nur das Libretto liegt vor. Quellen existieren, die Auskunft über das Werk geben, und so haben sich viele Musiker bereits um eine Rekonstruktion der Markus-Passion von Johann Sebastian Bach bemüht. Am  bekanntesten ist die Fassung des prominenten deutschen Kirchenmusikers Diethard Hellmann. Sie war in einer eindrucksvollen Aufführung der Kulmbacher Kantorei unter der Leitung von Stadt- und Dekanatskantor Christian Reitenspieß am Sonntag in der Petrikirche zu hören.

Als gesichert gilt, dass Bach die beiden eindrucksvollen rahmenden Chorsätze und die fünf Arien bereits in seiner Kantate BWV 198 verwendet hatte. Auch die Sätze zu den Choralstrophen haben sich in einer Sammlung von Bachs Choralsätzen bereits nachweisen lassen. Keine Kompositionen gibt es allerdings für die Evangelisten-Rezitative. Sie wurden deshalb in der Kulmbacher Aufführung von Dekan Friedrich Hohenberger als Sprecher von der Kanzel aus vorgetragen, und zwar in der Fassung der Luther-Bibel von 2017.

Einmal mehr agierte die mit 60 Sängerinnen und Sängern üppig besetzte Kantorei bei den zwei großen Chören und den kommentierenden Chorälen wohlklingend homogen. Der Chor bewältigte die beiden Sätze eindrucksvoll. In den Chorälen glänzte der Klangkörper durch ausgewogene Dynamik und guter Textverständlichkeit. Perfekt ausbalanciert fügten sich da die einzelnen Stimmen ineinander. Dazu musizierte das Göttinger Barockorchester auf historischen Instrumenten zupackend und sensibel zugleich, aber immer stets präsent. Das Orchester setzt sich zusammen mit Musikern aus ganz Deutschland und darüber hinaus. Der Klangkörper wurde erst 1995 gegründet und hat sich längst einen festen Platz im Musikleben erspielt. Da auf historischen Instrumenten musiziert wurde, war genau bei der Hälfte eine längere Stimmpause notwendig. Die Continuo-Orgel spielte der Lichtenfelser Dekanatskantor Klaus Bormann.

Bei den Solisten sind besonders die beiden Damen, die Meininger Sopranistin Anna Gann und die Altistin Mechthild Seitz aus Kassel gefragt. Beide haben jeweils zwei Arien. Dazu gesellt sich der Tenor Florian Brauer, ebenfalls aus Kassel, mit seiner einzigen Arie „Mein Tröster ist nicht mehr bei mir“. Während die Damen zurückhaltend agieren und es manchmal ein wenig an der Textverständlichkeit hapert, verstärkt der Tenor sogar zusätzlich die Kantorei und reiht sich nach seiner Arie gleich wieder in den Chor ein.

Bachs fragmentarischer Markus-Passion zur Seite gestellt wurden zu Beginn sein großes Präludium und Fuge e-Moll (BWV 548) auf der Orgel gespielt von Christian Reitenspieß. Ein wenig unter ging das Klagelied für Sopran, Violine, Gamben und Basso continuo „Mit Fried und Freud ich fahr dahin“ von Dieterich Buxtehude. Das lag zum einen an der geradezu minimalistischen Besetzung, zum anderen an der geringen Textverständlichkeit der Sopranistin lag, obwohl sie die Verse im Wechsel mit dem Tenor sang.

Wie schon bei der Aufführung des Rutter-Requiems im November stellte Stadt- und Dekanatskantor Christian Reitenspieß auch diesmal wieder mit einem kleinen, aber feinen Werk seine kompositorischen Fähigkeiten vor.  Diesmal gab es mit dem Gesang „Fließt, ihr Augen, fließt von Tränen“ für Alt und zwei Gamben aus seiner Feder zeitgenössische Klänge und dazu eine Kulmbacher Erstaufführung.

Bild: Die Markus-Passion von Johann Sebastian Bach haben die Kulmbacher Kantorei und das Göttinger Barockorchester in der Petri-Kirche aufgeführt.

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25.03.2023

Romantik, Emotion und schräger Humor / „Phantom der Oper“ mit Deborah Sasson und Uwe Kröger in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Es ist ein Phänomen: Seit Jahren tourt das Musical „Das Phantom der Oper“ überaus erfolgreich durch die Lande. Es ist nicht die berühmte Version des britischen Komponisten Andrew Lloyd Webber, sondern die Version der US-amerikanischen Sopranistin Deborah Sasson mit den Texten des Münchner Sängers und Choreographen Jochen Sautter. Es liegt sicher an der Faszination des Stoffes, dass sich eine Produktion so lange halten kann und zum echten Dauerbrenner wird. 2014 war das Ganze schon einmal in Kulmbach zu sehen, am Wochenende kehrte das Team um Deborah Sasson zurück und sorgte einmal mehr für zweieinhalb Stunden beste Unterhaltung.

Viel Neues wurde seit 2014 in die Aufführung eingefügt, einiges wurde verändert. Da sind vor allem die technisch raffinierten 3-D-Projektionen, die traumhafte Bühnenbilder schaffen und der beleuchtungs-, wie tontechnische Aufwand, der für allerlei erstaunliche Effekte sorgt. 

Deborah Sasson ist der Dreh- und Angelpunkt der Produktion. Sie singt und spielt nicht nur die Hauptrolle der Christine, von ihr stammt auch die Musik, sie hat das Buch geschrieben und die künstlerische Gesamtleitung inne. Ihre Version ist nahe an der Romanvorlage von Gaston Leroux, enthält einige Opernzitate und lebt hauptsächlich von Romantik, Emotion und einer Prise schrägen Humors.

Das Besondere diesmal: Mit Uwe Kröger als Phantom hat Deborah Sasson Deutschlands Musicalstar Nummer 1 an ihrer Seite. Kaum ein Musical, in dem der vielseitige Sängerdarsteller noch nicht mitgewirkt hat. Klar, dass Uwe Kröger auch als Phantom mit Bühnenpräsenz, Stimme und Darstellung überzeugt und eine erstklassige Interpretation abgibt.

Die Geschichte des Phantoms ist die des Titelhelden Eric, der mit verunstaltetem Gesicht in den Gewölben der Pariser Oper lebt und das Haus in einen Ort des Schreckens verwandelt. Anders als im Musical von Andrew Lloyd Webber orientiert sich die vorliegende Version inhaltlich geschlossener an der Bestseller-Vorlage und stellt die Rivalität zwischen dem Phantom und dem Grafen Raoul um die Sängerin Christine in den Mittelpunkt.

Auch wenn die Textverständlichkeit aufgrund der technischen Verstärkung manchmal etwas leidet, so kam die Handlung dennoch absolut schlüssig und nachvollziehbar rüber. Für die vielen aufwändigen Projektionen, Licht- und Toneffekten zeigten sich der international gefeierte Multimedia-Künstler Daniel Stryjecki und der New Yorker Designer Michael Scott verantwortlich

Wenn die Aufführung auf jeden Fall einen Besuch wert war, dann sicherlich vor allem wegen der ausgezeichneten Mitwirkenden, allesamt langjährige Musical-Profis von den bedeutendsten europäischen Bühnen. Allen voran Deborah Sasson in der Hauptrolle der Christine. Sie hatte im Laufe ihrer fast 40-jährigen Deutschland-Karriere bereits den Grünen Hügel in Bayreuth erklommen und eine beispiellose Bühnen-, Platten- und TV-Karriere folgen lassen. Stimmlich wie darstellerisch überzeugt Deborah Sasson auch in der „Phantom“-Aufführung, zumal das Musical ohnehin immer ihr Schwerpunkt war.

In weiteren tragenden Rollen des großen Ensembles waren neben Uwe Kröger und Textdichter Jochen Sautter als leidenschaftlicher Graf Raoul, Ann Jennings als völlig überdrehte Carlotta mit echtem Hündchen im Arm, sowie Michael Fernbach und Sebastian Ciminski-Knille als rivalisierende Operndirektoren zu erleben. Die Rolle des geheimnisvollen Persers spielte und sang Guido Weber. Ihnen allen und den vielen anderen Darstellern merkte man in Spiel, Tanz und Gesang an, dass sie auf viele Jahre Bühnenerfahrung zurückblicken können.

Zu den Höhepunkten gehörten immer die Szenen, bei denen das Arrangement Zitate aus der großen Oper einfügt, die dann geschickt mit den modernen Songs verwoben werden. Da gab es ein von Deborah Sasson wundervoll gesungenes „O mio babbino caro“ von Giacomo Puccini, eine etwas verfremdete „Faust“-Arie von Charles Gounod, Giovanni Pergolesis „Se tu m' ami“ und am Ende sogar Giuseppe Verdis berühmtes Trinklied „Libiamo“. Die Zuschauer in der Dr.-Stammberger-Halle dankten am Ende nicht nur mit einem langen und herzlichen Applaus, sondern auch mit Jubel und Standing Ovations.

Bilder:
1. Deborah Sasson und Uwe Kröger im „Phantom der Oper“.
2.+3. Zu den Stärken des Kulmbacher „Phantom“ gehörten die großen Ensembleszenen, die sich mit den vielen Solonummern abwechselten.
4. Technisch raffinierte 3-D-Projektionen sorgten für traumhaft schöne Bilder.

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26.02.2023

Zauberhafte Klänge von der Grünen Insel / „Celtic Rhythm“ begeisterte Kulmbach und vermittelte authentisches irisches Lebensgefühl

Kulmbach. Mit „Lord of the dance“ und „Riverdance“ haben irische Tanzshows den Gipfel der Popularität erreicht. Die Faszination von pulsierenden Rhythmen, einprägsamen Klängen und perfektem Tanz hat bis heute nichts an seiner Faszination verloren. Mit „Celtic Rhythm“ gibt es das Ganze auch eine Nummer kleiner. Die gleichnamige Show gastierte am Sonntagabend im Rahmen eines Nachholtermins aus dem Vorjahr in der Dr.-Stammberger-Halle und hätte durchaus ein wenig mehr Zuspruch verdient gehabt. Nicht nur Irish Dance war geboten, sondern auch zwei Stunden lang exzellente Live-Musik von der Grünen Insel.

Zuallererst ist „Celtic Rhythm“ eine Show fürs Auge. Da geht es nicht darum, dass eine Geschichte erzählt wird, vielmehr soll das Lebensgefühl, die Tradition und die Stimmung Irlands vermittelt werden. Dafür sorgen ausgefeilte Choreographien, synchrone Tanzperfektion, wie man sie sonst nur von klassischen Ballettprofis kennt, und mitreißende Körperbeherrschung. Schweißtreibend ist das alles, es hat aber auch seinen ganz besonderen Zauber. Noch lange hätte man zusehen können.

Der Künstler, bei dem alle Fäden zusammenlaufen, heißt Andrew Vickers. Der Solotänzer und Choreograph ist der „Dance-Captain“ der fünfköpfigen Truppe. Die drei Tänzerinnen und zwei Tänzer haben teilweise schon im Alter von vier Jahren angefangen, zu tanzen. Auch eine Ausbildung im traditionellen irischen Tanz haben sie durchlaufen und gehören heute zur tänzerischen Elite Irlands. Andrew Vickers, der auch schon als Tänzer bei „Riverdance“ dabei war, hatte die Show zusammen mit dem deutschen Produzenten Wolfgang Bäumler von der Konzertagentur München geschaffen.

Das besondere an „Celtic Rhythm“ ist, dass die mitreißende Folk-Music nicht etwa vom Band kommt, sondern live auf der Bühne gespielt wird. Hohes Tempo, ein pulsierender Rhythmus und ständige dynamische Steigerungen machen die typisch irische Musik aus. Doch es gibt auch die ruhigen, zugegeben, manchmal nicht enden wollenden Balladen. Äußerst stimmungsvoll ist das alles, zumal auch die Musiker alle Meister ihres Instruments sind. Studiert haben sie an der Hochschule von Limerick, der einzige Universität weltweit, an der man dieses spezielle Musikgenre überhaut studieren kann.

Die Harmonika sorgt für die musikalischen Linien, die akustische Gitarre für die rhythmischen Riffs, die Geige für die mitreißenden Melodien und das E-Piano für die blitzenden Glanzpunkte. Damit bringen die vier Musiker das Lebensgefühl Irlands authentisch auf die Bühne, präsentieren sich immer wieder auch solo oder im Wettstreit gegeneinander. „Celtic Rhythm“ geht dabei ganz bewusst nicht in die großen Arenen, sondern viel lieber in kleiner Locations, damit die Zuschauer hautnah dabei sein können.

Alles in allem schafft es das erstklassige Ensemble durchaus, auch in Kulmbach für zwei Stunden irische Lebensfreude aufkommen zu lassen, denn auch hier hat der irische Tanz seine Fans. Man ahnt schon etwas von den alten irischen-keltischen Traditionen und erfreut sich an der Musik von der Grünen Insel, die über weite Strecken absoluten Ohrwurmcharakter hat. Wer in die Atmosphäre Irlands abtauchen wollte, der war in dieser Show genau richtig.

Bilder: „Dance-Captain“ Andrew Vickers und sein Ensemble brachten das Lebensgefühl von der Grünen Insel auf die Bühne der Dr.-Stammberger-Halle.

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14.02.2023

Die wilden Adler fliegen wieder / Eagles Tribute Band „Take it to the Limit“ begeisterte die Rockfans in der Freiheitshalle

Hof. Das Interesse an ihrer Musik ist ungebrochen: Die Eagles gelten als erfolgreichste Country-Rock-Band der Musikgeschichte. Mit der Band „Take it to the Limit“, so heißt auch einer der größten Eagles-Hits, hat sich eine zehnköpfige Formation aus Irland aufgemacht, das sonnige Lebensgefühl der 1970er Jahre wieder aufleben zu lassen und den Eagles Tribut zu zollen. Im gut gefüllten Festsaal der Freiheitshalle begeisterten sie am Dienstagabend beim vorletzten Konzert ihrer Deutschland-Tour auch die Hofer Rockfans.

„Take it tot he Limit“, das sind die irischen Brüder Paul, Des, Danny, Kieran, Tom, Ciaran und Simon Sheerin, die als The Sheerin Family in Irland längst eine Größe sind. Verstärkt werden sie durch die drei Gastmusiker und Sänger Johnny Brady, Simon Casey und Nigel Connell. Auch sie sind als Solokünstler regelmäßig in den irischen Charts vertreten. Sie alle zusammen schaffen es, den Eagles Sounds nahezu perfekt auf die Bühne zu bringen, vielleicht sogar ein wenig moderner, zeitgemäßer. Echter Eagles-Sound, das heißt: harmonisch präziser, mehrstimmiger Gesang auf der musikalischen Grundlage von Country-Musik, Folk, Bluegrass und Rockmusik.

Zehn Musiker auf der Bühne, das hat schon was, zumal überall Gitarren, Schlaginstrumente und ein außergewöhnliches Keyboard herumstehen und abwechselnd gespielt werden. Sogar ein Pedal Steel Guitar kommt zum Einsatz. Genauso üppig, wie das Equipment ist auch der Sound: laut, rockig, voll und stets perfekt. Kein Wunder, dass das Publikum von Anfang an begeistert mitgeht. Da wird im Takt geklatscht lautstark mitgesungen und bei „Lyin´ eyes“, dem Superhit aus dem Jahr 1975, vor der Bühne sogar richtig getanzt.

„Take It Easy", „New Kid In Town", „One Of These Nights “, noch immer erklingen sie überall, die Welthits, die fast jeder mitsingen kann und die auch „Take it to the Limit“ alle drauf haben. Die Eagles gelten als das Aushängeschild der amerikanischen Westcoast Musik. Sie zählen bis heute mit über 200 Millionen verkauften Tonträger, fünf Nummer-1-Hits in den amerikanischen Charts und sechs Nummer-1-Alben zu einer der erfolgreichsten Band des Landes. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis eine Tribut-Band all diese Songs wieder aufleben lässt, zumal die Eagles wirklich außergewöhnliche Erfolge hinsichtlich ihrer Plattenverkäufe, ihres Bekanntheitsgrades und der Zuschauerzahlen ihrer Konzerte erzielt hatten.

Don Henley und der 2016 verstorbene Glen Frey machten die echten Eagles aus. Beide waren die vollendeten Repräsentanten des Amerikas der siebziger Jahre. Ihr Vermächtnis lebt in der Interpretation von „Take it to the Limit“ weiter. Vor allem die lockere Kombination von Country und Rock bringt die Band glaubhaft rüber. Der Gesang könnte besser nicht sein und das Gitarrenprofil tritt klar in den Vordergrund. Auch die späteren Eagles mit ihrer klaren Melodieführung und den sanfteren Klängen kommen klar zum Tragen.

Überraschend und völlig unangekündigt gab es auch eine „Vorgruppe“, besser gesagt mit der Sängerin Cliona Hagan eine wunderbare Country-Sängerin aus Irland, die zusammen mit einem Gitarristen, ihrem Ehemann, Hits unter anderem von Linda Ronstadt und Dolly Parton („Jolene“) perfekt performte. Absolut stimmig war das, denn die echten Eagles waren vor ihrem großen Erfolg zumindest teilweise als Begleitband von Linda Ronstadt unterwegs.

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13.02.2023

Vom Barock bis in die Gegenwart / Konzert mit dem Kulmbacher Kammerorchester am 12 März in der Auferstehungskirche

Kulmbach. Nach langer Corona-bedingter Konzertpause lädt das Kulmbacher Kammerorchester endlich wieder zu einem Orchesterkonzert ein. „Wird auch Zeit, dass es mit der Konzerttätigkeit unseres Kulmbacher Kammerorchesters wieder so langsam los geht“, sagt Dirigent Thomas Grünke. Das Konzert findet am Sonntag, 12. März in der Kulmbacher Auferstehungskirche statt.

Lange Zeit hätten die musikbegeisterten Orchestermitglieder auf das gemeinsame Musizieren verzichten müssen. Sie konnten wie viele andere Ensembles auch, weder proben noch Konzerte geben. Ein erster Start war den Worten von Thomas Grünke zufolge die Mitwirkung am 1. Advent bei einem Weihnachtskonzert in der Trebgaster Kirche. Nun freue sich das Orchester, das sich aus engagierten Laienmusikern sowie Schülerinnen und Schülern der Kulmbacher Musikschule zusammensetzt, auf das erste reine Orchesterkonzert und lädt alle Musikinteressierten in die Auferstehungskirche ein.

Auf dem Programm stehen hauptsächlich Werke barocker Komponisten, wie etwa Antonio Vivaldis „Frühling“ aus den „Vier Jahreszeiten“ oder Arcangelo Corellis berühmter Variationsreihe „La Follia“. Damit setzt das Orchester einerseits einen Schwerpunkt bei Kompositionen aus dem 18. Jahrhundert, es wird aber auch musikalische Kontrapunkte aus der Gegenwart zu Gehör bringen, so etwa mit der reizvollen und mitreißenden Sinfonie von Nikolai Rakow, einem russischen Komponisten, dessen Werke sich durch spätromantische Harmonik und fließende Melodien auszeichnen.

Das Konzert des Kulmbacher Kammerorchesters findet am Sonntag, 12.03.2023 um 17 Uhr in der Kulmbacher Auferstehungskirche statt. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht.

Bild: Thomas Grünke wird das Konzert des Kulmbacher Kammerorchesters am 12. März in der Auferstehungskirche leiten.

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20.01.2023

Yesterday, Yellow Submarine und Yeah-Yeah-Yeah / Fab Four in Hof: Tribute-Show erweckte Aura der Pilzköpfe zum Leben

Hof. Nur wenigen ganz Großen der U-Musik des 20. Jahrhunderts wiederfährt das, was auch die klassische Musik ausmacht: sie werden interpretiert, nachgespielt, immer wieder aufgeführt. Bei Elvis Presley ist das so, bei Abba und natürlich bei den Beatles. Zahlreiche Ensembles touren um die Welt, um die Musik des britischen Quartetts am Leben zu halten und immer wieder neu aufzuführen. So auch „The London West End Beatles“, eine fabelhafte Revival-Band, die mit Ihrer Tribute Show „Yesterday“ am Freitag im Festsaal der Freiheitshalle gastierte.

Die Gruppe mit Musikern aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland gilt als eine der besten und beliebtesten Beatles-Coverbands. Das kommt natürlich nicht von ungefähr: Cyril Montreau aus Paris als John, Christophe Roussel aus Bordeaux als Ringo, Nick Bird aus London als Paul und Nils Stockmann aus Bielefeld als George kommen tatsächlich ganz nah an das Original heran, zumindest so, wie man sich einen Auftritt der Beatles heute vorstellt, denn die wenigsten dürften einen echten Beatles-Auftritt erlebt haben. Kreischende Mädels und zertrümmertes Mobiliar gibt es freilich nicht mehr, aber auch in Hof tanzt, klatscht und singt das begeisterte und überaus textsichere Publikum lautstark mit.

Akustisch kommen die vier absolut authentisch rüber, optisch zeigen sie eine verblüffende Ähnlichkeit zu ihren Vorbildern. Die vier Jungs von „The London West End Beatles“ haben John, Paul, George und Ringo genau studiert. Mimik und Gestik, Gesang und Bewegungen, alles stimmt bis ins kleinste Detail. Doch nicht nur das, die Band schafft es, das wahre Wesen der Künstler, die Stimmung der Zeit zu erfassen, und dies dem Publikum zu vermitteln. Sogar einen fünften Beatle gibt es mit Uwe Müller aus dem nordrhein-westfälischen Espelkamp. Er hält sich im Hintergrund, bedient die Keyboards und sorgt für die speziellen Sound-Effekte

Das Konzert war zweigeteilt, entsprechend der beiden bekannten Best-Of-Alben. Das Besondere an dem Auftritt war es dabei, dass nicht nur die Songs der ersten Beatles-LPs zu hören waren, sondern im zweiten Teil auch Stücke wie „Lucy in the sky with diamonds“ oder „Let it be“. Die späteren Lieder hatten die echten Beatles nie live auf der Bühne gespielt, denn ab Sommer 1966 gab es keine Tournee mehr. Für wahre Beatles-Fans kommt es deshalb einer Offenbarung gleich, wenn ausgerechnet diese Songs so echt, so gekonnt und so tief berührend live erklingen.

Doch auch ohne das „Spätwerk“: das Repertoire der Band war eine einzige Hitparade, live zu hören in der ersten Hälfte. Fast alle Nummer-Eins-Singles hatten die “London-West-End-Beatles” im Gepäck:  „She loves you“ als Opener, „A hard days night“, „Twist and shout”, „Can´t buy me love”, „You can drive my car” „Please, please me”, bis “ I want to hold your hand”. Die gesamten geradlinigen Yeah-Yeah-Yeah-Rock‘n‘Roll-Nummern eben, die das Publikum noch immer von den Sitzen reißen. Wie eine Schülerband stehen sie zunächst da, in eng sitzenden Anzügen der Zeit und rocken mächtig los. Sogar die unsterbliche Ballade „Yesterday“ bringt nick Bird solo auf die Bühne.

Nach der Pause dann die bunten Fantasiekostüme aus „Yellow Submarine“, und schließlich die „Peace- & Revolution“-Zeit mit einem weiß gekleidetem John Lennon mit Nickelbrille. „All you need is love“, „St. Peppers Lonely Hearts Club Band“, „Penny Lane“, „Obladi, Oblada“ bis Yellow Submarine“, lauten die Titel.

Allerdings wirkte der Sound zeitweise auch ein wenig übersteuert, die Stimmen dominierten manchmal zu sehr, doch dem Publikum gefielt der schroffe und raue Sound, der irgendwie zu den Pilzköpfen passt. Stehend wurde am Ende des über zweistündigen Power-Konzerts mit authentischer Technik, Instrumenten und Kostümen und ohne jeglichem „Schnick-Schnack“ mehrere Zugaben eingefordert.

Bilder: Absolut echt und authentisch: „The London West End Beatles“ im Festsaal der Freiheitshalle.

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13.01.2023

Kulmbacher Kulturallianz gegründet / Museen im Mönchshof und Kulmbacher Kleinkunst-Brettla gehen künftig gemeinsame Wege

Kulmbach. Neustart für das Kulmbacher Kleinkunst-Brettla: Nach dem Aus vor gut einem halben Jahr in den Räumlichkeiten in Untersteinach hat der Verein unter dem Dach der Museen im Kulmbacher Mönchshof eine neue Heimat gefunden. Brauereichef Markus Stodden, Helga Metzel, Geschäftsführerin der Museen, Manfred Spindler, Vorsitzender des Kleinkunst-Brettlas, Landrat Klaus Peter Söllner und viele weitere Beteiligte haben die neue Kulturallianz aus der Taufe gehoben. Nicht nur das, sie stellten bereits ein umfangreiches Programm mit Kleinkunst, Kabarett, Comedy und Musik für die kommenden Monate sowie die Planungen für den künftigen Mönchshof Kabarettpreis vor.

„Wir wollen alle gemeinsam hoch hinaus“, sagte Manfred Spindler, Vorsitzender des Kleinkunst-Brettlas. Augenzwinkerns meinte er damit nicht nur den 4. Stock des Mönchshofs, in dem die Kleinkunst-Veranstaltungen künftig stattfinden werden. Er sprach von einem „Glückstag für Kunst und Kultur“. Nach 25 Jahren gehe damit eine Reise zu Ende. „Wir sind da, wo wir immer hinwollten. Spindler sprach dabei nicht nur vom Mönchshof, sondern auch von der Stadt Kulmbach. Seit 1997 war die Spielstätte zunächst in Schwarzach, dann in Untersteinach, weil es in der Stadt keinen geeigneten Saal gegeben habe.

Das Kleinkunst-Brettla, früher Gaudi-Brettla, hatte sich während dieser Zeit zur größten Kleinkunstveranstaltung in Oberfranken entwickelt. Gäste waren beispielsweise die Altneihauser Feierwehrkapell´n, der Schauspieler Hannes Ringlstetter oder der Kabarettist Max Uthoff. Mit Corona sei dann „ein unendlicher Strudel nach unten“ gekommen, sagte Spindler. Der Verein habe auf der Kippe gestanden, der Saal in Untersteinach sei nicht mehr zu halten gewesen. „Wir sind brutal ausgebremst worden“, so der Vorsitzende. Umso größer sei die Freude, mit der Kulmbacher Brauerei und den Museen im Mönchshof starke Partner gefunden zu haben.

„Es gibt einen besseren Platz als den Mönchshof“, zeigte sich Markus Stodden, Sprecher des Vorstands der Kulmbacher Brauerei und der Museen im Mönchshof, überzeugt. „Ich freue mich auf eine erfolgreiche Zukunft unter dem Dach des Museums“, so der Brauereichef. Für ihn und die Brauerei sei es eine Herzensangelegenheit, sich im kulturellen Bereich zu engagieren, denn Kunst und Kultur seien identitätsstiftend und gemeinschaftsbildend. Stodden kündigte außerdem an, den 2014 gemeinsam ins Leben gerufenen Kleinkunst-Preis nach der Corona-Pause neu aufleben zu lassen: „Passend zur neuen Heimat des Kleinkunst-Brettlas werden nun die Mönchshof Brauspezialitäten an neuer Partner auftreten.“

Auch für Helga Metzel, Geschäftsführerin der Museen im Mönchshof, gehören Bierkultur und Kabarett unabdingbar zusammen. „Was lange währt wird endlich gut“, sagte sie. Gerade heute sei es wichtiger denn je zuvor, Begegnungsstätten für Menschen zu erhalten und Programme auszubauen: „Genau das schaffen wir bei Kultur unterm Dach auf unserer Museumsbühne.“

„Museen sind ein Ort der Kultur und der Kulinarik“, sagte Landrat Klaus Peter Söllner ebenfalls Vorstandsmitglied der Museen im Mönchshof. Deshalb sei es nur logisch, dass das Kleinkunst-Brettla seine neue Heimat im Mönchshof gefunden hat. Kunst und Kultur bezeichnete der Landrat aber auch als wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in der Genussregion. „Das Kleinkunst-Brettla ist eine Bereicherung für den Mönchshof als kulturelles Zentrum Kulmbachs.“

Das Programm für 2023 sieht folgende Veranstaltungen vor: 20.01.: „Das Eich“; 09.03: Holger Paetz mit seiner Fastenpredigt; 22.04.: eine Lesung mit Ernst Olbrich; im Juni (das genaue Datum steht noch nicht fest) wieder eine Lesung „Asterix auf Oberfränkisch“ Band 2, mit dem „Eich“; im September ein Auftritt des Plassenburg-Singkreises; 7. 10.: Lothar Groß; im Oktober die Austropop-Band Ö3; 11.11. Wolfgang Buck und im Dezember das „Grippenspiel“ mit Rüdiger Baumann. Für den 27. Januar 2024 ist dann das Finale des Mönchshof Kabarettpreises geplant.

Bild: Sie feierten den Neustart des Kulmbacher Kabarett-Brettlas (von links): Mönchshof-Produktmanagerin Claudia Kollerer, Uwe Bär und Lothar Groß vom Kleinkunst-Brettla, Landrat Klaus Peter Söllner, Brauereichef Markus Stodden, Manfred Spindler und Werner Fiedler vom Kleinkunst-Brettla, Geschäftsführerin Helga Metzel von den Museen im Mönchshof und Roland Jonak vom Kleinunst-Brettla.

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10.01.2023

Marschmusik, Mitternachtsblues und Melodien für Morricone / Jubel und Standing Ovations beim ersten Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach seit drei Jahren

Kulmbach. Drei Jahre lang mussten alle Musikfreunde bis zu diesem Konzert warten. Thomas Besand und die Stadtkapelle Kulmbach hatten zum traditionellen Neujahrskonzert geladen und die Stadthalle war seit langem wieder einmal ausverkauft. Es war aber auch kein gewöhnliches Konzert. Es war vielmehr das 30. Neujahrskonzert unter der Leitung von Thomas Besand, der seit 32 Jahren an der Spitze des renommierten Klangkörpers steht. Glücklicherweise hatte Corona keine Spuren hinterlassen und so präsentierten alle Beteiligten einen Abend der Superlative, der beinahe drei Stunden lang endlich wieder einmal konzertante Blasmusik in all ihren Facetten zeigte.

Die vielen Fans aus nah und fern wissen es längst, beim Neujahrskonzert der Stadtkapelle reicht das Programm von klassisch bis populär, von ernst bis heiter, es gibt Bekanntes und Unbekanntes, aber alles stets anspruchsvoll und auf höchstem Niveau, auswendig dirigiert von Thomas Besand. Dieses Konzert macht einfach Freude und gute Laune, besser kann man nicht auf das Neue Jahr einstimmen.

Zu den Klassikern für sinfonisches Blasorchester zählten beispielsweise die Ouvertüre zu Franz von Suppes Operette „Banditenstreiche“ oder Karl Komzaks Konzertwalzer „Münchner-Kindl“. Unter den Händen von Thomas Besand wird daraus ganz große Musik. Die Arrangement für Blasorchester stehen der Partitur für großes Orchester in nichts nach und so sind es vor allem die Übergänge, die gekonnt bewältigt werden müssen, für die Stadtkapelle kein Problem. Im Rhythmischen wie im Melodischen stimmt einfach alles. Auch beim großen Potpourri mit Melodien aus Opern Giuseppe Verdis von Aida bis La Traviata. Thomas Besand und seine Musiker setzen dabei nicht nur auf Knalleffekt und Gimmicks, sondern suchen Farben, gestalten schön schwingende Legato-Bögen und spielen einfach blitzsauber.

Was wäre ein Blasmusikkonzert ohne die für diesen Klangkörper so typischen Marschkompositionen. Und so durften auch diesmal traditionelle Konzertmärsche, wie der berühmten Schönfeld-Marsch von Carl Michael Ziehrer gleich zu Beginn, die „Admiralsflagge“ von Julius Fucik oder der wiederentdeckte „Textilaku-Marsch“, der „Marsch der Textilarbeiter“ von Karol Padivy nicht fehlen.

Bei der Stadtkapelle haben immer auch modernen Stücke ihren festen Platz. So gab es diesmal wieder ein Arrangement von Filmmelodien aus der Feder des italienischen Komponisten Ennio Morricone. Mit den schütteren, ganz auf ihre melodisch feine Essenz reduzierten Akkorden werden die Bilder aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ vor dem inneren Auge sichtbar, so eindrucksvoll und bis ins kleinste Detail ausgefeilt erklingt das alles, zumal Elke Höhn ihren wunderbaren Sopran dazu erklingen lässt. Heiter und humorvoll geht es dagegen beim witzig musizierten Medley mit den Hits der Comedian Harmonists zu.

Unter den Solisten ragte Elke Höhn besonders heraus, die nicht etwa „ihr“ Instrument, die Querflöte spielte, sondern als Sängerin versiert mit dem Titelsong „As time goes by“ aus dem Film „Casablanca“ auftrat. Während sie ihre Sopranstimme erhebt, wandelt sich Thomas Besand derweil vom Dirigenten zum Bandleader und die Musiker stellen einmal mehr ihr breites Können unter Beweis. Dann greift Besand selbst zum Mikrofon und singt die Sinatra-Songs „New York, New York“ und „Something stupid“ mit Elke Höhn im Duett.

Zu den altbewährten Solisten gehört der Trompeter Wolfgang Diehm. „Sein“ Mitternachtsblues von Franz Grothe ist immer ein Hinhörer. Stadtkapellen-Urgestein Roland Schaller gab den „Klarinetten-Express“ von Harald Kolasch zum Besten und Werner Kurzhals die stimmungsvolle Romanze für Tenorhorn von Pavel Stanek. Absolut exakt spielen die beiden, routiniert und überaus professionell die technisch alles andere als einfachen, aber seht wirkungsvollen Kompositionen.

Kurzweilig und kenntnisreich führte einmal mehr Karl Heinrich Backert durch den Abend. Er sorgt damit humorvoll und sympathisch für die notwendigen Verschnaufpausen für alle Musiker zwischen den Stücken. Am Ende wird er zum Ehrenmitglied ernannt. Fast 50 Jahre ist er schon Mitglied der Stadtkapelle, 40 Jahre spielte er das Schlagzeug, 25 Jahre lang gehört er der Vorstandschaft an und seit über 20 Jahren tritt er als Moderator auf.

Zwei Zugaben hatte Thomas Besand seinen Musikern auf die Pulte gelegt: den Götterfunken-Marsch von Wilhelm Ruhmohr und den Radetzky-Marsch von Johann Strauss Vater.

Bilder:
1. Die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand bei ihrem traditionellen Neujahrskonzert in der Stadthalle.
2. Showtime: Elke Höhn und Dirigent Thomas Besand als Gesangssolistin mit dem Duo „Something stupid“.
3. Urgestein der Stadtkapelle: Wolfgang Diehm als Trompetensolist mit dem Mitternachtsblues.
4. Zylinder und Klarinette: Roland Schaller gab den flotten Klarinetten-Express zum Besten.

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04.01.2023

Klassik-Hits und musikalische Pretiosen / Umjubeltes Neujahrskonzert der Hofer Symphoniker

Kulmbach. Auch in der Musik werden gerne Klischees gepflegt. Derart rauschende Ballnächte mit Verwechslungen, beschwipsten Protagonisten und erwachenden dunklen Leidenschaften, wie sie in der Ankündigung beschrieben werden, gibt es wohl nur noch in einschlägigen Operetten. Zum Glück, wie es die Hofer Symphoniker bei ihren Neujahrskonzert am Mittwochabend in der Stadthalle eindrucksvoll unter Beweis stellten, denn dieses Konzert machte so richtig Laune. Unter der Leitung des Dirigenten Enrico Delamboye zündeten die Symphoniker zum Auftakt ihrer Neujahrskonzerte in der Region ein musikalisches Feuerwerk mit den allseits bekannten Hits der Klassik, von Kalmans Csardasfürstin über Ziehrers „Faschingskinder“-Walzer bis Frederick Loewes „My fair Lady“. Da durfte die Barcarole aus Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ genauso wenig fehlen, wie die „Maskenball-Quadrille“ von Johann Strauss. Allen Beteiligten auf der Bühne hat es ganz offensichtlich genauso viel Spaß gemacht, wie dem Publikum, das endlich wieder einmal in größerer Zahl gekommen war.

Es war ein in jeder Hinsicht ungewöhnliches Neujahrskonzert: Eine Sängerin aus Kalifornien, die andere aus Polen, der Dirigent ein Niederländer und das Orchester aus Nordbayern. Dazu erst das vierte Stück ein Walzer, und der nicht einmal von Johann Strauss. Der Walzerkönig kam erst im zweiten Teil vor, allerdings mit einer Quadrille. All das war aber ganz nach dem Geschmack des Publikums, das am Ende die Musiker erst nach der dritten Zugabe (nicht der Radetzky-Marsch, sondern Offenbachs „Cancan“) von der Bühne lassen wollte.

Man wundert sich sowieso, warum der Niederländer Dirigent Enrico Delamboye (45) nicht längst in der ersten Reihe der Dirigenten zu finden ist. So, wie er das Orchester mitreißt, wie er noch so winzige Details gekonnt ausfeilt und wie er sämtliche dynamischen Differenzierungen auf das Sorgsamste ausbalanciert. Enrico Delamboye, der sich für die witzig-satirische Gershwin-Komposition mit dem Titel „Blag, Blah, Blah“ sogar das Arrangement ausgedacht hatte, begeisterte bereits bei dem ungewöhnlichen Konzert „Klassik am Eisteich“ im Juli des vergangenen Jahres im Hofer Eisstadion das Publikum.

Natürlich darf bei keinem Neujahrskonzert die Musik von Johann Strauss fehlen. Sie steht wie kaum eine andere für populäre musikalische Pretiosen. Die Hofer Symphoniker präsentierten Strauss mit der eigenwilligen „Maskenball-Quadrille“. Wo Johann Strauss drin steckt, da ist Jacques Offenbach nicht weit. Die Barcarole aus der Oper „Hoffmanns Erzählungen“ ist so ein unverwüstliche Offenbach-Schlager, der schon aufgrund der beiden herausragenden Sopranistinnen Juliana Zara und Justyna Olow nicht fehlen darf. Da springt der Theaterfunke schnell über.

Ein Komponist, der zu Unrecht komplett unterschätzt wird, ist Paul Abraham. Aus seinen Operetten „Die Blume von Hawaii“ und „Ball im Savoy“ gaben die beiden Sängerinnen zwei Revue-Nummern zum Besten. Am Ende dann der Sprung über den großen Teich hin zu George Gershwin, zuvor Musical-Hits aus „My fair Lady“. Präsentes Schlagwerk und schneidendes Blech versetzen den Hörer mühelos in die swingende Atmosphäre der „Golden Twenties“. Mit feurigem Temperament rauschen die spielfreudigen Musiker durch die Partitur, während der Zuhörer entspannt zurücklehnen kann.

Die in München beheimatete und aus den USA stammende Koloratur-Sopranistin Juliana Zara konnte vor allem durch Spitzentöne überzeugen. Mit Präzision, einer elektrisierenden Laszivität und sehr guter Textverständlichkeit kann sie mit einer Leichtigkeit auch in der nuancenreichen Textausdeutung ihre gesangstechnische Überlegenheit bis in die brillanten Koloraturhöhen ausspielen. Ein weiterer Glücksfall war die polnische Mezzosopranistin Justyna Ołow, die dem Jungen Ensemble der Dresdner Semperoper angehört. Sie verlieh mit ihrem facettenreich-dunklen Timbre etwa in dem Lied aus der Csardasfürstin die notwendige Tiefe.

Bilder: Unter dem Dirigenten Enrico Delamboye musizierten die Hofer Symphoniker zusammen mit den beiden Sopranistinnen Juliana Zara und Justyna Olow in der Stadthalle.

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30.12.2022

Emotionalität, Religiosität und pure Lebensfreude / „Original USA Gospel Singers & Band“ gastierten am Tag vor Silvester im nahezu ausverkauften Festsaal der Freiheitshalle

 

Hof. Kirchenmusik hat viele Facetten. Eine der weltweit populärsten ist die Gospelmusik. Ihr Ziel ist es, die gute Nachricht zu verkünden, die gute Nachricht des Evangeliums. Mahalia Jackson ist damit weltbekannt geworden, sogar Elvis Presley hat Gospelplatten aufgenommen. Selbst Popstars wie Whitney Houston haben immer wieder Anleihen aus der Gospelmusik genommen. Mit den „Original USA Gospel Singers“ gastierte am Freitag eine Formation in der Freiheitshalle, die auf über 25 Jahre Tourneeerfahrung, und auf weltweit über eine Million Besucher verweisen kann.

Das siebenköpfige Ensemble setzte sich zusammen aus fünf hervorragenden Solisten und aus zwei fantastischen Musikern. Da Gospel auch immer Show bedeutet, hatten die Veranstalter eine große Licht- und Bühnenshow mitgebracht. Angedeutete Bühnenbilder werden auf die Rückwand projiziert, von denen eine stimmungsvolle Atmosphäre ausgeht. Kopf der Gruppe ist der Musiker Julius Rechner, der als hervorragender Keyboarder die Gruppe zusammenhält. Er wird unterstützt von Bernard Flegar am Schlagzeug.

Die „Original USA Gospel Singers“ mit den drei Sängerinnen Eboni Muse, Jeane Cummins und Millie Gibson sowie den beiden Sängern Andre Caston und dem Bariton Angelo Whitehead schafften es spielend, das ursprüngliche Gefühl der schwarzen Gospelkultur authentisch nahe zu bringen: schwungvoll, atemberaubend und mitreißend. Vor allem die Gospelstandards und –traditionals, wie „Oh happy day“, „Nobody knows“ oder „Motherless child“, erklangen manchmal auch etwa ungewohnt, weil jazzig angehaucht, aber stets perfekt.

Emotionalität, Religiosität und pure Lebensfreude dringen auch bei allen anderen Titeln, wie „Amazing grace“, begleitet von zwei Friedenstauben im Hintergrund, „Go down Moses“ oder „Rock my soul““ durch. Immer wieder übernehmen einzelne Akteure der afro-amerikanischen Gruppe stimmlich grandios solistische Aufgaben, manchmal werden die Übergänge von einem zum anderen Titel in kleine Geschichten über die Hintergründe der Gospelmusik verpackt. Georg Friedrich Händels „Halleluja“ hat man jedenfalls nie zuvor so schwungvoll und poppig gehört, wie von den USA Gospel Singers. Verbunden mit den besten Neujahrswünschen des Ensembles erklingt auch der Weihnachtsklassiker „Stille Nacht“, a-cappella und teilweise sogar auf Deutsch gesungen.

Ziel jeder Vorstellung der „Original USA Gospel Singers“ soll es trotz aller Kommerzialisierung sein, Menschen durch die immense spirituelle Kraft der Musik einander näher zu bringen. Dazu gehört natürlich auch die aktive Teilnahme des Publikums, das nicht lange zum Mitmachen animiert werden muss und das von Anfang an begeistert mitklatscht, mitsingt und mittanzt. Eine Zugabe gibt es nach der rund zweistündigen Show und dem stürmisch applaudierenden Publikum fällt es bei aller Begeisterung schwer, die Akteure von der Bühne zu lassen,

Bilder: Mit den „Original USA Gospel Singers“ gastierte am Tag vor Sivester eine der weltweit populärsten Gospelgruppen im Festsaal der Freiheitshalle.

 

 

 

 

 

  

   

 

 

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20.12.2022

Bach, böhmische Volkslieder und Big-Band-Sound / Spektakuläres Weihnachtskonzert des Johann-Christian-Reinhart-Gymnasiums in der St.-Michaelis-Kirche

Hof. Schulkonzerte haben ihre eigenen Gesetze. Da haben endlich einmal alle Schüler Gelegenheit, sich und ihr Können außerhalb der Schule einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, auch wenn die Umbaupausen manchmal länger dauern, als die darauffolgende Darbietung. Wenn das Konzert allerdings auf einem derart hohen Niveau stattfindet, wie am Dienstagabend das Weihnachtskonzert des Johann-Christian-Reinhart-Gymnasium, dann wartet man gerne ein wenig länger.

Am JCRG war es nach drei Jahren Corona-Pause endlich wieder Zeit für ein echtes Weihnachtskonzert. Ein Abend, bei dem die St.-Michaelis-Kirche so richtig gut gefüllt ist, sogar auf den Emporen. Das war Ansporn genug, und so zeigten sämtliche Ensembles vom Unterstufen- bis zum Oberstufenchor, vom Gitarrenkreis bis zum Kammermusikensemble und von der Red-Big-Band bis zum Chor des tschechischen Partnergymnasiums Ostrov ihr Können und stimmten auf das Fest ein.

Schnell wurde klar, welche herausragende Rolle am JCRG die Musik spielt. Zu verdanken ist dies sicherlich den beiden überaus engagierten Musiklehrern Martin Hauke und Johannes Müller. Sie haben es ganz offensichtlich geschafft, die Schüler der unterschiedlichsten Klassen zu motivieren und ihnen die Freude an der Musik zu vermitteln. Martin Hauke und Johannes Müller leiteten die Ensembles abwechselnd mit großem Engagement und spürbarer Hingabe zur Musik.

Programmatisch hatten die Verantwortlichen naturgemäß vor allem Weihnachtliches in allen denkbaren Facetten ausgesucht. Nicht unbedingt das Bekannteste, das ohnehin überall zu hören ist, sondern auch gerne mal außergewöhnliches oder bekanntes in unbekannten Arrangements. Da gab es beispielsweise „Marys Boy Child“ auf Deutsch. „Denn es ist Weihnachtszeit“ sang die Klasse 5d, begleitet von verschiedenen Instrumentalisten. Der Unterstufenchor glänzte mit „Salvator Mundi“, einer Komposition des zeitgenössischen französischen Komponisten Jacques Berthier oder der Oberstufenchor mit einem überaus gelungenen „Jesus bleibt meine Freude“ von Johann Sebastian Bach.

Klar, dass auch bekanntes, wie das unvermeidliche „Halleluja“ von Leonard Cohen, ohne das mittlerweile kein Weihnachtskonzert mehr auszukommen scheint, nicht fehlen darf. Einen echten Glanzpunkt setzte die Red Big Band mit jazzig swingenden Weisen im besten Big-Band-Sound unter anderem mit einem Jazzy-Merry-Christmas-Medley inklusive „Jingle Bells“ zum Mitklatschen.

Den größten Applaus bekamen Chor und Instrumentalkreis des tschechischen Partnergymnasiums Ostrov/Schlackenwerth unter der Leitung von Libor Velicka. Der relativ kleine Chor hatte die Besonderheit, dass immer einzelne Mitglieder solistische Aufgaben übernahmen. Zur Aufführung kamen böhmische Volkslieder in modernem Gewand. Perfekt dargeboten wurde der mehrstimmige Weihnachtskanon „Gloria“ und beim mährischen Volkslied „Hej hej koleda“ wurde zwischen den Versen gerappt. Mit „Mamma Mia“ hatte sich in das Programm des tschechischen Chores sogar ein Abba-Song geschmuggelt. Die tschechische Partnerschule veranstaltete tags zuvor ihr Weihnachtskonzert, aufgrund des Eisregens hatte das JCRG seinen Besuch allerdings kurzerhand absagen müssen.

Fast ein wenig zu kurz kam das kunstvolle Musizieren des Gitarrenkreises unter anderem mit der weihnachtlichen Volksweise „Es hat sich halt eröffnet“ und einem echten Landler, dem „Bauerbacher Landler“. Ein Menuett von Wolfgang Amadeus Mozart gab das Kammermusikensemble zum Besten und am Schluss sangen alle zusammen mit dem Publikum das bekannt Weihnachtslied „Hört, der Engel helle Lieder“.

Schulleiter Michael Wagner hatte gleich zu Beginn seiner Freude Ausdruck verliehen, dass nach drei Jahren Pause endlich wieder ein echtes Weihnachtskonzert in der St.-Michaelis-Kirche stattfinden kann. Er sprach vom „Höhepunkt des Schuljahres“, nicht nur für die Ausführenden, sondern für die gesamte Schulfamilie.

Bilder:
1.
 Der Unterstufenchor hatte das Weihnachtskonzert des Johann-Christian-Reinhart-Gymnasiums eröffnet.
2.
 Großen Applaus erntete die Red-Big-Band für ihre jazzigen und swingenden Klänge.
3.
Mittelstufenchor und Oberstufenchor sangen beim JCRG-Weihnachtskonzert zusammen unter anderem das berühmte „Halleluja“ von Leonard Cohen.

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17.12.2022

Mitreißendes musikalisches Glaubensbekenntnis / Weihnachtskonzert mit Joy in Belief in der Lutherkirche

Hof. Emotionale Kirchenmusik zum Lob Gottes, das ist Gospel. Es ist aber auch immer ein bisschen Entertainment dabei. Genau darin liegt das Geheimnis des Erfolges dieser musikalischen Gattung. Für Joy in Belief, dem Gospel-Chor, der seinen Ursprung in Hof hat, sind die Weihnachtskonzerte in der Lutherkirche schon seit vielen Jahren eine schöne Tradition. Nach Kulmbach und Eckersdorf standen die beiden Konzerte am Wochenende auf dem Programm und bescherten dem Chor zwei Mal ein vollbesetztes Gotteshaus, was in diesen Zeiten nicht selbstverständlich ist

Joy in Belief unter der Leitung von Gründerin und Frontfrau Marina Seidel aus Gefrees ist weit über die Region hinaus bekannt für seine bunte Mischung aus modernen und traditionellen Gospels, Jubilees und Spirituals sowie mitreißenden Pop-Songs und jazzigen Arrangements. Mit den gewählten Sätzen und den verschiedenen Solisten aus dem Chor heraus wird schnell der Zugang zum Publikum gefunden. Kein Wunder, dass der Funke auch diesmal sofort wieder überspringt. Die Zuhörer klatschten, sangen und tanzen nicht nur einmal mit.

Bei Joy in Belief ist der Name Programm. 22 Jahre Chorgeschichte, weit über 400 Konzerte und fünf CDs sprechen für sich. Die exakt 18 Sängerinnen und vier Sänger wollen dem Publikum ihre Freude am Glauben vermitteln. Das ist das Motto des Klangkörpers. Vielleicht ist es auch das Erfolgsgeheimnis der Sparte überhaupt, denn es ist schon eine eigene und dennoch wohl die populärsten Facette des geistlichen Musikschaffens. Verkündung auf sympathische Art und Weise, ohne Druck, aber mit viel Spaß.

Musikalisch kamen die Zuhörer in der Lutherkirche jedenfalls voll auf ihre Kosten. Die professionell agierenden Sängerinnen und Sänger zauberten eine beeindruckend fröhliche Atmosphäre in das Gotteshaus. Über drei Stunden lang boten sie eine bunte und erfrischende musikalische Mischung aus altbekannten Gospelstandards, zeitgenössischen, modernen Klänge, swingende Liedern und beliebten Spirituals.

Natürlich gab es die weltbekannten und zeitlosen Traditionals wie „Amazing grace“, a-cappella gesungen, oder „Oh happy day“ verpackt in einem mitreißendem Medley, bei dem es niemand mehr auf seinem Sitz hielt. Das sind geistliche Lieder, die längst zu Evergreens der Popmusik wurden. Joy in Belief können aber noch viel mehr. Deutsche Weihnachtslieder etwa, wie „Leise rieselt der Schnee“, oder „Maria durch ein Dornwald ging“, Schlager im besten Sinne, wie den Udo-Jürgens-Weihnachtssong „Es werde Licht“ oder „Rivers of Babylon“ und „Marys Boy Child“, bekannt geworden durch Boney M. Was auch immer der Chor singt, er zelebriert sein musikalisches Glaubensbekenntnis mit großer Überzeugung und viel Hingabe. Auch einige ungewöhnliche Lieder sind dabei: Bob Geldofs „Do they know it's Chrismas time“ oder „I will follow him“ aus „Sister Act“. Ganz spontan kam die 14-Jährige Anna auf die Bühne und sang spontan zusammen mit dem Chor eine phänomenale Version von Leonard Cohens „Halleluja“.

Joy in Belief agiert wunderbar homogen, mit ständig wechselnden solistischen Einlagen, mal A-cappella mit geklatschtem Rhythmus und stets dynamisch sorgsam ausbalanciert. Mal mit muskalischer Begleitung durch eine vierköpfige Band mit Günter Schmuck an den Keyboards, Gerd Roßberg an der Gitarre, Norbert Rösch am Bass und Stefan Luschner an den Drums

Was der Chor aber dringend braucht, sind neue Sängerinnen und Sänger. „Auch wir mussten uns dieses Jahr erst wieder neu finden“, sagt Marina Seidel, die unermüdlich für ihren Chor wirbt. Corona hat, wie bei fast allen Ensembles seine Spuren hinterlassen. Die Sänger stammen derzeit alle aus dem Raum Bayreuth, Hof und Nürnberg. Geprobt wird in Gefrees im Landkreis Bayreuth, dort ist die Chorleiterin auch zuhause. Beim nächsten Weihnachtskonzert soll der Chor auf jeden Fall wieder größer sein.

Bild: Joy in Belief beim Weihnachtskonzert in der Hofer Lutherkirche.

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15.12.2022

Witzige Weihnachten: Viva Voce und die Hofer Symphoniker stimmten ihr Publikum auf eine heiteres Fest ein

Hof. Eigentlich ist es ein Widerspruch: eine A-cappella-Band und ein Symphonieorchester. Der wahrscheinlich beste Beweis, dass beides doch zusammen passt, lieferten das A-cappella-Quartett Viva Voce und die Hofer Symphoniker unter Dirigentin Carolin Nordmeyer mit ihrer Weihnachtsshow „Stimmphonie“ am Donnerstagabend im Festsaal der Freiheitshalle.

Es war ein exklusives Konzert, denn mit genau diesem Programm und dieser Besetzung gastierte die schräge Boyband nur in Hof und nirgends anders. Der Festsaal war ausverkauft, es sollen sogar Wartelisten existiert haben. So hatte man das lange nicht mehr erlebt. Zu oft sind die Reihen während der zurückliegenden Kulturveranstaltungen leer geblieben. Nicht bei Viva Voce und den Hofer Symphonikern.

Wer die Gruppe kennt, der weiß, dass David Lugert, Heiko Benjes, Basti Hupfer und Andi Kuch weder für betuliche und betroffenheitsschwere Weihnachtslieder, noch für geheuchelten Happy-X-Mas-Kitsch steht. Wenn schon Klamauk dann richtig, wenn schon Kitsch, dann zu 100 Prozent und wenn schon Weihnachtslieder, dann swingend, poppig und soulig.

Für viel mehr als nur für den richtigen Rahmen sorgen dabei die Hofer Symphoniker, die gekonnt mitswingen, die den witzigen Songs die manchmal dann doch nötige Schwere geben und die den richtigen Wohlfühlsound schaffen. Dirigentin Carolin Nordmeyer sorgt schon dafür, dass beide zusammenfinden, die vier Solisten von Viva Voce und die Symphoniker in Großbesetzung. Unter der Stabführung der aus Freiburg stammenden Dirigentin werden sie eins, so als hätte Viva Voce nie anders, als mit dem Orchester zusammen musiziert. 

Zum exklusiv zusammengestellten Programm gehörten Songs aus dem Showprogramm mit dem Titel „Glücksbringer“. Glück kann man immer brauchen, erst recht zu Weihnachten. Dazu gehörten aber auch die Viva-Voce-Weihnachtsklassiker wie „Frosty, der Schneemann“, „Maria durch ein Dornwald ging“ oder „Wir schenken uns nix“. Meist mit einem Augenzwinkern, meist mit eigenwilligem Arrangement, aber immer faszinierend. Als eine Art Running Gag mussten Doris und Gerhard aus Bayreuth in der ersten Reihe herhalten, sie wurden dafür aber auch mit der neuen CD belohnt.

Da gibt es tiefschürfendes wie „Die Gedanken sind frei“, den Corona-Song „Halt mer zam“, eine witzige Lesung „Weihnachtsmann versus Christkind“, ein Liebeslieder-Medley mit allerhand Showeinlagen, oder Leonard Cohens berühmtes „Halleluja“. Alles abwechselnd mal mit Orchester, mal a-cappella. Bei den Zugaben drehen dann alle beteiligten noch einmal so richtig auf. Erst spielen die Hofer Symphoniker alleine Leroy Andersons Schlittenfahrt, dann folgt „Jingle Bells“ a-cappella, ehe der Abend ganz und gar unbesinnlich mit einem Beatles-Medley endet. Das Publikum steht mittlerweile und will nicht aufhören, rhythmisch zu klatschen. Wie lange gab es das nicht mehr.

Bei allem Klamauk: was Viva Voce und die Musiker der Hofer Symphoniker da auf die weihnachtliche Bühne zauberten, ist Unterhaltungskunst auf höchstem Niveau. Beste Beherrschung der Stimmen, perfektes Zusammenspiel: Witz, Können, Entertainment in Bestform. Nicht umsonst hat es das einst in Ansbach entstandene Quartett mit über 2000 Live-Konzerten, 15 verschiedenen Programmen und 20 Alben längst zu bundesweiter Berühmtheit gebracht und ist regelmäßiger Gast bei einschlägigen TV-Shows vom „Adventsfest der 1000 Lichter“ bis zu „Fastnacht in Franken“, oder erst jetzt wieder zur BR-Sternstunden-Gala.

Bilder: Das „A-cappella-Quartett Viva Voce gastierte zusammen mit den Hofer Symphonikern unter Carolin Nordmeyer zum Wehnachtskonzert im Festsaal der Freiheitshalle.

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11.12.2022

Lyrisch, besinnlich und romantisch / Eindrucksvolles Weihnachtskonzert der Pegnitzer Kantorei in der St.-Bartholomäuskirche

Pegnitz. Den „Karneval der Tiere“ kennt man, vielleicht noch die Orgelsinfonie, das Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saens dagegen ist bis heute weitgehend unbekannt geblieben. Zu Unrecht, wie die Aufführung am Sonntag durch die Pegnitzer Kantorei unter Jörg Fuhr in der Bartholomäuskirche zeigte. Zwar ist das Oratorium mit einer Dauer von rund 35 Minuten nur so lang, wie gerade mal ein einziger Teil des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach. Doch es beinhaltet viele wunderbar innige und lyrische Passagen, mit denen der erst 23-Jährige französische Komponist Musikgeschichte geschrieben hat.

Natürlich hat auch der katholische Camille Saint-Saens Anleihen beim Lutheraner Johann Sebastian Bach genommen, wie etwa in der wiegenden Pastorale zu Beginn, doch im Grundton ist das Oratorium durch und durch ein Werk der Romantik. Der Einsatz der Harfe sowohl solistisch als auch mit Orchester oder in Kombination mit der Orgel verleiht dem Werk seinen besonderen klanglichen Reiz. Die Französin Claire Augier aus München bewältigte ihren Part mit Bravour, war sie doch die am meisten beschäftigte Musikerin in diesem Konzert und setzte mit ihrem glitzernden Passagenspiel echte Höhepunkte.

Im Mittelpunkt standen natürlich die Sängerinnen und Sänger der Pegnitzer Kantorei. Sowohl bei der textlichen Verständlichkeit als auch in der einheitlichen Tongestaltung vollbrachten sie, von Dekanatskantor Jörg Fuhr einstudiert, eine herausragende Leistung und traten nach der langen Corona-Pause wieder als homogener Klangkörper auf. Verstärkt wurde die Kantorei diesmal vom Kirchenchor Schlüsselfeld (Landkreis Bamberg). Die Texte selbst stammten aus der lateinischen Weihnachtsliturgie der katholischen Kirche

Für den Rahmen des Werkes sorgte eine relativ kleine kammermusikalische Besetzung mit Musikern der Vogtlandphilharmonie Greiz-Reichenbach. Ihnen gelang es hervorragend, mit den meist ruhigen Tempi und einer insgesamt eher zurückhaltende Dynamik eine besinnliche Grundstimmung zu schaffen. Mit den beiden pastoralen Sätzen zu Beginn und zum Ende des Werkes spannten die Musiker einen Bogen um das ganze Werk, der noch lange nachhallt. Bläser hat man dabei gar nicht vermisst, trompetenglänzende Festlichkeit auch nicht.

Trotz der kurzen Spieldauer setzt der Komponist auf fünf Gesangssolisten. Manuela Falk und Konstanze Miehlich-Fuhr brachten beide ihre wundervollen Sopranstimmen in großartiger Klarheit in Intonation und Deklamation zur Geltung. Die Altstimme von Bernadette Michaldo-Fuhr erklang warm timbriert, Tenor Stefan Schneider bildete besonders in den mittleren Tonlagen einen angenehm passenden Stimmklang und Martin Popp gab seiner Bassstimme verstärkt eine sonore Farbe. Gemeinsam bildeten sie ein einheitliches und überaus homogen klingendes Quintett.

Zuvor gab es die beiden Weihnachtslieder „Angels Carol“ und „Nativity Carol“ des zeitgenössischen Briten John Rutter. Beide Lieder intonierte die Kantorei nicht nur sauber, sondern verlieh ihnen auch den notwendigen Glanz. Wer die Klangwelt John Rutters instrumental erleben wollte, der hatte bei der sechssätzigen „Suite Lyrique“ Gelegenheit. Nur von Jens Fuhr an der kleinen Orgel begleitet, führte die Kantorei außerdem vier weihnachtliche Motteten von Francis Poulenc auf und präsentierte sich damit als fülliger Klangkörper, samtweich in den Mittellagen, solide in der Tiefe, wenn auch mit Anstrengung in den Höhen.

Sinn und Zweck des Konzertes sei es, die Gedanken und Gefühle auf das Weihnachtsfest einzustimmen, hatte Dekan Markus Rausch zu Beginn des Abends gesagt. Vor dem Hintergrund der vielen Sorgen, die das Weihnachtsfest auch diesmal wieder überlagerten, falle dies nicht leicht. Mit Musik könne man die Einstimmung aber sicher etwas leichter gestalten.

Bilder: Das Weihnachtsoratorium von Camille Saint Saens führte die Pegnitzer Kantorei unter der Leitung von Jörg Fuhr in der St. Bartholomäuskirche auf.

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08.12.2022

Mitternachtsblues und Münchner Kindl / Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach am 10. Januar – Vorverkauf gestartet

Kulmbach. Nach fast drei Jahren Corona-Zwangspause nimmt die Stadtkapelle Kulmbach Anfang 2023 endlich wieder ihre liebgewonnen Tradition der Neujahrskonzerte auf. Es ist nicht irgendein Konzert, das da am Dienstag, 10. Januar in der Dr.-Stammberger-Halle stattfindet, es ist das 30. Neujahrskonzert unter der Leitung des Dirigenten Thomas Besand. „Ich bin der Dinosaurier unter den Dirigenten“, sagt der 57-Jährige, der seit 32 Jahren der an der Spitze der Stadtkapelle steht.

Vor dem Hintergrund des kleinen Jubiläums möchten Thomas Besand und seine rund 40 Musiker im Alter zwischen 15 und 75 Jahren sowohl eine Rückschau halten und Höhepunkt aus den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten präsentieren, als auch mehreren herausragenden Solisten die Chance zum großen Auftritt geben. „Nicht nur neue Stücke stehen auf dem Programm, es wird auch ein Wiederhören geben mit Werken, die unter meiner Leitung immer wieder das Publikum unterhalten haben“, so Besand.

Zu den klassischen Stücken, die Thomas Besand seit September mit seinen Musikern einstudiert hat gehören unter anderem die Ouvertüre zu Franz von Suppes Operette „Banditenstreiche“ oder Karl Komzaks „Münchner-Kindl“-Walzer. Eine der modernen Stücke, das die Stadtkapelle aufführen wird, ist ein modernes Arrangement von Filmmelodien aus der Feder des italienischen Komponisten Ennio Morricone („Spiel mir das Lied vom Tod“). Und was wäre ein Neujahrskonzert ohne die traditionellen Konzertmärsche. Thomas Besand hat diesmal den berühmten Schönfeld-Marsch von Carl Michael Ziehrer

Eine der Solistinnen ist Elke Höhn, nicht an ihrem Instrument, der Querflöte, sondern als Sängerin in dem Titelsong „As time goes by“ aus dem Film „Casablanca“. Trompeter Wolfgang Diem wird einmal mehr den Mitternachtsblues von Franz Grothe intonieren, Stadtkapellen-Urgestein Roland Schaller den „Klarinetten-Express“ von Harald Kolasch und Werner Kurzhals die Romanze für Tenorhorn von Pavel Stanek. Die Moderation liegt einmal mehr in den bewährten Händen von Karl Heinrich Backert.

Das Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach findet am Dienstag, 10. Januar 2023 um 19.30 Uhr in der Kulmbacher Dr.-Stammberger-Halle statt. Karten gibt es ab sofort im Vorverkauf bei Toyota Autotechnik Hahn, Am Goldenen Feld 17 in Kulmbach, Telefon 09221/9750 zum Preis von 15 Euro. „Jetzt, wo alles teurer wird, haben wir den Eintrittspreis bewusst stabil gehalten, um möglichst vielen Musikfreunden die Möglichkeit des Konzertbesuchs zu ermöglichen“, sagt Thomas Besand. Restkarten wird es, so vorhanden noch an der Abendkasse geben.

Weitere Neujahrskonzerte der Stadtkapelle gibt es am Mittwoch, 4. Januar 2023 in der Frankenhalle in Naila und am Sonntag, 10. Januar um 15 Uhr im Meininger Hof in Saalfeld.

Bild: Nach der Corona-Zwangspause gibt es Anfang Januar endlich wieder das traditionelle Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand. Das letzte Neujahrskonzert der Stadtkapelle fand im Januar 2020 statt.

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07.12.2022

„Oh du schöne kitschige Weihnachtszeit“ / Die Show „A Musical Christmas“ gastierte in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Eine Musical-Show und stimmungsvolle Weihnachtslieder aus aller Welt: auf den ersten Blick scheint das nicht so recht zueinander zu passen. Das von der Agentur Reset Production aus Gera zusammengestellte internationale Ensemble schaffte diesen Spagat zwischen Show und Tradition allerdings nicht nur spielend, sondern begeisterte das Kulmbacher Publikum am Mittwochabend in der Stadthalle hellauf. Schade nur, dass diesmal so viele Plätze leer blieben.

Im ersten Teil also eine Art „Best of“. Das Publikum wurde dabei mit auf eine Reise von Argentinien („Evita“) über Paris (Les Miserables“) bis nach Wien („Elisabeth“) genommen. Die Choreographie, die von dem Briten Adam Morley stammt, hatte sich viel Mühe gegeben, eine abwechslungsreiche, farbenprächtige und fantasievolle Show auf die Beine zu stellen und sie wurden diesem Vorhaben größtenteils auch gerecht. Schöne Stimmen, bunte Kostüme und eine raffinierte Lichtregie mit modernen 3D-Projektionen lieferten beste Unterhaltung auf hohem Niveau. Auch das Publikum wurde mit einbezogen und durfte seine Gesangskünste unter Beweis stellen. Klar, die Musik kam vom Band, doch das tat der Stimmung keinen Abbruch. Ein bisschen mehr Tempo hätte die Show zumindest im ersten Teil schon vertragen.

Die Sängerinnen und Sänger waren jedenfalls durch die Bank gut, man merkte ihnen an, dass sie absolute Profis sind und noch jede Menge Spaß an der Sache haben. Einzelne hervorzuheben wäre unfair, sangen sie doch alle mal abwechselnd im gesamten Ensemble, mal übernahmen sie solistische Aufgaben. Außerdem sind es gerade die großen „Massenszenen“, die das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißen, etwas bei „One day more“ aus „Les Miserables“, beim Medley aus dem Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“, dem Abba-Schlager „Mamma Mia“ oder bei den Musicals von Andrew Lloyd Weber, dem ein ganzer Block gewidmet war. Trotzdem, Annika Henz aus Berlin, Farah Liss aus Berlin oder Rebecca Demmer aus Luxemburg, sowie Niklas Heinrichs aus Hamburg, Rian Wunderlin  aus London und Robin Zehbrunner aus der Schweiz, sie alle haben eine professionelle Gesangs- und Tanzausbildung hinter sich und bereits die eine oder andere Rolle an namhaften Bühnen übernommen. Dazu kamen je drei Tänzerinnen und Tänzer, die fast schon unermüdlich im Einsatz waren.

Die gleichen Akteure standen dann im zweiten Teil auf der Bühne und präsentierten „die schönsten Weihnachtslieder der Welt“. So weit entfernt von den Musical-Hits vor der Pause war das alles gar nicht. So konzentrierte sich die Show nicht unbedingt auf Traditionelles, sondern eher auf weihnachtliche Popsongs oder Lieder im modernen Sound. Von „Oh du Fröhliche“ und „Leise rieselt der Schnee“, über „White Christmas“ bis hin zu Whams „Last Christmas“ Mariah Careys „All I want for Christmas“ oder dem berühmten Coca-Cola-Weihnachtssong „Wonderful Dream“ reichte der weit gespannte Bogen weihnachtlicher Melodien in entsprechender Kulisse mit Kaminfeuer, Weihnachtsbaum, Schlitten, Teddybär und Geschenkpäckchen. Herrlich kitschig ist das alles, vielleicht ein wenig zu albern, aber auch einfallsreich, höchst professionell sowieso und vom Gesang her nahezu perfekt. Zum Ende der Show sangen alle gemeinsam zusammen mit dem Publikum das Lied der Lieder: „Stille Nacht“.

Bilder: Ausschnitte aus den bekanntesten Musicals und viele Weihnachtslieder waren am Mittwochabend in der Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach zu sehen und zu hören.

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02.12.2022

Energiesparen bei Kunst und Kultur: Kürzere Öffnungszeiten, weniger Licht, kältere Räume

Kulmbach. Nachdem die Corona-Krise den Kulturbetrieb weitgehend zum Erliegen und viele Kreative in existenzielle Notlagen gebracht hat, drohen mit steigenden Energiepreisen neue Herausforderungen für Kultureinrichtungen. Denn auch sie sind von der Gas- und Energiekrise und den steigenden Energiepreisen betroffen. Viele arbeiten schon länger daran, ihre Klimabilanzen zu verbessern. Mit Blick auf den Winter soll es jetzt darum gehen, kurzfristig weitere Einsparpotenziale zu ermitteln. Wie sieht es im Kulmbacher Land aus?

Plassenburg:

De Energiekrise mache sich natürlich auch bezüglich der Plassenburg bislang insbesondere im Hinblick auf die gestiegenen Kosten für Gas und Strom bemerkbar, sagt Ines Holzmüller Pressesprecherin der Bayerischen Schlösserverwaltung. Unabhängig von den derzeitigen Entwicklungen würden die Museumsräume nur mit dem konservatorisch notwendigen Minimum temperiert. „Wir verwenden für die Innenbeleuchtung grundsätzlich nur noch energiesparende LED-Lichter“, so Ines Holzmüller. Dies gelte zumindest für die von der Bayerischen Schlösserverwaltung bewirtschafteten Räume.

Insgesamt gehe die Bayerische Schlösserverwaltung mit ihrem größten Energieverbraucherposten, den Heizkosten, bereits außerordentlich sparsam um, denn die meisten Schlösser, Burgen und Residenzen würden im Winterhalbjahr aus konservatorischen Gründen nur sehr wenig und viele Räume gar nicht geheizt. Zudem würden in allen Sehenswürdigkeiten im Zuständigkeitsbereich der Schlösserverwaltung im Winterhabjahr generell kürzeren Öffnungszeiten gelten.

Stadthalle:

Auch bei der Stadt Kulmbach wird gespart. Wie Pressesprecher Jonas Gleich mitteilt, sei die Temperatur In allen städtischen Gebäuden auf 19 Grad verringert worden, so auch in der Bücherei oder der Dr.-Stammberger-Halle. In der Halle habe man durch den Einbau der neuen Heizungsanlage in diesem Jahr rund 20 Prozent Gas einsparen können. Auch die Installation der neuen Photovoltaikanalage auf dem Dach der Halle habe es ermöglicht, dass zusammen mit dem Wasserkraftwerk Eichenmühle rund 90 Prozent der benötigten Energie regenerativ erzeugt werde. Eine Weitergabe der erhöhten Energiekosten an die Veranstalter habe der Betriebsausschuss des Tourismus und Veranstaltungsservice abgelehnt, folglich gebe es auch keine Preissteigerungen für die Mieter der Halle.

Verkürzungen der Öffnungszeiten im kulturellen Bereich sind nach den Worten von Jonas Gleich nicht geplant. Obwohl die Stadt Kulmbach aufgrund der derzeitigen Umstände ebenfalls knapp bei Kasse ist, sei es Oberbürgermeister Ingo Lehmann wichtig gewesen, dass auch in diesem Jahr die Kultur- und Sportvereine mit einer finanziellen Aufwendung am Ende des Jahres unterstützt werden. Die Vereine würden in Kürze von der Stadt kontaktiert.

Dampflokmuseum:

„Wir versuchen selbstverständlich den Anforderungen der Energieeinsparung entsprechend nachzukommen, schon aus reinem Eigennutz“, sagt Rüdiger Köhler, Geschäftsführer des Zweckverbandes Deutsches Dampflokomotivmuseum Neuenmarkt. Gewisse Einschränkungen werde es geben. Dazu gehört, dass das Museum ab 5. Dezember zunächst befristet bis Ende Februar jeweils dienstags und mittwochs für Einzelbesucher geschlossen hat. Montag sei ja ohnehin geschlossen. Die Wintermonate seien sowieso die besucherarmen Monate, sagt der Geschäftsführer. Lediglich in den bayerischen Weihnachtsferien soll es normale Öffnungszeiten geben und für Gruppen stehe das DDM nach Voranmeldung ebenfalls offen.

Weitere Einschränkungen sind derzeit nicht geplant. Heizkosten seien im Museum nicht unbedingt der größte Faktor, da die Hallen ohnehin nicht beheizt würden, lediglich der normale Servicebereich. Die Beleuchtung sei ohnehin schon komplett auf LED umgestellt worden. „Nachdem wir ein öffentliches Museum sind verzichten wir nachts auch auf die entsprechende Außenbeleuchtung“, so Rüdiger Köhler. Diese Maßnahme sei vorerst bis Ende März befristet.

Töpfermuseum:

Energiekosten sind auch für ein gemeindlich finanziertes Museum wie dem Töpfermuseum nicht erst seit diesem Jahr ein Thema, so Sandra Peters, die Leiterin des Thurnauer Töpfermuseums. „Wir haben daher schon mit dem Umbau des Museums 2014 die Beleuchtung und Heizung energiesparend umgerüstet“. Die Öffnungszeiten seien seit Gründung des Museums, auch aus Energiespargründen, im Winter auf die Wochenenden beschränkt. Im Januar und Februar sei das Museum komplett geschlossen. „Ich denke daher, dass wir ganz gut aufgestellt sind“, sagt die Museumschefin. Weitere Einschränkungen seien derzeit nicht geplant.

Kunstgalerien:

Auch Kunstgalerien sind von den hohen Energiekosten betroffen. „Das Thema Energie belastet uns ja alle sehr“, sagt Marion Kotyba, die im Oberhacken eine eigene Galerie betreibt. Um Energie einzusparen wird die Raumtemperatur dort drastisch reduziert. „Da im Winter die Besucher sowieso mit Jacken den Ausstellungsraum betreten, dürfte dies nicht groß auffallen“, sagt Marion Kotyba. Einschränkungen bei den Öffnungszeiten werde es aber nicht geben, jedoch werde die Beleuchtung der Schaufenster um eine Stunde verkürzt.

Nachdem sich in der Kunstgalerie sehr alte und ineffiziente Gasöfen befinden, sollen sie im Winter nur auf Minimum laufen. „Der Bereich, in dem sich mein Atelier befindet werde ich in diesem Jahr mit einem Keramikheizlüfter beheizen. So kann ich gezielt den Bereich heizen und die Gaspreiserhöhung wird sich nicht so enorm auf die Nebenkostenrechnung auswirken.“ Den Stromverbrauch sei nicht so hoch, weil in der Galerie nur energiesparende LEDs angebracht worden seien. Den Keramikheizlüfter zu betreiben, sollte daher günstiger sein, als die veralteten Gasöfen zu nutzen. Ob die Kosten dadurch komplett abgefangen werden, werde sich im nächsten Jahr zeigen.

Marion Kotyba rechnet nicht mit irgendeiner Unterstützung für den Bereich Kunst und Kultur? Wie es sich bereits in der Corona-Zeit mit Lockdown gezeigt hat, werde der Bereich Kunst und Kultur sträflich vernachlässigt. „Als Betreiberin einer Galerie habe ich keinerlei Unterstützung erhalten, obwohl die Kosten für Miete, Gas und Strom im Lockdown ja weitergelaufen sind. Ich rechne mit keiner Entlastung“, so Marion Kotyba.

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01.12.2022

Theatralische Brillanz und klassische Eleganz / Märchenhaft und museal: Internationales Ballett-Ensemble gastierte mit Tschaikowskys „Schwanensee“ in der Freiheitshalle

Hof. Für das Ballett ist es schwer geworden. Fast könnte man glauben, dass die Gattung langsam ausstirbt, zumindest abseits der großen Metropolen. Die Produktionen werden landauf landab weniger. Am Theater Hof gibt es die Ballett-Sparte noch. Ein junges Publikum zu generieren wird trotzdem immer schwerer. Doch da gibt es glücklicherweise gleich mehrere Ensembles, die hierzulande alljährlich um die Weihnachtszeit herum mit zwei Ballett-Schlagern auf Tour gehen: „Nussknacker“ und Schwanensee“.

Heuer also „Schwanensee“, der ewige Bestseller des Balletts, mit dem ein von der Agentur „Klassik Konzert Dresden“ zusammengestelltes Ensemble in der Freiheitshalle gastierte: Um es gleich vorweg zu nehmen. Wieder blieben viele Plätze leer, wie so oft in letzter Zeit. Für alle, die gekommen waren, war es trotzdem ein Erlebnis.

Die romantische märchenhafte Geschichte um Macht und Liebe, in der sich der junge Prinz Siegfried in die verzauberte Schwanenprinzessin Odette verliebt und sie – in der gezeigten Fassung - vom bösen Zauber des Magiers Rothbart befreit, das ist der Stoff, aus dem Ballettträume sind. „Schwanensee“, das ist fast schon ein Synonym geworden für die Eleganz des klassischen Balletts auf höchstem Niveau.

Nun haben diese Tourneeproduktionen zwei Nachteile: Erstens, die Musik kommt vom Band und zweitens, die Inszenierungen sind nicht gerade bahnbrechend, um nicht zu sagen leicht angestaubt oder besser, in höchstem Maße museal. Trotzdem: Die Faszination, die das Ballett ausmacht, kam durchaus rüber.

Das lag an der theatralischen Brillanz, an der klassischen Eleganz und einer Tanzleistung in Perfektion: Die Macher der Produktion haben ganz traditionelle opulente Kostüme und kitschig-schöne Bühnenbilder geschaffen. Hier wird die Ästhetik der goldenen Tanzkultur großgeschrieben. Alle Tänzerinnen und Tänzer agierten auf hohem Niveau und überzeugen mit Können und einer blitzsauberen Leistung.

Bahnbrechende Choreographien wird ernsthaft niemand erwartet haben. Ganz traditionell setzen die Macher auf geometrische Figuren, da laufen Tänzerreihen wunderbar ineinander, da werden immer wieder bewegte Ornamente, Kreise, Dreiecke und Winkel gebildet, ganz mit Revue-Charakter und das alles zu der gewaltigen Musik Peter Tschaikowskys, wenn auch vom Band, manchmal etwas zu laut und nicht immer nach High End klingend. Der Zauber der perfekten Show stellt sich trotzdem ein.

Ekaterina Floria, vereint in der Doppelrolle als weißer Schwan Odette und als schwarzer Schwan Odile Eleganz mit Pathos, ganz in alter russischer Schule. Ekaterina Floria kommt aus der Ukraine, war Primaballerina beim Donetsk Ballet Theatre und zuletzt Solistin beim Mariinski Theatre in St. Petersburg. Aufgrund der Umstände fand die Karriere dort wohl ein jähes Ende.

Mit graziöser Eleganz und athletischer Sprungfertigkeit tanzt Yassaui Mergalieve den Siegfried. Den Zauberer Rothbart gibt ein stets präsenter Ali Talanbekov aus Kirgisistan perfekt und im fantasievollen Kostüm, den Hofnarr tanzt in ebenfalls überragender Manier Komronbek Imomov. Höhepunkte sind zweifellos die Charaktertänze und Solovariationen, die Pas de deux Siegfrieds mit dem weißen Schwan im zweiten Akt und mit dem schwarzen Schwan im 3. Akt.

Insgesamt besteht das Ballett aus über 20 Tänzern, alle sind Absolventen renommierter Ballett-Schulen. Sämtliche Tänzer haben bereits an führenden Ballett-Theatern gearbeitet und zahlreiche Preise bei internationalen Ballett-Festivals und -Wettbewerben gewonnen. Zusammen bilden sie ein ästhetisch und technisch herausragendes Ensembles. Die künstlerische Leitung lag in den Händen der beiden Choreographen Marius Petipa und Lev Iwanov, beide große Namen der renommierten Tanzszene.

Bilder (oben): Ekaterina Floria und Yassaui Mergalieve tanzten die beiden Hauptpartien des Prinzen Siegfried und der Odette.

  

  

  

  

  

  

  

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25.11.2022

Virtuos und verspielt / Russische Raritäten beim Konzertabend mit den Hofer Symphoniker in Münchberg

Münchberg. Einst gehörten sie zum Standard-Repertoire auf den Konzertbühnen, mit der Zeit aber gerieten sie in Vergessenheit: die kurzweiligen Werke, die der US-Amerikanische Dirigent Daniel Spaw, Chefdirigent der Bad Reichenhaller Philharmoniker und früher als erster Kapellmeister und stellvertretender Musikdirektor am Theater Hof tätig, für den Konzertabend in Münchberg ausgewählt hatte.

Beim Blick in das Programm schlägt bei vielen als erstes die Frage auf, ob man derzeit russische Komponisten spielen sollte. Mit Peter Tschaikowsky, Alexander Glasunow und Sergej Prokofjew standen gleich drei russische Tonschöpfer auf dem Programm. Der Abend hat die Frage allerdings mit einem klaren ja beantwortet. Man muss sie sogar aufführen, so vielfältig, so wegweisend und so wertvoll ist die Musik, kurioserweise von einem Amerikaner dirigiert. Nationalitätsgrenzen gibt es in der Musikwelt nicht.

Am ehesten sind noch die Rokoko-Variationen für Violoncello und Orchester von Peter Tschaikowsky geläufig. Solist war der junge und bereits international gefragte Cellist Friedrich Thiele von der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Mit seiner, an den Stil des späten 18. Jahrhunderts angelehnten Mozart-Hommage hatte Daniel Spaw ein gefälliges Werk Peter Tschaikowskys ausgewählt, das eine farbliche Abwechslung zu den anderen Kompositionen des Abends bot. Mit Hingabe und tadelloser Technik präsentierte Friedrich Thiele die Variationen, die eigentlich eher ein Cello-Konzert sind. Von den engagiert aufspielenden Symphonikern wurden sie zuverlässig begleitet.

Eher selten im Konzertsaal zu hören ist die ganz kurze, schwelgerische Serenade Nr. 2 op. 11 des russischen Komponisten Alexander Glasunow, mit ihrem charakteristischen Hornsolo. Der zu Unrecht in Vergessenheit geratene und so selten gespielte Glasunow gilt als brillanter Instrumentationskünstler, der im Stande ist, mit seiner Musik im Kopf des Zuhörers gewaltige Bilder entstehen zu lassen. Dafür ist die Serenade zu kurz. Doch die Symphoniker unter Daniel Spaw lassen mit ihrer Interpretation die wahre Größe des Komponisten erahnen. Rhythmisch differenziert, inspiriert, klar und transparent erklingt das Werk.

Hauptwerk des Abends ist keine Sinfonie, sondern eine Sinfonietta, das kleine fünfsätzige Werk mit der Opuszahl 48 von Sergej Prokofieff. Der Terminus „Sinfonietta“ steht für eine Sinfonie im Kleinformat und war erst im späten 19. Jahrhundert entstanden. So geläufig der Name Sergei Prokofjew auch ist, sein Werk ist es abseits einiger weniger Dauerbrenner nicht. Mit Einsatz und Hingabe widmet sich Daniel Spaw der Komposition und unterstreicht damit eindrucksvoll deren kompositorische Qualität. Mit den Hofer Symphonikern erhält die Sinfonietta von Sergej Prokofjew ein virtuos verspieltes Klangbild, das es verdient hätte, öfter aufgeführt zu werden.

Begonnen hatte der Konzertabend mit dem Werk eines Finnen, des Nationalkomponisten Jean Sibelius. Die Musik zu Adolf Pauls längst vergessenem Theaterstück „König Kristian II.“ hatte Sibelius 1898 schon kurz vor seiner ersten Sinfonie geschaffen. Wie so oft und wie bei so vielen Komponisten ist das Werk in Vergessenheit geraten, nicht aber die Suite mit der Opuszahl 27, wenigstens nicht ganz. Stimmungsvoll gestalteten die Hofer Symphoniker unter Daniel Spaw die Komposition, in dem die für Sibelius so typischen Klangwelten entstehen. Spaw verzichtete auf Kontraste, wählte ruhige Tempi und bewies ein feines Gespür für die Stimmungen dieser Komposition. Die engagiert aufspielenden Symphoniker formten ein wunderbares Charakterbild in den vielfältigen Klangflächen und Nuancierungen, die sich Jean Sibelius ausgedacht hatte.

Bilder:
1.
 Erst 26 Jahre jung und schon ein gefragter Solist: der Cellist Friedrich Thiele von der Sächsischen Staatskapelle Dresden interpretierte den Solopart in Peter Tschaikowskys Rokoko-Variationen.
2. In der Münchberger Mehrzweckhalle gastierten die Hofer Symphoniker am Freitagabend unter dem US-Amerikanischen Dirigenten Daniel Spaw.

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20.11.2022

Hoffnung und Zuversicht statt Trauer und Schmerz / Eindrucksvolle Aufführung von John Rutters Requiem mit der Kulmbacher Kantorei in der Petrikirche

Kulmbach. Auf diese Klangwelten muss man sich erst einmal einlassen. Beim außergewöhnlichen Requiem von John Rutter handelt es sich um eine Totenmesse, die sich zwischen klassisch-romantischer, vielleicht postmoderner Kirchenmusik und eingängigeren Melodienfolgen, wie man sie aus der „leichteren Klassik“ kennt, bewegt. Mit dem 1985 uraufgeführten Requiem des britischen Komponisten hat die Kulmbacher Kantorei unter Christoph Reitenspiess nach der Corona-Pause die Tradition wiederaufgenommen, am Totensonntag ein großes kirchenmusikalisches Werk aufzuführen.

Nicht nur die allseits bekannten, großen Werke der Kirchenmusik möchte Stadt- und Dekanatskantor Christian Reitenspieß dabei mit dem Chor allen Freunden der Kirchenmusik näher bringen, sondern auch Besonderes, wie dieses Werk des 1945 geborenen Engländers. Im Vergleich zum typisch schwermütigen Totengedenken ist das Werk des Gegenwartskomponisten tröstlich, leicht beschwingt und besitzt einen durch und durch positiven Charakter. Nicht, dass der Schrecken des Todes nicht mehr spürbar wäre, doch er bekommt ein versöhnliches Antlitz. Hoffnung und Zuversicht, statt Trauer und Schmerz. Unverkennbar ist John Rutters großer melodischer Erfindungsreichtum, seine vielschichtige Harmonien und Rhythmen. Sie geben seinen Kompositionen eine suggestive Kraft, die Ausführende wie Zuhörer gleichermaßen berührt.

John Rutter hat sich nicht an den üblichen Ablauf einer Totenmesse, wie sie in der katholischen Liturgie festgelegt ist, gehalten, sondern sie modifiziert, indem er wesentliche Teile um Psalm-Texte aus dem „Book of Common Prayer“, dem liturgischen und katechetischen Buch der anglikanischen Kirche von 1662, ergänzte. Neben dem Psalm 130 „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“ hat er auch bekannten Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte“ vertont. Dafür fallen bei ihm andere Teile der Totenmesse weg.

Rutters Musik zeichnet sich zum einen durch einen großen melodischen Erfindungsreichtum, als auch durch eine vielschichtige Harmonik und Rhythmik aus. Dies alles bringen Kantorei und Instrumental-Ensemble, bestehend aus Flöte (Martina Dallmann), Oboe (Antje Thierbach), Cello (Anja Schmidt), Harfe (Felix Hahn), Pauken und Glockenspiel (Günther Peppel und Ralf Probst) unter der Leitung von Stadt- und Dekanatskantor Christoph Reitenspiess auf das Beste zum Ausdruck. Dynamische Differenzierungen und teilweise komplizierten Abläufe kommen prima zur Geltung, was an der hohen Transparenz liegt, die sowohl den üppig besetzten Chor, als auch die Instrumentalisten auszeichnete. Die stärksten Stellen hat der Chor immer dann, wenn er in die Extreme geht, also entweder ins Piano taucht, oder sich in ein Forte steigert. Den überaus behutsamen Orgelpart spielte der Bayreuther Dekanatskantor Michael Dorn an der Rieger-Orgel der Petrikirche.

Das Solo beim „Pie Jesu“, dem wahrscheinlich schönsten, leider auch kürzesten Satz der gesamten Komposition, gestaltete die japanische Sängerin Mio Nakamune mit ihrem lyrischen und schlanken Sopran. Mit ihrer glockenhellen Stimme konnte sie ihrem Part durchaus Profil verleihen.

Nachdem das Rutter-Requiem mit einer Spielzeit von etwa 40 Minuten nicht „abendfüllend“ war, gab es zuvor noch ein Werk aus der Feder des Dekanatskantors. „Media vita in morte sumus“ („Mitten im Leben sind wir im Tod“) hatte Christian Reitenspieß den überaus ansprechenden und eindrucksvollen Satz für Chor, Flöte, Oboe, Klavier und Cello bezeichnet, der es verdient hätte, öfter aufgeführt zu werden. Mit der ganz sparsamen instrumentalen Begleitung und den anspruchsvollen Sätzen hatte Christian Reitenspieß ein durchaus melodiöses, zeitgenössisches Werk geschaffen, das so recht zum Requiem und in die Klangwelt von John Rutter passt.

Zwischen den vokalen Werken gab es die Komposition „Danse sacrée et profane“ für Harfe und Klavier von Claude Debussy. Ganz bei sich, dem Instrument und der Kunst ist dabei Felix Hahn als Solist und Christian Reitenspieß am Klavier. Felix Hahn kann dabei unter anderem mit zupackenden Glissandi auch die verborgene rauschhaft-virtuose Seite der Harfe nach Außen kehren.

Bilder:
1.
 Mit dem Requiem von John Rutter führte die Kulmbacher Kantorei am Totensonntag zusammen mit einem Instrumentalensemble ein außergewöhnliches Werk auf.
2.
 Solistin im Requiem war die japanische Sopranistin Mio Nakamune.

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17.11.2022

Zirkus goes Rock: Artisten, Action und AC/DC / Große Show vor kleinem Publikum: „Rock the Circus“ in der Freiheitshalle setzte Artistik ganz neu in Szene

Hof. Diese Show hätte eigentlich nach Las Vegas gehört. Genial war die Idee, traditionelle Zirkusdarbietungen in einem ganz neuen Kontext zu präsentieren. Doch so spektakulär es auch war, so enttäuschend war für Veranstalter und alle Mitwirkende der ausgebliebene Publikumszuspruch. Nur rund 150 Zuschauer hatten sich am Donnerstagabend im ohnehin abgetrennten Großen Haus verirrt. Wenn die Reihen auch leer blieben, Artisten, Tänzer, Musiker und Sänger waren absolute Profis. Sie ließen sich ihre Enttäuschung nicht anmerken und legten sich mächtig ins Zeug.

Fetzige Rockmusik und Darbietungen, wie man sie aus dem Zirkus kennt: Das gehört auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammen. Die Macher der Show „Rock the Circus“ haben es trotzdem geschafft, zwei doch eher gegensätzliche Elemente zusammen auf die Bühne zu bringen. Atemberaubende Artistik und die mitreißenden Klängen einer überaus professionell agierenden internationalen Cover-Band passten glänzend zusammen.

Da war zunächst einmal die Musik, Rockklassiker live gespielt und gesungen. Da erklangen AC/DC, Alice Cooper, Queen, Pink Floyd, Bon Jovi, Guns ´n Roses, Tina Turner, Cher, Joan Jett und immer wieder Queen. und vielen weiteren Supergruppen. Die Musiker der vierköpfigen RTC-Band mit der italienischen Sängerin Elena Necchi und dem deutschen Patrick Sühl standen bereits mit großen Stars der Pop- und Rockmusik auf den Bühnen dieser Welt und brachten die entsprechende Routine mit.

Für das Element des Zirkus stand eine Hand voll echt guter Artisten, die jede Menge Kunststücke auf die Bühne der Freiheitshalle brachten, wie man sie aus dem Zirkus kennt. Temporeich, durchinszeniert war das alles, überaus gekonnt und gewagt, nichts dem Zufall überlassen. Star-Artisten aus aller Herren Ländern verzauberten mit Darbietungen von den Bühnenplanken bis unter die Decke. Da gab es Luftakrobatik, virtuose Figuren an der Vertikalstange und auf dem Boden, rasante Action mit einem BMX-Rad und phantasievolle Momente mit Tanz und Magie.

Vladimir Kostenki und Anton Savchenko aus der Ukraine etwa zeigten ohne irgendwelche Hilfsmittel kraftvolle Akrobatik, bei der die Zuschauer tatsächlich die Luft anhielten. Die Feuershow des Duos „Entourage Berlin“ kam überaus spektakulär rüber und machte auch deutlich, dass der gute alte Feuerschlucker noch lange nicht ausgedient hat. Bogenschießen mit den Füßen, das konnte die Italienerin Sheyen Caroli, einen Vorgeschmack auf die Weltmeisterschaft gab es mit dem Fußball-Freestyler Dawid Ziomek und gefährlich aussehende Kunststücke mit dem BMX-Rad zeigten der Fahrrad-Artist Yan Sokolovsky und seine mutige Partnerin Maria.

Verantwortlich für die Show ist die Regisseurin und Choreographin Debora Klauke-DIdszuweit, die unter anderem auch schon für den Circus Roncalli und dem Circus Flic-Flac gearbeitet hatte. Mit „Rock The Circus“ ist es ihr gelungen, eine Show zu inszenieren, in der sich die Energie der großen Rockklassiker mit den artistischen Darbietungen zu einer Kunstform vereinte, die das Publikum über zwei Stunden lang fesselte und begeisterte und die nicht zuletzt so richtig großes Format hatte.

Da rockt der Zirkus: in einer Zeit, in der es Zirkusunternehmen schwer haben, ein junges Publikum zu generieren und Darbietungen mit Tieren aufgrund eines gesellschaftlichen Wandels ohnehin kaum eine Zukunft haben werden, könnten Show-Produktionen wie „Rock the Circus“ durchaus die Zukunft sein. Hier wurde traditionelle Artistik neu in Szene gesetzt und modern und zeitgemäß dargeboten.

Bilder:
1.
 Den guten alten Hula-Hoop-Reifen gibt es immer noch. Bei „Rock the Circus“ zeigte die niederländische Artistin Natalia Bakun, was man alles damit anstellen kann.
2.
 Tollkühne Tricks und rasante Stunts präsentierten Yan Sokolovsky und seine Partnerin Maria am Donnerstagabend in der Freiheitshalle.
3.
 Ästhetisch und auch ein wenig gefährlich: die Feuershow des Ensembles „Entourage Berlin“ gehörte zu den Highlights der Show „Rock the Circus“.
4.
 Aus der Ukraine stammt die Pole-Artistin Alöna Shapoval, die in dieser Disziplin schon mehrere internationale Meisterschaften gewonnen hatte.

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12.11.2022

Glitzer-Outfits, Plateau-Stiefel und jede Menge Hits/ Gelungener Auftritt einer perfekten Coverband - Tribute-Concert mit „ABBAMUSIC“ in der Freiheitshalle

Hof. So in etwa könnte es gewesen sein: ein echtes Live-Konzert des legendären Pop-Quartetts Abba. Am Samstagabend gastierte die italienische Coverband mit dem Namen „ABBAMUSIC“ im Festsaal der Freiheitshalle und interpretierte dabei zweieinhalb Stunden lang alle großen Hits der vier Schweden gekonnt, perfekt und vor allem so mitreißend, dass es schon nach wenigen Minuten viele nicht mehr auf ihren Sitzen hielt. Alle, die nicht gekommen waren, haben echt was verpasst: eine perfekte Band, zwei herausragende Sängerinnen und eine mitreißende Show. Kaum ein Hit der vier Schweden, den sie nicht drauf hatten. Mit „Don´t shut me down“ und „I still have faith in you“  sogar zwei Titel aus dem 2022er Comeback-Album „Voyage“.

Zahlreiche Ausnahmekünstler hat die populäre Musik des 20. Jahrhunderts hervorgebracht. Unter den Band gehört Abba zweifellos dazu. Weil deren Musik unsterblich geworden ist, touren zahlreiche Tribute-Shows durch die Lande. Mit Erfolg: die beiden Sängerinnen und die Musiker von „ABBAMUSIC“ gehören ganz sicher zu den Spitzen-Ensembles, die das Erbe einer einzigartigen Formation angetreten haben

Bereits bei den ersten Songs „Voulez-vous“ rissen die Stars auf der Bühne auch den letzten noch sitzenden Zuschauer vom Hocker. Große Nummern wie „Summer Night City“ oder „Super Trouper“ gaben „ABBAMUSC“ teilweise wie bei einem Medley ineinander übergehend zum Besten und führte die Zuhörer auf eine kleine, perfekt durchchoreographierte Zeitreise. Emotional, rockig und poppig, auch das Bühnenbild und die mit liebevollen Details ausgestatteten originalgetreuen Outfits der Akteure sollte so richtig zum Flair passen und ließen die Herzen der Abba-Fans höher schlagen.

Mitmachen, mitsingen und mittanzen sind angesagt, und schon ist die Lebensfreude aus den 70ern wieder zurück. Stundenlang hätte es noch so weitergehen können, das Abba-Repertoire hätte das hergegeben und langweilig ist keine einzige der Nummern. Egal ob frühe Nummern wie „Ring, Ring“, den Grand-Prix-Siegertitel „Waterloo“ von 1974, „Money, Money, Money“, „Thank you for the music“, „SOS“ oder „Chiquitita”.

Ihnen habe es ganz toll gefallen, sind sich die Damen des Modehauses Pöpperl aus Naila einig. Chefin Silke und ihr Mann Ralph haben die gesamte Belegschaft zum 75-jährigen Jubiläum der Firma zum Konzert eingeladen. Besonders die tollen Stimmen loben die Damen, die schon in der Pause bester Laune sind. „Die reißen einen echt mit“, sagt Silke. Ja, so sei es bestimmt gewesen bei den echten Abbas, meint Petra, die eigens aus Plauen angereist ist und die Abba nur von CDs und aus dem Fernsehen kennt. Carsten (56) aus Rehau ist begeistert, er hat Abba-Tribute-Shows auch schon bei den Plassenburg-Open-Airs in Kulmbach und auf der Seebühne in Bayreuth gesehen und will auch bei künftigen Shows wieder dabei sein.

Hinter „ABBAMUSIC“ stecken die beiden Sängerinnen Angela Castellani und Irene Pertile. Stimmlich ganz nah am Vorbild und optisch können die beiden gut mit Agnetha und Anafrid mithalten. Doch darauf kommt es eigentlich gar nicht so an, denn die beiden interpretieren Abba-Songs wie „One of us“ oder „Dancing Queen“ auf ihre ganz eigene Art und immer mit dem gewissen etwas. Bei „I do, I do, I do“ nehmen die beiden sogar Tuchfühlung zum Publikum auf und spazieren singend durch die Reihen.

Ergänzt werden die beiden Frontfrauen von einer vierköpfigen Band mit Keyboarder Eduardo Mezzogori als Benny, den Gitarristen Ludovico Banali als Björn, dem Drummer Stefano Zanon sowie dem Bassgitarristen Simone Gigante. Miriam Romano und Claudia Bertoni heißen die beiden Backgroundsängerinnen, den Sound erst so richtig perfekt machen. Natürlich sind das alles wahre Könner. Sie alle waren bereits in den verschiedensten Formationen aktiv und haben sich komplett mit dieser Musik identifiziert.

Bilder: Am Samstagabend lebte in der Freiheitshalle der Geist der 70er Jahre wieder auf. Die Coverband „ABBAMUSIC“ spielte die größten Hits von Abba und ließ damit den Festsaal pulsieren.

 

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30.10.2022

Skurril, komisch und kurzweilig / Witzige Aufführung der Märchenoper „Hänsel und Gretel“ in der Aula des Gymnasiums

Pegnitz. Sie ist der Klassiker unter den Märchenopern, einst belächelt, mittlerweile längst Kult. Die Oper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck. Der Pegnitzer Komponist und Musiklehrer Michael Starke und die hiesige Sängerin und Schauspielerin Rebekka Brinkmann brachten den Weihnachtsklassiker, der eigentlich im Sommer spielt, in der Aula des Gymnasiums Pegnitz mit einem bunten Sängerensemble rundum kurzweilig und witzig auf die Bühne.

Der Siegburger Komponist Engelbert Humperdinck ist mit nur einem einzigen Werk in die Musikgeschichte eingegangen: „Hänsel und Gretel“. Es wurde in elf Sprachen übersetzt und gilt als Inbegriff deutscher Märchenmusik im Operntheater. Der Text stammt von Adelheit Wette. Sie war die Schwester des Komponisten. Ihr gelang es, mit feinem Instinkt ein Libretto zu schaffen, das nicht nur eine bühnenwirksame Vertonung erlaubt hat, sondern auch die Grausamkeit im Grimm´schen Märchen aus der Handlung ein wenig beseitigte. In der Oper werden die Kindern von ihren Eltern nicht vorsätzlich in den Wald geschickt, um dort umzukommen. Allerdings geraten auch sie dort in den Bannkreis der berüchtigten Hexe mit dem lustigen Namen Rosine Leckermaul. Da ist guter Rat teuer, doch die Geschwister beweisen außerordentlichen Mut und besiegen die Hexe am Ende. Wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute, heißt es bekanntlich im Märchen.

Wie fein und gut gearbeitet Humperdincks Partitur neben ihren zahlreichen im Volkston gehaltenen Kinderlied-Bearbeitungen ist, wird in der Klavierfassung der Oper deutlich. Statt der üblichen orchestralen Begleitung zaubert Michael Starke sämtliche Instrumente auf die Tasten des Flügels. Da werden Details hörbar, die im riesigen Orchesterapparat oft untergehen. Dem Opernerlebnis macht dies keinen Abbruch. Im Gegenteil: Schon nach wenigen Arien könnte man fast glauben, die Komposition nie anders gehört zu haben. Sogar im berühmten „Abendsegen“, die vielleicht schönste Musik, die jemals komponiert wurde.

Das Bühnenbild wurde mit Hilfe einiger weniger Requisiten lediglich angedeutet. Dennoch ist es Rebekka Brinkmann mit ihrer Personenregie gelungen, das Stück schlüssig und logisch auf die Bühne zu bringen. Die Spielfreude war allen Akteuren anzumerken. Dabei hatte die Regisseurin auch allerhand liebevolle und fantasiereiche Details aufgeboten. Etwa der Reifrock der Hexe, der mit wenigen Handgriffen zu Hänsels Käfig wird oder die Traumsequenz, die von den beiden Hauptdarstellern mit vielen bunten Luftballons in der Hand in Zeitlupe gespielt wird.

Dabei wirken die Mezzosopranistin Jessica Gaggl als Hänsel und die Sopranistin Birgit Starke als Gretel, obwohl sie der Komponist ja mit viel kindlichem Liedgut betraut hat („Brüderchen, komm tanz´ mit mir“, „Suse, liebe Suse“", „Ein Männlein steht im Walde“), nirgends betulich. Die beiden gehen ihre Rollen ernst an und machen durch gestalterische Feinheit und stimmliche Frische wett, was sie den Bühnenfiguren an Lebensjahren voraushaben.

Höhepunkt ist die Darstellung der bösen Hexe Rosina Leckermaul skurril, komisch und ausdrucksstark („Hokus, Pokus, Hexenschuss“) durch Ulrike Cieslik. Stimmlich und darstellerisch absolut präsent beeindruckt die Mezzosopranistin, der die Rolle wie auf den Leib geschrieben scheint. Munter geschauspielert, stimmgewaltig und souverän gesungen werden die Partien der Eltern mit der Sopranistin Iris Meier als Mutter und dem Bariton Wolfgang Wirsching als Vater. Die kleinen Rollen es des Sandmännchens und des Taumännchens verkörperte beide die Sopranistin Astrid Haas.

Bild: Nun sind sie im Bannkreis der bösen Knusperhexe Rosina Leckermaul (Ulrike Cieslik): Hänsel und Gretel. Dargestellt von Jessica Gaggl (links) und Birgit Starke bei der Aufführung in der Aula des Pegnitzer Gymnasiums.

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22.10.2022

Liebe, Heimat, Bodenständigkeit / Südtirol grüßt Kulmbach: Schlagerstars begeistern Kulmbacher Publikum

Kulmbach. Eigentlich hätte die Show ziemlich genau vor zwei Jahren stattfinden sollen. Corona-bedingt wurde sie immer wieder verschoben. Am Samstagabend war es dann doch endlich soweit. „Immer wieder sonntags“, das bekannte TV-Unterhaltungsformat machte im Rahmen der aktuellen Deutschland-Tournee in der Kulmbacher Stadthalle Station. Ausverkauft war die Halle nicht, aber gut gefüllt.

Was Millionen Zuschauer vor dem Fernseher regelmäßig begeistert und in den Sommermonaten aus dem Europa-Park in Rust gesendet wird, funktioniert auch live. Deutsche Musik, witzige Moderationen und das Einbeziehen des Saalpublikums sorgten in Kulmbach für einen kurzweiligen Abend. Der fast schon frenetische Jubel zeigte eindrucksvoll, wie beliebt diese Künstler bei ihrem treuen Fans sind. Freilich gehört auch das dazu: Die Musik kam vom Band, es wurde aber live gesungen. Dafür gab es sogar ein Schlagerquiz, bei dem Lisa und Rebekka ihr Schlagerwissen unter Beweis stellen mussten. Da galt es beispielsweise einen Schlager mit dem Anfangsbuchstaben „A“ („Atemlos“) zu erraten. Dumm nur, dass das Publikum immer schneller war, als die beiden Kandidaten.

Der Focus der Musik- und Unterhaltungsshow lag diesmal auf Südtirol. Mit Oswald Sattler, Vincent & Fernando und Alexander Rier kamen gleich vier Künstler des volkstümlichen Schlagers aus dem italienischen Landstrich, der für Bodenständigkeit, südländischen Lebensgefühl, Heimat und Berge steht. Sie alle trafen mit ihrer Musik die Herzen der jungen und jung gebliebenen Volksmusik- und Schlagerfans.

Moderator Stefan Mross hatte Anna-Carina Woitschack mitgebracht, mit der er seit fast zweieinhalb Jahren verheiratet ist. Bekannt wurde die Schlagersängerin durch die Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“, bei der sie 2011 den achten Platz belegte. Diesmal begeisterte Stefan Mross das Publikum in der Stadthalle nicht nur mit seiner sympathischen Art, sondern auch als Duettpartner von Anna-Carina. Sie steht eher für Popsongs im modernen Gewand und für den neuen deutschen Schlager, der in den zurückliegenden Jahren so viele Fans gewonnen hat. Die Sängerin, die in wenigen Tagen ihren 30. Geburtstag feiert,  präsentierte in Kulmbach mehrere Songs aus ihrem neuen Album „Lichtblicke“, unter anderem die aktuelle Single-Auskopplung „Davon will ich mehr“.

Für den Südtirol-Part stand Oswald Sattler, ehemalige Sänger und Gitarrist der Kastelruther Spatzen, der seit mittlerweile drei Jahrzehnten als Solokünstler unterwegs ist. Melodien über Liebe, Hoffnung und Glaube sowie der Sehnsucht nach Heimat („Mein Tirol, ich vermisse dich“) machen thematisch seine Musik aus. Seit ihrem Gewinn beim Grand Prix der Volksmusik gehören auch Vincent & Fernando zu den Großen der Sparte. Die Brüder Otto und Ulrich Messner, wie sie mit bürgerlichem Namen heißen, präsentierten ihr aktuelles Album mit dem Titel „Leben und fühlen“ vor, mit dem sie ihr großes und abwechslungsreiche Repertoire einmal mehr unter Beweis stellen. Mit dem Song „Du kannst gerne tanzen“ machten beide dem Kulmbacher Publikum ein verlockendes Angebot, ehe zu „Ich schenk’ dir Liebe“ die erste Schunkelrunde folgte.

Dritte im Bunde der Südtiroler Unterhaltungskünstler in Kulmbach war schließlich Alexander Rier, Sohn von Norbert Rier, dem Sänger der Kastelruther Spatzen. Auch bei ihm geht es um Liebe, um Emotionen und eingängige Melodien. So heißt auch sein Best-Of-Album „Liebe wird immer das Größte sein“ mit dem er vor knapp zwei Jahren sogar erstmals die deutschen Charts erreichte. Ein Medley der Spatzen durfte freilich nicht fehlen.

Gutgelaunt stellten sich alle Stars vor und nach der Show sowie in der Pause den Fans. Sie schrieben fleißig Autogramme, machten Selfies und standen für den einen oder andern Plausch zur Verfügung. Sogar ihre CDs verkauften sie selbst. Eine Besonderheit in Kulmbach: Das Thomann Künstler-Management aus Burgebrach mit seinem Chef Stephan Thomann feierte hier sein 50-jähriges Bestehen. Für über 30000 Veranstaltungen und Konzerte zeichne er sich in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten verantwortlich, so Stephan Thomann. Am Ende der Show gratulierten dem Jubilar alle beteiligten Stars des Abends.

Bilder:
1.
 Moderne Popsongs statt volkstümlichen Schlager: Anna-Carina Woitschack.
2.
 Nicht nur auf der Bühne, sondern auch privat ein Paar: Ana Carina Woitschack und Stefan Mross.
3.
 Schlagerduo aus Südtirol: Vincent & Fernando.
4. Oswald Sattler, ehemaliger Sänger und Gitarrist der Kastelruther Spatzen.
5.
 Dicht umlagert von Autogrammjägern und Selfie-Fans: Anna-Carina Woitschack und Stefan Mross.

  

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15.10.2022

Mega-Chor und Top-Solisten: Zeichen setzen im Sinne von Martin Luther King / Gelungener Neustart einer außergewöhnlichen Musical-Produktion

Bayreuth. Felicia aus Bindlach und Hanna aus Thalmässing sind 13 Jahre jung, Elisabeth aus Bayreuth-St. Georgen ist 86 Jahre alt. Was sie an diesem Abend in der Bayreuther Oberfrankenhalle verbindet: Beide wirken im Chormusical „Martin Luther King - Ein Traum verändert die Welt“ mit. Unumstrittener Star des Musicals ist der Mega-Chor mit exakt 1019 Sängerinnen und Sängern, verteilt auf zwei Abende. Alle ihre Namen sind im Programmheft penibel aufgeführt.

Insgesamt sind es viele tausend Sängerinnen und Sänger, die den Geist von „I have a dream“ in den kommenden Wochen und Monaten in zwölf Städte in Deuschland, Österreich und der Schweiz hinaustragen. Den Auftakt machten zwei Abendaufführungen und eine aufgrund der hohen Nachfrage öffentliche Generalprobe in Bayreuth, der einzigen bayerischen Spielstätte. Die Aufführungen waren ein Gemeinschaftsprojekt des Kirchenkreises Bayreuth und der Stiftung „Creative Kirche“. Zweieinhalb Jahre hatten alle Beteiligten auf diesen Abend gewartet, denn die letzten Proben fanden kurz vor dem ersten Lockdown im März 2020 statt.

Das Musical nach Bayreuth gebracht hatte Regionalbischöfin Dorothea Greiner, die bei der Aufführung am Samstag selbst im Chor mitwirkte. Martin Luther King habe Menschen motiviert, sich auf den Weg zueinander zu machen, sich für eine bessere Gesellschaft zu engagieren – gemeinsam mit vielen Gleichgesinnten, ohne Gewalt, überzeugt von der guten Sache. „Projektpatin“ Dorothea Greiner sieht Martin Luther King deshalb auch als Vorbild für die unbeugsame Hoffnung, Veränderung zum Guten mit friedlichen Mitteln zu erzielen. „Durch den Ukrainekrieg berührt das Musical noch mehr. Denn es singt davon, dass nicht das Recht des Stärkeren gilt, sondern ein von Gott geschenktes Lebensrecht für jeden Menschen“, so die Regionalbischöfin.

In den 22 Szenen, die sich der Songtexter Andreas Malessa zusammen mit dem beiden Komponisten Christoph Terbuyken und Hanjo Gäbler ausgedacht hatten wird in Rückblenden und auf mehrere Erzählebenen der Aufstieg Martin Luther Kings vom Theologiestudenten bis zum Träger des Friedensnobelpreises geschildert. Martin Luther King wird gezeigt als Hoffnungsträger für Millionen, als unerschrockener Aktivist gegen Rassismus und als begnadeter Prediger: Mit seiner legendären „I have a dream“-Rede im August 1963 führte der Baptistenpastor Martin Luther King seine Zuhörer eine Welt vor Augen, in der Schwarze und Weiße wie Brüder und Schwestern gleichberechtigt miteinander leben. Dieser Appell zum gesellschaftlichen Zusammenhalt ist heute aktueller denn je.

Die Botschaft von Martin Luther King von der Gleichberechtigung aller Menschen ist eine konkrete politische Utopie. Sie hat Ernst und Tiefe und wird im Chormusical doch spannend, unterhaltsam und gefühlvoll in einer imposanten und einzigartigen Bühnenshow präsentiert. Die Crossover-Produktion beinhaltet musikalisch Elemente aus Gospel, Pop, Rock’n’Roll und Motown. Der Chor, Solisten, Band, Bläser und Orchester setzen das alles überaus professionell in Szene. Allen voran der US-Amerikaner Darrin Byrd, der als internationaler Musicalstar unter anderem mit Disneys „König der Löwen“ bekannt wurde und der die Titelfigur stimmlich wie darstellerisch in höchster Perfektion verkörpert. Alle anderen Solisten, die immer wieder in abwechselnde Rollen schlüpfen, haben sich alle in den verschiedensten Produktionen international bereits einen Namen gemacht und können an diesem Abend das Publikum ebenfalls vollends überzeugen, so dass es am Ende Standing Ovations gibt.

Der Mega-Chor wurde in der Oberfrankenhalle von den beiden Kantoren Michael Lippert aus Bayreuth-St. Georgen und Reinhold Schelter aus Wunsiedel dirigiert. Die zehnköpfige Big Band leitete der Komponist Christoph Terbuyken persönlich, die Regie hatte der frühere Salzburger Operndirektor Andreas Gergen übernommen. Ganz nebenbei hatte auch das Publikum Gutes getan und gut 9000 Euro für ein Projekt zur Trnkwasseraufbereitung im Norden Kenias gesammelt.

Bilder: Der Neustart ist gelungen: Das Chormusical „Martin Luther King – Ein Traum verändert die Welt“ feierte nach zweieinhalb Jahren Corona-Pause in der Bayreuther Oberfrankenhalle eine gelungene Wiederaufnahme. Bayreuth war dabei die einzige Station in Bayern.

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12.10.2022

Festlich, farbenprächtig, fantasievoll: Wundervolle Stimmen und witzige Geschichten / „Best of Musicals“ riss das Publikum im Festsaal der Freiheitshalle von den Sitzen

Hof. Sie gelten als Amerikas Antwort auf das europäische Musiktheater: Musicals. Ein „Best of“ davon hat ein international besetztes Showensemble am Mittwochabend im eher dürftig besetzten Festsaal der Freiheitshalle zur Aufführung gebracht. Der norwegische Musical-Darsteller Espen Nowacki, der die Show zusammengestellt und inszeniert hat, nahm das Publikum dabei mit auf eine Reise von Wien („Elisabeth“) über Afrika („König der Löwen“) bis nach Transsylvanien („Tanz der Vampire“).

Für einen Abend lang lag der Broadway an der Saale, denn das Team hatte sich große Mühe gegeben, eine farbenprächtige und fantasievolle Show auf die Beine zu stellen und es wurde diesem ambitioniertem Vorhaben größtenteils auch gerecht. Hier trafen große Emotionen auf witzige Geschichten, schöne Stimmen auf prächtige Kostüme, eine raffinierte Lichtregie auf riesige LED-Projektionen. Das war Unterhaltung mit Niveau und Hof wurde für über zweieinhalb Stunden zur Musical-Metropole.

Andrea ist extra aus Bayreuth angereist und hatte viel Spaß an dem Abend. „Ich bin Musical-Fan und habe solche Galas auch schon in Bayreuth, Bamberg und Kulmbach miterlebt“, sagt sie. Rainer aus der Nähe von Münchberg war sogar schon in Hamburg beim Abba Musical Mamma Mia. Man könne das hier zwar nicht vergleichen, gefallen habe es ihm bislang aber trotzdem, verriet der 55-Jährige schon in der Pause. Christian aus Hof outet sich ebenfalls als Musical-Fan. „Es hätte noch stundenlang so weitergehen können“, sagt er nach der Show. Trotz aller Begeisterung: Es sei wahnsinnig schwierig, Tickets zu verkaufen, so der Macher der Show, Espen Nowacki, der mit dem König-Ludwig-Musical in Deutschland bekannt wurde und sich als Entertainer international einen Namen gemacht hat. Er appellierte an die Hofer, die Veranstaltungen, jetzt wo Künstler endlich wieder auftreten dürfen, zu besuchen. Ursprünglich sei die Show sogar für die große Halle geplant gewesen, ein bisschen Enttäuschung schwang dabei schon mit, dass jetzt nicht einmal der Festsaal ausverkauft war.

Die Sängerinnen und Sänger sind jedenfalls durch die Bank klasse, man merkt ihnen an, dass sie absolute Profis sind und jede Menge Spaß an der Sache haben. Einzelne hervorzuheben wäre unfair, denn Könner sind sie alle. Neben Espen Nowacki sangen und tanzten Sonja Golubkowa, Simon Gunarsson, Nadine Hammer, Jessica Kessler, Lina Ritters, Judith Seibert und Hannes Staffer. Sie sangen mal abwechselnd im gesamten Ensemble, mal übernahmen sie solistische Aufgaben. Außerdem sind es gerade die großen Szenen, die das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinrissen, etwas bei „Grease“, beim „Time Warp“ aus der „Rocky Horror Picture Show“, oder erst Recht am Ende beim Queen-Musical „We will rock you“. Alle Solisten haben eine professionelle Gesangs- und Tanzausbildung und bereits die eine oder andere Rolle an namhaften Bühnen übernommen. In Hof wurde live gesungen, die Musik kam vom Band.

Tolle Kostüme hatte man sich für die Sängerinnen und Sänger sowie für das Tanzensemble einfallen lassen, meist angelehnt an das Original, wie bei „Elisabeth“ in großer Robe“ oder besonders fantasievoll beim „König der Löwen“. Sparen können hätte man sich dagegen die überflüssigen Ansagen zwischen den Nummern, die wenig Sinn ergab und wohl nur dazu da waren, um den Akteuren die notwenigen Umzieh- und Verschnaufpausen zu geben.

Pech hatte das Publikum in der ersten Reihe und an den Außenplätzen, denn es wurde immer wieder mit in die Show einbezogen. Die Darsteller suchten den Kontakt zu den Zuschauern, sei es, dass sie immer wieder von der Bühne stiegen oder gleich aus dem Publikum heraus auftraten. Mal hieß es mitsingen, dann wieder mittanzen, mal wurden einzelne erschreckt. Für den Betroffenen eher peinlich, für alle anderen ein Riesenspaß. Den Nerv des Publikums hatte Espen Nowackis „Best of Musicals“ auf jeden Fall getroffen.

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08.10.2022

Klangreise von der Grünen Insel in die Welt / Fesselnd und faszinierend: The Henry Girls bei den Helmbrechtser Kulturwelten

Helmbrechts. Die Nachfrage war so groß, dass das Konzert schon weit im Vorfeld in den Bürgersaal verlegt werden musste. Selbst dort standen die Stuhlreihen ungewöhnlich eng, kurz vor Beginn mussten sogar noch zusätzliche Sitzgelegenheiten herbeigeschafft werden. Das hat natürlich seinen Grund: „The Henry Girls“, als eine der wegweisenden aktuellen Folk-Gruppen Irlands, hatten schon 2018 das Publikum der Helmbrechtser Kulturwelten begeistert. Zwischen zwei Konzerten am Freitag in Geislingen und am Sonntag in Wuppertal machten die drei Schwestern aus Irland erneut in Helmbrechts Station und einmal mehr sorgten sie mit ihrer eigenwilligen Mischung aus Irish Folk, Country und Pop für wahre Begeisterungsstürme.

Karen, Lorna und Joleen McLaughlin entfachen mit Geige, Akkordeon und Harfe - manchmal werden diese Instrumente auch gegen ein E-Piano, eine Ukulele oder eine Blockflöte getauscht - ganz eigene Klangwelten, wie schon bei „December Moon“, dem ersten Stück, das die drei in Helmbrechts performen. Immer sind es die eingängigen Melodien und die zauberhaften Harmonien, etwa beim Wiegenlied „Sweet dreams“, denen man sich als Zuhörer einfach nicht entziehen kann. Der dreistimmige Gesang in den gekonnt abgestimmten Vokalharmonien fesselt und fasziniert gleichermaßen. Längst gelten sie als einer der gefragtesten Folk-Acts der Szene. Angesiedelt irgendwo zwischen der US-amerikanischen Girl Group „The Andrews Sisters“ und den auch hierzulande bekannten Country Band „Dixie Chicks“.

Stimmungsvoll ist das alles, aber auch überaus gekonnt. Perfekter dreistimmiger Gesang gepaart mit größter Musikalität, zeitlose Kompositionen und Texte, eine stete Bühnenpräsenz und der Spaß am Überschreiten von Genregrenzen machen die frei jungen Damen aus. Vergleiche zu ziehen fällt schwer, die „Henry Girls“ haben mit ihrer Musik eine Nische aufgetan, die bislang einfach noch nicht besetzt war. Im Grunde geht es immer um den folkigen Americana-Sound, allerdings kommen bei den „Henry Girls“ die traditionellen Klänge ihrer Heimat dazu, die keltischen Wurzeln, die sie in keinen ihrer Songs verstecken. Trotzdem hat das ganze echtes Hitpotential, zumal bei den ganz neuen Songs wie etwa „Rebel Girl“.

Dazu kommt die charmante Moderation von Karen und Lorna, die absolut spontan wirkt, Man nimmt es dem Trio einfach ab, dass es Spaß am Musizieren, Spaß an der Bühne hat und nicht einfach nur ein Programm abspult. Ganz locker lassen die drei auch die Pause angehen. Sie verkaufen im Foyer ihre CDs, geben Autogramme und stehen für Selfies zur Verfügung. Alles absolut sympathisch, ganz natürlich, nichts ist gekünstelt, keine Spur von Routine.

Ihr Debüt hatten die „Henry Girls“, die sich nach ihrem eigenen Großvater benannt haben, 2003 mit dem Album „Between Us“. Seit ihrer Kindheit in dem kleinen Städtchen Malin, dem nördlichsten Dorf Irlands, musizieren sie zusammen, aber erst im Jahr 2010 hatten sie sich entschieden, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Mit Riesenerfolg, denn seitdem sind sie auf den Bühnen der Welt zuhause und tourten sogar schon durch die USA. Ihr Album „December Moon“ aus dem Jahr 2011 ist ein Renner auf Spotify. 2014 folgte „Louder than words“. Zuletzt das Live-Album „Shout Sister Shout“ aus dem Jahr 2020. Live ist die irische Frauenpower halt doch am besten.

Bilder:
„The Henry Girls“: Karen, Lorna und Joleen McLaughlin sorgten am Samstagabend bei den Helmbrechtser Kulturwelten einmal mehr für Aufsehen.

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28.07.2022

Blasmusik bei Bier und Bratwürsten / Serenade zur Einstimmung auf die Bierwoche mit der Stadtkapelle

Kulmbach. Mit der Bierfestserenade auf dem Marktplatz hat die Stadtkapelle nach zwei Jahren Pause am Donnerstagabend eine liebgewonnene Tradition wieder aufgenommen. Altbekannte Märsche und Polkas, wie der Kaiserjäger-Marsch oder der Tölzer Schützenmarsch, standen dabei genauso auf dem Programm, wie breite Symphonik mit der Lustspielouvertüre von Bela Keler oder große Oper mit bekannten Arien und Chören von Giuseppe Verdi. Mit dem „Böhmischen Traum“ von Norbert Gälle hatte die Stadtkapelle unter ihrem langjährigen Dirigenten Thomas Besand auch den absoluten Mega-Hit der Blasmusik im Programm. Gedacht ist das Ganze als willkommene musikalische Einstimmung auf die Bierwoche als das größte Fest, das es in Kulmbach gibt.

Klassisch, traditionell, aber auch ein wenig modern, so lautete das Motto. Es war eigentlich viel mehr als eine Serenade, es war ein zweistündiges Konzert, kein Standkonzert, sondern ein hochklassiges Open Air, umsonst und draußen, das zeitweise mehrere hundert Zuhörer auf dem Marktplatz und rundum in der Gastronomie verfolgten. Die einen mit einem Eisbecher, die anderen mit einem Cappuccino , wieder andere mit einem Weißbier, oder auch zwei, und natürlich mit Bratwürsten in der Hand.

Langjährige Serenaden-Fans hatten ihren aufklappbaren Campingstuhl dabei. Bis in die Dunkelheit hinein erfüllte das große Blasorchester die Innenstadt mit einer abwechslungsreichen Mischung bekannter Melodien, wie gewohnt stets perfekt einstudiert von Thomas Besand. Er leitet den Klangkörper bereits seit 1991 und wurde erst kürzlich beim Konzert zum 170-jährigen Bestehen zum Ehrendirigenten ernannt.

So sorgte die Stadtkapelle beispielsweise mit dem Florentiner Marsch von Julius Fucik für italienisches Flair auf dem Marktplatz. Südländische Klänge gab es mit dem „Spanischen Zigeunertanz“ von Pascual Marquina Narro und für die Neue Welt stand ein großer George-Gershwin-Querschnitt. Auch solistische Einlagen gab es, etwa beim Dauerohrwurm, dem Mitternachtsblues von Franz Grothe, den Wolfgang Diem in gewohnter erstklassiger Wese intonierte. Bei der letzten Zugabe, dem Deutschmeister-Regimentsmarsch von Wilhelm Jurek war es schon so dunkel, dass die Musiker gerade noch ihre Noten lesen konnten, dafür war der Marktplatz traumhaft beleuchtet.

Die Serenade gab der Blasmusikszene nach den zwei ruhigen Corona-Jahren wieder Klang und Gesicht. Dafür stand auch der Besuch von Thomas Kolb, dem Vizepräsidenten des Nordbayerischen Musikbundes. Hatte doch so manche Formation, ähnlich wie Sportvereine oder andere Zusammenschlüsse, in den zurückliegenden Monaten sehr gelitten. Diejenigen, die ohnehin aus Altersgründen aufhören wollten, haben das auch getan. Nachwuchs gab es mangels Veranstaltungen kaum. Insofern war der Abend auch allerbeste Werbung für die Stadtkapelle als das Aushängeschild für Kulmbach.

Bilder: Die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand bei der traditionellen Bierfestserenade am Donnerstagabend auf dem Marktplatz.

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24.07.2022

Zeichen von Hoffnung und Zuversicht / Eindrucksvolle Aufführung von Mendelssohns „Lobgesang“ mit der Kulmbacher Kantorei

Kulmbach. Krieg, Krankheiten, Krisen: passt da ein Lobgesang in diese Zeit? Die Kulmbacher Kantorei hat diese Frage ganz zurecht mit einem klaren ja beantwortet. Musik drückt schließlich meistens auch ein Stückweit Hoffnung, Zuversicht und Optimismus aus, erst recht Felix Mendelssohn Bartholdys 2. Sinfonie op. 52, eigentlich eine Sinfonie-Kantate, besser bekannt als „Lobgesang“. Die Aufführung der Kulmbacher Kantorei mit dem Orchester Musica Juventa Halle unter Stadt- und Dekanatskantor Christian Reitenspieß am Sonntag in der Petri-Kirche war deshalb nicht nur ein musikalisches Ereignis, sondern setzte ein Zeichen. Auch in dunklen Zeiten lebten die Menschen immer von Hoffnung, wie sie in dieser Musik zum Ausdruck kommt.

Allerdings hatten Christian Reitenspieß und die Kantorei den Lobgesang mit zwei Werke eingerahmt, um die Komposition besser einordnen zu können: den 2. Satz aus Ludwig van Beethovens 7. Symphonie und Mendelssohns kleiner Choralkantate „Verleih uns Frieden gnädiglich“, schlicht wie ergreifend vertont. Besser hätte man das kaum zusammenstellen können. Als Beethoven mit der Komposition seiner Siebten begann, plante Napoleon gerade seinen Feldzug gegen Russland. Somit gilt die 7. Symphonie als Auseinandersetzung mit Napoleon und dessen Politik im Kontext der europäischen Befreiungskriege. Christian Reitenspieß und die Musica Juventa setzen vor allem auf den feierlichen Charakter dieses Satzes, als eine Art Ouvertüre für den „Lobgesang“

Mendelssohn scherte sich in seiner 2. Sinfonie aus dem Jahr 1840 wenig um die Gattungstradition, was die Diskrepanz zwischen den drei Instrumentalsätzen und dem langen kantatenähnlichen Finalsatz deutlich aufzeigt. Dem Komponisten ging es vielmehr um die Idee eines religiösen „Lobgesangs“, der sich vom Orchester in den Chor und schließlich in die Solo-Stimmen fortbewegt. „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“, heißt es zu Beginn. Dazu tönen die Posaunen, ungewöhnlich lange bevor der Chor das Psalmzitat mit diesem Posaunenmotiv anstimmt. Christian Reitenspieß und die Musica Juventa nehmen nicht nur diesen Part sondern das gesamte Werk auffallend zügig und vorwärtsdrängend.

Dem vor allem in den Männerstimmen schon etwas unterbesetzten Chor wird dabei aller Freiraum gelassen, so dass sich der Vokalklang entfalten kann. Das gilt auch für die Solisten Anna Gann aus Meiningen und Natalia Mattas-Weiche aus Kulmbach (beide Sopran), sowie Florian Brauer aus Kassel (Tenor). Etwa in dem Duett „Ich harrete des Herrn“ , das die beiden Damen jugendlich frisch und mit Vibrato intonieren. Auch der Tenor Florian Brauer hinterlässt mit präsenter Stimmgebung, Brillanz, Eindringlichkeit und prima Textverständlichkeit einen hervorragenden Eindruck. Was die Durchhörbarkeit, aber auch Mendelssohns typische Leichtigkeit angeht, lassen Reitenspieß, seine Kantorei und die Musica Juventa kaum Wünsche offen.

Allerdings ist die Musik Mendelssohns eben nicht nur lauter Jubel, sondern auch Ausdruck menschlicher Angst und das wird in seiner Choralkantate „Verleih uns Frieden gnädiglich“ deutlich. Der Komponist hatte mit seinen Chorwerken auf harmonischer und melodischer Ebene vielfach Neues geschaffen. Unerschöpflich ist eben die Fülle seiner der geistlichen Chormusik und so führt die Kantorei dieses Werk mit struktureller Klarheit und Transparenz auf und verschmilzt so zu einem wunderbar homogenen Klangkörper.

Bild (oben): Die Kulmbacher Kantorei, das Orchester Musica Juventa aus Halle unter der Leitung von Christian Reitenspieß führten in der Petri-Kirche unter anderem den „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn Bartholdy auf.

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17.07.2022

Klassik auf der Burg: Frauenpower im Schönen Hof / Morgenstimmung am Abend - Jubel für die Nürnberger Symphoniker unter Lucie Leguay bei den Plassenburg-Open-Airs

Kulmbach. Diesmal setzten die Nürnberger Symphoniker den Schlusspunkt der Open-Air-Woche im Schönen Hof der Plassenburg. Nach ihrer vielbeachteten Premiere im Jahr 2019 wurde mit der fabelhaften französischen Dirigentin Lucie Leguay und der herausragenden österreichischen Trompetensolistin Selina Ott Frauenpower ganz groß geschrieben.

Dirigentin Lucie Leguay hatte dazu ein außergewöhnliches, doch nicht minder populäres Programm ausgewählt. Im Mittelpunt stand dabei das Trompetenkonzert des erst 2012 verstorbenen armenischen Komponisten Alexander Arutjunjan. Mit Selina Ott als präsentieren die Nürnberger Symphoniker eine überaus erfolgreiche junge Musikerin. 2021 wurde sie für ihr Debüt-Album „Trumpet Concertos“ mit dem begehrten Klassik-Preis Opus ausgezeichnet. Darüber hinaus gewann sie im Jahr 2018 als erste Frau überhaupt in der Geschichte des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD den 1. Preis in der Kategorie Trompete. Die junge Selina Ott bezaubert mit schön klar fokussiertem Blechklangstrahl mal ruhig, sanft und geschmeidig, mal im knackigen Staccato, trillernd und virtuos die Zuhörer. Nur die Schwalben und Mauersegler im Burghof scheinen ihr Revier lautstark verteidigen zu wollen.

Lucie Leguay, die schon jetzt als eine der erfolgreichsten jungen europäischen Dirigentinnen gilt und von der man bestimmt noch viel hören wird, hatte zu Beginn die Suite aus dem Ballett „Sylvia“ von Léo Delibes aufs Programm gesetzt. Sie stellt dabei ein geschärftes Ohr für die klangfarbliche Palette der an reizvollen Exotismen so reichen Partitur unter Beweis. Mit eindrucksvoller Könnerschaft gestaltet sie den dramatischen Verlauf ebenso spannungsreich wie stringent. So entsteht eine duftig zarte, beschwingt temperamentvolle Aufführung des leider und zu Unrecht etwas in Vergessenheit geratenen Balletts.

Ganz und gar nicht in Vergessen geraten, sondern noch immer zu den in Konzerten am meisten gespielten Werken zählen die beiden Peer-Gynt-Suiten des Norwegers Edvard Grieg. Warum die Nürnberger Symphoniker lediglich zwei Sätze aus der ersten und zwei Sätze aus der zweiten Suite spielen, erschließt sich nicht. Und warum ausgerechnet „Peer Gynts Heimkehr“ und „Solveigs Lied“ aus der zweiten und die berühmte „Morgenstimmung“ und die „Halle des Bergkönigs“ aus der ersten Suite, und dann auch noch in dieser Reihenfolge, bleibt das Geheimnis von Lucie Leguay. Absolute Klasse hatte die Aufführung trotzdem.

Die Dirigentin versenkt sich regelrecht in die Partitur, hat viel Gespür für die Mittelstimmen und Legato-Bögen. Monumentale Stimmungsbilder tun sich auf, wenn die Symphoniker die „Morgenstimmung“ oder „Solvejgs Lied“ erklingen lassen. Ungemein farbige ist das alles, lebendige und spannende Musik, poetisch, elegisch und fantasievoll dargebracht.

Mit dem Tango „Jalousie“ des dänischen Komponisten Nils Wilhelm Gade hatten Lucie Leguay und die Nürnberger Symphoniker noch so einen Edelstein ausgegraben. Gade wäre heute weitgehend vergessen, hätte sein Freund Robert Schumann nicht den musikalischen Nachnamen seines Freundes in seinem „Album für die Jugend“ verewigt. Zu hören sind eher edle romantische Klänge, hinsichtlich ihres Aufbaus schlichtweg meisterhaft. Unter ihrer Dirigentin spielen die Symphoniker höchst charaktervoll, im besten Sinne im eloquent.

Bereits im ersten Teil gab es den „Sommer“ aus Alexander Glasunows „Jahreszeiten“, wohldosiert und bemerkenswert klangschön dargebracht. Am Ende holt das Orchester bei Peter Tschaikowksy „Capriccio Italien“, einem echten Ohrwurm der Musikgeschichte, mit blitzeblanken Bläserfanfaren zu einem sensationell klangkulinarischen Schlusspunkt aus.

Noch so ein Ohrwurm sind auch die Napoli-Variationen für Trompete des deutsch-amerikanischen Trompeters Hermann Bellstedt, die einmal mehr die Solistin Selina Ott blitzsauber und absolut virtuos zur Aufführung bringt. Zwei Ohrwürmer haben die Nürnberger Symphoniker und Lucie Leguay als Zugaben vorbereitet: den Blumenwalzer aus der Nussknacker-Suite von Peter Tschaikowky und das originelle Bravourstück „Bugler´s Holiday“ des US-Amerikaners Leroy Anderson.

Bilder: Die Nürnberger Symphoniker unter der jungen Dirigentin Lucie Legua beendeten die Plassenburg-Open-Airs am Sonntag mit einem furiosen Konzertabend.

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16.07.2002

Rock im Breitwandformat / Barclay James Harvest bei den Plassenburg Open Airs

Kulmbach. Ihr Berlin-Konzert 1980 machte sie unsterblich, die britische Rock-Band Barclay James Harvest. In keinem Teenager-Plattenschrank durfte das „Concert for the people“ fehlen, die Gruppe ist längst Kult. Damals war Barclay James Harvest am Zenit seines Erfolges. Heute, über 40 Jahre später, gibt es die Band noch immer. Auch wenn sie mittlerweile in zwei Teile zerfallen ist. Der Teil, in dem der Bassist, Songschreiber, Gründer und Sänger Les Holroyd als Frontman aktiv ist, war so etwas wie der Haupt-Act in diesem Jahr bei den Plassenburg Open Airs. Und die rund 1300 Fans, was so viel wie ausverkauft bedeutet, wurden nicht enttäuscht.

Barclay James Harvest, das ist britischer Progressive-Rock mit langen Stücken, sich scheinbar endlos aufbauenden Einleitungen und einem orchestral geprägten Stil. Nicht selten dauert ein Titel zehn bis zwölf Minuten. 1967 wurde die Band gegründet, 1998 kamen die jetzige Formation und Les Holroyd zusammen. Die Titel sind die gleichen geblieben: Allen voran der Welthit „Life is for living“, der fröhliche 80er Pop-Schlager, der natürlich auch im Schönen Hof der Plassenburg nicht fehlen darf und als letzte Zugabe in ganz eigenwilligem Arrangement erklingt. Dazu kommen echte BJH-Klassiker wie „Hymn“, „Mockingbird“, „Rock´n roll star“, „Love on the line“ oder „Victim of circumstance“. Aber auch neue Songs gibt es „Fly away“ beispielsweise, oder „Tonight is gonna be the night“ werden gespielt und zeigen, dass sich die Band durchaus auch musikalisch weiterentwickelt hat.

„BJH“, das sind aber vor allem die subtilsten Vertreter des Klassik-Rock-Genres, deren Klänge immer auch etwas Esoterisches haben. Doch sie können auch richtig rocken, wie die Performance auf der Plassenburg zeigte. Auch wenn neben Les Holroyd (74) keiner der Gründer mehr dabei ist, so sind es doch fabelhafte Musiker, die das Original-BJH-Feeling auf die Bühne zaubern: Mike Byron Hehir und Steve Butler an den Gitarren, Colin Browne an den Keyboards, und Louie Palmer am Schlagzeug. Breitwandformat hat das alles, großflächiger Keyboard-Sound mit fetten Synthie-Bässen und ausgeklügelten elektronischen Effekten.

Die Fans, teilweise von weither angereist, feiern ihre Helden. Les Holroyd und seine Musiker sind, wie ein Blick auf den Tourplan zeigt, noch immer pausenlos unterwegs. Ansage und Zwischentexte sind allerdings nicht so sein Ding. Er sagt nur das Allernötigste und lässt die Musik für sich sprechen. Wenn Les Holroyd zu Beginn die Frage stellt, ob jemand aus Tauberbischofsheim anwesend ist, dann deshalb, weil er selbst – man glaubt es kaum - seit Jahren in Tauberbischofsheim lebt.

Die CD mit dem legendären Berlin-Konzert, das damals eine viertel Million Zuschauer allein diesseits der Mauer anlockte, wurde noch immer am Merchandising-Stand verkauft und fand als ein Stück Musikgeschichte zum mit nach Hause nehmen auch diesmal wieder reißenden Absatz.

Bilder: Barclay James Harvest mit dem legendären Gründer, Bassisten und Frontman Les Holroyd mit Schönen Hof der Plassenburg.

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14.07.2022

Irischer Sommer im Burghof / Zurück zu den Wurzeln: Angelo Kelly und seine Familie bei den Plassenburg Open Airs

Kulmbach. Einst tourten sie mit dem Bus durch ganz Europa, später füllten sie die größten Hallen, lösten eine unbeschreibliche Euphorie aus und verkauften um die 20 Millionen Tonträger. Dann feierte die Kelly Family nach vielen Jahren ein großes und überaus erfolgreiches Comeback mit reihenweise ausverkauften Konzerten. Nun aber konzentriert sich das damals jüngste Mitglied Angelo Kelly (40), der einst nicht nur Lead-Sänger, sondern auch Teenie-Star und Mädchenschwarm war, wieder ganz auf seine Wurzeln. Der irisch-amerikanische Musiker lud seine Fans am Donnerstagabend in Kulmbach zu einer stimmungsvollen Reise in seine Heimat ein.

Angelo Kelly und seine Familie haben im Rahmen ihrer „Irish Summer Tour“ den irischen Sommer auf die Plassenburg gebracht. Fast sah es so aus, als würde ein kräftiger und unangekündigter Regenschauer plötzlich alles zunichtemachen, doch pünktlich zu Konzertbeginn lockerten die Wolken auf und dem Auftritt stand nichts mehr im Wege.

Ein von den irischen Wurzeln der Familie inspirierter Konzertabend mit Angelo Kelly, seiner Frau Kira und den Kindern Gabriel, Helen, Emma, Joseph und William, der jüngste sechs, die älteste 21 Jahre alt, setzte nahezu komplett auf Popmusik mit irischem Einschlag. Die Titel stammten vor allem aus den Erfolgsalben „Irish Heart“ (2018) und dem „Coming home“ (2020). Unterstützt wurde die Familie auf der Bühne von einer Handvoll irischen Musikern.

Mit der Kelly Family von einst hat das alles nichts mehr zu tun. Die Musik erklingt deutlich gereift und gewachsen. Zumal fast alle Kompositionen von Angelo, Kira und den Kindern stammen. Das zeigt einmal mehr, welches enorme Talent in dieser Familie steckt. Angelo Kelly konnte ja schon früh echte Welterfolge feiern. Mittlerweile ist es ihm mühelos gelungen, mit seiner eigenen Familie an die alten Zeiten anzuknüpfen. Angelo hatte bereits mit sieben Jahren seinen ersten eigenen Song geschrieben und seitdem eine beachtliche Karriere als Musiker, zunächst als Gitarrist, dann als Schlagzeuger gemacht.

„Das neue Album strahlt tatsächlich etwas sehr Heimisches aus“, erklärte Angelo Kelly. „Wir waren schon immer eine Familienband. Hier wird einfach nur Musik gemacht, im Mittelpunkt stehen hier ganz klar unsere Lieder und deren Geschichten. Songs wie „Irish heart“, „Let go“ oder „Love side effects“ wechseln sich ab mit Erfolgstitels wie „Always be there“, „Fly away“ oder „On the road“. Bei den schnellen Titeln herrscht Ausnahmestimmung im schönen Hof. Kaum einer, den es noch auf seinem Platz hält, viele tanzen mit, klatschen rhythmisch in die Hände oder jubeln den Kelly einfach nur zu.

Nur die erste halbe Stunde lang auf der Bühne zu sehen war der jüngste Sohn Wiliam. Weil er in der Vor-Corona-Zeit am Abend mit auf der Bühne stand, erhielt Angelo Kelly ein saftiges Bußgeld. Offensichtlich hatte die Polizei damals nichts Besseres zu tun. Diesmal also war für den Jüngsten punkt acht Schluss, allerdings sang er vorher gleich zwei Titel, „Take me home“ und „Danny Boy“.

Am Ende gibt es nahezu unbeschreiblichen Jubel, als Angelo Kelly und seine Familie das irische Traditional „The Rover“ anstimmen. Die rund 1200 Besucher schunkeln begeistert mit. Kein Wunder, ist der Titel doch hierzulande als Stimmungskracher mit dem Text „An der Nordsüdküste“ bekannt.

Fotos: Angelo Kelly und seine Familie Open-Airs am Donnerstagabend bei den Plassenburg-Open-Airs.

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13.07.2022

Rock´n Roll im Burghof / Spider Murphy Gang bei den Plassenburg Open Airs

Kulmbach. Am Ende wollen sie gar nicht mehr aufhören, den Schönen Hof zu rocken. Sie haben alle Hits im Gepäck und in den über 40 Jahren Bandgeschichte der Spider Murphy Gang sind da aber auch einige zusammen gekommen. Eine komplette Playlist nur bayerischer Rock´n Roll, würde man heute sagen. Nach acht Jahren Pause machte die Spider Murphy Gang wieder einmal Station bei den Plassenburg-Open-Airs und begeisterte ihr Publikum wie eh und je. Echte Rock´n Roller werden eben kaum älter.

Da steppten die „Rock´n Roll Schuah“, bei tropischen Temperaturen schwärmte man vom „Sommer in der Stadt“ und von der Maß unterm „Kastanienbaum“, mit „Peep Peep“ gab es eine Reminiszenz an die Neue Deutsche Welle. Günther Sigl sang „Pfüati Gott, Elisabeth“ und schwärmte von „Renate“ und von der „Schickeria“. Man kennt sie einfach alle, die Lieder der Spider Murphy Gang, und so springt der Funke schnell über, über 900 Zuschauer wippen im Takt, klatschen, jubeln, tanzen und feiern die Spiders.

Daneben gab es aber auch echte Klassiker des Rock´n Roll, von Chuck Berry bis hin zu Elvis Presley, aus dessen Song Jailhouse Rock der Bandname stammt. Songs wie „That´s alright Mama“ durften deshalb nicht fehlen. Unplugged passte da sehr gut, denn der Rock´n Roll war ganz am Anfang ja auch nicht elektrisch. Damals wurden lediglich die Gitarren verstärkt. Deshalb sah Günther Sigl den Abend denn auch als ein Stückweit „back to the roots“.

So ganz unplugged war das dann freilich doch nicht. Zumindest hatten Günther Sigl und seine sechs Musiker hauptsächlich akustische Instrumente mitgebracht, also keine E-Gitarren. Das war es dann aber auch schon, der Auftritt war aber trotzdem genauso mitreißend wie immer. Das liegt auch an der charmanten Art Günther Sigls, die Bandgeschichte Revue passieren zu lassen.

Als eine der Zugaben gab es unter anderem den Riesenhit „Skandal im Sperrbezirk“ von 1981. Weil das Wort „Nutten“ drin vorkam, wurde es auf Betreiben der Kirche vom Bayerischen Rundfunk damals nicht gespielt. Für Günther Sigl die beste Werbung für den Song und für die Band, wie er viel später in seiner Biographie schrieb. Was für eine Parallele zur aktuellen Diskussion um den Layla-Song. Auch Musikgeschichte wiederholt sich eben.

Gegründet hatte die Band Günther Sigl bereits 1977 zusammen mit dem Gitarristen Barny Murphy, der diesmal wegen seiner Quarantäne nicht dabei war. Vertreten wurde er vom jungen Gitarristen Luis Thomas. Der Rest der Band, das sind in der aktuellen Besetzung: Willie Duncan (Gitarre), Otto Staniloi (Saxophon), Andreas Keller (Schlagzeug) und Ludwig Seuss (Piano). Letzterer ist nicht nur ein ausgezeichneter Pianist, sondern auch ein vielseitiger Musiker, was er solo und ganz alleine auf der Bühne nach der Pause eindrucksvoll mit einem rasanten Boogie-Woogie unter Beweis stellt.

Bilder: Die Spider Murphy Gang mit Frontman Günther Sigl am Mittwochabend beim Open-Air-Konzert im Schönen Hof der Plassenburg.

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08.07.2022

Harmonisch und heiter / Robert Schumann mit Lisa Wellisch und Tatjana Uhde im Altenstädter Schloss

Pegnitz. Mythen und Märchen als Inspiration für eine bessere Welt. Das ist es, was viele Schriftsteller und Komponisten der Romantik mit ihrem Schaffen beabsichtigt haben. Die Wirklichkeit verschleiern mit träumerischen Bildern und fantastischen Erzählungen, das ist die romantische Schaffensweise unter anderem von Robert Schumann. Die Pianistin Lisa Wellisch und die Cellistin Tatjana Uhde haben sich der „Märchenbilder“ interpretatorisch angenommen und ihnen am Freitag ein kleines Konzert mit spätromantischer Kammermusik im Altenstädter Schloss gewidmet.

Schumanns viersätziger Zyklus „Märchenbilder“ und seine „Fantasiestücke“, das sind traumhaft schöne Melodien. In ihrem Programm vereinen die beiden hochkarätigen Künstlerinnen Fantasie und märchenhafte Geschichten. Dazu haben sie unter anderem mit einer Komposition des weitgehend unbekannten russisch-schweizer Komponisten Paul Juon ein weiteres Werk ins Programm genommen, das den Titel „Märchen“ schon in der Bezeichnung trägt.

Lisa Wellisch und Tatjana Uhde musizieren die technisch anspruchsvollen Werke volkstümlich-tänzerisch entspannt, heiter und idyllisch gelassen. Am eindrucksvollstes bleibt das singende Cello von Tatjana Uhde, Solocellistin des Orchesters der Nationaloper Paris und seit 2013 Mitglied im Bayreuther Festspielorchester, im Ohr. Ihr Spiel ist so virtuos, weil sie sämtliche klangfarblichen Möglichkeiten ihres Instruments wirkungsvoll ausreizt.

Schumanns „Fantasiestücke“ op. 73 und seine „Märchenbilder“ op. 133 sind für die beiden Künstlerinnen ganz offensichtlich eine Herzensangelegenheit. Da werden weite Melodiebögen ausgespannt, die vielen zarten Wendungen werden hörbar und führen zu eindrucksvollen, zeitlos klingenden Ergebnissen. Keine der beiden Musikerinnen spielt sich dabei in den Vordergrund, das wäre bei Schumann auch gar nicht möglich, denn die Melodie ist stets im größeren Zusammenhang gedacht und stellt nicht unbedingt auf ein Soloinstrument ab.

Auf seine Wiederentdeckung wartet dagegen noch der Komponist Paul Juon. Seine Werke sind, wie auch das dargebotene „Märchen“ op. 8 im spätromantischen Stil gehalten und besitzen eine ganz eigene Klangsprache. Die beiden Musikerinnen seien eigentlich zufällig darauf gestoßen, berichtet Lisa Wellisch. Man habe etwas gesucht, das zum Thema „Märchenbilder“ passt. Da sei man auf Paul Juon gekommen, der von seinen Lebensdaten (1842 – 1940) eigentlich nicht mehr in die Romantik passt, aber dennoch in einer Art Volkston komponiert hatte, die in der Romantik so belIebt war.

Die Künstlerinnen erweisen sich als lang schon eingespieltes und harmonisch aufeinander abgestimmtes Team. Kein Wunder, sind sie mit diesem Programm doch schon oft zusammen aufgetreten und haben es auch schon auf eine viel beachtete CD eingespielt. Schade nur, dass das Programm so kurz war. Das zahlenmäßig nicht gerade üppig erschienene Publikum hätte gerne noch die eine oder andere romantische Komposition gehört.

Bild: Die Pianistin Lisa Wellisch und die Cellistin Tatjana Uhde gastieren mit ihrem Programm „Märchenbilder“ im Altenstädter Schloss.

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03.07.2022

Makelloses Spiel und musikalische Fantasie / Terzo Brass und Roland Weiss eröffneten 51. Pegnitzer Sommerkonzerte

Pegnitz. Der Abendchoral „Mein schönste Zier und Kleinod bist auf Erden du, Herr Jesu Christ“ von Johann Eccard aus dem Jahr 1598 gab dem Konzert seinen Namen. Mit festlichen Orgel- und Bläserklänge sind am Sonntagabend die 51. Pegnitzer Sommerkonzerte in der St.-Bartholomäuskirche eröffnet worden. Ausführende waren das Bayreuther Blechbläserquintett sowie der Gründer der Sommerkonzerte, der langjährige Dekanatskantor Roland Weiss.

„Terzo Brass“, das sind René Bauer und Michael Lindner, (beide Trompete), Eckhard Bosch (Waldhorn), Karl Hufnagel (Bassposaune) und der Leiter Klaus Hammer (Posaune), der auch kurzweilig und mit seinem ganz eigenen Humor durch das Programm führte. Die fünf exzellenten, technisch virtuosen und stilsicheren Bläser musizieren seit fünf Jahren regelmäßig zusammen. Gegründet hat sich das Quintett anlässlich der Eröffnung der Landesgartenschau 2016 in Bayreuth.

Einmal mehr präsentierten sich die Instrumentalisten auf phänomenalem Niveau. Schlank im Klang und perfekt in Intonation und Artikulation. Die Skala reichte von tiefer Ergriffenheit über das impulsiv Dramatische bis hin zur wiegenden Luftigkeit und ansteckenden Ausgelassenheit.  

Neben dem Abendchoral stand beispielsweise das Trumpet Voluntary des englischen Barock-Komponisten Jeremiah Clarke auf dem Programm. Die Musiker begeistern ihr Publikum dabei gleich zu Beginn mit makellosem Spiel und musikalische Phantasie im Zusammenspiel mit der Orgel von der Empore aus. Kein Konzert dieser Art ohne Johann Sebastian Bach. Von ihm wählten die Musiker den Choral „Mein Geist sei fröhlich“ aus seiner Kantate 146 aus, das sie strahlend klar, stilsicher und in besten Bläsersound aufführten.

Ein echter Klassiker für Bläserformationen ist das Quintett Nummer 1 des russischen Komponisten Victor Ewald. Dekanatskantor Jens Fuhr hätte zwar lieber ein Stück von einem ukrainische Komponisten ins Programm genommen, doch die Musiker konnten einfach keines finden. Doch Klaus Hammer verteidigte den russischen Tonsetzer. „Was kann ein Komponist aus dem vorvorigen Jahrhundert dafür, was heute passiert?“, sagte er.

Von Viktor Ewald, einem passionierten Tuba-Spieler sind heute besonders seine Blechbläserquintette bekannt. Victor Ewald war es auch, der die Gattung des Blechbläserquintetts in der Besetzung mit zwei Trompeten, Horn, Posaune und Tuba, wie sie bis heute verbindlich geblieben ist. Seine drei Werke in dieser Besetzung sind bis heute unverzichtbar, Originalmusik für Brass Quintett sozusagen, in die Zukunft weisend, aber trotzdem noch der Tradition verhaftet. Die Musiker von Terzo Brass lassen besonders die reiche Harmonik der Komposition mit perfektem Blechklang aufblitzen und setzen dabei gekonnt inszenierte Klangwirkungen ein.

Nicht fehlten durften swingende Klänge, etwa bei „Kraken“ des britischen Komponisten Chris Hazell oder die stilbildende Komposition „Blue“ im ungewöhnlichen Zwölf-Achtel-Takt von Thomas Gansch. Zwei ganz besondere Zugaben hatte Terzo Brass auf Lager: den Pegnitzer Glück-auf-Marsch, in einem verfremdeten Arrangement des anwesenden Robert Bernd aus Leups. Er hatte in den Traditionsmarsch unter anderem auch Anklänge aus Edward Elgard Pomp an Circumstance eingebaut. Die zweite Zugabe war das Mottolied zum Landesposaunentag am kommenden Wochenede in Nürnberg mit dem Titel „Um Himmels Willen“.

Aufgelockert wurde der Auftritt des Ensembles Terzo Brass Roland Weiss an der Walcker-Orgel der Bartholomäuskirche. Er spielte das „Andante Cantabile“ aus der 4. Orgelsinfonie des französischen Romantikers Charles-Marie Widor mit enormer Virtuosität und Griffsicherheit. Unter den Fingern von Roland Weiss kann die Orgel mit Hochglanz auftrumpfen. Sein Wechselspiel zwischen energisch-motorischer Virtuosität und feinfühliger Akribie such seinesgleichen. Ebenso in der Komposition "Monastery Hymn at Sunrise", also dem "Klostergesang bei Sonnenaufgang". Auch hier über wiegt ein beeindruckend, sehr effektvolles farbiges Linien- und Flächenspiel, das sich langsam bis ins Fortisssimo steigert und an dessen Ende sogar das Glockenspiel zum Einsatz kommt.

Bild: Das Blechbläserquintett „Terzo Brass“ hat die 51. Pegnitzer Sommerkonzerte eröffnet.

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03.07.2022

Ein Stern am Himmel der Kultur / Empfang um 50. Geburtstag der Pegnitzer Sommerkonzerte

Pegnitz. Aus kleinsten bescheidenen Anfängen heraus haben sich die Pegnitzer Sommerkonzerte zu einer etablierten und weit über die Landkreisgrenzen bekannten Konzertreihe entwickelt. Alljährlich gibt es im Juli und August Musik der verschiedensten Stilrichtungen in unterschiedlichster Besetzung, vom Solokonzert bis zum Orchesterwerk in den Kirchen und an anderen Spielstätten in der Region. 1972 hatte alles begonnen. Grund genug, nicht nur mit einem Festgottesdienst und einem Festkonzert den 50. Geburtstag zu feiern, sondern auch zusammen mit den Verantwortlichen, Mitstreitern und Förderern bei einem kleinen Empfang im Gemeindehaus die vergangenen fünf Jahrzehnte Revue passieren zu lassen.

Gründervater war der langjährige Dekanatskantor Roland Weiss. Erste Überlegungen für die neue Konzertreihe reichten bis in das Jahr 1971 zurück, erinnerte er sich. Damals sei nicht nur die neue Orgel in der Bartholomäus-Kirche eingeweiht worden, damals fand auch die Gebietsreform statt, die das Ende des Pegnitzer Landkreises bedeutete. Sein Ziel sei es gewesen, kein kulturelles Vakuum zwischen Bayreuth und dem Nürnberger Land entstehen zu lassen.

Für die ersten Konzerte habe man Musiker aus dem Bayreuther Festspielorchester zu günstigen Bedingungen engagieren können. Auch die Besucher seien damals, an spielfreien Tagen, hauptsächlich Festspielgästen gewesen. „Die Ausführenden sollten Profis sein, aber die Eintrittsgelder sollten möglichst niedrig sein“, erklärte Roland Weiss ein weiteres Ziel, das auch erreicht wurde. Ganz wichtig für ihn damals: Die Durchführung der Konzertreihe war eine Privatinitiative gewesen. Erst seit 2003 gehörte sie zu den Dienstaufgaben des Dekanatskantors, der ab 2003 Jens Fuhr hieß.

„Mit den Pegnitzer Sommerkonzerten leisteten alle Verantwortlichen einen wichtigen Beitrag für das kulturelle Leben im Landkreis“, sagte Landrat Florian Wiedemann. Er hob besonders die breite Vielfalt des musikalischen Angebots hervor, das von der Renaissance bis zur Musik der Gegenwart reiche. Ein weiterer Gratulant war Bürgermeister Wolfgang Nierhoff. Die Sommerkonzerte bauten viele Brücken zwischen den Mensch, sie brächten Jung und Alt, aber auch Stadt und Land zusammen und seien ein wichtiger Standortfaktor für Pegnitz.

Dank und Anerkennung für die Bayerische Landeskirche überbrachte Christoph Emanuel Seitz, stellvertretender Landeskirchenmusikdirektor und Dekanatskantor von Aschaffenburg. Er verglich die Durchführung einer derartigen Musikreihe mit einem Marathonlauf. So weit sei jedenfalls der Weg von der Idee zur Umsetzung. Der frühere Regionalbischof und einstige Dekan Christian Schmidt überbrachte seine Glückwünsche in Versform und nannte die Sommerkonzerte „einen Stern am Himmel der Kultur“. An unvergessliche Sommerabende erinnerte sich Ulrike Schönauer, die für ihren erkrankten Mann Gerhard Schönauer gratulierte. Die Sommerkonzerte seien ein echter Segen, für die Gemeinde, für die Stadt und das gesamte Dekanat.

Im Grunde könne man Corona schon fast dankbar sein, so Kirchenmusikdirektor Jörg Fuhr. Zuletzt hätten so viele Menschen regelrecht gedrängt, die Konzerte wieder besuchen zu dürfen. „Die Sommerkonzerte sind eben zu einer festen Institution geworden“, brachte es Dekan Markus Rausch auf den Punkt.

Der Empfang im Gemeindehaus wurde vom Posaunenchor und von Mitgliedern der Kantorei festlich umrahmt. Gründervater Roland Weiss ließ es sich dabei nicht nehmen, im Posaunenchor mitzuspielen.

Bild: „Geh aus, mein Herz“: Unter der Leitung von Jörg Fuhr sorgten Mitglieder der Kantorei für die musikalische Umrahmung der Geburtstagsfeier zum 50. Jubiläum der Sommerkonzerte.

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25.06.2022

Sinnlich, subtil und spannungsvoll / Weltklasse-Harfenistin Silke Aichhorn gastierte im Altenstädter Schloss

Pegnitz. Die Harfe ist schon ein seltsames Instrument. Sie ist groß, schwer, teuer, höchst kompliziert zu spielen und hat im Orchester meist einen recht undankbaren Part. Trotzdem, die Harfe hat unter den Instrumenten mit die größte und längste Tradition. Eine Künstlerin, die es auf der Harfe zur absoluten Meisterschaft gebracht hat, ist Silke Aichhorn. Am Samstagabend gastierte die Musikerin aus Traunstein im Altenstädter Schloss und beeindruckte mit einer ungeheuren Vielseitigkeit ihres Könnens.

47 Saiten und sieben Pedale sind es, auf denen Silke Aichhorn einen unerschöpflichen Klangkosmos hervorzaubert. Es ist ein so zart wirkendes Instrument und dennoch wird mit jedem Griff die Kraft der Musik spürbar. Nicht nur der Musik: „Harfe spielen ist wie Bogenschießen“, sagt die sympathische Künstlerin. Mit einem bisschen Zupfen sei es da nicht getan.

Silke Aichhorns Spiel ist zu jedem Zeitpunkt verlockend elegant, überaus sinnlich wie subtil und spannungsvoll. Ihr rhythmischer Zugriff ist beherzt und ihre Intonation nicht nur sauber, sondern lupenrein. Auch in der Programmauswahl sprüht Silke Aichhorn nur so vor abwechslungsreicher Entdeckungslust. Sie führt alle musikalischen Möglichkeiten vor, die ihr Instrument bietet, von Johann Sebastian Bach und Joseph Haydn, bis hin zu Jazz und Zeitgenössischem.

Ihr Ziel sei es, das Image der Harfe zu entstauben, so sagt sie selbst von sich, die sich in keine Schublade stecken lässt. Dabei ist sie vielmehr als „nur“ eine kreative und energiegeladene Musikerin und eine der bekanntesten Harfenistinnen Europas. Silke Aichhorn ist Mutter, Buchautorin, Unternehmerin mit eigenem CD-Label, Hospizbotschafterin bei der Caritas und Geschäftsführerin des Regionalwettbewerbes Jugend musiziert.

Überaus farbenreich lässt Silke Aichhorn beispielsweise Johann Sebastian Bachs Sarabande und Bouree aus der Violinpartita Nr. 1 in einer Bearbeitung für Harfe erklingen. Da ist jede Menge Esprit und Raffinesse in ihrem Spiel. Exakt und trotzdem fantasievoll erklingt ein Thema aus dem zweiten Satz der Sinfonie Nr. 53 von Joseph Haydn. Sicher einer der Höhepunkte des Konzerts ist die „Moldau“ von Friedrich Smetana in der häufig aufgeführten Bearbeitung von Hanus Tmecek. Silke Aichhorn vermag sich dabei lyrisch ebenso faszinierend zu äußern wie rhythmisch pointiert. Die Solistin meistert jede der mannigfachen Schwierigkeiten scheinbar spielend.

Ein weiterer Höhepunkt dann im zweiten Teil mit der Komposition „Life is flashing“ des Norwegers Uno Alexander Vesje, zu dem Silke Aichhorn Vogelstimmen einspielen lässt. Harfe mal anders: Das meditative moderne Stück erweist sich in den Händen der Solistin als melancholisch hin- und her wiegende Klangzauberblüte mit vielen feinen und dynamischen Schattierungen.

Die fortwährend spürbare Freude an effektvoller Virtuosität wird schließlich auch im Türkischen Marsch von Wolfgang Amadeus Mozart spür- und hörbar. Der Pianist Fazil Say hat der Komposition einen jazzigen Anstrich verpasst. Kaum zu glauben, wie brillant eine Harfe klingen kann, zumal es Silke Aichhorn an Esprit nicht fehlen lässt. Natürlich gibt es eine Zugabe: ganz traditionell Robert Schumanns Lied „Der Nussbaum“, instrumental meisterhaft dargeboten.

Mit ihren Moderationen ist Silke Aichhorn nicht zuletzt auch bemüht, das komplizierte Instrument ihrem Publikum nahe zu bringen. In der Pause steht sie bereit willig Rede und Antwort und lässt Interessierte auch mal in die Saiten greifen. Da erfährt der Zuhörer etwa, dass die Notation die Gleiche ist, wie beim Klavier, dass die Pedalen dazu da sind, um Halbtöne zu erzeugen, oder wie schwierig es sein kann, das 40 Kilogramm schwere Instrument mit der Bahn zu transportieren.

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17.06.2022

Hit auf Hit, Schlag auf Schlag / Mit den Bellamy Brothers waren Weltstars der Country-Musik zu Gast

Hof. Der Begriff Superstars wird längst inflationär benutzt. Zwei Musiker, die schon Superstars waren, als es das Wort noch gar nicht gab, sind die Bellamy Brothers. Dem Konzertveranstalter „Kulttreff zum Hans“ aus Warmensteinach ist es zu verdanken, dass das weltberühmte US-amerikanische Country-Duo nun schon zwei Mal in der Region zu Gast war. So auch Freitag wieder, diesmal im Festsaal der Freiheitshalle zum einzigen Deutschland-Auftritt, wie Kurt Keller vom Kulttreff verrät.

Es gibt wohl kaum eine zweite amerikanische Country-Band, deren Musik so oft in Europa gespielt wurde, wie die Bellamy Brothers. Seit 1976 gehören sie zu den beliebtesten Country-Acts im deutschsprachigen Raum. Spätestens dann, wenn „Let your love flow“ erklingt, schlagen Country-Herzen höher, so natürlich auch in der Freiheitshalle, auch wenn die Cowboy-Hüte offensichtlich aufgrund der Hitze zuhause bleiben. Howard und David Bellamy gelten als Inbegriff des populären Country-Pop. Knapp zwei Stunden dauert der Hofer Auftritt des Duos mit Songs aus den vergangenen Jahrzehnten, aber auch das ein oder andere neue Stück war dabei.

Ihre Songs sind längst Allgemeingut geworden. Was immer sie auch spielen, man kennt es einfach, ob man will oder nicht. In der Freiheitshalle ging es von Anfang Schlag auf Schlag mit Hits wie „Feel the feeling“ als Opener, gefolgt von „Dancing Cowboys“ „Beautiful body“ und „Some broken hearts never mend“. Teilweise lassen die Bellamys Songs wie „Let your love flow“, „Redneck girl“ oder „Crossfire“.ineinander übergehen, Ansage haben die beiden kaum nötig, sie lassen die Musik sprechen. Howard singt und spielt meist mit geschlossenen Augen, und David hat seinen Cowboyhut so tief ins Gesicht gezogen, dass man ihm gar nicht in die Augen blicken kann.

Der Sound der aus Florida stammenden Musiker war auch diesmal wieder überwältigend. Hier bekommt Perfektion eine völlig neue Bedeutung, haben die Stars doch eine ausgezeichnete sechsköpfige Band mit Backgroundsängerin im Hintergrund. Das Eis war von Beginn an gebrochen: das Publikum singt nahezu jeden Song mit, klatscht, tanzt im Takt und feiert ausgiebig. Insgesamt klingen die meisten Titel heute moderner, leicht rockiger, als auf den Platten von damals.

Über 40 Jahre stehen die Bellamy Brothers auf den Bühnen dieser Welt. Seit das Duo in den 1970er Jahren mit dem Megahit „Let Your Love Flow“ (wer denkt da nicht an die deutsche Coverversion „Ein Bett im Kornfeld“ von Jürgen Drews?) in ganz Europa für Furore sorgte und auf Platz 1 der Billboard 100 landete, haben sie sich kontinuierlich eine feste Fangemeinde aufgebaut. In Hof kommen die Fans auch diesmal wieder bis aus den Niederlanden oder sogar aus Schweden eigens zum Konzert. Die Oberfranken sind klar in der Minderheit, so viele Country-Fans gibt es hier wohl doch nicht. Mit 76 Jahren (Howard) und 71 (David) gehören die Bellamys übrigens noch lange nicht zum alten Eisen. Ganz im Gegenteil, sie scheinen völlig alterslos zu sein Das beweist eindrucksvoll die Show und das zeigen die Songs der letzten Jahre.

Vor dem Auftritt gibt es die Band „Big S“ aus München als Vorgruppe. Die Musiker spielten „Highway Rock im Nashville Style“, wie sie ihren Sound selbst beschreiben, legen sich dabei mächtig ins Zeug und sind damit weit mehr als eine bloße Vorgruppe. „Big S“ hat durchaus großes Format in der modernen Country-Szene. Kopf der Band ist der Musiker und Songwriter Steve Maier, der bereits mit namhaften Künstlern wie Cassandra Stehen oder Gil Ofarim zusammengearbeitet hat und der in der Country-Metropole Nashville längst kein unbekannter mehr ist.

Bilder: Country-Musik im Weltklasseformat: die Bellamy-Brothers bei ihrem Auftritt im Festsaal der Hofer Freiheitshalle.

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28.05.2022

Farbig, frisch und facettenreich / Kölner Kammerensemble „The Chambers“ musizierte in der Schlosskapelle der Plassenburg

Kulmbach. Endlich wieder Live-Konzerte, noch dazu in einem echten Juwel der Stadt als Veranstaltungsort: der für Konzerte selten genutzten Schlosskapelle der Plassenburg. Dort gastierte am Samstagabend das neunköpfige Kammermusikensemble „The Chambers“, das sich in Köln zusammen gefunden hatte und aus Musikern verschiedenster Nationen besteht. Eine Geigerin kommt sogar aus der Ukraine, zwei Geiger aus Russland.

Wahrscheinlich aus marketingtechnischen Gründen hat sich das Ensemble den zugkräftigen Namen „The Chambers“ gegeben. Nötig wäre das gar nicht, denn die Virtuosen sind wirklich Spitzenmusiker. Seit 2013 hat sich dieses Meisterensemble, das aus der Jungen Philharmonie Köln hervorgegangen ist, durch seine rege Konzerttätigkeit einen Namen gemacht, was in den zurückliegenden Monaten ja aus bekannten Gründen gar nicht so einfach war. Alle Musiker sind Absolventen und Studenten renommierter Musikhochschulen, insbesondere der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Sie konzertierten unter der musikalischen Leitung des russischen Geigers, Arrangeurs und Komponisten Artiom Kononov.

Im Mittelpunkt des Konzertes standen zwei Violinkonzerte: das Violinkonzert a-Moll von Johann Sebastian Bach und Antonio Vivaldis Konzert Nr. 11 D-Dur. Das a-Moll-Konzert von Bach ist eines von nur zwei Bach-Concerti, das original überliefert ist. „The Chambers“ spielen in minimaler Besetzung mit vier Violinen einer einzigen Bratsche, einem Cello, einem Bass und Cembalo. So ist ein flexibles, homogenes, leichtfüßiges und transparentes Spiel wie aus einem Guss möglich, kammermusikalisch top, allerdings naturgemäß ohne orchestralen Charakter. Im Vordergrund steht das kommunikative Miteinander zwischen Solo und Tutti, alles fließt und pulsiert im raschen Tempo, aber dennoch nicht gehetzt. Das Spiel des Solisten, des Leiters Artiom Kononov erklingt gesanglich und geschmeidig mit warmen Ton, besonders in den Ecksätzen mitreißend frisch und farbig.

Mit Antonio Vivaldis Konzert Nr. 11 D-Dur RV 208 gab es gleich zu Beginn ein weiteres interessantes Violinkonzert, das jede Menge an Fantasie und an Überraschungen bereithält. Auch hier musizieren „The Chambers“ aufregend, virtuos und detailverliebt. Venezianischer Grandezza trifft auf interpretatorische Genauigkeit, ohne das Melancholische, das bei Vivaldi stets mitschwingt, außen vor zu lassen. Solist Artiom Kononov steht für eine barocke Violintechnik, dessen gekonnte Bogenführung und konzentriert schlanke Tongebung das Konzert zum echten Erlebnis werden lassen. An spieltechnischem Schwung, gestalterischer Finesse und facettenreicher Subtilität, macht die Interpretation einfach Freude und Lust auf mehr. Dazu muss man wissen, dass Antonio Vivaldi an die 250 Violinkonzerte komponiert hat.

Was die übrige Programmauswahl angeht so standen dabei vor allem eigene und eigenwillige Arrangements ausgefallener Werke auf dem Programm. Wo sonst hat man schon einmal die Gelegenheit Franz Schuberts „Erlkönig“ instrumental zu hören, oder Gabriel Faures berühmte „Pavane“ Nr. 50, bei der Ion Malcoci mit der Panflöte den Chorpart spielt. Er ist ein echter Meister der leisen Töne, der mit vollem, rundem Klang den Raum erfüllt.

Auch echte Ohrwürmer waren dabei, wie Giuseppe Verdis La-Traviata–Fantasie oder zwei Sätze aus Edvard Griegs Peer-Gynt-Suite. Alles hervorragend musiziert, interessant und spannungsvoll dargebracht, sowie perfekt aufeinander abgestimmt. Besonders virtuose Stücke wie etwa der „Tanz der Kobolde“ des Paganini-Schülers Antonio Bazzinis sorgten dabei durchaus für Aufsehen. Ein ganz besonderes Arrangement hatten sich die „Chambers“ für einer der Zugaben aufgehoben. Da musizierten sie den Titel „The Show must go on“ der Rockband Queen, wobei Cellist Dima Berezin aus Litauen die Gesangslinie meisterhaft auf seinem Instrument darbrachte. Statt eines Programmzettels gab es zwischen den Stücken kurzweilige Ansagen von Lutz Dollfuß, dem Mentor des Ensembles. Am Ende gab es sogar Standing Ovations für die außergewöhnlichen Musiker.

Bild: Das Kammermusikensemble „The Chambers“ aus Köln gastierte am Samstagabend in der Schlosskapelle der Plassenburg.

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28.07.2021

Kempff-Festival: Künstlerisch kreative Schaffenspause / Kulmbacher Pianist Ingo Dannhorn künftig Professor für Klavier in Trossingen

Thurnau/Kulmbach. In diesem Jahr wird es kein Wilhelm-Kempff-Klavier-Festival in Thurnau geben. Der Initiator, der international renommiert und in Kulmbach lebende Pianist Ingo Dannhorn bedauert das sehr, legt aber großen Wert auf die Feststellung, dass die Planungen für das Festival 2022 bereits laufen.

„Wir legen Corona-bedingt eine künstlerisch, kreative Schaffenspause ein“, sagt Ingo Dannhorn. Im laufenden Jahr sei es einfach noch zu riskant, das Festival zu planen und dann vielleicht doch noch kurzfristig absagen zu müssen. Schon im zurückliegenden Jahr hatte er als Veranstalter, der das volle Risiko trägt, seinen Kollegen kurzfristig absagen müssen. „Das Risiko wollte wir einfach nicht noch einmal eingehen“, so Dannhorn: Er hatte im vergangenen Oktober kurzfristig selbst zwei Abende mit identischem, aber überaus hochkarätigem Programm bestreitet, wobei nur jeweils 70 statt der üblichen gut 200 Zuhörer im Kutschenhaus des Schlosses Thurnau zugelassen waren.

Im kommenden Jahr soll das Festival unter dem Motto „Kempff und Freunde“ dagegen sogar noch erweitert werden. „Wir hoffen 2022 wieder auf ein ganz normales Festival. Das Kempff-Festival hatte Ingo Dannhorn 2016 ins Leben gerufen. Er möchte damit unter anderem an die legendären Hauskonzerte des weltberühmten Pianisten Wilhelm Kempff (1895 – 1991) erinnern, der in den Nachkriegsjahren zusammen mit rund 100 weiteren Flüchtlingen im Schloss von Thurnau untergekommen war  und dort für die Menschen musiziert hatte.

Gleichwohl gibt es für Ingo Dannhorn in diesem Tagen Grund zum Feiern. Am 1. September wird er eine volle ordentliche Professur für das Hauptfach Klavier an der Staatlichen Musikhochschule Trossingen antreten. Das bedeute aber nicht, dass er Kulmbach den Rücken kehren wird. Im Gegenteil: „Selbstverständlich bleibe ich Kulmbach auch weiterhin treu“, sagt er, auch wenn er künftig immer ein halbes Jahr im rund 400 Kilometer entfernten Trossingen unterrichten wird.

Bereits im Mai war Ingo Dannhorn dem Ruf an die baden-württembergische Musikhochschule mit ihren 500 Studenten gefolgt. In der Nachfolge des Pianisten Wolfgang Wagenhäuser wird Ingo Dannhorn dort eine Klavierklasse aufbauen. Inhaltliche Schwerpunkte sieht Ingo Dannhorn darin, seinen Studenten die Breite und Kenntnis der musikalischen Stilistik zu übermitteln und sie auf die Berufswirklichkeit als Lehrer, Korrepetitor, Liedbegleiter oder Konzertpianist vorzubereiten.

„Ich habe schon immer gern unterrichtet“, sagt Ingo Dannhorn, der zweitweise auch eine Gastprofessur im südkoreanischen Seoul hatte. Die Arbeit mit Studenten aus aller Herren Länder empfinde er als „unglaublich bereichernd“. Ziel seiner Arbeit müsse es sein, den Studenten das Rüstzeug mitzugeben, damit sie künftige Herausforderungen selbst bewältigen können. „Am Ende müsse sich der Lehrer selbst überflüssig machen“, so der Pianist. Dabei will er die jungen Leute vor allem motivieren und für die Musik begeistern.

Ingo Dannhorn wurde 1974 in München geboren. Seinen ersten Klavierunterricht erhielt er im Alter von fünf Jahren. Nach seinem Studium unter anderem in Salzburg, München und Wien schloss er 2001 mit dem Meisterklassendiplom ab. Der Pianist konzertiert in den bekanntesten Musikzentren und Konzertsälen der Welt und arbeitete mit prominenten Dirigenten und Solisten zusammen. Ingo Dannhorn ist außerdem Preisträger unter anderem des renommierten Beethoven-Wettbewerbs in Wien, des Sydney International Piano Competition sowie der internationalen Klavierwettbewerbe in Salzburg und Wien.

Bild: Der in Kulmbach lebende Pianist Ingo Dannhorn ist künftig als Professor für Klavier an der Staatlichen Musikhochschule Trossingen tätig. Beim Wilhelm-Kempff-Klavierfestival in Thurnau wird er erst 2022 wieder zu erleben sein.

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13.07.2021

Magische Klanggebäude unter Regenschirmen / Pink-Floyd-Tribute-Band Echoes beim Plassenburg-Open-Air

Kulmbach. Sie waren schon lange vor dem Tribute-Boom in zahlreichen Ländern aktiv, angeblich waren die beiden Kulmbacher Konzert am Dienstagabend bei den Plassenburg-Open-Airs der 500. Auftritt in der Bandgeschichte: Die deutsche Band Echoes, eine der ersten Pink-Floyd-Tribute-Bands überhaupt und gleichzeitig eine der meistgebuchten Pink Floyd-Tribute-Bands weltweit.

Leider spielte das Wetter nicht mit. Bereits während des dritten Songs fielen die ersten Tropfen und zumindest im ersten Teil wurde es dann überhaupt nicht mehr trocken. Natürlich tat es der Stimmung Abbruch. Regencapes wurden ausgepackt und angezogen, Schirme aufgespannt, nicht wenige Zuschauer suchten Schutz unter den Arcaden. Die Band zog ihr ohnehin stark gestrafftes Programm durch, die Stimmung blieb über weite Teile auf der Strecke.

Dabei stand die gigantische Rockband Pink Floyd um Roger Waters und David Gilmour einst für gigantische Liveshows, Irgendjemand hatte damals immer das Album „Dark Side of the Moon“ von 1973 und/oder das Konzeptalbum „The Wall“ von 1979 im Plattenschrank stehen. Man musste kein Fan sein, um mit dieser Musik groß zu werden.

Die Band Echoes ist seit mittlerweile über 25 Jahren angetreten, das legendäre Erbe dieser britischen Kultband weiterzutragen. Und das nicht nur irgendwie, sondern perfekt umgesetzt und höchst emotional gespielt von „Shine on you crazy little diamant“ über „Wish you were here“ und „The Wall“ bis hin zu „Money“, als Zugabe. Immer wieder werden dabei auch Stücke aus der zweiten Reihe präsentiert. „Set the controls fort he heart oft he sun“ ist so ein Song aus dem zweiten Pink-Floyd-Album von 1968, den die Band wieder ausgegraben hat und den sie zum ersten Mal vor Publikum präsentierte. Echoes zeigt, dass die Kompositionen von Pink Floyd viel mehr sind, als eingängige Pop- und Rock-Songs. Sie sind zeitlose Musik, die ihren ganz besonderen Platz hat, und die heute noch genauso faszinierend und aktuell sind, wie zur Zeit ihrer Entstehung.

Wohin würde die Musik von Pink Floyd, der 1965 gegründeten Band, besser passen als in den Schönen Hof der Plassenburg. Magische Klanggebäude mit einzigartiger musikalischer Ästhetik, immer etwas ätherisch, viel instrumental mit ungewöhnlichen Soundeffekten, ans klassische erinnernd und vor allem gegen heute weit verbreitete schnelllebige Hörgewohnheiten. Da dauert ein Song schon mal zehn bis 15 Minuten. Das alles ist Pink Floyd und das ist auch die Band Echoes mit Oliver Hartmann, Martin Hofmann, Steffen Maier, Paul Ahrens, Michael Unger und Carolin Riehemann als stimmgewaltige Background-Sängerin. Alle Bandmitglieder sind wahre Multi-Instrumentalisten, echte Könner, Vollblutmusiker, die jeden einzelnen Klang mit Hingabe zelebrieren und sphärisch dicht umsetzen.

Ein wenig auf der Strecke blieb in Kulmbach der visuelle Aspekt. Nachdem die erste von zwei Shows am gleichen Abend bereits und 18 Uhr startete und damit komplett bei Tageslicht stattfand, konnten Lichtdesign und Videoprojektionen nicht so ihre Wirkung erzielen, wie es eigentlich geplant war. Letztlich aber ging es vor allem um die Musik, und der konnte weder Regen, noch die ungünstigen Rahmenbedingungen etwas anhaben.

Bilder: Die Pink-Floyd-Tribute-Band Echoes beim Plassenburg-Open-Air.

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12.07.2021

Pathetische und pompöse Performance / „God save the Queen“ bei den Plassenburg-Open-Airs

Kulmbach. Von Abba über AC/DC, Johnny Cash und Michael Jackson bis zu Tina Turner: Tribute-Shows für Pop-Ikonen und Rock-Legenden liegen voll im Trend. Stars, die es so nicht mehr gibt, weil sie entweder nicht mehr auftreten oder nicht mehr unter uns sind, werden von höchst professionellen Musikern abendfüllend nachgeahmt. Eine solche Tribute-Band, die den ulkigen Namen „God save the Queen“ trägt, gastierte am Montagabend bei den Plassenburg-Open-Airs, übrigens schon zum zweiten Mal nach 2016.

„God save the Queen“ hat sich ganz und gar der Musik der 1970 gegründeten britischen Rockband Queen verschrieben. Die Musik ist spätestens seit dem großen Erfolg des Films „Bohemian Rhapsody“ wieder in jedermanns Ohr. Doch eigentlich geht es nicht um den Gitarristen Brian May, den Schlagzeuger Roger Taylor oder den Bassisten John Deacon, sondern um den Sänger und Frontman Freddie Mercury, der in der Show von Harry Rose verkörpert wird. Eines gleich vorweg, optisch trifft er das Original nicht mehr so ganz, stimmlich dafür umso mehr.

1970 gegründet, hatte es Queen mit großem technischen Aufwand und der Attitüde des Glamrocks schnell zu Weltruhm gebracht. Unumstrittener Mittelpunkt der Queen-Shows war stets Freddy Mercury, der die Songs mit operettenhafter, oftmals pathetischer Geste unverwechselbar performte. Wenn auf einen das Adjektiv charismatisch zutrifft, dann auf Freddy Mercury. Die perfekte Show stand bei ihm stets im Vordergrund. Queen nutzten für die Liveaufführung ihres pompös arrangierten Kunstrocks die jeweils neuesten Techniken für Akustik und Licht.

Die Musiker von „God save the Queen“ überzeugten dabei selbst eingeschworene Fans und luden zu einem außergewöhnlichen, rund zweieinhalbstündigen Konzerterlebnis ein. Harry Rose präsentiert sich dabei nicht nur optisch im typischen Mercury-Outfit, sondern auch stimmlich mit opernhaften Unterton gerade in den anspruchsvollen Passagen. Auch die typischen Angewohnheiten von Freddie Mercury hat sich Harry Rose längst zu Eigen gemacht. Der Mikrofonständer ist für ihn Spielzeug, Tanzstange und Luftgitarre zugleich, die (englischen) Ansagen hat er sich von „Queen live at Wembley 1986“ abgehört und das Freddy-Mercury-Posing, linke Faust pathetisch gen Himmel, stimmt auch.

„God save the Queen“ gab das her, was Queen ausmachte: die ersten Songs, die noch deutlich vom Hardrock der frühen 1970er Jahre beeinflusst waren, aber auch die Queen-Ära ab 1975 als die Band das Album „A night at the opera“  veröffentlichte. Darauf war unter anderem der Song „Bohemian Rhapsody“ zu finden, der nun die neue Richtung vorgab und der in Kulmbach nicht fehlen durfte. Auch die dritte Queen-Periode fehlte nicht, als sie Band ab den 1980er Jahren ihren zuckrigen Sound sparsamer einsetzte, und stattdessen Funk und Disco-Einflüsse zuließ. Magisch wird es bei „It´s a kind of magic“, bei der Dance-floor-Nummer „Crazy little thing called love“ kommen plötzlich Tänzerinnen auf die Bühne und so schnell sie da waren, sind sie wieder weg. Auch Songs, die man nicht mehr so auf dem Schirm hatte, erklingen plötzlich wieder, „Bicycle“ zum Beispiel, „Radio Gaga“ oder die wunderbare Ballade „Who wants to live forever“, stilvoll am schwarzen Konzertflügel interpretiert.

All das brachte die Coverband hervorragend rüber inklusive eines fulminanten Schlusses mit den Hymnen „I want it all“, „We will rock you“ und „We are the champions“. Insgesamt war die Show eine gelungene Kombination von brillantem Sound, einer aufwändigen Lichtshow und schrillen Kostümen. Auch und besonders bei „I want to break free“: Wie im Originalvideo kommt Frontman als Frau verkleidet auf die Bühne und tänzelt mit einem Vorwerk-Staubsauger.

Bilder:
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 „God save the Queen“ mit Frontman Harry Rose beim Plassenburg-Open-Air.

- Harry Rose gab den charismatischen Freddie Mercury mit pathetischer Geste.

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23.03.2021

Elegant, einfühlsam und expressiv / 700 Aufrufe binnen 24 Stunden beim ersten Live-Stream aus der Bartholomäuskirche

Pegnitz. Der Aufwand hat sich gelohnt: Keine 24 Stunden nach dem Live-Stream des Passionskonzertes aus der Bartholomäuskirche gab es schon über 700 Aufrufe über die Videoplattform Youtube. Mit steigender Tendenz, mehr Publikum hätte Dekanatskantor Jörg Fuhr live wohl auch kaum erreicht. Nun kann ein Live-Stream zwar niemals ein Konzerterlebnis vor Ort ersetzen und ob alle Aufrufer das Konzert auch wirklich komplett angesehen habe, ist eher zu bezweifeln, doch war der Live-Stream allemal besser als eine komplette Absage. Zu viele Konzerte sind in den zurückliegenden Monaten schon ausgefallen.

Er sei froh darüber, dass dieses Konzert stattfindet, „in einer Zeit, in der wir auf so vieles verzichten müssen“, sagte Dekan Markus Rausch in seinen einführenden Worten. Denn gerade in der Passionszeit könne Musik Freude bereit, aber auch Trost und Hoffnung schenken.

Das Motto „In stiller Nacht“ erinnerte dabei erst einmal an die Weihnachtszeit. Doch beim Blick auf das Programm wurde schnell klar, dass es um die Nacht im Garten Gethsemane ging, ein Ort des Gebets, der Ort des Abschieds Jesu von seinen Jüngern und schließlich auch der Schauplatz seiner Festnahme.

Die Auswahl der Kompositionen könnte unterschiedlicher kaum sein, hat aber stets die Nacht als verbindende Klammer. So sind es ausschließlich melancholische, nachdenkliche, leise Werke, die in diesem Konzert erklingen, meist introvertiert, weltabgewandt, ja manchmal sogar ganz dieser Welt abhandengekommen. Den zentralen Part nimmt dabei der Pianist Jens Fuhr am Flügel ein. Er spielt mehrere Nocturnes, also langsame und ruhige Nachtstücke, die eine Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten enthalten. Jens Fuhr beweist dabei durchgehend einen feien Klang- und Tastsinn mit viel Zartgefühl und großer Geschmeidigkeit.

Im Nocturne Es-Dur op.9, 2 von Frederic Chopin etwa setzt er auf die Struktur und den melodischen Kern des Werkes und baut weit gezogene stimmige Linien. Einfühlsam spielt Jens Fuhr auch das Nocturne Des-Dur von Claude Debussy. Auch hier lässt er einen einsamen intimen Monolog erklingen und sucht die Stimmungen nächtlicher Natur zu fassen. Etwas aus der Reihe erklingt ein „Coral“ des brasilianischen Komponisten Heitor Villa-Lobos. Doch auch diese Auswahl ist stimmig und gut durchdacht. Villa-Lobos lebte in den 1920er Jahren eine zeitlang in Paris und lernte dort die Musik Debussys kennen und lieben.

Ebenfalls französischen Geist atmet das Nocturne Nr. 13 h-Moll, ein Spätwerk von Gabriel Faure. Auch hier überzeugt Jens Fuhr mit kultiviertem Klang, samtig und klanggesättigt, elegant und gemessen im Ausdruck. Auf die eigenwillige Wirkung des Klangs setzt Jens Fuhr auch im Nachtstück Des-Dr, op. 23, 3 von Robert Schumann und im bekannten, romantisch virtuos gespielten „Clair de lune“ von Claude Debussy sowie in Franz Schuberts Lied „Leise flehen meine Lieder“ in der Bearbeitung von Franz Liszt.

Das alles würde für einen erfüllten Klavierabend fast schon genügen, doch Dekanatskantor Jörg Fuhr hatte auch noch sechs hochkarätige Gesangssolisten zu bieten, die zusammen einige wunderschöne und klug ausgewählte A-cappella-Sätze aufführten. Manuela Falk und Konstanze Mielich-Fuhr (beide Sopran), Bernadette Michaldo-Fuhr (Mezzosopran), Stefan Schneider (Tenor), Lorenz Mielich (Bassbariton) und Marzin Popp (Bass) präsentierten A-Cappella-Kunst auf höchstem Niveau.

Max Regers „Morgengesang“ etwa oder dessen „Nachtlied“ erklingt schlank ausbalanciert, dennoch kräftig und absolut homogen. Eines der Höhepunkte war das tief bewegende Werk „In stiller Nacht“ von Johannes Brahms, das den Abend seinen Namen gab. Romantische Klänge, gleichzeitig aber auf vokaler wie instrumentaler Ebene geradlinig und klanglich gebündelt. Ein Werk, das mit seiner hochkonzentrierten Einfachheit überzeugt und gleichzeitig denkbar innig und wehmütige tiefe Gefühle anspricht Dem Solistenensemble gelingt es stilsicher, den schwierigen Grat zwischen schlichtem, ungekünsteltem Timbre und einfühlsamer Textgestaltung zu meistern.

Ein weitere Höhepunkte des vokalen Teils war Joseph Rheinberger „Morgenlied“ op. 69, 1. Mit seiner expressiven Melodik, seiner ausdrucksstarker Harmonik sowie der präzisen Umsetzung des Textes. Mit einem ganz besonderen Stück setzte das Solistenensemble einen prägnanten Schlusspunkt. Es erklang das wunderschöne Werk „Bleib bei mir, Herr“ des jungen Leipziger Komponisten Paul Heller. Den Chorsatz widmeten die Ausführenden den im letzten Jahr verstorbenen langjährigen Leiter des Betzensteiner Posaunenchors Reinhardt Potzner, der damit traditionell jede Posaunenchorprobe beendet hatte.

Bild: Zum ersten Mal wurde ein Konzert aus der Pegnitzer Bartholomäuskirche live gestreamt und ins Internet gestellt. Keine 24 Stunden nach dem Konzert wurde das Video auf Youtube bereits über 700 Mal angeklickt.

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03.03.2021

Kultur als Urbedürfnis des Menschen / Digitale Konzerte für Alten- und Pflegeheime: Auszeichnung für den Pianisten Ingo Dannhorn

Kulmbach. „Kultur ist nicht systemrelevant, Kultur ist lebensrelevant.“ Davon ist der in München geborene und in Kulmbach lebende Pianist Ingo Dannhorn fest überzeugt. Gerade in Corona-Zeiten möchte er dieses „Urbedürfnis des Menschen“ auch zu den Menschen bringen. Er hat deshalb ein Format entwickelt, in dem er für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen leichtere Klassik einspielt, das Ganze unterhaltsam moderiert und auf DVD oder ähnlichen Medien in die Einrichtungen bringt. Weil das Ganze rein ehrenamtlich geschieht, ist Ingo Dannhorn jetzt ist mit einem Stipendium der Initiative „Neustart Kultur“ ausgezeichnet worden. Initiator war die Bundesregierung, Organisation und Durchführung lagen in den Händen des Deutschen Musikrates.

Was Corona betrifft sei er frühzeitig vom Ernst der Lage überzeugt gewesen. Da erinnerte sich Ingo Dannhorn an seine Jugend, als er schon mit zwölf Jahren kleine Klavierkonzerte in Alten- und Pflegeheimen sowie in ähnlichen Einrichtungen gab. „Mir ging es darum, Menschen, die nicht so ohne weiteres in ein Konzert gehen können, ein wenig Abwechslung zu bereiten und ihnen Freude zu schenken“, sagt der Pianist, der in der Region auch als künstlerischer Leiter des Wilhelm-Kempff-Festivals in Thurnau bekannt ist.

„Musik beginnt da, wo Worte aufhören, Musik geht direkt ins Herz“, so Dannhorn, der sich an viele beglückende Begegnungen in beschützenden Stationen, etwa für Demenzkranke erinnert. Daran hat der 46-Jährige auch jetzt wieder gedacht, als er davon erfuhr, dass Heime geschlossen werden. Kurzerhand schaffte er sich auf eigene Kosten eine professionelle Studioausstattung mit Mikrofonen, Mischpulten, Schnittsystem und vieles andere an und dachte sich interessante Programme aus, die er nach und nach realisierte.

Mittlerweile gibt es bereits sieben Folgen, die mit Unterstützung der Kulmbacher Raps-Stiftung Menschen in vielen Einrichtungen des BRK, der AWO und anderen Trägern erfreut haben. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, zitiert Ingo Dannhorn den Schriftsteller Erich Kästner und freut sich, mit seiner Kunst einen Beitrag für benachteiligte Menschen leisten zu können. Bislang habe er viele positive Reaktionen erfahren, die ihn anspornen, weiterzumachen.

Ansporn bereitet ihn nun auch die Auszeichnung der Bundesregierung, mit der neue Formen für den gesamten Kulturbereich unterstützt werden sollen. Die Corona-Pandemie stelle Musikschaffende auf eine harte Probe, sind sie doch in vielen der bisher gängigen Möglichkeiten, ihren Beruf auszuüben, sehr stark eingeschränkt oder gänzlich gehindert, heißt es von Seiten des in Bonn ansässigen Deutschen Musikrates. Gleichzeitig würden die Umstände aber auch eine Chance bieten, die Bedeutung der eigenen künstlerischen Arbeit zu reflektieren und neue Formen der Produktion, Aufführung und Vermittlung zu entwickeln. Genau das hatte Ingo Dannhorn getan, der sich nun über eine Förderung durch das Stipendium in Höhe von 6000 Euro freuen kann. Viel mehr freut ihn aber, dass seine Tätigkeit mit der Auszeichnung gewürdigt und unterstützt wird.

Ingo Dannhorn wurde 1974 in München geboren. Seinen ersten Klavierunterricht erhielt er im Alter von fünf Jahren. Nach seinem Studium unter anderem am Salzburger Mozarteum, an der Hochschule für Musik und Theater München sowie an der Hochschulen für Musik in Wien schloss er 2001 mit dem Meisterklassendiplom ab. Der Pianist konzertiert in den bekanntesten Musikzentren und Konzertsälen der Welt, wie etwa dem Münchner Herkulessaal, dem großen Musikvereinssaal in Wien oder dem Seoul Arts Center. Er arbeitete mit prominenten Dirigenten wie Kurt Eichhorn, Dennis Russel Davies und Kurt Masur zusammen, gab Liederabende und Kammermusikkonzerte mit Künstlern Francisco Araiza, Kieth Engen, Jose Cura, Christian Altenburger oder Maxim Vengerov. Ingo Dannhorn ist außerdem Preisträger unter anderem des renommierten Beethoven-Wettbewerbs in Wien, des Sydney International Piano Competition sowie der internationalen Klavierwettbewerbe in Salzburg und Wien. Neben seiner Konzerttätigkeit gibt Ingo Dannhorn weltweit Meisterklassen, außerdem ist er Gastprofessor an der renommierten Yonsei Universität in Seoul/Korea.

Bild: Ingo Dannhorn ist mit einem Stipendium der Initiative „Neustart Kultur“ ausgezeichnet worden. Das Bild zeigt den Pianisten bei einem Auftritt im Rahmen des Wilhelm-Kempff-Festivals in Thurnau.

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01.03.2021

Wagner in Weidenberg: / Orgel mit sinfonischem Klang – Die Meier-Orgel der Rosenhammerkirche

Weidenberg. Die Orgel ist schon etwas ganz besonderes. Sie ist das größte und wahrscheinlich auch das komplizierteste Instrument, das es gibt. Jede Orgel ist ein Unikat, exakt auf ihren jeweiligen Standort abgestimmt. Orgeln sind in der Regel nicht transportabel und sie gehören zu den wertvollsten und teuersten Musikinstrumenten. Die Orgel stellt nicht nur ein Kunstwerk dar, sie ist auch das „Instrument des Jahre 2021“, Orgelbau und Orgelmusik wurden von der UNESCO längst als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt.

Die Orgel der kleinen St. Michaelskirche im Weidenberger Ortsteil Rosenhammer ist so ein Kunstwerk. Äußerlich völlig unscheinbar, aber das Innenleben hat es in sich. Auch wenn ein Portrait von Johann Sebastian Bach direkt auf der Orgel steht, so gilt die katholische Rosenhammerkirche als ein kleines Zentrum der Wagnerpflege.

Zu verdanken ist dies zum einen dem genialen Plattliner Orgelbauer Friedrich Meier (1913 – 1978), zum anderen dem überaus engagierten Organisten Thomas Zapf. „Hier harmoniert einfach alles“, schwärmt Zapf von dem Instrument und spricht von einem besonders mischfähigen romantisch angehauchten, beinahe schon sinfonischen Klang, der ein Instrument gewaltigen Ausmaßes vermuten lässt. Dabei hat die Weidenberger Meier-Orgel „nur“ elf Register und 751 Pfeifen. Doch der Klang ist gewaltig. „Die Nachhallzeit ist mit über fünf Sekunden länger als im Bamberger Dom“, sagt Zapf. Zumindest seit der Generalsanierung der Kirche im Jahr 2017, bei der an der Orgel zum Glück keine Eingriffe vorgenommen wurden.

Auch wenn Bach auf den Spieltisch herabblickt: für Freunde der Barockmusik hat die Weidenberger Orgel aufgrund der eingeschränkten Zahl an Klangfarben nicht so viel zu bieten. Die sphärischen Klänge des Grals aus Wagners „Parsifal“ oder aus dem „Lohengrin“ erklingen dagegen umso eindrucksvoller. So besitzt die Orgel nicht nur ein besonders starkes Bassfundament, die fünf eingebauten Koppeln ermöglichen eine Vielzahl von Effekten und das Mischen der Register sorgt für ein fülliges Anwachsen des Gesamtklangs, wie es etwa in der „Tannhäuser“-Ouvertüre zum Tragen kommt. „Es ist fast wie beim Kochen: gewisse Gewürze harmonieren nicht, doch hier passt alles zusammen“, so Thomas Zapf.

Über seinen ersten Orgellehrer Christoph Krückl, der viele Jahre an der Schlosskirche in Bayreuth tätig war, ist Thomas Zapf darauf gekommen, Werke von Richard Wagner auf der Orgel zu interpretieren. Seit 2014 gibt es in Weidenberg die kleine aber feine Konzertreihe, bei der Thomas Zapf unter anderem Wagner-Transkriptionen von Erwin Horn und Sigfrid Karg-Elert zur Aufführung bringt und damit sogar schon Stardirigent Christian Thielemann begeistern konnte. „Er ist auch Orgelliebhaber, wollte die Transkriptionen hören und so haben wir hier schon vierhändig gespielt“, erinnert sich Thomas Zapf. Der studierte Kirchenmusiker hat an der Heilig-Kreuz-Kirche in Bayreuth eine feste Stelle und ist seit zehn Jahren in Weidenberg tätig. Im Hauptberuf ist Thomas Zapf Metzgermeister, der den Betrieb seiner Familie in Bayreuth bereits in der vierten Generation führt.

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24.02.2021

Kulturlandschaft Fichtelgebirge – Kulturschaffende aus der Region:
Die Kalligrafiekünstlerin Andrea Wunderlich aus Goldkronach

Die Geschichte der Kalligrafie, also des „Schönschreibens“ mit Federkiel, Pinsel oder Tinte, ist fast so alt wie die Menschheitsgeschichte. Bis zur Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert konnten schriftliche Informationen schließlich nur per Hand vervielfältigt werden. Am höchsten entwickelt war die Kalligrafie in Asien. In China und Japan hat sie heute noch einen sehr hohen Stellenwert.

Andrea Wunderlich aus Goldkronach hat sich dieser Kunst verschrieben, auch wenn sie mehr das Handwerk dahinter sieht. Doch die Kalligrafie geht weit über ein bloßes Mittel zur Kommunikation hinaus. In den Tusche- und Pinselspuren hinterlässt jeder Schriftkünstler etwas von seiner Individualität und seinem Charakter. Schriftzüge, ihre Ausdruckskraft und ihr Temperament vermitteln ein Bild des Schreibers.

Die Goldkronacher Kalligrafiekünstlerin stammt aus Neuenmarkt. Nach dem Abitur in Kulmbach hatte sie eine Ausbildung zur Textilmustergestalterin absolviert. Dann arbeitete sie als Textildesignerin und bildete sich zur Mediendesignerin weiter. Parallel dazu belegte sie mehrere Kalligrafiekurse. Seit 2003 ist sie als freischaffende Künstlerin tätig, auch wenn sich das so mancher nicht so recht vorstellen kann. Ihr Atelier hat sie im ehemaligen Feuerwehrhaus den Humboldt-Städtchens Goldkronach.

Andrea Wunderlich hat etwas zu erzählen von der unendlichen Ästhetik und Vielfalt der Form, des Reizes von Tusche auf Papier unterschiedlichster Art. Die Kulturpreisträgerin des Landkreises Bayreuth schafft Arbeiten, die einen ansprechenden Vers gestalten, ein stimmungsvolles Gedicht, ein Zitat, einen Bibelvers oder einen eigenen Text. Ob Haussegen über der Eingangstür, dekorative Urkunde, der Entwurf von Plakaten etwa für das Festival junger Künstler oder Pinselschrift auf der Wand, die freischaffende Künstlerin hat sich in eine Vielzahl historischer Alphabete eingearbeitet und möchte die Kalligraphie auch anderen weitergeben.

Sie hat bereits an vielen internationalen Kalligrafie-Konferenzen, unter anderem in Chicago, Minnesota und Boston teilgenommen. Andrea Wunderlich hielt Vorträge bei der Internationalen Kalligrafieausstellung in St. Petersburg, das Museum für zeitgenössische Kalligrafie in Moskau beherbergt mehrere ihrer Arbeiten, Ausstellungen gab es nicht nur in Bayreuth oder Kulmbach, sondern auch in den Vereinigten Staaten, Russland oder in der Türkei. In Corona-Zeiten gibt sie auch schon mal Live-Seminare auf Instagram oder internationale Zoom-Workshops.

In der Region ist die Künstlerin aus Goldkronach trotzdem regelmäßig anzutreffen. Andrea Wunderlich veranstaltet Kurse und Seminare für Anfänger und Fortgeschrittene, unterrichtet an der Fachoberschule in Bayreuth und war Dozentin der „Sommerakademie“ auf Schloss Frankenhaag. Unter dem Titel „Schreiben wie Wilhelmine“ gab sie Kurse an der Volkshochschule in Bayreuth und an der Weidenberger Schule hatte sie ihre Kunst als Wahlfach angeboten.

Immer wieder wird sie auch von den verschiedensten Unternehmen gebucht, um etwa Schriftzüge oder Wandgestaltungen anzufertigen, so etwa in der Bier-Erlebnis-Welt der Brauerei Gebrüder Maisel in Bayreuth oder als Markenbotschafterin des Neumarkter Schreibgerätefabrikanten Online, für den sie sogar verschiedene Handlettering-Stifte mitentwickelt hat.

Die nächste Ausstellung von Andrea Wunderlich ist für September 2021 in der Kunstgalerie am Alten Rathaus in Schwarzenbach an der Saale geplant. In ihrer eigenen Art hat sie sich dabei mit neuen Wortschöpfungen wie „Fake News“, Shit Storm“ beschäftigt.

Bilder:
1. Die Kalligrafiekünstlerin Andrea Wunderlich aus Goldkronach.
2. So farbenfroh können Fake News sein, wenn sich Andrea Wunderlich damit beschäftigt.
3. Selbst Jean Paul spielt im Schaffen der Kulturpreisträgerin eine Rolle.
Foto: privat

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25.10.2020

„Mitmachen ist die letzte Option“ / Volkssänger im besten Sinn: Hans Söllner nimmt in Kulmbach kein Blatt vor dem Mund

Kulmbach. Die Maskenpflicht, auch während seines Auftritts, hat er nicht verhindern können, einen Maulkorb aber konnte man ihm nicht verpassen. Nachdem sein Konzert Corona-bedingt schon zwei Mal verschoben wurde, gab es am Sonntag gleich zwei Auftritte von Hans Söllner in der Dr.-Stammberger-Halle. Nacheinander, zwei Mal vor jeweils rund 150 eingeschworenen Anhängern.

Corona war dann auch das alles beherrschende Thema bei Söllner, der noch dazu aus dem angeblichen Corona-Hot-Spot Berchtesgadener Land kommt und dem es schon immer darum gegangen ist, Missstände drastisch anzuprangern. Und das tut er auch in Kulmbach. Er kritisierte die Corona-Politik auf Schärfste, wettert gegen die Obrigkeit, gegen die Staatsregierung und lässt kein gutes Haar an Söder und der CSU. Noch nie hatte Hans Söllner ein Blatt vor dem Mund genommen, auch wenn es ihm teuer zu stehen kam und er so manche Gage als Bußgeld dafür opfern musste.

War es in früheren Jahren hauptsächlich der freie Marihuana-Konsum, für den er sich stark machte, so widmet sich der bayerische Freiheitskämpfer jetzt voll und ganz der Aktualität. Scherze gehören genauso dazu, wie ernste und nachdenkliche Töne. Freilich sollte man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, denn auch das Provozieren gehört für Söllner immer dazu. Und das funktioniert. Seine deftigen Bemerkungen zum Thema Corona haben gerade in den zurückliegenden Wochen immer wieder gehörig Staub aufgewirbelt. Allen Ernstes stellte die Süddeutsche die Frage, ob Söllner bei den Verschwörungstheoretikern gelandet ist, dabei findet man auch auf seiner Homepage („Heim-Seite“) eindeutige Statements gegen Rassismus

Er hoffe ja inständig, dass dies alles nur eine Verschwörungstheorie ist und nicht die Wahrheit, sagt Hans Söllner. Die Politiker jedenfalls erfänden jeden Tag etwas anderes. Doch Mitmachen, so ruft er, das wäre die letzte Option. „Söllner: „Das ist nicht der Normalzustand und er darf es niemals werden.“ Freiwillig testen das kommt für ihn jedenfalls nicht in Frage. Das sei genauso, als würde man einfach so einen Becher Urin bei der Polizei angeben. Überhaupt mit der Polizei hat er sich noch nie verstanden. Unter anderem wundert er sich, wie es sein kann, dass die Beamten trotz der ganze Krise noch immer Zeit für Radarkontrollen hätten.

Dazwischen wird es aber auch immer wieder ganz ernst, wenn er bedauert, dass es offenbar keine Opposition mehr gebe. Auf keine Demonstration könne man mehr gehen, weil immer irgendeiner die Deutschlandfahne schwenkt. 70000 Alkoholtote pro Jahr in Deutschland, weitere 70000 Nikontinopfer pro Jahr, das alles sei ihnen völlig egal. „Aber dann wollen sie uns erklären, dass sie uns schützen möchten.“

Der Politik komme es seiner Ansicht nach nur darauf an, „uns gegeneinander aufzuhetzen“. Auf der einen Seiten seien die Guten, also die Denunzianten, auf der anderen Seite diejenigen, die vorsichtig sind. Söllner plädierte dafür, einen andere Weg zu finden: „Mit der Maske fängt es an, mit der Impfpflicht geht es weiter.“ Alles, was unser Leben ausgemacht habe, sei mittlerweile verboten worden.

Und auch, wenn er erklärt, dass man doch einfach die Augen schließen solle, dann könne man ja nicht sehen, ob der Nachbar Maske trägt, oder nicht, traut es sich während der gut eineinhalb Stunden keiner, die Maske abzunehmen, denn die Security läuft auch während des Konzerts durch die Reihen und kontrolliert auf das Schärfste.

Auch andere Themen schneidet er in Kulmbach an. Hans Söllner wettert gegen Glyphosat-Einsatz und ruft dazu auf, ein Jahr lang auf halbe Hendln zu verzichten. Überhaupt hat er diesmal enormen Redebedarf, so dass beim Auftritt fast mehr gesprochen als gesungen wird. Ob man es überhaupt Konzert nennen könne, das sei ihm selbst nicht ganz klar.

Die Musik tritt bei den vielen Appellen, Gedanken, Kuriositäten und Absurditäten freilich ein wenig in den Hintergrund. Dabei hat er viele scharfsinnige, feinsinnige und intelligente Texte zu bieten und setzt damit die Tradition der großen Volkssänger mit Gitarre und Mundharmonika fort. In „Ganja“ geht es flapsig scherzhaft um den Drogenkonsum. „Lotta“ hat er mit poetischen Worten seiner Enkelin gewidmet. Ob „Nordwind“ oder „SoSoSo“, und natürlich seinen Hit, der zum Schlachtruf wurde: „Hey Staat“, die Fans kennen alle seine Songs und er selbst spielt sie so, als hätte er sie gerade geschrieben.

Bild: Hans Söllner bei seinem Auftritt am Sonntag in der Kulmbacher Dr.-Stammberger-Halle.

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07.10.2020

Intensiv, impulsiv und intellektuell: Klänge für die Ewigkeit / Kempff-Festival in Thurnau: Ingo Dannhorn präsentierte phänomenales Beethoven-Programm

Thurnau. Wirklich Spaß machen sie aufgrund der Umstände nicht, die Konzerte zu Corona-Zeiten. Wenn allerdings ein derart versierter Pianist wie Ingo Dannhorn mit einem solch anspruchsvollen wie ausgeklügeltem Programm auftritt, dann vergisst der Zuhörer alle Corona-Auflagen um sich herum. Das abgespeckte Kempff-Festival auf Schloss Thurnau, das diesmal nur aus zwei Konzerten mit identischem Programm bestand, und zu dem wegen der unsicheren Lage und der fehlenden Planungssicherheit kein weiterer Künstler eingeladen werden konnte, bot diesmal eine „Auseinander-Setzung“ mit Ludwig van Beethoven. Mit der „Grande Sonate Pathetique“ (Nr. 8 c-Moll op.13) und der „Hammerklaviersonate“ (Nr. 29 B-Dur op. 106) präsentierte Ingo Dannhorn seine Sicht auf Beethoven, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr Corona-bedingt leider ebenfalls viel zu kurz kommt.

Beethovens Klaviersonaten sind ein Kosmos für sich, Klänge für die Ewigkeit. Kaum einer der großen Pianisten, der sie nicht eingespielt hat. Zwei der bekanntesten und gleichzeitig herausforderndsten Sonaten hat Ingo Dannhorn ausgesucht. Nicht kleckern, sondern klotzen, das ist seine Devise, und die Rechnung geht auf. Wenn einer die „Pathetique“ und die „Hammerklaviersonate“ an einem Abend bewältigt, dann gehört er zu den ganz Großen. Ingo Dannhorn meistert die beiden Werke konditionell wie intellektuell und ist dabei auch noch für die eine oder andere Überraschung gut.

Nichts, was dieser Pianist nicht fertigbringen würde. Die „Hammerklaviersonate“ hatte zu Beethovens Zeiten alles Dagewesene gesprengt. Vom „Jakobsweg“ und vom „Mount Everest der Musikgeschichte“ hat Ingo Dannhorn im Vorfeld gesprochen, und natürlich bezwingt er das fast 50 Minuten andauernde Werk mit epischer Gestaltungskraft. Gestalterisch souverän, schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend sowie bestechend in der Klangfülle zeigt sich seine langjährige Beschäftigung mit dem Werk, das er bereits vor einigen Jahren auf CD vorgelegt hat.

Ausgesprochen farbenreich präsentiert er die vielen kleine Details. Dabei zieht sich Ingo Dannhorn nicht auf die technische Bewältigung oder auf didaktisches Spiel zurück, er begeistert vielmehr mit seiner impulsiven Spontaneität und mit Temperament vom mächtigen ersten Satz an. Der ungeheuren Ausdrucksweite zwischen Eruption im Kopfsatz und Andacht im Adagio des dritten Satzes zeigt eine intensive Beethoven-Analyse. Dabei kostet er die Bandbreite bei den Tempi und in der Dynamik vollends aus.

Gleiches gilt für die „Pathetique“. Auch hier sitzt bei Ingo Dannhorn jeder Akzent. Sein Ton ist singend und voluminös. So lauscht er den Themen nach, kommt dabei ohne verhuschte Klangflächen und ohne übertriebenes Pathos aus. Ingo Dannhorn lässt die Töne gerne auch einfach einmal dahin strömen, Beethoven hätte bestimmt seine Freude daran gehabt, auch beim Allegro aus der Sonate F-Dur op.10/2, das er überraschend zwischen dem ersten und zweiten Satz der „Pathetique“ spielt.

Zwischen den Sätzen des ersten Teils hatte Ingo Dannhorn sowohl Beethoven als auch Wilhelm Kempff in Texten und Bildern zu Wort kommen lassen. Vom Band eingespielt wurden Ausschnitte unter anderem aus Kempffs Autobiographie „Unter dem Zimbelstern“, ein kleiner Interviewausschnitt mit dem großen Meister und schließlich Beethovens berühmtes „Heilgenstädter Testament“, gelesen von Joffrey Streit.

Alles in allem ist Ingo Dannhorn ein fantastischer Pianist, mit Intellekt und technischem Vermögen gleichermaßen gesegnet. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er das kleine aber feine Festival im Andenken an Wilhelm Kempff überhaupt ins Leben gerufen und auch im Corona-Jahr ein derart anspruchsvolles Programm geboten hat. Das Wichtigste spricht Ingo Dannhorn gleich zu Beginn des Abends aus: „In diesen Zeiten merken wir erst, wie sehr Kunst und Kultur zum Menschsein gehört. Kunst und Kultur sind nicht systemrelevant, sondern lebensrelevant.“

Bild: Ein Abend für Beethoven: Der Pianist Ingo Dannhorn im Kutschensaal von Schloss Thurnau.

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04.10.2020

Von Käthe Kruse bis Barbie: Zeitreise in die Kindheit / Das Coburger Puppenmuseum bietet gesellschaftlichen, historischen und kulturellen  Einblick in zwei Jahrhunderte

Coburg. Unter allen Spielsachen besitzt die Puppe eine ganz besondere Anziehungskraft: Sie war Statussymbol, Erziehungsmittel und Vorbild auf das spätere Leben. Heute ist die Puppe Kunstobjekt und Sammlerstück, Dokument des Zeitgeists und manchmal auch billiger Massenartikel aus Fernost. Mit dem Coburger Puppenmuseum gibt es eine Einrichtung, die all diese Funktionen dokumentiert und präsentiert.

Dabei ist schon das Museumsgebäude mitten in der Coburger Innenstadt etwas ganz besonderes. Hier, gleich gegenüber der Ehrenburg,  wohnte der Dichter und Orientalist Friedrich Rückert von 1820 bis 1826. Rückert habe im Dachstübchen gewohnt, berichtet Christine Spiller, die zusammen mit Birgit Lang das Museum leitet. Er sei vor allem wegen der Nähe zur reichlich ausgestatteten Schlossbibliothek des Herzogs Ernst hierhergezogen. Was aber noch viel wichtiger ist: Rückert lernte hier seine spätere Frau Luise kennen, die Tochter eines Hofarchivrates, der mit seiner Familie gleich unter dem Rückert-Stübchen wohnte.

Ein geschichtsträchtiges Gebäude also, das Carin und Hans Lossnitzer viele Jahre später erworben und renoviert haben. Beide eröffneten hier 1987 ein Privatmuseum, um ihre reichhaltige Sammlung mir rund 900 Puppen und 50 kompletten Puppenstuben der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Puppenkünstlerin Carin Lossnitzer stammte aus Berlin, Hans Lossnitzer hatte seine Wurzeln in Oberfranken. Nachdem zwei Drittel der Sammlung aus Puppenfabriken in Oberfranken und Südthüringen stammen, sei es beider Anliegen gewesen, die Puppen wieder „nach Hause“ zu bringen, begründet Museumsleiterin Spiller die Wahl Coburgs als Ort des Puppenmuseums.

2007 hatte dann die Stadt Gebäude und Sammlung angekauft und die Trägerschaft über das Museum übernommen. Nachdem im Mai 2012 ein verheerender Brand in der Nachbarschaft auch die Räume des Puppenmuseum in Mitleidenschaft gezogen hatte, musste es über ein halbes Jahr schließen. Die Zeit wurde für eine umfangreiche Umgestaltung der insgesamt 600 Quadratmeter Ausstellungsfläche genutzt. Mittlerweile ist die Einrichtung museumspädagogisch auf dem neuesten Stand.

Die älteste und wohl auch wertvollste Puppe des Bestandes stammt aus dem Jahr 1823, die jüngsten Puppen sind Massenware aus Fernost, wie sie zuletzt in Katalogen oder Discountern angeboten wurden. Dazwischen gibt es Raritäten, Kuriositäten aber auch viel Bekanntes zu entdecken, stets liebevoll arrangiert und immer in den Kontext zu Entstehungszeit gesetzt.

Da gibt es beispielsweise eine Modepuppe, die 1860 von Gautier in Parier gefertigt wurde. Sie existiert nur noch zwei Mal auf der ganzen Welt, berichtet Christine Spiller, einmal in einem New Yorker Museum und einmal in Coburg. Im zweiten Stock gibt es Sammlerpuppen, etwa die berühmten von Käthe Kruse zu sehen und wer weiß heute noch, dass Steiff nicht nur Plüschtiere sondern auch Filzpuppen produziert hat? Interessant ist auch, dass die berühmte Barbie-Puppe ihr Vorbild in einer Puppe hat, die den Namen „Lilli“ trug und die von der Fima O. & M. Hausser in Neustadt bei Coburg produziert wurde. Erst 1964 hatte das US-Unternehmen Mattel die Markenrechte offiziell erworben, seitdem gibt es die Barbie-Puppe auch hierzulande.

Auch über die Puppenhersteller, von denen die meisten in der Region zwischen Coburg und Gotha angesiedelt waren und einige auch noch sind, kann der Besucher einiges erfahren. Doch nicht nur Puppen und Puppenstuben gibt es hier zu sehen, sondern auch einen Einblick in die Kindererziehung früherer Jahre, in das Großbürgertum den 19. Jahrhunderts und in Wohnstuben früherer Zeiten. Traditionelle Rollenbilder von Jungs und Mädchen werden hinterfragt, Tischsitten beleuchtet und allerlei anderes Spielzeug, wie Brettspiele, Eisenbahnen oder Dampfmaschinen sind ausgestellt.

Im Kuriositätenkabinett ganz am Ende des Rundgangs finden sich Teepuppen („Half Dolls“), also halbe Porzellanpuppen ohne Beine aber mit ausladenden Reifröcken, die nicht  als Spielzeug, sondern als Deko-Accessoire dienten, Puppenautomaten, eine Art Spieldosen mit bewegten Figuren, und jede Menge Miniaturgeschirr für Puppenstuben.

Information:

Das Coburger Puppenmuseum ist in der Rückertstraße 2 - 3 in 96450 Coburg, Telefon 09561/ 89-1480. Geöffnet hat es von April bis Oktober täglich von 11 bis 16 Uhr, zwischen November und März ist das Museum immer an den Montagen geschlossen. Internet: www.coburger-puppenmuseum.de.

Bilder:
1. Museumsleiterin Christine Spiller zeigt die Vielfalt an Exponaten, die im Coburger Puppenmuseum zu sehen ist.
2. Die Ettlinger Sängerknaben als Puppen: ein handmodelliertes Unikat ist in einer Vitrine des Museums ausgestellt.

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19.09.2020

Klatschen erlaubt, Mitsingen verboten / Perfektion und Professionalität: Huebnotix & The Velvet Voices trotzten Corona am Samstagabend in der in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Corona hat alles durcheinander gewirbelt. Ursprünglich sollte das Konzert mit der Bayreuther Band Huebnotix in der Dr.-Stammberger-Halle schon im März stattfinden. Dann kam Corona und selbst der Termin jetzt am Samstag stand bis zuletzt auf der Kippe. Das Konzert fand statt, unter allen denkbaren Auflagen zwar, mit Hygienekonzept (Klatschen erlaubt, Singen verboten, außer für die Band), Sicherheitsabstand und daher in kleinem Rahmen mit nur 170 erlaubten Zuhörern, aber es fand statt. Es war das erste Konzert in der Dr.-Stammberger-Halle nach über einem halben Jahr Corona-Pause und eines der ersten für Huebnotix. „Wir freuen uns, dass das Konzert durch die Zusammenarbeit mit der Stadt Kulmbach und der Agentur Motion Kommunikation möglich gemacht wurde“, verkündete die Band im Vorfeld.

Die vier Musiker und die vier Sängerinnen der „Velvet Voices“ ließen sich die widrigen Umstände auch nicht anmerken. Sie spielten in der gewohnten Perfektion auf und gaben einmal mehr alles, zwei Stunden lang und ohne Pause. Auf dem Programm wie immer bei Huebnotix: Rock-Klassiker und Kultsongs der Rock- und Popgeschichte. Viele Songs waren diesmal dabei, die man von Huebnotix noch nicht kannte. Gut zwei Stunden lang begeisterte die Band ihr Publikum bei ihrem Streifzug durch 50 Jahre Rockgeschichte mit Songs wie „Eleanor Rigby“ von den Beatles gleich zum Auftakt, „Ain´t nobody but me“ von Supertramp, „Man on the moon“ von R.E.M. oder, was bei keinem Huebnotix-Konzert fehlen darf: „Shine on you crazy diamont“ von Pink Floyd.

Nach dem Projekt „Huebnotix and Strings“ gastierte die Band diesmal zusammen mit den Sängerinnen Melanie Büttner, Emilie Carra, Elisa Fuchs und Lisa Herold als „Huebnotix & The Velvet Voices“. Sie agierten immer wieder auch solo aber hauptsächlich als Background-Ensemble. Auch hier gab es raffinierte Arrangements bei Titel wie „Baby, I love you“ von Aretha Franklin interpretiert von Elisa Fuchs, den Beatles-Klassiker „The long and winding road“  gesungen von Emilie Carra, „Ain´t nobody“ von Chaka Khan gesungen von Melanie Büttner.

Neben der Perfektion, die Andy Sack (Gesang und Percussions), Andi Hübner (Gesang, Gitarre und Mundharmonika), Joe Greiner (Gesang, Keyboards), Markus Burucker (Gesang, Gitarre und Bass) auszeichnen sind es auch die ausgefeilten Arrangements, die mittlerweile zum Markenzeichen der Band geworden sind. Das unterscheidet Huebnotix von einer reinen Coverband. Perfekt nachgespielt, das reicht ihnen nicht. Sie wollen eigene Akzente setzen, lieben die Details und klanglichen Raffinessen.

Songs anders zu interpretieren, darauf kommt es der Band an. Einen Frontman im klassischen Sinne gibt es nicht, im Gegenteil, die Musik lebt von der Abwechslung und so klingen Markus Burucker, Andi Hübner und Andy Sack, zwar völlig verschieden  doch jeder für sich ausdrucksstark und mitreißend.

Bilder:
1. Huebnotix & The Velvet Voices gastierten am Samstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle.
2. Das sind die Velvet Voices (von links): Elisa Fuchs, Emilie Carra, Melanie Büttner und Lisa Herold.

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17.08.2020

„Mount Everest der Musikgeschichte“ / Corona zum Trotz: Der Pianist Ingo Dannhorn spielt Beethovens „Hammerklaviersonate“ zu Ehren von Wilhelm Kempff

Thurnau. Seine „Hauskonzerte“ sollen legendär gewesen sein: der weltberühmte Pianist Wilhelm Kempff war in den Nachkriegsjahren zusammen mit rund 100 weiteren Flüchtlingen im Schloss von Thurnau untergekommen und musizierte dort für Menschen, die nicht wussten, wohin sie gehen sollen und wie es weitergehen wird. Anknüpfend an diese Tradition veranstaltet der international gefragte Pianist Ingo Dannhorn am Ort des Geschehens Anfang Oktober wieder ein kleines aber feines Wilhelm-Kempff-Festival. Das Vierte ist es mittlerweile, Corona-bedingt wird es diesmal nur zwei Abende mit dem jeweils gleichen Programm geben.

„Es ist kein Notprogramm“, stellt Ingo Dannhorn unmissverständlich klar. Der Anspruch an Qualität bleibe erhalten und deshalb werde er mit der B-Dur-Sonate op.106, der „Hammerklaviersonate“, auch den „Mount Everest der Klavierliteratur“ aufführen. Der Künstler spricht von einem „unglaublichen absoluten Meisterwerk“, in das man jedes Mal wieder mit großem Respekt hineingehe. Das Werk dauert mit seinen rund 50 Minuten länger als so manche Sinfonie und fordert auch den Zuhörer. Deshalb soll im ersten Teil ein früher, eventuell unterhaltsamer Beethoven zu Gehör gebracht werden.

Weitere Mitwirkende wie Sänger oder Rezitatoren werde es dagegen nicht geben. Zu unsicher sei die Lage, so Ehefrau Eva-Maria Dannhorn, die für die gesamte Organisation zuständig ist. Schon allein die Probensituation wäre schwer zu bewältigen, dazu kommt, dass immer noch eine kurzfriste Absage im Raum steht. Soweit wollen Eva-Maria und Ingo Dannhorn aber nicht gehen. Sie blicken positiv auf den 7. und 8. Oktober und freuen sich auf die jeweils 60 Zuhörer, die für den Kutschensaal pro Abend zugelassen sind.

So doppeldeutig das Motto ist, so eindeutig ist die Zielrichtung. „Auseinander-Setzung mit Beethoven“ lautet die Überschrift, unter der Ingo Dannhorn Geschichten erzählen möchte. Geschichten, in dessen Mittelpunkt der Komponist Ludwig van Beethoven steht, dessen 250. Geburtstag die Musikwelt in diesem Jahr, aufgrund der Umstände recht verhalten, feiert. „Wir wollen ein Zeichen setzen, gerade jetzt und jetzt erst recht“, sagt Ingo Dannhorn, der sich über den großen Zuspruch und die viele Unterstützung einer ganzen Reihe von Sponsoren freut.

Nicht zuletzt sind es die noch in der Region lebenden Familienmitglieder von Wilhelm Kempff, auf deren ideelle Unterstützung Ingo Dannhorn zählen kann. Mittlerweile seien richtige Freundschaften entstanden, sagt er, der sich selbst als Enkel-Schüler von Wilhelm Kempff sieht. Seine beiden prägenden Lehrer, Gitti Pirner und Gerhard Oppitz seien noch selbst von Wilhelm Kempff unterrichtet worden. Schon in frühester Jugend habe er dessen Interpretationen auf Schallplatte kennenlernen dürfen, sein Lehrer am Mozarteum in Salzburg sei großer Wilhelm-Kempff-Fan gewesen. Ingo Dannhorn bewundert besonders dessen sehr direkten Stil, ohne Schnörkel und ohne große Show, das habe ihn stets beeindruckt.

Mit der „Hammerklaviersonate“ beschäftigt sich Ingo Dannhorn derzeit täglich. Auch wenn er schon vor Jahren eine vielbeachtete Einspielung vorgelegt und das Werk oft aufgeführt hat, sei wie bei einem Marathonlauf tägliches Training notwendig. Dazwischen wird er in Italien noch einen Meisterkurs geben. „Die Hände in den Schoß legen und klagen das machen wir nicht“, sagt er und ist sich ganz sicher, dass es auch mit dem Festival wieder weitergehen wird.

Das Wilhelm-Kempff-Festival mit den beiden Beethoven-Konzerten findet am 7. und 8. Oktober, jeweils 19 Uhr, im Kutschenhaus von Schloss Thurnau statt. Weitere Informationen und Tickets gibt es im Internet unter www.wilhelm-kempff-festival.com sowie in der Buchhandlung  Friedrich in Kulmbach.

Bild: „Es wird weitergehen, wie auch immer“: Der Pianist Ingo Dannhorn spielt am 7. und 8. Oktober die „Hammerklaviersonate“ von Ludwig van Beethoven.

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02.08.2020

„Vertreter der neuen Sachlichkeit“: Vom Handwerker zum Künstler / Thurnauer Töpfermuseum zeigt Retrospektive zu Ehren von Günther Stüdemann

Thurnau. Zu Ehren des vielseitigen Malers und Keramikkünstlers Günther Stüdemann (1890 – 1981) findet im Töpfermuseum Thurnau im Landkreis Kulmbach eine umfangreiche Retrospektive statt. Stüdemann hatte das Töpfermuseum mit seiner Frau Luise gegründet. Er wurde vor 130 Jahren geboren.

„Günther Stüdemann hat eine Riesenbedeutung für den Ort und war ein echter Glücksfall für Thurnau“, sagt Museumsleiterin Sandra Peters. Die Sonderausstellung stelle diese bedeutende Persönlichkeit erstmals in seiner Gesamtheit als Künstler vor. Möglich mache dies ein Nachlass von Erben Stüdemanns, den das Museum 2015 bekommen hatte. Zu sehen sind dabei nicht nur keramische Arbeiten, die ohnehin einen wesentlichen Bestandteil des Museums ausmachen und die zur Dauerausstellung gehören. Die Sonderschau zeigt erstmals auch Zeichnungen, Gemälde, Holzschnitte, Illustrationen und dabei auch sehr frühe Werke, die zurück bis in die die Jahre 2013/2014 gehen.

Günther Stüdemann wurde in Berlin geboren und wuchs in Hamburg auf. Er besuchte die Landeskunstschule in Hamburg und die Lewin-Funcke Akademie in Berlin als Schüler von Martin Brandenburg. Schon im Alter von 21 Jahren nahm er an den Ausstellungen der Freien Sezession München und Berlin teil, wo er unter anderem zusammen mit Max Liebermann ausstellte. Als Maler sah sich Stüdemann selbst als „Vertreter der neuen Sachlichkeit“. Er sei bei weitem kein unbedeutender Maler seiner Zeit gewesen, so Sandra Peters.

Von 1924 bis 1928 lebte Stüdemann in Italien. Hier kam er erstmals mit Keramik in Berührung. In Vietri sul Mare (Provinz Salerno) gründete er eine Töpferwerkstatt und erlernte autodidaktisch die Kunst des Töpferns und der Fayencemalerei. Beeinflusst von Künstlerpersönlichkeiten wie Richard Dölker, Irena Kowaliska, Margarete Thewalt Hannasch oder Marianne Amos entwickelte er einen eigenen Stil, mit dem er als „Deutscher Mittelmeerkünstler“ international bekannt wurde.

Nach Aufenthalten in Berlin und in Spanien war Stüdemann 1939 über das Deutsche Heimatwerk nach Thurnau gekommen, wo er sich sofort für die hiesige Töpfertradition begeisterte und die „Keramische Werkstatt Stüdemann“ gründete. „Die Töpferei lag hier damals am Boden“, sagt Sandra Peters. Günther Stüdemann habe es geschafft, einen Umschwung in die Wege zu leiten. Auch hier näherte er sich dem Töpferhandwerk von der künstlerischen Seite, experimentierte, entwickelt sich stetig weiter und vollzog den Wandel vom Handwerk zum Kunsthandwerk. 1952 erhielt er als erster deutscher Keramiker die Goldmedaille des Bayerischen Staatspreises.

„Zeit seines Lebens habe Günther Stüdemann viel experimentiert“, so Sandra Peters. So habe er beispielsweise eine Fayencetechnik entwickelt, die es möglich machte, Keramik direkt zu bemalen. Er sei eben nie stehen geblieben, sondern habe sich immer weiterentwickelt. Auch die Ausbildung von jungen Leuten war ihm stets ein großes Anliegen. 30 Gesellen- und 4 Meisterprüfungen wurden bei ihm abgelegt, obwohl er selbst nie eine Meisterprüfung gemacht hatte. Neben der Grundlagenvermittlung motivierte er seine Schüler dazu „allmählich immer selbständiger zu schaffen und mit den Jahren zu hoher Meisterschaft zu gelangen“. Das hinderte ihn freilich nicht daran, immer wieder auch Gebrauchsgeschirr zu töpfern, das auf der Rückseite sein Werkstattzeichen, einen Fisch, trägt.

Der Einfluss Stüdemanns auf das Werk seiner Schüler, unter ihnen Lore Cyris, Heinz und Eveline Schnauder und seine „Patentochter“ Susanne Schunter-Kleemann, deren Arbeiten auszugsweise in der Ausstellung zu sehen sind, bleibt dabei unverkennbar.

Die Sonderausstellung „Günther Stüdemann - Maler. Keramiker. Mentor“ ist bis zum 6. Januar 2021 im Töpfermuseum, Kirchplatz 12 in 95349 Thurnau  zu sehen. Öffnungszeiten sind jeweils Dienstag bis Freitag zwischen 14 und 17 Uhr sowie Samstag und Sonntag zwischen 11 und 17 Uhr. Aufgrund der Corona-Pandemie dürfen derzeit immer nur 20 Personen gleichzeitig in das Museum, eine Mund-Nasen-Bedeckung ist Pflicht.

Bilder:
- Museumsleiterin Sandra Peters zeigt einige Holzschnitte von Günther Stüdemann, die in der Sonderausstellung im Thurnauer Töpfermuseum erstmals öffentlich zu sehen sind.
- Portrait des Malers, Keramikkünstlers und Museumsgründers Günther Stüdemann.

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20.03.2020

Musik für den Frieden / 15 Jahre Zamirchor Bayreuth – Auftritte in Halle, Rom und Prag geplant

Bayreuth. „Wir wollen die Welt verbessern und für den Frieden arbeiten.“ Auch wenn es vielleicht etwas naiv klingen mag, aber Barbara Baier hat zusammen mit dem von ihr gegründeten und geleiteten Zamirchor in Bayreuth schon vieles bewegt. Im Mai feiert der Chor sein 15-jähriges Bestehen. Schon im vergangenen Jahr gab es Konzertreisen nach Israel und Moldawien, geplant sind Auftritte im Herbst unter anderem in Rom und 2021 in Prag. Außerdem ist der international gefragte Filmemacher Nedy John Cross auf den Chor aufmerksam geworden. Der Zamirchor wurde für ihn zum Ausgangspunkt des Dokumentarfilms „One white light“.

Krieg und Holocaust auf der einen Seite, Zusammengehörigkeit und Völkerverständigung auf der anderen Seite: darum geht es in dem Projekt „One white light“ und darum geht es auch Barbara Baier. „Gerade heute ist es doch wichtiger als jemals zuvor, darauf hinzuweisen, dass der Friede an oberster Stelle steht“, sagt die Sopranistin, die schon an vielen Bühnen in Deutschland als Solistin engagiert war und die als Dozentin unter anderem an der Universität Bayreut6h und an der Musikschule Kulmbach wirkte. „Bei uns geht es um Musik und um Völkerverständigung“, so die Sängerin. Der Film soll nicht nur die Arbeit des Zamirchors dokumentieren, sondern auch dessen Zusammenarbeit mit israelischen Chören und dem aus Haifa stammenden Komponisten und Dirigenten Itzhak Tavior.

Von ihm werden beim geplanten Konzert in der Laterankirche, eine der fünf Papstbasiliken Roms, am 17. November gleich zwei Kompositionen aufgeführt: „End of days“ aus dem Jahr 2007 und „Vision oft he valley of dry bones“ aus 2004. Am Zustandekommen dieses Auftritts im Rahmen des „19. Festivals of Sacred Music and Art“ hatte der Filmemacher Nedy John Cross durch seine Bekanntschaft mit dem bulgarischen Botschafter im Vatikan ebenfalls großen Anteil.

Der Zamirchor wird dort zusammen mit dem Staatsorchester aus dem bulgarischen Plovdiv, dem israelischen Ashirachor und der bulgarischen Capella Anima auftreten. Zu den Solisten gehört neben Barbara Baier der deutsch-amerikanische Tenor James Clark, der in Hof lebt. Auf dem Programm stehen neben den Werken Taviors Anton Dvoraks Psalm 149, op. 79, Giuseppe Verdis „Ave Maria“ und Wolfgang Amadeus Mozarts Sinfonie Nr. 29.  Letztere wurde deshalb ersatzweise ins Programm genommen, weil sich die Verantwortlichen ausgerechnet im Beethoven-Jahr gegen Ludwig van Beethovens Egmondt-Ouvertüre ausgesprochen hatten.

Ein weiterer Höhepunkt in der Geschichte des Zamirchors ist bereits für 2021 fest eingeplant. Dann wird die Formation nach derzeitigem Stand am 18. Mai bei dem international renommierten Kultur- und Musikfestival „Prager Frühling“ im 1200 Zuhörer fassenden Saal der technischen Bibliothek gastieren. Hintergrund ist eine Partnerschaft der Stadt Bayreuth mit dem Stadtteil Prag VI. Noch zuvor wird der Chor am 30. Januar zum Holocaust-Gedenktag in der Ulrichskirche in Halle auftreten. Damit soll an den rechtsextremistischen Anschlag vom 9. Oktober 2019 auf die dortige Synagoge erinnert werden, bei dem zwei Menschen ermordet wurden.

Der Zamirchor engagiert sich seit 15 Jahren für die israelisch-deutschen Beziehungen. Er hat bereits drei Mal die offizielle Gedenkstunde der Vereinten Nationen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag in Genf musikalisch gestaltet. Der gemischte Laienchor mit seinen rund 25 Mitgliedern im Alter zwischen 15 und 80 Jahren gastierte darüber hinaus bereits mehrfach in Israel, 2010 sogar vor der UN-Vollversammlung in der Assembly-Hall in New York.

Der Chor ist als Verein organisiert, seine Mitglieder sind Hausfrauen, Schüler und Studenten genauso wie Krankenschwestern, Lehrer oder Schauspieler. Finanziert wird die Arbeit nahezu ausschließlich über Sponsoring, Spenden und das eigene Engagement aller Beteiligten. Lediglich bei einzelnen Projekten gab es Fördergelder, beispielsweise von Stiftungen. Mit den „Zamirsternchen“ existiert bereits auch ein eigener Zusammenschluss für den Nachwuchs, ein Kinder- und Jugendchor mit derzeit acht aktiven Sängerinnen im Alter zwischen zehn und 15 Jahren.

Bild: Der Bayreuther Zamirchor unter der Leitung von Barbara Baier bei einem Konzert 2019.

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11.02.2020

Für einen Abend: Kulmbach wurde zur Musical-Metropole /
„Die Nacht des Musicals“ begeisterte das Publikum in der Stadthalle

Kulmbach. Was ist ein Musical? Vielleicht eine musikalische Komödie, mit Elementen des Jazz und der Pop- und Rockmusik, eine moderne Form der Operette, aber ohne Kitsch oder gar eine Aneinanderreihung von großen Hits. Ganz einfach: Musical ist alles das auf einmal und längst nicht mehr nur „Amerikas Antwort auf zweieinhalb Jahrtausende europäische Theaterkultur“. Da gibt es klassische amerikanische Musicals, herausragende Werke der Gegenwart wie „Cats“ oder „Phantom der Oper“ und es gibt Musicals, die meist einem Star oder einer Band gewidmet sind. Dazu gehören das Abba-Musical „Mamma Mia“ oder „Ich war noch niemals in New York“, ein Musical mit den großen Udo-Jürgens-Hits, und schließlich Udo Lindenbergs „Hinterm Horizont“.

„Die Nacht des Musicals“, die am Dienstagabend in der gut besuchten Kulmbacher Stadthalle zu erleben war, vereinigt das alles in einer einzigen Show. Geboten wurden die größten Hits, die bekanntesten Songs, gefühlvolle Balladen in einer zweieinhalbstündigen abwechslungsreichen, mitreißenden und intelligent zusammengestellten Gala.

Die wachsenden Zuschauerzahlen bei dieser seit Jahren mit immer wieder wechselnden Solisten tourenden Produktion bringen „Die Nacht der Musicals“ dazu, immer neue Werke ins Programm aufzunehmen. „Grease“ gehört dazu, ebenso wie die besten Szenen aus dem Broadway-Verkaufsrenner „The Greatest Showman“, unter anderem mit dem Hit „This is me“. Natürlich dürfen auch die beliebtesten Hits aus des Disney-Musicals nicht fehlen. Dabei verschmelzen die modernen Lieder zu einer untrennbaren Einheit mit den zeitlosen Klassikern.

Die 13 Darsteller, fünf Solisten und acht Tänzer, sind alle absolute Musical-Profis, die bereits in den verschiedensten Produktionen auf der Bühne standen. Stimmgewaltig nahmen sie das Publikum mit auf eine Reise von Afrika („König der Löwen“) und Wien („Elisabeth“) bis nach Transsylvanien („Tanz der Vampire“). Einzelne hervorzuheben wäre fast schon ein wenig unfair, singen sie doch alle mal abwechselnd im gesamten Ensemble mal im Duett oder sie übernehmen solistische Aufgaben. Außerdem sind es gerade die großen „Massenszenen“, die das Publikum zu wahren Begeisterungsstürmen hinrissen, etwas bei „We are the champions“ im Queen-Musical oder ganz am Schluss beim Medley aus dem Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“.

Die fünf Solisten waren: Mareike Heyen aus Ostfriesland mit kraftvoller Powerstimme und rockiger Musical-Röhre, Katrin Mayer aus Freiburg mit strahlendem Sopran und eleganter Ausstrahlung, Jan Grossfeld als Mister Showman schlechthin mit smarter Wandlungsfähigkeit, Istvan Sziscar in vornehmlich düster-dramatischen Parts sowie Florian Albers als poppiger und allseits präsenter und flexibler Sängerdarsteller.

Das Team mit den Tänzern der „Broadway Musical Dance Company“ stellte eine abwechslungsreiche, farbenprächtige und fantasievolle Show auf die Beine, beste Unterhaltung auf hohem Niveau. Zum Musical gehören allerdings nicht nur Musik und Stimmen, sondern auch eine ausgeklügelte Choreographie, schnelle Tänze und farbenfrohe Kostüme. Auch die in solchen Shows schon obligatorische Tuchfühlung mit dem Publikum darf nicht fehlen. So stöckelt Jan Grossfeld als Transvestit Frank ‘n‘ Furter aus der "Rocky Horror Picture Show" aufreizend in Mieder und Strapsen ins Parkett, um mit Sprüchen und Gesten für Lacher zu sorgen und, sehr zur Freude aller Nicht-Betroffenen, einzelne ahnungslose Zuschauer zum Mitmachen zu nötigen.

Bei derartigen Tourneeproduktionen gilt es freilich auch immer wieder Abstriche zu machen. So gab es kein richtiges Bühnenbild, dafür aber alle nur denkbaren Projektionen im Hintergrund und vor allem viel Licht. Die Technik war bestens eingestellt und auf die Solisten abgestimmt. Zur Musik vom Band wurde tatsächlich live gesungen. Die Verantwortlichen waren von Kulmbach überaus begeistert, so dass bereits darüber nachgedacht wird, im nächsten Jahr mit der „Nacht des Musicals“ wieder in die Dr.-Stammberger-Halle wieder zu kommen.

Bilder:
1. Katrin Mayer und Istvan Csiszar als Christine und das Phantom der Oper im gleichnamigen Musical.
2.  „We are the champions“: das Ensemble brachte das Queen-Musical überzeugend auf die Bühne.
3. Ausschnitte aus den bekanntesten Musicals waren am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach zu hören und zu sehen.

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01.02.2020

Atemberaubend und absolut authentisch /
Tina-Turner-Tribute: Hommage an eine lebende Legende

Kulmbach. Die echte Tina Turner hatte wohl niemand ernsthaft erwartet am Samstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle. Jedem Besucher war klar, dass es sich um eine Tribute-Show handelte. Trotzdem muss man bei lebenden Legenden vorsichtig sein. Erst vor wenigen Tagen hatte ein Gericht der echten Tina Turner recht gegeben, weil ein (anderer) Konzertveranstalter für eine ähnliche Tribute-Show so geworben hatte, dass nach Auffassung der Richter Verwechslungsgefahr bestanden hätte.

Dabei hätte das die Echte gar nicht nötig. Kann einem Künstler etwas Besseres passieren, als wenn er in den verschiedensten Produktionen gefeiert wird, wenn seine Musik interpretiert wird, seine Auftritte und Shows den Fans immer wieder in Erinnerung gerufen werden? Das passiert nur bei den ganz Großen. Und Tina Turner ist eine ganz Große. Genau das machte die Show „Tina – The Rock Legend“ (Reset-Production) auch deutlich.

Erzählt wird die Geschichte von Anna Mae Bullock, die 1939 in Nutbush im amerikanischen Bundesstaat Tennessee geboren wurde und die es nach einem langen und schwierigen Weg zu einem absoluten Superstar mit elf Grammys und weltweit über 180 Millionen verkauften Tonträgern geschafft hatte.

Natürlich gibt es alle großen Hits wie „Nutbush City Limits“, „Let’s Stay Together“, „What’s Love Got To Do With It“, „Break Every Rule“, „Golden Eye“, „The Best“, ein Superhit jagt den nächsten. Kaum einen im Publikum hielt es da noch auf seinem Platz. Alle standen zum Ende der Show, tanzend, klatschend und singend und jubelten der facettenreichen Tina-Turner-Darstellerin Katanya Jones aus London zu. Die hatte dabei keine Mühe, mit ihrer kraftvollen und markanten Stimme die vielen Welthits authentisch zu performen. Katanya Jones ist genauso wie die echte Tina Turner eine absolute Powerfrau, die das Kulmbacher Publikum nicht nur mit „Servus allerseits“ begrüßte, sondern später bei „Honky tonk woman“ auch auf Tuchführung geht, eine Runde durch den Saal dreht und zusammen mit dem Publikum rockt.

Geboten wurde ein echtes Feuerwerk mit tollen Stimmen, faszinierenden Tänzen, atemberaubenden Kostümen und einer ausgeklügelten Choreographie. Ein wenig auf verlorenem Posten schien dabei Thomas Hinrich als eine Art Moderator im Frack. Er berichtete aus dem bewegten Leben der echten Tina Turner und lässt dabei kaum etwas aus. Seine Hauptaufgabe dürfte es aber wohl eher gewesen sein, kleine Verschnaufpausen für die Tina-Darstellerin und ihre vier Tänzerinnen Harley Charles, Tamika Williamson, Mia Yuill und Kerri Deaguiar (alle aus England) zu schaffen.

Musikalisch gestaltet wurde das Ganze von einer fünfköpfigen Live-Band mit Backgoundsängerin Elisabeth Markstein und Sänger Daniel Splitt. Er gibt auch zweimal ganz eindrucksvoll den Duettpartner von Tina, einmal als Eros Ramazotti mit „Cose della vita“, das andere Mal als Bryan Adams mit „It´s only love“. Die überragende Band besteht aus Keyboarder Arne Donadell, Schlagzeuger Markus Christ, Gitarrist Georg Spiess, Bassist Volkmar Grosse und dem charismatischen Saxophonisten Paul Griesbach. Die Bühne wirkt vor allem durch die große Leinwand und die ausgeklügelte Choreographie von Jonathan Mawson, die aus der Show viel mehr machen als ein Tribute-Concert.

Bilder:
1.  Ein Superhit jagte den nächsten: Katanya Jones aus London als Tina Turner.
2. Augenweide und ausgeklügelte Choreographie: Gleich vier Tänzerinnen umrahmten den Auftritt von Katanya Jones in der Tina-Turner-Show.
3. Einmal als Eros Ramazotti, hier als Bryan Adams: Daniel Splitt als Duettpartner von Tina.
4. Auf Tuchfühlung mit dem Publikum: Tina-Turner-Darstellerin Katanya Jones rockte auch mit dem Publikum.
 

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24.01.2020

Glamour-Pop auf Plateau-Sohlen / „Super Abba“ ließ Kultsongs der 70er wieder lebendig werden

Kulmbach. Zahlreiche Ausnahmekünstler hat die populäre Musik des 20. Jahrhunderts hervorgebracht: Elvis Presley, Frank Sinatra, Michael Jackson oder Bands wie die Beatles, die Rolling Stones, oder eben Abba. Weil deren Musik unsterblich geworden ist, touren zahlreiche Tribute-Shows durch die Lande. Am Freitagabend gastierte die Show „Super Abba – A tribute to Abba“ in der nur gut zur Hälfte besetzten Stadthalle. Alle, die nicht gekommen waren, haben echt was verpasst: eine nahezu perfekte Cover-Band mit zwei herausragenden Sängerinnen, kaum ein Hit der vier Schweden, den sie nicht drauf hatten, Superstimmung und ein in viele Details durch choreographiertes Live-Konzert.

Um die 400 Millionen verkaufte Platten weltweit und 21 Top-Ten-Hits allein in Deutschland: in den rund zehn Jahren ihres Bestehens hat Abba alle Rekorde gebrochen. Ihre Musik kennt keine Grenzen, Abba kennt man auf der ganzen Welt und Abba verbindet mehrere Generationen. Abba ist einfach allgegenwärtig, sei es durch Musicals, Filme oder immer wieder neue TV-Dokumentationen. Obwohl sie seit 1982 nie mehr zusammen aufgetreten sind, waren sie eigentlich nie richtig weg. Mit Songs wie „Mamma Mia“, Dancing Queen“ oder „Super Trouper“ haben Agnetha, Anni-Frid, Benny und Björn weltweit die Charts erobert und sind längst selbst zum Mythos geworden“

Mit „Super Abba“ war nun eine Formation angetreten, um die Kultsongs der 70er Jahre wieder lebendig werden zu lassen. Und tatsächlich, so etwa könnte es gewesen sein, ein Live-Konzert des legendären Pop-Quartetts. Über zwei Stunden lang interpretierte „Super Abba“ sämtliche großen Hits der vier Schweden gekonnt, perfekt und vor allem so mitreißend, dass es schon nach wenigen Minuten viele nicht mehr auf ihren Sitzen hielt. „Super Abba“ ließ den Glamour-Pop und die Ohrwürmer aus der Glitzerwelt, die unvergesslichen Superhits auf der Konzertbühne wieder aufleben.

Mitmachen, mitsingen und mittanzen sind angesagt, und schon ist die Lebensfreude aus den 70ern wieder zurück. Stundenlang hätte es noch so weitergehen können, das Abba-Repertoire hätte das hergegeben und langweilig ist keine einzige der Nummern. Egal ob frühe Nummern wie „Ring, Ring“, den Grand-Prix-Siegertitel „Waterloo“ von 1974 gleich zu Beginn, „Money, Money, Money“, „Thank you for the music“, „SOS“, „Chiquitita” oder „The way old friends do“ ganz zum Schluss, so wie bei dem legendären Wembley-Konzert 1979. In schrillen Disko-Outfits der 70er, ganz nah am Original entstand eine einmalige Atmosphäre.

Hinter „Super Abba“ stecken die junge kanadische Sängerin Olivia Kusterman als Agnetha und Janina Illing aus Bremen als Anni-Frid. Optisch und vor allem auch stimmlich nah am Vorbild können die beiden gut mit den Originalen mithalten. Ergänzt werden die beiden Frontfrauen von einer vierköpfigen Band mit den Gitarristen Sören Rödenberg als Björn, Keyboarder Dietrich Pinkhammer als Benny, sowie dem Drummer Toby Zweifler und dem Bassgitarristen Krischka Zapf. Sie alle scheinen sich mit der Musik von Abba mittlerweile komplett identifiziert zu haben.

Was bei Abba kaum möglich ist, sind eigene Interpretationen der Songs. Und so konzentrieren sich auch „Super Abba“ darauf, die Titel möglichst Originalgetreu zu spielen, die Show möglichst echt zu gestalten und das Lebensgefühl der 70er ungetrübt zu vermitteln. Mit zwei Ausnahmen: Die nicht ganz so bekannten Songs „Hasta Manana“ und Sorry Cassandra“ spielen sie in akustischen Arrangements nur mit Akustikgitarre und Piano. Abba unplugged sozusagen, was einem ganz neuen und faszinierenden Hörerlebnis gleichkommt.

Alles in allem war „Super Abba“ der überaus gelungene Auftritt einer perfekten Cover-Band, der mehr Zuschauer verdient gehabt hätte. Vielleicht lag der relativ schwache Besuch es daran, dass in den zurückliegenden Jahren gleich zwei ähnliche Abba-Tribute-Shows bei den Plassenburg-Open-Airs zu sehen waren. Wer nun doch noch Lust bekommen hat, für den gibt es eine zweite Chance: „Super Abba – A tribute to Abba“ gibt es unter anderem noch einmal am 26. Januar um 18 Uhr in der Max-Reger-Halle Weiden, am 7. Februar um 20 Uhr im Amberger Congress Centrum und am 13. März um 20 Uhr im Kongresshaus Rosengarten in Coburg.

Bilder: Am Freitagabend lebte in der Dr.-Stammberger-Halle der Geist der 70er Jahre wieder auf. Die Coverband "Super Abba" spielte die größten Hits von Abba und ließ damit die Stadthalle pulsieren.

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14.01.2020

Heiter, humorvoll und auf höchstem Niveau / Showtime mit Sinatra: Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach

Kulmbach. Das Schönste am Jahreswechsel sind die Neujahrskonzerte. Für die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem langjährigen Dirigenten Thomas Besand ist es eine liebgewonnene Tradition, das neue Jahr musikalisch zu begrüßen und nicht nur Blasmusikfreunde aus nah und fern sorgen seit Jahrzehnten für eine ausverkaufte Stadthalle.

Diesmal präsentierten die gut 40 Musiker zwischen 17 und 70 Jahren einen Parforceritt durch sämtliche musikalische Stilrichtungen, von klassisch bis populär, von ernst bis heiter, es gibt bekanntes und unbekanntes, aber alles stets anspruchsvoll und auf höchstem Niveau. Ein Konzert, in dem ein Höhepunkt dem nächsten jagt, und das bereits zum 29. Mal unter der Leitung des wie immer auswendig dirigierenden Thomas Besand (53). Untrennbar zu den Neujahrskonzerten dazu gehört die sachkundige, humorvolle und überaus sympathische Moderation von Karl Heinrich Backert. Er sorgt damit zudem für die notwendigen Verschnaufpausen für alle Musiker zwischen den Stücken.

Was das Publikum bei Neujahrskonzerten geradezu erwartet, sind außergewöhnliche Einlagen, besondere Einfälle und herausragende musikalische Darbietungen. Beispielsweise wenn Elke Höhn und Thomas Besand zusammen den Sinatra-Hit „They can´t take that away from me“ aus der Feder von George Gershwin absolut gekonnt interpretieren. Oder wenn der Dirigent nicht nur zum Bandleader, sondern gleich zum fabelhaften Solisten wird und Sinatras „New York, New York“ singt. Elke Höhn überzeugte schon im ersten Teil als Sopranistin in dem bekannten Filmtitel „Gabriellas Song“ und zwar nicht nur auf Deutsch gesungen, sondern sogar auf Schwedisch.

Keinesfalls fehlen darf das Witzige. Wenn etwa die beiden Spitzenklassetrompeter Daniel Richter und Maximilian Schaller in riesigen Sombreros auf den Köpfen und vor einem Plastikkaktus das Solo „Zwei Mexikaner in Böhmen“ von Mark Sven interpretieren, dann haben sie die Sympathien des Publikums auf ihrer Seite. Absolut exakt spielen die beiden auf, routiniert und einfach professionell.

Natürlich gehören zum Neujahrskonzert die Klassiker. Diesmal hatte Dirigent Besand wieder einmal die Ouvertüre zur Operette „Banditenstreiche“ von Franz von Suppe ins Programm genommen. Komplett neu einstudiert, mit neuen Übergängen und mit großem Engagement musiziert. Kein Neujahrskonzert ohne Johann Strauß. Mit seiner bekannten, beliebten und rasch ins Ohr gehenden Schnellpolka „Leichtes Blut“ gab es ein populäres Werk des Komponisten, das die Stadtkapelle zum ersten Mal aufgelegt hatte. Auch der Tango „Ole Guapa“ von Arie Malando, ebenfalls eine Premiere beim Neujahrskonzert, gehört in die Kategorie und die technisch nicht ganz einfache Polka „Von Freund zu Freund“ vom Tiroler Viera-Blech-Bandleader Martin Scharnagl mit Wolfgang Diem am Flügelhorn und Werner Kurzhals am Tenorhorn. In der Hitliste ganz oben stehen die Brahms-Klassiker schlechthin: seine ungarischen Tänze Nummer 5 und 6, komplett neu einstudiert mit allen Raffinessen, Verzögerungen und Beschleunigungen und einfach perfekt gespielt.

Was wäre ein Blasmusikkonzert ohne die für diesen Klangkörper so typischen Marschkompositionen. Natürlich sitzen sie bei der Stadtkapelle: Julius Fuciks furioser Triumphmarsch „Salve Imperator“, Lukas Bruckmeyers Konzertmarsch „In Vita Optimum“ sowie die beiden Märsche „Heil Europa“ von Franz von Plon und der unverwüstliche Blasmusikhit „Hoch Heidecksburg“ von Rudolf Herzer.

So richtig zeigen können die Musiker, was sie drauf haben in zwei modernen Kompositionen: „Schmelzende Riesen“ heißt das imposante Werk des Südtiroler Komponisten Armin Kofler, das vor allem durch seine Lautmalereien ein wenig an die Alpensinfonie von Richard Straus erinnert. Die Komposition hat durchaus etwas Zeitgeist in sich, weist sie doch auf die schmelzenden Gletscher und damit auf den Klimawandel hin. Ist die Klimadiskussion also schon im Konzertsaal angekommen? Nicht wirklich, das Stück entstand als Auftragskomposition der österreichischen Blasmusikjugend schon im Jahr 2011. Für wahre Begeisterungsstürme sorgten schließlich die Highlights aus der spektakulären Tanzshow „Lord oft he dance“ von Michae Flatley, komponiert von Ronan Hardiman. Nicht nur vom raschen Tempo her musiziert die Stadtkapelle nah am Original, wobei auch hier das bestens aufgelegte Schlagwerk sehr gefragt ist und die komplizierten Rhythmen ohne Schwierigkeiten meistert.

Zwei Zugaben legte Besand seinen Musikern auf die Pulte: die „Alten Kameraden“ und, wie beim großen Neujahrskonzert in Wien, den Radetzky-Marsch.

Bilder:
1. Die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand bei ihrem traditionellen Neujahrskonzert in der Stadthalle.
2. Mit riesigen Sombreros auf dem Kopf interpretierten die beiden Trompeter Daniel Richter und Maximilian Schaller das Solo „Zwei Mexikaner in Böhmen“.
3. Showtime bei der Stadtkapelle: Elke Höhn und Thomas Besand sangen zusammen den Sinatra-Hit „They can´t take that away from me“.

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22.12.2019

Kein Weihnachten ohne Bach / Konzerte des Kulmbacher Kammerorchesters: Altbekanntes zum Entspannen und echte Wiederentdeckungen

Kulmbach. Die großen Weihnachtshits folgen einem schon längst wieder auf Schritt und Tritt. Doch gibt es neben den poppigen Radiodauerbrennern jede Menge ganz anderer, tiefgehender ernste und doch fröhliche Titel passend zum Weihnachtsfest zu entdecken. Einige davon präsentieren seit vielen Jahren das Kulmbacher Kammerorchester und der Trebgaster St.-Johannes-Chor unter Thomas Grünke bei ihren traditionellen Weihnachtskonzerten. Schauplatz am vierten Adventssonntag waren diesmal an Nachmittag die mit rund 400 Zuhörern fast schon ein wenig überfüllte Burghaiger Johanneskirche und am Abend die Kulmbacher Kreuzkirche.

Stimmungsvolle Zusammenstellungen läuteten wieder die Feiertage ein. Auf dem Programm standen Weihnachtsklassiker, Konzerte zum Fest und die schönsten Lieder zur Weihnachtszeit aus den Federn unter anderem von Georg Friedrich Händel, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Giuseppe Paganelli, letzterer eine echte Entdeckung.

Nicht umsonst gilt die Weihnachtszeit als besinnlichste Zeit des Jahres. Sowie sich das Kalenderjahr dem Ende zuneigt, bieten die Feiertage Zeit für Entspannung und gemütliche Stunden. Neben Geschenketrubel und Weihnachtsgans lässt es sich mit Georg Friedrich Händels „Einzug der Königin von Saba“ aus dem Oratorium „Salomo“ zur Ruhe kommen. Überaus festlich musiziert das Kammerorchester und läutete so die stimmungsvolle Zusammenschau ein. Der Klangkörper musiziert von Beginn an prägnant, klar und differenziert, vielleicht manchmal etwas zu zaghaft, aber das stört nicht wirklich.

In A-cappella vorgetragenen Chorweisen wie „Nun lasst uns stille werden“ der erst vor wenigen Monaten verstorbenen Wetzlarer Chorleiterin Margarete Birkenfeld, oder der polnischen Volksweise „Herr, Du kamst in unsere Armut“ zeigte der perfekt einstudierte St.-Johannes-Chor, was er kann. Klangfüllig und ausgewogen verstehen die Sängerinnen und Sänger zu glänzen. Prima ausbalanciert fügen sich die einzelnen Stimmen ineinander, der Chor vereint vorbildlich Klangfülle und kammermusikalische Transparenz.

Ein Höhepunkt des Konzertes war die Einbeziehung der Orgel mit Georg Friedrich Händels Orgelkonzert g-Moll op. 4 Nr. 3. Virtuos, ohne aufdringliche Klangkronen lässt Thomas Grünke an der wunderschön klingenden Orgel in Burghaig sanften Charme walten. So klingt die Orgel im Tutti wunderschön mit dem Kammerorchester zusammen, ohne ihre Kontraststellung in den Soloparts aufzugeben. Ebenfalls von Händel hatten die Cellisten des Orchesters das Orgelkonzert mit einer virtuos gespielten Passacaglia eingeleitet.

Hauptwerk des Konzerts war die dreisätzige Sinfonie in F-Dur für Streichorchester, die „Weihnachtssinfonie“, des italienischen spätbarocken Komponisten Giuseppe Paganelli. Obwohl wenig von ihm überliefert ist, wissen wir heute, dass er immerhin zwei Jahre lang in der Region wirkte und einen umfangreichen Schaffenskatalog überliefert hatte. Paganelli war 1737 und 1738 Kammermusikmeister der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, seine Frau Johanna wirkte am Hof als Sängerin. Schade eigentlich, dass es nicht mehr von ihm gibt, denn die „Weihnachtssinfonie“ macht durchaus Lust darauf. Stilistisch ist Paganellis Musik der Tradition der italienischen Opera Seria sehr nahe, sie verbindet italienische, französische und deutsche Stilelemente. Es ist ein echter Verdienst von Thomas Grünke, der diese Wiederentdeckung gemacht hat, und natürlich der Musiker des Kammerorchester, die sich mit Witz und großer Spielfreude auf dieses Werk eingelassen haben.

Einer darf in der Auswahl nie fehlen: Johann Sebastian Bach. Bach hat wohl die meisten Weihnachtshits aller Zeiten komponiert. Bekannte Klänge wie der Paul-Gerhardt-Choral „Ich steh an deiner Krippen hier“, der sogar in das Weihnachtsoratorium Einzug gehalten hat, versetzen schließlich auch den letzten Weihnachtsmuffel in festliche Stimmung. Erst dann, wenn diese Weisen ertönen, beginnt die Weihnachtszeit so richtig. Dazu hatte Dirigent Grünke zusammen mit dem Chor und den Musikern echte Himmelsklänge ausgesucht, wie die mehrsätzige Choralbearbeitung des bekannten Luther-Weihnachtsklassikers „Vom Himmel hoch“, „Brich´ an o schönes Morgenlicht“, „Uns ist ein Kindlein heut geboren“ und am Schluss „Ehre und Preis sei Gott“.

Bilder:
1. In der restlos ausverkauften Burghaiger Johanneskirche stimmte das Kulmbacher Kammerorchester zusammen mit dem Trebgaster St.-Johannes-Chor auf die Feiertage ein.
2
. Dirigent Thomas Grünke hatte zusammen mit den Musikern und den Sängerinnen und Sängern ein stimmungsvolles Programm zusammengestellt.
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. Prima ausbalanciert und perfekt einstudiert: der St.-Johannes-Chor aus Trebgast in der St-Johannes-Kirche von Burghaig.

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08.12.2019

Weihnachten mit einer Extraportion Zucker / Gelungenes Weihnachtskonzert: Ljubka Biagioni leitete das Bohemia Symphonieorchester Prag und das Vokalwerk Nürnberg in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Zugegeben, ein wenig süßlich klingt das alles schon, aber das soll es ja auch. Wünschen wir uns das nicht alle, warme wohlige Klänge, schöne opulente Melodien, eine friedvolle ungetrübte Stimmung so ganz ohne Hektik? Das alles beschert sie seit Jahren, die inzwischen in Kulmbach beheimatete Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg, die mittlerweile zum 5. Mal zum Weihnachtskonzert in die Dr. Stammberger-Halle eingeladen und damit eine kleine aber feine Tradition begründet hat.

Lediglich die Orchester wechseln, diesmal hatte sie zusammen mit den Bohemia Sinfonieorchester Prag und dem Chor mit dem Namen Vokalwerk Nürnberg (er war im vergangenen Jahr schon dabei) einstudiert. Das Programm ist eine bunte Mischung weihnachtlicher Lieder, bestehend aus Originalkompositionen, vielen A-Cappella-Darbietungen sowie diversen Arrangements.

Was das Konzert so besonders macht: Ljubka Biagoni und ihre Musiker gehen die weihnachtlichen Werke mit der Sorgfalt und Differenziertheit an, mit dem sie auch ein Symphoniekonzert oder eine Opernaufführung bestreiten würden. So entsteht ein insgesamt faszinierendes homogenes und sinnliches Klangbild. Der souveräne Chor singt in wunderbar dezentem Piano transparent und schlank, kann aber auch im überragendem Forte überzeigen.

So spannt das populäre Programm einen weiten Bogen von barocken Sätzen wie Ausschnitten aus dem Trompetenkonzert von Giuseppe Torelli über Klassiker wie Peter Tschaikowskys „Nussknacker“ und Romantiker wie dem Zwischenspiel aus Pietro Mascagnis Verismo-Oper „Cavalleria Rusticana“ bis hin zu traditionellen deutschen und internationalen Weihnachtsliedern. Die einzelnen Werke sind abwechslungsreich ausgewählt und zusammengestellt worden, ohne dass auch nur die Spur von Langatmigkeit aufkommen könnte.

Wieder tauchen dabei viele vertraute Klänge auf, wie etwa die A-Cappella vorgetragenen Werke „Maria durch ein Dornwald ging“, „Schlaf wohl du Himmelknabe du“ oder „Es wird scho glei dumpa“. Das alles wird dargeboten auf hohem Niveau und moderiert von der Dirigentin persönlich. Ljubka Biagioni hat auch wieder ihr rotes Buch dabei, aus dem sie ernste und lustige Weihnachtkurzgeschichten vorliest, wie zum Beispiel „Die lustige Weihnacht“ von James Krüss.

Ein wenig Rührseligkeit kommt bei den ausgewählten Arrangements in seidenweichem Sound natürlich schon auf, gerade dann, wenn der Chor bemüht wird, aber es soll ja auch so sein. Da werden opulente Arrangements dargeboten („In dulci jubilo“), Wirkungsvolles und Stimmgewaltiges („The first noel“) und sogar jazzig Angehauchtes („We wish you a merry christmas“). Immer perfekt musiziert, blitzsauber intoniert und stimmgewaltig gesungen. Insgesamt bleibt das Programm wohltuend geschmackvoll und eine extra Portion Zucker darf es schon sein, schließlich ist ja bald Weihnachten.

Bilder:
Ljubka Biagioni leitete das Bohemian Sinfonieorchester aus Prag und den Chor „Vokalwerk Nürnberg“ beim eindrucksvollen Weihnachtskonzert in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle.

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08.11.2019

Cash, Clapton und Cat Stevens / BäckOnStage: Robert Hönninger und musikalische Weggefährten feierten viereinhalb Stunden lang

Lichtenfels. Sein zehnjähriges Jubiläum hat Robert Hönninger alias BäckOnStage mit einem Live-Konzert im Sportheim des Turnvereins Unterwallenstadt gefeiert. Solo und zusammen mit seinen Weggefährten Sebastian Ulmann (Klavier), Martin Fischer und Markus Hümmer (beide Gesang und Gitarre) begeisterte Robert Hönninger viereinhalb Stunden lang sein Publikum. Einziger Wermutstropfen: Der versierte Musiker kündigte für die kommenden Monate eine künstlerische Schaffenspause an.

Eigentlich schade, denn die Akustikgitarre ist sein Element. Robert Hönninger präsentierte an diesem Abend in gemütlicher Runde das gesamte Spektrum seines musikalischen Schaffens als Sänger, Gitarrist, Entertainer und Moderator. Ob Neil Young („Comes a time“) oder Cat Stevens („Father and son“), Johnny Cash („Ring of fire“) oder Eric Clapton („Lay down Sally“), STS („Gö, du bleibst heut nacht bei mir“) oder Udo Jürgens („Ich war noch niemals in New York“): Die Spannweite seines Repertoires scheint schier unendlich. Doch egal ob deutsch oder englisch, Country oder Rock, Oldie oder aktuelle Charts, Robert Hönninger und seine Mitstreiter agieren immer höchst professionell sei es als Coverversion oder in eigenen Arrangements.

Und weil akustische Live-Musik so gut funktioniert herrschte im Sportheim auch von Anfang an beste Stimmung, Mitklatschen und Mitsingen war durchaus gewünscht und das Publikum ging begeistert mit. Musik, handgemacht ohne technischen Schnick-Schnack, so hat Robert Hönninger längst seine Anhänger gefunden. Dazwischen gibt es die eine oder andere Geschichte sowie Infos zu den Songs, Drinks vom Team des TV Unterwallenstadt und eigens gebackene Plätzchen in Gitarrenform für alle Zuhörer.

Bleibt zu hoffen, dass die künstlerische Pause von Robert Hönninger nicht allzu lange dauert und der Musiker bald wieder auf den Bühnen der Region mit Gitarre und Bluesharp zu erleben ist.

  

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10.10.2019

Klangvoll, kernig und klar formuliert/ Wilhelm-Kempff-Festival: Bemerkenswertes Beethoven-Programm zum Auftakt

Thurnau. Wer war die „Unsterbliche Geliebte“ von Ludwig van Beethoven. War es Josephine von Brunsvik, die einzige Frau, die Beethoven lange Zeit geliebt hatte und die seine Liebe zumindest zeitweise ganz offensichtlich auch erwiderte? Als Motto für einen konzeptionellen Abend taugt diese Episode allemal und so gab es am ersten Abend des Wilhelm-Kempff-Festivals im Kutschenhaus von Schloss Thurnau Kompositionen und Rezitationen aus der Feder Beethoven mit dem Schauspieler August Zirner als Sprecher, dem berühmten Bariton Roman Trekel sowie dem Pianisten, Festivalleiter und –gründer Ingo Dannhorn.

Seit Jahrhunderten rätseln Musikwissenschaftler über einen mysteriösen Liebesbrief des Komponisten an eben diese „Unsterbliche Geliebte“. „Mein Engel, mein alles, mein Ich", so schwärmt Beethoven an die Frau, die er so sehr begehrt. Beethoven verschweigt dabei nicht nur den Namen der Frau, auch Ort und Jahreszahl. Hundertprozentig fest steht nicht einmal, ob er den Brief überhaupt abgeschickt hat. Beim Konzertabend in Thurnau steht dieser Brief erst am Beginn des zweiten Teils.

Die scheinbare Antwort gibt es schon zuvor im ersten Teil. Der ist nämlich Beethovens Beziehung zu der zehn Jahre jüngeren Josephine Gräfin von Brunsvik gewidmet, eine Beziehung, die mit längeren Unterbrechungen von 1799 bis 1812 währte, letztlich aber doch wohl an Standesunterschieden scheiterte. Der Liederkreis „An die ferne Geliebte“ markiert das Ende aller Hoffnungen und Erwartungen, und er steht trotzdem gleich am Beginn des Abends.

Gesungen wurde er von dem phänomenalen Bariton Roman Trekel. Spätestens seit seinem Heerrufer im Lohengrin 1999 bis 2005 bei den Bayreuther Richard-Wagner-Festspielen zählt Trekel zu den ganz großen Sängern der Gegenwart. Auch als Liedinterpret hat er sich längst einen klangvollen Namen gemacht. Sein warmes, kerniges und konturenvolles Mittelregister nimmt sofort für sich ein.

Trekel gelingt es stets, die Balance zwischen Text und Musik zu wahren. Er schöpft die sprachliche Finesse seiner Darbietung aus dem, was Beethoven trotz dessen problematischer Beziehung zur Gattung Lied und der Tatsache, dass seine Lieder noch einer gewissen Übergangszeit entspringen, so anspruchsvoll musikalisch angelegt hat. Trekel beherrscht mit ausgefeilter Artikulation und größtmöglichem Verständnis den differenzierten Umgang mit dem Text und dem musikalischen Kunstwerk traumwandlerisch perfekt.

Das gilt auch für die beiden Versionen des Liedes „An die Hoffnung“. Trekel agiert auch hier mit flexibler, wohltimbrierter Baritonstimme. Sein Vortrag besticht vor allem durch das sehr ausgewogene Verhältnis zwischen detaillierter Ausgestaltung des Textes und effektvoller Wahrnehmung der rein melodischen Optionen dieses zugegeben etwas sperrigen Liedes.

Absolut ebenbürtig bei diesem anspruchsvollen Programm ist ihm Pianist Ingo Dannhorn. Er ist ein vollkommener Partner am Klavier, der in seinem gesamten Ausdrucksspektrum zusammen mit Trekel im absoluten künstlerischen Einvernehmen agiert. Dannhorn folgt Trekel in jeder Nuance und sorgt mit hingebungsvoller Präsenz geschickt für zusätzliche Spannung.

Das gilt auch für die solistischen Stücke, die in zeitlicher Nachbarschaft zum Liederzyklus „An die ferne Geliebte“ entstandene Klaviersonate A-Dur op.101 und dem 1. Satz der „Waldstein“-Sonate C-Dur op.53. Wunderbar fein phrasiert und artikuliert, poetisch geführt und klar formuliert interpretiert Ingo Dannhorn diese emotionale Komposition. Der Klang ist stets transparent, wohl ausbalanciert, wo nötig auch resolut aber niemals schroff.

Sensibel und detailverliebt agiert schließlich auch August Zirner als Rezitator. Der in den USA geborene und in Wien aufgewachsene Schauspieler liest Beethovens Briefe und Tagebucheinträge nicht nur, er spielt sie mit sonorer Stimme und eindringlichen Stimmungen. Dazu kommen sozusagen „aus dem off“, also vom Band, auch Briefe von Josephine von Brunsvik, die von der Schauspielerin und Synchronsprecherin Daniele Hoffmann, der deutschen Stimme von Julia Roberts, eingelesen wurden

Bild: Rezitator August Zirner, Pianist Ingo Dannhorn und Bariton Roman Trekel (von links) beim Beethoven-Abend im Kutschenhaus von Schloss Thurnau.

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21.07.2019

Klassik auf der Burg: Frisch, flott und farbig / Ljubka Biagioni leitete die Nürnberger Symphoniker

Kulmbach. Die Premiere ist gelungen: zum ersten Mal waren die renommierten Nürnberger Symphoniker bei den Plassenburg Open Airs zu erleben. Unter dem Motto „Klassik auf der Burg“ präsentierte die jetzt in Kulmbach beheimatete Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg ein populäres und zugleich anspruchsvolles Programm. Im Mittelpunkt stand dabei unter anderem die belgischen Klarinettistin Annelien Van Wauwe als großartige Solistin im A-Dur-Klarinettenkonzert, KV 622, von Wolfgang Amadeus Mozart.

Mozarts letztes Instrumentalwerk kommt in ihrer Interpretation mal verträumt, mal abgeklärt und heiter daher. Sein Charakter ist eher lyrisch als virtuos auftrumpfend. Bei Annelien Van Wauwe und den glänzend aufgelegten Nürnberger Symphonikern zeigt sich Mozarts „Spätwerk“ allerdings eher als jugendlich frisches, flottes wie farbiges Stück. In den Ecksätzen ist ein geschmeidiges Gesamtklangbild zu hören mit einem makellos runden und obertonreichen Klarinettentimbre. Nahezu schwerelos und sphärisch zieht der langsame Satz vorbei. Sie Solistin versteht es, die großen Bögen organisch auszuspannen. Ihr Spiel ist nuancenreich und kommt faszinierend schön zur Geltung.

Faszinierend sind auch immer wieder die Opern Wagners, auch wenn der Gesang halt einfach dazugehört und bloße Konzertstücke nie die gesamte Bandbreite des Wagnerschen Kosmos wiedergeben können. Freilich mit dem Einzug der Gäste aus dem 2. Aufzug des „Tannhäuser“ haben sich Dirigentin und Musiker zweifellos eines der effektvollsten Stücke ausgesucht. Die Nürnberger Symphoniker in großer Besetzung sind brillant genug, um Wagner den Zuhörern schmackhaft zu machen. Sie musizieren edel im Klang, absolut homogen und akribisch genau, worauf es bei Wagner ganz besonders ankommt. Das ist orchestraler Wucht, die nicht nur Wagner-Fans von Anfang an gefangen nimmt.

Überhaupt sind es die Ohrwürmer, die bei einem solchen Open-Air-Konzert nicht fehlen dürfen. Peter Tschaikowsky Schwanensee-Walzer ist ein solcher Ohrwurm, ein Ballett-Schlager, den jeder irgendwann einmal zumindest zur Kenntnis genommen hat. Ein imposanter Walzer, virtuos musiziert, mit Freude am Detail und von geradezu überragender Klangschönheit.

Im zweiten Teil des Konzert folgte dann der rein britische Teil, der an die „Last Night oft he Proms“ der BBC erinnern sollte. Zur Aufführung gelangten unter anderem die von den Neujahrskonzerten bekannten „Sea Songs“ von Henry Woods. Eigentlich sind es Seemannslieder, 1905 zusammengestellt und arrangiert von dem britischen Dirigenten und Proms-Gründer Sir Henry Wood zur Hundertjahrfeier der Schlacht von Trafalgar. Viele Jahre lang waren sie festes Repertoirestück der Last Night of the Proms. Und so mancher traute seinen Ohren kaum, als das Stück „See, the Conqu’ring Hero Comes“ erklang, das bei uns als Weihnachtslied mit dem Titel „Tochter Zion, freue dich“ bekannt geworden ist,

Untrennbar mit den „Proms“-Konzerten verbunden ist schließlich Edward Elgars „Pomp and Circumstance“. Der erste Marsch, den sich Edward VII. für seine Krönungsfeierlichkeiten wünschte, ist mit den Worten „Land of Hope and Glory“ unterlegt und wurde fast beliebter als die offizielle britische Nationalhymne „God save the Queen“.

Natürlich entließ das Publikum die Musiker nicht ohne Zugaben. Als „Rausschmeißer“ gab es zum Mitklatschen den bekannten „River-Kwai-Marsch“, der in der Fassung für Symphonieorchester selten zu erleben ist und dementsprechend zum Abschluss der Plassenburg-Open-Airs für Furore und Standing Ovations sorgte.

Bilder:
- Zum Abschluss der Plassenburg Open Airs leitete Ljubka Biagioni im Schönen Hof der Burg die Nürnberger Symphoniker.
- Die belgischen Klarinettistin Annelien Van Wauwe war die Solistin in Mozarts A-Dur-Klarinettenkonzert.

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18.07.2019

Weltmusik aus Südtirol / Plassenburg-Open-Air mit dem Ausnahmekünstler Herbert Pixner

Kulmbach. Genauso außergewöhnlich wie sein Leben ist seine Musik: Herbert Pixner, ein echter Ausnahmekünstler aus Südtirol. Zum Plassenburg-Open-Air war er mit seiner Formation Herbert-Pixner-Projekt gekommen, in dem neben seiner Schwester Heidi an der Tiroler Volksharfe auch die Musiker Manuel Randi an den verschiedensten Gitarren und Werner Unterlercher am Kontrabass mitwirken. Es war ein ganz besonderes Konzert mit einer ganz besonderen Stimmung, mal laut, mal leise, mal ernst, mal heiter, aber immer musikalisch auf allerhöchstem Niveau.

Seine Musik ist angesiedelt irgendwo zwischen Haindling und Hubert von Goisern, nur eben rein instrumental, was das Ganze nicht unbedingt leichter macht. Doch der 43-Jährige überzeugt durch sein Können, nicht nur auf den diatonischen Harmonikas, sondern vielmehr als echter Multiinstrumentalist. Unter anderem ist er ein Ass auch auf der Klarinette, dem Flügelhorn, der Trompete oder dem Saxophon. Über ein Dutzend Instrumente bevölkern die Bühne, sonst nichts. Keine Kulisse, keine Show, das alles haben Herbert Pixner und seine Musiker gar nicht nötig.

Da reichen ein wenig buntes Licht, seine charmante Moderation und seine charismatische Erscheinung. Sein Stil ist freilich ganz schwer zu beschreiben. Der ist so vielfältig wie kaum bei einem anderen populären Künstler und reicht von traditioneller Volksmusik bis hin zu Jazz, Blues und Avantgarde. Herbert Pixner und seine Musiker bringen das alles wunderbar zusammen. Sie beherrschen die Kunst, aus alpenländischen Polkas, Walzer oder „Zwiefachen“ echte Weltmusik zu machen, ohne die Wurzeln zu verraten.

Ein Sommernachtswalzer untermalt mit südlichen Klängen zum Beispiel oder der Ohrwurmverdächtige „Tango to go“, bei dem alle vier Musiker in ausgefeilten Soli ihr Können eindrucksvoll unter Beweis stellen. Auch „Morgenrot“, der erste große Erfolg der Formation darf nicht fehlen, stimmungsvoller geht es kaum. Ebenso wie die rockig schrägen Kompositionen „Electrifying Overture“ und „Serpent“ vom jüngsten Album „Lost Elysion“: alles klingt anders, aber alles ist unverkennbar Herbert Pixner.

Der sympathische und bescheidene Südtiroler ist aber auch ein Musiker, der sein Publikum zum Zuhören zwingt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn er ist ein Meister des leisen Spiels. Manchmal muss man fast den Atem anhalten, um ihn noch zu hören, wenn er gerade einmal wieder einen von seinen unglaublich wirkungsvollen Spannungsbögen aufbaut oder sich mit Gitarrist Manuel Randi ein musikalisches Duett liefert.

Einem breiten Publikum wurde er hierzulande durch die Titelmelodie der TV-Reihe „Gernstl unterwegs“ im Bayerischen Fernsehen bekannt. Ein Titel, der natürlich auch auf der Plassenburg nicht fehlen darf. Herbert Pixner arbeitete bereits als Musiklehrer, Rundfunk- und Fernsehmoderator oder als Barmusiker im US-amerikanischen Bundesstaat Colorado. Für seine Verdienste um die Weiterentwicklung der traditionellen alpenländischen Volksmusik wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet.

Bilder: Das Herbert-Pixner-Projekt am Donnerstagabend auf der Plassenburg.

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20.04.2019

Grotesk, grandios und glänzend aufgelegt / Oster-Tour des JSO: Borodin, Strauss und Schostakowitsch in Naila, Neustadt und Stegaurach

Naila. Mit drei umjubelten Konzerten in Naila, Neustadt bei Coburg und Stegaurach hat das Jugendsymphonieorchester Oberfranken unter seinem Dirigenten Till Fabian Weser an den Osterfeiertagen eine kleine, aber eindrucksvolle Tournee absolviert.

Till Fabian Weser, im Hauptberuf Trompeter bei den Bamberger Symphonikern und seit 2012 Chef des Jugendsymphonieorchesters, war es einmal mehr gelungen, zusammen mit namhaften Dozenten in nur einer Woche Probenzeit aus 85 jungen Musikern zwischen 12 und 24 Jahren mit den unterschiedlichsten Vorkenntnissen einen Klangkörper zusammenzuschweißen. Und das mit einem überaus anspruchsvolles Programm zum 35. Geburtstag des JSO: Neben der Sinfonie Nr. 12 von Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) als Hauptwerk gab es Alexander Borodins (1833-1887) sinfonische Dichtung „Eine Steppenskizze aus Mittelasien“ und das Hornkonzert Nr. 8 von Franz Strauss (1822-1905) mit der jungen Solistin Sophia Reuter aus Gundelsheim bei Bamberg.

Diesmal sollte es schon etwas ganz Besonderes sein und so hatte Till Fabian Weser die selten aufgeführte 12. mit dem Beinamen „Das Jahr 1917“ von Schostakowitsch ausgesucht. Dier Musik des Komponisten kann nicht losgelöst von seinem persönlichen Künstlerschicksal in Zeiten politischer Umbrüche betrachtet werden. In ihr vereinen sich Jubel und Resignation, Konformismus und Kritik, groteske und grandiose musikalische Einfälle. Dem JSO unter Till Fabian Weser gelingt es, all dies im prägnanten Tonfall, die musikalischen Strukturen aufbrechend und ohne den musikalischen Fluss zu bremsen, aufzuführen. Die glänzend aufgelegten jungen Musiker spielen dabei weite Bögen aus, vermeiden es, sich in Details zu verlieren und treiben trotzdem die einfallsreichen kompositorischen Ideen von Schostakowitsch virtuos auf die Spitze. Zwei Orchestermitglieder hatten zuvor eine kurze und prägnante Einführung in die Symphonie, ergänzt mit einigen Musikbeispielen, vorgetragen, was aufgrund der komplexen Thematik auf breiten Anklang gestoßen war und für ein besseres Verständnis sorgte.

Vom Charakter her ganz andere Musik war vor der Pause zu hören. Franz Strauss, Vater von Richard Strauss und einer der angesehensten Waldhornvirtuosen seiner Zeit, hatte mit seinem Hornkonzert op. 8 zwar ein in Fachkreisen populäres Werk geschrieben, das aber ebenfalls relativ selten zur Aufführung gelangt. Solistin bei den drei Aufführungen des JSO an Ostern war die erst 17-jährige Sophia Reuter aus Gundelsheim bei Bamberg. Für sie ist das Konzert so etwas wie eine Lieblingskomposition und das merkt man ihrem Spiel auch an. Sophia Reuter musiziert mit exzellentem, warmen Ton und bemerkenswerter Virtuosität. Sie artikuliert schlank und beweglich und verfügt über herausragenden Legato-Fähigkeiten.

Begonnen hatten die Konzertabende mit Alexander Borodins Komposition „Eine Steppenskizze aus Mittelasien“. Das Orchesterwerk entstand im Jahr 1880 zum 25. Jahrestag der Regierung von Zar Alexander II., ist Franz Liszt gewidmet und gilt als typisches Beispiel für die so genannte Programmmusik. Musikalisch ist es für die jungen Musiker des JSO eine prima Gelegenheit, ihr Können aufblitzen zu lassen, wobei insbesondere die Violinen, die Klarinette und auch das Horn ihre Virtuosität unter Beweis stellen. Wirkungsvoll inszenierte orchestrale Effekte runden die Aufführung des Werkes ab.

Auch 35 Jahre nach seiner Gründung habe das Jugendsinfonieorchester Oberfranken nichts an Attraktivität eingebüßt, sagte Bezirkstagsvizepräsident Dr. Stefan Specht zum Auftakt der Konzertreihe in Naila. Gerade die gesunde Mischung aus erfahrenen Orchestermitgliedern und jungen Talenten mache den Reiz des Klangkörpers aus. Specht bezeichnet die intensive Zusammenarbeit mit dem professionellen Dirigenten als eine einzigartige Erfahrung für die jungen Leute.

Die Konzerte des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken sind jedes Jahr aufs Neue ein echtes Highlight, sagt auch die Solistin Sophia Reuter. Sie bezeichnete es als besonders spannend, dass jedes Mal einige neue Musiker dabei sind, das Orchester also nie mehrere Jahre lang in der gleichen Besetzung spielt. Außerdem sammelten einige hier ihre ersten Erfahrungen in einem Symphonieorchester.

Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde 1984 von dem Musikpädagogen und Dirigenten Professor Günther Weiß (1933 – 2007) gegründet, der viele Jahre als künstlerischer Leiter der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau tätig war. Seit der Gründung kommen junge Musikerinnen und Musiker aus ganz Oberfranken jeweils kurz vor Ostern zu einer Probenwoche zusammen und erarbeiten unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm.

Bilder: Auftakt in der Frankenhalle Naila: Till Fabian Weser dirigiert das Jugendsymphonieorchester Oberfranken.

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14.04.2019

"Mein Credo ist die Vielfalt" / Ruhestand Stadt- und Dekanatskantor Ingo Hahn hat sein ganzes Berufsleben in Kulmbach verbracht

Kulmbach. Am Ende steht noch einmal der Messias: Unter der Leitung von Stadt- und Dekanatskantor Ingo Hahn wird die Kulmbacher Kantorei zusammen mit namhafte Vokalsolisten und dem Orchester »musica juventa« aus Halle am 19. Mai um 17 Uhr in der Kulmbacher St. Petri-Kirche das berühmte Oratorium von Georg Friedrich Händel aufführen. Genauso wir damals 1983, als Ingo Hahn gerade die Stelle in Kulmbach antrat.

Schon als Kind hatte er intensiven Kontakt mit der Musik und ganz speziell mit der Orgel gehabt. Der Vater war Organist an der Rothenburger St.-Jakobskirche, die Mutter Soloviolinistin. Ein halbes Jahr vor seinem Amtsantritt in Kulmbach im Februar 1983 war er mit dem Studium der Kirchenmusik und der Musikpädagogik in Bayreuth, Herford und Köln fertig geworden. Dann wurde er Nachfolger des damaligen Kirchenmusikdirektors Gottfried Sanke in Kulmbach. »Es ist schon sehr selten, dass jemand sein gesamtes Berufsleben an einem einzigen Ort verbringt«, sagt er.

Mehrere Meilensteine sind es, die Ingo Hahn neben dem »Alltagsgeschäft«, also der liturgischen Ausgestaltung von Gottesdiensten, mit seinem mittlerweile über 36 Jahre langen Wirken in Kulmbach verbindet. Da sind zunächst die Planung und der Bau der großen Rieger-Orgel in der Stadtkirche St. Petri. Vom ersten Tag an sei klar gewesen: Mit der alte Orgel muss etwas geschehen. Bis zur Weihe der neuen Orgel am 17. Dezember 2000 war es dann ein weiter Weg. Ingo Hahn gründete einen Orgelbauverein, gewann das damalige Stadtoberhaupt Erich Stammberger als größten Unterstützer und entwarf das Instrument schließlich zusammen mit dem Frankfurter Orgelsachverständigen Gerd Wachowski.

Zweiter Meilenstein war für Ingo Hahn die Gründung der Kulmbacher Kirchenmusiktage im Jahr 1985. Auch damals startete er mit Georg Friedrich Händel und führte neben einem Orgelkonzert dessen »Dettinger Te Deum« auf. Zahlreiche Kulmbacher Erstaufführungen und mit Carl Loewes »Sühneopfer« sogar eine Bayerische (Nachkriegs-)Erstaufführung standen auf dem Programm.

Die Zahl der namhafte Künstler die seitdem zu den Kirchenmusiktagen, immer zwischen dem Ewigkeitssonntag und dem 1. Advent in den Kulmbacher Kirchen, neben St. Petri auch in der Spital- und in der Nikolaikirche aufgetreten sind, hat niemand gezählt. Natürlich gab es immer wieder Bachs Weihnachtsoratorium, mehrfach das »Deutsche Requiem« von Johanes Brahms, Rheinbergers »Stern von Bethlehem« und natürlich den »Messias«, aber auch Seltenes, Unbekanntes, wie das Requiem von John Rutter.

Ein weiterer Meilenstein ist das Ensemble »Tonart«, das sich mittlerweile weit über Grenzen von Kulmbach hinaus einen Namen gemacht hat. Ingo Hahn selbst spricht von einem „ganz eigenen Gebilde", das das 1988 ins Leben gerufen wurde. Ursprünglich sollte es eine Art Kammerchor werden, nun ist es ein eigener Klangkörper, den seine große Konstanz und sein homogener Klang auszeichnen.

Natürlich gehört Händel zu seinen persönlichen Favoriten, »mehr als Bach«, wie er sagt. Aber auch Felix Mendelsohn Bartholdy oder Cesar Franck zählt er zu seinen Lieblingskomponisten. Dazu englische Chormusik und auch gerne mal Jazz. „Mein Credo ist die Vielfalt", sagt Ingo Hahn. Es sei ihm stets sein Anliegen gewesen, sowohl dem Chor als auch dem Kulmbacher Publikum die gesamte Bandbreite zu präsentieren.

Neben den großen Meilensteinen und dem »Alltagsgeschäft« gehörte sein musikalisches Herz den Jüngsten und den Ältesten. Es gibt einen Kinderchor und eine Seniorenkantorei, die sich 14-tägig trifft. Die älteste Mitwirkende ist immerhin schon 94 Jahre alt. Als Dekanatskantor hatte Ingo Hahn viele Orgelschüler ausgebildet, als Kirchenkreisbeauftragter von 2007 bis 2012 unzählige D-Prüfungen abgenommen.

Der Musik wird Ingo Hahn ganz sicher auch im Ruhestand treu bleiben. Dann wird man ihn wahrscheinlich in dem einen oder anderen Chor als aktiven Sänger erleben.

Das Oratorium »Der Messias« von Georg Friedrich Händel wird am 19. Mai um 17 Uhr unter Leitung von Ingo Hahn in der Evangelischen Stadtkirche St. Petri in Kulmbach aufgeführt. Eintrittskarten gibt es im Vorverkauf ab 4. Mai bei Renner & Rehm in der Georg-Hagen-Straße in Kulmbach, Telefon 09221/97666.

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13.04.2019

Jugendsymphonieorchester feiert 35. Geburtstag / Osterkonzert in Naila, Neustadt bei Coburg und Stegaurach – Probenauftakt in Weißenstadt

Weißenstadt. Auch wenn der eine oder andere Einsatz zu spät kam, mancher Akzent noch nicht so ganz saß und einige Piano-Passagen etwas zu laut gespielt wurden: die hohe Qualität und das große Können der jungen Musiker des Jugendsymphonieorchester blitzen bereits beim Start der diesjährigen Arbeitsphase auf.

Mit einer Durchspielprobe der 12. Sinfonie von Dimitri Schostakowitsch hat am Samstag Kursaal des Weißenstädter Gesundheitshotels am Quellenpark das Jugendsymphonieorchester Oberfranken seine Arbeit aufgenommen. Dirigent Till Fabian Weser konnte dazu rund 70 junge Leute im Alter von 12 bis 24 Jahren begrüßen. Weil der ungewöhnliche Klangkörper auf Zeit heuer sein 35-jähriges Bestehen feiert hatte der Dirigent mit der 12. Sinfonie von Schostakowitsch (1906 – 1975) ein besonderes und etwas schwereres Orchesterwerk ins Programm genommen und dazu auch einige ehemalige Orchestermitglieder eingeladen, das JSO bei diesem Werk zu unterstützen.

Neben der Sinfonie, die den Beinamen „Das Jahr 1917 trägt, stehen die Komposition „Eine Steppenskizze aus Mittelasien“ von Alexander Borodin (1833-1887) und das Hornkonzert op. 8 von Franz Strauss (1822-1905) mit der jungen Sophia Reuter auf dem Programm.

Die einwöchige Probenphase des JSO findet traditionell in der Karwoche in Weißenstadt. Hier sind die jungen Talente untergebracht, die Proben bestimmen den Tagesablauf. Für die meisten Teilnehmer ist es eine neue Erfahrung in einer professionellen Umgebung zu proben. Dafür sorgen unter anderem namhaften Dozenten, die ihre Instrumentalgruppen an zwei Probentagen für die Tuttiproben vorbereiten werden.

Das funktioniert natürlich nur, wenn jeder Musik seine Stimme gut vorbereitet hat, erklärt der aus Amerika stammende Dirigent, der auch Mitglied der Bamberger Symphoniker ist. „Es fällt auf, wenn jemand nicht geübt hat“, so Till Fabian Weser. Bei der Arbeitsphase kommt aber auch der Spaß nicht zu kurz. Durch das gemeinsame Orchesterspiel entsteht eine Gemeinschaft, Freundschaften bilden sich, die über die Arbeitsphase hinaus andauern.

„Mit unserem ehrgeizigen Projekt eines eigenen Jugendsymphonieorchesters möchten wir jungen Nachwuchsmusikern aus der Region alljährlich zu Ostern die Möglichkeit geben, ihr Können unter professioneller Anleitung öffentlich zu präsentieren“, sagt Bezirkstagspräsident Henry Schramm. Als „Orchester auf Zeit“ setzte sich das Jugendsymphonieorchester Jahr für Jahr neu zusammen. Der Präsident bezeichnet die intensive Zusammenarbeit mit dem professionellen Dirigenten als eine einzigartige Erfahrung für die jungen Leute. Schramm: „Das oberfränkische Jugendsymphonieorchester ist das Herzstück der Jugendarbeit unserer Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau.“

Dirigent Till Fabian Weser war selbst als Jugendlicher Mitglied in vergleichbaren Klangkörpern, unter anderem im Landesjugendorchester Baden-Württemberg, im Bundesjugendorchester und in der Jungen Deutschen Philharmonie. Weser versteht das Orchester in erster Linie als eine Art Talentschmiede, in dem sich junge Musiker aus allen Teilen Oberfrankens im Bekenntnis zu ihrer Heimat zusammenfinden. „Ich sehe es aber auch als Sprungbrett“, so Weser. In dem Klangkörper hätten die jungen Talente eine hervorragende Möglichkeit, sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.

Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde 1984 von dem Musikpädagogen und Dirigenten Professor Günther Weiß (1933 – 2007) gegründet, der viele Jahre als künstlerischer Leiter der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau tätig war. Seit der Gründung kommen junge Musikerinnen und Musiker aus ganz Oberfranken jeweils kurz vor Ostern zu einer Probenwoche zusammen und erarbeiten unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm. „Die ersten Proben fanden damals noch im Haus Marteau, der einstigen Wohnstätte des berühmten Geigers Henri Marteau und heutigen Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken, statt“, erinnert sich Verwaltungsleiter Dr. Ulrich Wirz. Mittlerweile wird in Weißenstadt geprobt, ehe die kleine Oberfranken-Tournee von Naila über Neustadt bei Coburg nach Stegaurach bei Bamberg startet.

Weitere Information: www.jugendsymphonieorchester.de

Bilder: Probenauftakt am Wochenende in Weißenstadt: Till Fabian Weser dirigiert das Jugendsymphonieorchester Oberfranken. 

Die Konzerte des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken unter Till Fabian Weser 2019:

20. April (Karsamstag), Frankenhalle Naila, 18 Uhr,
Vorverkauf: Tourist Information Naila, Bahnhofsplatz 1, Tel. 09282/6829

21. April (Ostersonntag), Frankenhalle Neustadt bei Coburg, 17.30 Uhr,
Vorverkauf: Coburger Tageblatt, Hindenburgstraße 3a, Tel. 09561/888-0, Neue Presse, Steinweg 51, Tel. 09561/850-170 oder kultur.werk.stadt, Bahnhofstraße 22, in Neustadt bei Coburg, Tel. 09568/81127

22 April 2014, (Ostermontag), Aurachtalhalle Stegaurach, 17.30 Uhr,
Vorverkauf: Rathaus der Gemeinde Stegaurach, Schlossplatz 1, Tel. 0951/99222-31 oder -32

Die Karten kosten im Vorverkauf 7 Euro, ermäßigt 4 Euro, Tickets gibt es für alle drei Konzerte voraussichtlich auch an der Abendkasse zum Preis von 9 Euro, ermäßigt 5 Euro. Kinder bis 14 Jahren haben freien Eintritt.

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28.03.2019

Musikalischer Botschafter und Aushängeschild der Stadt / Kulturpreise des Landkreises für Thomas Besand und Stadtkapelle Kulmbach

Kulmbach. Die Stadtkapelle Kulmbach und ihr Dirigent Thomas Besand sind am Donnerstagabend mit dem Kulturpreis des Landkreises ausgezeichnet worden. „Beide Preisträger sind hervorragende Repräsentanten, die beispielhaft für die Qualität der kulturellen Leistungen stehen, die unseren Landkreis ausmachen“, sagte Landrat Klaus Peter Söllner bei der Übergabe der Urkunden im Festsaal der Plassenburg.

Dabei war es eher ungewöhnlich, dass ein Dirigent unabhängig von seinem Klangkörper einen eigenständigen Kulturpreis erhielt. Bei Thomas Besand sei dies allerdings schon gerechtfertigt, erläuterte Landrat Söllner. Besand leiste seit Jahrzehnten erfolgreich und mit beispielgebendem Einsatz als Dirigent der Stadtkapelle einen unverzichtbaren Beitrag zur Pflege und zum Erhalt von Musik und Brauchtum.

Thomas Besand wurde 1965 im hessischen Eschwege geboren, kam später mit seiner Familie nach Oberfranken und erlebte Kindheit und Jugend in Stadtsteinach. Er erfuhr eine umfangreiche musikalische Ausbildung. Unter anderem erlernte er bei dem schon damals legendären Leopold „Poldi“ Schott sowie an der Städtischen Musikschule Kulmbach bei Hans Fiedler Trompete und Waldhorn. Als Hornist war er bei der Städtischen Jugendkapelle Kulmbach, im Kulmbacher Kammerorchester, im Orchesterverein Bayreuth sowie im Sinfonieorchester und im Holzbläserquintett der Städtischen Musikschule Bayreuth aktiv. 1983 wurde er Mitglied der Stadtkapelle Kulmbach, deren Leitung er 1991 übernahm.

Landrat Söllner beschrieb Besand als ausgesprochen vielseitigen Dirigenten, der das musikalische Motto „Von klassisch bis modern“ von Anfang an konsequent umgesetzt habe. Als Besonderheit seines Dirigats nannte Söllner Besands Leidenschaft, seine auch für das Publikum spürbare Freude und seinen unermüdlichen körperlichen Einsatz. „Thomas Besand ist ein herausragender Repräsentant der Blasmusik in unserem Landkreis. Er hat als Dirigent seine Stadtkapelle maßgeblich geprägt und zu Höchstleistungen animiert“, so Söllner.

Die zweite Urkunde nahm Roland Jonak, Vorsitzender der Stadtkapelle, entgegen. Der Zusammenschuss sei auch im 168. Jahr seines Bestehend durch sein Engagement und seine hohe musikalische Leistungsfähigkeit eng mit den Menschen in Stadt und Landkreis verbunden, besitze aber auch überregional einen vorzüglichen Ruf..

Seit 1962 tragen die Musiker das Stadtwappen an ihrer Uniform, 1973 wurde der damalige Musikverein in Stadtkapelle umbenannt. Als Höhepunkte bezeichnete Landrat Söllner unter anderem die regelmäßigen Auftritte in der Partnerstadt Lüneburg, die Mitwirkung in der ZDF-Show „Lustige Musikanten“ 1996, ein großes Gemeinschaftskonzert mit dem Polizeiorchester Brandenburg 1999 und die Verleihung der Pro-Musica-Plakette 2006 durch den Nordbayerischen Musikbund.

Kulmbachs Oberbürgermeister und Bezirkstagspräsident Henry Schramm bezeichnete Thomas Besand als Ausnahmeerscheinung. Ohne ihn sei die Stadtkapelle unvorstellbar, sagte er. Den Klangkörper selbst nannte Schramm den musikalischen Botschafter und ein hervorragende Aushängeschild der Stadt.

Die Kulturpreisverleihung wurde eingerahmt von mehreren Stücken, die Thomas Besand zusammen mit der Stadtkapelle aufführte und die das breite Repertoire des Klangkörpers wiederspiegelten. Auf dem Programm standen unter anderem die Ouvertüre zur Operette „Indigo und die 40 Räuber“ von Johann Strauss, den Florentiner Marsch von Julius Fucik, aber auch modernes, wie den Mitternachtsblues von Franz Grothe mit Wolfgang Diehm als exzellenten Trompetensolisten.

In seinen Dankesworten nannte Thomas Besand den Preis einen Ansporn, gemeinsam weiterzumachen. „Solange ich die Kraft habe, solange meine Gesundheit mitspielt und solange es Spaß macht, werde ich gerne an eurer Seite sein“, sagte Besand zu seinen Musikern. Zuvor hatte sich auch Vorstand Jonak bedankt und dabei das dienstälteste Orchestermitglied Max Stenglein verabschiedet. Er gehörte der Stadtkapelle 56 Jahre lang an und hatte sich die Kulturpreisverleihung für seinen letzten Auftritt als aktiver Musiker ausgesucht.

Bilder:
1. Im Festsaal der Plassenburg spielte die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand auf.
2. Aus den Händen von Landrat Klaus Peter Söllner nahm Roland Jonak den Kulturpreis für die Stadtkapelle entgegen. Rechts im Bild Oberbürgermeister und Bezirkstagspräsident Henry Schramm.
3. Von links: MdL Rainer Ludwig, Landrat Klaus Peter Söllner, Dirigent Thomas Besand, MdL Martin Schöffel sowie Oberbürgermeister und Bezirkstagspräsident Henry Schramm.

4. Gruppenbild der Preisträger zusammen mit den Gratulanten.

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18.02.2019

Faszinierende Formationen, Akrobatik und Ästhetik / „Magic oft he dance“ in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Da sage noch einer Tanz ist out. Tanz vereinigt Musik, Rhythmus, Emotion und Eleganz, Akrobatik und Ästhetik, Kraft und Leidenschaft. All das zeigte die Show „Magic oft the dance“, eine Tourneeproduktion, die am Montagabend in der etwa zur Hälfte gefüllten Dr.-Stammberger-Halle Station machte. Den Kampf zwischen Gut und Böse, tänzerisch auf die Bühne gebracht, das ist im Wesentlichen die Show, die nicht nur Freunde des Tanzes begeistert hat.  

Zu sehen war Stepptanz, Irish Dance, wie es seit den großen Shows von „Lord oft he dance“ oder „Riverdance“ heißt, mit jeder Menge Lebensgefühl von der Grünen Insel. Tatsächlich konnten die Mitwirkenden mit explosiven Stepps und Tapps auftrumpfen, dazu gab es eine Inszenierung, die faszinierenden Formationen Platz gab. Zur Show gehören neben der mitreißenden, tempo- und energiegeladenen Musik (vom Band) auch viele überraschende Bühnen- und Pyroeffekte. Offenes Feuer auf der Bühne der Stadthalle, das gibt es nicht alle Tage.

Die Tänzer waren führenden Künstler im Irish Dance, Welt- und Vize-Weltmeister der All Ireland Champions, World Irish Dance Champions, British National Champions und wie die entsprechenden Wettbewerbe alle heißen. Herausragende Protagonisten sind James Green als der Bösewicht, Megan Kerrigan als dessen Partnerin sowie allen voran Ciaran Maguire und Collette Dunne als die Verkörperung des Guten. Tanzen können sie natürlich alle, und wie, mit Tempo, Technik, absoluter Körperbeherrschung Esprit und Charme.

Und weil das Ganze auch einen Roten Faden braucht, wird zwei Stunden lang eine Liebesgeschichte erzählt, die zur Zeit der großen Hungersnot in Irland spielt. Natürlich wird dabei viel mit Klischees gespielt. Doch darum geht es nicht, es soll die ewig wahre Story von Gut und Böse, Unschuld und Intrige, Liebe, Sehnsucht und Hass sei. Erzählt wurde diese getanzte Story von der Stimme der unvergessenen Hollywoodlegende Christopher Lee.

Getanzt wird das Schicksal der irischen Auswanderer zu Anfang des 20. Jahrhunderts, die eine unwägbare und gefährliche Schifffahrt in die Neue Welt dem sicheren Tod in der Heimat vorziehen. „Es rette sich in die Neue Welt, wer es noch schafft“, heißt es im Text, während auf der Leinwand die Freiheitsstatue eingeblendet wird. Mittellos aber nicht entmutigt trotzen die Auswanderer dem Teufelspaar namens Armut und Hunger mit dem, was ihnen blieb: dem Mut und dem Tanz.

Eindrucksvoll ist das alles schon, wenngleich der zweite Teil der Show auch seine Längen hat. Besonders die Einlage, bei der sich drei Zuschauer aus den ersten Reihen auf der Bühne einen Crash-Kurs im Stepptanz unterziehen müssen, ist überflüssig und auch ein wenig albern, wenngleich die beiden Herren und eine Dame diese Herausforderung mit Bravour meistern. 

Bilder:
„Magic oft he dance“ machte in der Dr.-Stammberger-Halle Station.

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15.01.2019

Marschmusik, Mitternachtsblues und ein Medley von Joe Cocker / Umjubeltes Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach unter Thomas Besand

Kulmbach. „Ausverkauft“, und das seit 28 Jahren. Das ist das Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach. Obwohl heuer nicht ein einziges Plakat in der Stadt hing war die Dr.-Stammberger-Halle einmal mehr voll besetzt. Zum 28. Mal ohne Unterbrechung leitete Dirigent Thomas Besand (52) am Dienstagabend das Konzert nach den Gastspielen zuvor Naila und Saalfeld. Er tat dies wie immer auswendig.

Was die Stadtkapelle ganz besonders auszeichnet, das ist ihre Vielseitigkeit. Ob Klassik oder Pop, ob traditionell oder unkonventionell, ob ernst oder heiter: die rund 50 Musiker zwischen 15 und 85 Jahren bewältigen jede Herausforderung. Moderator Karl-Heinz Backert sorgte wie immer nicht nur für kenntnisreiche Hintergrundinformationen, sondern auch für die notwendigen Pausen, die bei Bläsern wichtig und notwendig sind.

Da ist zum einen die ernste Musik, wenn auch in Form der leichten Muse. Zum ersten Mal spielte die Stadtkapelle den Einzugsmarsch aus dem „Zigeunerbaron“ von Johann Strauß. Schon vor rund 20 Jahren stand dagegen die gleich anschließend aufgeführte, anspruchsvolle Ouvertüre zu der relativ unbekannt gebliebenen Operette „Indigo und die 40 Räuber“, ebenfalls von Johann Strauß auf dem Programm. Und später sollte es auch noch die Polka „Feuerfest“, diesmal von Johanns Bruder Joseph Strauß sein. Schnell wird unter dem Dirigat von Thomas Besand klar, dass die Ohrwürmer der Strauß-Dynastie weit mehr sind als zuckersüße Schmankerl für sonntägliche Kaffeekränzchen. Unter Besand werden die Strauß-Kompositionen vielmehr als deftig zupackende Werke, aber auch als hintersinniges Zeugnis einer eigenständigen und sorgfältig einstudierten Kunstmusik gespielt.

Dazu kommt eine gelungene komödiantische Einlage bei der „Feuerfest“-Polka. Vorstand Roland Jonak gibt den musikalischen Hufschmied an einem echten Amboss und spielt zum Schießen komisch einen faulen Handwerker, der zwischendrin auch gerne mal Brotzeit macht bis er vom Dirigenten lautstark zur Vernunft gerufen wird. So humorvoll und einfallsreich stellt sich das Publikum ein Neujahrskonzert vor und die Stadtkapelle erfüllt diesen Anspruch voll und ganz.

Ebenfalls nicht ganz so ernst ist das französische Musical „Irma la Douce“ von Marguerite Monnot, aus dem der Klangkörper ein großes Potpourri ins Programm genommen hat. Ein wunderschönes Stimmungsbild gelang der Stadtkapelle mit dem vor Jahren schon mal aufgeführten Konzertwalzer „Südseewellen“ von Peter Gerlin. Um die Stimmungen auch dramatisch auszudrücken, hatte der Komponist nicht an technischen Schwierigkeiten in den verschiedenen Registern gespart, die von den Musikern problemlos bewältigt werden. Ebenfalls um das Thema Meer ging es beim „Seeteufel-Graf-Luckner-Marsch“ von Walter Heyer, der gleich mehrere bekannte Seemannslieder in sich vereinte.

Von vielen Blasorchestern gerne ins Programm genommen, so auch von der Stadtkapelle, wird der moderne feierliche Konzertmarsch „Euphoria“ von Martin Scharnagl, den die Stadtkapelle ganz besonders effektvoll erklingen lässt. Viele Jahre nicht mehr gemacht hatte der Klangkörper den nicht unbekannten Marsch „Viribus Unitis“ („Mit vereinten Kräften“) von Josef Bach.

Unbestrittener Höhepunkt eines jeden Neujahrskonzertes der Stadtkapelle sind die Solostücke. Elke Höhn war diesmal gleich mehrfach vertreten, einmal als Flötistin in der Komposition „Die beiden kleinen Finken“ für zwei Piccoloflöten von Henry Kling zusammen mit der nicht weniger versierten Saskia Scheffold, einer Schülerin aus dem Kulmbacher Land, die der Stadtkapelle angehört. Weniger bekannt ist auch die stimmungsvolle „Romanze für Tenorhorn“ von Pavel Stanek mit Werner Kurzhals, ein echter Könner, der vom Platz aus sein Debüt als Solist gab. Den effektvollen „Mitternachtsblues“ von Franz Grothe, den Bert Kaempfert bekannt gemacht hatte, spielte einmal mehr in bewährt exzellenter Spielweise Wolfgang Diehm, diesmal mit neuer Einleitung in einem Arrangement von Norbert Studnitzky. Kaum zu glauben, dass Wolfgang Diehm der Stadtkapelle bereits seit 50 Jahren angehört. Bleibt noch der bekannte Popsong „Matrimony“ von Gilbert O´Sullivan mit Julian Scheffold, Bruder von der jungen Flötistin Saskia. Obwohl er zu den Jüngsten der Stadtkapelle gehört, spielt Julian den Ohrwurm bereits abgeklärt und mit bewundernswerter Sicherheit. Solisten wie die Geschwister Scheffold sind der beste Beweis dafür, dass die Stadtkapelle im Gegensatz zu anderen Formationen keine Nachwuchsprobleme hat.

Am Ende gab es mit dem Auftritt der fabelhaften Elke Höhn als Gesangssolistin noch einen weiteren Höhepunkt dieses überaus gelungenen Konzertes: Mit „Stardust“ interpretierte sie absolut gekonnt einen echten Evergreen. Als Dreingabe folgte dann mit „L.O.V.E.“ von Bert Kaempfert auch noch ein Duett mit Dirigent Thomas Besand, der ohne weiteres auch den Dirigentenstab mit dem Mikrofon vertauschen könnte. Zeitgemäßes für Blasorchester gab es schließlich auf ausdrücklichen Wunsch eines Orchestermitglieds und dank einer Notenspende des früheren Vorsitzenden Reinhold Franz. Das „Joe-Cocker-Medley“ mit Titeln wie „Unchain my heart“, „Up where we belong“ und natürlich „You can leave your head on“ hatte natürlich ebenfalls echte Klasse.

Als Zugaben bedankte sich die Stadtkapelle mit dem „Telefunken-Marsch“ von Johannes Evert und dem traditionellen „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauß Vater bei ihrem Publikum für den lang anhaltenden Applaus und die Standing Ovations.

Bilder:
1.
 Die Stadtkapelle Kulmbach bei ihrem traditionellen Neujahrskonzert in der Dr.-Stammberger-Halle.
2.
 Auch mit einem Gesangsduett kann die Stadtkapelle aufwarten: Elke Höhn und Thomas Besand interpretierten den Evergreen L.O.V.E. von Bert Kaempfert.
3. Humor
istische Einlagen gehören zu jedem Neujahrskonzert. Hier kann sich Dirigent Thomas Besand nur wundern: sein Solist Roland Jonak macht Brotzeit auf offener Bühne.

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05.01.2019

Von Johann Strauß bis Joe Cocker / Neujahrskonzert der Stadtkapelle am 15. Januar in Kulmbach

Kulmbach. Operette, Musical, bekannte Popsongs und Original-Kompositionen für Blasorchester: Die Stadtkapelle Kulmbach bietet zu ihrem Neujahrskonzert am Dienstag, 15. Januar, um 19.30 Uhr in der Dr.-Stammberger-Halle wieder alles auf, was die Welt der Musik zu bieten hat. Die schlechte Nachricht: das Konzert ist offiziell bereits ausverkauft. Einen Versuch ist es trotzdem wert: eventuell zurückgegebene Tickets gibt es ab 19 Uhr an der Abendkasse.

Seit 28 Jahren findet das Neujahrskonzert ohne Unterbrechung jeweils Anfang Januar statt. Seitdem steht der Kulmbacher Dirigent Thomas Besand (53/Bild links) am Pult. Solisten sind diesmal Elke Höhn (Flöte und Gesang), Saskia Scheffold (Flöte), ihr Bruder Julian Scheffold (Posaune) und Wolfgang Diehm (Trompete). Letzterer wird auf vielfachen Wunsch einmal mehr den bekannten Mitternachtsblues von Franz Grothe interpretieren.

Aber auch viele Kompositionen stehen auf dem Programm, die Thomas Besand mit der Stadtkapelle zum ersten Mal einstudiert hat: den Einzugsmarsch aus der Operette „Der Zigeunerbaron“ von Johann Strauß beispielsweise oder den Konzertmarsch „Euphoria“ von Martin Scharnagl. Es gibt darüber hinaus viele zeitgemäße Arrangements für großes Blasorchester. Ein Medley mit den Hits von Joe Cocker etwa, das Posaunen-Solo „Matrimony“ von Gilbert O´Sullivan oder Pop-Song „Stardurst“, ein Jazz-Standard und Evergreen, den unter anderem Billie Holiday, Nat King Cole und Ella Fitzgerald bekannt gemacht haben. Schließlich bleibt die gute alte Blasmusiktradition bei der Stadtkapelle nicht auf der Strecke. Dafür werden unter anderem der Traditionsmarsch „Viribus Unitis“ („Mit vereinten Kräften“) oder der Konzertwalzer „Südseewellen“ sorgen.

Nachwuchssorgen gibt es bei der Stadtkapelle nicht, sagt Dirigent Thomas Besand ein gutes Beispiel dafür seien die jungen Solisten, die wie immer aus den eigenen Reihen kommen. Und so werden auch diesmal weder die jüngsten Mitwirkenden im Orchester erst 15 Jahre jung sein. Der älteste Musiker ist 85 Jahre alt.

Die Stadtkapelle gastiert mit ihrem Neujahrskonzert bereits am Donnerstag, 10. Januar, um 19.30 Uhr in der Frankenhalle Naila und am Sonntag, 13. Januar, um 15 Uhr in der Partnerstadt Saalfeld (Thüringen) im Meininger Hof.

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04.01.2019

Britischer Humor statt Dreivierteltakt / Fulminantes Neujahrskonzert der Hofer Symphoniker in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Zu Beginn des Jahres haben die Hofer Symphoniker schon traditionell in der Dr.-Stammberger-Halle musikalisch die Korken knallen lassen. Garanten dafür waren neben den über 50 Musikern ihr überaus charismatischer Dirigent Russell Harris, der amerikanische Tenor Randall Bills und der schottische Bariton Richard Morrison sowie ein durch und durch populäres Programm ganz nach dem Geschmack des Publikums.

Aber eben auch ein ganz anderes Programm als sonst. Kaum Dreivierteltakt, dafür typisch britischer Humor, kaum Operettenseligkeit, dafür auch mal ruhige, fast meditative Momente. Aufs mitsingen, mitsummen, mitklatschen musste dennoch niemand verzichten, sogar Fähnchen durften geschwungen werden.

Die Symphoniker hatten ihr Programm diesmal an der „Last Night of the Proms“ orientiert, dem traditionellen Abschlusskonzert der BBC-Promenadenkonzerte in der Londoner Royal Albert Hall. Alljährlich zieht dieses musikalische Großereignis ein großes und enthusiastisches Publikum an. Ein ganz persönliches „Promenadenkonzert“ hatte dazu der britische Dirigent für die Hofer Neujahrskonzerte zusammengestellt. Nach Selb und noch vor Hof und Erlangen war das Orchester diesmal in Kulmbach

Wie könnte man schöner in das neue Jahr starten als mit schwärmerischen Melodien, die so schön ins Ohr gehen und so lange dort bleiben. Carl Maria von Webers meisterhafte „Jubel-Ouvertüre“ gehört dazu, das Intermezzo aus Giaccomo Puccinis Oper „Manon Lescaut“, der Ungarische Tanz von Hector Berlioz oder auch die Ouvertüre „Girl Crazy“ von George Gershwin. Winterliche Tristesse kommt bei einem derart glitzernden Jahresanfang schwerlich auf.

Schwungvoll und kurzweilig gestaltete sich aber auch das übrige Programm mit Werken berühmter Komponisten. Die spezifische Mischung aus Präzision und Gefühl scheint den Hofer Symphonikern unter Russell Harris ganz besonders zu liegen. Das wird etwa in den Arien deutlich, für die diesmal, ungewöhnlich für ein solches Konzert, ein Tenor und ein Bariton zuständig waren, keine Sopranistin also, wie sonst üblich.

Randall Bills zeigt sich als versierter und virtuoser Belcanto-Tenor etwa in einer Arie von Gioachino Rossinis aus der Oper „La Cenerentola“. Ganz beabsichtigt setzt der flexible Tenor dabei voll und ganz auf den Effekt. Ebenso in einer weiteren Arie aus der Donizetti-Oper „Die Regimentstochter“. Mit mindestens zehn hohen C gehört das Stück eigentlich eher in den Zirkus als in auf die Opernbühne, doch Randall Bills bewältigt auch diese Herausforderung mit Bravour. „Der fliegende Schotte“ wird der Bariton Richard Morrison genannt, der seinen Einstand mit der Escamillo-Arie aus Georges Bizets „Carmen“ gab. Morrison singt nicht nur perfekt, sondern verkörpert die Partie auch absolut glaubwürdig. Bestens aufeinander angestimmt präsentieren sich die beiden herausragenden Solisten in einem Duett aus Bizets „Perlenfischern“.

Zur absoluten Überraschung wird das vom Dirigenten klug und interessant zusammen gestellte Potpourri aus Franz Lehars „Lustiger Witwe“. Nicht nur, dass die beiden Herren Ohrwürmer wie das „Vilja-Lied“ oder „Da geh ich ins Maxim“ absolut gekonnt und natürlich voller Witz wiedergeben. In dem Duett „Lippen schweigen“ wird der Tenor plötzlich zum Counter-Tenor und singt mit klarer Kopfstimme die Sopran-Partie. Sogar ein Tänzchen wagen die beiden Herren miteinander. Das hatte wirklich absolute Klasse und eifriges Mitklatschen war schon vor der Pause sicher.

„Es wird Spaß“, hatte Russell Harris zu Beginn des Konzertes versprochen. Damit meinte er ganz unweigerlich die „Fantasy on British Sea Songs“, besser bekannt als „Rule Britannia“ von Henry Wood und Thomas Arne. Der Dirigent ließ das Publikum aufstehen, Fahnen schwingen und lautstark den bekannten Songtext schmettern. Der Schotte Richard Morrison hatte dazu eigens seinen Kilt, also einen knielangen Schottenrock, angelegt. Was für ein Spaß, wenn Russell Harris das moderiert. „Kulmbach ist ziemlich rhythmisch“, freut sich der Maestro und setzt mit dem berühmten Marsch „Pomp and Circumstance“ von Edvard Elgar gleich noch eins drauf. Natürlich darf ganz am Ende der Radetzky-Marsch, dirigiert mit einem Glas Sekt in der Hand, nicht fehlen.

Dirigent Russell Harris war unter anderen schon Kapellmeister in Weimar, Generalmusikdirektor des Theaters Altenburg/Gera und Gastdirigent des BBC-Symphonie Orchesters. Er gilt als Experte für sinfonischen Jazz, leitete zahlreiche Aufführungen klassischer Musicals, Filmkonzerte sowie Crossover-Konzerte.

Bilder:
1. Fahnenschwingen und Mitsingen: Die Hofer Symphoniker gestalteten mit den beiden Solisten (im Schottenrock) und dem britischen Dirigenten Russell Harris ein furioses Neujahrskonzert in der Dr.-Stammberger-Halle.

2. Tenor und Bariton: Die beiden Gesangssolisten Randall Bills (links) und Richard Morrison.

3. Charismatischer Dirigent: Russell Harris sorgte beim Neujahrskonzert für so manche Überraschung.

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16.12.2018

Farbig, furios und faszinierend / Weihnachtskonzert mit Rossinis „Missa da Rimini“ in der St. Bartholomäus-Kirche in Pegnitz

Pegnitz. Als Opernkomponist war er ein zuverlässiger Lieferant von Ohrwürmern. Ob „Barbier von Sevilla“, „Wilhelm Tell“ oder die „Diebische Elster“, zumindest die Ouvertüren gehören zu den Standards eines jeden Orchesters. Gioacchino Rossinis Leben als Musiker und Komponist begann und endete aber mit kirchenmusikalischen Werken. Die seltene „Missa da Rimini“ ist eines davon. Der Pegnitzer Kantorei um Jörg Fuhr ist es zu verdanken, dass dieses Juwel wieder ans Licht gekommen ist. In einer glanzvollen Aufführung beim Weihnachtskonzert am Sonntag mit Musikern der Vogtland-Philharmonie Greiz-Reichenbach in der Bartholomäuskirche konnte der Dekanatskantor mit der Komposition eine echte Entdeckung präsentieren, die es noch nicht einmal auf Tonträger gibt.

Rossinin hatte sich die Messe in jungen Jahren ausgedacht. 1809 war das, als Auftragswerk für die Kathedrale in Rimini. Auch in dem Frühwerk wird der spätere Rossini durchaus hörbar. Die in die Romantik deutende Melodik und eine farbige Harmonie sind es, die an Rossinis Kompositionen so faszinieren. Überraschungseffekte mit furiosen Steigerung, rasant schneller werdende Parts, volkstümlich klingende Themen und reich verzierte, gesanglich idyllische Melodien, all das ist, für eine Messe nicht gerade typisch, bereits herauszuhören.

Sowohl die Sängerinnen und Sänger der Kantorei, als auch die vier Solisten vollbringen beim Weihnachtskonzert eine hervorragende Leistung. Dekanatskantor Fuhr und das kleine Orchester der Vogtland-Philharmonie glänzen durch Perfektion, durch selbstbewusste Dramatik und einen zupackenden Griff auf die Partitur. Die Kantorei klingt sehr homogen, elegant und unaufdringlich. Die Balance der Stimmen sorgt nicht nur bei Rossini, sondern schon zuvor bei den Werken von Mozart und Homilius für einen runden und klaren Gesamtklang.

Der Nürnberger Bassist Thomas Freund, Richard-Wagner-Stipendiat von 2011, gab seinen Part charaktervoll und mit reinen Tönen. Herausragend agierte die Pegnitzer Altistin Bernadetta Michaldo-Fuhr, die über ein warmes tiefes Register und eine Fülle von Farben in der Stimme verfügt. Eine ausdrucksstarke Stimme zeichnet die Stuttgarter Sopranistin Saskia Kreuser aus. Sie hat keinerlei Probleme mit den Koloraturen und bringt die Dramatik ihre Parts voll und ganz zur Geltung. Saskia Kreuser ist bei den Musikfreunden in der Region keine Unbekannte: Seit 2003 ist sie Mitglied des Bayreuther Festspielchores und des Chores der Bamberger Symphoniker. Bleibt noch Ewald Bayerschmidt, ehemaliger Windsbacher Knabe, der seinen Tenor-Part ebenfalls sicher und makellos bewältigt.

Zweites Werk des Abends war zuvor die bekannte und immer wieder überirdisch klingende Solomotette „Exsultate, Jubilate“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Dekanatskantor Jörg Fuhr hatte sich dabei für die erst vor vier Jahrzehnten wieder aufgetauchte zweite Textfassung aus dem Jahr 1779 entschieden, die Mozart für die Advents- und Weihnachtszeit gedacht hatte. Mit einer auf der gesamten Skala bruchlosen Stimme und einer charakteristisch intensiven Lebendigkeit führt Saskia Kreuser dieses Werk eindrucksvoll auf. In den Ecksätzen begeistert sie mit makellosen Koloraturen, sauber aufgereiht wie eine Perlenkette und dabei äußerst flexibel.

Zu Beginn des Konzerts erklang die Kantate zum Neujahrsfest „Wünschet Jerusalem Glück“ des Bach-Schülers und späteren Dresdner Frauenkirchen-Organisten Gottfried August Homilius. Vor allem aber ist Homilius der wohl bedeutendste Motettenkomponist zwischen Bach und Mendelssohn Bartholdy. Das Werk wurde am Neujahrstag 1757 erstmals aufgeführt. Ihm liegen der Luther-Choral „Verleih uns Frieden gnädiglich“ und ein Text auf Grundlage der Melodie von „Brunn alles Heils, dich ehren wir“ zugrunde. Mit der Aufführung dieser Kantate öffnete die Kantorei den Blick auf die geistig frische und zugleich empfindsam-fromme Welt des späten 18. Jahrhunderts. Die Kantorei sang dabei in innerlich bewegtem, aber nie zu schnellem Tempo, stets ausgeglichen und einheitlich.

Bild: Zum Weihnachtskonzert mit der Kantorei und der Vogtland-Philharmonie unter der Gesamtleitung von Dekanatskantor Jörg Fuhr war die Bartholomäus-Kirche auch in diesem Jahr wieder gut besucht.

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22.11.2018

Countrysongs mit den Cashbags / “A Tribute to Johnny Cash”: Coverband um US-Sänger Robert Tyson gastierte in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Er ist sich selbst treu geblieben, so wie er es in einem seiner größten Hits „I walk he line“ singt: Johnny Cash. Nicht immer geradlinig, eher als Außenseiter, musikalisch und manchmal auch auf der Bühne. Mit der Coverband „The Cashbags“ um US-Sänger Robert Tyson gibt es eine Formation, die den mitreißenden „Boom-Chicka-Boom-Sound“ seit über zehn Jahren perfekt auf die Bühne bringt. Am Donnerstagabend gastierten die „Cashbags“ nach ihrem Auftritt Anfang 2017 bereits zum zweiten Mal in der Dr.-Stammberger-Halle. Diesmal mit einer völlig neu konzipierten Show, aber trotzdem mit fast allen großen Cash-Songs über das Land, über Patriotismus, über Ehebruch und Trennung, über gute und über schlechte Zeiten.

„The Cashbags“ sind im Klang und im Erscheinungsbild sehr nah an den berühmten Vorbildern. Mit markanter Bassbariton-Stimme, Westerngitarre, Telecaster, Kontrabass und Schlagzeug spielen Stephan Ckoehler (der tatsächlich so geschrieben wird), Benny Brenner und Tobias Fuchs detailgenau Klassiker wie „Ring of Fire“, „Orange blossom special“ bis hin zu „Folsom Prison Blues“. Dazu gesellt sich immer wieder Josh Angus als Carl Perkins („Blue suede shoes“). Vieles ist angelehnt an die Originalkonzerte der späten 1960er Jahre, mal solo, mal im Duett mit Valeska Kunath als June Carter, dann als „Tennessee Two“, später als „Tennessee Three“.

Schon damals war Johnny Cash (1932 - 2003) unverwechselbar. Mord, Liebe und Gott, das waren die großen Themen, die sich durch seine Songs wie ein roter Faden ziehen. Das wird auch in der rund zweieinhalbstündigen Show der „Cashbags“ deutlich. Man bekommt danach den typischen „Boom-Chicka-Boom-Sound“ kaum mehr aus dem Kopf. Es ist der Rhythmus aus den Südstaaten der USA, mit dem Johnny Cash berühmt wurde. Und so spiegeln seine Lieder auch immer das Lebensgefühl in den Südstaaten wider.

Mittelpunkt der Show ist US-Sänger Robert Tyson, der seit Jahren in Deutschland zuhause ist. Mit großer Bühnenpräsenz, unglaublicher Lässigkeit und dem unverwechselbaren Timbre seiner markanten Bassbaritonstimme gibt er den „Man in Black“, absolut authentisch. Zwischen den Songs erzählt er Anekdoten aus dem bewegten Leben von Johnny Cash.

Über die großen Hits hinaus wird bei dem Tribute-Konzert aber auch das musikalische Spektrum deutlich, das Johnny Cash so legendär machte. Es reicht von den 1950er Jahren mit Country, Rockabilly, Blues, Folk und Pop bis hin zum Alternative Country Anfang des 21. Jahrhunderts. Über 500 Songs hat er geschrieben, mehr als 50 Millionen Tonträger verkauft und dafür 13 Grammy Awards bekommen.

Johnny Cash soll ein höflicher, sympathischer Mensch gewesen sein, aber auch ein Exzentriker. Wie der Farmersohn aus Arkansas wirklich war, das weiß keiner. In der Auswahl der Songs, mit denen die „Cashbags“ nach Kulmbach gekommen waren, wird aber deutlich, wie bedeutend Johnny Cash für die Musikgeschichte ist. Er war der erste Country-Sänger, der größer wurde, als die Grand Old Opry. Er war Patriot, später aber auch gegen den Vietnam-Krieg, er ist in St. Quentin und in Folsom, den härtesten Gefängnissen der USA, aufgetreten und zusammen mit Bob Dylan auf dem legendären Folk-Festival in Newport. Kaum eine dieser Perioden lassen die „Cashbags“ aus.

Auch einige Überraschungen haben sie im Gepäck. Valeska Kunath stilecht in Kleidung, Frisur und Bewegung als June Carter, für Johnny Cash die Liebe seines Lebens. Zusammen mit Robert Tyson interpretiert sie unter anderem das Duett „Jackson“ oder den berühmten Song „If I were a carpenter“. Außerdem spielt sie perfekt wie einst June Carter die Autoharp, ein Instrument, das einer Steel-Guitar ähnelt, aber wie eine Gitarre gespielt wird. In „Wildwood flower“ singt Valeska Kunath solo und begleitet sich dabei selbst. Wie sie das macht, hat echte Klasse. Auch hier wird klar, warum die „Cashbags als erfolgreichste Johnny-Cash-Revival-Band gelten. Der Man in Black wäre stolz auf sie gewesen.

Bilder: Mit einem Tribut to Johnny Cash gastierte die Band „The Cashbags“ um US-Sänger Robert Tyson am Donnerstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle.

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09.09.2018

Echte Volksmusik als zentrales Anliegen / 31. Oberfränkisches Volksmusikfest in Pottenstein

Pottenstein. Acht Volksmusiker, Gruppen und Kapellen aus dem gesamten Regierungsbezirk verwandelten das Felsenstädtchen Pottenstein einen ganzen Sonntag lang zu einem einzigen Klangkörper. Hintergrund war das 31. Volksmusikfest des Bezirks Oberfranken, das bei herrlichem Spätsommerwetter viele tausend Besucher in die Fränkische Schweiz lockte.

Volksmusik ist nach wie vor beliebt und darf bei keiner Kirchweih fehlen, sagte Organisator Bertram Popp von der Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik. Volksmusik mache allen Beteiligten Riesenspaß und habe mit Volkstümelei nichts zu tun“, so der Pottensteiner Bürgermeister Stefan Frühbeißer. Bezirkstagspräsident Günther Denzler nannte die Pflege der Volksmusik ein zentrales Anliegen der Kultur- und Heimatpflege des Bezirks. Volksmusik sei aber auch nichts Starres, sondern sie entwickle sich stetig weiter. Das haben die die Teilnehmer des 31. Volksmusikfestes eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Am Marktplatz sorgten die zwei „Gschrubbdn“ aus Seßlach für Unterhaltung. Die Fränkischen Volksmusikanten aus Bischberg im Landkreis Bamberg spielten vor dem Bürgerhaus auf und als Lokalmatadoren sorgten die Juramusikanten Hohenmirsberg unter der Leitung von Norbert Lodes vor dem Brauereigasthof Mager für Unterhaltung. Weitere Teilnehmer waren das Freie Fränkische Bierorchester Regnitzlosau in Bruckmayers Biergarten, das Rotmain-Trio in der Kellerschänke der Brauerei Hufeisen, das Familienquartett Hix Tradimix aus Feilitzsch im Landkreis Hof im Biergarten der Brauerei Hufeisen, die Gruppe „Vielsaitig“ aus Kirchenlamitz im Senivita-Seniorenhaus St. Elisabeth und Alleinunterhalter Helmut Spörl im Gasthof Haberberger im Mariental.

Bilder:
1.
 Die Fränkischen Volksmusikanten aus Bischberg spielten beim 31. Volksmusikfest des Bezirks Oberfranken auf.
2. Moderne Volksmusik auf höchstem Niveau: die Gruppe Hix Tradimis aus Feilitzsch.

 

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07.08.2018

Klassik bei Brezen, Bier und Bratwürsten / 68. Festival Junger Künstler Bayreuth: Kleine Festspiele am Fuße des Hügels

Bayreuth. 560 Teilnehmende aus 34 Nationen veranstalten in diesem Sommer beim Festival Junger Künstler Bayreuth 88 Konzerte, Events und Open Airs. Das Thema „Roots to the Future - Wurzeln in die Zukunft“ vom letzten Jahr wird dabei wegen seines großen Erfolgs wieder aufgegriffen und fortgeführt. „Musikalische Wurzeln sind miteinander vernetzt, sie bilden bisweilen ein kraftvolles Geflecht, das wir beim Festival weiter entwickeln“, erläutert Intendantin Dr. Sissy Thammer beim Bayreuther Abend. Dabei stellten sich die jungen Künstler in den verschiedensten Formationen erstmals öffentlich dem Publikum vor.

Wie in jedem Jahr gab es einen bunten Reigen von Darbietungen, Kammermusik in verschiedensten Besetzungen, Tanzmusik aus aller Welt und viele musikalische Überraschungen. Frei nach dem Motto „Mit leerem Magen studiert sich´s schlecht“ wurde auch für das leibliche Wohl gesorgt: mit fränkischen Bratwürsten, Brezeln und Bayreuther Bier.

Ziel des Abends war es einmal mehr, die freundschaftlichen Beziehungen des Festivals mit den Bürgern aus der Region zu pflegen. Neben Freunden, Gönnern und Sponsoren, hatten auch die Musikfreunde aus ganz Oberfranken ausgiebig Gelegenheit dazu, die teilweise weitgereisten Teilnehmer kennen zu lernen, mit ihnen zu plaudern und zu feiern. „Unser Ziel ist es, die Vielzahl der unterschiedlichsten Kurse zu präsentieren“, sagte Intendantin Sissy Thammer.

Die Stadt Bayreuth sei stolz ein Festival zu beherbergen, das längst zu einer festen Institution im Kulturleben der Stadt geworden ist, so Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. „Das Festival junger Künstler ist aus dem sommerlichen Leben Bayreuths nicht mehr wegzudenken“, sagte sie, schon deshalb, weil das Festival als Bühne die gesamte Innenstadt nutze und damit den Bayreuther Kultursommer ungemein bereichere. Merk-Erbe erinnerte auch an die Gründung als internationales Musikstudententreffen im Jahr 1950 durch Herbert Barth und unter der Patronage des berühmten Komponisten Jean Sibelius.

Von einem „wie jedes Jahr beeindruckenden Abend“ sprach die Bundestagsabgeordnete Dr. Silke Launert. Das Festival stehe in herausragender Art und Weise für Begegnung und Völkerverständigung und habe damit eine weit über das rein künstlerische hinausgehende Bedeutung.

Das Festival Junger Künstler dauert heuer bis zum 31. August. Einer der Höhepunkte wird die Einstudierung von Claudio Monteverdis Marienvesper unter Leitung des schwedischen Dirigenten Fred Sjöberg sein. Beim Programm „Passio – Compassio. Leidenschaft und Leiden“ – spielt die Barockzeit ebenfalls eine wichtige Rolle. Das Konzert verquirlt Passionsmusiken mit Ethnoklängen und Jazz. Johann Sebastian Bach und Kurt Weill treffen auf Lieder aus dem Morgenland. Dr. Vladimir Ivanoff, künstlerischer Leiter des Ensembles Sarband und in Personalunion Lautenspieler, Percussionist, Musikwissenschaftler, Produzent und Tonsetzer hat den musikalischen Leckerbissen mit Teilnehmern aus dem Nahen Osten und Europa arrangiert, um dem Mitgefühl, der Compassio, neues Leben einzuhauchen. Außer diesen beiden Leuchtturmprojekten setzt das Festival junger Künstler Bayreuth auch in diesem Jahr wieder auf das bewährte Miteinander unterschiedlichster Künstler und Kulturschaffender aus aller Welt – auf der Suche nach neuen ästhetischen Formaten. Qualität und das gemeinsame Erleben beim künstlerischen Schaffensprozess stehen dabei im Mittelpunkt.

Bürger und Besucher der Stadt haben in den kommenden Wochen außerdem Gelegenheit, den Ensembles des Festivals auf den Straßen und Plätzen der Stadt zu begegnen. Daneben treten die Mitwirkenden mit klassischer Musik und Folklore aus ihren Heimatländern auf den Bühnen ganz Oberfrankens und teilweise sogar weit darüber hinaus auf.

Bilder:
1. 450 Teilnehmer aus 34 Nationen nehmen in diesem Jahr am Festival junger Künstler teil, was beim „Bayreuther Abend“ durch ein Fahnenspalier eindrucksvoll dokumentiert wurde.
3. Der Knabenchor „Jazeps Medins“ aus Riga
4.. Die hohe künstlerische Qualität des Festivals stellte unter anderem dieses internationale Ensemble eindrucksvoll unter Beweis.

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22.07.2018

Fetzige Klangsprache und explosive Gestik / Ljubka Biagioni leitete zum Abschluss der Open Airs auf der Plassenburg die Sofia Symphonics

Kulmbach. Es war ein überaus ambitioniertes und anspruchsvolles Programm, mit dem die Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg und ihr Orchester, die Sofia Symphonics, diesmal die Open Airs auf der Plassenburg abgeschlossen haben. Aktuell, feierlich, überraschend und zeitgenössisch präsentierten die bestens aufgelegten Musiker am Sonntagabend unter ihrer engagierten und vielseitigen Dirigentin eine wunderbar gelungene Sommerreise von der Alten in die Neue Welt.

Ein Ohrwurm stand mit Friedrich Smetanas „Moldau“ gleich am Anfang. Auch Menschen, die so gar nichts mit klassischer Musik im Sinn haben, können mitsummen, wenn der Komponist die Zuhörer in seine böhmische Heimat entführt und den Lauf des Flusses von der Quelle über Wälder und Flure entlang stolzer Burgen bis zu seinem Einmünden in die Elbe beschreibt. Bei Ljubka Biagioni stimmt die Dramaturgie. Das Hauptthema wird in großen Bögen immer wieder neu entwickelt, die Einschübe kommen stimmig, der Schluss pompös. Die Sofia Symphonics legen großen Wert auf einen warmen Klang, lassen die vielen Details der Partitur aufblitzen und musizieren absolut inspiriert.

Stammt die „Moldau“ aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, durfte sich das Publikum beim „Gypsy Dance“ und der Komposition „Strange Occasion“ auf zeitgenössische Werke des bulgarischen Musikers und Komponisten Teodosij Spassov freuen. Spassov zählt zu den bekanntesten Musikern und Filmkomponisten Bulgariens. Was die Kulmbacher Aufführung so besonders machte war, dass Spassov selbst als Solist an der Hirtenflöte mit dem Namen Kaval auftrat, was den jazzig angehauchten und melodiös klingenden Kompositionen, eine davon mit lautmalerisch im Sprechgesang vorgetragenen Einlagen, eine ganz besondere Bedeutung gab. „So interessant kann bulgarische Musik sein“, sagte Ljubka Biagioni, die es als Mission sieht, diese Musik bekannter zu machen.

Zweites Werk aus dem 19. Jahrhundert war Peter Tschaikowskys Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia“. Die Komposition beruht auf dem gleichnamigen Werk von William Shakespeare und gilt als erstes großes Meisterwerk Tschaikowskys. „Romeo und Julia“, das bedeutet viele musikalische Kleinode, die von den Musikern gekonnt ausgespielt werden. Transparent musiziert, auch mal auf den einen oder anderen Effekt setzend, lässt die Dirigentin dieses wunderbare Werk erklingen, das schon allein aufgrund seiner Thematik wie kaum ein zweites in den schönen Hof der Plassenburg passt.

Durchaus jazzig führte die Reise nach der Pause in die Neue Welt nach Amerika: Von George Gershwin stammt die berühmte Komposition „Rhapsody in Blue“, die mit dem versierten Solisten Stefan Vrachev am zugegeben etwas minimalistisch klingenden e-Piano im Mittelpunkt des zweiten Teils des Abends stand. Bei dem Solisten klang das Stück eher nach Jazz als nach Klassik, was der Absicht Gershwins vielleicht sogar ein stückweit näher kam. Schließlich war Gershwin ein manischer Tempotreiber mit irrwitzigen virtuosen Fähigkeiten. Seine Akkorde stampfen, seine rhythmische Intensität erinnert mitunter an eine Dampfmaschine. Das Orchester peitschte mit wohldosierten, aber eindringlichen Effekten das Ganze massiv voran. Danach gab es gleich nochmal Gershwin, sein wundervolles „Summertime“ aus der 1935 uraufgeführter Oper „Porgy and Bess“, dramatisch und auf höchstem Niveau dargebracht vom Klarinettisten des Orchesters.

Zum Schluss der musikalischen Sommerreise gab es zum einen eine Erinnerung an den großen Komponisten und Dirigenten Leonard Bernstein, dessen 100. Todestag die Musikwelt heuer gedenkt. Aufgeführt wurden die Sinfonischen Tänze aus der „West Side Story“, einer der erfolgreichsten und bekanntesten Kompositionen des 20. Jahrhunderts überhaupt. Hingebungsvoll und leidenschaftlich lässt Ljubka Biagioni dieses Werk erklingen, ganz im Sinne Bernsteins in fetziger Klangsprache kombiniert mit explosiver Gestik. Auch hier gibt es wieder Anklange an echte Ohrwürmer wie „Somewhere“, „Maria“ oder „Tonight“. Am Ende gab es großen Applaus für die Musiker und ihre Dirigentin, die auch im kommenden Jahr bei den Plassenburg-Open-Airs wieder dabei sein wird.

Bilder:
1.
 Ljubka Biagioni dirigierte zum Abschluss der Plassenburg-Open-Airs die Sofia Symphonics.
2. Der bulgarischen Musiker Teodosij Spassov spielte eigene Kompositionen auf der Hirtenflöte Kaval.

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21.07.2018

Avantgarde, Ethno-Pop und Ländler / Haindling beim Plassenburg-Open-Air

Kulmbach. Liedermacher, Poet, Weltmusiker: Hans Jürgen Buchner, besser bekannt als Haindling, passt in keine Schublade. Fast schon zum Abschluss der Open Airs war der sympathische Multiinstrumentalist aus Niederbayern einmal mehr auf der Plassenburg und verzauberte zweieinhalb Stunden lang sein Publikum.

Der Jüngste ist Haindling nicht mehr, aber ein jung gebliebener. Richtig politisch wird er nicht, aber er erhebt immer wieder den Zeigefinger. Er ist keiner, der in den Charts zu Hause ist und hatte doch mit „Lang scho nimmer g´sehn“ vor über 30 Jahren einen echten Riesenhit, der als Zugabe natürlich auf der Plassenburg nicht fehlen darf. Haindling ist aber vor allem eines: ein sympathischer Mensch, der nicht nur authentisch rüberkommt, sondern der authentisch ist. Ein exzellenter Musiker, der alle möglichen Instrumente spielt ist er auch und dazu ein herrlicher Geschichtenerzähler, den man gebannt an den Lippen hängt.

Vor drei Jahren war er zuletzt auf der Plassenburg. Natürlich unterscheidet sich das Programm diesmal nicht grundlegend von damals, aber gerade das lieben seine Fans: Kontinuität in einer Zeit, in der sich alles so schnell ändert. Und Haindling bietet ihnen die Kontinuität, und das schon seit 35 Jahren. So gab es wieder die Haindling-Plastik-Müllsack-Band, zum einen aus Protest gegen Plastikverpackungen, zum anderen um zu zeigen, dass auch mit Plastiktüten Musik machen kann. Fast schon ein Klassiker ist das Verlesen der Inhaltsstoffe eines Eierlikör-Sandkuchens aus der Bordverpflegung eines Passagierflugzeuges. Man ahnt es schon, dass der Kuchen praktisch ausschließlich aus Chemie besteht. Und da ist Bund-Naturschutz-Mitglied Hans-Jürgen Buchner in gewisser Weise eben doch politisch, wenn er etwa in seinem Lied „Modelleisenbahn“ den Flächenverbrauch anprangert. Aktueller geht es kaum noch, möchte man meinen, doch das Lied ist schon vor 25 Jahren entstanden.

Es ist auch nicht unbedingt Popmusik, was Haindling macht, sondern eher eine Mischung aus bayerischem Ethno-Pop, Avantgarde, Walzer, Ländler, sogar einen Zwiefachen gibt es. Eigentlich könnte man jedes Stück anders einordnen, und es bleibt doch immer wieder eine geniale Haindling-Komposition, egal ob „Spinn i“, „Karussell“, „Du Depp“ oder „Das ewige Lied“.

Freiheit ist für ihn, den kreativen Kopf, wichtig. Progressiv, idealistisch und ohne Rücksicht auf Trends oder Zeitgeist, eher ganz bewusst dagegen. Vielleicht kommt deswegen auch im Schönen Hof der Plassenburg eine ganz eigenwillige gute Stimmung auf. Zumal das Publikum auch diesmal wieder alle Generationen abbildet: vom Kind bis zum Senior, solche Künstler sind selten.

Auch diesmal hat er wieder ein Rieseninstrumentarium dabei, vom Klangholz bis zur Maultrommel, vom Alphorn bis zum E-Piano. Mit Hilfe seiner befreundeten Musikerkollegen bringt er alle die Tasten- Blas- und Schlaginstrumente zum Klingen, bis schließlich der Haindling-Sound den Schönen Hof füllt. Richtig zur Geltung kommen hier die Filmmusiken, mit denen Haindling sich auch als ernsthafter Komponist einen großen Namen gemacht hat. Fast schon eine kleine Sinfonie ist seine Musik zum Vilsmaier-Film „Bavaria – Traumreise durch Bayern“.

Kaum zu glauben, dass der Ur-Bayer Hans-Jürgen Buchner ein gebürtiger Preuße ist, dass er als Keramiker den Meisterbrief besitzt, und dass er tatsächlich schon 1945 geboren wurde. Hoffentlich kommt Haindling noch oft hierher, Künstler wie er sind selten geworden.

Bilder:
Weltmusiker aus Niederbayern: Hans Jürgen Buchner alias Haindling am Samstagabend beim Plassenburg-Open-Air.

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31.03.2018

Akzentuiert, artikuliert und mit absoluter Leichtigkeit / „Oberfranken-Tournee“ an Ostern: JSO unter Till Fabian Weser mit Tschaikowsky, Mozart und Dvorak

Naila. Warum sollte „der Nussknacker“ immer nur an Weihnachten gespielt werden? Also setzte Dirigent Till Fabian Weser die Nussknacker-Suite von Peter Iljitsch Tschaikowsky kurzerhand auf das Programm der Osterkonzerte des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken (JSO). Und weil Tschaikowsky und Anton Dvorak so gut harmonieren, gab es nach der 9. Symphonie im Jahr 2013 jetzt die 8. Symphonie. Bleibt noch Mozart, der passt immer. Diesmal mit dem 19-jährigen Robert Schina aus Bayreuth als Solisten.

Er studiert aktuell am Royal College of Music in London und ist trotz junger Jahre bereits ein überaus versierter Solist. Schina lässt die Oboe in alle denkbaren Klangwelten vordringen, er musiziert selbstsicher, vital und mit offensiver Kantabilität, mit Liebe zum Detail und feinem Klangsinn. „Das Mozart-Konzert ist eines meiner Favoriten“ bekannte Schina im Vorfeld und das hört man auch.

Das Konzert dürfe man keineswegs unterschätzen, so der Solist. Bei Mozart sei allgemein eine absolute Leichtigkeit im Spielen das oberste Ziel. Dazu müsse man nicht nur technisch absolut sicher sein, sondern auch das komplette Werk analysieren, um alle Zusammenhänge und musikalischen Höhepunkte herauszuarbeiten. Dem Solisten ist dies gelungen. Er betrachtet das Konzert aus galanter Perspektive, musiziert hinsichtlich Phrasierung und Artikulation gut durchstrukturiert und nimmt immer wieder gerne das Tempo heraus, womit er einen ganz eigenen Spannungsbogen aufbaut. Das Jugendsymphonieorchester präsentiert sich dazu als gut eingespielter Begleiter, warm und intensiv im Klang. Ein wirkungsvoller Einfall des Dirigenten war es dabei, die Streicher im Stehen, wie zu Mozarts Zeiten üblich, im Stehen musizieren zu lassen.

Zuvor also die Nussknacker-Suite: Tschaikowsky hatte als erster Komponist Ballettmusik sinfonisch aufgebaut. Trotzdem spielt man immer wieder gerne die Suite als eine Art „Best of“. Die einzelnen Nummern sind aber auch einfach zauberhaft, ganz egal ob der charakteristische Marsch, der „Tanz der Zuckerfee“ oder der „Blumenwalzer“, der am Ende nochmal als Zugabe erklingt, das JSO musiziert farbig und leuchtend, akzentuiert und raffiniert.

Bleibt noch Dvoraks vorletzte Symphonie, die Achte, ein gefühlsstarkes Stimmungsbild, nicht ganz so populär wir die Neunte, aber dennoch überaus wirkungsvoll und frei im Spiel der Themen und Motive. Unter Till Fabian Wesers Stabführung kümmert sich das Jugendsymphonieorchester um die vielen Details der Partitur und lässt so den melodischen Erfindungsreichtum Dvoraks vollends zur Geltung kommen. Vor allem im Schlusssatz gibt es ein Feuer an rhythmischen Drive. Doch schon zuvor im wehmütigen Walzer-Thema des Allegretto grazioso merkt man die phänomenale Detailarbeit, die das Orchester in den zurückliegenden sieben Tagen geleistet hat.

Dirigent Till Fabian Weser leitet das Jugendsymphonieorchester Oberfranken seit 2013, im „Hauptberuf“ spielt er die Trompete bei den Bamberger Symphonikern. Der 52-Jährige bezeichnet das JSO gerne auch als Talentschmiede für junge Musiker aus allen Teilen Oberfrankens und würdigt das herausragende Engagement des Bezirks, das in dieser Form bayernweit einmalig sei. Die Arbeitsphase ging auch in diesem Jahr wieder im Schullandheim von Weißenstadt über die Bühne, die Tutti-Proben samt Generalprobe fanden im Kurhotel von Weißenstadt statt.

Zum Auftakt in Naila hatte Bürgermeister Frank Stumpf das abwechslungsreiche Repertoire des Konzerts und den hohen Qualitätsstandard des Orchesters gewürdigt. Organisatorin Maria Lindl vom Bezirk Oberfranken stellte das Jugendsymphonieorchester als wichtiges Projekt der Jugendarbeit der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau vor. Ein wichtiges Anliegen des einst weltberühmten Geigers Henri Marteau sei es gewesen, Musik an junge Leute weiterzugeben. Damit werde der Geist Marteaus im Jugendsymphonieorchester spürbar.

Bild:
1. Till Fabian Weser von den Bamberger Symphonikern leitete das Jugendsymphonieorchester Oberfranken bei seinen kleinen Tournee durch den Regierungsbezirk.
2. Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken unter seinem Dirigenten Till Fabian Weser und mit dem Solisten Robert Schina beim Auftakt der Osterkonzerte am Samstagabend in Naila.

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24.03.2018

Orchester auf Zeit startet Oberfrankentournee / Jugendsymphonieorchester: Probenauftakt in Weißenstadt

Weißenstadt. Anton Dvoraks achte Symphonie bildete den Auftakt: Mit einer Durchspielprobe hat am Samstagmittag im Schullandheim von Weißenstadt im Landkreis Wunsiedel die Übungsphase des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken begonnen. Zum siebten Mal in Folge steht dabei Till Fabian Weser am Pult. Seine Aufgabe ist es, die jungen Talente aus allen Teilen des Regierungsbezirks in nur einer Woche zu einem einzigen Klangkörper zusammenzuführen. Unter der Stabführung des aus Amerikas stammenden Dirigenten werden die gut 60 Musikerinnen und Musiker über Ostern zu einer kleinen Oberfranken-Tournee aufbrechen.

Nicht nur das Hauptwerk ist mit der Dvorak-Symphonie spektakulär, auch Tschaikowskys „Nussknacker-Suite“ hat außerhalb der Weihnachtszeit ihren ganz besonderen Reiz. Daneben steht das Oboenkonzert C-Dur KV 314 von Wolfgang Amadeus Mozart auf dem Programm. Solist ist der 19-jährige Robert Schina aus Bayreuth. Er war schon in den zurückliegenden Jahren beim JSO dabei studiert derzeit am Royal College of Music in London.

Dafür, dass viele der jungen Leute zum ersten Mal miteinander musizieren, klappt das Zusammenspiel schon ganz gut. Ziel von Till Fabian Weser ist freilich eine nahezu perfekte Aufführung, und daran wird in den kommende Tagen intensiv gearbeitet. Zunächst in kleinen Gruppen mit den Dozenten, dann wieder im großen Orchester, bis am Freitag ebenfalls in Weißenstadt im dortigen Kurhotel die Generalprobe über die Bühne geht.

„Mit unserem ehrgeizigen Projekt eines eigenen Jugendsymphonieorchesters möchten wir jungen Nachwuchsmusikern aus der Region alljährlich zu Ostern die Möglichkeit geben, ihr Können unter professioneller Anleitung öffentlich zu präsentieren“, sagte Bezirkstagspräsident Günther Denzler zum Probenauftakt. Als „Orchester auf Zeit“ setze sich das Jugendsymphonieorchester Jahr für Jahr neu zusammen. Der Präsident nannte die intensive Zusammenarbeit mit dem professionellen Dirigenten eine einzigartige Erfahrung für die jungen Leute. Denzler: „Das oberfränkische Jugendsymphonieorchester ist das Herzstück der Jugendarbeit unserer internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau.“

Dirigent Till Fabian Weser war selbst als Jugendlicher Mitglied in vergleichbaren Klangkörpern, unter anderem im Landesjugendorchester Baden-Württemberg, im Bundesjugendorchester und in der Jungen Deutschen Philharmonie. Weser versteht das Orchester in erster Linie als eine Art Talentschmiede, in dem sich junge Musiker im Alter zwischen 14 und 23 Jahren aus allen Teilen Oberfrankens im Bekenntnis zu ihrer Heimat zusammenfinden. „Ich sehe es aber auch als Sprungbrett“, so Weser. In dem Klangkörper hätten die jungen Talente eine hervorragende Möglichkeit, sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.

Ein Sprungbrett war das Jugendsymphonieorchester unter anderem für die heute prominente Geigerin Sornitza Baharova und den Dirigenten Axel Kober. Beide musizierten jeweils mehrere Jahre lang mit dem Jugendsymphonieorchester, heute ist Sornitza Baharova Mitglied der Staatsphilharmonie Nürnberg, Axel Kober ist Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein und debütierte im Sommer 2013 mit Richard Wagners Tannhäuser bei den Bayreuther Festspielen.

Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde 1982 von dem Musikpädagogen Professor Günther Weiß gegründet, der viele Jahre als künstlerischer Leiter der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau tätig war. Seit der Gründung kommen junge Musikerinnen und Musiker aus ganz Oberfranken jeweils kurz vor Ostern zu einer Probenwoche zusammen und erarbeiten unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm.

Die Konzerte des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken finden statt: am Karsamstag, 31. März um 18 Uhr in Naila (Frankenhalle), am Ostersonntag, 1. April um 17.30 Uhr in Coburg (Kongresshaus Rosengarten) und am Ostermontag, 2. April um 17.30 Uhr in Stegaurach (Aurachtalhalle).

Bilder: Probenauftakt am Wochenende in Weißenstadt: Till Fabian Weser dirigiert das Jugendsymphonieorchester Oberfranken.

Die Konzerte des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken 2018:

Karsamstag, 31. März, 18 Uhr, Frankenhalle Naila
Ostersonntag, 1. April, 17:30 Uhr, Kongresshaus Rosengarten Coburg
Ostermontag, 2. April, 17:30 Uhr Aurachtalhalle Stegaurach

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09.02.2018

„Das Glück wohnt überall“: Sängerisches Können gepaart mit schauspielerischen Leistungen / Emmerich Kalmans „Csardasfürstin“ in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Offiziell wird das Wort nicht einmal ausgesprochen, aber darum geht es: um Standesdünkel. Deshalb hat Emmerich Kalmans Operette „Die Csardasfürstin“ bis heute nichts an Aktualität verloren. Hier die Welt der Künstler, dort die Welt der Adeligen, hier die Tingel-Tangel-Sängerin, dort die Aristokratie. Natürlich steigt eine Tourneetheaterproduktion wie die der Johann-Strauß-Operette-Wien am Freitag in der Dr.-Stammberger-Halle da nicht tiefer ein, doch Kalmans Werk, und vor allem seine Musik sprechen für sich. Nahezu jeder Titel ist ein Welterfolg geworden. 

Glanz, Glitter und K.u.K.-Prunk: "Die Csardasfürstin" wird in der Regie von Andrea Schwarz als Varieté-Glitzerwelt in einem entsprechenden Bühnenbild des aus Graz stammenden und im österreichischen Burgenland beheimateten Künstlers Norbert Art-Uro gezeigt. Spektakuläre Neudeutungen, wie vor einigen Monaten am Mainfrankentheater in Würzburg darf man da nicht erwarten, immerhin tourt die Produktion bereits seit Weihnachten allabendlich durch Deutschland, was schon allein eine große Leistung ist.

Wildes Varieté auf der engen Kleinkunstbühne - das ist die Welt der Sylva Varescu. Große Kostüme werden im Palast von Edwins Vater Fürst Lippert-Weylersheim aufgetragen und es schimmert noch der Glanz der alten K.u.K.-Zeit durch. Der Standeskonflikt zwischen Edwin und Silva, der ihrer Liebe im Weg steht, bildet das Zentrum dieser Liebesgeschichte.

Die Akteure beweisen alle sängerisches Können, gepaart mit schauspielerischen Leistungen. Allen voran die Wiener Sopranistin Sevana Salmasi als Csardasfürstin Sylva Varescu. Sie darf als perfekte Besetzung gelten, wenn sie auch gerne mal zum forcieren neigt. Sevana Salmasi spielt authentisch, vielschichtig, farbig und glaubwürdig. Der kanadische Tenor Dan Chamandy, der auch schon als Wagner-Interpret in Erscheinung getreten war, überzeugt das Publikum als Edwin mit famoser Stimme und einer authentisch gespielten Liebe zu Sylva. Dan Chamandy hat Charme, Schmäh und die Schneidigkeit des jungen Fürstensohnes.

Der Wiener Bariton Dieter Kschendt-Michel hat als Graf Boni sowieso die meiste Komik im Textbuch und avanciert schnell zum Publikumsliebling. Ihm ist in jeder Szene eine große Spielfreude gepaart mit ausdrucksvollem Gesang und einer glaubwürdigen Darstellung anzumerken. Ihm ebenbürtig als Partnerin ist Angela Wandraschek als Anastasia, kurz „Stasi“, mit hervorragender Stimme, Textverständlicheit und ebenso überzeugendem Spiel.

„Das Glück ist überall, denn überall wohnt Liebe“ ist eines der berührendsten Duette der Operette und auch dieser Aufführung. Besonders witzig und romantisch zugleich ist die Szene, in der die vier Liebenden in vertauschter Paarung aufeinandertreffen und verhandeln müssen, wer nun mit wem eigentlich zusammen sein will. Witzig auch ist der Moment, als Fürst von und zu Lippert-Weylersheim (Josef Pechhacker) erkennen muss, dass auch seine Gattin Anhilte, die fabelhaft von der TV-bekannten Schauspielerin Manuela Miebach hervorragend verkörpert wird, eine bürgerliche Vergangenheit hat und er seinem Sohn die Hochzeit mit Sylva nicht verbieten kann.

In weiteren Rollen überzeugten Martin Ganthaler als Eugen Rhonsdorff und Giorgio Valenta als Feri. Beide absolut präsent und nicht nur sängerisch, sondern auch darstellerisch hervorragend. Die Balletteinlagen mit den vier Tänzerinnen und einem Tänzer in der Choreographie von Nera Nicol hätte man sich gerne ein bisschen flotter und weniger altbacken gewünscht, dafür konnte das kleine Orchester unter der Stabführung des griechischen Dirigenten Vasilis Tsiatsianis vollends überzeugen. Zügige Tempi kennzeichneten das Dirigat, effektvoll, energiegeladen und energisch waren die Musiker stets präsent. Am Ende gab es riesigen Applaus, wenn auch die Dr.-Stammberger-Halle nur gut zur Hälfte gefüllt war.

Bilder:
1.
Am Ende finden die richtigen Paare zusammen, hier sind sie allerdings noch nicht soweit (von links): Anastasia (Angela Wandraschek), Edwin (Dan Chamandy), Boni (Dieter Kschwendt-Michel) und Sylva (Sevana Salmasi).
2.
Die große Szene gehört bei der Operette immer dazu: „Die Csardasfürstin“ von Emmerich Kalman zeigte das Ensemble des Johann-Strauss-Theaters-Wien am Freitagabend in der Dr.-Stammberger-Halle.

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25.01.2018

Wundervolle Stimmen und witzige Geschichten / Kulmbach liegt am Broadway: „Musical Moments“ in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Sie gelten als Amerikas Antwort auf Europas Musiktheater, Weltstars feierten mit ihnen ihre großen Triumphe und jedes hat seinen eigenen, ganz unverwechselbaren Ohrwurm: Musicals. Irgendwann war ihr Siegeszug nicht mehr aufzuhalten. Ein „Best of“ zeitgenössischer Musicals hat ein international besetztes Showensemble mit großer Bühnen-Erfahrung am Donnerstagabend in der einigermaßen gut besetzten Dr.-Stammberger-Halle unter dem Titel „Musical Moments“ dargeboten. Der norwegische Musical-Darsteller Espen Nowacki, der die Aufführung zusammengestellt und inszeniert hat, nahm das Publikum dabei mit auf eine Reise von „Evita“ und „Elisabeth“ bis hin zum „Tanz der Vampire“ oder dem Queen-Musical „We will rock you“.

Die zweieinhalbstündige Show mit 20 der aktuell erfolgreichsten Musicals in der tempogeladenen Choreographie von Dominik Halamek war abwechslungsreich, farbenprächtig und fantasievoll. Hier treffen große Emotionen auf witzige Geschichten, wundervolle Stimmen auf prächtige Kostüme. Dazu gibt es eine raffinierte Lichtregie mit eindrucksvollen Fotoprojektionen. Alles in allem beste Unterhaltung auf hohem Niveau, wenn auch die Musik vom Band kam und die Stimmen zumindest anfangs übersteuert waren.

Die Sängerinnen und Sänger waren ebenfalls durch die Bank Klasse. Man merkte ihnen schon an, dass sie absolute Profis sind und noch jede Menge Spaß an der Sache haben. Einzelne hervorzuheben wäre unfair, singen sie doch alle mal abwechselnd im gesamten Ensemble, mal übernehmen sie solistische Aufgaben. Außerdem sind es gerade die großen „Massenszenen“, die das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißen.

Ihre Namen sollen an dieser Stelle trotzdem nicht ungenannt bleiben: Lina Hampel aus Hamburg, Judith Seibert aus München, Nadine Hammer aus Thüringen, die Österreicherin Stefanie Kock, Anna Carave aus der Ukraine, Zoltan Tombor aus Ungarn sowie Choreograph Dominik Halamek und der Kopf der Truppe Espen Nowacki.

Studiert man das Programmheft, stellt man fest, dass alle eine professionelle Gesangs- und Tanzausbildung hinter sich und die eine oder andere Rolle an namhaften Bühnen übernommen haben. Das spricht auch für die Wandlungsfähigkeit der Sänger und Darsteller und für ihr großes schauspielerisches und tänzerisches Talent. Dazu kommen bunte, glitzernde Roben und tolle, meist an das Original angelehnte Kostüme.

Pech hatte das Publikum in der ersten Reihe und an den Außenplätzen, denn es wurde immer wieder mit in die Show einbezogen. Die Darsteller suchten den Kontakt zum Publikum, sei es, dass sie immer wieder von der Bühne stiegen oder gleich aus dem Publikum heraus auftraten. Mal hieß es mitsingen, dann wieder mittanzen, mal wurden einzelne erschreckt, ein Zuhörer musste sogar auf die Bühne, um bei dem Titel „Zahnarzt“ aus dem „Kleinen Horrorladen“ von Alan Menken eine Statistenrolle zu übernehmen.

Das achtköpfige Ensemble hat das Publikum den ganzen Abend lang gut und originell mit einer mitreißenden und witzigen Show unterhalten und dabei den Nerv der Kulmbacher Musical-Fans getroffen. Am Schluss beim Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“ und beim anschließenden Abba-Musical „Mamma mia“ war die ganze Halle aus dem Häuschen, alle tanzten und sangen mit. Die Zeit verging wie im Flug und man hätte noch ewig so zuhören und zusehen können.

Bilder:
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Mit dem Queen-Musical „We will rock you“ rockten die Musical-Stars die Dr.-Stammberger-Halle.
- Cats mit Ballett zu Andrew Lloyd Webbers „Mondlicht“.
- Sissi und Kaiser Franz Joseph tanzen Walzer bei dieser Szene aus dem Musical „Elisabeth“.

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05.01.2018

Hauch von Hollywood mit den Hofer Symphonikern / „Magic movie moments“: Zum Neujahrskonzert mit Stargast Carry Sass gibt es fulminante Soundtracks

Kulmbach. Hollywood ohne Musik, das wäre undenkbar. Ob Marlene Dietrich, „Die glorreichen Sieben“ oder die „Tribute von Panem“ und der James-Bond-Titelsong „Skyfall“, Musik verstärkt Emotionen und macht Gefühle hörbar. „Magic movie moments“ war das Neujahrskonzert der Hofer Symphoniker unter Hannes Ferrand mit Stargast Carry Sass überschrieben und der Freitagabend in der Dr.-Stammberger-Halle brachte das alles überaus effektvoll und überzeugend auf die Bühne.

„Was wäre ein Film ohne Musik?“, diese Frage stellte die Sängerin und Moderatorin gleich zu Beginn, um selbst die Antwort zu geben: „Nichts!“. Und so  bringt Carry Sass am Anfang mit dem Soundtrack zur Oskar-Verleihung einen Hauch von Hollywood nach Kulmbach. Von den Klassikern der Filmgeschichte wie der Star-Wars-Melodie von John Williams bis hin zu Fantasie- und Action-Filmen wie „Game of thrones“ war diesmal alles vertreten, was ins Ohr geht.

Carry Sass, charmanter Bühnenstar aus Berlin, ist die perfekte Interpretin für das, was man auch als heitere Muse oder leichte Klassik bezeichnen könnte. Dabei lag manches im Programm Welten auseinander, Norbert Schultzes „Lilli Marleen“ etwa und Adeles „Skyfall“. Doch die Entertainerin, der Dirigent aus Weimar und die Musiker aus Hof schaffen den großen Bogen in einem Programm, das voller Überraschungen steckte.

Jede Komposition für sich ist ein wahres Meisterwerk, das viel mehr Beachtung verdient hätte. Manches steckt voller Dramatik, anderes strotzt nur so vor Witz. Die Symphoniker musizieren dabei mitreißend und voller Spielfreude. Auch in den rein orchestralen Kompositionen, Elmer Bernsteins fulminante Filmmusik zu den „Glorreichen Sieben“ ragt dabei besonders heraus, die fantastische Filmmusik zu „Das Boot“ von Klaus Doldinger und natürlich die in manchen Passagen fast schon kammermusikalisch anmutende Suite zu Nino Rotas „Der Pate“.

Der Sängerin Carry Sass scheint irgendwie alles zu liegen, mal ist sie Marlene Dietrich im Blauen Engel, dann wieder Edith Piaf in „La vie en rose“. Sie nimmt die Zuhörer auf die Filmreise mit, erinnert in ihrem Auftreten an Liza Minelli, manchmal auch an Ute Lemper, besitzt eine fantastische Ausstrahlung, kann auf eine ausgebildete Musicalstimme verweisen und beweist vor allem eines: Vielseitigkeit.

Cary Sass hatte an der Hochschule für Musik Hanns Eisler im damaligen Ost-Berlin studiert und war in der Folge unter anderem im Berliner Theater des Westens, im Deutschen Theater in München und am Opernhaus Graz engagiert. Ihre Paraderolle ist, wie könnte es auch anders sein, die der Sally Bowles im Musical „Cabaret“.

Das stand diesmal allerdings nicht auf dem Programm, dafür gab es bei den Zugaben Irvin Berlins „There is no business like showbusiness“ aus dem Musical „Annie get your gun“.  Interessant waren beim Neujahrskonzert auch die ständig wechselnden Outfits der Solistin. Ihr Markenzeichen sind die Pailletten und der lange Schlitz im Kleid. Aber auch in alle anderen Outfits macht die Sängerin eine gute Figur.

Bild: Stargast des Neujahrskonzerts mit den Hofer Symphonikern unter dem Dirigenten Hannes Ferrand in der Dr.-Stammberger-Halle war die Berliner Entertainerin Carry Sass.

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05.01.2018

Junge Musiktalente gesucht / JSO Oberfranken startet an Ostern seine Oberfranken-Tournee

Bayreuth. Highlights der Konzertliteratur verspricht Till Fabian Weser, Dirigent des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken (JSO), für die Auftritte des Klangkörpers Ende März und Anfang April in Naila, Coburg und Stegaurach. Neben der Nussknacker-Suite von Peter Iljitsch Tschaikowsky stehen das Oboenkonzert C-Dur KV 314 von Wolfgang Amadeus Mozart sowie die 8. Symphonie von Anton Dvorák auf dem Programm. Noch haben junge Leute zwischen 14 und 21 Jahren die Chance, im Orchester mitzuspielen. Bewerbungsschluss ist der 25. Januar.

Till Fabian Weser spricht von einem traditionellem Programm, das wunderbar zusammenpasst. Warum sollte der „Nussknacker“ immer nur an Weihnachten gespielt werden, so der Dirigent, der das Stück seiner 15-jährigen Tochter widmet. Sie mag die Komposition ganz besonders mag und spielt selbst zum wiederholten Mal als Geigerin im Orchester mit. Tschaikowsky und Dvorak harmonieren besonders gut, sagt Till Fabian Weser, nach der 9. Symphonie zu seinem Einstand beim  JSO im Jahr 2013 hatte er deshalb für heuer die 8. Symphonie aufs Programm gesetzt.

Bleibt noch das Oboenkonzert von Mozart. Dafür konnte der Dirigent den jungen Solisten Robert Schina aus Bayreuth gewinnen. Der 19-Jährige studiert am Royal College of Music in London. Er war in den zurückliegenden Jahren nicht nur im Bayerischen Landesjugendorchester aktiv, sondern wirkte auch schon im Jugendsymphonieorchester Oberfranken mit. „Das Stück ist technisch gut zu realisieren, aber musikalisch sehr anspruchsvoll“, sagt Till Fabian Weser. Nicht nur für den Solisten, auch für die Streicher sei es ein großartiges Werk, um viele Aspekte des Zusammenspiels zu erlernen.

Till Fabian Weser leitet das Jugendsymphonieorchester Oberfranken seit 2013, im „Hauptberuf“ spielt er die Trompete bei den Bamberger Symphonikern. Der 52-Jährige bezeichnet das JSO gerne auch als Talentschmiede für junge Musiker aus allen Teilen Oberfrankens und würdigt das herausragende Engagement des Bezirks, das in dieser Form bayernweit einmalig sei.

„Das JSO steht im Zentrum der Arbeit unserer Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau“, sagt der oberfränkische Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler. „Ich bin sehr froh, dass wir mit Till Fabian Weser einen so außergewöhnlichen Dirigenten haben", so Denzler. Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde 1984 von dem Dirigenten und Musikpädagogen Professor Dr. Günther Weiß gegründet. Weitere Dirigenten waren Howard Golden und Raoul Grüneis.

Die Arbeitsphase beginnt diesmal am Samstag, 24. März im Schullandheim von Weißenstadt (Landkreis Wunsiedel). Dort werden nicht nur die ersten Proben stattfinden, auch die Nachwuchsmusiker sind dort bis zum Karfreitag untergebracht. Der Großteil der Tutti-Proben findet dann im Kurhotel von Weißenstadt statt. Dort wird am Karfreitag auch die öffentliche Generalprobe  über die Bühne gehen, ehe die kleine Orchestertournee durch Oberfranken startet.

Weitere Information und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es im Internet unter www.jso-oberfranken.de. Die Teilnahmegebühr beträgt 190 Euro, Geschwister zahlen jeweils 130 Euro. Unterkunft und Verpflegung im Schullandheim Weißenstadt sind inklusive.  

Die Konzerte des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken 2018:

Karsamstag, 31. März, 18 Uhr, Frankenhalle Naila

Ostersonntag, 1. April, 17:30 Uhr, Kongresshaus Rosengarten Coburg

Ostermontag, 2. April, 17:30 Uhr Aurachtalhalle Stegaurach

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08.12.2017

Wohlfühlklänge zum Weihnachtsfest / Gelungene Einstimmung auf das Fest: Ljubka Biagioni leitete Chor und Orchester der Sofia Symphonics in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Nichts von seinem Zauber verloren hat das Weihnachtskonzert mit Chor und Orchester der Sofia Symphonics unter der Leitung von Ljubka Biagioni, das mittlerweile schon im dritten Jahr in Folge stattfand und wieder für eine ausverkaufte Halle sorgte.

Weihnachten ohne Musik, das ist undenkbar. Nicht nur die ernste auch die feierliche und besinnliche Musik soll es sein. Sie vereint die ganze Familie, wie sonst während des Jahres nicht und sorgt für die perfekte Weihnachtsstimmung.

Mit einer geschickten Mischung von bekannten und selten gespielten Werken sorgten Musiker, Sänger und Dirigentin am Freitagabend für die perfekte Einstimmung auf das Fest. Wieder tauchen viele vertraute Klänge auf, wie etwa die Weihnachtslieder „The first noel“, „In dulci jubilo“ oder „Adeste Fideles“, dargeboten auf höchstem Niveau und moderiert von der Dirigentin persönlich.

Bei diesem hochkarätigen wie stimmungsvollen Konzert glaubt man beinahe, den Duft von Äpfeln und Nüssen zu vernehmen. So spannt das populäre Programm einen weiten Bogen von barocken Sätzen aus Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium, dem berühmten „Air“ aus der drittten Orchestersuite, oder Georg Friedrich Händels Messias“, über Klassiker und Romantiker wie Tschaikowskys „Nussknacker“ bis hin zu traditionellen deutschen und internationalen Weihnachtslieder, alles in wunderbaren Arrangements, bei denen sich Chor und Orchester abwechseln. Mit seinem hell timbriertem Tenor glänzt dabei der Michail Michailov in der Arie „Ich will nur dir zu ehren leben“ aus Bachs Weihnachtsoratorium. Die halsbrecherischen Koloraturen bewältigt er mühelos, genauso wie später die Arie „Tröste dich, mein Volk“ aus Händels Messias.

Diesmal hatte die Dirigentin mit einem geistlichen Teil begonnen, dem Gloria von Antonio Vivaldi. Eine kleine Messe für kleines Orchester, Chor und Solisten. Das musikalisch-technische Niveau des Orchesters ist dabei durchgängig hoch. Der souveräne Chor singt in wunderbar dezentem Piano transparent und schlank. Das ist Musik, die eigentlich in die Kirche gehört, aber gerade in der Adventszeit auch in den Konzertsaal passt.

Nach der Pause dann eher die optimistisch fröhlich stimmende Tempi mit großer emotionaler Wirkung, aber stets in makelloser Interpretation, auch wenn die mal etwas jazzig klingt, wie bei „Stille Nacht“ oder improvisiert, wie beim Solo des Pianisten. Während im ersten Teil nur etwa 25 Musiker auf der Bühne waren, wächst das Orchester im zweiten Teil auf rund 40 Musiker an.

Bild: Ljubka Biagioni leitete die Sofia Symphonics beim eindrucksvollen Weihnachtskonzert in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle.

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03.12.2017

„Jauchzet, frohlocket!“: Hörbares Licht in der Winterzeit / Gelungene Aufführung von Bachs Weihnachtsoratorium in der Petrikirche

Kulmbach. Für Ludwig van Beethoven stand es fest: „Nicht Bach, Meer müsste er heißen“, Hector Berlioz meinte: „Bach ist Bach, wie Gott Gott ist“ und selbst Papst Benedikt XVI. bekannte, Johann Sebastian Bach sei das größte Geschenk der evangelischen Kirche an die Menschheit. Bei derart prominenter Fürsprache kann man eigentlich nichts falsch machen, mit einer Aufführung von Bachs Weihnachtsoratorium an einem 1. Adventssonntag. Und so setzte auch Dekanatskantor Ingo Hahn mit der Kulmbacher Kantorei wieder einmal die Kantaten 1 bis 3 und 6 auf den vorweihnachtlichen Spielplan. Eine trotz der Wetterkapriolen am frühen Sonntagabend gut gefüllte Petrikirche war ihm sicher und zusammen mit den rund 25 Musikern des Orchesters „Musica Juventa“ aus Halle und überaus versierten  Solisten gab es eine gelungene Aufführung des Werkes, das die Herzen berührt und das auszusprechen vermag, was durch Worte nur schwer gesagt werden kann.

„Wer singt, betet doppelt“, das war die Überzeugung von Kirchenvater Augustinus. Ganz unmittelbar berührt die Musik die Seele und bringt die Menschen in Resonanz. Musik wird damit zum Gottesdienst, weil sie die Kirche zum klingenden Raum macht. Noch dazu, wenn die Musik vom „Spielmann Gottes“ kommt, oder vom fünften Evangelisten, wie Bach auch oft bezeichnet wird. „Bachs Weihnachtsoratorium ist ein Synonym für Hoffnung, Freude, Glanz und gewissermaßen ein hörbares Licht in der Winterzeit“, sagt Ingo Hahn.

Johann Sebastian Bachs populäre Komposition erzählt die Weihnachtsgeschichte, wie sie im Lukas- und im Matthäus-Evangelium nachzulesen ist. Jede der insgesamt sechs Kantaten des Weihnachtsoratoriums hat seinen von den anderen Abschnitten unabhängigen Platz im Kirchengeschehen zwischen Weihnachten und Epiphanias, verstreut über die Festtage zweier Wochen. Die Bestimmung der Kantate, wie sie sich aus der Leipziger Praxis zu Bachs Zeit ergab, bestand darin, im Gottesdienst aufgeführt zu werden. Damit war die komponierte Musik Bestandteil des religiösen Ablaufs und mit diesem unlöslich verbunden.

Im jetzt und heute hat sich Bachs Musik freilich von ihrem liturgischen Kontext gelöst. Eine Konzertaufführung fügt das, was zu Bachs Zeiten in der Liturgie verankert und auf mehrere Feiertage verteilt war, zu einem neuen Ganzen zusammen. Das Weihnachtsoratorium hat längst unabhängig von seiner gottesdienstlichen Funktion ein Eigenleben als eigenständiges Oratorium entwickelt.

In der bestens ausgewogenen Aufführung fügten sich unter dem Dirigat von Ingo Hahn sämtliche Nummern der vier aufgeführten Kantaten nahtlos und in natürlichem Fluss ineinander. Einmal mehr musizierte das Orchester „Musica Juventa“ aus Halle überaus engagiert, absolut perfekt und nahe am barocken Originalklang. Sehr schön war dies beispielsweise in der stimmungsvollen Passage der langsamen, konzertanten Hirtenmusik zu Beginn der zweiten Kantate zu erleben. Dem Ensemble gelang es durchaus auch, den barocken Klang mit lebendiger, zeitgemäßer Gestaltung zu verknüpfen und vor allem mit der einzigartigen Bläservielfalt den verborgenen Geist des Werkes aufzuspüren. Dynamische Differenzierung und polyphone Abläufe kamen bestens zur Geltung, was an der hohen Transparenz liegt, die sowohl Chor, als auch Instrumentalisten auszeichneten.

Mit festlichem Schwung triumphierte die Kantorei nicht nur in den relativ zügig genommenen prächtigen Eingangschören etwa der ersten und sechsten Kantate auf. Vielmehr gelang es den Sängerinnen und Sängern, das vorgegebene Niveau während der gesamten vier Kantaten durchzuhalten. Neben den mit natürlicher Frische gesungenen Chorälen waren auch die großen Chorsätze in ihrer Präzision durchwegs bestens gelungen. Insgesamt wirkt die Interpretation nie unangemessen forciert, sondern folgt einfach dem musikalischen Impetus Bachs.

Trefflich besetzt waren die Partien der Solisten mit Nina Dörfler (Sopran), Carolina Bruck-Santos (Alt), Christoph Rösel (Tenor) und Markus Simon (Bass), die alle vier ein hohes Niveau erreichen. Eine zentrale Stellung nahm dabei Tenor Christoph Rösel ein, der die Rezitative des Evangelisten mit lockerer Tongebung und vorzüglich deklamierend sang. Halsbrecherische Koloraturen und einen wunderbaren Dialog mit der Flöte präsentiert er in seiner Bravourarie „Frohe Hirten“. Auch der Alt-Partie hat Bach einige eindrucksvolle Höhepunkte wie etwa die Arie „Schlafe, mein Liebster“ in die Noten geschrieben, die Carolina Bruck-Santos ausdrucksvoll und überzeugend interpretierte. Besonders gelungen war der Dialog mit der Ersten Geige in ihrer Arie „Schließe mein Herz“ aus der dritten Kantate. Vom Umfang her fällt die Sopranpartie am bescheidensten aus, doch konnte Nina Romy Dörfler mit ihrer schlanken Stimme ihren Arien ebenfalls Profil verleihen.  Mit strahlender und tragfähiger Stimme interpretierte schließlich Markus Simon seine Basspartien. Für einen Höhepunkt der Aufführung sorgte er mit der eindrucksvoll interpretierten Arie „Großer Herr, o starker König“.

Die Aufführung am Sonntag entließ die Zuhörer nicht nur froh gestimmt in die Weihnachtszeit, sondern hinterließ auch großen Eindruck, was am lange andauernden Beifall deutlich wurde. Zum Dank dafür wiederholten die Beteiligten noch einmal den Choral aus der sechsten Kantate.

Bild: Immer wieder ein eindrucksvolles Bild: Die Kulmbacher Kantorei und das Orchester „Musica Juventa“ bei der Aufführung von Bachs Weihnachtsoratorium am Sonntag in der Petrikirche.

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04.10.2017

Klug ausgewählte Kompositionen und passende Texte / Klavierabend mit Ingo Dannhorn und dem Rezitator Max Müller zu Ehren von Wilhelm Kempff

Thurnau. Es war ein überaus gelungener Auftakt für ein vielversprechendes Projekt: der Klavierabend mit dem Münchner Pianisten Ingo Dannhorn am Mittwochabend im Kutschenhaus von Schloss Thurnau. Dort wo in den Nachkriegsjahren Wilhelm Kempff, einer der größten Pianisten des 20. Jahrhunderts,  für fast zehn Jahre ein Zuhause fand, möchte Dannhorn, Professor an der Yonsei University Seoul, ein Kempff-Festival ins Leben rufen. Die Termine für das kommende Jahr stehen bereits und auch prominente Unterstützung ist gesichert. Neben Landrat Klaus-Peter Söllner hatte auch Mechthild Freifrau von Künßberg, eine Tochter von Wilhelm Kempff, die Schirmherrschaft übernommen.

Ingo Dannhorn setzt in seinen Interpretationen vor allem auf sensibles Gestalten mit einem warmen und runden Ton. Wichtig sind ihm Details und Nuancen, mit denen er dem Zuhörer einen Blick unter die Oberfläche ermöglichen möchte. Wilhelm Kempff hätte schon an der Programmauswahl seine wahre Freude gehabt. Das Publikum – es mussten alle verfügbaren Stühle herbeigeschafft werden, so groß war der Andrang - sitzt derweil im Halbdunkel, während die Protagonisten angestrahlt werden und so eine ganz eigenartige Stimmung entsteht.

Hauptwerk des Abends war zweifellos die Chaconne d-Moll (BWV 1004) von Johann Sebastian Bach in der Bearbeitung von Ferruccio Busoni. Ursprünglich für Solovioline komponiert hatte Busoni das vielleicht berühmteste Arrangement geschrieben, ohne sich von Bachs Vorlage zu weit zu entfernen. Er hatte die Virtuosität des Streichersatzes auf die Gegebenheiten des Tasteninstrumentes übertragen und Ingo Dannhorn schafft es in seiner Interpretation die Möglichkeiten des modernen Steingraeber-Flügels kongenial auszureizen und in atemberaubender Virtuosität zu Gehör zu bringen.

Virtuosität ist natürlich erst recht bei der Rigoletto-Paraphrase von Franz Liszt gefragt. Auch das kann Ingo Dannhorn, wenngleich auch hier Details eine wichtige Rolle spielen. Doch welch ein Gegensatz zu Ludwig van Beethovens d-Moll-Sonate op.31//2 mit dem Beinamen „Der Sturm“. Fast ein wenig unspektakulär geht Ingo Dannhorn hier zu Werke und lässt die Sätze ineinander übergehen. Wohltuend unaufgeregt ist das auf jeden Fall, ähnlich wie beim ersten Satz aus Mozarts G-Dur-Sonate, KV 283, gleich zu Beginn.

Fehlt noch der Choral aus der Bach-Kantate „Schafe können sicher weiden“ in der Bearbeitung von Egon Petri, die Ingo Dannhorn mit bemerkenswerter Leichtigkeit und in mildes Licht getaucht musiziert sowie das Impromtu op. 90/3 von Franz Schubert, in ruhigen, klaren Tempi, bedachtsam gespielt.

Der österreichische Schauspieler und Sänger Max Müller, hierzulande bekannt unter anderem aus der TV-Serie „Die Rosenheim-Cops“ steuerte dazu mit baritonaler Sprechstimme einige Originalschriften von Wilhelm-Kempff bei. Klug ausgewählte Texte aus seiner Autobiographie „Unter dem Zimbelstern“, aus seinem Reisetagebuch „Was ich hörte, was ich sah“, einen kaum bekannten „Brief aus Thurnau“ aus dem Jahr 1945 und einen Bericht über ein Treffen mit Albert Schweizer. Überaus passend ist das alles, zumal sich die folgende Komposition immer exakt auf den Text bezieht und Max Müller mit sympathischer Sprechstimme nicht nur liest, sondern intelligent gestaltet.

Bemerkenswert und nachdenklich lassen die beiden Künstler den Abend auch zu Ende gehen. Max Müller liest Wilhelm Kempffs berühmte Ansprach aus dem Jahr 1954 in der Friedenkirche zu Hiroshima und Ingo Dannhorn spielt darauf Kempffs stille und nachdenkliche Bach-Bearbeitung der  der berühmten „Siciliana“.

Ingo Dannhorn hatte bereits mit fünf Jahren begonnen, Klavier zu spielen. Noch als Kind wurde er am Salzburger Mozarteum in eine Hochbegabtenklasse aufgenommen. Nach Studien in München, Wien und Winterthur arbeitete er später als Solist und Kammermusiker arbeitete unter anderem mit den Sängern Francisco Araiza und Jose Cura sowie den Instrumentalisten Christian Altenburger und Maxim Vengerov zusammen. Selbst lehrte Dannhorn als Musikdozent für Klavier in Bremen, München, Augsburg und Wiesbaden sowie seit 2016 in Seoul.

Bilder: Ingo Dannhorn und Max Müller beim Auftaktkonzert zum Wilhelm-Kempff-Festival am Mittwochabend auf Schloss Thurnau.

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26.09.2017

Ausrufezeichen in der Kulturlandschaft Oberfrankens / Klangwunder für Lichtenberg: Haus Marteau bekommt für 3,2 Millionen Euro einen eigenen Konzertsaal

Lichtenberg. Der Konzertsaal in Blaibach im Bayerischen Wald hat weltweit für Furore gesorgt. Nun hat sich der renommierte Münchner Architekt Peter Haimerl daran gemacht, ein ähnliches Klangwunder für die Internationale Musikbegegnungsstätte Haus Marteau des Bezirks Oberfranken in Lichtenberg (Landkreis Hof) zu schaffen.3,2 Millionen Euro wird das ehrgeizige Vorhaben kosten, die ersten Konzerte sollen bereits Ende des kommenden Jahres stattfinden, jetzt trafen sich die Verantwortlichen zum ersten Spatenstich.

Es wird nicht irgendein Konzertsaal, das wurde einmal mehr bei der Präsentation der Pläne deutlich. Der Saal entsteht praktisch unterirdisch, ohne das Haus anzutasten. 80 bis 100 Zuhörer werden darin Platz finden. Und wenn schon einmal eine Baustelle eingerichtet und der Kurs- und Konzertbetrieb ausgelagert ist, dann werden auch gleich vier neue Übungsräume in bisherigen Lager- und Heizräumen im Untergeschoss der ehemaligen Künstlervilla sowie ein Aufzug eingebaut, um das Haus barrierefrei zu gestalten

Oberstes Ziel für den Architekten war es, das denkmalgeschützte Gebäude und auch den Park unangetastet zu lassen. „Das Haus Marteau wird in seiner Ursprünglichkeit erhalten“, sagte Haimerl. Der Saal werde sich der wunderbaren Landschaftsarchitektur unterordnen und aufgrund einer geschickten Oberflächenkonstruktion dennoch mit natürlichem Licht durchflutet werden.

Bisher fanden die Abschlusskonzerte der Kurse im Speisezimmer und in der Bibliothek des Hauses statt. Oft reichte der Platz nicht aus, manche Besucher hatten keine Sicht auf die Musiker und Zuhörer in angrenzenden Räumen klagten über die schlechte Akustik klagen.

„Das soll sich jetzt ändern“, versprach der oberfränkische Bezirkstagspräsident Günther Denzler. Mit einem Bauwerk, das aus international wahrgenommen werden soll und das in Form eines Stollens unterirdisch gebaut wird. „Damit wollen wir ein Ausrufezeichen in der Kulturlandschaft Oberfrankens setzen“, so Denzler. Für den neuen künstlerischen Leiter Christoph Adt ist der Konzertsaal keine einfache Erweiterung, sondern eine totale Neuentwicklung. „Aus künstlerischer Sicht entsteht da ein völlig neuer Organismus“, so Adt, der sich besonders auf die starke Wirkung der Musik in völlig neuartiger Architektur freut.

Von einem Kleinod, das weithin ausstrahlt, sprach der Hofer Landrat Oliver Bär. Es sei bei weitem nicht selbstverständlich, dass der Bezirk das Haus in den 1980er Jahren erworben hat, als seine einzige Kultureinrichtung weiterbetreibt und sogar weiterentwickelt. „Durch das Haus Marteau kommt Leben in die Stadt“, sagte der Lichtenberger Bürgermeister Holger Knüppel und nannte das Haus eine in seiner Art und Weise bayernweit einzigartige Einrichtung.

Die internationale Musikbegegnungsstätte Haus Marteau gibt es seit 1982. Damals hatte der Bezirk Oberfranken die ehemalige Künstlervilla des weltberühmten Geigers und Komponisten Henri Marteau in Lichtenberg von Marteaus Tochter Mona Linsmayer-Marteau erworben. Nach umfassender Sanierung wurde in dem kurz vor dem Ersten Weltkrieg erbauten Landhaus eine Förderstätte für den hochqualifizierten internationalen Musiknachwuchs geschaffen. Seit mittlerweile 30 Jahren finden in dem stattlichen Anwesen, das bis zur „Wende“ einen Steinwurf vom damaligen Eisernen Vorhang lag, Meisterkurse für nahezu alle klassischen Musiksparten mit namhaften Dozenten statt.

Bilder:
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 Spatenstich für ein Millionenprojekt: direkt neben der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau entsteht größtenteils unterirdisch ein neuer Konzertsaal.
- Architekt Peter Haimerl aus
München stellte die Pläne für den neuen Konzertsaal vor, der im Laufe des kommenden Jahres im Park der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau realisiert wird.

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21.09.2017

Reformator statt Revolutionär / Frank Piontek beim Kulmbacher Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing über „Luther und die Musik“

Kulmbach. Wer kennt sie nicht: das Weihnachtslied „Vom Himmel hoch, da komm ich her“, oder den Choral „Eine feste Burg ist unser Gott“. Den Schöpfer dieser und  vieler anderer Lieder feiert derzeit die ganze Welt. Er heißt Martin Luther und ist eigentlich eher für seine Sprachgewalt bekannt. Doch Luther hat auch eine nicht unbedeutende musikalische Seite. Ihr ist der Bayreuther Kulturpublizist Frank Piontek in einem eigenen Vortrag mit vielen Musikbeispielen am Donnerstagabend im Martin-Luther-Haus beim Kulmbacher Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing näher auf den Grund gegangen.

35 Lieder hat Luther gedichtet oder selbst komponiert. Für 14 hat er die Originalmelodien geschrieben, bei den restlichen 21 hat er eigene Texte auf fremde Melodien verfasst. Soweit die trockenen Fakten, die Piontek exakt recherchiert hat. Musik sei für Luther eine lebenslange Beschäftigung gewesen, er habe eine musikalische Ausbildung genossen, Lieder. Tänze, aber auch Kirchenmusik seiner Zeit kennengelernt und selbst Laute gespielt, wie das Erfurter Luther-Denkmal eindrucksvoll zeigt.

„Wer die Musica verachtet, …, mit dem bin ich nicht zufrieden.“ So ist ein Zitat Luthers überliefert, für den „die lieben Engelein“ Musikanten waren. Theologie sei für Luther nicht ohne die Musik denkbar gewesen, beides gehörte eng zusammen, so Piontek, der schon mehrfach beim Tutzinger Freundeskreis referiert hatte und für den der Luther-Vortrag eine echte Premiere war.

Eines habe Luther auf keinen Fall gehabt: Verständnis für mangelnde Musikalität bei Pfarrern, sagte Piontek. Luther habe Musik als Therapeutikum empfunden, auch wenn er manchen Text einfach nur auf einen gregorianischen Choral gesetzt hatte und damit nicht gerade zu den revolutionären Komponisten und Textdichtern gehörte. Doch Luther sei eben Reformator gewesen, sagte Piontek, kein Revolutionär. Deshalb sei es ihm auch nicht darum gegangen, die lateinische Messe abzuschaffen.

Wie aktuell die Komposition „Eine feste Burg ist unser Gott“ tatsächlich ist, machte Piontek daran fest, dass sie zahlreiche prominente Komponisten aufgegriffen und weiterverarbeitet haben. Johann Sebastian Bach etwa in seiner Reformationskantate, Bachwerkeverzeichnis 79, Felix Mendelssohn Bartholdy im Finale der Reformationssymphonie, Giacomo Meyerbeer zu Beginn des 5. Aktes seiner Oper „Die Hugenotten“, Max Reger in einer Vaterländischen Ouvertüre und Richard Wagner gleich zweimal: zu Beginn seiner Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ und im 1871 komponiertem Kaisermarsch zur Gründung des Kaiserreiches. Wagner sei Lutheraner gewesen, sagte Piontek. Luther sei für Wagner eine der herausragendsten Persönlichkeit überhaupt gewesen. Deshalb habe er nicht nur bei den Meistersingern den Choral versteckt, sondern ihn auch in seinem Kaisermarsch zum Angriffstext umfunktioniert.

Frank Pionteks Vortrag zum Ende der Luther-Dekade zeige, dass der Reformator viele Eigenschaften gehabt habe, sagte Bernd Matthes, Sprecher des Kulmbacher Arbeitskreises der Evangelischen Akademie Tutzing. Die nächste Veranstaltung des Zusammenschlusses findet am 12. Oktober um 19.30 Uhr, ebenfalls im Martin-Luther-Haus in der Waaggasse statt. Der frühere Dekan Jürgen Zinck wird unter dem Motto „Die vermessene Welt“ die Entwicklung von Weltkarten vorstellen.

Bild: Luthers Lieder stellte der Bayreuther Kulturpublizist Frank Piontek (rechts) beim Kulmbacher Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing zusammen mit dem Sprecher Bernd Matthes vor.

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20.09.2017

Country-Herzen schlugen höher / Konzert der Extraklasse: Mit den Bellamy Brothers gastierten echte Weltstars in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. So gut wie kein Plakat, keine Werbung, nichts, und trotzdem ein seit Monaten ausverkauftes Haus mit Fans aus ganz Süddeutschland und dem benachbarten Ausland: das können nur echte Weltstars. Ausgerechnet in der Dr.-Stammberger-Halle gaben die Bellamy Brothers am Mittwochabend nahezu unbemerkt von der Kulmbacher Öffentlichkeit ihr derzeit einziges Deutschland-Konzert. Der Weidenberger Veranstaltungsagentur mit dem Namen „Kulttreff Zum Hans“, die wohl ein besonderes Verhältnis zu den Bellamys hat, war das es verdanken, ein Konzert auf derart hohem Niveau erleben zu dürfen, wie es sonst vielleicht in der Münchner Olympiahalle stattfinden würde.

Keine amerikanische Country-Gruppe hat so oft und so erfolgreich Countrymusik in Europa gespielt wie die Bellamy Brothers. Seit 1976 gehören sie zu den beliebtesten Country-Acts im deutschsprachigen Raum. Spätestens dann, wenn aus den Boxen „Let your love flow“ dröhnt, schlagen Country-Herzen höher. Die Bellamys gelten als Inbegriff des populären Country-Pop. Rund zwei Stunden dauerte der Kulmbacher Auftritt des US-amerikanischen Country-Duos mit Songs aus den vergangenen Jahrzehnten, aber auch das ein oder andere neue Stück war dabei.

Von Anfang an ging es Schlag auf Schlag mit den bekanntesten Liedern: „Beautiful body“, „Let your love flow“, „Redneck girl“, „Some broken hearts never mend“, „More of you“ oder ganz am Schluss „Crossfire“. Teilweise lassen die Bellamys die Songs ineinander übergehen, Moderation oder große Ansage, das gibt es bei den Bellamys nicht. Howard singt und spielt meist mit geschlossenen Augen, und David hat seinen Cowboyhut so tief ins Gesicht gezogen, dass man ihm kaum in die Augen blicken kann.

Der Sound war bestens, vor allem die Perfektion der aus Florida stammenden Musiker war überwältigend. Nicht nur für Country-Fans ein Konzert der Extraklasse. Den Hitreigen hatten die Bellamys mit dem Welthit „Feeling the feeling“ eröffnet und schon war das Eis in Kulmbach gebrochen: das Publikum sang nahezu jeden Song mit, klatschte, tanzte im Takt und feierte ausgiebig. Insgesamt klingen die meisten Titel heute moderner, leicht rockiger, als auf den Platten von damals. Kein Fan muss aber auf den typischen „Bellamy-Brothers-Sound“ verzichten, dafür sorgt schon die ausgezeichnete Band im Hintergrund.

Über 40 Jahre stehen die Bellamy Brothers auf den Bühnen dieser Welt, aktuell gibt es ein Doppelalbum, das 20 der guten alten Hits mit 20 neuen Songs kombiniert. Seit das Duo in den 1970er Jahren mit dem Megahit „Let Your Love Flow“ (wer denkt in Deutschland nicht an die deutsche Coverversion „Ein Bett im Kornfeld“ von Jürgen Drews?) in ganz Europa für Furore sorgte und auf Platz 1 der Billboard 100 landete, haben sie sich kontinuierlich eine feste Fangemeinde aufgebaut. Fast jedes Jahr sind sie irgendwo auf einem Country- oder Trucker-Festival in Deutschland unterwegs und spielen bei unzähligen Konzerten ihre großen Hits. Heute können sie unter anderem auf etwa 30 Studioalben und insgesamt rund50 Songs in der Country-Hitparade blicken, von denen acht die Nummer 1 erreichten.

Mit 71 Jahren (Howard) und 67 (David)  gehören die Bellamys übrigens noch lange nicht zum alten Eisen. Das bewies eindrucksvoll die Show, das zeigen die neuen Songs und sogar eine Autobiografie gibt es unter dem Titel: „Let Your Love Flow – The Life & Times of the Bellamy Brothers“. David Bellamy beschreibt darin seinen Bruder und sich als von der Countrymusik geprägt. Auch die derzeitige Tour hat es in sich: da geht es auf die Faröer-Inseln, in die Schweiz, nach Dubai, Singapur und Irland und nächste Woche schon wieder nach Texas.

Zuvor gab es die Band „Texas Heat“ aus Oldenburg als Vorgruppe. Die vier Musiker plus Frontfrau spielten aktuelle Texas Music und Country Rock aber auch schon mal ein Johnny-Cash-Tribute und einige eigene Songs. Bandleader Bernd Wolf und Sängerin Elisabeth „Elli“ Erlemann legten sich dabei mächtig ins Zeug und bewiesen, dass sie durchaus großes Format in der modernen Country-Szene haben.

Bilder: Country-Musik im Weltklasseformat: die Bellamy-Brothers bei ihrem Auftritt in der Kulmbacher Dr.-Stammberger-Halle.

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13.08.2017

Außergewöhnliche Klangerlebnis auf landestypischen Instrumenten /
Standing Ovations für Thailändisches Sean-Quartett

Goldkronach. Unter dem Motto „Das Licht des Lampion“ ist es dem Alexander-von-Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach erneut gelungen, für einen musikalischen Höhepunkt im Jahreslauf zu sorgen. Vier herausragende Musiker, die zusammen das E-Sean Quartett der Madihol Universität Thailand bilden, gastierten am Sonntagabend in der Evangelischen Stadtkirche mit Ethnomusik und traditionellen Tanzliedern aus dem Nordosten Thailands. Das Quartett nimmt derzeit am 67. Festival Junger Künstler in Bayreuth teil.

So ungewöhnlich wie Musik, Gesang und Tanz waren auch die Instrumente. Sie heißen Kaen (asiatische Mundorgel), Pong Lang (eine Art Xylophon), Pin (Laute) und Glong (Trommel). Zusammen sorgen sie für ein fremdartiges, aber überaus mitreißendes Klangbild, das einen lebendigen Eindruck vom kulturellen Leben in Thailand abseits der touristischen Zentren vermittelt.

Das E-Sean-Quartett wurde von Dozenten und Studenten des College of Music der Madihol Universität und der Konkaen Universität gegründet. Alle vier Mitglieder sind zusätzlich solistisch tätig und haben schon zahlreiche Preise für ihre Interpretation der thailändischen Volksmusik in Asien erhalten. Die Musiker heißen Sanong Klangprasri, Tiontrakul Kaewyong und Niramit Seehanoo, Molamsänger, also Interpret der traditionellen Volkslieder, ist Chirayu Sutrachai. Organisatorischer Leiter des Ensembles ist Pawar Ouppatjumchua.

Sie alle brachten den Zuhörern lebhafte und beschwingte Melodien auf den landestypischen Instrumenten näher, wie sie hierzulande kaum live zu erleben sind. Das Publikum in der vollbesetzten Stadtkirche honorierte das außergewöhnliche Klangerlebnis am Ende mit Bravo-Rufen und Standing Ovations.

Zuvor hatte Goldkronachs 2. Bürgermeister Klaus-Dieter Löwel das Festival Junger Künstler als ganz herausragende Veranstaltung bezeichnet, weil es hier möglich sei, dass junge Leute aus der ganzen Welt miteinander friedlich Musik machen. Am 67. Festival Junger Künstler nehmen in diesem Jahr nach den Worten von Intendantin Sissy Thammer 450 junge Musiker aus 30 Nationen teil. Zusammengerechnet werden sie rund 80 Konzerte in der Region veranstalten.

Gast in Goldkronach war auch der thailändische Botschafter Dhiravat Bhumichitr zusammen mit der Kulturbeauftragten der thailändischen Botschaft Manusavee Monsakul. Der Botschafter hatte alle Besucher des außergewöhnlichen Konzerts im Anschluss zu einem Empfang in das Meister-Bär-Hotel eingeladen. Dazu gab es thailändische Spezialitäten, die ein Berliner Koch vor Ort zubereitete.

Botschafter Bhumichitr machte den Gästen dabei sein Land im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft. Er pries allerdings nicht nur die kulinarischen Köstlichkeiten oder die schönen Strände und Inseln im Süden des Landes an, sondern auch die außergewöhnliche kulturelle Vielfalt mit Gesang und Tanz, die sich mit Geschichte und Volkskultur zu einer ganz besonderen Form der Musik vereint.

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11.07.2017

Plateauschuhe, Schlaghosen und die Hits der 70er / Abbafever bringen die schwedische Kultband auf die Plassenburg

Kulmbach. Mit Songs wie „Mamma Mia“, Dancing Queen“ oder „Super Trouper“ haben Agnetha, Anni-Frid, Benny und Björn als Kultband Abba weltweit die Charts erobert. Zum Auftakt der Plassenburg-Open-Airs 2017 ließ die Hamburger Formation „Abbafever“ vier Jahre nach ihrem letzten Auftritt in Kulmbach am Dienstagabend die Kultsongs der 70er Jahre wieder lebendig werden.

180 Millionen verkaufte Platten und 21 Top-Ten-Hits allein in Deutschland: in den rund zehn Jahren ihres Bestehens hat Abba alle Rekorde gebrochen, vergleichbar allenfalls noch mit den Beatles oder mit Elvis Presley. Genauso wie bei den Beatles und bei Elvis der Fankult ungebrochen ist, war auch Abba eigentlich nie richtig weg. Seit mittlerweile über 15 Jahren hat Abbafever in wechselnden Besetzungen das Erbe dieser einzigartigen Formation angetreten. Mit mehr als 100 Konzerten pro Jahr im In- und Ausland entwickelte sich die Show der sieben Hamburger vom Geheimtipp zur absoluten Nr. 1 der Abba Tribute Shows.

So etwa muss es gewesen sein: ein Live-Konzert des legendären Pop-Quartetts. Über zweieinhalb Stunden lang interpretierte „Abbafever“ fast alle großen Hits der vier Schweden gekonnt, perfekt und vor allem so mitreißend, dass es schon nach wenigen Minuten keinen mehr auf seinem Sitz hielt. Mitmachen, mitsingen und mittanzen sind angesagt, und schon ist die Lebensfreude aus den 70ern wieder zurück. Stundenlang hätte es noch so weitergehen können, das Abba-Repertoire hätte das hergegeben und langweilig ist keine einzige der Nummern.

Große Titel wie „Gimme, Gimme, Gimme“ oder „Money, Money, Money“ gaben Abbafever zum Besten und führte die Zuhörer auf eine kleine Zeitreise. Emotional, rockig und poppig, auch das grelle Bühnenbild und die an Abba angelehnten Disko-Outfits der Akteure sollte so richtig zum Flair passen. Nette Einfälle hatten die Musiker auch: da erklangen seltene Titel wie „Nina Pretty Ballerina“, späte Nummern wie „One of us“, da gab es leuchtend bunte Disko-Stäbchen für alle und kaum war der letzte Ton von „Thank you for the music“ verklungen, schrieb die Band sogar noch Autogramme.

Hinter Abbafever stecken die beiden Sängerinnen Anja Bublitz als Agnetha und, neu, Isobel Davies als Anni-Frid. Stimmlich nah am Vorbild können die beiden gut mit den Originalen mithalten. Doch darauf kommt es eigentlich gar nicht so an, denn die beiden interpretieren die zeitlosen Abba-Songs wie „Eagle“, „S.O.S.“ oder „Does your mother know“ musikalisch perfekt und mit mitreißender Energie. Man sieht der Band an, dass ihr der Auftritt Spaß macht und man merkt die Spielfreude auf der Bühne.

Ergänzt werden die beiden Frontfrauen von einer fünfköpfigen Band mit Keyboarderin Merih Aktoprak, den Gitarristen Johannes Beetz, der tatsächlich aus Kronach stammt, und Axel Roesler, dem Drummer Rainer Brockmann sowie den Bassisten Heiko Behrendt. Natürlich sind alle wahre Könner auf ihren Instrumenten. Sie alle waren bereits in den verschiedensten Formationen aktiv und haben sich mittlerweile komplett mit dieser Musik identifiziert. Freilich, eigene Interpretationen der Abba-Songs gibt es kaum, Abba Fever ist eine reine Cover-Band, deren Ziel es ist, möglichst nah am Original zu sein, und das sind sie allemal.

Bilder: Abbafever rockte zum Auftakt der Open-Airs die Plassenburg.

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22.05.2017

Russlanddeutsche feiern 500 Jahre Reformation / Historische Zeitreise mit Dichtern und Musikern in der Bayreuther Stadtkirche

Bayreuth. Eigentlich ist es ein Weihnachtslied, aber es ist gleichzeitig auch eines der bedeutendsten Lieder Martin Luthers und ein Lied mit einer zutiefst evangelischen Botschaft: „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. Der Titel des Liedes war gleichzeitig auch das Motto für ein außergewöhnliches Konzert, das der Internationale Verband der deutschen Kultur zum 500. Jahrestag der Reformation am Montagnachmittag in der Stadtkirche veranstaltet hat.

In einer Zeit der großen Verunsicherung ist die frohe Botschaft des Luther-Liedes wichtig und zeitlos, sagte Stadtkirchenpfarrer Martin Kleineidam. „Vom Himmel hoch“ stehe aber auch für deutsches Kulturgut mit völkerverbindendem Charakter. Genau das bestätigte auch Olga Martens, erste stellvertretende Vorsitzende des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur. „Der Glaube hat uns geholfen, unsere Identität als Deutsche zu erhalten“, sagte sie. Damit sei der Glaube auch ein wichtiger Teil der russlanddeutschen Identität und deshalb werde das Jubiläum 500 Jahre Reformation auch von Russlanddeutschen so herausgehoben gefeiert.

Das Reformationsgedenken sei eine wichtige Brücke zwischen Deutschland und Russland sagte Hartmut Koschyk, Bayreuther Bundestagsabgeordneter und Bundesbeauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. „Der christliche Glaube ist, war und bleibt eine ganz wichtige Stütze für die Identität der Russlanddeutschen“. Besonders hob Koschyk hervor, dass das Reformationsgedenken auch in Russland im ökumenischen Geist gefeiert werde, sowohl mit der katholischen, als auch mit der russisch-orthodoxen Kirche.

Bereits zu Lebzeiten Martin Luthers war in Moskau die erste protestantische Kirche entstanden. Noch zu Beginn des 20 Jahrhunderts hatte es in Russland vier Millionen Lutheraner und rund 2000 Lutherkirchen gegeben. Mit der Revolution 1917 wurde das lutherische Leben verboten, die Kirchen wurden abgerissen oder als Getreidelager, Viehställe und Clubs genutzt.

Beim Literatur- und Musikabend anlässlich des Jubiläums 500 Jahre Reformation gab es zeitgenössische und klassische Kompositionen sowie Lyrik russlanddeutscher und deutscher Poeten. Ausführende waren bekannte und ausgezeichnete russlanddeutsche Künstler wie der Akkordeonspieler Friedrich Lips, die Pianistin Julia Kuzmina, das Trio des Komponisten und Pianisten Kirill Richter, das Quartett „Rudemus“ aus Augsburg sowie die Opernsängerin Natalie Ritter auf. Sie alle waren bereits Preisträger internationaler Musikwettbewerbe, Für den poetischen Rahmen sorgten die russlanddeutschen Schauspielerinnen Irina Lindt und Anastasija Alexandrowa, die Moderation übernahmen die russlanddeutschen Schauspieler Anna Bagmet und Jurij Diz.

Um die Reformation geht es auch in dem Buch „Vom Himmel hoch, da komm ich her“, das eindrucksvoll Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der lutherischen Kirchen in Russland dokumentiert. In dem stattlichen Bildband sind in Form von künstlerisch bedeutsamen zeitgenössischen Gemälden russlanddeutscher Künstler und wertvollen Dokumentarfotos lutherische Kirchen oder das, was davon übrig blieb, aus Moskau, St. Petersburg und anderen Regionen Russland jeweils mit kurzen Erklärungen auf Russisch und auf Deutsch zu sehen.

Sämtliche Gemälde waren im Rahmen eines großangelegten Projektes entstanden, das durch den Internationalen Verband der deutschen Kultur realisiert wurde. Das „Art-Laboratorium  russlanddeutscher Künstler“ hatte im zurückliegenden Jahr eine Expedition ins Wolgagebiet unternommen und Anfang des laufenden Jahres die Großstädte besucht. Das „Art-Laboratorium“ gehört zur Künstlervereinigung der Russlanddeutschen, die mit Unterstützung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur gegründet wurde. Sämtliche Gemälde sind derzeit auch in einer kleinen Ausstellung in der Stadtkirche zu sehen. Die Schau wurde bereits in Moskau gezeigt.

Olga Martens (Hrg.), Olga Litzenberger: „Vom Himmel hoch, da komm ich her …“, 120 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen, ISBN 978-5-9907537-5-4

Bilder oben:
- Nur von der Orgel begleitet sang das Ensemble „Rudemus“ mit Aljona Geiser, Larissa Beller und Tatjana Zieher Wolfgang Amadeus Mozarts „Laudate Dominum“.
- Der Maler Dmitri Geweiler, Olga Martens, erste stellvertretende Vorsitzende des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur und Herausgeberin der Moskauer Zeitung, der Bundesbeauftragte Hartmut Koschyk und Stadtkirchenpfarrer Martin Kleineidam (von links) stellten das Buch „Von Himmel hoch, da komm ich her“ vor und eröffneten die gleichnamige Ausstellung.

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21.05.2017

Luthers Katechismus in Wort und Ton / Bezirksposaunenchor, Dekan Thomas Kretschmar und Ingo Hahn an der Orgel gestalteten feierliches Programm zum Kleinen Katechismus

Kulmbach. Posaunenchöre und evangelische Kirche, das gehört untrennbar zusammen. „Es ist unser Markenzeichen“, sagt Dekan Thomas Kretschmar. Genauso wie der Kleine Katechismus das Markenzeichen der evangelischen Kirche ist. Um den Kleinen Katechismus, eine Einführung in den christlichen Glauben, die Martin Luther 1529 verfasst hatte, ging es bei einem ganz besonderen Bläserkonzert am frühen Sonntagabend in der St.-Petri-Kirche. Kompositionen aus der späten Renaissance bis in die Gegenwart für Bläserformationen und für die Orgel wechselten sich ab mit Wortbeiträgen, in denen Dekan Kretschmar Ausschnitte aus Luthers Erklärungen zu den Hauptstücken des Katechismus erläuterte.

Das feierliche Bläserkonzert zeigte aber auch, dass die Reformation immer etwas mit Musik zu tun hat. Ihr Gelingen hing entscheidend davon ab, wie Luthers Ideen einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden. So zum Beispiel durch erste Liedsammlungen und Gesangbücher in deutscher Sprache. Einzelne Lehrstücke wurden dabei in gedichteter Form dargestellt. Der Katechismus etwa, den Luther für die Einübung des Glaubens als Großen Katechismus für Geistliche und als Kleinen Katechismus für „Hausväter und Hausmütter“ herauszugab.

„Mit dem Kleinen Katechismus sollten alle den neuen Glauben lernen“, sagte Dekan Kretschmar. Er erinnerte auch daran, dass die Reformation in Kulmbach 1528 eingeführt wurde, ein Jahr später hatte Luther den Katechismus verfasst. Nach den Worten des Dekans wollte Luther, dass alle Gläubigen den Katechismus auswendig beherrschen. Doch heute, so bedauerte Kretschmar, lernten junge Leute kaum noch etwas auswendig, sie könnten ja auch googeln.

Erste Drucklegungen des Kleinen Katechismus waren als Plakate zum Aushang in Kirchen und Schulen gestaltet. Sie umfassten die Kernstücke des Glaubens, also die zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser, die Taufe, das Abendmahl und als Anhang  die Beichte. Luther formulierte diese Hauptstücke des Glaubens in knappen Darlegungen anhand wichtiger Bibelzitate als Fragen und Antworten.

Der Bezirksposaunenchor des Kulmbacher Dekanats unter Leitung von Andreas Dietz wurde bei dem Konzert von Dekanatskantor Ingo Hahn an der Orgel unterstützt. Andreas Dietz hatte ganz besondere Kompositionen herausgesucht, viel Zeitgenössisches, etwa die wuchtige Reformationsfanfare von Dieter Wendel, die mit mächtigen Hammerschlägen eingeleitet wurde, die schwungvoll mitreißende Vertonung des 139. Psalms „Ich sitze oder stehe“ des Ansbacher Kirchenmusikers Helmut Lammel, oder den kuriosen „Tango aferado“ von Thomas Riegler, der den Zusammenhang von Tanz und Glaube zeigt. Wann gibt es schon mal einen Tango in der Kirche zu hören?

Das alles und noch viel mehr musizierten die 25 Bläser des Bezirksposaunenchors, der eigentlich ein gemischtes Bläserensemble ist, absolut souverän, homogen und transparent. Auch höchst anspruchsvolle Kompositionen wie etwa die eindrucksvollen Klangwelten eines Hans Leo Haßlers aus der späten Renaissance bewältigen die Musiker überaus professionell. Leiter Andreas Dietz lässt dabei keinen Leerlauf aufkommen und gestaltet die Übergänge vom Orgel-Solo auf den Posaunenchor nahezu lückenlos. Der Bezirksposaunenchor ist ein projektorientierter Zusammenschluss verschiedener Posaunenchöre des Dekanats Kulmbach. Andreas Dietz ist seit 2004 aktiver Bläser im Posaunenchor Wirsberg, den er seit 2005 leitet.

Die ausgesuchten Orgelkompositionen musiziert Dekanatskantor Ingo Hahn eindrucksvoll. Unter den Kompositionen ragt besonders ein spirituell unterlegtes Werk des estnischen Komponisten Arvo Pärt mit dem Titel „Pari intervallo“ hervor. Aber auch in den Klassikern, wie den Choralsätzen von Johann Sebastian Bach oder Johann Pachelbels Choralvorspiel zu Luthers Text von „Ein feste Burg ist unser Gott“, lässt Ingo Hahn virtuos und subtil artikuliert die Klangpracht der Rieger-Orgel von St. Petri erklingen.

Bilder:
1. Der Bezirksposaunenchor des evangelischen Dekanats Kulmbach unter Andreas Dietz bestritt das Katechismus-Konzert in der St.-Petri-Kirche.
2. Dekan Thomas Kretschmar erläuterte Luthers Kleinen Katechismus mit zahlreichen Wortbeiträgen.

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11.05.2017

Europäischer Bogen von Assisi nach Bayreuth / Eindrucksvolle Aufführung des Musicals Chiara di Dio“ im Zentrum

Bayreuth. Seine Musicals und sein gesamteskünstlerisches Schaffen stehen im Zeichen der christlichen Botschaft. Carlo Tedeschi, Komponist, Autor und Leiter der von ihm gegründeten Akademie für Kunst und berufliche Bildung. 2004 hatte er das Musical „Chiara di Dio“ über die Heilige Klara, die den Heiligen Franz von Assisi unterstützte und als Begründerin des Klarissen-Ordens gilt, geschrieben. Das erfolgreiche Musical wird regelmäßig im „Teatro Metastasio“ in Assisi gezeigt, fast eine halbe Million Menschen haben es bereits gesehen. Am Donnerstag machte es Station im „Zentrum“ von Bayreuth. Das Ensemble ist zum gerade zum ersten Mal auf Konzerttour in Deutschland und gastiert neben Bayreuth gleich zwei Mal im Pfefferberg-Theater in Berlin. Das Gastspiel in Bayreuth war durch den Verein „Gesellschaft für Kultur und Begegnung der Freunde der Region Assisi“ zustande gekommen.

Die Bayreuther Aufführung bestach vor allem durch ihre aufwändige Choreographie, die tänzerischen Einlagen, die raffinierte Lichttechnik und die zahlreichen Projektionen. Wenn die Musik auch vom Band kam, so sangen sämtliche Darsteller des fast 25-köpfigen Ensembles live mit hervorragenden Musical-Stimmen, allen voran die 23-Jährige Albatea Internulla als Chiara und der 27-jährige Francesco Troilo als Franziskus. Immer wieder gab es vor allem nach den großangelegten Ensembleszenen begeisterten Zwischenapplaus, am Ende sogar Standing Ovations.

Musikalisch besteht das Werk aus einfühlsamen Songs, gängigen Pop-Nummern und mitreißenden Chorszenen. Dem Komponisten ging es dabei weniger um Effekte - die ergaben sich von selbst -  sondern vielmehr um historisch belegbare Quellen des Glaubens. Auch ohne Italienisch-Kenntnisse war es möglich, den Handlungssträngen zu folgen, lediglich bei den zahlreichen Dialogen musste man ohne entsprechende Sprachkenntnisse Abstriche machen. Die Sprache der Musik ist ohnehin international und wird nahezu überall verstanden.

Das Musical soll einen europäischen Bogen von Assisi nach Bayreuth spannen, sagte der Mitinitiator, Bundestagsabgeordneter Hartmut Koschyk. Neben zwei Schulpartnerschaften des Gymnasiums Pegnitz, sowie der Gesamtschule Hollfeld, jeweils mit Schulen in Assisi habe sich der Verein vor allem auch den kulturellen Austausch auf die Fahnen geschrieben. Für die Realisierung der Aufführung in Bayreuth waren vor allem Michael Benz, Thomas Konhäuser und Patrick Lindthaler, alle vom Verein „Gesellschaft für Kultur und Begegnung der Freunde der Region Assisi“, verantwortlich.

Komponist Carlo Tedeschi erzielte 1986 mit dem von ihm geschriebenen und auch aufgeführten Musical „Sicuramente amici“ einen großen Erfolg. Im gleichen Jahr verstarb der Italiener Leo Amici, Förderer zahlreicher sozialer Projekte in Italien. Tedeschi setzte dessen soziales und humanitäres Werk gemeinsam mit Maria Di Gregorio fort und leitet seitdem die Stiftung „Fondazione Leo Amici“, die ihren Sitz in Monte Colombo bei Rimini hat. Dieser Ort wurde geschaffen, damit junge Menschen, die aus einem schwierigen sozialen Umfeld stammen, dort ihr Potenzial entfalten können. Er beruht auf den Werten Frieden, Liebe und Brüderlichkeit und umfasst verschiedene soziale Einrichtungen.

Der Verein „Gesellschaft für Kultur und Begegnung der Freunde der Region Assisi“ wurde 2012 auf Initiative des Bayreuther Landrats Hermann Hübner und des Bundestagsabgeordneten Hartmut Koschyk gegründet. Ziel ist die Förderung der Beziehungen zwischen der Stadt und dem Landkreis Bayreuth mit der Stadt und der Region Assisi auf allen Gebieten, insbesondere im politischen, wirtschaftlichen, religiösen, kulturellen und wissenschaftlichen Bereich. Ebenso sollen die Beziehungen zwischen Oberfranken und der Region Umbrien gefördert werden. Auch ist es Vereinszweck, regelmäßige Begegnungen zwischen Vertretern beider Städte und Regionen vorzubereiten und durchzuführen.

Bilder: Eine aufwändige Choreographie, viele tänzerische Einlagen und die raffinierte Lichttechnik zeichneten die Aufführung des Musicals „Chiara di Dio“ in Bayreuth aus.

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06.05.2017

Champions-League der jungen Stargeiger / Lorenz Chen aus Freiburg gewinnt 6. Henri-Marteau-Violinwettbewerb

Hof/Lichtenberg. 134 junge Geiger aus 25 Ländern hatten sich angemeldet, 102 sind angetreten, zwölf von ihnen haben sich in einer viertägigen ersten Runde durchgesetzt. Nach dem Finale stehen die drei Sieger fest: Den 1. Platz erreichte Lorenz Chen aus Freiburg. Der 23-Jährige erhält damit als Sieger des  6. Internationalen Violinwettbewerbs Henri Marteau für seine außergewöhnliche und überzeugende Leistung ein Preisgeld von 10000 Euro, gestiftet von der Wilo-Foundation, sowie eine CD-Produktion mit dem Bayerischen Rundfunk.

Auf den 2. Platz spielte sich Yukino Nakamura aus Japan. Die 21-jährige kann sich über 7500 Euro Preisgeld freuen, das von der Oberfrankenstiftung zur Verfügung gestellt wurde. Den 3. Platz belegt der 24-jährige Stepan Starikov aus Russland, der 5000 Euro, gestiftet vom Freundeskreis Haus Marteau, für seine hervorragende Leistung erhielt.

Bei dem Wettbewerb wurden außerdem mehrere Sonderpreise vergeben, die mit jeweils 1000 Euro dotiert waren: Den Magister-Wilfried-Schönweiß-Preis für die beste Interpretation einer Komposition von Max-Reger gewann Tatjana Roos aus Großbritannien, die sich auch den Sonderpreis für die beste Mozart-Interpretation sichern konnte. Den ebenfalls mit 1000 Euro dotierten Publikumspreis erspielte sich der Erstplatzierte Lorenz Chen. Der Dr.-Günter-Bendorf-Gedenkpreis für die beste Henri-Marteau-Interpretation ging an Marie-Astrid Hulot aus Frankreich und der Wolfgang-Winkler-Gedenkpreis für die beste Bach-Interpretation an Moritz König aus Deutschland.

Über einen ganz besonderen Preis darf sich Martin Zayranov aus Bulgarien freuen: er bekommt als Leihgabe für drei Jahre eine Kopie der berühmtem Maggini-Geige Henri Marteaus. Auch elf Violinschüler der Musikschule der Hofer Symphoniker durften während der Endrunden einmal richtige Jury sein und wählten unter den sechs Finalisten ihren Favoriten. Den Jugendjurypreis, der mit 500 Euro versehen ist, erspielte sich dabei die Zweitplatzierte Yukino Nakamura.

Der Gewinner Lorenz Chen, Schüler von Julia Fischer und Ana Chumachenco an der Hochschule für Musik und Theater in München, zeigte beim Abschlusskonzert mit den Hofer Symphonikern unter der Leitung von Elias Grandy, dass er völlig zu Recht den Gesamtsieg davon trug. Er hatte sich dazu das Violinkonzert D-Dur op. 35 von Peter Tschaikowsky ausgewählt, das er hochkonzentriert und absolut virtuos musizierte und dabei viele Feinheiten und Details kenntnisreich herausarbeitete. Mit großem künstlerischen Ernst, echter Zuneigung und großer Sorgfalt musiziert Lorenz Chen kraftvoll zupackend und erhält dafür schon nach dem ersten Satz Bravo-Rufe.

Zwei lange und anstrengende Vorrunden lagen hinter den Teilnehmern, ehe der Juryvorsitzende Gilbert Varga die Finalisten am Freitagabend bekannt gegeben hatte. Die Vorrunden fanden im Haus Marteau, der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken und früheren Wohnstätte des berühmten Geigers und Komponisten Henri Marteau, in Lichtenberg statt. Marteau hatte sich dort auch immer wieder der Lehre verschrieben und gab Unterricht und Meisterkurse.

Der Intension nachgehend hatte der Freundeskreis der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau 1999 beschlossen, dem Meister zu Ehren einen Violinwettbewerb im dreijährigen Turnus auszutragen. Und so fand der Wettbewerb zunächst ehrenamtlich organisiert, seit 2005 unter der Leitung der Hofer Symphoniker und unter der Trägerschaft des Bezirks Oberfranken mittlerweile zum 6. Mal in Lichtenberg, beziehungsweise in Hof statt.

Bezirkstagspräsident Günther Denzler nannte den Wettbewerb einen kulturellen Glanzpunkt, der weit in die Welt hinausstrahle. „Es ist uns wichtig, dass der Wettbewerb in der Region verankert ist“, sagte Denzler. So sei es eine der Besonderheiten, dass sämtliche Teilnehmer in Gastfamilien untergebracht sind. Das sei für einen derartigen Wettbewerb einmalig. Auf eine andere Besonderheit wies Juryvorsitzender Gilbert Varga hin. So sei es üblich, dass alle ausgeschiedenen Teilnehmer nicht einfach davongeschickt werden, sondern ein umfangreiches Feedback aus den Reihen der Jury bekommen.

Allein schon die Besetzung der zehnköpfigen Jury zeigte das große Format des Wettbewerbs: Die bulgarische Geigerin Albena Danailova oder der österreichische Geiger Michael Frischenschlager  gehörten genauso dazu, wie die renommierten Lehrmeister Igor Ozim oder Ilya Kaler. Auch die Klavierbegleiter Lauma Skride und Tomoka Nishikawa sind vielen Musikfreunden aus aller Welt ein Begriff.

Bilder:
- Unter 64 Teilnehmern setzte sich der junge Geiger Lorenz Chen aus Freiburg durch und gewann damit den 1. Preis des Henri-Marteau-Violinwettbewerbs.
- Hans Jörg Bullinger von der Wilo-Foundation (rechts) überreichte einen Scheck mit dem Preisgeld in Höhe von 10000 Euro an den Gewinner des 6. Internationalen Henri-Marteau-Violinwettbewerbs, an Lorenz Chen aus Freiburg.
- Für die Oberfrankenstiftung überreichte der oberfränkische Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler das Preisgeld in Höhe von 7500 Euro an die Zweitplatzierte Yukino Nakamura aus Japan.

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25.04.2017

Oberfranken ist zwei Wochen lang das Zentrum der Geigenwelt / Teilnehmerrekord beim 6. Internationalen Henri-Marteau-Violinwettbewerb

Lichtenberg. Mit einem Eröffnungskonzert am Abend und der Auslosung der Reihenfolge ist der 6. Internationale Henry-Marteau-Violinwettbewerb in Lichtenberg eröffnet worden. Mit 1134 Teilnehmern aus 25 Ländern haben sich dazu so viele junge Nachwuchsmusiker wie nie zuvor angemeldet. Träger des Wettbewerbs, der noch bis zum 6 Mai dauert, ist der Bezirk Oberfranken. Die künstlerische und organisatorische Gesamtleitung liegt bei den Hofer Symphonikern.

„Dieser Erfolg war bei der letzten Auflage vor drei Jahren noch in keiner Weise absehbar“, sagte die Intendantin der Hofer Symphoniker Ingrid Schrader. Damals hatten knapp 70 Geiger teilgenommen. Nach den Worten der Intendantin wird der Wettbewerb nicht nur weltweit beobachtet, er gehört seit 2012 auch zum Weltverband der Musikwettbewerbe. Das sei zur Gründung 2002 durch den Freundeskreis der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau längst nicht absehbar gewesen.

„Lichtenberg und Hof wird damit zum Zentrum der internationalen Geigenwelt“, so der künstlerische Berater und Juryvorsitzende, der Dirigent Gilbert Varga, der von 1980 bis 1985 als Chefdirigent an der Spitze der Hofer Symphoniker stand. Der Wettbewerb zeichne sich nicht nur durch Professionalität und Anspruch aus, sondern auch durch die ganz besondere Atmosphäre des Hauses Marteau sowie durch die Herzlichkeit und die Gastfreundschaft der Menschen vor Ort, so Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler.

Der Bezirk verfolge mit dem Wettbewerb die Ziele, hochbegabte Musiker zu fördern, die Bedeutung der musischen Bildung zu unterstreichen und Oberfranken als einen Ort kulturellen Wirkens auf allerhöchstem Niveau herauszustellen, sagte Denzler. Ulrike Brett-Einsiedel vom Freundeskreis Haus Marteau nannte das Kennenlernen der Teilnehmer untereinander als wichtiges Ziel, aber auch die Stärkung von Selbstvertrauen und Charakter gehörten dazu, wenn junge Menschen bereit sind, sich einem solchen Wettbewerb zu stellen. 

Der Wettbewerb startet in der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau des Bezirks Oberfranken in Lichtenberg, die Finalrunden finden in der Freiheitshalle in Hof statt. Die jüngste Teilnehmerin ist den Anmeldungen zufolge erst 14 Jahre alt und kommt aus Japan. Die Altersgrenze des Wettbewerbs liegt bei 25 Jahren. Die Bandbreite der Teilnehmer reicht von jungen Musikern aus Taiwan, Ecuador und Chile, Studenten der Juilliard School New York bis zu Geigern aus ganz Europa.

Der Wettbewerb wird in drei Runden durchgeführt. Alle Teilnehmer wetteifern mit der Interpretation von Werken Bachs, Mozart und Paganinis um ein Weiterkommen. Übrig bleiben 16 Halbfinalisten, die ihr Können in einem 45-minütigen Recital unter Beweis stellen müssen. Dazu gehört ein Pflichtstück aus der Feder von Henry Marteau, der erste Satz einer Beethoven-Sonate, ein Präludium von Max Reger und die Auftragskomposition von Sören Nils Eichberg. Die sechs Finalisten stellen sich dann der Jury mit der Interpretation eines großen Violinkonzerts, bei dem sie von den Hofer Symphonikern begleitet werden.

Insgesamt spielen die Teilnehmer um Preisgelder in Höhe von 35000 Euro, um Stipendien und zahlreiche Sonderpreise. Sämtliche Wertungsrunden sind öffentlich. Bei den Finalrunden ist das Publikum eingeladen, aktiv teilzunehmen und über die Gewinner des Publikumspreises abzustimmen. Medienpartner ist der Bayerische Rundfunk, der mit dem ersten Preisträger eine Rundfunkaufnahme und eine CD produzieren wird. Zum Abschluss findet am 6. Mai im Festsaal der Hofer Freiheitshalle ein Galakonzert statt, bei sich die Preisträger zusammen mit den Hofer Symphonikern unter Elias Grandy vorstellen werden.

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15.04.2017

Transparent, tragisch und tiefempfindsam / „Oberfranken-Tournee“ an den Osterfeiertagen: Jugendsymphonieorchester unter Till Fabian Weser mit Mendelssohn, Weber und Tschaikowsky

Naila. Unter dem Motto „Schicksalsträume“ hat das Jugendsymphonieorchester Oberfranken unter seinem Dirigenten Till Fabian Weser in diesem Jahr ein überaus anspruchsvolles Programm einstudiert. Nach einer Woche intensiver Probenphase und einer Generalprobe in Weißenstadt gastierte der „Klangkörper auf Zeit“ an Ostern in Naila, Frohnlach und Stegaurach. Hauptwerk war dabei Peter Tschaikowskys 5. Symphonie, die „Schicksalssymphonie“. Auf dem Programm standen außerdem vier Sätze aus Felix Mendelssohn Bartholdys Schauspielmusik „Sommernachtstraum“, sowie das 1. Klarinettenkonzert von Carl Maria von Weber.

Mendelssohns zauberhafter „Sommernachtstraum“ lassen Till Fabian-Weser und die jungen Musiker im filigranen Zauberton der Elfen, Feen, Kobolde und verliebt streitenden Paaren erklingen. Vier Sätze wurden dazu ausgewählt: der Elfenmarsch, die beiden Intermezzi nach dem zweiten und nach dem dritten Aufzug sowie der berühmte Hochzeitsmarsch. Da die Komposition eigentlich ein Melodram ist, in dem Musik und Text zu einer Einheit verschmelzen sollen, hatte die Regisseurin Doris Sophia Heinrichsen von der Musikhochschule München mit einigen der jungen Musiker kurze Rezitationen als Zwischentexte einstudiert. Der Mendelssohnschen Zauberkomposition tat dies ganz gut, zumal auch die Art und Weise des Musizierens die Magie des frühromantischen Märchenspuks deutlich machte.

Voller Romantik ist auch das 1. Klarinettenkonzert von Carl Maria von Weber mit Jonathan Weimer als Solisten. Weimer gehört dem Jugendsymphonieorchester bereits seit 2013 an, ist erfolgreicher Preisträger bei Jugend musiziert und spielt im Bayerischen Landesjugendorchester. Er kommt aus Bamberg und ist Schüler von Christoph Müller, dem Soloklarinettisten der Bamberger Symphoniker. Jonathan Weimer besticht durch ein nahezu schwereloses Musizieren, durch eine nahezu unglaubliche Perfektion, aber auch durch das notwendige Gespür für das Tragische und Tiefempfindsame dieser Musik. Mit lieblichem Ton nimmt er die Zuhörer mit in das Paradestück des Konzertrepertoires, während sich das Jugendsymphonieorchester als exakter Begleiter empfiehlt.

Leidenschaftlich und voller Pathos schließlich Tschaikowskys 5. Symphonie e-Moll: Till Fabian Weser macht nicht den Fehler Dynamik und Tempi bis zum letzten martialisch auszureizen, er lässt das Werk fließen, die Musik kommt bei ihm nicht zum Stillstand. Die Gefühle des zerrissenen Komponisten bleiben deshalb aber nicht auf der Strecke. Das liegt an der Detailgenauigkeit und an der disziplinierten Klangkultur, mit der Till Fabian Weser musizieren lässt, etwa in den Andante-Einleitungen der ersten beiden Sätze oder in der sehnsuchtsvollen Hornmelodie des zweiten Satzes. Da werden den Bläsern wunderbare Legati entlockt, der gesamte Klangkörper musiziert präzise und transparent vom ersten bis zum letzten Ton.

Viele junge oberfränkische Schüler hätten auch diesmal wieder die Chance wahrgenommen, unter der Leitung eines professionellen Dirigenten Orchestererfahrung zu sammeln, sagte zuvor der Nailaer Bürgermeister Frank Stumpf, der das Konzert als bedeutendes kulturelles Ereignis in seiner Stadt würdigte. Vom Herzstück der musikalischen Jugendarbeit des Bezirks Oberfranken sprach Dr. Ulrich Wirz, Verwaltungsleiter der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau. Fortgeschrittene junge Musiker nicht zu Unterfordern und Einsteiger nicht zu überfordern, das sei die Gratwanderung, die Dirigent Till Fabian Weser in herausragender Art und Weise gemeistert habe.

Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde 1984 von dem Dirigenten und Musikpädagogen Professor Dr. Günther Weiß gegründet. Weitere Dirigenten waren Howard Golden und Raoul Grüneis. Die Dozenten kommen unter anderem von den Hofer Symphonikern und von der Berufsfachschule für Musik in Kronach. Till Fabian Weser leitet das Jugendsymphonieorchester seit 2013, im „Hauptberuf“ spielt er die Trompete bei den Bamberger Symphonikern. Am Ende zeigte sich Till Fabian Weser selbst ganz überwältigt davon, welch emotionale Momente das Orchester erzeugen konnte. Als Zugabe gab es zum Dank für den nicht enden wollenden Applaus noch einmal den Hochzeitsmarsch von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Bilder: Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken unter seinem Dirigenten Till Fabian Weser und mit dem Solisten Jonathan Weimer beim Auftakt der kleinen Oberfranken-Tournee am Samstagabend in Naila.

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08.04.2017

Auftakt mit Tschaikowsky / Jugendsymphonieorchester Oberfranken ist in Weißenstadt in seine heiße Phase gestartet – Konzerte in Naila, Frohnlach und Stegaurach

Weißenstadt. Zum Auftakt gab es den ersten Satz aus Peter Tschaikowskys 5. Symphonie e-Moll: Mit einer Durchspielprobe des populären Werkes hat am Wochenende im Schullandheim von Weißenstadt im Landkreis Wunsiedel die Übungsphase des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken begonnen. Noch klang die eine oder andere Sequenz etwas schräg, noch waren nicht alle da, hier fehlte ein Notenständer, dort mussten sich die vielen neuen Musiker erst orientieren, doch eines hatten alle gemeinsam: die Liebe zur Musik und das Ziel, das anspruchsvolle Programm nahezu perfekt zu bewältigen.

Am Pult steht wieder Till Fabian Weser von den Bamberger Symphonikern. Seine Aufgabe ist es, die jungen Talente aus allen Teilen des Regierungsbezirks in nur einer Woche zu einem einzigen Klangkörper zusammenzuführen. Unter der Stabführung des Dirigenten werden die gut 60 jungen Musiker zwischen 11 und 21 Jahren über Ostern zu einer kleinen Oberfranken-Tournee aufbrechen. Auf dem Programm stehen vier Sätze aus dem „Sommernachtstraum“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, das Klarinettenkonzert Nr. 1 f-Moll von Carl Maria von Weber und als Hauptwerk die 5. Symphonie von Peter Tschaikowsky. Solist im Klarinettenkonzert ist Jonathan Weimer aus Bamberg, Schüler von Christoph Müller, dem Soloklarinettisten der Bamberger Symphoniker.

Im Weißenstädter Schullandheim finden dabei nicht nur die ersten Proben statt, die Nachwuchsmusiker sind dort auch untergebracht. Der Großteil der Tutti-Proben wird dann im Kurhotel von Weißenstadt über die Bühne gehen. Dort gibt es am Karfreitag um 16 Uhr auch die öffentliche Generalprobe, ehe die Oberfranken-Tour startet. Die Konzerte finden diesmal in Naila (Ostersamstag, 15. April), Frohnlach (Ostersonntag, 16. April) und in Stegaurach (Ostermontag, 17. April) statt.

Dirigent Till Fabian Weser versteht das Orchester in erster Linie als eine Art Talentschmiede, in dem sich junge Musiker aus allen Teilen Oberfrankens im Bekenntnis zu ihrer Heimat zusammenfinden. „Ich sehe es aber auch als Sprungbrett“, so Weser. In dem Klangkörper hätten die jungen Talente eine hervorragende Möglichkeit, sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.

„Mit unserem ehrgeizigen Projekt eines eigenen Jugendsymphonieorchesters möchten wir jungen Nachwuchsmusikern aus der Region alljährlich die Möglichkeit geben, ihr Können unter professioneller Anleitung öffentlich zu präsentieren“, sagte Bezirkstagspräsident Günther Denzler zum Probenauftakt. Als „Orchester auf Zeit“ setzte sich das Jugendsymphonieorchester Jahr für Jahr neu zusammen. Denzler: „Das oberfränkische Jugendsymphonieorchester ist das Herzstück der Jugendarbeit unserer Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau.“ 

Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde 1984 von dem Musikpädagogen und Dirigenten Professor Günther Weiß (1933 – 2007) gegründet, der viele Jahre als künstlerischer Leiter der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau tätig war. Seit der Gründung kommen junge Musikerinnen und Musiker aus ganz Oberfranken jeweils kurz vor Ostern zu einer Probenwoche zusammen und erarbeiten unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm.

Weitere Information: www.jugendsymphonieorchester.de oder auf Facebook unter www.facebook.com/jugendsymphonieorchester.

Die Konzerte des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken 2017:
Ostersamstag, 15. April, 18 Uhr, Frankenhalle Naila
Ostersonntag, 16. April, 17.30 Uhr, Kultur- und Sporthalle Frohnlach
Ostermontag, 17. April, 17.30 Uhr, Aurachtalhalle Stegaurach


Bilder:
Probenauftakt am Wochenende in Weißenstadt: Till Fabian Weser dirigiert das Jugendsymphonieorchester Oberfranken.

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20.03.2017

Haus Marteau: „Kulturklangwunder“ in der einstigen Künstlervilla / Internationale Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken soll für 3,2 Millionen Euro ausgebaut werden

Lichtenberg. Mit einem finanziellen Aufwand von 3,2 Millionen Euro wird die Internationale Musikbegegnungsstätte Haus Marteau des Bezirks Oberfranken modernisiert und ausgebaut. Herzstück der geplanten Maßnahmen in Lichtenberg (Landkreis Hof) ist ein neuer unterirdischer Konzert- und Übungssaal mit Platz für 80 Personen. Daneben sollen vier neue Übungsräume im Untergeschoss der einstigen Künstlervilla entstehen. Auch der Einbau eines Aufzuges ist geplant, um das Haus behindertengerecht und barrierefrei zu gestalten. Baubeginn ist im August dieses Jahres, mit der Fertigstellung rechnen die Verantwortlichen für Oktober 2018.

„Damit setzen wir ein ganz großes Ausrufezeichen in der lebendigen und vielseitigen Kulturlandschaft Oberfrankens“, sagte Bezirkstagspräsident Günther Denzler bei der Vorstellung der Baupläne. Der neue künstlerische Leiter Christoph Adt zeigte sich begeistert über die Maßnahmen, mit denen die hohe Qualität der Einrichtung weiterentwickelt werden kann. Von einem Glücksfall für die Region und einem Leuchtturm mit internationaler Ausstrahlung sprach der Hofer Landrat Oliver Bär und der Lichtenberger Bürgermeister Holger Knüppel freute sich schon jetzt, dass Kultur und Tourismus in der Stadt künftig noch mehr von der Einrichtung profitieren werden.

Für den Münchner Architekten Peter Haimerl war es von besonderer Bedeutung, sowohl das unter Denkmalschutz stehende Haus als auch den Park unangetastet zu lassen. „Das Haus Marteau wird in seiner Ursprünglichkeit erhalten“, sagte Haimerl, der unter anderem für die Realisierung des Konzertsaals in Blaibach im Bayerischen Wald verantwortlich war und dafür mehrfach ausgezeichnet wurde. Der Saal werde sich der wunderbaren Landschaftsarchitektur unterordnen und aufgrund einer geschickten Oberflächenkonstruktion dennoch mit natürlichem Licht durchflutet werden. Die vier neuen Übungsräume sollen in bisherigen Lager- und Heizräumen eingebaut werden.

Als Grund für die Maßnahmen nannte Bezirkstagspräsident Denzler unter anderem die große Nachfrage nach den Abschlusskonzerten der Meisterkurse. Sie finden bisher im Speisezimmer und in der Bibliothek des Hauses statt. Oft reiche der Platz nicht aus, manche Besucher hätten keine Sicht auf die Musiker und Zuhörer in angrenzenden Räumen würden über die schlechte Akustik klagen. „Das soll sich jetzt ändern, der Neubau soll ein besseres Musikerlebnis möglich machen“, so Denzler, der auch von einem „Kulturklangwunder“ sprach. Was die Finanzierung angeht, so hofft der Bezirk auf Unterstützung durch die Oberfrankenstiftung und den Bayerischen Kulturfonds. Entsprechende Förderanträge seien gestellt.

Die internationale Musikbegegnungsstätte Haus Marteau gibt es seit 1982. Damals hatte der Bezirk Oberfranken die ehemalige Künstlervilla des weltberühmten Geigers und Komponisten Henri Marteau in Lichtenberg von Marteaus Tochter Mona Linsmayer-Marteau erworben. Nach umfassender Sanierung wurde in dem kurz vor dem Ersten Weltkrieg erbauten Landhaus eine Förderstätte für den hochqualifizierten internationalen Musiknachwuchs geschaffen. Seit mittlerweile 30 Jahren finden in dem stattlichen Anwesen, das bis zur „Wende“ einen Steinwurf vom damaligen Eisernen Vorhang lag, Meisterkurse für nahezu alle klassischen Musiksparten mit namhaften Dozenten statt.

Namensgeber ist der Geiger und Komponist Henri Marteau. Er wurde 1874 im französischen Reims geboren und hatte bereits im Alter von fünf Jahren mit dem Violinspiel begonnen. Bereits 1893 unternahm er Konzerttourneen in den USA. 1908 wurde Marteau Nachfolger des berühmten Geigers Joseph Joachims als Professor für Violine an der Hochschule für Musik in Berlin. Künstlerfreundschaften verbanden ihm unter anderem mit Charles Gounod, Jules Massenet, Peter Tschaikowsky, Anton Dvorak, Edward Grieg, Béla Bartok, Camille Saint-Saens und besonders mit Max Reger. Ihm widmete er nicht nur sein Streichertrio Opus 12 aus dem Jahr 1907, sondern brachte im Jahr darauf auch sein Violinkonzert zur Uraufführung. Neben seiner Tätigkeit als Violinvirtuose ist Marteau auch als Komponist hervorgetreten. Sein Schaffen umfasst 45 mit Opus-Zahlen versehene Werke, darunter Vokal- und Kammermusik sowie Orchesterwerke, außerdem mehrere Kompositionen für Orgel. Henri Marteau starb am 4. Oktober 1934 in Lichtenberg und fand im Park seiner Künstlervilla seine letzte Ruhestätte.

Bilder:
- An der Südseite der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken soll der neue unterirdische Konzert- und Übungssaal entstehen.

- Sie stellten die Baupläne in den Räumen des Hauses Marteau der Öffentlichkeit vor (von links): der Hofer Landrat Oliver Bär, Verwaltungsleiter Ulrich Wirtz, Künstlerischer Leiter Christoph Adt, Bezirkstagspräsident Günther Denzler und Architekt Peter Haimerl.

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15.02.2017

Cashbags begeistern nicht nur Countryfans /
A Tribute to Johnny Cash: Coverband  um US-Sänger Robert Tyson gastierte in der Dr.-Stammberger-Halle”

Kulmbach. Er war und ist immer noch die Country-Legende schlechthin: Johnny Cash. Der „Man in Black“ war die Stimme der Entrechteten und hatte selbst einen mehrfach gebrochenen Lebenslauf. Das kam in seinen Liedern zu Ausdruck, die zugleich auch immer das Lebensgefühl in den Südstaaten der USA widerspiegelten. Mit der Coverband „The Cashbags“ um US-Sänger Robert Tyson tourt derzeit eine Formation durch Europa, die sich die Erinnerung an Johnny Cash, der in diesem Jahr 85 Jahre alt geworden wäre, auf die Fahnen geschrieben hat. Am Mittwochabend gastierten die Cashbags in der ganz gut gefüllten Dr.-Stammberger-Halle und tatsächlich gelang es dem Quartett, den mitreißenden „Boom-Chicka-Boom-Sound“ auch hier unglaublich gut auf die Bühne zu bringen.

„The Cashbags“ sind im Klang und im Erscheinungsbild sehr nah an den berühmten Vorbildern. Mit markanter Bassbariton-Stimme,  Westerngitarre, Telecaster, Kontrabass und Schlagzeug spielen Stephan Ckoehler, Benny Brenner und Tobias Fuchs detailgenau Klassiker wie „Ring of Fire“, „I walk the Line“, Orange blossom special“ bis hin zu „Folsom Prison Blues“, „St. Quentin“ und als Zugaben „Ghostriders in the sky“ und „Bonanza“. Vieles ist angelehnt an die Originalkonzerte der späten 1960er Jahre mit der Band „Tennessee Three“.

Mittelpunkt der Show ist US-Sänger Robert Tyson, der seit Jahren in Deutschland zuhause ist.  Mit nahezu unglaublicher Bühnenpräsenz, atemberaubender Lässigkeit und dem unverwechselbaren Timbre seiner markanten Bassbaritonstimme gibt er den „Man in Black“, sehr authentisch und nahe am Original. Zwischen den Songs, die nur so Schlag auf Schlag kommen, manchmal sogar ineinander übergehen, gibt er Anekdoten aus dem bewegten Leben von Johnny Cash zum Besten und lässt hinter die Kulissen blicken. Auch von ihm selbst erfährt man etwas, dass er aus Miami stammt, 1969 geboren wurde und mit fünf Jahren seine ersten Johnny-Cash-Songs hörte, aus der Plattensammlung des Vaters.

Über die großen Hits hinaus wird bei dem Tribute-Konzert aber auch das musikalische Spektrum deutlich, das Johnny Cash so legendär machte. Es reicht von den 1950er Jahren mit Country, Rockabilly, Blues, Folk und Pop bis hin zum Alternative Country Anfang des 21. Jahrhunderts. Über 500 Songs hat er geschrieben, mehr als 50 Millionen Tonträger verkauft und 13 Grammy Awards hat er bekommen.

Auch einige Überraschungen haben die Cashbags im Gepäck. Musikalische Gäste beispielsweise: Valeska Kunath stilecht in Kleidung, Frisur und Bewegung als June Carter. Zusammen mit Robert Tyson interpretiert sie unter anderem das Duett „Jackson“ oder den berühmten Song „If I were a carpenter“. Außerdem spielt sie perfekt wie einst June Carter die Autoharp, ein Instrument, das einer Steel-Guitar ähnelt, aber wie eine Gitarre gespielt wird. In „Wildwood flower“ singt Valeska Kunath solo und begleitet sich dabei selbst. Wie sie das macht, hat echte Klasse.

Im Lauf der Show lassen die Cashbags noch zwei weitere Gäste auftauchen: Einmal gibt Stephan Ckoehler den Rockabilly-Pionier und Cash-Weggefährten Carl Perkins unter anderem mit „Blue suede shoes“, ein anderes Mal den Folk-Sänger Bob Dylan mit „Like a rolling stone“. Ckoehler, der die Band auch managt und der sich wirklich mit „Ck“ und „oe“ schreibt, beweist dabei durchaus auch komisches Talent, etwa wie er den etwas linkischen Perkins nachahmt oder den exzentrischen Dylan samt Mundharmonika fast schon ein wenig parodiert 

Dazu gibt es auch einige spätere Songs aus den berühmten „American Recordings“ von Johnny Cash, die Frontman Robert Tyson solo nur mit Gitarre in einem speziellen Akustikteil zelebriert. Für einen Moment dachte man, da sitzt wirklich Johnny Cash.

Bilder:
Mit einem Tribut to Johnny Cash gastierte die Band „The Cashbags“ um US-Sänger Robert Tyson am Mittwochabend in der Dr.-Stammberger-Halle.

- Valeska Kunath als June Carter und Robert Tyson als Johnny Cash.

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09.02.2017

Gediegen klassisch bis museal / Gelungene Aufführung von Carl Millöckers Operette „Der Bettelstudent“ in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Zugegeben, so ganz taufrisch ist die Operette „Der Bettelstudent“ wirklich nicht mehr. Die Handlung ist kaum mehr nachzuvollziehen, die zur Schau gestellte Operettenseligkeit passt so gar nicht mehr in die Gegenwart, Liebe und Intrige funktionieren heute irgendwie anders als bei der Uraufführung 1882. Wenn es das Werk dennoch verdient hat, aufgeführt zu werden, dann hauptsächlich wegen der wundervollen und mitreißenden Musik des Wiener Komponisten Carl Millöcker.

Natürlich bietet ein Tourneetheater wie die „Johann-Strauß-Operette-Wien“ keine bahnbrechende Neudeutung des Stückes. Die Inszenierung von Regisseur Peter Widholz und die Choreographie von Nera Nicol sind gediegen klassisch bis museal, die Kostüme aus dem Wiener Bundestheaterfundus ebenfalls und das Bühnenbild von Norbert Art-Uro ist so, dass es vor allem möglichst schnell auf- und wieder abgebaut und zum nächsten Spielort transportiert werden kann.

Auch musikalisch gilt es zunächst einmal einige Abstriche zu machen. Das Orchester ist auf kammerorchestrale Größe dezimiert. Unter der musikalischen Leitung der italienischen Dirigentin Petra Giacalone gelingt es den verbliebenen Musikern aber doch den Zauber der Kompositionen von Carl Millöcker und vor allem dessen hervorragender Instrumentierung ganz gut rüberzubringen. Dirigentin und Musiker haben die Partitur konsequent im Griff, dazu kommt ein winziger Chor, der präzise synchronisiert und dynamisch ganz gut ausbalanciert.

Nahezu Volksgut sind sie über Generationen geworden, Ollendorfs Strophenlied „Ach ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst“, Paradestücke der klassischen Operettenära wie „Ich knüpfte manche zarte Bande“ oder „Ich hab´ kein Geld, bin vogelfrei“ und schließlich die großen Duette wie „Ich setz´ den Fall“ und „Nur das eine bitt´ ich dich“ und das Ensemble schafft es erstaunlich gut, diese mitreißende Melodien auf die Bühne zu bringen.

Allen voran findet Angela Wandraschek als kapriziöse Laura eine glänzende Vertreterin ihres Charakters. Mühelos kam sie stimmlich über die Rampe und verstand sich über die Situationskomik hinaus als Liebende darzustellen. Auch Christine Holzwarth als ihre Schwester Bronislawa wirbelt stets verliebt in Jan über die Bühne und kam nicht nur in dem Duett „Nur das eine bitt´ ich dich“ sängerisch bestens zur Geltung. Silberhell timbriert und mit ausladender müheloser Höhe wetteifern die beiden Sopranistinnen im Belcanto.

Stimmlich als auch darstellerisch absolut auf der Höhe agiert Camillo dell´Antonio in der Titelrolle des Bettelstudenten Symon. Dell´Antonio ist ein kultivierter jugendlicher Tenor mit baritonalen Anklängen, aber auch mit großem Volumen und Potenzial. Mit seinem etwas dunkel gefärbten Tenor versteht es der Bulgare Hristofor Yonov sowohl seine Stimme als auch sein Spiel in den Dienst seiner Rolle als Student Jan zu stellen.

Mit dunklem Timbre kennzeichnet Maida Karisik als Gräfin Palmatica ihr Standesbewusstsein. Ein Oberst Ollendorf nach Maß wird von Giorgio Valenta köstlich auf die Bühne gestellt. Ob bestrafter Schulterkuss oder sein Couplet „Schwamm drüber“, Karisik beherrscht die Szene. Josef Pechhacker schwankte schließlich herzerfrischend als Gefängnisaufseher Enterich, offenbar ein sächselnder Verwandter des Frosch aus der „Fledermaus“, über die Bühne.

Bestens besetzt waren auch die kleineren Rolle, nicht zu vergessen die vier Tänzer, die im ersten Akt Carl Millöckers Steckbrief-Polka und im zweiten Akt seinen Traum-Walzer gekonnt in Bewegung umsetzten.

Bild: Jetzt haben sie es schwarz auf weiß (von links): Laura (Angela Wandraschek) und Symon (Camillo dell´Antonio) sind ein Paar. Darüber  freuen sich Jan (Hristofor Yonov) und die Gräfin Nowalska (Maida Karisik).

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06.02.2017

Oberfranken wird zum Zentrum der Geigenwelt / Teilnehmerrekord beim 6. Internationalen Henri-Marteau-Violinwettbewerb

Hof. Mit einem Teilnehmerrekord startet der Internationale Henry-Marteau-Violinwettbewerb vom 25. April bis zum 6 Mai in seine sechste Auflage. 134 junge Talente aus 25 Ländern haben sich diesmal angemeldet, so viele wie noch nie zuvor. „Dieser Erfolg war bei der letzten Auflage vor drei Jahren noch in keiner Weise absehbar“, sagte die Intendantin der Hofer Symphoniker Ingrid Schrader bei der Bekanntgabe der Zahlen. Damals hatten knapp 70 Geiger teilgenommen. Träger des Wettbewerbs ist der Bezirk Oberfranken, die künstlerische und organisatorische Gesamtleitung liegt bei den Hofer Symphonikern.

Der Wettbewerb startet in der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken Haus Marteau in Lichtenberg, die Finalrunden finden in der Freiheitshalle in Hof statt. „Lichtenberg und Hof werden damit zum Zentrum der internationalen Geigenwelt“, sagte der künstlerische Berater und Juryvorsitzende, der Dirigent Gilbert Varga, der von 1980 bis 1985 als Chefdirigent an der Spitze der Hofer Symphoniker stand.

Die jüngste Teilnehmerin ist den Anmeldungen zufolge erst 14 Jahre alt und kommt aus Japan. Die Altersgrenze des Wettbewerbs liegt bei 25 Jahren. Die Bandbreite der Teilnehmer reicht von jungen Musikern aus Taiwan, Ecuador und Chile, Studenten der Juilliard School New York bis zu Geigern aus ganz Europa.

Der Wettbewerb wird in drei Runden durchgeführt. Alle Teilnehmer wetteifern mit der Interpretation von Werken Bachs, Mozart und Paganinis um ein Weiterkommen. Übrig bleiben 16 Halbfinalisten, die ihr Können in einem 45-minütigen Recital unter Beweis stellen müssen. Dazu gehört ein Pflichtstück aus der Feder von Henri Marteau, der erste Satz einer Beethoven-Sonate, ein Präludium von Max Reger und die Auftragskomposition von Sören Nils Eichberg. Die sechs Finalisten stellen sich dann der Jury mit der Interpretation eines großen Violinkonzerts, bei dem sie von den Hofer Symphonikern begleitet werden.

Der Bezirk verfolge mit dem Wettbewerb die Ziele, hochbegabte Musiker zu fördern, die Bedeutung der musischen Bildung zu unterstreichen und Oberfranken als einen Ort kulturellen Wirkens auf allerhöchstem Niveau herauszustellen, sagte Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler. Den Henri-Marteau-Violinwettbewerb bezeichnete Denzler dabei als „kulturelles Flaggschiff des Bezirks“. Der Wettbewerb stelle auch die perfekte Ergänzung zu den Meisterkursen in der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau dar, die dort schon seit vielen Jahren regelmäßig mit ständig steigendem Zuspruch stattfinden.

Nach den Worten von Intendantin Ingrid Schrader werde der Wettbewerb nicht nur weltweit beobachtet, er gehört seit 2012 auch zum Weltverband der Musikwettbewerbe. Das sei zur Gründung 2002 durch den Freundeskreis der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau längst nicht absehbar gewesen, so die Intendantin. Damit sei ein weiterer Schritt zur globalen Ausrichtung des Wettbewerbs gelungen.

Insgesamt spielen die Teilnehmer um Preisgelder in Höhe von 35000 Euro, um Stipendien und zahlreiche Sonderpreise. Sämtliche Wertungsrunden sind öffentlich. Bei den Finalrunden ist das Publikum eingeladen, aktiv teilzunehmen und über die Gewinner des Publikumspreises abzustimmen. Medienpartner ist der Bayerische Rundfunk, der mit dem ersten Preisträger eine Rundfunkaufnahme und eine CD produzieren wird. Zum Abschluss findet am 6. Mai im Festsaal der Hofer Freiheitshalle ein Galakonzert statt, bei sich die Preisträger zusammen mit den Hofer Symphonikern unter Elias Grandy vorstellen werden.

Eines wissen die Verantwortlichen allerdings noch nicht: wie sie es schaffen wollen, 134 junge Musiker bei Gastfamilien in der Region unterzubringen. Deshalb suchen die Hofer Symphoniker noch aktuell Gastfamilien, die bereit sind, junge Menschen bei sich aufzunehmen. Interessierte Familien können sich im Wettbewerbsbüro unter 09281/7200-13 melden.

Der 6. Internationale Henri-Marteau-Violinwettbewerb beginnt am Montag, 24. April um 19 Uhr mit einem Eröffnungskonzert in Haus Marteau in Lichtenberg. An gleicher Stelle findet tags darauf um 11 Uhr die Eröffnungsfeier mit der Vorstellung der Jury und der Auslosung der Teilnehmerreihenfolge statt.

Bilder:
- Der Juryvorsitzende und künstlerische Berater Gilbert Varga.
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Die Intendantin der Hofer Symphoniker Ingrid Schrader.
- Von links: die Intendantin der Hofer Symphoniker Ingrid Schrader, Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler und der Juryvorsitzende Gilbert Varga.
- Von links: Ulrike Brett-Einsiedel vom Freundeskreis, der Juryvorsitzende Gilbert Varga,  Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler, die Intendantin der Hofer Symphoniker Ingrid Schrader, Peter Nürmberger Kulturfachbereichsleiter der Stadt Hof sowie Susan Löschner-Döhler und Ulf Keller von den Hofer Symphonikern.

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04.02.2017

Töne schweben schwerelos durch den Raum / Strukturell durchsichtig und satztechnisch vollkommen: Eindrucksvolles Benefizkonzert des Windsbacher Knabenchors in der Sankt-Petri-Kirche

Kulmbach. Geistliche Werke vom Barock bis zur Neuzeit a capella von einfachen vierstimmigen bis zu komplexen doppelchörigen Besetzungen hat der Windsbacher Knabenchor unter der Leitung von Martin Lehmann beim Benefizkonzert des Lions-Clubs Bayreuth-Kulmbach am Samstag in der Sankt-Petri-Kirche in absoluter Vollendung dargeboten.

Völlig zu Recht wird der Windsbacher Knabenchor immer wieder wegen seiner nahezu unglaublichen Homogenität, seiner fein nuancierten Dynamik und seines perfekten Auftretens gewürdigt. Selbst in kompliziertesten Sätzen bietet dieser Chor absolute Transparenz. Dazu kommt die enorme Textverständlichkeit und die Homogenität des etwa 60-köpfigen Ensembles, die den Auftritt zu einem Höhepunkt im Kulmbacher Konzertkalender werden ließ.

Die Präzision, mit der hier gesungen wird, kommt schon in Leonhard Lechners Mottete „Beati omnes“ zum Tragen. Der Chor stellt das Werk dieses Tonsetzers aus dem 16. Jahrhundert nahezu schwerelos in den Raum. Akribisch folgen die Jungs ihrem Dirigenten, der sichtlich um jede Note und um jede klangliche Nuance ringt und so ein geradezu sensationelles Klangbild schafft. Gleiches gilt für Johann Staden. Lupenrein intoniert offenbart auch sein „Deutsches Magnifikat“ durchwegs hohe Stimmkultur. Überhaupt setzten die Windsbacher aus Komponisten aus dem fränkischen Raum, im Fall von Johann Staden gibt es sogar eine Kulmbacher Verbindung, denn der gebürtige Nürnberger war hier Anfang des 17. Jahrhunderts zeitweise als Organist tätig.

In der Komposition „Gott ist unsere Zuversicht und Stärk“, des seinerzeit berühmten barocken Tonsetzers Johann Pachelbel gelingt es den Windsbachern, den musikalischen Reiz als auch die satztechnische Vollkommenheit erlebbar zu machen. Auch hier ist es wieder die homogene Gesamtleistung des Klangkörpers, die den Hörer in Staunen versetzt.

Das hohe technische Niveau des Chores wird schließlich bei den beiden Motteten „Herr Gott, du bist unsere Zuflucht für und für“ und „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ sowie bei dem Choral „O lux beata, trinitas“ von Felix Mendelssohn Bartholdy deutlich. Anders als bei den barocken Kompositionen ist hier der eher gefühlsbetonte Ansatz mit zarten und sensiblen Ansätzen zu spüren. Der Windsbacher Knabenchor glänzt auch hier mit hoher Klangqualität, souveräner Sprachbehandlung und struktureller Durchsichtigkeit auf allen Ebenen.

Ganz kraftvoll erklingt schließlich auch noch zeitgenössisches: die Mottete „Miserere mei deus“ des litauischen Komponisten Vytautas Miskinis und das „Pater noster“ des Spaniers Javier Busto. Emotional, textverständlich und präzise differenziert in der Dynamik und einfühlsam gesungen, erschließt der Chor mit diesen Raritäten noch einmal ganz neue Klangwelten.

Bei einer Komposition werden die Zuhörer kurzfristig zur Gemeinde: bei dem Satz „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“, die Hans Leo Haßler und Leonhard Lechner auf einen Text von Martin Luther geschrieben haben, wechseln sich in den fünf Strophen Chor und Gemeinde ab. Sogar eine Zugabe hatten die Knaben mit Max Regers spätromantischem Lied „Die Nacht ist kommen“ im Gepäck.

Es sei gar nicht so einfach gewesen, einen Termin mit dem Windsbacher Knabenchor zu finden, sagte zuvor  Dekan Thomas Kretschmar. Er bedankte sich ganz besonders bei Gerhard Endsberger, einem ehemaligem Mitglied des Chors, der das Konzert eingefädelt hatte. Nach den Worten von Lions-Clubpräsident Dieter Bordihn werden mit dem Erlös des Konzertes internationale und regionale Projekte, unter anderem auch das SOS-Kinderdorf in Immenreuth, unterstützt. 

Die Gesänge wurden gerahmt mit Kompositionen von Josef Gabriel Rheinberger, Johannes de Lublin, Max Reger und Louis Vierne, eindrucksvoll musiziert und absolut perfekt gespielt von der Stadt- und Dekanatskantorin aus Selb, Constanze Schweizer-Elser auf der Rieger-Orgel der Sankt-Petri-Kirche. Schweizer-Elser war kurzfristig für den erkrankten Ingo Hahn eingesprungen.

Bild: Der Windsbacher Knabenchor unter der Leitung von Martin Lehmann bei seinem Konzert am Samstag in der Sankt-Petri-Kirche.

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23.01.2017

Henri Marteau soll zurück ins internationale Musikleben / Eigene Wege, eigener Stil: CD mit kammermusikalischen Kompositionen von Henri Marteau erschienen

Lichtenberg. Bach, Beethoven, Mozart: all ihre Werke wurden in den vergangenen Jahrzehnten viele hundert Male eingespielt, jeder Klassikinteressierte kennt die Tonträger. Doch wie steht es um das kompositorische Schaffen von Henri Marteau, den zu seiner Zeit weltberühmten Geiger mit Wahlheimat Frankenwald? Seine Musik wieder populär zu machen, das ist das Ziel einer geplanten CD-Reihe, die schon in wenigen Jahren komplett vorliegen soll. Die erste CD mit dem Titel „Entdeckung eines Romantikers“ wurde jetzt in Haus Marteau, dem einstigen Wohnsitz des Geigers, heute Internationale Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken, vorgestellt. Schon im laufenden Jahr sollen die CDs Nummer zwei und drei auf den Markt kommen.

„Henri Marteau hat als Komponist eigene Wege beschritten und einen eigenen Stil gefunden“, sagt der Verwaltungsleiter der Internationalen Musikbegegnungsstätte und Marteau-Kenner Dr. Ulrich Wirz. Ziel der CD-Reihe, die weltweit vertrieben wird, ist es auch, die Musik Marteaus nicht nur am Leben zu erhalten, sondern ins internationale Musikleben zurückzuführen. Marteaus Schaffen als Komponist umfasst 45 mit Opus-Zahlen versehene Werke, darunter Vokal- und Kammermusik sowie Orchesterwerke, außerdem mehrere Kompositionen für Orgel.

Bei der CD-Präsentation erinnerte der oberfränkische Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler auch an den langjährigen künstlerischen Berater von Haus Marteau, den im zurückliegenden Jahr überraschend verstorbenen Schlagwerker und Percussionisten Peter Sadlo, auf dessen Initiative die Aufnahmen im Wesentlichen zurückgehen. Sadlo hatte unter anderem den Kontakt zu den Musikern und zum Label Solo Musica hergestellt. Mit Hilfe der geplanten CD-Reihe soll auch die Musikbegegnungsstätte in Lichtenberg in der internationalen Musikwelt noch präsenter werden, als sie es ohnehin schon ist.

Eingespielt haben die neue CD die Flötistin Andrea Lieberknecht, die Sopranistin Julie Kaufmann, der Cellist Reiner Ginzel, die Pianistinnen Gitti Pirner und Yumi Sekiya, die Bratscher Hariolf Schlichtig und Jürgen Weber sowie die Geigerin Yi Li und der Geiger Hans Kalafusz. Fast alle sind sie langjährige Dozenten von Haus Marteau. In unterschiedlichen Besetzungen haben sie Henri Marteaus Stücke für Violine und Klavier, für Viola und Klavier, die fünfsitzige Partita für Querflöte und Viola Opus 42 Nr. 1 sowie die 1906 erschienenen acht Lieder für Singstimme und Streichquartett aufgenommen. Ergänzt wird die CD durch drei Kompositionen für Violoncello und Klavier des Marteau-Freundes Max Reger.

Für die zweite CD kündigte Wirz neue Einspielungen von Marteaus Klarinettenquintetts und seines dritten Streichquartetts an. Ausführende werden Musiker des Bayerischen Staatsorchesters sein. Ein ganz besonderer Leckerbissen verspricht die dritte CD zu werden. Dafür konnten die Verantwortlichen die prominente Mezzosopranistin Vesselina Kararova gewinnen. Fast schon als musikalische Sensation gelten historische Aufnahmen des Norddeutschen Rundfunks, auf denen der Bariton Dietrich Fischer Dieskau Lieder von Henri Marteau eingesungen hat. Auch diese Aufnahmen sollen wieder veröffentlicht werden.

So wie die erste vorliegende CD werden auch die folgenden Veröffentlichungen bei dem Münchner Independent Label Solo Musica erscheinen. „Solche Sachen bekannt zu machen, das ist genau unsere Aufgabe“, sagt Hubert Haas von Solo Musica. Auch wenn es ein kleines Label ist, so sei der Vertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz über Sony Music und für den Rest der Welt über Naxos gesichert. Über die Naxos Music Library hätte außerdem sämtliche Musikhochschulen Zugriff auf die Aufnahmen, die auch über Streaming-Dienste und in Studioqualität zum Download angeboten werden. Für Spezialisten denkt Hubert Haas sogar über eine Veröffentlichung auf Vinyl nach. Erhältlich ist die neue CD aber auch ganz traditionell im Handel, über Amazon oder über die Kultur- und Heimatpflege des Bezirks Oberfranken (Telefon 0921/604-1608 oder info@haus-marteau.de).

Bild: Unter dem berühmten Bildnis von Henri Marteau in dessen ehemaliger Villa in Lichtenberg stellten Verwaltungsleiter Ulrich Wirz, Bezirkstagspräsident Günther Denzler und Hubert Haas von Solo Musica die neue Marteau-CD vor.

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22.01.2017

Musik für den Frieden / Bayreuther Sänger gestalten Holocaust-Gedenkstunde der Vereinten Nationen in Genf

Bayreuth. Zum Internationalen Tag des Erinnerns an die Opfer des Holocaust und zum Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau haben die Vereinten Nationen einen eigenen Gedenktag eingeführt. Mit einem ganz besonderen Konzert beteiligte sich am Wochenende der Bayreuther Zamirchor an diesem Gedenken. Das Konzert am Sonntagabend in der Zamirhalle bildete gleichzeitig den Auftakt zu einer internationalen Konzertreise des Bayreuther Chores. Die Sängerinnen und Sänger werden in den kommenden Tagen unter anderem bei der offiziellen Gedenkstunde der Vereinten Nationen in Genf, im neuen Kulturzentrum im schweizerischen Lugano sowie im französischen Faverges auftreten.

Auf dem Programm standen die drei zeitgenössischen Kompositionen „Mount Sinai“, „Vaetchanan“  und „Nachamu Ami“ des israelischen Komponisten, Dirigenten und Pianisten Isaak Tavior. Der Musiker wird den Chor auch auf seiner Reise nach Genf begleiten. Taviors Musiksprache ist schwer einzuordnen, sie bewegt sich zwischen traditionellen und zeitgenössischen Klängen, ist voll von überraschenden Dynamik- und Tempo wechseln, langen rhythmischen Chorpassagen sowie lyrisch-melodiösen Zwischenspielen. Weitere Programmpunkte waren unter anderem einige Chöre des österreichischen Komponisten Viktor Ullmann, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde, und die Arie „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ von Robert Stolz, gesungen von der erst 15-jährigen Sopranistin Scarlet Rani Adler.

Das Gedenken an den Holocaust müsse seinen festen Platz haben, denn nur aus der Erinnerung heraus könne auch Versöhnung entstehen, sagte der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, der Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk . Eine Kollektivschuld gebe es nicht, aber auch die junge Generation stehe in der Verantwortung, dass sie so etwas wie der Massenmord an den Juden und anderen Bevölkerungsgruppen niemals wiederholt. Koschyk appellierte an die gesamte Gesellschaft nicht zuzulassen, dass auf leisen Sohlen Intoleranz, Hass und Fanatismus wieder Raum gewinnen.

Auch Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats der deutschen Sinti und Roma, rief die Menschen dazu auf, keine Spaltung der Gesellschaft zuzulassen. „Lassen wir nicht durch Hetzer unsere Herzen vergiften und unsere Köpfe vernebeln“, sagte Rose. Die Gesellschaft werde von Rassismus und Populismus gespalten, das Fundament unseres Zusammenlebens werde damit zerstört. Dagegen stehe das demokratische Wertesystem für mehr als 70 Jahre Frieden, für die deutsche Wiedervereinigung und für eine Zukunft für alle Menschen. Zu Wachsamkeit rief schließlich Peter Jacobi, Präsident des Deutschen Sängerbundes auf. Die Verhöhnung von Menschen, die unsägliches Leid erlitten haben, dürfe keinen Platz in einer freien Gesellschaft haben. Wer hier wegschaut mache sich mitschuldig, sagte Jacobi.

Der Zamirchor ist nach 2011 und 2014 bereits zum dritten Mal eingeladen worden, die offizielle Gedenkstunde der Vereinten Nationen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag  in Genf musikalisch zu gestalten. Für den kleinen Laienchor aus Bayreuth ist es einer seiner bisher größten Auftritte, wenngleich der Zamirchor bereits mehrfach in Israel, 2010 sogar vor der UN-Vollversammlung in New York, aber auch immer wieder in der Region aufgetreten ist. In Genf werden diesmal der Misgav Hagalil Choir aus Israel, die knapp 70 Musiker des Deutschen Radio Orchesters, die beiden Solisten Joanna Sachryn (Cello) und Walter Schreiber (Geige) dabei sein.

Der Zamirchor engagiert sich seit 2006 für die israelisch-deutsche Beziehung. Die rund 30 Chormitglieder im Alter zwischen 15 und 80 Jahren sehen ihr Engagement auch als Beitrag zum Frieden. Bei dem Chor handelt es sich um einen 2006 gegründeten gemischten Laienchor mit rund 30 Mitgliedern. „Bei uns geht es um Musik und um Völkerverständigung“, sagt Barbara Baier, die bereits an vielen Bühnen in Deutschland feste Engagements hatte. Mittlerweile ist der Zamirchor als Verein organisiert, seine Mitglieder sind Hausfrauen, Schüler und Studenten genauso wie Krankenschwestern, Lehrer oder Schauspieler.

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10.01.2017

Standing Ovations für die Stadtkapelle / Umjubeltes Konzert des Kulmbacher Klangkörpers zum Jahresauftakt

Kulmbach.  Überschwängliche Lobeshymnen für Thomas Besand und die Stadtkapelle Kulmbach, das ist schon fast normal. Und so war es auch in diesem Jahr wieder ein fulminantes Neujahrskonzert am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle, ganz nach dem Geschmack des Publikums, Blasmusik auf höchstem Niveau, mit Können, Musizierfreude und jeder Menge Spaß.

Die musikalische Begrüßung des neuen Jahres ist nicht nur ein schöner Brauch, sondern auch ein Ritual, das niemand mehr missen möchte. Gerade in Kulmbach, wie sonst wäre es zu erklären, dass das Neujahrskonzert der Stadtkapelle bereits seit Wochen ausverkauft ist und gar keiner Werbung mehr bedarf. Auch diesmal hatte es der Klangkörper unter seinem Dirigenten Thomas Besand wieder geschafft, die über 50 Musiker hervorragend zu motivieren und viele hundert Zuhörer schwungvoll und anspruchsvoll zweieinhalb Stunden lang zu unterhalten.

Es sind vor allem die populäre Werke, die ein Neujahrskonzert ausmachen. Franz Lehars Konzertwalzer „Gold und Silber“ zum Beispiel, der erst vor wenigen Tagen am gleichen Ort von den Hofer Symphonikern aufgeführt wurde. Ein bekannter und bewährter Walzer, bei dem der Dirigent sämtliche Verzögerungen und Beschleunigungen aufs Beste auskostet. Kein Wunder, dass Teile der Stadtkapelle fröhlich im Takt mitwippen.

Kein Neujahrskonzert ohne Johann Strauss. Diesmal hatte Thomas Besand die „Tritsch-Tratsch-Polka“ aufs Programm gesetzt, bei deren Tempo höchste Virtuosität gefordert ist. Ebenso bei der Ouvertüre zur Operette „Frau Luna“ von Paul Lincke, die passgenau auf den Klangkörper zugeschnitten scheint und bei dem das Publikum in Ohrwürmern wie „Schlösser, die im Monde liegen“ schwelgen darf.

Komplett neu im Programm war die Ouvertüre zu der Märchenoper „Wenn ich König wär“ von Adolphe Adam. Tiefromantisch komponiert und trotzdem spritzig aufgeführt, lassen Thomas Besand und seine Musiker das wahre Meisterwerk der französischen Romantik erklingen. Schon dieser Auftakt war nicht nur ein strahlendes Beispiel für den Glanz des französischen Musiktheaters, sondern auch für die hohe Professionalität der Stadtkapelle.

Die Vielseitigkeit moderner konzertanter Blasmusik zeigen Kompositionen wie das auf Tempo und im Big-Band-Stil gespielte Chanson „La Mer“ des Interpreten Charles Trenet oder ein Medley der bekanntesten Melodien des legendären amerikanischen Filmkomponisten Henry Mancini auf. Von „Moon River“ bis zum „rosaroten Panther“ war alles dabei. Von den Musikern wurde dies alles großartig zum Klingen gebracht, zumal die Stadtkapelle auch hier absolut transparent, homogen und exakt spielt. 

Da passt auch die „German Folk Fantasy“ gut dazu, ein Geschenk der befreundeten Lüneburger Stadtorchester an die Kulmbacher Musiker. Stefan Schwalgin hatte diese Fantasie im Big-Band- Sound über Norddeutsche Volkslieder arrangiert. Diese durchaus ungewöhnliche Zusammenstellung erklingt dynamisch und rhythmisch schlüssig differenziert, was für die Musiker der Stadtkapelle alles kein Problem ist.

Trotz aller Ausflüge ins Zeitgenössische haben freilich auch traditionelle  Marschkompositionen ihren festen Platz. Diesmal setzte Thomas Besand den Konzertmarsch „Abel Tasman“ von Alexander Pfluger, den in atemberaubendem Tempo musizierten „UNO-Marsch“ von Robert Stolz und „Die Regimentskinder“ von Julius Fuczik aufs Programm. Klangvoll und schmissig wird dies alles gespielt. In den Interpretationen der Stadtkapelle schimmern dabei aber auch wahre Kleinode der Musikliteratur durch. Die Marschmusik lebt eben vor allem von der Homogenität ihrer Aufführung, das wird wieder einmal deutlich.

Höhepunkte eines jeden Neujahrskonzertes sind traditionell die Auftritte von Solisten. Diesmal gab es den Erfolgstitel „You raise me up“, fabelhaft gesungen von Elke Höhn. Ebenso den Song „On the sunny side oft he street“, den Elke Höhn als Duett zusammen mit Thomas Besand interpretierte. Jens Schieder und Mutter Monika waren die beiden Flügelhornsolisten in der Polka „Max und Moritz“ von Guido Henn und beide musizieren dabei blitzsauber. Stadtkapellenvorstand Roland Jonak schließlich greift wieder einmal zum Xylophon im „Csárdás“ von Vittorio Monti und trumpfte dabei in altbewährter Art und Weise auf, so dass er wahre Jubelstürme entfacht und sofort eine Zugabe geben muss.

Informativ und unterhaltsam zugleich mit interessanten Hintergrundinfos führte auch diesmal wieder Karl Heinrich Backert durch das Programm und verschafft den Musikern damit die notwendigen Atempausen. Wehmut kommt auf, als Vorstand Jonak gleich am Anfang verkündet, dass es für Ehrenmitglied Heinz Geiger, der seit 1965 an der Tuba aktiv ist, das letzte Konzert sein soll. Kein Neujahrskonzert ohne Zugaben: Neben den „Alten Kameraden“, Oberbürgermeister Henry Schramm zum 10-jährigen Amtsjubiläum gewidmet, gab es natürlich wieder einen munteren „Radetzky-Marsch“ von Strauss Vater in der Wiener Originalfassung für Blasorchester als Schlusspunkt, der mit seiner fröhlichen Nonchalance die Zuhörer zu ausgelassenem Mitklatschen ermunterte. Am Ende eines langen Blasmusikabends gab es tosenden Applaus und Standing Ovations für die Stadtkapelle und ihren Dirigenten.

Bilder:
1. Mit viel Schwung ins neue Jahr: Thomas Besand und die Stadtkapelle Kulmbach am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle.
2. Jens und Monika Schieder am Flügelhorn als Max und Moritz.
3. Stadtkapellenvorstand Roland Jonak spielte den Csárdás von Vittorio Monti am Xylophon.
4. Wahre Multitalente: Elke Höhn und Thomas Besand interpretierten den Song „On the sunny side oft he street“.

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07.01.2017

Beliebig aber voller Fantasie / Schwungvoll und sentimental zugleich: Neujahrskonzert der Hofer Symphoniker unter Johannes Klumpp

Kulmbach. Zugegeben, in das Konzertmotto „Wünsche und Träume“ lässt sich so ziemlich alles das packen, was früher, als es noch Plattenläden gab, in der Abteilung „Leichte Klassik“ zu finden war. Man muss freilich auch eingestehen, dass dieses Motto wie kaum ein anderes für ein Neujahrskonzert passt. Erst recht für das Neujahrskonzert der Hofer Symphoniker am Samstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle. Einmal mehr gab es dabei unter dem Stuttgarter Dirigenten Johannes Klumpp eine musikalische Fantasiereise durch die Jahreszeiten.

Das war aber auch schon die einzige Klammer, die das Konzert irgendwie zusammenhielt. Die einen werden sagen, das Programm ist gut gemixt aus bekannten und wohlklingenden Werken. Andere werden die Beliebigkeit bemängeln, mit der Johannes Klupp Walzerseligkeit von Johann Strauss und Franz Lehar an impressionistische Klänge von Claude Debussy und Romantisches von Peter Tschaikowsky reiht, dazwischen immer wieder mal einen barocken Satz aus den vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi und am Schluss, nach der „schönen blauen Donau“ nicht etwa gleich der Radetzky-Marsch - der kommt erst ganz am Ende - sondern erst einmal Engelbert Humperdincks Abendsegen. Kurzweilig ist das alles schon, aber eben auch ein wenig beliebig, um nicht zu sagen belanglos, aber zumindest unverbindlich.

Schwungvoll und einschmeichelnd lässt Johannes Klumpp, seit 2013 Chefdirigent des Folkwang Kammerorchesters Essen, und gleichzeitig künstlerischer Leiter des Festivals der Sommermusikakademie Schloss Hundisburg in Sachsen-Anhalt, den Frühlingsstimmen-Walter von Johann Strauss und später dessen Walzer „Wein, Weib und Gesang ertönen. Lehars Gold-und-Silber-Walzer hat er beinahe verinnerlicht und führt ihn raffiniert „schwankend“ im Dreiertakt, sentimental und sogar mit ein wenig Schmiss auf.

Effektvoll auch die anderen Kompositionen, dazu waren die Hofer Symphoniker eigens mit ganz großen Apparat nach Kulmbach gekommen, Cembalo, Harfe und jede Menge Schlagwerk eben. So erklingen Emil Waldteufels Schlittschuhläufer, der erste Satz aus Tschaikowsky Wintersymphonie, Felix Mendelssohn Bartholdys Scherzo aus dem „Sommernachtstraum“, Debussys wundervolles „Claire de lune“ oder eben Humperdincks Abendsegen in romantisch bunten Bühnenfarben. Alles kurze aber sehr effektvolle Stück, die auch so klingen, liebevoll und voller Fantasie.

Hauptwerk des Neujahrskonzert waren freilich „Die vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi, oder besser jeweils ein eingestreuter Satz aus allen vier Einzelkonzerten. Das passt zu den Häppchen des übrigen Konzertes, mit großer Lust am Auskosten der zahlreichen Details, die Johannes Klumpp nicht nur gestaltet, sondern zuvor auch ausführlich erklärt. Die Hofer Symphoniker stellen dabei unter Beweis, zu welch klangfarblichen Möglichkeiten ihre Streicher fähig sind. Vor allem im jeweils dritten Satz aus dem Frühling und dem Sommer blitzen die außerordentliche Musikalität und das Können  von Konzertmeister Lorenzo Lucca als Sologeiger auf.

Bild: Die Hofer Symphoniker unter Johannes Klumpp bei ihrem Neujahrskonzert in der Kulmbacher Dr.-Stammberger-Halle.

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20.12.2016

Weihnachtliche Akzente und volkstümliche Schlager / Geraldine Olivier, Judith und Mel sowie Captain Freddy begeisterten bei der PS-Gala ihr Publikum

Kulmbach. Seit vielen Jahren lässt die Sparkasse Kulmbach-Kronach den Schlager hochleben. Es ist es guter Brauch, die Gewinnübergabe des PS-Sparens in den Tagen vor Weihnachten mit einer hochkarätigen Gala zu feiern und der Publikumszuspruch gibt der Sparkasse recht. Einmal mehr war die Dr.-Stammberger-Halle gut gefüllt. Garanten dafür waren diesmal die Schweizer Grand-Prix-Siegerin der Volksmusik Geraldine Olivier, das norddeutsche Schlagerduo Judith und Mel sowie der Saxophon-Solist Captain Freddy.

Weihnachtliche Akzente und volkstümliche Schlager standen im Mittelpunkt der traditionellen PS-Gala. Nach dem offiziellen Teil gab es drei Stunden lang Unterhaltung pur. In wechselnder Reihenfolge traten die Künstler auf, zunächst in einem reinen Showteil, dann in einem besinnlichen Teil mit ruhigen und nachdenklichen Liedern.

Die Schweizer Sängerin Geraldine Oliver (oben) wurde vom Publikum mit einem besonders vielseitigen Repertoire gefeiert. Mit dem Titel „Nimm dir wieder einmal Zeit“ hatte sie bereits 1995 den Grand Prix der Volksmusik gewonnen. Klar, dass ihr Hit auch in Kulmbach nicht fehlen durfte. Mit ihrer wunderbaren Stimme aber auch mit ihrer schwungvollen und herzlichen Ausstrahlung erobert sie das Publikum im Sturm.

Mit Liedern wie „Seemann lass das Träumen“ oder „Der weiße Mond von Maratonga“ erinnerte Geraldine Olivier an die Schlagerlegende Lolita. Aus der französischsprachigen Schweiz stammend hatte sie kürzlich auch ein Album auf Französisch veröffentlicht, daraus gab es den Titel „Qui saura“. Weil die Luft so trocken ist, trinkt Geraldine Olivier auf der Bühne Wasser, hätte aber gerne Champagner, bis Sparkassenchef Weiss endlich ein Kulmbacher Bier bringt, an dem sie freilich nur etwas nippt. Ihren Erfolgstitel „Champagner fürs ganze Lokal“ singt sie trotzdem.

„Musik ist seine Leidenschaft“, das glaubt man Captain Freddy (rechts) sofort. Der Instrumental-Solist und Ex-Bandleader der Erfolgsformation „Captain Cook und seine singenden Saxophone“ hatte viele Traummelodien für sein Instrument, das Saxophon mitgebracht. Schon vor Jahren hatte er die Segel seiner Solokarriere gesetzt und war allein auf große Fahrt gegangen. Seitdem formten hunderte von Auftritten in ganz Europa und Übersee seine Entertainer-Qualitäten.

Captain Freddy startet mit „Junge komm bald wieder“, gibt aber gleich zu, dass er eigentlich aus dem bayerischen Günzburg stammt. Genauso wie mit den „Singenden Saxophonen“ spielt er auch alleine Evergreens wie „Rote Korallen“ oder „Unter fremden Sternen“. Bei „Aber dich gibt´s nur einmal für mich“ singt Captain Freddy auch mit sonorer Stimme. Höhepunkt ist ein Duett, bei der er Geraldine Oliver auf dem Saxophon begleitet. Zu hören gibt es dabei eine wunderschöne Version des Heidi-Brühl-Klassikers „Wir wollen niemals auseinandergeh´n“.

Dritter Show Act des Abends sind schließlich Judith und Mel Jersey (links). Sie stehen schon seit über 30 Jahren gemeinsam auf der Bühne und gelten als eines der erfolgreichsten, deutschen, volkstümlichen Schlagerduos. Auch sie wurden durch den Grand Prix der Volksmusik bekannt, wo sie 1990 mit dem Lied „Land im Norden“ international auf den 5. Platz kamen. Insgesamt waren die beiden neun Mal beim Grand Prix der Volksmusik dabei und erreichten jedes Mal das internationale Finale.

Judit und Mel sind seit bald 50 Jahren auch privat ein Paar und da nimmt man es ihnen ab, wenn sie Titel interpretieren wie „Bis ans Ende der Zeit“, „Du hast mich, du hast meine Liebe“ oder „Ticket für zwei“ aus der Jubiläums-CD „30 Jahre gemeinsam auf der Bühne“. Höhepunkt ihres Weihnachtsprogramms ist zweifellos die deutsche Version des Cliff-Richard-Klassikers „Christmas time, mistletoe and wine“, der bei Judith und Mel „Weihnachtszeit, schönste Zeit“ heißt.

Sowohl Geraldine Olivier, als auch Judith und Mel sowie Captain Freddy zeigten sich bei der Gala als Stars zum Anfassen, die schon in der Pause ins Foyer gekommen waren, unermüdlich Autogramme schrieben und sich gutgelaunt mit ihren Fans fotografieren ließen.

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18.12.2016

Perfekt, packend und fein phrasiert / Stimmungsvolle Weihnachtskonzerte mit dem Kulmbacher Kammerorchester

Kulmbach. Zu allen Zeiten haben Komponisten Musik für die Weihnachtszeit geschrieben, teils zur Aufführung im Gottesdienst, teils für Konzerte. Eine wahre Blütezeit erlebte die Weihnachtskantate im Barock. Dort ist auch der norddeutsche Komponist und Organist Arnold Melchior Brunckhorst (1670 – 1725) einzuordnen, der eine Weihnachtsgeschichte vertont hat, die heute nahezu in Vergessenheit geraten ist.

Wäre da nicht Thomas Grünke mit seinem Kulmbacher Kammerorchester und dem St.-Johannes-Chor aus Trebgast. Dirigent, Musiker und Sänger haben die Weihnachtsgeschichte von Arnold Melchior Brunckhorst aus den Archiven geholt, bestens einstudiert und zu ihren Weihnachtskonzerten am Sonntagnachmittag in Burghaig und am Abend in der Katholischen Kirche „Unsere Liebe Frau“ in Kulmbach aufgeführt. In Burghaig ist die Kirche dabei so überfüllt, dass Pfarrer Holger Fischer im Vorfeld schon mal vorsorglich auf die Notausgänge hinweist.

Mit ihrem lebensvollen musikantischen Impuls und den chortechnisch wie besetzungsmäßigen Anforderungen bietet die Weihnachtsgeschichte nach Brunckhorst eine ideale Weihnachtsmusik. Sie ist das Ergebnis eines handwerklich brillanten und in der Wirkung sehr effektiven Stils, eine Art „Weihnachtsoratorium light“, was schon an der Länge, beziehungsweise Kürze von einer knappen halben Stunde deutlich wird. Nichts desto trotz, die Komposition ist nicht nur absolut wirkungsvoll, sie ist es auch wert, aufgeführt zu werden. Hier zeigt sich die Qualität des Kulmbacher Kammerorchesters und des Trebgaster St.-Johannes-Chores. Imposant und kompakt erstrahlen die Chorsätze, wobei sich Männer- wie Frauenstimmen durch einen angenehm zupackenden, klanglich sehr charaktervollen Duktus auszeichnen. Sorgfältig und stimmig spielt das Orchester unter dem Dirigat Grünkes.

Auch mit dem Solistenquartett hat der Dirigent eine gute Wahl getroffen. Mit silbrigem anschmiegsamen Klang, glasklar und glockenhell kann die Sopranistin Marion Schmid, bekannt vom Gesangsquartett Vocalisto, überzeugen. Flexibel in der Stimmgebung und hervorragend disponiert ist Altistin Melina Meschkat. Der amerikanische Tenor James Clark, in der Region längst kein Unbekannter, meistert seinen Part perfekt, routiniert und mit großer stimmlicher wie atemtechnischer Kapazität, während Bassist Tobias Freund aus Nürnberg eine hervorragende stimmliche Grundlage, angenehm timbriert und durchaus voluminös bildet. Sein Bass(bariton) kommt in der warmen Akustik der Burghaiger Kirche besonders gut zum Tragen. Alle vier Solisten haben eine herausragende Textverständlichkeit gemeinsam.

Zuvor führte das Kammerorchesters den ersten Satz aus Carl Philipp Emanuel Bachs „Magnifikat anima mea dominum“ und Johann Sebastian Bachs Orchestersuite Nr. 3 D-Dur auf. Die Musiker werden dabei den Ansprüchen einer fast schon mustergültigen Wiedergabe dieser wertvollen Stücke gerecht; gerade weil fast immer auf sehr hohem Niveau musiziert wird. Im  „Magnifikat“  von Carl Philipp Emanuel, dem berühmtesten der Bach-Söhne, kommen der Farbenreichtum und die packende Spielfreude gleich zu Beginn des Konzertes so richtig zum Tragen.

In der Orchestersuite blitzt so manch feine Phrasierung auf und das Kammerorchester spielt einmal mehr virtuos. Höhepunkt ist natürlich der mit „Air“ (Arie) überschriebene Satz, sicher eine der bekanntesten Bach-Kompositionen. Hier schweigen Trompeten, Oboen und Pauken, allein Streicher und Cembalo spielen den liedhaften Satz im Vier-Viertel-Takt mit seiner ausladenden Oberstimmenmelodie und dem in regelmäßigen Achteln schreitenden Bass.

Bleiben noch ein wundervolles Weihnachtslied des zeitgenössischen englischen Komponisten John Rutter mit dem Titel „Christmas Lullaby“ und die Arie „O du, die Wonne verkündet in Zion“ aus dem „Messias“ von Georg Friedrich Händel, die von der Altistin Melina Meschkat mit überaus tragfähiger Stimme und großer Textverständlichkeit hervorragend interpretiert wird. Natürlich gab es am Ende einen Riesenapplaus, das Weihnachtslied „Engel bringen frohe Kunde“ sowie ein gemeinsam gesungenes „Tochter Zion“ als Zugabe.

Bilder:
- Das Kulmbacher Kammerorchester und der Trebgaster St.-Johannes-Chor bei seinem Weihnachtskonzert am Sonntag in der total überfüllten Burghaiger Johanneskirche.
-
Mit einer Arie aus dem „Messias“ von Georg Friedrich Händel konnte die Altistin Melina Meschkat beim Weihnachtskonzert des Kulmbacher Kammerorchesters überzeugen.

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16.12.2016

Ästhetik der goldenen Tanzkultur / Märchenhaft und museal: St. Petersburg Festival Ballett gastierte mit Tschaikowskys „Schwanensee“ in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Für die Sparte Ballett ist es abseits der Metropolen schwer geworden. Ein junges Publikum gibt es kaum noch, viele kennen die Kunstgattung gar nicht mehr. Im Zuge vieler Sparmaßnahmen werden die Produktionen auch an großen Häusern weniger und so könnte man fast glauben, dass die Ballettkunst langsam ausstirbt. Wenn, ja wenn es nicht Tourneetheater gäbe, die zwar nicht gerade mit bahnbrechenden, sondern eher mit konservativen, um nicht zu sagen musealen Inszenierungen aufwarten, aber dennoch etwas von der großen Faszination Ballett vermitteln. Das St. Petersburg Festival Ballett ist so eine Truppe, die Jahr für Jahr um die Weihnachtszeit entweder mit Peter Tschaikowskys „Nußknacker“, mit „Dornröschen“ oder mit dem „Schwanensee“ durch die Lande zieht. Mit „Schwanensee“ machten sie am Freitagabend in der Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach Station. Wenn auch viele Plätze leer blieben, so war es doch ein erstaunlich junges, aufmerksames und sachkundiges Publikum, das diesen „Schwanensee“ sehen wollte.

Die romantische märchenhafte Geschichte um Macht und Liebe, in der sich der junge Prinz Siegfried in die verzauberte Schwanenprinzessin Odette verliebt und sie vom bösen Zauber des Magiers Rothbart befreit, das ist der Stoff, aus dem Ballettträume sind. „Schwanensee“, das ist fast schon ein Synonym geworden für die Eleganz des klassischen Balletts auf höchstem Niveau.

Das St. Petersburg Festival Ballett gilt als eines der besten Ballett-Ensembles der Petersburger Schule und es steht für strenge klassische Eleganz und für Tanzleistung in Perfektion. Die Macher haben dazu ganz traditionelle opulente Kostüme und kitschig-schöne Bühnenbilder geschaffen. Hier wird die Ästhetik der goldenen Tanzkultur großgeschrieben. Alle Tänzerinnen und Tänzer agieren in Kulmbach auf sehr hohem Niveau und überzeugen mit Können und einer blitzsauberen Tanzleistung.

Wie gesagt, bahnbrechende Choreographien wird ernsthaft niemand erwartet haben. Ganz traditionell setzen die Macher auf geometrische Figuren, da laufen Tänzerreihen wunderbar ineinander, da werden immer wieder bewegte Ornamente, Kreise, Dreiecke, Quadrate und Winkel gebildet, ganz mit Revue-Charakter und das alles bei der wunderbaren Musik Tschaikowskys, die freilich vom Band kommt. Der Zauber der perfekten Show stellt sich trotzdem ein.

Irina Borisova, Absolventin der Kiew-Ballett-Akademie, vereint in der Doppelrolle als weißer Schwan Odette und als schwarzer Schwan Odile Eleganz mit Pathos, ganz in alter russischer Schule. Mit graziöser Eleganz und athletischer Sprungfertigkeit tanzt Ivan Sitnikov, bis 2014 Solotänzer am Mariinski-Theater in St. Petersburg, als Siegfried. Den Zauberer Rothbart gibt ein stets präsenter Arseni Islamov perfekt und im fantasievollen Kostüm, den Hofnarr tanzt in ebenfalls überragender Manier Sergeij Dubrovin. Höhepunkte sind zweifellos die Charaktertänze und Solovariationen, die Pas de deux Siegfrieds mit dem weißen Schwan im zweiten Akt und mit dem schwarzen Schwan im 3. Akt.

Insgesamt besteht das St. Petersburg Festival Ballett aus über 40 Tänzern, 32 sind pro Abend auf der Bühne, alle sind Absolventen renommierter russischer Ballett-Schulen. Sämtliche Tänzer haben bereits an führenden Ballett-Theatern Russlands gearbeitet und zahlreiche Preise bei internationalen Ballett-Festivals und -Wettbewerben gewonnen. Zusammen bilden sie im St. Petersburg Festival Ballett eine der ästhetisch und technisch besten Ballett-Kompanien nicht nur Russlands. Die künstlerische Leitung lag in den Händen der beiden Choreographen von Margarita Kamysh und Nikolai Boyarchikov, beide große Namen der renommierten Tanzszene.

Natürlich krönte am Ende ein großer Schlussapplaus mit Jubel, Bravo-Rufen und sogar einem Blumenstrauß für die Hauptdarstellerin den russischen Ballettabend in der Dr.-Stammberger-Halle. Stephan Herbert Fuchs

Bilder:
- Irina Borisova und Ivan Sitnikov tanzten die beiden Hauptpartien des Prinzen Siegfried und der Odette.
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Die Interpretation ist traditionell, klassisch, fast museal. Dennoch konnte das St. Petersburg Festival Ballett mit Tschaikowskys Schwanensee am Freitagabend in der Dr.-Stammberger-Halle überzeugen.

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09.12.2016

Effektvoll, zupackend und geschmackvoll: Ljubka Biagioni und ihre Sofia Symphonics stimmten in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle auf Weihnachten ein

Kulmbach. Vertrautes und nicht so bekanntes Weihnachtsrepertoire in prächtigen Arrangements, wunderbar gespielt und eindrucksvoll wiedergegeben, das ist die „Magie von Weihnachten“. Chor und Orchester der Sofia Symphonics unter der Leitung von Ljubka Biagioni zu Guttenberg sind die Überbringer dieser frohen Botschaft am Samstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle. Einmal mehr ist es ein hochkarätiges wie stimmungsvolles Konzert mit einem populären Programm, das die perfekte Einstimmung auf das Weihnachtsfest ist und sich völlig zu Recht mit dem Prädikat „Die Magie von Weihnachten“ schmücken durfte.

Auch diesmal spannt das Programm wieder einen weiten Bogen von klassischen Weihnachtslieder wie „In dulci jubilo“ über festliche Klassik, mit Ausschnitten aus Tschaikowskys Nußknacker-Suite, bis hin zu amerikanischen Christmas Songs wie „White Christmas“ oder Rudolph the red nosed reindeer“. Höhepunkte des Abends sind klassische Acapella-Sätze, zum Beispiel Max Regers „Schlaf wohl du Himmelsknabe du“, aber auch die raffinierte Orchester- und Chor-Arrangements, etwa von „The first noel“ oder von „Stille Nacht, heilige Nacht“. Wie bei festlicher Weihnachtsmusik dieser Art üblich darf es gerne mal auch ein wenig kitschig sein, da tragen die Arrangements schon mal dick auf, klingen manchmal mehr amerikanisch als europäisch und der Klangkörper musiziert mit großer Spielfreude glamourös im Breitwandformat.

Als nicht angekündigten Überraschungsgast hatte die Dirigentin den bulgarischen Jazz- und Popsänger Vassil Petrov mitgebracht, der in bester Frank-Sinatra-Manier und mit prägnanter sonorer Gesangsstimme einige Weihnachtslieder zum Besten gibt. Vassil Petrov ist in seiner Heimat ein echter Star und sorgte auch schon weit darüber hinaus mit seinen Sinatra-Shows für Aufsehen. Petrov, der mit Mikrofon singt und aus dem Publikum heraus auftritt, klingt wie Frank Sinatra und hat eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Mit seiner samtenen Stimme und seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung wird er zu Recht gefeiert.

Natürlich ist das Niveau des Orchesters durchgehend hoch, technisch gibt es keinerlei Mängel und Ljubka Biagioni hat das alles frisch und zupackend im Griff. Gerne zielt sie auch mal auf den einen oder anderen Effekt ab, aber genau das ist es ja auch, was man bei einem solchen Konzert mit einem derart populären Programm erwartet. Das Orchester musiziert trotzdem von Anfang bis Ende mit größter Sorgfalt und Differenziertheit und stets wohltuend geschmackvoll.

Das gleiche gilt für den Chor, der vor allem durch ein wunderbares Piano und einer besonderen Textverständlichkeit auffällt. Etwa in der Acapella-Version von „Maria durch ein Dornwald ging“ fällt nicht nur das Piano so positiv auf, sondern auch das wunderbar austarierte Gleichgewicht der Männer- und Frauenstimmen. Musikalisch besonders bemerkenswert wird es immer dann, wenn Chor und Orchester im Wechselspiel musizieren und dabei zu enormen Klangsteigerungen fähig sein, die bei vielen Zuhörern nicht nur für Staunen sorgen, sondern ein echtes Gänsehaut-Gefühl auslösen.

Moderiert wird der Abend von der Dirigentin mit Wahlheimat Kulmbacher Land, die mit ihrem Charme und ihrer Herzlichkeit die Zuhörer verzaubert. „Kulmbach ist meine musikalische Heimat“, sagt sie. Zwei Mal wird sie auch zur Rezitatorin, einmal mit Hermann Hesses „Weihnachtsabend“, später mit „Fern im Osten wird es helle“ des frühromantischen Schriftstellers Novalis. Ein Novum sorgte schon vor dem Konzert für Aufmerksamkeit: eine Bläsergruppe aus dem Orchester spielte im Foyer einige festliche Bläsersätze und stimmte die Besucher hervorragend auf den Abend ein.

Am Ende gibt es einen nicht enden wollenden Beifall, Standing Ovations und Worte des Dankes von Oberbürgermeister Henry Schramm, die lediglich durch einen Zwischenruf („Sie verderben die Weihnachtsstimmung“) unterbrochen werden. Das Stadtoberhaupt spricht von einem wunderbaren Abend und von einer großen Fangemeinde, die Ljubka Biagioni zu Guttenberg mittlerweile in Kulmbach gewonnen hat. Die Musik habe an diesem Abend die Herzen der Menschen nicht nur erreicht, sondern auch verzaubert.

Bilder:
- Ljubka Biagioni leitete die Sofia Symphonics am Samstagabend beim eindrucksvollen Weihnachtskonzert in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle.
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Mit Vassil Petrov hatte die Dirigentin einen Sänger mit sonorer Stimme nach Kulmbach gebracht, der einige Weihnachtslieder in bester Frank-Sinatra-Manier zum Besten gab.

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07.12.2016

Ernste Musik muss gar nicht ernst sein / Außergewöhnliche Musikstunden mit Rekkenze Brass an der Pestalozzi- und an der Meußdoerffer-Grundschule

Kulmbach. Noch etwas schüchtern wippen die Schüler zunächst im Takt mit, doch schon nach wenigen Takten ist das Eis gebrochen und die über 80 Dritt- und Viertklässer der Pestalozzi-Grundschule klatschen begeistert mit. „Die Musik war auch schon vor ein paar hundert Jahren ganz schön rockig“, sagt Trompeter Benjamin Sebald. Er ist Profimusiker und seit Jahren beim Hofer Blechbläserquintett Rekkenze Brass dabei, wo der gebürtige Pegnitzer die Trompete spielt. 

Nach Hof, Baunach und Bamberg waren die fünf Profimusiker von Rekkenze Brass am Mittwoch nach Kulmbach zur Pestalozzi-Grundschule und in die Meußdoerffer Grundschule gekommen, um eine Musikstunde der besonderen Art zu geben. Kaum hatten sie die Aula der Musikschule betreten, zogen sie die meist rock-, pop- und hip-hop verwöhnten Kids auch schon in ihren Bann. Ein mittelalterlicher Tanz von Michael Preatorius begeisterte das junge Publikum ebenso wie George Gershwins „Bindin my time“. Das besondere an den Musikhörstunden mit Rekkenze Brass ist, dass die fünf Musiker die Kompositionen nicht nur mit  viel Witz erklären, sondern das junge Publikum auch aktiv einbeziehen.

Am meisten Applaus bekommt dabei der zehnjährige Andre, den Rekkenze Brass kurzerhand zu einem Triangel-Solo in Leroy Andersons Triangle-Song verpflichtet, was der Viertklässer, mit Bravour bewältigt. Aber auch für seinen Mitschüler Dokan ist es kein Problem, das höchste und das tiefste Instrument zu erkennen. Natürlich kommt die Nummer mit dem Gartenschlauch immer wieder gut an. Den Schlauch hat Hornistin Debra Luttrell mit einem Mundstück am einen und einem Trichter am anderen Ende präpariert, um ihn über die erstaunten Köpfe kreisen zu lassen und dabei auch noch richtige Musik zu machen.

Das hätten sie sich die Kinder der Pestalozzi-Grundschule, nicht träumen lassen, dass klassische Musik so spannend und so witzig zugleich sein kann. In einer Zeit, in der es längst nicht mehr selbstverständlich ist, dass Kinder mit dieser Art von Musik konfrontiert werden, hat es sich das renommierte Hofer Blechbläserquintett Rekkenze Brass seit Jahren zur Aufgabe gemacht, Musik in die Schulen zu bringen und jungen Leuten klar zu machen, dass die sogenannte ernste Musik nicht unbedingt auch immer ernst sein muss.

Rekkenze Brass, das ist das berühmte Blechbläserquintett aus Hof, das seit vielen Jahren mit seinen Konzerten Musikfreunde in aller Welt zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Rekkenze Brass ist aber auch eine Formation, die mit großer Leidenschaft besonders bei jungen Leuten immer wieder für die Faszination der Musik wirbt.

„Uns geht es mit den Musikhörstunden aber nicht nur darum, den Kindern die klassische Musik nahe zu bringen, sondern auch darum, ihr Interesse und Verständnis für Musik zu wecken“, sagt Rainer Streit, der aus Kulmbach stammt und der bei Rekkenze Brass die Tuba spielt. Viele von den Schülern seien noch nie in einem klassischen Konzert gewesen. „Sie kennen das Erlebnis gar nicht, der Musik einmal leise zuzuhören und sie einfach so auf sich wirken zu lassen“, sagt Rainer Streit. „Wenn wir dann bei dem einen oder anderen Kind etwas bewirken können, hat sich unser Engagement schon gelohnt.“ Noch besser wäre es natürlich, wenn die eine oder der andere in den nächsten Tagen bei Streits Bruder Harald in der Musikschule vorbeischauen und sich für ein paar Schnupperstunden auf einem Instrument anmelden würden. „Dann hätte sich unser Einsatz absolut gelohnt“, sind sich die Musiker von Rekkenze sicher.

Die Musikhörstunden von Rekkenze Brass werden im Rahmen der Jugendförderung vom Bezirk Oberfranken und seiner Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau in Lichtenberg (Landkreis Hof) veranstaltet und von der Oberfrankenstiftung unterstützt. Während anderswo Musikstunden gekürzt werden, sollen die Schüler unterstützt durch die Oberfrankenstiftung davon profitieren, ein derart renommiertes Ensemble vor Ort zu haben, das sich wie kaum ein zweites der musikalischen Förderung verschrieben hat. Erklärtes Ziel ist es, Schüler unterschiedlichen Alters zur eigenen musikalischen Betätigung anzuregen und diejenigen, die selbst schon ein Instrument spielen, auf die Arbeit des Hauses Marteau und das Oberfränkische Jugendsymphonieorchester aufmerksam zu machen.

Auch Oberbürgermeister Henry Schramm hat es sich an diesem Morgen nicht nehmen lassen, die Musikhörstunde mitzuerleben. Für Schramm, der selbst dem Bezirkstag von Oberfranken angehört, ist es wichtig, dass der Bezirk Geld in die Hand nimmt, um Kinder an die Kultur heranzuführen und sie mit Musik zu konfrontieren. Weitere Musikhörstunden stehen in diesen Tagen in Gräfenberg und Pottenstein auf dem Programm.

Bilder:
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Das Hofer Blechbläserquintett Rekkenze Brass bei seiner Musikhörstunde in Kulmbach.
- Trompeter Benjamin Sebald auf Tuchfühlung mit dem Publikum.

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 Hornistin Debra Luttrell lässt einen Gartenschlauch mit Trichter und Mundstück über den Schüler kreisen.
- Der z
ehnjährige Andre spielt die Solo-Triangel zusammen mit den Musikern von Rekkenze Brass.

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28.10.2016

Die Arche Noah als Geschichte der Gegenwart / Bayreuther Chöre der Hochschule für evangelische Kirchenmusik führen Kinderoratorium „Archenspiel“ auf

Bayreuth. Es ist das größte Projekt in der 25-jährigen Geschichte des Kinder- und Spatzenchors an der Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth. Sogar ein Rap soll vorkommen in dem Kinder-Oratorium „Archenspiel“, das Gerti Richter mit ihren 110 Schützlingen im Alter zwischen fünf und elf Jahren seit Monaten einstudiert. Außerdem ist es eine echte Uraufführung des Werkes, das auf Betreiben von Regionalbischöfin Dorothea Greiner und der Förderstiftung der Hochschule bei dem Autor Maximilian Ponader und den Komponisten Karsten Leykam und Marko Zdralek in Auftrag gegeben wurde. Am Samstag, 12. November, und am Sonntag, 13. November, wird das Werk jeweils um 17 Uhr in der Bayreuther Stadtkirche zu erleben sein.

Gesamtleiterin Gerti Richter, Dozentin an der Hochschule für evangelische Kirchenmusik, verspricht Spektakuläres. 40 bis 50 Scheinwerfer sollen die Stadtkirche in das rechte Licht rücken, ein riesiges Segel wird die Arche aus der biblischen Arche-Noah-Geschichte symbolisieren und neben verschiedenen Musikstilen wird es auch Elemente des Schauspiels, des Tanzes und des Musicals geben, alles kindgerecht und altersgerecht, so dass schon Kinder im Vorschulalter eingeladen sind.

Im Gegensatz zur biblischen Arche-Noah-Geschichte ist beim „Archenspiel“ jeder eingeladen, mit in die Arche zu kommen. Die Vielfalt der Tiere wird zu einer Vielfalt aller menschlichen Lebewesen. „Gegen die Fluten der Belanglosigkeit und Kurzlebigkeit zimmern sie sich eine Arche mit einem festen Grund aus Mitmenschlichkeit und der aktiven Auseinandersetzung mit den Wahrheiten jenseits unserer Verstandeswelt“, heißt es im offiziellen Einführungstext. Damit wird auch klar, dass dieses „Archenspiel“ mitten im jetzt und hier stattfindet und eigentlich eine Geschichte aus der Gegenwart ist. Eine Geschichte, in der es beispielsweise um Konsum oder Entfremdung geht und bei der am Ende Werte wie Wahrheit und Aufrichtigkeit zählen.

Bunt ist das Produktionsteam, das bis zuletzt unter Hochdruck gearbeitet hat. Als Autor fungiert der in Bayreuth aufgewachsene Regisseur und Schauspieler Maximilian Ponader. Komponisten sind der Nürnberger Kirchenmusiker Karsten Leykam, der an der Bayreuther Hochschule studiert hatte und der Marko Zdralek, der als Professor für Theorie und Komposition an der Hochschule lehrt. Dazu kommt noch Jens Hübner, der sich für die Ausstattung, das Lichtkonzept und nicht zuletzt auch für Gestaltung des bunten und vieldeutigen Plakats auszeichnet.

Nach den Worten von Pfarrer Wolfgang Böhm, er ist der Fundraiser, also Mittelbeschaffer für die Förderstiftung der Hochschule, reicht der erste Impuls für den Kompositionsauftrag bereits zwei Jahre zurück. Ein religiöses Stück, verbunden mit einem großen Auftrag sollte es werden. Dank zahlreicher Sponsoren konnten die Kosten im fünfstelligen Bereich abgedeckt werden.

Unter der Gesamtleitung von Gerti Richter werden der Bayreuther Kinder- und Spatzenchor, der Jugendchor, dazu Gesangssolisten aus den Chören sowie sieben Jugendliche, die an der Hochschule unterrichtet werden auftreten. Begleitet werden die Sängerinnen und Sänger von einem 16-köpfigen Kammerorchester unter der Leitung von Nikolaus Richter.

Karten für die beiden Aufführungen am 12. und 13. November, jeweils 17 Uhr, in der Stadtkirche Bayreuth gibt es im Vorverkauf an der Theaterkasse, Opernstraße 22 in Bayreuth, Telefon 0921/69001. Eintrittskarten kosten acht Euro in der ersten Kategorie und drei Euro in der zweiten Kategorie, Kinder sechs, beziehungsweise zwei Euro.

Bild: Gerti Richter und Pfarrer Wolfgang Böhm werben mit diesem Plakat für die Uraufführung des Kinder-Oratoriums „Archenspiel“ am 12. und 13. November in der Bayreuther Stadtkirche.

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15.10.2016

Innig und introvertiert, flexibel und furios / Beethoven pur: Hofer Symphoniker mit Tobias Feldmann und unter Ljubka Biagioni zu Guttenberg in Kulmbach

Kulmbach. Mehr Beethoven geht nicht, zumindest an einem Konzertabend. Unter der Leitung von Ljubka Biagioni zu Guttenberg führten die Hofer Symphoniker am Samstag in der Dr.-Stammberger-Halle neben Beethovens „Egmont“-Ouvertüre  sein Violinkonzert D-Dur op. 61 und die dritte Symphonie Es-Dur op. 55 mit dem Beinamen „Eroika“ auf. Alles Werke mit visionärem Charakter, wahre Meilensteine der Musikgeschichte. Prominenter Solist im Violinkonzert war der junge Geiger Tobias Feldmann. Er war 2001 Sieger des 4. Internationalen Violinwettbewerb Henri Marteau, der alle zwei Jahre unter der Trägerschaft des Bezirks Oberfranken stattfindet.

Das anspruchsvollste aller Violinkonzerte hatte sich Tobias Feldmann herausgesucht, der trotz junger Jahre völlig zurecht auch international zu den vielversprechendsten Talenten unter den Geigern zählt. In seiner Interpretation wechseln sich  furioses Passagenspiel, introvertiertes Innehalten und innig ausgekostete Kantilenen ab. Natürlich musiziert er fabelhaft präzise, flexibel in der Bogenführung und mit atmender Phrasierung. Tobias Feldmann besitzt ein außergewöhnliches Gestaltungsvermögen. Die Töne fließen bei ihm, als wäre es das Natürlichste der Welt. Mit perfekter Technik verleiht er jeder Note ein Eigenleben, verliert aber nicht das große Ganze aus dem Blick und macht melodische Zusammenhänge hörbar. Bemerkenswert sind auch seine Kadenzen, die trotz manch zeitgenössischen Anklangs und der ungewöhnlichen Paukenbegleitung tatsächlich so von Beethoven komponiert wurden. Überaus gelungen ist auch seine Solo-Zugabe, das Stück „Recuerdos de la Alhambra“ des spanischen Komponisten Francisco Tarrega.

Nüchtern und gelassen wird er beim Violinkonzert von den Hofer Symphonikern unter Ljubka Biagioni begleitet. Die Musik fließt ganz selbstverständlich mit großen Bögen. Die Dirigentin führt den Klangkörper mit breiten Strichen, kostet die orchestralen Passagen aus, besonders im Larghetto, dem eigentlichen Zentrum der Komposition. Immer wieder räumt sie Tobias Feldmann seinen Platz als Solisten großzügig frei, sie setzt auf weiche Übergänge und dynamische Ausgewogenheit, am Ende des zweiten Satzes auch auf einen wunderbaren Dialog zwischen Solisten und Orchester.

Überaus eindrucksvoll erklingt auch Beethovens dritte Symphonie, das Es-Dur-Werk mit der Opuszahl 55. Ljubka Biagioni, die Dirigentin aus dem Kulmbacher Land, die vor wenigen Tagen mit der Ehrenmedaille des Bezirks Oberfranken ausgezeichnet wurde, fügt die Symphonie souverän absolut logisch zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Die überschwängliche Begeisterung, mit der Beethoven die Komposition anging, als sie noch als Hommage an Napoleon gedacht war, ist in dieser Interpretation zu spüren. Bekanntlich revidierte Beethoven seine Meinung über Napoleon später und kratzte die Widmung aus der Partitur.

Schroffe und filigrane Klänge wechseln sich im ersten Satz ab, ein liebevoll gestalteter, fast schon kammermusikalisch durchleuchteter Trauermarsch „Marcia funebre“ im zweiten und viel tänzerischen Schwung im Finale, das alles macht Ljubka Biagionis Interpretation aus. Es ist eine Deutung in erstaunlich transparentem Klangbild. Viele Details der Partitur hat man so akkurat selten gehört. Sämtliche Motive werden ganz logisch in Stimmungen umgesetzt, mit großer Detailtreue und einem glänzend aufgestelltem Orchester.

Begonnen hatte der Klangkörper den Abend mit der „Egmont“-Ouvertüre, die Beethoven 1809/1810 nach Motiven zu Johann Wolfgang von Goethes gleichnamigem Trauerspiel komponiert hatte. Auch hier gelingt es den Hofer Symphonikern die Zuhörer von Anfang an durch stilistische Gradlinigkeit und Konsequenz zu fesseln. Perfekt austariert musizieren die Hofer diese Komposition zwischen bühnenhafter Dramatik und musikalischem Einfallsreichtum.

Bild: Tobias Feldmann war der Solist in Beethovens Violinkonzert, das die Hofer Symphoniker unter Ljubka Biagioni zu Guttenberg am Samstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle aufführten.

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06.10.2016

„Mikrokosmos europäischer Geschichte“ / Intendant Marcus Rudolf Axt ließ beim Kulmbacher Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing die Geschichte der Bamberger Symphoniker Revue passieren

Kulmbach. Das Vor-Vorgängerorchester spielte 1787 die Uraufführung von Mozarts „Don Giovanni“, das Vorgängerorchester 1914 die erste Aufführung von Wagners „Parsifal“ außerhalb von Bayreuth und der jetzige Klangkörper hatte bereits Mahlers-Symphonien auf dem Programm, als von der Mahler-Renaissance in Deutschland noch lang keine Rede war: Die Bamberger Symphoniker sind in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Orchester. Um das alles den Kulmbacher Musikfreunden nahe zu bringen, war Intendant Marcus Rudolf Axt zum Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing gekommen.

 Viele Kulmbacher besuchten regelmäßig die Konzerte der Bamberger Symphoniker in der Domstadt und so lag es nahe, einmal den Mann einzuladen, der künstlerisch und wirtschaftliche für das Orchester verantwortlich ist. Axt sprach von einem Schlüsselpunkt, an dem der Klangkörper aktuell angelangt sei. So habe das Orchester im März seinen 70. Geburtstag gefeiert und erst vor wenigen Tagen konnten sich Musiker und Publikum über den gelungenen Einstand des neuen Chefdirigenten Jakob Hrusa freuen. Der aus Brünn stammende 35-Jährige habe zunächst einen Vertrag für fünf Jahre, frühere Chefdirigenten seien aber in der Regel mindestens 15 Jahre in Bamberg geblieben, sagte Axt.

Schon der berühmte Dirigent Hans Knappertsbusch habe die Bamberger bereits 1948 eines der bedeutendsten Orchester Europas genannt. Da lag die Gründung des „Bamberger Tonkünstlerorchesters“ gerade einmal zwei Jahre zurück. Ab 1950 wurden die Bamberger unter ihrem Chefdirigenten Joseph Keilberth in aller Welt zum Kulturbotschafter der neuen Bundesrepublik. Keilberth war nicht nur Chefdirigent bis zu seinem Tod 1968, er war auch Chefdirigent des Deutschen Philharmonischen Orchesters Prag, aus dem die Bamberger Symphoniker hervorgegangen waren.

Warum ausgerechnet von Prag nach Bamberg? Viele Musiker aus Prag hätten Anfang Mai 1945 in den Wirren der letzten Kriegstage flüchten müssen und hätten dies in Richtung Westen getan, denn hier habe sich die amerikanische Besatzungszone befunden. Viele davon seien deshalb in Bamberg geblieben, weil die Domstadt etwa im Gegensatz zu Nürnberg oder zu Städten ähnlicher Größenordnung weniger zerstört war und Bamberg mit dem Domberg und der Altstadt irgendwie an Prag erinnert habe. Vielleicht hatten sich die Musiker hier heimisch gefühlt“, sagte Axt, zudem Bamberg damals wohl auch genügend Platz und Unterkunftsmöglichkeiten für Flüchtlinge gehabt habe.

Auch den Spuren des vielgepriesenen böhmischen Klangs mit seinen warmen Holzbläsern, homogenen Streichern, dem romantischen Blech und einem so ausgewogenen orchestralem Klangbild ging Intendant Axt nach. Der Klangcharakter sei trotz ständiger Fluktuation im Orchester und mehrfachen Wechsels des Chefdirigenten die Frucht langjährigerer Zusammenarbeit, sagte er. Exakt 350 Musiker stünden für die ersten 50 Jahre, 50 davon spielten mehr als 30 Jahre in Bamberg

Der Intendant sah in der Geschichte der Symphoniker einen „Mikrokosmos der europäischen Geschichte“, der geprägt sei von Krieg, Flucht und Vertreibung. „Heute sind die Bamberger Symphoniker eine feste Größe in der deutschen Orchesterlandschaft“, sagte Intendant Axt. International präsent, aber dennoch verwurzelt in einer Region, „die süchtig nach Musik ist“. Nach den Worten des Intendanten hätten die Symphoniker bis heute weit über 7000 Konzerte in 512 Städten und 62 Ländern gespielt. Axt: „Auf diese Bilanz kann unser Orchester zu Recht stolz sein.“

Bild: Der Vorsitzende des Freundeskreises der Evangelischen Akademie Tutzing Bernd Matthes (rechts) bedankte sich beim Intendanten der Bamberger Symphoniker Marcus Rudolf Axt für seinen Vortrag im Martin-Luther-Haus.

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06.10.2016

Musik für den Frieden / Bayreuther Zamirchor gestaltet Holocaust-Gedenkstunde der Vereinten Nationen in Genf

Bayreuth. Nach 2011 und 2014 ist der Zamirchor aus Bayreuth zum dritten Mal eingeladen worden, die offizielle Gedenkstunde der Vereinten Nationen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag  am 26. Januar 2017 in Genf musikalisch zu gestalten. „Wir sind schon alle fleißig am Üben“, sagt Chorleiterin Barbara Baier, die das Mammutprojekt bereits seit Monaten organisiert.

Für den kleinen Laienchor aus Bayreuth ist es einer seiner bisher größten Auftritte, wenngleich der Zamirchor bereits mehrfach in Israel, 2010 sogar vor der UN-Vollversammlung in New York, aber auch immer wieder in der Region aufgetreten ist. Zuletzt gastierte der Klangkörper im Sommer 2015 zum 50. Jahrestag des Freundschaftsabkommens zwischen Israel und Deutschland in der Hofer Freiheitshalle.

In Genf werden diesmal der Misgav Hagalil Choir aus Israel, die knapp 70 Musiker des Deutschen Radio Orchesters, die beiden Solisten Joanna Sachryn (Cello) und Walter Schreiber (Geige) und der bekannte israelische Komponist, Dirigent und Pianist Isaak Tavior dabei sein. Auf dem Programm stehen neben einigen höchst anspruchsvollen zeitgenössischen Kompositionen Taviors auch Werke von Giuseppe Verdi und das berühmte Thema aus dem Film Schindlers Liste von John Williams.

„Ich kann nicht anders“, antwortet Barbara Baier auf die Frage, was sie antreibt. In ihrer Bayreuther Wohnung laufen alle Fäden zusammen. Hier entstand das Programm, hier werden die Bustransfers organisiert, Probenpläne terminiert und hier wird die Finanzierung geklärt. Die  Sopranistin, Gesangslehrerin und Gründerin des Zamirchors hat dabei nicht locker gelassen und rund 100000 Euro zusammengetrommelt.

„Das Ganze ist ja kein Selbstläufer“, sagt die Leiterin und ist froh, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier als Schirmherr gewonnen zu haben. Eingefädelt habe das der Präsident des Fränkischen Sängerbundes Peter Jacoby. Einer der größten Mitfinanziers ist demnach auch das Auswärtige Amt mit rund 10000 Euro. Sponsoren werden freilich noch immer gesucht, allein der Eigenanteil des Zamirchors liegt derzeit bei knapp 8000 Euro. Das bedeutet auch, dass jedes Chormitglied 350 Euro aus der eigenen Tasche für Fahrt und Unterkunft berappen muss.

Trotzdem seien alle mit Feuereifer dabei, sagte Barbara Baier. Die rund 30 Chormitglieder im Alter zwischen 15 und 80 Jahren sehen ihr Engagement auch als Beitrag zum Frieden. Der Holocaust werde mittlerweile von anderen Themen überlagert. „Man hat es einfach nicht mehr so auf dem Schirm“, sagt Barbara Baier. Doch Antisemitismus gebe es immer noch und den könne man genauso auf den Umgang mit Flüchtlingen hierzulande übertragen. Neben UN-Generalsekretär Ban Ki-moon werden bei der Gedenkstunde ein Holocaust-Überlebender sowie der israelische und der deutsche Botschafter sprechen.

Der Zamirchor engagiert sich seit 2006 für die israelisch-deutsche Beziehung. „In der jahrelangen Zusammenarbeit mit unseren Freundschaftschören aus Israel haben wir realisiert, dass der ständige Kontakt außerordentlich wichtig ist und dass es ein ganz großes Bedürfnis nach Austausch gibt, so Barbara Baier.“  Bei dem Chor handelt es sich um einen 2006 gegründeten gemischten Laienchor mit rund 30 Mitgliedern. „Bei uns geht es um Musik und um Völkerverständigung“, sagte Barbara Baier, die bereits an vielen Bühnen in Deutschland feste Engagements hatte. Sie sucht auch immer wieder neue Mitstreiter für den Chor, der wie alle derartigen Zusammenschlüsse einer ständigen Fluktuation unterworfen ist. Mittlerweile ist der Zamirchor als Verein organisiert, seine Mitglieder sind Hausfrauen, Schüler und Studenten genauso wie Krankenschwestern, Lehrer oder Schauspieler. Geprobt wird mindestens einmal pro Woche in der eigenen Zamirhalle, einer kleinen ehemaligen Fabrikhalle in Bayreuth, die von den Mitgliedern in liebevoller Kleinarbeit zum Veranstaltungsort umfunktioniert und ausgestattet wurde.

Vor dem Auftritt in Genf wird der Zamirchor ein A-Cappella-Konzert in Bayreuth (21. Januar), nach dem Genfer Auftritt ein zweites Konzert im neuen Kulturzentrum in schweizerischen Lugano sowie ein weiteres A-Cappella-Konzert im französischen Faverges veranstalten. Ein weiteres Chorkonzert am 9. November 2016 in der Bayreuther Zamirhalle ist dem Gedenken an die Reichskristallnacht  gewidmet.

Bild: Große Ehre für kleinen Chor: der Bayreuther Zamirchor wird im Januar die offizielle Gedenkstunde der Vereinten Nationen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag  in Genf musikalisch ausgestalten.

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02.10.2016

Blasmusik umsonst und draußen /
Stadtkapelle Kulmbach feierte 165. Geburtstag

Kulmbach. Es war ein gelungenes Open-Air-Konzert, ein hervorragender Auftakt für das Grünzugfest und eine rauschende Geburtstagsfeier: Der 165. Geburtstag der Stadtkapelle Kulmbach. Zur Feier gehörten zunächst ein Empfang der Stadt in der Dr.-Stammberger-Halle und schließlich ein Konzertnachmittag unter freiem Himmel. Ein paar Regentropfen konnten dem musikalischen Familienfest nichts anhaben, viele hundert Besucher waren gekommen, um die Stadtkapelle umsonst und draußen zu hören.

Zu einer richtigen Geburtstagfeier gehören natürlich auch prominente Gratulanten. Die wichtigsten waren sicher das Lüneburger Stadtorchester unter seinem Dirigenten Volker Masemann und die Kupferberger Stadtkapelle unter Valerij Efremov. Während des rund 90-minütigen Konzerts der Stadtkapelle, die zunächst alleine, dann zusammen mit dem befreundeten Orchester aus der Partnerstadt Lüneburg aufspielte, gab es freilich auch die eine oder andere Überraschung.

Da war zunächst der Kulmbacher Markgrafenspielmannszug, der die Musiker begrüßte und mal traditionell, mal modern („Puppet on a string“) aufspielte. Ein weiterer Gratulant war der Kulmbacher Büttnereiverein, den die Stadtkapelle seit 1992 bei der Eröffnung der Bierwoche begleitet. Die Büttner hatten ein Fass Kulmbacher Bier dabei, das der Vorsitzende Roland Jonak anstechen durfte. Assistiert wurde er dabei von Oberbürgermeister Henry Schramm, der genaueste Erläuterungen gab, so dass Jonak für den ersten Fassanstich seines Lebens gerade einmal drei Schläge brauchte. Schließlich hatte auch die Feuerwehr im Grünzug nicht nur einen dekorativen Oldtimer mit ausgefahrener Leiter samt Kulmbacher Stadtflagge ausgestellt, die Stadtkapelle bekam von Benno Pieger auch eine Handsirene geschenkt. Auf der Bühne war es dann Bernhard Nehring, der das Sirenensolo beim Marsch der Feuerwehr von Hans Ahrens spielen durfte.

„Per Aspera ad Astra“ („Auf rauen Pfaden zu den Sternen“) lautete der Konzertmarsch von Ernst Urbach, mit dem die Stadtkapelle das Programm eröffnete und der symptomatisch für die Geschichte des Klangkörpers steht. Die Geschichte lässt sich übrigens auch in der neuen, absolut lesenswerten und 80 Seiten starken Jubiläumschronik nachblättern, die Helmut Rogler eigens für das Jubiläum verfasst hatte.

Auch konzertante Stücke funktionieren unter freiem Himmel, das zeigte eindrucksvoll die Ouvertüre zu „Orpheus in der Unterwelt“ mit dem berühmten Can-Can von Jacques Offenbach. Weitere Titel, die typisch für die Stadtkapelle sind und die Thomas Besand für das Jubiläum ausgesucht hatte waren unter anderem die Titelmelodie der früheren TV-Show „Musik ist Trumpf“, ein Frank-Sinatra-Medley und der amerikanische National-Emblem-March.

Zuvor hatte Oberbürgermeister Henry Schramm die Geschichte der Stadtkapelle bei einem Festakt in der Dr.-Stammberger-Halle Revue passieren lassen, von ihren Anfängen 1851 als Gründung aus einer Stammtischgesellschaft heraus über die Gründung der Kulmbacher Knabenkapelle 1901 durch die schweren Kriegszeiten hindurch bis in die Gegenwart. Heute bestehe die Stadtkapelle aus 251 Mitgliedern von denen 55 aktiv im Orchester musizieren.

Das breit gefächerte Repertoire reiche von Traditionsmärschen über bayerische und böhmische Blasmusik bis hin zu Oper, Operette, Filmmusik, Musical, Dixie und Swing.“ Mit diesem abwechslungsreichen und vielseitigen Repertoire bereitet uns die Stadtkapelle bei den verschiedensten Veranstaltungen und Festen in unserer Stadt sehr viel Freude“, sagte Schramm. Die Konzerte der Stadtkapelle seien aus dem Kulturleben nicht mehr wegzudenken. Schramm: „Was wäre ein Auftakt zum Bierfest und der Einmarsch ins Bierzelt ohne die musikalische Begleitung der Stadtkapelle?“

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24.09.2016

15 Jahre Bandgeschichte und 50 Jahre Rockgeschichte / Alles andere als eine reine Coverband: Bayreuther Band Huebnotix  gastierte in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Rock-Klassiker, Kultsongs der Rock- und Popgeschichte, und das alles in ausgefeilten Arrangements und eigenwilligen sowie stets perfekten Interpretationen: das ist Huebnotix. Rund drei Stunden lang begeisterte die Bayreuther Band am Samstagabend mit einem stimmungsvollen Jubiläumskonzert in der gut zur Hälfte gefüllten Dr.-Stammberger-Halle ihr Publikum.

Es war ein Streifzug durch 15 Jahre Bandgeschichte und durch 50 Jahre Rockgeschichte mit reichlich Bühnennebel und einer raffinierten Lightshow. 15 Jahre sind es schon, dass Andy Sack (Gesang und Percussions), Andi Hübner (Gesang, Gitarre und Mundharmonika), Joe Greiner (Keyboards) sowie Markus Burucker (Gesang, Gitarre und Bass) bundesweit für Furore sorgen. Dazu kommt der langjährige Weggefährte Mike Müller an den Percussions und Jonas Roßner, der das neunköpfige Streicherensemble, sieben elektrisch verstärkte Geigen und zwei Celli, leitet. Die Streicher kommen aus Nürnberg, München und anderen Städten und spielen gemeinsam nur mit Huebnotix. Ganz besonders tritt mehrfach Sologeigerin Rebekka Wagner hervor, eine exzellente Musikerin aus dem klassischen Fach, der diese Art von Crossover ganz besonders liegt.

Huebnotix ist dabei alles andere als eine Coverband, der es auf ein möglichst genaues Nachspielen der Originale ankommt. Die Musiker interpretieren die Stücke vielmehr in einem unverwechselbaren Akustik-Stil und mit viel Liebe zum Detail, so wie es sonst nur in der klassischen Musik üblich ist. Huebnotix bevorzugen dabei besonders Peter Gabriel (Solsbury Hill”), Paul Simon („You can call me Al“), die Beatles (“Here comes the sun”), Supertramp (“Ain´t nobody but me”) oder auch Jamie Cullum (“I´m all over it”).

Man merkt den Huebnotix-Leuten an, dass sie die gemeinsame Lust verbindet, Lieder neu zu interpretieren. Frank Zappas „Bobby Brown“ steht dafür genauso wie Marvin Gayes „Heard it through the grapevine“. Im Mittelpunkt steht das Miteinander, das gemeinsame Spiel, keiner drängt sich nach vorne, dazu sind alle zu sehr exzellente Instrumentalisten. Doch auch der Wechsel im Leadgeasang steht für sich. Egal ob Markus Burucker, Andi Hübner und Andy Sack, sie alle klingen verschieden und doch jeder für sich ausdrucksstark und mitreißend.

Den zweiten Teil des Abends startet Huebnotix zunächst ohne das Streicherensemble mit einigen neuen Songs, doch schon bald wird die Musik wieder durch die Strings veredelt.2013 waren die Musiker von Huebnotix erstmals zusammen mit klassischen Streichern aufgetreten, um die Brücke von Rock-Klassikern zu Klassik-Rock zu schlagen. Vorbilder gibt es genug. Die Arrangements dazu stammten aus den eigenen Reihen. Alle Facetten kamen dabei zum Tragen: die stillen, langsamen Lieder genauso wie mitreißenden rockigen Songs.

Dabei spielen Huebnotix Popmusik eher für den Kopf, weniger für die Beine. Mitklatschen, Mitsingen und Mitwippen gehören trotzdem dazu. Am Ende des tollen Jubiläumskonzertes applaudierten die Zuhörer so lange und intensiv, bis Huebnotix noch mehrere Zugaben, darunter Bob Dylans „Like a rolling stone“ präsentierte.

Bilder: Huebnotix and Strings gastierten am Samstagabend in der Der.-Stammberger-Halle.

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22.09.2016

165. Geburtstag: Vom Musikverein zur Stadtkapelle / Jubiläumsfeier mit musikalischen Gästen aus Kupferberg und Lüneburg am 2. Oktober im Grünzug

Kulmbach. Zugegeben: 165 Jahre, das ist nicht unbedingt ein rundes Jubiläum. Wenn die Stadtkapelle Kulmbach ihren 165. Geburtstag dennoch zum Anlass für ein großes Jubiläumsfest nimmt, dann deshalb, weil es auch um ein Wochenende der Begegnung geht. Der Begegnung mit dem befreundeten Stadtorchester Lüneburg und mit der Stadtkapelle Kupferberg. Gefeiert wird am Sonntag, 2. Oktober von 13 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt im Grünzug hinter der Dr.-Stammberger-Halle. Das Fest findet bei jedem Wetter statt, sollte es regnen, werden die Auftritte einfach in die Halle verlegt.

Seit 165 Jahren ist die Stadtkapelle der musikalische Botschafter der Stadt, zunächst als Musikverein, ab 1973 als Stadtkapelle. Eigentlicher Geburtstag ist der 3. Dezember 1851, als drei Herren mit den Namen Grampp, Spindler und Meußdoerffer den „Musikverein zu Kulmbach“ ins Leben riefen. Sogar einen hauptamtlichen Dirigenten gab es ab 1869, der als „Stadtmusikus“ fest angestellt war. Mit dem ersten Weltkrieg begann für den Verein, der nicht nur für die Blasmusik, sondern für alle musikalischen Anlässe in Kulmbach die erste Adresse war, eine Zeit der Krisen. Während des Zweiten Weltkriegs verlieren sich sämtliche Spuren einer musikalischen Betätigung.

1945 waren es zunächst einige Mundharmonikaspieler, die sich der Tradition erinnerten. Später kamen ein Kammerquartett, ein Streichorchester, ein Salonorchester und sogar eine Schrammelmusik dazu. Unter Dirigenten wie Willi Kühn, Alfons Pohl und Walter Hörning fuhren die Bläser Erfolge bei Wertungsspielen ein und seit 1961 trägt der Musikverein das Stadtwappen in an der Uniform. Heute hat die Stadtkapelle 251 Mitglieder, davon 55 aktive Musiker.

Gut 50 Musiker zwischen 16 und 86 Jahren werden auch beim Jubiläumsfest mitwirken. „Zu unserer Jubiläumsfeier werden wir das schöne Ambiente des Grünzugs und die Bühne des Grünzugfestes nutzen“, freut sich Dirigent Thomas Besand auf das große Jubiläumsfest. Besand steht bereits seit Januar 1991 als Nachfolger von Hans Fiedler an der Spitze der Stadtkapelle. Unter Besands Leitung entstanden die beliebten Neujahrskonzerte in Saalfeld, Naila und Kulmbach, 1992 hatte die Stadtkapelle auch die offizielle Eröffnungszeremonie der Bierwoche samt Büttnertanz übernommen.

In lockerer Atmosphäre werden beim Jubiläumsfest am Sonntag, 2. Oktober ab 13 Uhr zunächst die Stadtkapelle, dann das Lüneburger Stadtorchester unter seinem Dirigenten Volker Masemann und schließlich die Kupferberger Stadtkapelle unter Valerij Efremov aufspielen. Thomas Besand verspricht, die gesamte Bandbreite des Klangkörpers vorzustellen, Märsche. Polkas, Ausschnitte aus Operetten und Opern gehören genauso dazu, wie die klassische konzertante  Blas- und Unterhaltungsmusik.

Bilder:
- In den Räumen der Musikschule probt die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand für das Jubiläumsfest am 2. Oktober.

- Thomas Besand hatt
e 1991 die Leitung der Stadtkapelle Kulmbach übernommen.

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22.09.2016

Die Magie von Weihnachten / Festliche Konzerte mit den Sofia Symphonics unter Ljubka Biagioni zu Guttenberg am 10. und 11. Dezember

Kulmbach. Es war das musikalische Ereignis der Vorweihnachtszeit 2015 in Kulmbach: das Weihnachtskonzert mit Chor und Orchester der Sofia Symphonics unter der Leitung von Ljubka Biagioni zu Guttenberg in der Dr. Stammberger-Halle. Auch heuer wird es wieder ein solches vorweihnachtliches Konzert geben, und zwar am Samstag, 10. Dezember um 19 Uhr. Doch damit nicht genug: mit einer eigenen Weihnachtsmatinee tags darauf am Sonntag, 11. Dezember um 11 Uhr will die prominente Dirigentin aus dem Kulmbacher Land ganz neue Maßstäbe setzen.

„Die Magie von Weihnachten“, so lautet das Motto der beiden Konzerte. Das genaue Programm wollte Ljubka Biagioni am Donnerstag vor der Presse in Kulmbach noch nicht verraten. Nur so viel: die Matinee soll einen intimeren Charakter haben, zur Aufführung soll dabei auch barocke Musik kommen, während der Abend, so wie im vergangenen Jahr auch, eher glamourös sein wird.

„Kulmbach ist meine Heimat, mein geistiges Zuhause, meine Musikstadt“, geriet die Dirigentin bei der Ankündigung der Konzerte ins Schwärmen. Tatsächlich hat sie heuer Ende Juli nicht zum ersten Mal das Plassenburg-Klassik-Open-Air geleitet, bereits am 15. Oktober veranstaltet sie mit den Hofer Symphonikern einen reinen Beethoven-Abend, ebenfalls in der Dr.-Stammberger-Halle und im Dezember dann folgt an gleicher Stelle das weihnachtliche Doppelkonzert.

Das Konzert werde von vielen Menschen bereits sehnlichst erwartet, sagte Oberbürgermeister Henry Schramm. Selten habe er so viele positive Rückmeldungen erfahren, wie auf das Weihnachtskonzert des vergangenen Jahres. „Es waren der Charme und die Herzlichkeit, der die Menschen verzaubert hat“, sagte Schramm. „Die Sofia Symphonics unter der Leitung von Ljubka Biagioni zu Guttenberg könnten überall auf der Welt spielen, sie tun es in der Vorweihnachtszeit aber in Kulmbach“, so das Stadtoberhaupt. Schramm stellte den immensen persönlichen Einsatz der Dirigentin heraus, der das Konzert erst möglich mache. Immerhin gelte es Flüge und Unterkünfte für 90 Sänger und Musiker sowie mehrere Begleitpersonen zu organisieren und zu bezahlen.

Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg wird deshalb auch noch im Oktober für ihre Verdienste um die Region mit der Ehrenmedaille des Bezirks Oberfranken ausgezeichnet. Die Baronin gelte längst als Dirigentin von internationalem Ruf und als Ausnahmeerscheinung in einem überwiegend von Männern besetzten Berufsbild, heißt es im einstimmigen Beschluss des Bezirkstages. Seit Anfang 2016 ist sie First Guest Conductor beim Sofia Philharmonic Orchestra und beim National Philharmonic Choir „Svetoslav Obretenov“. Seit 2013 ist sie außerdem Chefdirigentin der Sofia Symphonics. Geboren wurde sie als Tochter eines italienischen Politikers in Rom. 1977 heiratete sie den Dirigenten Enoch zu Guttenberg.

Beide Konzerte, aber ganz besonders die Matinee, seien auch für Kinder geeignet, sagte Ljubka Biagioni. Schließlich sei es ihr auch ein ganz besonderes Anliegen, junge Leute an die Musik heranzuführen. Deshalb möchte die Dirigentin auch die Generalprobe am Freitag, 9. Dezember für Schüler aller Kulmbacher Schulen öffnen.

Tickets gibt es bei der Tourist-Information Kulmbach (09221/9588-0). Das Samstagskonzert kostet zwischen 27 und 39 Euro (ermäßigt 22 bis 34 Euro). Tickets für die Sonntagsmatinee gibt es für 19 bis 29 Euro (ermäßigt 14 bis 24 Euro). Karten für beide Konzerte können auch als Paket erworben werden. Der Preis liegt bei 42 bis 64 Euro (ermäßigt 32 bis 53 Euro). Aufgrund der Großbaustelle am Zentralparkplatz bestehen ausreichend Parkmöglichkeiten im Kaufplatz-Parkhaus.

Bild: Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg und Kulmbachs Oberbürgermeister Henry Schramm rührten bereits die Werbetrommel für die Weihnachtskonzerte mit den Sofia Symphonics am 10. und 11. Dezember in der Dr. Stammberger-Halle.

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25.08.2016

Brückenschlag nach Korea / Höchstmaß an Dramatik: Koreanische Sopranistin Hyue-Sun Kim gastierte im Altenstädter Schloss

Pegnitz. Ein ganz besonderer Liederabend ist dem Deutsch-Koreanischem Forum zu verdanken: die koreanische Sopranistin Hyue-Sun Kim gastierte am Donnerstagabend im Altenstädter Schloss in Pegnitz und am Freitagabend in der Kirche St. Georg in Streitau bei Gefrees.  Neben Liedern von Wolfgang Amadeus Mozart und Richard Strauss brachte die Sängerin auch einige Kompositionen aus ihrer Heimat mit. Begleitet wurde sie dabei von der jungen Pianistin Shihyun Lee.

Im Zentrum des Abends standen freilich die Wesendonck-Lieder von Richard Wagner, fünf berühmte Lieder, die Wagner nach Gedichten seiner Muse und Gönnerin Mathilde Wesendonck 1862 veröffentlichte. Zumindest zwei der Lieder gelten ganz offiziell als Studien zur Oper „Tristan und Isolde“. Das dritte Lied „Im Treibhaus“ enthält Passagen aus dem Vorspiel zum dritten Aufzug des „Tristan“, das fünfte Lied mit dem Titel „Träume“ verweist auf das Liebesduett im zweiten Aufzug.

Für die koreanische Sopranistin Hyue-Sun Kim, die in Deutschland unter anderem bei Erika Köth studiert hatte, ist es schon erstaunliche, wie sehr sie sich in Wagners Klangwelten eingefunden hat. Leidenschaftlich und ausdrucksorientiert präsentiert die Künstlerin mit ihrer wunderschön timbrierten Stimme die fünf kurzen Lieder voller leuchtender und strahlender Farben. Die Sopranistin agiert absolut intonationssicher und textverständlich.

Die Pianistin Shi-Hyun Lee, Klavier-Stipendiatin an der Seoul National University und erste Preisträgerin beim Beethoven-Klavierwettbewerb 2010 in Seoul, ist dabei mehr als eine Begleiterin am Steingraeber-Flügel. Sie bringt den Wagner-Kosmos zum Klingen und versteht es, die Komposition zu einem Erlebnis zu machen, zumal die Fassung für Klavier die Original-Fassung von Richard Wagner ist. Die meist aufgeführten Orchestrierungen teilweise von Wagner, teilweise von Felix Mottl kamen erst viel später dazu.

Ebenso perfekt erklingen auch die Kompositionen Mozarts. Die drei überzeugenden Lieder „Das Veilchen“, „An Chloe“ und „Abendempfindung“ interpretiert sie mit opernhafter Riesenstimme, mit enormer Strahlkraft, voluminös und bis in die tieferen Register absolut sicher. In der Musik von Richard Strauss findet sie zu einem innigen, dunkel-samtigen Timbre; so kann sie beweisen, dass ihr auch die lyrischen Nuancen liegen. Hier standen die Lieder „Die Georgine“, „Allerseelen“ und „Morgen“ auf dem Programm. In allen drei Kompositionen präsentiert Hyue-Sun Kim eine große dynamische Bandbreite mit durchgehend dramatischen Gestus.

Eine ganz andere musikalische Welt sind dagegen die Kompositionen aus ihrer Heimat. Das beliebteste Volkslied der Koreaner, das es in unzähligen Variationen gibt, heißt dabei ganz lautmalerisch „Arirang“. Die Sopranistin brachte drei grundverschiedene Variationen davon, aber auch zeitgenössische Kompositionen mit Titeln wie „Die Bergblumen“ oder „An die Sterne und Vögel.

Ganz so fremd ist diese Musik dann doch nicht. Sie erklingt melodiös und ist dramatisch aufgebaut. Hier kann Hyue-Sun Kim ihre bemerkenswerte Tiefe, aber auch extreme Höhe beweisen, wobei immer auch ein Höchstmaß an Dramatik dazugehört. Die charakterliche Vielschichtigkeit, die diese Kompositionen von einer Sopranistin verlangen, wird überzeugend eingelöst, von klaren und wohldosierten Vibrato getragenen, Stimmungen und Zwischentöne werden ideal zum Klingen gebracht.

Zuvor hatte der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe Hartmut Koschyk auf die Partnerschaften zwischen der Regierung von Oberfranken und der koreanischen Gangwon-Provinz sowie zwischen dem Landkreis Bayreuth und dem koreanischen Landkreis Goseong hingewiesen. Zwischen der koreanischen Tourismusschule und  der Pegnitzer Hotelfachschule gebe es bereits seit vielen Jahren einen regen Austausch. Außerdem existiere es in Goseong einen Bayreuth-Platz und in Pegnitz einen Goseong-Platz, was das Verhältnis zwischen den beiden Regionen eindrucksvoll widerspiegelt.

Eine große Ehre für Pegnitz nannte Bürgermeister Uwe Raab den Auftritt der koreanischen Sopranistin im Altenstädter Schloss. Pegnitz unterhalte in vielfacher Hinsicht internationale Beziehungen, für rund 50 verschiedene Nationalitäten sei die Stadt mittlerweile zum Lebensmittelpunkt geworden. Da passe es gut dazu, dass auch das kulturelle Leben von internationalen Angeboten profitiert.

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14.08.2016

Ausbalanciert und aufeinander abgestimmt / Festival junger Künstler: Turkmenisches Kammerorchester gastierte in der Goldkronacher Stadtkirche

Goldkronach. Als Musiknation ist  Turkmenistan nicht gerade ein Begriff. Der Binnenstaat in Zentralasien direkt am Kaspischen Meer grenzt an den Iran, Afghanistan, an Usbekistan und Kasachstan und hat knapp sieben Millionen Einwohner. Auch wenn Turkmenistan keine Musikmetropole ist, kommt von dort ein erstklassiges Kammerorchester, das nun schon zum wiederholten Mal am Festival Junger Künstler in Bayreuth teilnimmt und das nach einem Jahr Pause am Sonntagabend wieder ein Gastspiel in der Goldkronacher Stadtkirche gab.

Musik von Tomaso Albinoni, Edvard Grieg, Giuseppe Tartini, Carl Maria von Weber, Gustav Holst und Astor Piazolla stand diesmal auf dem Programm, aber auch traditionelle turkmenische Kompositionen. Das Kammerorchester erwies sich einmal mehr als hoch talentierter Klangkörper mit ausgezeichneten Musikern und einem breiten Repertoire.  Das Orchester unter der Leitung des jungen Dirigenten Rasul Klychev, setzt sich aus Studenten und vor allem Studentinnen des Konservatoriums zusammen. Zwei Drittel der Musiker sind weiblich.

Sehr exakt traf das Ensemble gleich zu Beginn mit Tomaso Albinonis dreisätzigem d-Moll-Concerto den barocken Ton. Stimmungsvoll, dynamisch sorgsam ausbalanciert und aufeinander abgestimmt erklangen zwei elegische Melodien op. 34 von Edvard Grieg, wobei die Musiker durch ihr zupackendes Spiel einen wundervollen Klangteppich schufen.

Hemdsärmelig im wahrsten Sinne des Wortes spielte der erste Geiger des Ensembles, Samir Rizayev als Solist Giuseppe Tartinis g-Moll-Sonate, die auch unter dem Namen „Teufelstriller“ bekannt ist. Absolut sicher im Griff, beeindruckend im Ton und lässig in der Ausführung, aber stets exakt im Spiel lotete er die Grenzen seines Instruments aus. Natürlich konnte er dabei auf den begleitenden Orchesterpart hervorragend aufbauen.

Noch einen herausragenden Solisten hat das Ensemble mitgebracht, den Klarinettisten Ovezov Yusup. Er spielt den Solo-Part im 1. Satz des Klarinettenquintetts von Carl Maria von Weber. Die Musiker hatten dabei eine Version für Kammerorchester im Gepäck. Auch der Klarinettist ist ein wahrer Meister seines Faches und spielt die selten aufgeführte Komposition routiniert und absolut professionell.

Zwei Stücke aus ihrer Heimat haben die Musiker mitgebracht, die Komposition „Schmetterling“ von Aleksandr Ilyinskiy und ein „Lied ohne Worte“ von Aman Agadjikov. Für unsere Ohren klingt beides wie Musik an der Schwelle zur Moderne, gerade noch melodiös, aber doch schon in die Zukunft weisend. Die Kompositionen überraschen in ihrer wechselvollen Dynamik und im raschen Tempo.

„Kultur verbindet und eint“, sagte Festivalintendantin Sissy Thammer zur Begrüßung. Dem Festival gehe es darum, neue Grenzen zu erreichen und auch zu überschreiten. Goldkronachs 2. Bürgermeister Klaus-Dieter Löwel schwärmte von dem außerordentlich vielfältigen Repertoire der Musiker, die schon zahlreiche Preise erhalten hätten. Initiator des Konzertes war das Alexander-von-Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach mit seinem Gründungsmitglied, dem Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk. Er würdigte die wunderbare Friedens- und Verständigungsarbeit, die das Festival nunmehr seit vielen Jahrzehnten leiste. Das Festival Junger Künstler stehe für Versöhnung unter Völkern und Nationen, für Verständigung, Toleranz und Miteinander.

Das 66. Festival Junger Künstler in Bayreuth steht heuer unter dem Generalthema „Kultur ist Verständigung“ und dauert noch bis 31. August. Das Festival zeichnet sich auch in diesem Jahr nicht nur durch Quantität, 460 Teilnehmer aus 30 Nationen, Musiker und Sänger, Tänzer und Nachwuchsmanager, sondern auch durch seine hohe Professionalität und Qualität aus. In über 80 Veranstaltungen und Konzerten sind junge Künstler aus aller Welt zu erleben.

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31.07.2016

Augenblicke eines Avantgardisten / Das Klavierduo Edit Klukon und Dezsö Ränki interpretierte Liszts Dante-Symphonie und seine Kreuzweg-Vertonung

Bayreuth. 1879 hatte Franz Liszt seine Vertonung des Kreuzwegs Jesu „Via crucis“ vollendet, im Jahr 1929 wurden die 14 Szenen in Budapest uraufgeführt, die vierhändige Version wurde sogar erst 1986 veröffentlicht. Zum Gedenken an seinen 130. Todestag interpretierten die beiden ungarischen Pianisten Edit Klukon und Dezsö Ränki die Klaviertranskription für Klavier zu vier Händen ohne Soli und ohne Chor am Sonntagabend in der Bayreuther Schlosskirche.

Franz Liszt als Avantgardist? Gerade in der Komposition „Via crucis“ deutet einiges daraufhin: die collageartige Zusammenstellung verschiedener Stile beispielsweise. So erklingt mitten im Werk Hans Leo Haßlers Kirchenlied "Mein G’ müt ist mir verwirret …", das später in Bachs Matthäuspassion unter dem Titel „O Haupt voll Blut und Wunden“ " wiederauftaucht. Ganz einfach macht es Liszt dem Hörer mit der Vertonung der übrigen Kreuzwegstationen aber nicht, erst recht in der Fassung für Klavier zu vier Händen. Seine Musik steht für Ausweglosigkeit und Schmerz, die karge Melodie befindet sich oft kurz vor dem Verstummen. Die traditionelle Geschichte der Kreuzigung wurde nie zuvor in derart neu klingenden Tönen dargestellt. Kaum ein Komponist ist vor Liszt so an die Grenzen musikalischer Möglichkeiten gegangen.

Trotzdem ist "Via crucis" mehr als eine musikalische Meditation über die vierzehn Stationen des Kreuzwegs, mehr als ein faszinierendes Klangerlebnis. „Via Crucis“ ist auch in der Fassung für Klavier zu vier Händen, ein ungeheuer beeindruckendes Werk. Noch dazu wenn es von derart hervorragenden Pianisten wie Edit Klukon und Dezsö Ränki interpretiert wird. Sie haben „ihren“ Liszt verinnerlicht, sie schaffen es immer wieder Spannungsbögen aufzubauen, so dass die Musik nie zum Stillstand kommt.

Wie fantasievoll das symphonische Werk von Franz Liszt auf zwei Klavieren klingen kann, zeigt die Aufführung seiner Dante-Symphonie durch Edit Klukon und Dezsö Ränki. Farbenreich und transparent ersetzt das Pianistenehepaar ein komplettes Orchester. Schon beim spektakulären Beginn mit der Höllenfahrt wird klar, dass die beiden jeden Augenblick des Stückes mit Leben erfüllen und der kompletten Symphonie eine selten gehörte Dichte geben. Liszts Dante-Symphonie erschien bereits 1859 in Druckform und ist Richard Wagner gewidmet.

Veranstaltet wurde der außergewöhnliche Klavierabend zusammen mit dem ungarischen Ministerium für Kultur. Franz Liszt verbinde jedes Volk und jede Nation, sagte Minister Zoltan Balog. Liszt verbinde auch verschiedene Zeiten und Kulturen. Vor allem aber stehe Liszt für die Aussage, dass nationale und europäische Identität kein Widerspruch sein muss.

Der Bayreuther Bundestagsabgeordnete und Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk sah in dem Konzert das Gedenken an einen großen Europäer, der bleibendes hinterlassen hat, das für uns heute Erbe und Auftrag ist. Obwohl Franz Liszt eher zufällig beim Besuch seiner Tochter Cosima in Bayreuth verstorben ist, sei seine Grabstätte in Bayreuth eine Verpflichtung, sagte Stadtpfarrer Christian Steger. Er beschrieb Liszt als einen glaubenden Menschen ohne jegliche Ressentiments, der vor allem die Sprache des Christentums gesprochen habe.

Auf die Initiative der Pianistin Edit Klukon ist auch die rund 50 Zentimeter hohe Bronzestatue der Heiligen Jungfrau Maria zurückzuführen, die 2011 zum 200. Geburtstags von Franz Liszt im Inneren seiner Grabkapelle feierlich enthüllt wurde. Edit Klukon und Dezsö Ränki hatten auch diesmal im Vorfeld des Konzertes der letzten Ruhestätte des Komponisten einen Besuch abgestattet und Kränze niedergelegt. Einen weiteren Kranz legten Minister Balog und der Abgeordnete Koschyk im Vorfeld des Konzertes nieder.

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31.07.2016

Einigkeit in kultureller Vielfalt / Gedenken an den 130. Todestag von Franz Liszt – Ungarischer Superminister in Bayreuth

Bayreuth. Der ungarische Minister Zoltan Balog hat in Bayreuth an den 130. Todestages des Pianisten und Komponisten Franz Liszt erinnert. Balog, der in seiner Funktion als Minister für Humanressourcen auch Kulturminister seines Landes ist, nahm unter anderem an einem Gedenkgottesdienst für Franz Liszt teil, legte einen Kranz an der Grabstätte des berühmten Musikers nieder und präsentierte ein außergewöhnliches Klavierkonzert mit zwei der berühmtesten ungarischen Pianisten. Franz Liszt wurde im damals ungarischen, heute österreichischen Raiding geborgen und war am 31. Juli 1886 in Bayreuth verstorben.

Höhepunkt des Gedenkens war ein Konzert in der Schlosskirche mit den beiden ungarischen Pianisten Dezső Ránki und seiner musikalischen Partnerin Edit Klukon. Mit der Dante-Symphonie und dem Zyklus „Via Crucis“ hatten die beiden Konzertbearbeitungen für zwei Klaviere von Franz Liszt im Gepäck. Bereits am Vormittag gestaltete das Renner-Ensemble, ein Chor mit 16 kraftvollen Stimmen, alle ehemalige Mitglieder der Regensburger Domspatzen, den sonntäglichen Gedenkgottesdienst mit der 1848 in Weimar komponierten Messe für Männerchor von Franz Liszt, der Komposition „In veni David“ von Anton Bruckner, „Preghiera“ von Gioacchino Rossini sowie dem „Te Deum“ von Max Reger.

Dieser Gottesdienst geht zurück auf eine Stiftung, in der Liszts Tochter Cosima Wagner bestimmt hatte, dass alljährlich am Todestag des Vaters eine Messe in der Bayreuther Schlosskirche gelesen werden soll. Liszts letztem Willen entsprechend fand er in der Stadt seine letzte Ruhestätte, in der ihm der Tod ereilte.

Kein Geringerer als der österreichische Komponist Anton Bruckner spielt ihm auf Bitten von Cosima in der Totenmesse am 4. August 1886 in der Schlosskirche den Abschied. Diese historischen Begebenheiten nimmt die Schlosskirchenmusik regelmäßig zum Anlass um am Todestag mit Gottesdiensten und Konzerten an den Komponisten, Klaviervirtuosen, Dirigenten, Theaterleiter, Musiklehrer, Schriftsteller und Kosmopoliten Franz Liszt zu erinnern.

Bereits am Abend zuvor hatte das Renner-Ensemble aus Regensburg seine neue CD mit einer Einspielung von Liszts „Messe für Männerchor“ vorgestellt. Die Aufnahmen für die CD, die in Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk bei dem renommierten Label Ars-Production erschienen ist, fanden in der Schlosskirche statt.

Ein weiterer Höhepunkt des Wochenendes war eine Gedenkstunde an der Grabstätte von Franz Liszt auf dem Bayreuther Stadtfriedhof. Dort legte der ungarische Minister zusammen mit dem Bayreuther Bundestagsabgeordneten und Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk einen Kranz nieder. Auch die beiden Pianisten Edit Klukon und Dezső Ránki erwiesen Liszt dabei ihre Referenz. Edit Klukon hatte bereits vor fünf Jahren zum 200. Geburtstag von Franz Liszt eine hochwertige Bronzeskulptur für die Grabkapelle auf dem Stadtfriedhof gestiftet.

Zoltan Balog ist nicht nur Politiker sondern auch Pastor. Als Minister für Humanressourcen ist er seit Mai 2012 neben der Kultur auch für die Bereiche Gesundheit, Soziales, Jugend, Bildung und Sport zuständig. Er studierte unter anderem an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Von 1983 bis 1987 arbeitete er in seiner Heimat als Gemeindepfarrer, anschließend ging er für weitere theologische Studien nach Tübingen. 1989 benannte ihn der Ökumenische Rat der Kirchen in Ungarn als Seelsorger für die Flüchtlinge aus der DDR im Flüchtlingslager Budapest-Csilleberc. Von 1989 bis 1991 war er Dozent für Neues Testament an der Reformierten Universität in Budapest. Von 1996 bis 2006 war er als Pfarrer der deutschen reformierten Gemeinde in Budapest tätig. Bei den Parlamentswahlen2006 hatte er ein Mandat im Ungarischen Parlament erhalten.

Bilder:
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Der ungarische Kulturminister Zoltan Balog (4. von rechts) hat zusammen mit dem Bayreuther Bundestagsabgeordneten Hartmut Koschyk (links) einen Kranz an der letzten Ruhestätte von Franz Liszt auf dem Bayreuther Stadtfriedhof niedergelegt.
- Das Renner-Ensemble aus Regensburg in der Schlosskirche Bayreuth.
- Die Grabstätte von Franz Liszt auf dem Stadtfriedhof Bayreuth.

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29.07.2016

Zum Bierfestauftakt: Blasmusik goes Heavy Metal / Von Adele bis Metallica: Sinfonisches Blasorchester Kasendorf „rockte“ den Markt

Kulmbach. Sie sind eine schöne Tradition, die Blasmusikserenaden an den Vorabenden der Bierwocheneröffnung. Am Freitagabend „rockte“ das Sinfonische Blasorchester Kasendorf den Marktplatz und viele hundert Besucher ließen sich das Gratis-Open-Air-Konzert nicht entgehen.

Kurz vor halb neun ist der Marktplatz gut gefüllt. An der Eisdiele gibt es schon lange keinen freien Platz mehr, nur die Bratwurstbuden bleiben geschlossen. Viele bringen sich ihre Camping-Stühle selbst mit, eine ganze Reihe an Sitzmöglichkeiten hat auch der Musikverein aus Kasendorf herbeigeschafft. „Let me entertain you“ heißt das Robbie-Williams-Medley mit dem das Sinfonische Blasorchester unter der Leitung seines Dirigenten Thomas Eschenbacher den Abend beginnt. Klassiker aus Swing und Rock sind es, die auch diesmal wieder auf den Pulten liegen und das Konzept geht auf. Unter den Besuchern sind Touristen und Passanten, die zufällig vorbeigekommen waren, genauso wie Musikfreunde, die gezielt auch von weiter angereist sind, Decken und sogar einen Imbiss dabei hatten.

„Altes bewahren, Neues erfahren“, das ist einer der Leitsätze in der Blasmusik und kaum eine Formation setzt ihn so konsequent um, wie das Sinfonische Blasorchester, das seit Jahren in der Höchststufe spielende Große Blasorchester des Musikvereins Kasendorf. Musik, die swingt, die man kennt und bei der man automatisch im Takt mitwippt, gibt es. Beispielsweise Stevie Wonders „Sir Duke“ oder Adeles „Skyfall“, wunderbar interpretiert, blitzsauber intoniert und sorgsam ausbalanciert und  von der Sopranistin Marion Schmid, die sich später auch noch eine Ballade der britischen Sängerin Leona Lewis vornimmt. Das Blasorchester zeigt dabei eindrucksvoll, was Klangkultur bedeutet.

Einer der Höhepunkte von „Sinfonie rockt den Markt“ war sicher das Rock-Classic-Medley mit Titeln unter anderem von Michael Jackson, Cindy Lauper, Survivor und Elton John. Man mag es gar nicht glauben, wie gut das alles mit dem richtigen Arrangements für Blasorchester und unter der sorgsamen Einstudierung von Dirigent Thomas Eschenbacher funktioniert.

Fast schon ein Klassiker ist Glen Millers flott und mitreißend sowie mit bester Bigband-Qualität musizierte Komposition „Pennsylvania 6-5000“. Ein Urgestein an der Gitarre ist auch Wolfgang Diem. Er hat nicht nur beim eindrucksvollen und mit hohem Wiedererkennungswert aufgeführten Carlos-Santana-Medley seinen großen Einsatz.

Zweiter Gesangssolist ist Andreas Kasper, unter anderem mit „Another brick in the wall“ von Pink Floyd. Unglaublich gut klingt an diesem Abend auch der Heavy-Metal-Schmachtfetzen  „Nothing else matters“ von Metallica im blitzenden Blech und vollendeten Klang. Natürlich gab es auch Zugaben, etwa „Knockin´ on heavens door“ von Bob Dylan.

Sogar ein Vorprogramm stand diesmal auf dem Plan. Es war der Gegenbesuch der befreundeten Musikkapelle aus dem ungarischen Agendorf. Das Treffen stand im Zeichen des gegenseitigen Kennenlernens, des kulturellen Austausches und der Vertiefung freundschaftlicher Beziehungen. Dabei passten sich die Ungarn wunderbar dem Motto der Freunde aus Kasendorf an und spielten Hits von Abba bis Michael Jackson, aber auch die Blasmusikklassiker, die man auch hierzulande nur allzu gut kennt: den Konzertmarsch „Die Sonne geht auf“ von Rudi Fischer oder den „Böhmischen Traum“ von Norbert Gälle als Zugabe.

Bilder: Das Sinfonische Blasorchester Kasendorf unter der Leitung von Thomas Eschenbacher „rockte“ am Vorabend des Bierfestauftakts den Kulmbacher Marktplatz.

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27.07.2016

Kirchenmusik und koreanische Lieder: Südkoreas Sängerknaben in Oberfranken / Domchor aus Seoul gastierte in der Basilika Gößweinstein

Gößweinstein. Ein Knabenchor darf das: Rossinis witziges Katzenduett ungeniert mit Mozarts „Ave Verum“ in ein und demselben Konzert zu präsentieren. Genauso wie Schuberts „Lindenbaum“ mit „Panis Angelicus“ von Cesar Franck oder Beethovens „Die Himmel rühmen“ mit dem „Pie Jesu“ des Musical-Komponisten Andrew Lloyd Webber, alles in einem Konzert. Wie gesagt, ein Knabenchor darf das und es war ja nicht irgendein Knabenchor, der da am Mittwochabend in der Basilika von Gößweinstein und in der Folge in der Bayreuther Schlosskirche und der Pfarrkirche St. Johannes in Mehlmeisel gastierte. Es war der „Musica sacra boys choir“ aus der südkoreanischen Hauptstadt Seoul mit seinen 30 Mitgliedern im Alter zwischen acht und 13 Jahren. Die Südkoreanischen Sängerknaben sozusagen, die in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiern konnten und dieses kleine Jubiläum zu einem Trip nach Deutschland nutzten.

Der Knabenchor gestaltet an jedem Sonntag einen Gottesdienst in der katholischen Myeongdong-Kathedrale von Seoul und hat sich durch zahlreiche Auftritte und Konzerte in seiner Heimat und vielen anderen Ländern einen Namen gemacht. Neben Stationen im Benediktinerkloster St. Ottilien, in Dresden, Berlin und im Münsterland kam der Chor also gleich dreimal in die Region. Zu verdanken war das dem Bayreuther/Forchheimer Bundestagsabgeordneten Hartmut Koschyk und der Vertretung der Hanns-Seidel-Stiftung in der Republik Korea, dessen Leiter Bernhard Seliger mit der Region Bayreuth schon zahlreiche Projekte der Zusammenarbeit gestaltet hat.

In zwei unterschiedlichen Konzertabschnitten schufen die höchst konzentrierten und ausnahmslos auswendig singenden Chorknaben ein unter die Haut gehendes Klangerlebnis in dem eindrucksvollen Gotteshaus. So waren es im ersten Teil geistliche Kompositionen, im zweiten Teil unterhaltsame Klassik und koreanische Lieder. Getrennt wurden die beiden Teile von Mozarts Andante in F-Dur KV 660, meisterhaft interpretiert an der Mathis-Orgel von der koreanischen Organistin Soo-Jeong Jeong.

Exzellente Stimmen sind es, die der Chorleiter Jun-Young Jesung mit nach Deutschland gebracht hat. Das wird gleich zu Beginn in den beiden „Ave verum“-Vertonungen von Wolfgang Amadeus Mozart und Edward Elgar deutlich. Der Dirigent verstand es, die jungen Sänger mit viel Einfühlungsvermögen anzuleiten. Aus dem Chor heraus bildete Jun-Young Jesung sogar einen kleinen Kammerchor mit nur zwölf Sängern, die beispielsweise das „Pie Jesu“ aus dem Requiem des britischen Musicalkomponisten Andrew Lloyd Webber strahlend klar intonierten.

Weitere Höhepunkte waren die koreanischen Lieder „Arirang“, ein Synonym für koreanische Volkskultur, „Boribat“, ein Lied, das für Sehnsucht nach Frieden steht, sowie „Bukcheon Sjachum“, das den traditionellen Löwentanz zum Inhalt hat. So fremd diese Kompositionen auch klingen mögen, so gut passen sie in das kirchliche Umfeld der päpstlichen Basilika. Die Lieder, immer von Soo-Jeong Jeong an der Orgel begleitet, zeigten nicht nur die ungemeine Bandbreite des Ensembles auf, sie stehen auch in der Jahrhunderte überspannenden Tradition des Chorgesangs. Hier, und vor allem in der Zugabe eine koreanischen Liedes, das übersetzt „Du bist geboren, um geliebt zu werden“, stimmt der vielzitierte Satz Joseph Haydns von der „Musik als der Sprache, die man auf der ganzen Welt versteht“.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen freilich eine überaus romantische Version von Franz Schuberts „Lindenbaum“ und das berühmte Katzenduett von Giacomo Rossini, das die Opernsängerin Montserrat Caballe jahrzehntelang als Zugabe gesungen hatte, und das die jungen Koreaner auch mit dem notwendigen Humor präsentieren.

Pater Flavian Michali bezeichnete den Auftritt des Chores aus Seoul als eine große Auszeichnung für die Basilika. Hartmut Koschyk nannte es „schön zu spüren, wie wir uns diesen jungen Sängern verbunden fühlen“. Zumal der Chor nicht nur die hohe Kunst der Kirchenmusik, sondern auch die koreanischen Lieder und das deutsche Liedgut beherrsche.

Fotos: Der Domknabenchor „Musica Sacra“ aus Seoul unter der Leitung von Jun-Young Jesung trat mit einem anspruchsvollen Programm in der Basilika von Gößweinstein auf.

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17.07.2016

Schwelgerisch und mit viel Schmiss / Ljubka Biagioni gastierte mit den Sofia Symphonics zum Abschluss der Open-Airs auf der Plassenburg

Kulmbach. Da hat sich der Satiriker Kurt Tucholsky geirrt: Puccini, so schrieb er, sei „der Verdi des kleinen Mannes“ und Franz Lehar „dem kleinen Mann sein Puccini“. So viel Irrtum gab es selten. Noch dazu bei Tucholsky. Sowohl Giacomo Puccini, als auch Franz Lehar sind absolut herausragende Komponisten, Meilensteine der Musikgeschichte. Wer es nicht glauben mochte, der musste sich am Sonntagabend das Plassenburg-Open-Air mit dem Orchester der Sofias Symphonics unter Ljubka Biagioni zu Guttenberg anhören, schon war alles klar.

Zumindest die ersten Minuten standen allerdings unter keinem guten Stern. Auf die Sekunde genau  um halb Neun öffnete der Himmel seine Schleusen, wer konnte, stellte sich an den Arkaden unter, Schirme sprangen auf, Regenumhänge wurden ausgepackt. Das war es dann, konnte man im ersten Moment glauben. Doch der Spuk war zehn Minuten später vorbei und es blieb den ganzen Abend über trocken und mild.

Unter dem Motto „Canti d´ amore“ – „Lieder an die Liebe“ stand die Klassik auf der Burg diesmal und die prominente Dirigentin aus dem Kulmbacher Land hatte neben italienischen Opernarien und –duetten von Giacomo Puccini, Gaetano Donizetti, Giuseppe Verdi, einem Querschnitt aus Franz Lehars berühmtester Operette „Die lustige Witwe“ auch Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und Johann Strauss im Gepäck. Zum dritten Mal stand Ljubka Biagioni nach einem Jahr Pause wieder bei einem Open-Air am Pult. Mit den Sopranistinnen Nely Kravchenko, Emilia Kircheva, Maria Pavlova und Angelina Marcheva den beiden Tenören Michail Michailov und Alexander Baranov sowie dem Bariton Nikola Ivanov, hatte sie auch namhafte bulgarische Solisten, alles herausragende Stimmen,  mitgebracht.

Die Musik bot genügend Italianita und Theatralik. Was Ljubka Biagioni und ihre fabelhaft einstudierten Symphoniker aus Sofia hier an Musik von Puccini, Donizetti und Verdi aufführten, zeugte von elegischem Schmelz und großem Bühnen-Pathos. Und genau dafür ist die Dirigentin zu haben. Sie setzt auch gerne mal einen Effekt, nur um des Effektes willen, was in einem sommerlichen Konzert unter freiem Himmel in lockerer Atmosphäre auch absolut erlaubt ist.

Schwelgerische Töne etwa gab es von dem fabelhaften Tenor Michail Michailov in Donizettis berühmter Arie „Una furtiva Lacrima“ aus der Oper „Der Liebestrank. Klangfarbige Reize setzten Emilia Kircheva, Maria Pavlova und Alexander Baranov gleich zu Beginn im Terzett „Oje, Oje, wie rührt mich dies“ aus der Fledermaus von Johann Strauss. Blitzsauber, spannend und mitreißend musizierten die Symphoniker Puccinis Zwischenspiel aus der Oper „Manon Lescaut“.

Musikalisch von höchster Qualität ist auch der Ausflug in die Operette „Die lustige Witwe“. Dazu hatte die Dirigentin einen aussagekräftigen Querschnitt zusammengestellt und fast wie bei einer halbszenischen Aufführung auf die Bühne gebracht. Mit Sorgfalt und Leidenschaft sind Ljubka Biagioni und ihre Sofia Symphonics bei der Sache. Schwungvoll und einschmeichelnd klingt das alles, auch wenn die Stimmen mikrofonverstärkt wurden und manchmal eine Spur zu aufdringlich rüberkamen. „Da geh ich ins Maxim“, „Lippen schweigen“, das „Vilja-Lied“, das alles und viel mehr sind die Hits dieses Glanzstücks der Silbernen Operettenära. Die Dirigentin versteht die Operette als deftig zupackende, weniger als psychologisch hintersinnige Kunst. Man hört, wie die Musiker die Komposition Lehars verinnerlicht haben, mit viel Schmiss, ansonsten aber auch schon mal straff und unsentimental.

„Sogar den Vögeln hat es gefallen“, sagte Oberbürgermeister Henry Schramm am Ende, als er der Dirigentin einen Blumenstrauß überreicht und sich für den wundervollen Abend bedankte. Ljubka Biagioni schaffe es immer wieder, eine familiäre Atmosphäre herzustellen, in der sich alle Zuhörer wohl fühlen können. Mittlerweile habe sich schon eine kleine Fangemeinde gebildet. „Sie sind eine von uns, das schmeichelt und Kulmbacher schon ein bisschen“, sagte das Stadtoberhaupt zur Dirigentin. Sie und das Orchester bedankten sich am Ende mit dem wunderschönen Lied „Non Ti Scordar Di Me“ des neapolitanischen Komponisten Ernesto de Curtis und mit dem Trinklied „Libiamo“ aus „La Traviata“, bei dem noch einmal alle sieben Solistenstimmen aufblitzen durften.

Am Rande des letzten Plassenburg-Open-Airs dieses Sommers zog Matthias Mayer von der Motions Kommunikations-GmbH ein erstes positives Fazit über die sechs Abende. Zusammen rund 7000 Zuschauer seien ein Rekord, sagte Mayer. Vor allem für das Klassikkonzert habe man heuer eine deutliche Nachfragesteigerung feststellen können, was zeige, dass sich die Marke „Klassik auf der Burg“ mittlerweile etabliert habe. Obwohl die Plassenburg-Open-Airs ein regionales Festival sind, habe man speziell zum Konzert der Ersten Allgemeinen Verunsicherung auch Zuschauer aus Frankfurt oder aus Freiburg begrüßen können. Damit und mit der Rekordbesucherzahl würden die Open-Air-Konzerte auch verstärkt zu einer Auslastung der Hotellerie und Gastronomie in der Stadt beitragen. Auch im kommenden Jahr seien wieder sechs Konzerte geplant.

Bilder:
1. Ljubka Biagioni am Sonntagabend im Schönen Hof der Plassenburg und ihr Orchester, die Sofia Symphonics, mit den Solisten Maria Pavlova, Alexander Baranov und Emilia Kircheva.
2. „E strano“: die berühmte Arie aus Verdis „La Traviata“ sang die junge Sopranistin Nely Kravchenko (rechts) unter der Leitung von Ljubka Biagioni.

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16.07.2016

Kabarett, kunstvoller Wortwitz und eingängige Popmusik / Umjubeltes Konzert vor 1500 Besuchern: die Erste Allgemeine Verunsicherung bei den Plassenburg-Open-Airs

Kulmbach. Obwohl kein einziges Plakat aufgehängt, wahrscheinlich nicht einmal gedruckt wurde, war das Konzert der Ersten Allgemeinen Verunsicherung bei den Plassenburg-Open-Airs lange im Vorfeld ausverkauft. Die großen Hits liegen alle schon Jahrzehnte zurück, trotzdem ist die EAV nach wie vor existent und hat mit „Werwolf-Attacke“ sogar ein neues Album auf dem Markt. Selten wurde ein Konzert so bejubelt, wie das am Samstagabend. Das Publikum aus ganz Nordbayern und vereinzelt auch darüber hinaus, war praktisch ein riesiger Fanclub. Einziger möglicher Kritikpunkt: nach knapp zwei Stunden ohne Pause war auch schon wieder Schluss.

Dabei hätte es ewig so weitergehen können, denn wer kennt sie nicht: „Ba-Ba-Banküberfall“, „Der Märchenprinz“, „Fata Morgana“, „Geld oder Leben“, und, und, und. Die Hits der Kultband aus Österreich sind längst Allgemeingut, die Band um Frontman und Multitalent Klaus Eberhartinger gilt als eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Formationen. Die Mischung aus Kabarett, kunstvollen Wortwitz und eingängiger Popmusik konnte bislang keine andere Gruppe nachahmen. Lediglich die Bühnenshow, wie man sie von früheren Konzerten mit den vielen Kostümen kannte, ist mittlerweile etwas auf der Strecke geblieben. Was bei der EAV bei oberflächlicher Betrachtung als Kalauer daherkommt, erweist sich bei näherer Betrachtung als bitterböse Satire, mit der Themen wie Alkoholsucht , Atomkraft oder Sextourismus geschickt verpackt werden.

Freilich hat sich die EAV seit ihrer Gründung 1977 immer wieder neu erfunden. Die Liste der ehemaligen Bandmitglieder ist lang, geblieben sind nur Klaus Eberhartinger und Thomas Spitzer. Letzterer, Gitarrist, Komponist und Textdichter war in Kulmbach leider nicht mit von der Partie. Gitarren und Keyboards bedient mittlerweile Kurt Keinrath, seit 2001 ist Franz Kreimer, Saxofon und ebenfalls Keyboards dabei. Ganz neu sind seit 2014 Alvis Reid am Bass und Aaron Thier am Schlagzeug.  

„Was ist los“, heißt es auf dem neuen Album. Es ist das Erfolgsgeheimnis der Band, dass Gesellschaftskritik bitterböse und so, dass einen meist das Lachen im Halse stecken bleibt, in mitsingbare Popmusik verpackt wird. „Neandertal“ ist überall und es ist auch der Hit, mit dem die Band das Konzert startet. Die Fans sind auch in Kulmbach wieder schwer begeistert, wobei natürlich jeder die alten Hits hören möchte. „300 PS“ oder die Geschichte vom „Sandlerkönig Eberhard“. Jedes EAV-Konzert ist auch so etwas wie ein „Best of“, kein Wunder, bei einer Band, die fast 40 Jahre auf dem Buckel hat und deren Frontman mit seinen 65 Jahren alles gibt.

Einem Conferencier gleich, verpackt Eberhartinger auch zwischen den Titeln ernste Themen in witzigen Weisheiten. Beinahe sarkastisch widmet er sich der Flüchtlingskrise, um daraufhin zu „Mach nie die Tür auf“ überzuleiten. Auch wieder so ein Moment, in dem man erst einmal den Atem anhält. Wenn es doch mal ein Flüchtling bis an die Nordsee schaffen würde, er würde dann zwar nicht Asyl bekommen, wohl aber einen Sponsorenvertrag von Red Bull. Das sind die Witze vom Schlage einer EAV und jeder spürt die beißende Kritik am System.

Kein Thema wird ausgelassen. Eberhartinger nimmt Oktoberfeste im Frühjahr aufs Korn, geißelt den Trachtenlook („Lederhosen-Zombie“) und spielt den „Alpen-Rap“ mit einem riesigen Geweih auf dem Kopf. Überhaupt die Kopfbedeckungen wechselt er ständig, mal trägt er eine weißen, mal einen schwarzen Frack.

Traditionell endet jedes EAV-Konzert mit dem witzigen Song „Morgen fang ich ein neues Leben an“, das Eberhartinger auf einem Barhocker sitzend zum Besten gibt, die Band und alle Mitwirkenden gruppieren sich drum herum und jeder genießt ein Kulmbacher Bier.

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12.07.2016

Pathetische Gesten und pompöser Rock / Gefeierter Auftakt der Plassenburg-Open-Airs mit Queen-Coverband „God save the Queen“

Kulmbach. Nur wenigen ganz Großen der U-Musik des 20. Jahrhunderts wiederfährt das, was auch die klassische Musik ausmacht: sie werden interpretiert, nachgespielt, immer wieder aufgeführt. Bei Elvis Presley ist das so, bei Abba, natürlich bei den Beatles und bei der englischen Rockband Queen. Zahlreiche Ensembles touren um die Welt, um die Musik des englischen Quartetts am Leben zu halten und immer wieder neu aufzuführen. So auch bei dem Queen-Tribute mit dem witzigen Namen „God save the Queen“, eine fabelhafte Revival-Band rund um Frontman Harry Rose, der den charismatischen Freddie Mercury gibt. Das Queen-Tribute am Dienstagabend war zugleich der Auftakt zu den Plassenburg-Open-Airs, die heuer an sechs Abenden hintereinander mit einem überaus abwechslungsreichen Programm auf einen neuen Besucherrekord zusteuern.

1970 gegründet, hatte das englische Quartett Queen um den Gitarristen Brian May, dem Schlagzeuger Roger Taylor, dem Bassisten John Deacon und Sänger Freddie Mercury mit großem technischen Aufwand eine Mischung aus Led Zeppelin, Black Sabbath und Yes-Versatzstücken präsentiert , die mit der Attitüde des Glamrocks vermischt wurde. Unumstrittener Mittelpunkt der Queen-Shows war freilich Freddy Mercury, der die Songs mit operettenhafter, oftmals pathetischer Geste unverwechselbar performte. Die perfekte Show stand dabei stets im Vordergrund. Queen nutzten für die Liveaufführung ihres pompös arrangierten Kunstrocks die jeweils neuesten Techniken für Akustik und Licht. Die Musiker übertrafen dabei mit Gespür für den richtigen dramatischen Zeitpunkt stets alle anderen Bands in der Größe der Ton– und Lichtanlagen und Spezialeffekte.

Das alles ist für eine Coverband schwer nachzumachen. Doch das Konzept von „God save the Queen“ ging auf, mit einer Mischung aus täuschend echt interpretierten Queen-Songs und eigenen kreativen Stilistiken. Die Vollblutmusiker überzeugten selbst eingeschworene Fans und luden zu einem außergewöhnlichen, über zweieinhalbstündigen Konzerterlebnis ein. Als Freddy Mercury überzeugte Frontman Harry Rose nicht nur optisch im typischen Mercury-Outfit, sondern auch stimmlich gerade in den anspruchsvollen Passagen, und da gibt es bei Queen einige. „Who wants to live forever“ ist so eine Ballade, bei der Rose seine opernhafte Stimme voll aussingen kann. Aber auch die typischen Angewohnheiten von Freddie Mercury hat sich Harry Rose längst zu eigen gemacht. Der Mikrofonständer ist für ihn Spielzeug, Tanzstange und Luftgitarre zugleich, die (englischen) Ansagen hat er sich von „Queen live at Wembley 1986“ abgehört und die linke Faust reckt er beinahe bei jedem Song pathetisch gen Himmel.

„God save the Queen“ gab das her, was Queen ausmachte: die ersten Songs, die noch deutlich vom Hardrock der frühen 1970er Jahre beeinflusst waren, aber auch die Queen-Ära ab 1975 als die Band das Album „A night at the opera“  veröffentlichte. Darauf war unter anderem der Song „Bohemian Rhapsody“ zu finden, der nun die neue Richtung vorgab und auch in Kulmbach hervorragend interpretiert, nicht fehlen durfte. Queen wurden damals glatter und stellten das hymnenhafte Pathos in den Vordergrund.  All das hatte die Cover-Band hervorragend realisiert und umgesetzt. Genau das brachten sie auf die Open-Air-Bühne des Schönen Hofes der Plassenburg: eine gelungene Kombination von brillantem Sound, einer aufwändigen Lichtshow und schrillen Kostümen. Auch und besonders bei „I want to break free“: Wie im Originalvideo kommt Frontman als Frau verkleidet auf die Bühne und tänzelt mit einem Staubsauger.

Auch die dritte Queen-Periode fehlte nicht, als sie Band ab den 1980er Jahren wohl auch als Reaktion auf Punk und New Wave, ihren zuckrigen Sound sparsamer einsetzte, und stattdessen Funk und Disco-Einflüsse zuließ. Ihre Singles und LPs belegten damals durchgängig die höchsten Chart-Positionen und live war das Quartett ein unvergleichliches Erlebnis. All das brachte die Coverband hervorragend rüber inklusive eines fulminanten Schlusses mit den Hymnen „I want it all“, „We will rock you“ und „We are the champions“. Queen lebt und wird überleben, das hat dieser Abend deutlich gemacht.

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08.07.2016

Wünsche an die Welt / Kulturpreise für Axel Luther und die Weidenberger Grund- und Mittelschule

Bayreuth. Zwischen den beiden Preisträgern gibt es eine Verbindung: 2004 hatte der Maler und Bildhauer Axel Luther aus Bayreuth die Idee, bei einem Aktionstag Schulklassen zu motivieren, ihre Zukunftswünsche auf Tafeln in einer von ihm erdachten, angedeuteten meterhohen Erdkugel aus Metall zu einem großen Kunstwerk zusammenzufügen. Die Kugel wurde damals in einem Innenhof des Landratsamtes aufgestellt. Zwölf Jahre waren die Tafeln Wind und Wetter ausgesetzt und dementsprechend warten sie in einem schlechten Zustand. Unter der Anleitung des aus Israel stammenden Pädagogen Sagy Cohen hatten deshalb Flüchtlingskinder der Weidenberger Schule die Tafeln neu gestaltet.

Beim Landkreisempfang wurden die ersten Tafeln in der Weltkugel installiert, gleichzeitig erhielten Axel Luther und die Grund- und Mittelschule Weidenberg die Kulturpreise des Landkreises. Axel Luther wurde für seine besonderen Verdienste auf dem Gebiet der bildenden Kunst ausgezeichnet, der Förderpreis ging an die Grund- und Mittelschule Weidenberg mit Sagy Cohen für herausragende Verdienste auf dem Gebiet der interkulturellen Verständigung.

Als etablierter und weithin anerkannter Künstler habe sich Axel Luther auf dem Gebiet der bildenden Kunst große Verdienste im kulturellen Bereich weit über die Grenzen unserer Region hinaus erworben, sagte Landrat Hermann Hübner bei der Übergabe des mit 3000 Euro dotierten Hauptpreises. Axel Luther wurde 1951 in Bayreuth geboren. Nach dem Zivildienst und einer längeren Asienreise ist er seit 1986 al freischaffender Künstler tätig. Seit 1994 mit eigenem Atelier im Blauen Turm von Hollfeld. Im Zentrum seines Schaffens stehen Tierfiguren und Portraits aus Stein, Beton, Keramik, Terrakotta, Stahl, Bronze, Treibholz und mit Alufolie. Er malt auf Fassaden, Wänden und auf Holz.

Seine ersten künstlerischen Versuche bestanden im Formen von Tieren mit Stanniolpapier und Alufolie, eine Besonderheit, der er bis heute treu geblieben ist, in der er es zur absoluten Meisterschaft gebracht hat und dessen Videoclips darüber auf Youtube Abonnenten auf der ganzen Welt haben. Er gehört auch zu den zehn Künstlern aus dem In- und Ausland, die sich seinerzeit an dem vom Landratsamt ausgelobten Projekt „Naturkunstraum Neubürg“ mit einer Bronze-Stele beteiligt haben. Zu seinen Werken zählen unter anderem die Wandbemalung eines Turms der früheren Brauerei Weiße Taube in Hollfeld oder das Denkmal für die Fischart Äsche in Waischenfeld.

Förderpreisträger ist die Grund- und Mittelschule Weidenberg für ihre außergewöhnlichen Integrations- und Kulturangebote. „In Sachen Migration wird bei der Kinder- und Jugendarbeit Herausragendes geleistet“, sagte Landrat Hübner. Dieses vorbildliche und für den Landkreis beispielhafte Engagement wirke weit über Weidenberg in die gesamte Region hinaus, so Hübner.

Neben Schwimmkursen, Fahrradunterricht, der Aufführung eines Theaterstücks und gemeinsamen Besuchen auf der Landesgartenschau  wurde auch ein Film über die tief bewegenden Lebensgeschichten von Flüchtlingskindern und .jugendlichen gedreht und als Unterrichtsmaterial anderen Schulen zur Verfügung gestellt. Dreh- und Angelpunkt ist dabei der aus Israel stammende Pädagoge Sagy Cohen der an der Mittelschule eine Übergangsklasse betreut und Integrationshilfe für Kinder und Jugendliche aus Weidenberg, Warmensteinach und Fichtelberg leistet.

Bild:
In der stilisierten Weltkugel von Kulturpreisträger Axel Luther brachten Landrat Hermann Hübner und der Pädagoge Sagy Cohen (von links) Tafeln mit Zukunftswünschen von Flüchtlingskindern an.

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26.03.2016

Opulente Klangbilder und berauschende Klangfarben / Jugendsymphonieorchester Oberfranken startete in Naila seine Ostertournee

Naila. Mit einem fulminanten Konzert in der Frankenhalle in Naila hat das Jugendsymphonieorchester Oberfranken am Karsamstag seine kleine Ostertournee durch Oberfranken gestartet. Weitere Stationen waren das Kongresshaus Rosengarten in Coburg am Ostersonntag und die Aurachtalhalle in Stegaurach am Ostermontag. Einmal mehr war es dabei dem Dirigenten Till Fabian Weser von den Bamberger Symphonikern gelungen, die rund 70 jungen Musiker zwischen 13 und 20 Jahren aus allen Teilen Oberfrankens zu einem Klangkörper zusammenzuschweißen.

Am deutlichsten wurde dies bei den wohl berühmtesten Bildern der Musikgeschichte, den „Bildern einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski in der Orchestrierung von Maurice Ravel. Es ist eine einzigartige Bilderschau, die der russische Bürgerschreck Mussorgski seinem verstorbenen Malerfreund Viktor Hartmann gewidmet hatte und die seit ihrer Uraufführung aufgrund des programmatischen Ansatzes gerade auch junge Musiker immer wieder fasziniert. Die Komposition bildete zugleich das Hauptwerk des Konzerts.

Till Fabian Weser lässt die Bilder herb und scharfkantig erklingen und die jungen Musiker, alle keine Profis, arbeiten die raffinierte Klangfarbenkunst dieser Orchesterfassung prima heraus. Details dieses Ohrwurms der klassischen Musik treten auf einmal hervor, wie man sie so noch nie vorher gehört hat. So gespielt, sind diese Bilder nicht nur zu hören, sie tauchen vielmehr vor dem geistigen Auge des Zuhörers auf: der schauderhafte „Gnomus“  etwa, die skurrile Charakterisierung des Samuel Goldenberg und des Schmuyle oder der pompöse Triumphzug durch „Das große Tor von Kiew“, die auch als Zugabe erklingt. Über sechs Stunden habe man jeden Tag geprobt, erklärte der Dirigent im Vorfeld, und das merkt man auch, denn schließlich kam jeder der 70 Musiker mit einem anderen Kenntnisstand nach Weißenstadt, wo diesmal wieder die Probenphase stattfand.

Eine Besonderheit der diesjährigen Konzerte war das selten aufgeführte Flötenkonzert D-Dur op. 283 von Carl Reinecke. Der Hamburger Komponist war ein Protegé von Felix Mendelssohn Bartholdy, befreundet mit Schumann und Brahms, ohne seine Komposition wäre das 19. Jahrhundert ein ziemlich weißer Fleck auf der Repertoire-Landkarte der Gattung Flötenkonzert, so heißt es. Die fabelhafte Solistin stammte dabei aus den eigenen Reihen, es war die erst 18-jährige Margarethe Geigerhilk aus Kronach, die das Konzert hingebungsvoll leicht, frisch und verspielt präsentiert. Sie habe sich ganz bewusst für dieses romantische Konzert entschieden, sagte sie im Vorfeld. Recht hat sie, zeigt das Konzert doch ganz klar, dass Reinecke ein virtuoser Bläserkomponist war. Sowohl die Solistin als auch das Orchester gingen mit spürbarem  Engagement zur Sache, wobei sich der Klangkörper ganz klar in die Rolle des geschmeidigen Begleiters zurückzog.

Gerade so, als ob das alles nicht schon schwer genug wäre, hatte Dirigent Till Fabian Weser den Mitgliedern des Jugendsymphonieorchesters auch noch eine Wagner-Ouvertüre auf die Pulte gelegt. Mit dem Vorspiel zur Oper „Der fliegende Holländer“ gab es ein weiteres opulentes Bild, ein prächtiges orchestrales Klangbild, das die Musiker gut bewältigten. Die jungen Musiker lassen den Zuhörer in Klangbildern schwelgen, wobei auch hier besonders wieder die Bläser gefordert waren.

Die Konzerte des Jugendsymphonieorchesters sind seit über drei Jahrzehnten fester Termin im Konzertkalender der Stadt und des Regierungsbezirks, sagte der Nailaer Bürgermeister Frank Stumpf. Damit sei Naila auch Basis für die musikalische Jugend Oberfrankens, so Dr. Ulrich Wirz, Verwaltungsleiter der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau.

Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde 1984 von dem Dirigenten und Musikpädagogen Professor Dr. Günther Weiß (1933 – 2007) gegründet, der viele Jahre als künstlerischer Leiter der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken, Haus Marteau, tätig war. Seit der Gründung kommen junge Musikerinnen und Musiker aus ganz Oberfranken jeweils kurz vor Ostern zu einer Probenwoche zusammen und erarbeiten unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm.  Das Jugendsymphonieorchester ist ein Projekt des Hauses Marteau, der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken.

Bild: In der Frankenhalle in Naile starteten Till Fabian Weser und das Jugendsymphonieorchester Oberfranken ihre kleine Ostertournee.

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23.03.2016

Absolute Konzentration für die „Bilder einer Ausstellung“ / Jugendsymphonieorchester Oberfranken gastiert an den Osterfeiertagen in Naila, Coburg und Stegaurach

Weißenstadt. Es ist ein ungewöhnliches Orchester, das auf eine außergewöhnliche Tournee geht: das Jugendsymphonieorchester Oberfranken probt derzeit im Kurzentrum von Weißenstadt (Landkreis Wunsiedel) für seine kleine Ostertour. Stationen sind Naila am Samstag, Coburg am Sonntag und Stegaurach am Montag.

Noch muss Dirigent Till Fabian Weser von den Bamberger Symphonikern häufig unterbrechen. Meist sind es aber nur Kleinigkeiten, die er moniert. Ansonsten klappt das Hauptwerk, die „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky in der Orchestration von Maurice Ravel, schon bestens. „Wir brauchen absolute Konzentration“, ruft der Dirigent und lässt immer wieder einzelne Stellen wiederholen, bis die Takte sitzen.

Lange dauert das nicht, denn die jungen Musiker im Alter zwischen 13 und 20 Jahren proben bereits seit Samstag täglich bis zu sechs Stunden, alles freiwillig und das auch noch in den Schulferien. „Wo sonst haben die jungen Leute Gelegenheit, die Bilder einer Ausstellung oder Richard Wagners Holländer-Ouvertüre zu spielen“, sagt Till Fabian Weser. Das gebe es in keinem Musikschulorchester.

Der Dirigent möchte die jungen Musiker nicht nur fördern, sondern auch fordern, und so gibt es einige Leistungsträger, die schon seit Jahren dabei sind. Margarethe Geigerhilk ist eine davon. Die Flötistin spielt in diesem Jahr nicht nur im Orchester mit, sie tritt auch als Solistin in Erscheinung und zwar beim Flötenkonzert D-Dur op. 283 von Carl Reinecke. Margarethe Geigerhilk ist 18 Jahre jung, kommt aus Kronach und musiziert auch im Bayerischen Landesjugendorchester.

Die junge Musikerin sieht es vorrangig als einmalige Chance und Möglichkeit, Erfahrungen als Solistin zu sammeln und ihr musikalisches Können unter Beweis zu stellen. Wegen ihres Abiturs sei sie zunächst schon etwas skeptisch gewesen, ob sie das alles schaffen würde. Nun sei sie aber doch sehr froh, das Angebot angenommen zu haben. „Denn es ist natürlich auch eine große Ehre, schon in meinem Alter diese Position einzunehmen“, so die Solistin.

Nach den Worten von Dr. UIrich Wirz, dem Verwaltungsleiter der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau, wurde das Jugendsymphonieorchester Oberfranken 1984 von dem Dirigenten und Musikpädagogen Professor Dr. Günther Weiß (1933 – 2007) gegründet, der viele Jahre als künstlerischer Leiter der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken, Haus Marteau, tätig war. Seit der Gründung kommen junge Musikerinnen und Musiker aus ganz Oberfranken jeweils kurz vor Ostern zu einer Probenwoche zusammen und erarbeiten unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm. Weitere Dirigenten waren Howard Golden und Raoul Grüneis. Oberstes Ziel sei es, dass die jungen Leute Freude an der Musik haben, so Dr. Wirz. Mit über 70 Musikern habe der Klangkörper diesmal eine rekordverdächtige Größe erreicht.

Weitere Information: www.jso-oberfranken.de oder auf Facebook unter www.facebook.com/Jugendsymphonieorchester.

Bilder:
Im Kurzentrum von Weißenstadt proben Till Fabian Weser, die Flötensolistin Margarethe Geigerhilk und das Jugendsymphonieorchester Oberfranken für die drei Konzerte, die an den Osterfeiertagen in Naila, Coburg und Weißenstadt stattfinden.

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19.03.2016

"Orchester auf Zeit und Talentschmiede für junge Musiker“ / Probenauftakt: Jugendsymphonieorchester Oberfranken startet mit anspruchsvollem Programm in die heiße Phase

Weißenstadt. Die „Bilder einer Ausstellung“ waren der Auftakt: Mit einer Durchspielprobe der populären Komposition von Modest Mussorgski in der Instrumentierung von Maurice Ravel hat am Wochenende im Schullandheim von Weißenstadt im Landkreis Wunsiedel die Übungsphase des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken begonnen. Noch klang die eine oder andere Sequenz etwas schräg, noch waren nicht alle Musiker da, hier fehlte ein Notenständer, dort mussten sich die vielen neuen Musiker erst orientieren, doch eines hatten alle gemeinsam: die Liebe zur Musik und das anspruchsvolle Programm nahezu perfekt zu bewältigen.

Am Pult steht wieder Till Fabian Weser von den Bamberger Symphonikern. Seine Aufgabe ist es, die jungen Talente aus allen Teilen des Regierungsbezirks in nur einer Woche zu einem einzigen Klangkörper zusammenzuführen. Unter der Stabführung des aus Amerika stammenden Dirigenten werden die gut 60 jungen Musiker zwischen 11 und 21 Jahren über Ostern zu einer kleinen Oberfranken-Tournee aufbrechen.

Im Weißenstädter Schullandheim finden dabei nicht nur die ersten Proben statt, die Nachwuchsmusiker werden dort untergebracht sein. Die Generalprobe soll dann am Karfreitag im Kurhotel von Weißenstadt über die Bühne gehen. Auftakt der Konzertreihe ist am Karsamstag, 26. März um 18 Uhr in der Frankenhalle in Naila. Weitere Konzerte finden am Ostersonntag, 27. März um 17.30 Uhr im Kongresshaus Rosengarten in Coburg  und am Ostermontag, 28. März um 17.30 Uhr in der Aurachtalhalle in Stegaurach statt.

Das Programm steht in diesem Jahr unter dem Motto „Bilder“: Hauptwerk sind deshalb die überaus populären „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky in der Orchestrierung von Maurice Ravel. Schon die erste Durchspielprobe am Samstag zeigte, dass dabei die Bläser und die Schlagwerker ganz besonders gefordert sein werden. Ein musikalisches Bühnenbild ist für Till Fabian Weser auch Richard Wagners Ouvertüre zu der Oper „Der fliegende Holländer“.

Der Dirigent spricht vor allem wegen der Seefahrerthematik von einer Art Fortsetzung der „Sheherazade“, die das Orchester im zurückliegenden Jahr eingespielt hat. Wieder wird es eine Komposition sein, die von den Bläsern getragen wird. Die jungen Musiker sollen einfach Lust bekommen, so etwas zu spielen, sagt Till Fabian Weser und ist sich sicher, dass alle Beteiligten diese Herausforderung auch meistern werden. Drittes „Bild“ im Programm des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken ist das selten aufgeführte Flötenkonzert D-Dur op. 283 von Carl Reinecke. Solistin wird dabei Maggy Geigerhilk (18) aus Kronach sein. Sie gehört dem Jugendsymphonieorchester Oberfranken bereits seit mehreren Jahren an und musiziert auch im Bayerischen Landesjugendorchester.

„Mit unserem ehrgeizigen Projekt eines eigenen Jugendsymphonieorchesters möchten wir jungen Nachwuchsmusikern aus der Region alljährlich die Möglichkeit geben, ihr Können unter professioneller Anleitung öffentlich zu präsentieren“, sagte Bezirkstagspräsident Günther Denzler zum Probenauftakt. Als „Orchester auf Zeit“ setzte sich das Jugendsymphonieorchester Jahr für Jahr neu zusammen. Denzler: „Das oberfränkische Jugendsymphonieorchester ist das Herzstück der Jugendarbeit unserer Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau.“ 

Dirigent Till Fabian Weser versteht das Orchester in erster Linie als eine Art Talentschmiede, in dem sich junge Musiker aus allen Teilen Oberfrankens im Bekenntnis zu ihrer Heimat zusammenfinden. „Ich sehe es aber auch als Sprungbrett“, so Weser. In dem Klangkörper hätten die jungen Talente eine hervorragende Möglichkeit, sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.

Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde 1984 von dem Musikpädagogen und Dirigenten Professor Günther Weiß (1933 – 2007) gegründet, der viele Jahre als künstlerischer Leiter der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau tätig war. Seit der Gründung kommen junge Musikerinnen und Musiker aus ganz Oberfranken jeweils kurz vor Ostern zu einer Probenwoche zusammen und erarbeiten unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm.

Weitere Information: www.jugendsymphonieorchester.de

Bilder: Probenauftakt am Wochenende in Weißenstadt: Till Fabian Weser dirigiert das Jugendsymphonieorchester Oberfranken.

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14.03.2016

Fränkischer Theatersommer zeigt Giganten der Weltliteratur / Landesbühne Oberfranken präsentierte Programm für die Spielzeit 2016

Hollfeld. William Shakespeare und Miguel de Cervantes, der englische Dramatiker und der spanische Nationaldichter: diesen beiden Giganten des Welttheaters hat der Fränkische Theatersommer (früher Theatersommer Fränkische Schweiz) seine neue Spielzeit gewidmet. Hintergrund ist der jeweils 400 Todestag sowohl von Cervantes als auch von Shakespeare. „Beide sind für die Weltliteratur und das Welttheater ziemlich wichtig geworden, deshalb sind sie für uns auch eine besondere Herausforderung“, sagte Intendant Jan Burdinski bei der Vorstellung des Programms.

Der spanische Klassiker „Don Quichotte“ (der Theatersommer hat sich bewusst für die französisch-deutsche Schreibweise entschieden) von Cervantes habe seinen Autor weltberühmt gemacht. „Wir wollen das Publikum nach allen Regeln der Kunst verzücken und gleichzeitig in Erstaunen versetzten“, so Intendant Burdinski, der gleichzeitig die Textversion mit erstellt hat. Die komisch-grotesken Abenteuer des Ritters „von der traurigen Gestalt“ und seines gutmütigen Knappen Sancho Pansa sollen dabei nicht im Kampf gegen Windmühlen und den Geheimnissen um die sagenhafte Schönheit der Dulcinea von Toboso enden, sondern weit über die bekannten Episoden hinaus führen. Zu sehen ist Don Quichotte“ in der Inszenierung von Amelie Auer unter anderem im Historischen Museum in Bayreuth( 5. Juni), im Rosenthal-Theater Selb (24. Juni), im Förderzentrum St. Katharina in Lichtenfels (23. Juni), am Marktplatz in Betzenstein (20. August) und im Evangelischen Gemeindehaus in Pegnitz (21. August).

Zweite Neuinszenierung ist Shakespeares eher selten gespielter Liebesreigen „Verlorene Liebesmüh“. Heidi Lehnert will in ihrer Inszenierung dieses wohl sprachwitzigsten Stückes des berühmten britischen Poeten zeigen, wie lebendig Shakespeare auch nach 400 Jahren noch immer ist. Intendant Burdinski spricht vom „Phänomen Shakespeare“ und von einem unglaublichen und auch unerreichten Menschenkenner mit einem frappierenden Blick auf die menschliche Psyche. Aufführungen gibt es unter anderem im Burggut in der Waaggasse in Kulmbach (8. Mai), im Historischen Museum in Bayreuth (22. Mai), in der Kulturscheune Eggolsheim (19. Juni), im neuen Heckentheater auf der Landesgartenschau in Bayreuth (3. Juli), im Burghof von Egloffstein (9. Juli, im Hofer Landratsamt (21. Juli) und auf Schloss Kühlenfels (6. August).

Auch in Sachen Musiktheater hat der Theatersommer diesmal wieder viel Neues zu bieten. Zum einen gibt es Frederick Loewes „My fair Lady“ als „Kammermusical“, was bedeutet ohne großes Orchester, aber mit viel Witz und Selbstironie, das Musiktheater „Orangenmädchen“ nach Jostein Gaardner und das Tanztheater „Wenn wir über Schatten tanzen“ von und mit Michaela Duhme und Alexander von Hugo. Dieses Stück basiert auf Interviews mit älteren Menschen und soll deren Erinnerungen an Krieg und Nachkriegszeit mit Hilfe von Jazz- und Swingelementen lebendig werden lassen.

Daneben stehen in dieser Spielzeit auch wieder zahlreiche Wiederaufnahmen auf dem Programm, darunter die Komödie „Zwei wie Bonnie und Clyde“ von Sabine Misiorny und Tom Müller, die Komödie „Mondscheintarif“ von Ildiko von Kürthy und das Musikstück „Der Blues der Lady“ nach der Autobiographie von Billie Holiday. Es gibt mehrere buchbare Angebote, unter anderem ein Bild- und Musiktheater zu Lucas Cranach sowie Stücke, die sich um Themen wie Sucht und Depression drehen. Nicht vergessen haben die Theatermacher das junge Publikum: in dem Kinderstück Lilli und der Raabe von Wilfried Grote soll es darum gehen, was Freundschaft wirklich bedeutet.

Insgesamt besteht das Ensemble heuer aus fast 40 Aktiven, die an über 70 Spielorten in Ober-, Mittel- und Unterfranken sowie vereinzelt auch darüber hinaus auftreten werden. Insgesamt hat der Fränkische Theatersommer  im zurückliegenden Jahr knapp über 16000 Zuschauer verzeichnen können. „Damit haben wir ein Rekordjahr hinter uns“, so Burdinski. Vom Gesamtetat in Höhe von rund 450000 Euro erwirtschaftet der Theatersommer rund zwei Drittel selbst durch Einnahmen und Sponsorengeldern. Das übrige Drittel setzt sich aus öffentlichen Zuwendungen durch den Bezirk Oberfranken, das Bayerische Kultusministerium und dem Landkreis Bayreuth zusammen. Den Theatersommer gibt es seit 1994, im Jahr 2007 erhielt er den Status „Landesbühne Oberfranken“ und die Bezeichnung „Fränkischer Theatersommer“.

Sämtliche Termine dieses Jahres sind im neuen Programmheft zu finden, das druckfrisch an vielen Auslagestellen in der Region erhältlich ist. Weitere Information gibt es auch im Internet: www.theatersommer.de.

Bild: Peter Ackermann und Heike Fick vom Betriebsbüro des Theatersommers sowie Intendant Jan Burdinski (von links) freuen sich auch eine erfolgreiche Spielzeit 2016.

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09.03.2016

Musikalisches Glaubensbekenntnis mit Überzeugung und Hingabe / Gospel-Konzert der Extraklasse: Schwarzacher Main Line Gospelchor konzertierte mit Deborah Woodson in Burghaig

Kulmbach. Gospel, das ist nicht nur mitreißende, meist rhythmische und immer sehr emotionale Kirchenmusik zum Lob Gottes, sondern auch ein Stück weit pures Entertainment und genau darin liegt wohl das Erfolgsgeheimnis dieser Sparte. Die US-amerikanische Sängerin Deborah Woodson hat ihre aktuelle Tournee so konzipiert, dass engagierte Chorsänger aus dem jeweiligen Auftrittsort mit den Profis aus der Branche zusammenkommen, und das ohne große Vorbereitung. Beim „Black & White“-Gospel-Konzert in der Johanniskirche von Burghaig mit Deborah Woodson und dem Schwarzacher Main-Line-Gospelchor ist dieses Konzept hervorragend aufgegangen.

Der Schwarzacher Gospelchor unter der Leitung von Heinz Bittermann ist weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt für seine bunte Mischung aus modernen und traditionellen Gospels sowie mitreißenden Pop-Songs. Mit der Sängerin Sängerin Deborah Woodson aus dem US-amerikanischen Georgia und deren „Gospel Mates“, eine Background-Sängerin und ein Background-Sänger sowie zwei Keyboarder, hatten die Schwarzacher Sänger diesmal echte Profis an ihrer Seite.

Kein Wunder, dass der Funke auch in Burghaig schnell übersprang, die Zuhörer klatschen mit, sangen mit und tanzen am Ende mit. „Wir singen, weil es uns Spaß macht und wir singen das, was uns Spaß macht.“ Das ist das Motto der Profis aus den USA, das ist aber auch das Motto des Klangkörpers aus dem Kulmbacher Land. Vielleicht ist es auch das Erfolgsgeheimnis der Sparte überhaupt, denn ist schon eine ganz eigene und dennoch wohl die populärsten Facette des geistlichen Musikschaffens.

Musikalisch kamen die Zuhörer in der Johanniskirche jedenfalls voll auf ihre Kosten. Die professionell agierenden Sängerinnen und Sänger zauberten eine beeindruckend fröhliche Atmosphäre in das nahezu ausverkaufte Gotteshaus. Fast zweieinhalb Stunden lang gab es eine bunte und erfrischende musikalische Mischung aus altbekannten Gospelstandards, zeitgenössischen, modernen Klänge, swingende Liedern und beliebten Spirituals.

Natürlich gab es die weltbekannten und zeitlosen Traditionals wie „Amazing grace“, „Oh happy day“, „Oh when the saints“, geistliche Lieder, die längst zu Evergreens der Popmusik wurden. Was auch immer die charismatische Deborah Woodson sang, sie zelebrierte ihr musikalisches Glaubensbekenntnis mit großer Überzeugung und viel Hingabe. Auch einige ungewöhnliche Lieder sind dabei: „Ich weiß, wo ich war“ aus dem Erfolgsmusical „Hairspray“ beispielsweise auf deutsche gesungen, den Klassiker „Stand by me“ von Ben E. King, oder den Sister-Act-Song „I will follow him“.

Zu Beginn hatte der Main-Line-Gospelchor einen eigenen Block, bei dem eher unbekannte Gospels zelebriert wurden, wunderbar homogen, mit ständig wechselnden solistischen Einlagen, mal A-Capella mit geklatschtem Rhythmus und stets dynamisch sorgsam ausbalanciert. Am Ende gab es einen zweiten Block, bei dem Deborah Woodson zusammen mit den Schwarzachern sang, nein sie zelebrierte die Stücke, darunter Michael Jacksons „We are the world“ fast schon in Form eines mitreißenden Happenings. „Dabei haben wir gar nicht zusammen geübt“, sagt die Sängerin.

Deborah Woodson singt seit klein auf Gospel, sie begann ihre Musikkarriere mit Gospelmusik in der Baptistenkirche ihres Großvaters. Ihr Musikstudium absolvierte sie an der North Carolina University, Auftritte in mehr als 40 Ländern folgten, unter anderem auch in verschiedenen Musical-Rollen am Broadway.

Wer Deborah Woodson zusammen mit den Gospelmates und jeweils einem regionalen Gospelchor noch einmal erleben möchte, hat dazu die Gelegenheit am 19. März um 19.30 Uhr in der Kirche St. Konrad in Hof und einen Tag später, am 20. März um 17 Uhr in der Kirche St. Peter in Tirschenreuth.

Bilder:
Deborah Woodson und ihre Gospelmates sangen zusammen mit dem Main Line Gospelchor aus Schwarzach und begeisterten das Publikum in der Burghaiger Johanneskirche.

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03.02.2016

Kulmbach wurde für zweieinhalb Stunden zur Musical-Metropole / Produktion „Best of Musical Star Nights“ in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. So viele Musicals gibt es und irgendwie hat jedes seinen ganz eigenen Ohrwurm. Ein „Best of“ davon präsentierte ein international besetztes Showensemble am Mittwochabend in der einigermaßen gut besetzten Dr.-Stammberger-Halle unter dem Titel „Best of Musical Star Nights“ und nahm das Publikum dabei mit auf eine Reise von Afrika („König der Löwen“), über Paris (Les Miserables“) und Wien („Elisabeth“) bis nach Transsylvanien („Tanz der Vampire“).

Das Kreativteam um die beiden Choreographen Murray Grant und Greg J. Davidson hatte sich viel Mühe gegeben, eine abwechslungsreiche, farbenprächtige und fantasievolle Show auf die Beine zu stellen und sie wurden diesem Vorhaben größtenteils auch gerecht. Schöne Stimmen, prächtige Kostüme und eine raffinierte Lichtregie mit modernen 3D-Foto- und Videoprojektionen lieferten beste Unterhaltung auf hohem Niveau und machten Kulmbach für zweieinhalb Stunden zur Musical-Metropole.

Freilich müssen derartige Tourneeproduktionen, die heute in Kulmbach, morgen in Zürich und nächste Woche schon wieder in Nürnberg zu sehen sind, die gerade aus Bozen kommt und erst vor wenigen Wochen auch in Bayreuth gastierte, immer auch irgendwo Abstriche machen. So gab es kein richtiges Bühnenbild, lediglich eine Showtreppe, einige wenige Requisiten, dafür aber die großen Bilder, mal im Hintergrund, mal auf einen halb durchsichtigen Vorhang vor der Bühne projiziert.

Die Sängerinnen und Sänger sind jedenfalls durch die Bank klasse, man merkt ihnen an, dass sie absolute Profis sind und noch jede Menge Spaß an der Sache haben. Einzelne hervorzuheben wäre unfair, singen sie doch alle mal abwechselnd im gesamten Ensemble mal übernehmen sie solistische Aufgaben. Außerdem sind es gerade die großen „Massenszenen“, die das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißen, etwas bei „One day more“ aus „Les Miserables“, beim Medley aus dem Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“ oder bei dem erotischen „Cell Block Tango“ aus „Chicago“. Trotzdem, Abigail Steinhouse, Alina Arenz, Benedikt de la Bedoyere, George Grey und Kyle Herbert, alle aus England, Christopher Dederichs aus Deutschand, Nina Monschein aus Österreich, Leanne Howell aus Neuseeland, sie alle haben eine professionelle Gesangs- und Tanzausbildung hinter sich und bereits die eine oder andere Rolle an namhaften Bühnen übernommen.

Tolle Kostüme hatte sich Carol Attenburgh für die Sängerinnen und Sänger sowie für das sechsköpfige Tanzensemble einfallen lassen, meist angelehnt an das Original, wie bei „Starlight Express“ auf Rollschuhen, bei „Elisabeth“ in großer Robe“ oder besonders fantasievoll beim beim „König der Löwen“. Sparen können hätte man sich dagegen die Moderation, die, wenn man sie überhaupt verstand, wenig Sinn ergab und vermutlich nur dazu da war, um den Akteuren die notwenigen Umzieh- und Verschnaufpausen zu geben.

Überhaupt war die Technik nicht unbedingt bestens eingestellt. Manch ein Head-Set zeige Ausfallserscheinungen, die eine oder andere Stimme ploppte und kam damit immer wieder leicht knallig daherkam. Daran wiederum konnte man leicht feststellen, dass tatsächlich live gesungen wurde. Die Musik kam dagegen vom Band.

Wer noch mehr Lust auf Musical hat, die Show „Best of Musical Star Nights“ gastiert am 10. Februar in der Nürnberger Meistersingerhalle, am 19. Februar im König-Albert-Theater in Bad Elster, am 20. Februar in der Freiheitshalle Hof und am 23. Februar im Kongresshaus Rosengarten in Coburg.

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12.01.2016

Kulmbachs erstaunlichster Klangkörper / Zum 25. Mal: Fulminantes Neujahrskonzert der Stadtkapelle

Kulmbach. Vom Traditionsmarsch bis zur großen Konzertouvertüre, von der Operette bis zum Musical, von der Polka bis zum Jazz-Standard: in das Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach hat Dirigent Thomas Besand auch diesmal wieder viel Entdeckenswertes hineingepackt. Und für Besand selbst war das Konzert ein ganz Besonderes, denn es war sein 25. in Folge. Der50-jährige Vollblutmusiker hat seit seinem Amtsantritt programmatisches einiges auf den Weg gebracht. Doch damit nicht genug, er hat es geschafft aus Kulmbachs erstaunlichstem Klangkörper ein nahezu professionelles Orchester zu formen.

Wer es nicht glauben wollte, konnte sich am Dienstagabend in der, wie stets, ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle selbst ein Bild davon machen. Zweieinhalb Stunden lang gab es symphonische Blasmusik von höchster Qualität. Nach Naila am vergangenen Donnerstag und Saalfeld am Sonntag gaben die rund 55 Musikerinnen und Musiker im Alter von 15 bis 85 Jahren zuhause in Kulmbach noch einmal alles. Das Programm sollte dabei auch eine Art Rückschau sein, auf die Erfolgstitel der zurückliegenden zweieinhalb Jahrzehnte.

Thomas Besands größter Verdienst ist es sicherlich, dass er die Tradition des Klangkörpers über so viele Jahre zeitgemäß weitergeführt hat. Die Stadtkapelle besitzt trotz einer natürlichen Fluktuation ein ausgeprägtes Gefühl für jedes musikalische Genre. Im Kulturleben Kulmbachs ist die Stadtkapelle fest verwurzelt und nicht mehr wegzudenken. „Die Musiker der Stadtkapelle und ihr Dirigent Thomas Besand sind die besten Botschafter der Stadt“, sagte auch Oberbürgermeister Henry Schramm in seiner launigen Gratulation. Er bescheinigte dem Klangkörper nicht nur älter als die Berliner Philharmoniker zu sein, auch stellte er Besand augenzwinkernd in eine Reihe mit Karajan oder Simon Rattle.

Mehrere Komponisten zogen sich diesmal wie ein roter Faden durch das Programm: Johann Strauss der Jüngere, der „Walzerkönig“ zu Beispiel, von dem die Stadtkapelle genauso wie beim allerersten Konzert vor 25 Jahren den Kaiserwalzer musizierte. Als weiteres Stück von Johann Strauss gab es die Schnellpolka „Vergnügungszug“. Thomas Besand ließ es sich dabei nicht nehmen, ganz bewusst in raschen Tempi zu musizieren, der Dirigent hatte auch ein echtes Messinghorn eines Eisenbahner-Streckenpostens aufgetan, mit dem er die Signale ausgab. Besand und seine Musiker haben das alles bestens im Griff, locker und leicht, aber zugleich auch prächtig und glanzvoll.

Zweiter großer Komponist war der tschechische Militärmusiker Julius Fucik. Seine Konzertouvertüre „Marinarella“ wurde ebenfalls schon beim allerersten Neujahrskonzert der Stadtkapelle aufgeführt. Von Fucik hatte Thomas Besand diesmal auch den großen italienischen „Florentiner Marsch“, eine von Fuciks bekanntesten Kompositionen ins Programm genommen. An exaktem Spiel kaum mehr zu überbieten gestalteten Besand und seine Musiker die beiden hochkarätigen Kompositionen dynamisch sorgsam und raffiniert.

Dritter großer Musiker, dem die Stadtkapelle diesmal ihre Referenz erwies ist der Entertainer Frank Sinatra. Aus seinem Song „The Lady is a tramp” von Richard Rodgers machte die Stadtkapelle kurzerhand ein humorvoll swingendes Duett mit Elke Höhn und Thomas Besand, nicht nur am Dirigentenstab, sondern auch Mikrofon. Gleich darauf folgte der Love-Song „I´ ve got you under my skin” von Cole Porter, mit sonorer Stimme, text- und tonsicher vorgetragen ebenfalls vom Dirigenten.

Zu den Klassikern gehörte die Ouvertüre zur Operette „Orpheus in der Unterwelt“ von Jacques Offenbach mit brillanten Soli und einem flotten Cancan zum Mitklatschen. Freilich auch etwas wehmütig, denn der Marsch erklang im Gedenken an die Opfer der Terroranschläge von Paris, der Stadt der Lebensfreude. Größte musikalische Herausforderung des gesamten Konzertes war sicherlich der Teufelstanz von Josef Hellmesberger mit seinen Takt- und Tempowechseln, die von allen Beteiligten bestens bewältigt wurden. Immer wieder hörenswert sind die kurzen und originellen Konzertstücke des US-Amerikaners Leroy Anderson. Diesmal gab es „Bugler´s Holiday“ aus dem Jahr 1954, ein Solo für drei Trompeten von Leroy Anderson, wundervoll und witzig gespielt von Daniel Richter, Maximilian Schaller und Hans-Christian Leuschner

Ihre erste Aufführung bei einem Neujahrskonzert der Stadtkapelle erlebte die Arie „Ich gehör´ nur mir“ aus dem Musical „Elisabeth“ von Silvester Levay und Michael Kunze kraftvoll und mit viel Pep gesungen von Elke Höhn.  Noch zwei Solisten hatte das Neujahrskonzert zu bieten: Udo Koch, der mit seiner Posaune in einwandfreiem Staccato die „Bayerische Polka“, eine eigentlich als Zugabe gedachte populäre Miniatur des Magdeburgers Georg Lohmann, spielte.  Schließlich Wolfgang Diehm mit dem durch Bert Kaempfert bekannt gewordenem eindrucksvoll musizierten Trompetensolo „Wunderland bei Nacht“ von Klaus-Günter Neumann.

Weil es ein Jubiläumskonzert war, blieben natürlich auch Ehrungen nicht aus: so erhielt Thomas Besand von der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände beziehungsweise vom Nordbayerischen Musikbund die Dirigentennadel in Gold mit Diamand, von OB Schramm gab es neben einem üppigen Präsentkorb auch einige Utensilien, die der frischgebackene Hundebesitzer sicher gut gebrauchen kann, von Landrat Klaus Peter Söllner einen Scheck und von den Musikern ein, von keinem geringeren als von dem bekannten niederbayerischen Musiker und Komponisten Franz Gerstbrein arrangiertes Medley der Lieblingsmärsche Besands.

Nicht zuletzt dank der liebevollen, kenntnisreichen und kurzweiligen Moderation von Karl-Heinrich Backert waren die zweieinhalb Stunden wieder einmal wie im Flug vergangen. Als Zugabe hatten die Musiker und ihr Dirigent den weltberühmten „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauss Vater, so wie beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker zum Mitklatschen ausgesucht.

Bilder:
- „The lady is a tramp“: Elke Höhn und Thomas Besand sangen den Sinatra-Klassiker im Duett.
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Klassisch und modern: die Kulmbacher Stadtkapelle unter ihrem Dirigenten Thomas Besand begeisterte einmal mehr das Publikum in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle.3.
- „Buglers holiday“ musizierte das Trompetentrio Daniel Richter, Maximilian Schaller und Hans-Christian Leuschner zusammen mit der Stadtkapelle unter Thomas Besand.
- Mit der goldenen Dirigentennadel in Gold zeichnete der stellvertretende Bezirksvorsitzende des nordbayerischen Musikbundes Thomas Kolb den Dirigenten der Stadtkapelle Thomas Besand aus.

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05.01.2016

Mitreißende Melodien, Musicalhits und Medleys / Fantastisches Neujahrskonzert der Hofer Symphoniker mit Sängerin Carry Sass

Kulmbach. Der Prater in Wien ist ein Vergnügungsareal im zweiten Wiener Gemeindebezirk Leopoldstadt. Der Broadway, das ist ein Theaterviertel am Times Square in New York. Prater und Broadway stehen für Lebensfreude, Unterhaltung und vor allem für Musik. Was liegt also näher, als Prater und Broadway musikalisch zu verbinden und in einem Neujahrskonzert schwungvoll zu vereinen. Die Hofer Symphoniker und ihr Gastdirigent Hannes Ferrand aus Weimar haben am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle genau das getan und sich mit der Berliner Entertainerin Carry Sass, eine außergewöhnliche Sängerin dazu eingeladen.

Das schwungvolle Konzerterlebnis verband musikalisch das Beste aus zwei Welten: Wiener Operettenmusik mit Walzerschmäh und die mitreißenden Broadwaymelodien im zweiten Teil des Programms mit Musicalhits, temperamentvolle Medleys und einer gelungenen Moderation. Einen Zwischenstopp legten Sängerin, Dirigent und Musiker in Berlin ein, der Stadt, die in den Goldenen Zwanzigern für musikalischen Einfallsreichtum, für Witz, Temperament und Lebensfreude stand. Natürlich sind das alles Klischees, aber wenn nicht bei einem Neujahrskonzert, wann dann sollte man diese Klischees einmal ausleben.

Die Reise begann in Wien, der Stadt, die wie kaum eine andere für Walzer und populäre musikalische Pretiosen steht. Die Hofer Symphoniker präsentierten Wien unter anderem mit Operettenseligkeit von Johann Strauss und den wundervoll akkurat und exakt musizierten „Gold-und-Silber“-Walzer von Franz Lehar. Entertainerin Carry Sass hatte sich auf die meistens total unterschätzten Kompositionen von Robert Stolz wie „Servus Du“ oder „Adieu, mein kleiner Gardeoffizier“ konzentriert. Jedes Stück für sich ist ein wahres Meisterwerk, das viel mehr Beachtung verdient hätte. In sich schlüssig, überaus tempogeladen und vor allem mit den notwendigen Verzögerungen und Beschleunigungen dirigiert Maestro Ferrand die Symphoniker. Carry Sass interpretiert beispielsweise das Stolz-Lied „Servus Du“ nicht wie irgendein belangloses Chanson, sondern wir eine Komposition, die voller Dramatik steckt.

Für den Zwischenstopp Berlin hatten sich alle Beteiligten zwei echte Gassenhauer von Theo Mackeben („Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“) und die Ballade von Mackie Messer aus der berühmten „Dreigroschenoper“, die ja bekanntlich alles andere als eine Oper ist, ausgesucht. Mackie Messer zum Mitmachen sozusagen, denn hier bekommt das Publikum die Gelegenheit kräftig mitzusingen. Überraschend ins Programm genommen hatte Carry Sass den Schlager „Für mich soll´s rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef, der so wundervoll zum Beginn des neuen Jahres passt.

Im zweiten Teil dann New York, die Stadt, in der die berühmten Musicals ihren Ursprung haben. Dirigent Ferrand hatte dazu Ohrwürmer aus Musicals wie der „West Side Story“, „Cabaret“  oder „Annie get your gun“ ausgewählt. Mit den mitreißend musizierten Selections aus der West Side Story von Leonard Bernstein schufen die Hofer unter Hannes Ferrand ganz großes Broadway-Feeling mit allen Hits des berühmtesten Musicals aller Zeiten von „America“ bis „Tonight“, und von „Cool“ bis „I feel pretty“. Das Arrangement aus „Cabaret“ war Carry Sass ohnehin auf dem Leib geschrieben und bei der Schlussnummer „There´s no business like show business“ gab die Entertainerin noch einmal alles. Gerade die beiden letztgenannten Titel sang Carry Sass nicht nur, sie lebte sie förmlich aus und ging total in ihnen auf.

Carry Sass, im Auftreten irgendwo zwischen Liza Minelli und Ute Lemper angesiedelt, schaffte es während des gesamten Abends nicht nur, sich mit fantastischer Ausstrahlung und einer ausgebildeten Musicalstimme virtuos in Szene zu setzen, sondern auch mit Witz, Witzen und Charme durch das Programm zu führen. Cary Sass hatte an der Hochschule für Musik Hanns Eisler im damaligen Ost-Berlin studiert und war in der Folge unter anderem im Berliner Theater des Westens, im Deutschen Theater in München und am Opernhaus Graz engagiert. Ihre Paraderolle ist, wie könnte es auch anders sein, die der Sally Bowles im Musical „Cabaret“.

Beim Neujahrskonzert präsentierte sie sich in ständig wechselnden Outfits, deren Markenzeichen die Pailletten und der lange Schlitz im Kleid waren. Immerhin zwei Zugaben konnten das Publikum den Künstlern entlocken: Carry Sass interpretierte Frank Sinatras „New York, New York“ und Hannes Ferrand und die Hofer Symphoniker schlossen mit dem berühmten Radetzky-Marsch zum Mitklatschen.

Bilder: Stargast des Neujahrskonzerts mit den Hofer Symphonikern unter dem Dirigenten Hannes Ferrand in der Dr.-Stammberger-Halle war die Berliner Entertainerin Carry Sass.

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23.12.2015

Faszination Musik: Außergewöhnliche Musikstunde in der Grundschule Herzoghöhe / Hofer Blechbläserquintett Rekkenze Brass hat sich der Nachwuchsförderung verschrieben

Rekkenze Brass, das ist das berühmte Blechbläserquintett aus Hof, das seit vielen Jahren mit seinen Konzerten Musikfreunde zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Rekkenze Brass ist aber auch eine Formation, die mit großer Leidenschaft besonders bei jungen Leuten immer wieder für die Faszination der Musik wirbt. Dazu haben die fünf Musiker die spezielle Form der Musikhörstunde erfunden: eine Schulstunde, in der sie mit ihren Instrumenten in die Klassenzimmer gehen und Kindern und Jugendlichen zeigen, dass die oft als ernste Musik bezeichnete Klassik so ernst gar nicht ist. Im Gegenteil, sie kann jede Menge Spaß machen. Die Schüler der Grundschule Herzoghöhe in Bayreuth kamen am letzten Tag vor den Ferien in den Genuss einer solch außergewöhnlichen Unterrichtsstunde.

„Uns geht es nicht nur darum, den Kindern die klassische Musik nahe zu bringen, sondern auch allgemein ihr Interesse und Verständnis für Musik zu wecken“, sagt Rainer Streit, der aus Kulmbach stammt und bei Rekkenze Brass die Tuba spielt. Viele von den Schülern seien noch nie in einem klassischen Konzert gewesen. „Sie kennen das Erlebnis gar nicht, der Musik einmal leise zuzuhören und sie einfach so auf sich wirken zu lassen“, sagt Rainer Streit. „Wenn wir dann bei dem einen oder anderen Kind etwas bewirken können, hat sich unser Engagement schon gelohnt.“

Das international gefeierte Blechbläserquintett, das bereits zahlreiche CDs auf den Markt gebracht hat, engagiert sich dabei im Auftrag des Bezirks Oberfranken, der mit den Musikhörstunden seiner kulturellen Verpflichtung zum Wohl des musikalischen Nachwuchses gerecht wird. Während anderswo Musikstunden gekürzt werden, sollen die Schüler unterstützt durch die Oberfrankenstiftung davon profitieren, ein derart renommiertes Ensemble vor Ort zu haben, das sich wie kaum ein zweites der musikalischen Förderung verschrieben hat. Weitere Bausteine zur Förderung des musikalischen Nachwuchses in Oberfranken sind das Jugendsymphonieorchester, das sich alljährlich an Ostern trifft und die Internationale Musikbegegnungsstätte Haus Marteau mit rund 40 hochkarätigen Meisterkursen pro Jahr.

Soweit sind die Grundschüler der Herzoghöhe in Bayreuth freilich noch nicht, wenngleich auf die Frage, wer denn ein Instrument spielt, ungewöhnlich viele Finger in die Höhe schnellen. „Der Musikunterricht hat an unserer Schule einen hohen Stellenwert“, sagt Schulleiterin Sybille Hutzler und verweist auf den Chor, eine eigene Arbeitsgemeinschaft Percussion, den Instrumentalunterricht und eine Flötengruppe.

Noch etwas schüchtern wippen die Jüngsten zunächst im Takt mit, wenn Rekkenze Brass zunächst den „Jingle Bells Rock“ und dann einen Jahrhunderte alten Bläsersatz des Komponisten Johann Pezel erklingen lässt. „Die Musik war auch schon vor ein paar hundert Jahren ganz schön rockig“, sagt der Trompeter Benjamin Sebald. Auch er ist Profimusiker und seit Jahren bei Rekkenze Brass dabei. Dort spielt der gebürtige Pegnitzer die Trompete. Immer wieder bezieht er die Schüler aktiv mit ein. Am meisten Applaus bekommt dabei der sechsjährige Paul Müller, den Rekkenze Brass kurzerhand ein Triangel-Solo spielen lässt, was der Erstklässer, der eigentlich Gitarre spielt mit Bravour bewältigt. Aber auch für seinen Mitschüler Achmed ist es kein Problem, das höchste und das tiefste Instrument zu erkennen. Grundschüler Anton schafft es sogar, der Trompete ein paar Töne zu entlocken.

Einfach so mucksmäuschenstill da zu sitzen, die Augen zu schließen und sich nicht zu bewegen, das ist für einige gar nicht so einfach. Dafür kommt die Nummer mit dem Gartenschlauch immer wieder gut an. Den Schlauch hat Trompeter Peter Knudsvig mit einem Mundstück am einen und einem Trichter am anderen Ende präpariert, um ihn über die erstaunten Köpfe kreisen zu lassen und dabei auch noch richtige Musik zu machen. Den Musikern kommt es darauf an, den Schülern etwas mitzugeben von der Faszination der Musik, denn Musik, und davon sind alle fünf überzeugt, ist für die Persönlichkeitsbildung eines jeden Kindes von enormer Bedeutung.

 

Bilder: Rekkenze Brass bei einer Musikhörstunde in der Grundschule Herzoghöhe in Bayreuth.

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13.12.2016

Traditionelle Weihnachtsgeschichte zeitgenössisches musiziert / 50 Jahre Chorleiter: Koschyk zeichnete Rüdiger Bauriedel aus Gesees aus

Gesees. Mit einem ganz besonderen Weihnachtskonzert hat der frühere Leiter der Pegnitzer Hauptschule und ehemalige Kulmbacher Schulamtsdirektor Rüdiger Bauriedel aus Gesees sein 50-jähriges Jubiläum als Chorleiter gefeiert. In der Kirche „St. Marien zum Gesees“ brachte er zusammen mit dem Singkreis Gesees, dem Gesangverein 1864 Untersteinach und einem eigens zusammengestellten Kammerorchester mit Musikern aus Bayreuth und Kulmbach den polnischen Weihnachtsliederzyklus „Cicha Noc“ (Stille Nacht) des zeitgenössischen polnischen Komponisten Maciej Malecki zur Aufführung. Am Rande des Konzertes zeichnete der Bayreuther Bundestagsabgeordnete und Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk den Chorleiter für seine fünf Jahrzehnte andauernde Tätigkeit aus.

Der 14-teilige Konzertzyklus wurde zumindest in dieser Fassung wohl zum ersten Mal aufgeführt, denn die beiden Chorleiter Rüdiger Bauriedel und Werner Beyer aus Untersteinach hatten mit Hilfe von Barbara Sabarth von der deutsch-polnischen Gesellschaft eine eigene deutsche Textfassung erstellt. Nur an einigen wenigen Stellen wird klar, dass es sich um eine zeitgenössische Komposition handelt. Ansonsten basiert das Werk durchaus tonal auf die traditionelle Weihnachtsgeschichte.

Im Zentrum der Komposition steht Franz Xaver Grubers weltbekanntes Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht“, das man in Polen unter dem Titel „Cicha Noc“ kennt. Drumherum hat der 1940 in Warschau geborene Komponist erst vor wenigen Jahren einen facettenreichen Weihnachts-Zyklus geschaffen, der  traditionelle und bekannte Weihnachtsmelodien in neuem harmonischem Gewand vor.

Die beiden Chöre aus der Region brachten das Werk in wunderbarer Art und Weise zum klingen, kraftvoll in allen Stimmlagen, immer wieder unterbrochen von hervorragend gemeisterten solistischen Einwürfen und vor allem wunderbare dezent in den vielen Piano-Stellen. Das kleine Streichorchester ist dabei ein durchaus gleichwertiger Partner und nimmt sich nicht nur in den mit rein instrumentalen Zwischenspielen der Musik Maciej Maleckis gekonnt und einfühlsam an.

Eingerahmt wurde der polnische Konzertzyklus von einer „Missa breve“ von Philipp Steiger, und  von dem Chorsatz „Heil´ge Nacht im Frankenland“ von Franz Biebl, den Maciej Malecki als eine Art Dankeschön an Rüdiger Bauriedel und seine Musiker eigens für Chor und Streicher eingerichtet hatte.

Komponist Maciej Malecki jedenfalls war überaus angetan von der Aufführung, die er von einer der vordersten Reihen aus verfolgte. Er freue sich ganz besonders, dass sein Werk in dem Jahr erstmals in Deutschland aufgeführt wird, in dem sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 70. Mal jährt. Möglich wurde das Konzert durch die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, dessen Stiftungsrat der Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk angehört.

Rüdiger Bauriedel hatte sich vor allem durch sein Wirken in der Chorszene großes Ansehen erworben. Unter anderem leitet er den Singkreis des Hummelgauer Heimatbundes und den Männergesangsverein. Er ist außerdem Gründer der Gesangsgruppe „G´seesa Bäsla“ und der „Klann Hummln“. Nach dem Abitur hatte Bauriedel an der Pädagogischen Hochschule in Bayreuth studiert. Danach war er als Lehrer in Bayreuth, Creußen und Gesees tätig. Später wirkte er als Ausbildungslehrer und Seminarleiter. 1997 wurde er zum Schulamtsdirektor ernannt. Bauriedel war außerdem als Kreisheimatpfleger tätig, gehörte dem Geseeser Gemeinderat an und war Kirchenvorstandsmitglied und Vertrauensmann in der evangelischen Kirchengemeinde Gesees.

Bauriedel wurde unter anderem bereits mit dem Ehrentitel „Chordirektor“ durch den Deutschen Sängerbund, mit dem Förderpreis des Landkreises Bayreuth und mit dem Titel „Staatlich anerkannter Chorleiter im Laienmusizieren“ durch das Bayerische Kunstministerium ausgezeichnet. 1995 erhielt er das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten.

Fotos:
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 Zusammen mit dem Singkreis Gesees unter der Leitung von Rüdiger Bauriedel wurde der Weihnachtsliederzyklus „Cicha Noc“ aufgeführt.
 

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12.12.2015

Stille Nacht im Breitwandformat / Standing Ovations: Ljubka Biagioni stimmte in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle auf das Weihnachtsfest ein

Kulmbach. Jetzt kann Weihnachten kommen: Chor und Orchester der Sofia Symphonics unter der Leitung von Ljubka Biagioni haben mit einem hochkarätigen wie stimmungsvollen Konzert am Samstagabend in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle die perfekte Einstimmung auf das Fest gegeben. Zu hören war ein absolut populäres Programm, liebevoll zusammengestellt, dargeboten auf höchstem Niveau und moderiert von der Dirigentin persönlich

Freilich nicht nur irgendwie moderiert, Ljubka Biagioni macht immer auch ihren Bezug zur jeweiligen Komposition deutlich, sie spricht von Weihnachten in Bulgarien und in Italien und bekennt gleich zu Beginn: „Kulmbach ist meine musikalische Heimat geworden.“ Manchmal etwas außer Puste erzählt sie von den Hirten und den Engeln an der Krippe, trägt die tiefsinnige Weihnachtsgeschichte von den vier Kerzen Frieden, Glaube, Liebe und Hoffnung oder das witzige Gedicht „Wo man Geschenke verstecken kann“ vor und zwinkert auch schon mal den Zuhörern in der ersten Reihe zu.

Das Programm spannt einen weiten Bogen von barocken Sätzen eines Georg Philipp Telemann über Klassiker wie Wolfgang Amadeus Mozart, Romantiker wie Peter Tschaikowsky bis hin zu traditionellen deutschen und internationalen Weihnachtslieder. Letztere sind überhaupt die Höhepunkte des Abends: „Stille Nacht“, „Adeste Fideles“, „Still, still, still“. Alles in wunderbaren Arrangements, bei denen Chor und Orchester abwechseln, der Klangkörper gerne auch mal im Breitwandformat musizieren darf und bei denen der souveräne Chor im wunderbar dezenten Piano transparent und schlank singt. Manch einer mag das kitschig finden, Ljubka Biagioni zeigt damit aber auch, welch ungeheure musikalische Substanz in den scheinbar einfachen Weihnachtsliedern steckt und so wie sie es musizieren lässt, hat sie das Publikum sofort auf ihrer Seite. Nur das mit dem Mitsingen mag einfach nicht klappen.

Frisch zupackend und trotzdem feierlich gibt es zu Beginn zwei Sätze aus der Nußknacker-Suite von Peter Tschaikowsky. Ihr Wille zur perfekten Proportion wird im zweiten Satz „Air“ aus der dritten Orchestersuite von Johann Sebastian Bach deutlich, den die Musiker in rhythmischer Schärfe präsentieren. Manche Lieder sind hierzulande zu wenig bekannt, wie etwa das wunderbare „Loves comes down at christmas“, das Chor und Orchester einmal mehr frisch und geradlinig präsentieren. Durchwegs dramatisch erklingen dagegen die bekannten „In dulci jubilo“ oder „The first noel“. Fast schon meditativ wird es mit dem zweiten Satz aus dem Klarinettenkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart, ehe die Klangkörper zu den Weihnachtsliedern ansetzen.

Das alles sind nicht nur zweieinhalb abwechslungsreiche Stunden Musik, sondern auch deutlich artikulierende Sing- und Spielfreude, die man gerne mit weihnachtlicher Musik verbindet. Das musikalisch-technische Niveau von Chor und Orchester Ensembles ist durchgängig hoch, an Stilkompetenz und aufführungspraktischer Reife mangelt es da wirklich nicht. Zumal Ljubka Biagioni gerne auch mal auf Effekte setzt. Etwa im bulgarischen Vaterunser, eine A-Capella-Zugabe, die komplett im Dunkeln gesungen wird. Wunderbar gelingt auch das Halleluja aus Georg Friedrich Händels „Messias“, der Hymne an den lieben Gott, wie die Dirigentin das Werk ankündigt. Am Ende gibt es einen nicht enden wollenden Beifall, Standing Ovations und OB Henry Schramm, der nicht nur Blumen überreicht, sondern Ljubka Biagiona auch das Versprechen abtrotzt, dass sie im nächsten Jahr in der Vorweihnachtszeit wiederkommt, vielleicht sogar zu zwei Konzerten. Bereits am 17. Juli wird die Dirigentin mit Orchester und Chor bei den Open Airs auf der Plassenburg zu erleben sein.

Bild: Ljubka Biagioni leitete die Sofia Symphonics am Samstagabend beim eindrucksvollen Weihnachtskonzert in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle.

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05.12.2015

Festliche Musik in farbiger Folge:
Sächsische Bläserweihnacht in St. Bartholomäus

Pegnitz. Es war ein unumstrittener Höhepunkt im vorweihnachtlichen Konzertreigen der Region: die „Sächsische Bläserweihnacht“ mit dem weltbekannten Startrompeter Ludwig Güttler und seinem Ensemble am Samstagabend in der St.-Bartholomäus-Kirche.

Der Trompetenvirtuose und seine Musiker begaben sich dabei auf eine Zeitreise durch mehrere Jahrhunderte, führten Instrumentalsätze verschiedenster Herkunft und Entstehungszeit auf und ließen festliche Musik in farbiger Folge erklingen. Abseits vom Weihnachtskitsch und Hektik lud der barocke Glanz von verschiedenen Posaunen, Trompeten, Hörnern, einer Tuba und von Pauken zur Besinnung, zur Einstimmung und Vorfreude auf das Weihnachtsfest ein.

Den Weg vom Advent bis Weihnachten flankieren in dramaturgisch kluger Wahl fast zwei Dutzend Stücke, die Ludwig Güttler für sein Ensemble eingerichtet hatte. Einige der aus der Barockzeit und dem ersten Jahrhundert nach der Reformation stammen Kompositionen haben längst den Charakter von zeitlosen Volksliedern angenommen. Advents- und Weihnachtslieder wie „Es ist ein Ros entsprungen“, „In dulci jubilo“, „Vom Himmel hoch“ oder „Nun komm der Heiden Heiland“ wurden in vielfältigen Variationen von den unterschiedlichsten Komponisten aufgegriffen. So standen bei der „Sächsischen Bläserweihnacht“ in Pegnitz Werke aus der Renaissance- und Barockzeit auf dem Programm. Bekannte Komponisten  wie Antonio Vivaldi, Georg Friedrich Händel oder Michael Praetorius waren genauso vertreten, wie heute weniger bekannte Namen wie Johann Crüger, William Brade oder Andreas Raselius.

Ludwig Güttler spielte dabei meist nicht nur selbst überaus geschmeidig und technisch erstklassig die führende Stimme auf der Trompete oder dem, aus dem Jagdhorn hervorgegangenen Corno da caccia, das Güttler selbst wiederentdeckt und perfektioniert hatte. Vielmehr leitete er auch mit sparsamen Bewegungen sporadisch das Ensemble. Höchst akkurat und mit größtmöglicher Perfektion musizieren die elf erstklassigen Bläser mit Ludwig Güttler als „Primus inter pares“. Wohl wissend, dass er der Weltstar ist, spielt er weder die dominante Solo-Hauptrolle noch gibt es den Hochglanzvirtuosen. Stattdessen erklingt ein perfekt ausgewogenes Wechselspiel zwischen Soli- und Tuttiblöckenmit einem noblen Klangreichtum und einer Ausdrucksskala, die von brillantem Spiel bis ins Lyrische hinein reicht.

Für Händels „Tochter Zion“ etwa gab es einen spontanen Applaus, ebenso für die fünf Variationen, die Ludwig van Beethoven darüber geschrieben hatte. Mit drei Spirituals des Kölner Komponisten Adolf Busch zeigte das Ensemble, dass Weihnachten auch swingen kann und mit einer Komposition für zwei Pauken demonstrierte Güttler, dass er nicht auf seine Trompeten festgelegt ist. Auch bei den Zugaben gab es eine Überraschungen: Die Bläser legten ihre Instrumente beiseite und sangen gleich mehrstimmig im Chor.

Durch seinen vielseitig angelegten Wirkungskreis hat sich Ludwig Güttler einen weltweiten Ruf nicht nur als Trompeter, sondern auch als Dirigent, Veranstalter und Förderer erworben. Er ist heute auf mehr als 50 Tonträgern zu hören, wobei sein besonderes Interesse der Wiederbelebung der sächsischen Hofmusik des 18. Jahrhunderts gilt. Als Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft zur Förderung des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche erhielt er 1997 den ersten Nationalpreis der Deutschen Nationalstiftung.

Das 1978 durch Ludwig Güttler ins Leben gerufene Blechbläserensemble vereinigt führende Solisten der Sächsischen Staatskapelle und der Dresdner Philharmonie. In den über 35 Jahren seines Bestehens hat sich der Zusammenschluss zu einem Brass-Ensemble der Superlative entwickelt. Sensationelle Erfolge bei Konzerten im In- und Ausland sowie viele gefeierte Einspielungen belegen die außergewöhnliche Interpretationskunst des Dresdner Ensembles mit Sven Barnkoth, Volker Stegmann, Johann Clemens, Erich Markwart, Olaf Krumpfer, Guido Ulfig, Hans-Werner Liemen, Christian Langer, Rainer Regner, Edgar Mayak und Jörg Lehmann.

Den Kontakt zu dem Superstar der klassischen Musik hat der Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk hergestellt. Er hat auch die Schirmherrschaft für das Konzert übernommen. Sein Abgeordnetenkollege Klaus Brähmig aus Pirna bei Dresden ist Vorsitzender des Trägervereins beim dortigen Musikfestival „Sandstein und Musik“, dessen künstlerischer Leiter wiederum Ludwig Güttler ist. Koschyk sprach von einer wunderbaren Einstimmung in den Advent und von einem einmaligen Konzerterlebnis.

Dekan Gerhard Schönauer hatte in seiner Begrüßung bekannt, dass er sich eine so gut gefüllt Kirche öfter wünschen würde. „Musik möge uns anrühren in dieser Adventszeit und vorbereiten auf das große Fest“, sagte Schönauer.

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29.11.2015

Souveräne Balance zwischen Chor, Orchester und Solisten / Mit dem zweiten Teil des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach sind die 31. Kirchenmusiktage zu Ende gegangen

Kulmbach. Wer kennt es nicht, Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium, ein Zyklus von sechs Kantaten, den der Komponist für den Jahreswechsel 1734/35 zusammengestellt hatte. Während bei fast allen Aufführungen nur die Kantaten 1 bis 3 gespielt werden, hat sich Stadt- und Dekanatskantor Ingo Hahn zum Abschluss der Kirchenmusiktage am Sonntag in der Petrikirche wieder einmal für die Teile 4 bis 6 entschieden. bestimmt für Neujahr, den Sonntag danach und für Epiphanias. Auch hier gibt es prachtvolle Eröffnungschöre, Choräle sowie Arien, in denen die Gesangssolisten mit einzelnen Instrumenten dialogisieren. Zuletzt waren die Kantaten 4 bis 6 im Jahr 2011 in Kulmbach erklungen. Ebenfalls mit dem Hallenser Orchester und teilweise mit den gleichen Solisten.

Bachs populäre Komposition erzählt die Weihnachtsgeschichte, wie sie im Lukas- und teilweise auch im Matthäus-Evangelium nachzulesen ist. Jede der insgesamt sechs Kantaten des Weihnachtsoratoriums hat seinen, von den anderen Abschnitten unabhängigen Platz im Kirchengeschehen zwischen Weihnachten und Epiphanias (Dreikönig), verstreut über die Festtage zweier Wochen. Die Bestimmung der Kantate, wie sie sich aus der Leipziger Praxis zu Bachs Zeit ergab, bestand darin, im Gottesdienst aufgeführt zu werden. Damit war die komponierte Musik Bestandteil des religiösen Ablaufs.

In Zeiten der modernen Aufführungspraxis und einer nahezu unbegrenzten Reproduzierbarkeit von Musik hat sich das Werk von seinem liturgischen Kontext gelöst. Eine Konzertaufführung, wie die in Kulmbach, fügt das, was zu Bachs Zeiten in der Liturgie verankert und auf mehrere Feiertage verteilt war, zu einem neuen Ganzen zusammen. Das Weihnachtsoratorium hat längst unabhängig von seiner gottesdienstlichen Funktion ein Eigenleben als eigenständiges Oratorium entwickelt.

Die Kulmbacher Kantorei, das Orchester „Musica juventa“ aus Halle, Organist Thomas Rothert und die vier Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Ingo Hahn interpretieren das beliebte Werk auch diesmal frisch und geradlinig, mit schlankem transparentem Klang. Das musikalisch-technische Niveau von Solisten und Ensemble ist durchgängig hoch. “Musica juventa” musizieren überaus gelöst, spieltechnisch und artikulatorisch brillant. Ingo Hahn lässt der Musik den Raum, den sie braucht. Alles klingt natürlich, die Musik fließt und atmet.

Dabei setzt er auch auf eine souveräner Balance zwischen Chor, Orchester und Solisten. Seine Tempi sind oft eine Kleinigkeit rascher als bei vielen Aufführungen und Einspielungen üblich, was einerseits gut zu dem transparenten Klangbild und den Chorstimmen der Kulmbacher Kantorei passt. Ganz besonders fällt diesmal auf, dass Ingo Hahn nicht nur die Tempi rasch nimmt, auch zwischen den einzelnen Nummern und sogar zwischen den Kantanten bleibt wenig Zeit. Diese Art des komprimierten Musizierens lässt konzentriertes Hören zu jedem Zeitpunkt zu.

Sämtliche Ecksätze werden beim Wort genommen und sind zumindest in der sechsten Kantate mit stampfenden Pauken und hellen schmetternden Trompeten fast eine Aufforderung zum Tanz. Chor und Orchester folgen dem musikantischen Impuls der Stücke, niemals gibt es ein bedeutungsschwangeres Dahinschleppen, ohne dass dies zu Kosten der Empfindsamkeit geht. Keine Frage, dass dieses hohe Niveau unter Ingo Hahns Leitung über alle drei Kantaten bestehen bleibt.

Vollends überzeugen kann auch die Besetzung der Solopartien. Schlanke, aber dennoch farbige Stimmen, die die Weihnachtsgeschichte mit Gefühl und Lebendigkeit, aber ohne rhetorische Mätzchen oder übertriebene Theatralik erzählen. Tenor Christopher Rösel verbindet stimmliche Schönheit mit erzählerischer Aussagekraft. Er gestaltete nicht nur die halsbrecherischen Tenorarien eindrucksvoll, sondern deklamierte auch die Rezitative des Evangelisten mit lockerer Tongebung und stets textverständlich. Das gilt auch für die Münchner Sopranistin Stephanie Krug, die mit ihrer schlanken aber trotzdem markanten und den Raum ausfüllenden Stimme ihren Arien bestens Profil verleihen konnte.

Bassist Markus Simon bringt seine Parts sehr textverständlich und mit hoher Empfindsamkeit dar. Weniger solistische Aufmerksamkeit hatte Bach der Altistin geschenkt. Katharina Heiligtag gestaltet ihre Parts trotzdem ausdrucksvoll und überzeugend. Ein ganz kurzer solistischer Auftritt kommt auch Tanja Schaller aus den Reihen der Kantorei zu, die in der Echo-Arie mit ja und nein auf die Sopranistin antworten darf.

Bild: Eine eindrucksvolle Aufführung vom zweiten Teil des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach erlebten die Besucher zum Abschluss der Kirchenmusiktage in der gut besetzten Petri-Kirche unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Ingo Hahn.

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27.11.2015

Kraftvoll, kompetent und klanglich brillant / Händel-Hommage bei den Kirchenmusiktagen

Kulmbach. Kammermusikalisches Können der Extraklasse, das war der zweite Abend der Kulmbacher Kirchenmusiktage am Freitag in der Spitalkirche. Ein Komponist und fünf Musiker, die einige seiner Werke in den verschiedensten Besetzungen detailreich und nuanciert ausleuchteten, standen dabei im Mittelpunkt. Der Komponist war der große Georg Friedrich Händel, die Musiker Stephanie Krug (Sopran), Hannah Liebler (Querflöte), Ernst-Marin Eras (Oboe), Johanna Eras (Cello) und Dekanatskantor Ingo Hahn an der Orgel.

Die „Händel-Gala“ stellte weder den Komponisten des „Messias“ noch den genialen Opernschöpfer in den Vordergrund, sondern den Erfinder herausragender Kammermusik mit sechs der „Neun Deutschen Arien“ im Zentrum und jeweils zwei Solo- und zwei Trio-Sonaten. Eine erfreuliche, eine wirklich wohltuende Hörerfahrung, denn dabei kommt eine große musikalische Bandbreite zu Tage, wie man sie von Georg Friedrich Händel normalerweise kaum kennt.

Dazu kommen aber auch die herausragenden Musiker, die Ingo Hahn zusammengetrommelt hatte. Allen voran die aus München stammende Sopranistin Stephanie Krug. Voller Enthusiasmus und Begeisterung meistert sie ihren Part in den Arien mit den eigenwillig anmutenden Texten von Heinrich Brocke. Stephanie Krug packt den Zuhörer nicht nur mit ihrer Virtuosität und ihrem kraftvollen Zugriff sondern auch mit schönem Legato, einem breiten Ausdrucksspektrum sowie einem schlanken und durchsichtigen Klang in den Kantilenen.

Die Flötistin Hannah Liebler aus Bad Neustadt glänzt mit ihrem vollen, warmen und dunklen Ton sowie mit der beständigen Ruhe ihres souveränen Spiels in drei Sonaten sowie in drei der Arien. Verzierungen bringt sie gezielt, aber keineswegs im Übermaß. Stattdessen überrascht sie immer wieder mit ihrem durch und durch professionellen Klang voller Leichtigkeit.

Auch der Oboist Ernst-Martin Eras, ehemaliger Dozent am Würzburger Konservatorium,  kann mit gesanglichem Ton und elegantem Legato überzeugen und den Händel-Kompositionen Leben einhauchen, so gleich zu Beginn in dem exponierten und solistischen Instrumentalspiel der obligaten Oboe in „Das zitternde Glänzen der spielenden Wellen”.

Klanglich brillant musiziert die Cellistin Johanna Eras, die das Geschehen von der Bassseite her feinsinnig stützt und vorantreibt. Die viersätzige Solo-C-Dur-Sonate, bei der sie nur von der Orgel begleitet wird, ist schließlich einer der Höhepunkt des Konzertes mit den für Händel so typisch festlichen, aber auch beschwingten und tänzerischen Sätzen, die Johanna Eras auf dem stimmführenden Cello mit großem Engagement faszinierend und mitreißend aufführt.

Mit Ingo Hahn an der kleinen Truhenorgel haben die Musiker einen kompetenten und einfühlsamen Begleiter gewonnen, der das ganze breite Spektrum dieser Kunst zum Erlebnis zu machen versteht. Am Ende gab es großen Applaus von dem zahlreich erschienen Publikum in der für Kammerkonzerte idealen Spitalkirche.

Bild: Hommage an Händel (von links): Hannah Liebler (Querflöte), Stephanie Krug (Sopran), Johanna Eras (Cello) und Dekanatskantor Ingo Hahn (Orgel) beim zweiten Abend der Kulmbacher Kirchenmusiktage in der Spitalkirche.

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22.11.2015

Farbig, flexibel und feierlich gediegen: „Simple Music for five“ und der Pianist Egmont Gabler haben die 31. Kulmbacher Kirchenmusiktage eröffnet

Kulmbach. Es ist ein klangvolles Ensemble, gut aufeinander eingespielt, in sich stimmig und harmonisch: Das um den Münchner Pianisten Egmont Gabler ergänzte Holzbläserquintett „Simple Music for five” mit dem Kulmbacher Peter Blania eröffnete am frühen Sonntagabend in der Spitalkirche die 31. Kulmbacher Kirchenmusiktage. Dabei standen unter dem Motto „Holzbläserquintett und Tastenvirtuose“ Werke der Klassik, der Romantik und der Moderne auf dem Programm. Die 1990 gegründete Formation besteht aus Heike Kindermann (Flöte), Inga Däubner (Oboe), Jeanette Höfer (Klarinette), Markus Fromm (Fagott) und Peter Blania (Horn).

Seine Stärken zeigt der Zusammenschluss gleich zu Beginn im B-Dur-Quintett op. 56 Nr. 1 von Franz Danzi (1763 - 1826), ein etwas in Vergessenheit geratener und wenn, dann ausschließlich auf seine Bläserquintette reduzierter Komponist zwischen Klassik und Romantik. Virtuos und mit Belcanto-Anklängen, dann wieder sehnsüchtig romantisch  oder klassisch idealistisch, all dies fügen die Interpreten mit klarem Formbewusstsein bei detailreicher Artikulation und einem feinen Gespür für harmonische Schattierungen zu einem Ganzen. An dem aufgeführten Quartett lässt sich die Brückenposition des Komponisten zwischen und Klassik und Romantik in nahezu jedem Satz vernehmen. In das romantische Jahrhundert weist vor allem der langsame Satz, während die Ecksätze und das Menuetto noch höfischen Barock erahnen lassen

Mit einer zeitgenössischen Eigenkomposition des Münchner Komponisten, Fagottisten, Autor, und Verlegers Klaus Obermayer (1943 – 2009) lässt „Simply music for five“ im zweiten Programmpunkt aufhorchen: „Reminiszenzen für Klavier und Holzbläserquintett“ heißt seine eigenwillige Komposition. Witzige Wendungen, Takt- und Dynamikwechsel bestimmen das Bild der eher ernsten Komposition mit ihrer ganz eigenen Tonsprache. „Ein typischer Obermayer eben“, so kündigte Klarinettistin Jeanette Höfer die „Reminiszenzen“ an , die das Quintett zusammen mit Egmont Gabler wunderbar realisieren. Aufhorchen lässt dabei ein Klaviersolo im zweiten Satz, ein Hornsolo im jazzig angehauchten dritten Satz und einer „Vorstellungsrunde“ im vierten Satz, bei der sämtliche Musiker mit ihren Instrumenten das Thema aufgreifen.

Im zweiten Teil gibt es dann mit August Friedrich Martin Klughardt (1847-1902) zunächst wieder einen ziemlich vergessenen Komponisten. Auch sein Quintett op. 79 ist in der Interpretation der Formation „Simply music for five“ überaus hörenswert und berührt vor allem durch seine ausdrucksvollen Sätze. Die fünf Musiker pflegen einen flexiblen und gesanglichen Ansatz. Der Ton ist gerade, die Übergänge werden grandios gestaltet. Überhaupt ist das Quintett des Liszt- und Wagner-Verehrers Klughardt das farbigste und das abwechslungsreichste von allen vier Werken dieses Abends.

Am Ende dann noch einen echten Klassiker, das Quintett Es-Dur op. 16 von Ludwig van Beethoven. In der feierlich gediegenen und aufs äußerste akkurat musizierten Komposition zeigen die fünf Musiker noch einmal, dass sie bestens aufeinander eingespielt sind. Das Aufblitzen der Oboe, die Ausdrucksstärke der Klarinette und der dunkle Ton des Fagotts verbanden sich mit der Klangpracht des Horns und der Noblesse des Klaviers zu einem homogenen Klangbild. Am Ende bedankten sich die Musiker bei dem zahlreich erschienen Publikum in der Spitalkirche mit einem Satz aus einem Quintett von Klaus Obermayer.

Bild: Das Holzbläserquintett „Simple Music for five“ und der Pianist Egmont Gabler haben am Sonntag in der Spitalkirche die 31. Kulmbacher Kirchenmusiktage eröffnet. Im Bild von links: Egmont Gabler, Heike Kindermann, Inga Däubner, Peter Blania, Markus Fromm und Jeanette Höfer.

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06.11.2015

Klangschön und virtuos: Beeindruckendes „Jugend-musiziert“-Preisträgerkonzert  / Musikalischer Nachwuchs aus Oberfranken präsentierte in Kulmbach sein Können

Kulmbach. Einmal mit einem professionellen Sinfonieorchester zu musizieren, das ist der Traum vieler angehender musikalischer Talente. Die Hofer Symphoniker, ihr Dirigent Howard Golden und der Bezirks Oberfranken machen diesen Traum im Rahmen eines bayernweit einmaligen Projekts bereits seit 1988 einmal pro Jahr wahr. Das außergewöhnliche Preisträgerkonzert der erfolgreichen oberfränkischen Teilnehmer  von „Jugend musiziert“ auf Landes- und Bundesebene fand diesmal in der Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach statt und einmal mehr wurde klar, welch herausragende Talente in der Region zu finden sind.

Jüngste Teilnehmer waren Sonja Lindner, elf Jahre, aus Litzendorf und Jonas Beckmann, zwölf Jahre, ebenfalls aus Litzendorf. Sie präsentierten Sätze aus Fagottkonzerten von Antonio Vivaldi: quirlig, und sprunghaft, aber auch aufmerksam und präzise. Auffallend ist das dunkle und warme Fagotttimbre, ganz zu Recht haben die beiden jungen Musiker ihre Preise erhalten, das macht der Kulmbacher Auftritt mehr als deutlich.

Den ersten Satz aus dem Klavierkonzert Nr. 1 F-Dur KV 37 des elfjährigen Wolfgang Amadeus Mozart interpretierte die 15-jährige Annika Landgraf aus Bayreuth. Geschmeidig und elegant gibt sie dieses Virtuosenstück, ein selten aufgeführtes Frühwerk, wieder. Zwei Nummern aus dem „Karneval der Tiere“, dem populärstem Werk von Camille Saint-Saens, spielten die Zwillinge Hanna und Jonah Petrahn aus Hof höchst lebendig, mit lockerem und frischen Ton vierhändig und sorgten damit für den sicher ungewöhnlichsten Auftritt des Abends.

Einen Satz aus dem wundervollen Concertino Nummer 1 von Dietmar Ungerank hatte der 16-jährige Gitarrist Daniel Schreivogel aus Hof ausgewählt. Der Komponist, der bei dem Konzert auch anwesend war, ist Dozent für Zupfinstrumente an der Musikschule der Hofer Symphoniker und hat das Werk eigens für die Preisträgerkonzerte geschrieben, eine echte Entdeckung, gerne hätte man das ganze Konzert gehört. Ein überaus kunstfertiges, versiertes und gefühlvolles Spiel sowie eine brillante Technik ist dem Gitarristen zu bescheinigen, mit der auch er völlig zu Recht die Konkurrenz übertrumpft hat.

Nochmal ein Fagott brachte Anna Ernst aus Naila mit, klangschön und mit lyrischen Qualitäten musiziert die 17-Jährige den ersten Satz samt kunstvoller Kadenz aus dem Fagottkonzert B-Dur KV 191 von Wolfgang Amadeus Mozart, ein Werk, das die technischen Möglichkeiten des Instruments auf vorbildliche Weise bündelt und zur Geltung bringt. Anna Ernst ist fast schon Profi, denn sie ist bereits seit 2013 Mitglied des Bundesjugendorchesters.

Wie vielfältig der Wettbewerb „Jugend musiziert“ ist, zeigt am Ende der Bariton Lorenz Kauffer (20) aus Pettstadt mit der Arie „Ein Mädchen oder Weibachen“ aus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“  eindrucksvoll auf. Überzeugend gesungen, mit Sinn für Details, das ist der junge Bariton, der mit der bekannten Arie einen eindrucksvollen Schlusspunkt  setzt und zeigt, welch unterschiedliche Klangfarben der Wettbewerb „Jugend musiziert“ zu bieten hat.

Stets präsent, einfühlsam und überaus professionell agierten an diesem Abend einmal mehr die Hofer Symphoniker unter Howard Golden, die das Programm noch mit Werken von Gioacchino Rossini, Sergej Prokofieff und der „Fantasia of Greensleeves“ von Ralph Vaughan Williams umrahmten.

Von einer ganz hervorragenden Leistung aller Solisten sprach Kulmbachs Oberbürgermeister Henry Schramm. Schirmherr war der oberfränkische Bezirkstagspräsident Günther Denzler. Er nannte das Konzert ein großartiges Ereignis und war stolz auf die „Stars von morgen“. Geld für junge Menschen, die musizieren auszugeben, sei gut angelegtes und in die Zukunft investiertes Geld, sagte er und überreichte zusammen mit der Intendantin der Hofer Symphoniker Ingrid Schrader Gutscheine an sämtliche Solisten.

Bilder:
1. Mit elf Jahren war Sonja Lindner aus Litzendorf die jüngste Preisträgerin bei Jugend musiziert. Sie spielte einen Satz aus einem Fagottkonzert von Antonio Vivaldi.
2. Daniel Schreivogel aus Hof präsentierte eine Komposition für Gitarre und kleines Orchester aus der Feder des Hofer Gitarrendozenten Dietmar Ungerank.

3. Mit der Arie des Papageno aus Mozarts Zauberflöte setzte der junge Bariton Lorenz Kauffer aus Pettstadt einen eindrucksvollen Schlusspunkt.

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08.10.2015

„Ich hätt´ auf Tönen davon schweben mögen …“ / Schauspieler Hans-Jürgen Schatz sprach beim Kulmbacher Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing über „Jean Paul und die Musik“

Kulmbach. Jean Paul war musikalisch. Davon ist der Schauspieler Hans-Jürgen Schatz fest überzeugt. So fest, dass er dem Thema „Jean Paul und die Musik“ gleich einen ganzen Abend widmete. Zusammen mit dem Berliner Pianisten Hendrik Heilmann war er damit zum Kulmbacher Freundeskreis der evangelischen Akademie Tutzing ins Martin-Luther-Haus gekommen, um die Musik vorzustellen, die Jean Paul ganz sicher gekannt und gehört hat und die er immer wieder in Briefen und in seinen Werken erwähnte.

Hans-Jürgen Schatz ist nicht nur durch zahlreiche Fernsehfilme und TV-Serien bekannt geworden. Er machte in den vergangenen Jahren immer wieder auch als Rezitator auf sich aufmerksam.  Schatz war es auch, der vor etwa 20 Jahren eine Art Jean-Paul-Renaissance einleitete. „Jean Paul ist mein Thema“, sagt er. Nicht nur hier in der Region, wo der Schriftsteller gelebt und gewirkt hat, sondern bundesweit. Zum zweiten Mal veranstaltet er gerade eigene Jean-Paul-Tage in Bad Berneck. Was lag da näher, als auch bei seinem Kulmbacher Auftritt den Zuhörer des Tutzinger Freundeskreises Jean Paul ein wenig näher zu bringen.

„Jean Paul ist ja so schwierig“, dieses Vorurteil geistert durch die meisten Köpfe und Hans-Jürgen Schatz ist angetreten, dieses Vorurteil zu kippen. „Schwierig? Stimmt ja gar nicht“, sagt er. Es sei eben eine andere Zeit gewesen, die Menschen hätten ein ganz anderes Wissen gehabt. Sein Tipp, um Jean Paul kennen zu lernen lautet: sich Zeit zu nehmen. Man müsse sich Zeit und Ruhe nehmen, sagt er, und: „Der Puls schlug damals langsamer.“

Jean Pauls musikalische Welt hatte sich der Schauspieler ursprünglich für einen Abend bei den Jean-Paul-Tagen 2014 erarbeitet und schon damals war er zu dem Schluss gekommen, dass der Schriftsteller eine große Affinität zur Musik gehabt haben muss. In Kulmbach gibt Hans-Jürgen Schatz zu bedenken, dass Musik zu Jean Pauls Zeit nur in höfischen Theatern und in den Theatern der großen Städte zu hören war. Nicht jeder sei befugt gewesen, dort Musik zu hören. Jean Paul schon, denn er war bereits zu Lebzeiten regelrecht  prominent. In Zeiten von You Tube, wo jeder Art von Musik rund um die Uhr verfügbar ist, sei dies alles kaum noch vorstellbar.

Jean Paul sah und hörte dagegen die ganz großen seiner Zeit, Mozarts Opern „Cosi fan Tutte“ und „Don Giovanni“ am Weimarer Theater unter dem damaligen Intendanten Johann Wolfgang von Goethe. „In jedem seiner Romane spielt Musik eine große Rolle“, sagte Hans Jürgen Schatz. Im „Hesperus“  nimmt er auf Georg Anton Bendas „Romeo und Julie“ Bezug, in den „Flegeljahren“ auf Joseph Haydn. In Briefen rühmt er Joseph Haydns „Schöpfung“ oder Gaspare Spontinis „Vestalin“, und das mit so pathetischen Worten wie „Ich hätt´ auf Tönen dahinschweben mögen, aus dem Leben.“ Nicht zuletzt war Jean Paul die Musik regelrecht in die Wiege gelegt, schließlich war sein Vater Johann Christian Christoph Richter Organist in Wunsiedel.

Pianist Hendrik Heilmann, der als Liedbegleiter eher die großen Steinways gewohnt ist, holte an diesem Abend so ziemlich alles aus dem kleinen Klavier im Martin-Luther-Haus heraus, was nur irgendwie geht. Triumphierend führte er Mozarts Cosi-fan-Tutte-Ouvertüre  auf, gewitzt das eigentlich für Mandoline gedachte Ständchen aus dem „Don Giovanni“ und ein beeindruckendes Arrangement hatte er auch für die Bildnisarie aus der „Zauberflöte“ ausgewählt. Überhaupt war Wolfgang Amadeus Mozart der Komponist, der bei Jean Paul am meisten Erwähnung fand, genauso wie die Flöte damals das beliebteste Instrument war, zum einen wegen der „Zauberflöte“, zum anderen wegen des Flöte spielenden Preußenkönig Friedrich II. Höhepunkt im Spiel des Pianisten war sicherlich Franz Schuberts „Erlkönig“ am Ende in einer reinen Pianofassung mit großer Empfindungstiefe, plastisch ausgedeutet und durchaus auch Schuberts Ausdruckextreme hervorhebend.

Auch wenn Hans-Jürgen Schatz noch am Anfang betont hatte, dass er keine Vorträge halten könne, so erwies er sich am Ende doch als wahrer Vortragskünstler. Mal ist er der charmante, humorvolle und sympathische Plauderer, mal legt er in ein einziges Wort so viel Emotion und Empfindung, so dass er viel mehr als einen bloßen Text vermitteln kann. Dazu untermalt er seine oder andere Aussage aktiv mit vielen Handbewegungen, und klopft auch schon mal auf das Pult, so dass schon eine Freude ist, ihm nur zuzusehen. Bei all dem schafft er es doch immer wieder, das das Publikum unterhaltsam mitzunehmen.

Bild: Pianist Hendrik Heilmann, Bernd Matthes vom Kulmbacher Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing, Dekan Jürgen Zinck und der Schauspieler Hans-Jürgen-Schatz (von links).

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27.08.2015

Mühelose Eleganz und südliches Feuer/ Abschlusskonzert des 65. Festivals Junger Künstler in Bayreuth

Bayreuth. Ein wichtiges Ziel des Festivals junger Künstler in Bayreuth ist die Verbindung von großem Symphonieorchester und von kammermusikalischen Besetzungen. Während beispielsweise das Kammerorchester der Renmin Universität Peking als „Artist-in-Residence“-Orchester in den vergangenen Wochen durch die Region tourte und allerorts für Beifallsstürme sorgte, gliederten sich die Musiker am Ende des Festivals in das Symphonieorchester ein. Dort erarbeiteten sie zusammen mit vielen anderen internationalen Nachwuchstalenten aus 17 Ländern unter der Leitung des britischen Dirigenten Peter Stark vom Royal College of Music in London ein populäres aber nicht minder schwieriges Programm mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Maria von Weber. Bei einem herausragenden Abschlusskonzert am Donnerstagabend in der Bayreuther Stadthalle stellten die jungen Musiker die Ergebnisse der Öffentlichkeit vor.

Hoffnung, Fernweh und Sehnsucht, das ist die große Klammer, die alle drei Kompositionen miteinander verbindet. Südliches Feuer in Mendelssohns „Italienischer“, erstklassige Landschaftsmalerei, die sogar Richard Wagner in der Hebriden-Ouvertüre entdeckt hatte, und virtuose Romantik im 2. Klarinettenkonzert von Carl Maria von Weber.

Felix Mendelssohn-Bartholdys Symphonie Nr. 4 A-Dur op. 90, die berühmte „Italienische“ und zugleich die populärste Mendelssohn-Symphonie, präsentieren die jungen Musiker pointiert, in einem weichen und abgerundetem Klang, schlank und geschmeidig. Erstaunlich ist es schon, wie treffend die jungen Musiker, die zum Teil aus ganz anderen Kulturkreisen kommen, diese Musik bewältigen. Es ist sicher die technische Versiertheit, etwa in der elegischen Melodik des dritten Satzes, die zu der mühelosen Eleganz führt, in der das Werk erklingt.

Sehr präzise und in einem schlüssigen klanglichen Ansatz führt das Orchester unter Peter Stark Mendelssohn Bartholdys eindrucksvolle Hebriden-Ouvertüre op. 26 auf. Bratschen, Celli und Fagott spielen das Hauptthema transparent und so mitreißend, dass auch in dieser rund zehnminütigen Konzertouvertüre keine Wünsche offen bleiben.

Überaus virtuos interpretieren dazwischen das Orchester unter Peter Stark und der junge französische Solist Benjamin Christ das 2. Klarinettenkonzert Es-Dur op. 74 von Carl Maria von Weber. Für Benjamin Christ war es gleichzeitig sein Deutschland-Debüt als Soloklarinettist. Er meistert die technischen Herausforderungen hervorragend, ohne aber die Poesie zu vernachlässigen, die bei Webers Solokonzerten immer dazugehört. Es ist eine anspruchsvolle und häufig unterschätzte Musik, die sich Carl Maria von Weber ausgedacht hatte und die adäquate Musiker braucht, um so richtig zur Geltung zu kommen. Weber setzte mehr auf einen Reichtum an Motiven und auf harmonische Effekte als auf eingängige Melodien, und Klarinettist Benjamin Christ und das Orchester unter Peter Stark setzen das mit dem richtigen Sinn für die Details der Partitur, etwa in den lyrischen Bögen des langsamen Mittelsatzes, hervorragend um. Wie Benjamin Christ das Ende dieses Satzes gestaltet und dabei rhythmisch und dynamisch die Grenzen auslotet ist nahezu atemberaubend.

Als Zugabe hatte Maestro Peter Stark übrigens noch einmal den 4. Satz der „Italienischen“ aufs Pult gelegt und dabei tatsächlich tempomäßig noch einen Gang zugelegt.

Bilder:
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 Der britische Dirigent Peter Stark leitete das Symphonieorchester des 65. Festivals Junger Künstler in Bayreuth. Das Bild entstand bei der Generalprobe in der Bayreuther Stadthalle.
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 Dirigent Peter Stark und Klarinettist Benjamin Christ.

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16.08.2015

Südchina trifft Franken / Kunstaustausch zwischen China und Deutschland – Ausstellung „Zwei Zustände der Kunst“ in der Bayreuther Eremitage eröffnet

Bayreuth. In vielen Bereichen des Lebens ist die Volksrepublik China in den zurückliegenden Jahren zum wichtigen Partner der westlichen Industrienationen geworden. Auch im Bereich der Kunst hat China eine führende Rolle übernommen. Das zeigt sich nicht nur im Bau vieler neuer Museen, sondern auch in vielen Kunstpartnerschaften. Einen solchen Austausch hat auch der Kunstverein Bayreuth in die Wege geleitet, und zwar mit der Yunnan Arts University in der Stadt Kunming im Bezirk Chenggong ganz im Süden des Landes. Im Frühjahr haben Künstler aus der Region im Art Museum Kunming ausgestellt, derzeit zeigen Maler, Graphiker und Bildhauer aus China im Neuen Schloss der Bayreuther Eremitage ihre Werke. Eine gemeinsame Ausstellung schließt sich daran im Erlanger Kunstmuseum an.

Unter dem Motto „Zwei Zustände der Kunst“ zeigen 20 Künstler aus Kunming derzeit ihre Werke in Bayreuth. Klassische und traditionelle Gemälde sind darunter, aber auch zeitgenössische Graphiken und Skulpturen. Insgesamt ist ein Ausschnitt aus Chinas kultureller Vielfalt zu sehen, der manchmal aufgrund einer eigenwilligen Formen und Zeichensprache ungewöhnlich erscheint, der sich in anderen Bereichen aber kaum von der europäischen Bildersprache unterscheidet.

Die Voraussetzungen könnten unterschiedlicher nicht sein, so Hans-Hubertus Esser, Vorsitzender des Kunstvereins Bayreuth und Kurator der Ausstellung. In der Sieben-Millionen-Stadt Kunming ein staatliches Kunst-Institut mit 70000 Studenten, hier ein ehrenamtlich geführter Kunstverein mit 270 Mitgliedern. Und doch seien die Exponate für den Betrachter nicht unverständlich, sie seien durchaus zu entziffern und stellten eine Kommunikationsebene dar, die das Trennende überwindet.

Besonders gut passt die Schau in den Westflügel der markgräflichen Eremitage. Schon zu Zeiten der berühmten wie kunstsinnigen Markgräfin Wilhelmine hatte man in Bayreuth ein besonderes Faible für chinesische Kunst. Wilhelmine ließ sich im nahegelegenen Alten Schloss sogar ein chinesisches Spiegelkabinett einrichten, in dem sie später auch ihre Memoiren verfasst hatte.

Die Ausstellung symbolisiere das Zusammenwachsen der Welt auf vielen Ebenen, wobei die Kunst das ideale Medium dazu sei, so der oberfränkische Regierungspräsident Wilhelm Wenning, der die Schirmherrschaft für den Kunstaustausch übernommen hatte. Kunst sei das ideale Medium für dieses Zusammenwachsen, zumal Bilder und Graphiken keine Übersetzung benötigen, sondern stets für sich sprechen.

Der Kunstverein Bayreuth ist nach den Worten von Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe schon immer eine wichtige Plattform gewesen, wenn es darum ging, den Blick über den Horizont zu werfen. Diesmal gehe die Ausstellung aber weit über alles bisherige hinaus, denn sie eröffne viele neue Sichtweisen in alle Lebensbereiche des anderen Landes und ermögliche damit mannigfaltige Begegnungen.

Von chinesischer Seite hofft man bereits auf eine Fortsetzung des Austausches. „Wir möchten die Verbundenheit der verschiedenen Kulturen und den Austausch der verschiedenen Nationen fördern“, so Professor Guo Hao, stellvertretender Präsident der Yunnan Universität in Kunming. Er hoffe, zum Aufbau eines weiteren Austauschprogramms beitragen zu können, um die die chinesische Kultur weiter bekannt zu machen.

Die Ausstellung „Zwei Zustände der Kunst“ ist noch bis zum 13. September täglich zwischen 10 und 18 Uhr im Südflügel des Neuen Schlosses in der Bayreuther Eremitage zu sehen. vom 20. September bis zum 18. Oktober wird die Schau dann im Kunstmuseum in Erlangen gezeigt.

Bilder:
- Diese chinesischen Ziegelkatzen aus Ton gehören zur Ausstellung „Zwei Zustände der Kunst“, die derzeit in der Eremitage in Bayreuth zu sehen ist.

- Sie sind die Architekten des chinesisch-fränkischen Kulturaustausches: Professor Gu
o Hao, stellvertretender Präsident der Yunnan Universität in Kunming, und Hans-Hubertus Esser, Vorsitzender des Bayreuther Kunstvereins. Im Hintergrund sind zwei großformatige Druckgraphiken von Guo Hao  zu sehen.

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13.08.2015

Musik trifft Handwerk: Qualität und Meisterschaft / Chinesisches Kammerorchester gastierte in der Bauhalle der Handwerkskammer

Bayreuth. Das Experiment ist gelungen: Eine Bauhalle des Berufsbildungs- und Technologiezentrums haben Mitarbeiter der Handwerkskammer kurzerhand zum Konzertsaal umfunktioniert. Wunderbar geschmückt mit jeder Menge handwerklichen Accessoires, bei Kerzenschein und vor allem einer umwerfenden Akustik gastierte das Kammerorchester der chinesischen Renmin-Universität  aus Peking, das derzeit am Festival Junger Künstler in Bayreuth teilnimmt.

Der Klangkörper unter der Leitung von Fang Thao ist in diesem Jahr als „Artist-in-Residence-Orchestra“ nach Bayreuth eingeladen worden, um Einblicke in die reiche Kultur Chinas zu bieten. Die Musiker touren derzeit durch die Region und gliedern sich am Ende des Festivals in das große Symphonieorchester ein, das unter der Leitung des britischen Dirigenten Peter Stark Werke von Carl Maria von Weber und Felix Mendelssohn Bartholdy einstudieren wird.

Mendelssohn Bartholdy stand auch beim Konzert der Handwerkskammer auf dem Programm, allerdings nicht orchestral. Vielmehr haben die Cellistin Ying Wang, der Geiger Yawei Cheng und der Pianist Fang Zhang den ersten Satz „molto allegro et agitato“ aus Mendelsohns erstem Klaviertrio d-Moll op. 49 aufgeführt. Hier zeigte sich bereits das Können der chinesischen Musiker, die in diesem vielfarbig schimmernden Glanzstück der Romantik sowohl intime Spannungsmomente zulassen als auch gerne im gemeinsamen Forte aufspielen.

Auch einen Bariton haben die chinesischen Musiker dabei: Er heißt Yi Yang und führte zusammen mit dem Pianisten Fang Zhang die ganz selten zu hörenden Michelangelo-Lieder aus der letzten Schaffensphase von Hugo Wolf auf. Die Tonsprache des Komponisten bedient sich einer großen Palette von Ausdrucksnuancen, harmonischen Raffinessen und melodischen Feinheiten, die der kraftvolle Bariton überaus textverständlich und der Pianist sehr einfühlsam darstellen.

Höhepunkt waren freilich die mongolischen und uighurischen Volkslieder „Swans and Gooses“, „A Glass of Fine Wine“ und als Zugabe „Schmetterling Jasmin“. Allesamt melodiös, gediegene Stücke, die mit ihren vielen Takt- und Tempowechseln auch als Filmmusik eingeordnet werden könnten. Die (instrumentalen) Lieder beginnen meist langsam und haben eine schnellen zweiten Teil, wobei einmal das Cello, ein anderes Mal die Geige als Soloinstrument eine große Rolle spielt. Die Streicher des Kammerorchesters übernehmen dazu eine Begleitfunktion.

Neue Orte und eine neue Akustik sollten Inspiration für alle Zuhörer sein, sagte Intendantin Sissy Thammer. Dazu gehöre es auch, dass Musik aus anderen Kulturkreisen aufgeführt wird. Sowohl in der Kunst, als auch im Handwerk sind nach den Worten von Sissy Thammer zwei Dinge entscheidend: Qualität und Meisterschaft“. Qualität war auch Kammerpräsident Thomas Zimmer wichtig: Wenn Musik auf Handwerk trifft, dann sei das kein Gegensatz, sondern ein neuer Weg auf der Suche nach Kreativität und nach Qualität, so Zimmer. HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Koller hob den großen Stellenwert des Festivals Junger Künstler hervor, das zum einen wichtige grenzüberschreitende Kulturarbeit leiste und zum anderen der Jugendarbeit wertvolle Impulse gebe.

Bilder: Das Kammerorchester der chinesischen Renmin-Universität  aus Peking gastierte in der Bauhalle des Berufsbildungs- und Technologiezentrums der Handwerkskammer für Oberfranken in Bayreuth.

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09.08.2015

Seltene Instrumentalmusik und prächtige Chöre / Kultursommer: Konzert des Festivals Junger Künstler in Goldkronach

Goldkronach. Sie sind seit Jahren ein Höhepunkt im Goldkronacher Kultursommer: die Konzerte des Festivals Junger Künstler. Zum ersten von zwei geplanten Konzerten gastierte am Sonntagabend auf Einladung des Alexander von Humboldt-Kulturforums Schloss Goldkronach das Consort. Amabile und der Kammerchor der Ionischen Universität Korfu in der Stadtkirche. Nicht, dass schlechtes Wetter einen Freiluftauftritt verhindert hätte. Im Gegenteil: bei Temperaturen von bis zu 37 Grad Celsius war es den Sängerinnen und Sängern und vor allem den Musikern und ihren teils historischen Instrumenten einfach zu heiß im Freien.

Der Freude an der Musik tat der Ortswechsel keinen Abbruch. Vielleicht war die Kirche sogar der bessere Platz für die besinnlich-meditativen Sätze des Kammerchors und die kammermusikalischen Beiträge des Consort. Amabile. Sommerlich leicht und trotzdem überaus anspruchsvoll waren die Auftritte der beiden Ensembles, zumal alles geboten war, vom Sologesang bis hin zum großen Chor mit instrumentaler Begleitung.

Consort. Amabile unter der Leitung von Boshena Korchynska stand beim Goldkronacher Auftritt für ausgefallene Instrumentalmusik, für seltene Instrumente und einigen Werken mit Gesang. Die Capriol-Suite des englischen Komponisten Peter Warlock beispielsweise entstammten allerdings nicht der Renaissance, wie man zunächst meinen könnte, sondern wurden 1926 komponiert. Freilich hatte Warlock die Suite nach einem bereits 1588 entstandenen französischen Werk geschrieben. In der Interpretation des Consort. Amabile wird schnell deutlich, dass die Suite in jeder Hinsicht als selbstständiges Werk betrachtet werden kann, das viel zu selten aufgeführt wird. Auch die chinesische Komposition mit dem Titel „Jasmin“ war eine echte Entdeckung. Mit zeitgenössischen Anklängen aber auch populären Wendungen überzeugten die Musikerinnen und Musiker dabei die Zuhörer.

In höchster Perfektion, klang- und stimmgewaltig präsentierte sich der Kammerchor der ionischen Universität Korfu unter seinem Dirigenten Miranda Caldi. Die Damen und Herren aus Griechenland verstanden es prächtig, Stimmungen zu transportieren, etwa bei den beiden byzantinischen Hymnen, die fast  ein wenig an europäische Weihnachtslieder erinnerten. Beim zweiten Chorauftritt präsentierten sich in Goldkronach ausschließlich die Frauenstimmen unter anderem mit einem Wiegenlied, das durchwegs meditativen Charakter hatte. Vor allem bei den Volksliedern „Kleiner Zitronenbaum“ oder den griechischen Schäferliedern waren die einzelnen Stimmen und Stimmungen gut durchhörbar und transparent. Welche Vielseitigkeit in beiden Ensembles steckte, zeigten die Künstler bei der Zugabe. Hier musizierten sie zusammen und erfüllten die Stadtkirche mit wahrer Klangpracht.

Das 65. Festival Junger Künstler in Bayreuth, das früher Jugendfestspieltreffen hieß, steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Kultur. Krisenzeit. Frieden?“. Kunst könne sehr viel bewirken, sagte Intendantin Sissy Thammer. Die Suche nach Frieden habe Tradition beim Festival. Künstler dürften dabei nicht aus der Verantwortung für die gesellschaftliche und politische Wirkung ihrer Arbeit entlassen werden. Thammer: „Wir stehen für beides, für die Ideale der Kunst und für die Ideale der Freiheit und des Friedens.“

Insgesamt erarbeiten in diesem Jahr rund 300 junge Künstler aus 30 Nationen bis zum 31. August ein anspruchsvolles Programm, das in über 100 Konzerten, Events, Open Airs, Workshops, Symposien und Werkstattgesprächen der Öffentlichkeit präsentiert wird. Höhepunkte des Festivalsommers 2015 sind das große Chorwerk „Requiem for Peace“, das Symphonieorchester mit Werken von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Carl Maria von Weber, das Projekt „Orient meets Occident“ und Konzerte mit der „Siam Sinfonietta“.

Das nächste Konzert mit dem Festival Junger Künstler in Goldkronach findet bereits am Sonntag, 16. August um 19.30 Uhr statt.

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09.08.2015

Von Bach bis Bond: Brass im Frankenwald / Blasmusik-Profis und –Amateure begeisterten die Besucher im Kulmbacher Mönchshof

Kulmbach. Blasmusik im Biergarten, so ungewöhnlich ist das nicht. Das Konzert, das am Sonntagmittag mehrere hundert Besucher bei freiem Eintritt in den Kulmbacher Mönchshof lockte, hatte allerdings eine ganz andere Dimension: Blasmusik auf allerhöchstem Niveau, wie man sie sonst nur im Konzertsaal geboten bekommt. Zu erleben waren die international renommierte Formation Rekenzze Brass aus Hof, das Ithaca College Brass Quintett aus der Nähe von New York, die Concordia College Brass Band aus Moorhead in Minnesouta , die amerikanische Spitzenmusikerin Deanne Swoboda sowie Teilnehmer von Meisterkursen, zu denen in den vergangenen Tagen zahlreiche Laien und Profis in den Frankenwald gekommen waren. Kurzum: ein „international Happening“, wie es Trompeter Peter Knudsvig von Rekkenze Brass bezeichnete.

Es hat fast schon Tradition, das kleine Festival „Brass im Frankenwald“, das der Bezirk Oberfranken mit seiner Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau“ seit dem Jahr 2001 veranstaltet. Die Kurse selbst finden in der Villa des einstigen Stargeigers Henri Marteau in Lichtenberg statt. Neben dem Abschlusskonzert im Garnlager der dortigen Firma Liros jeweils am Vorabend gehört der Kulmbacher Mönchshof seit sechs Jahren zur festen Spielstätte. Aus dem Kulmbacher Kulturkalender ist die Blasmusikmatinee jedenfalls schon jetzt nicht mehr wegzudenken.

Prominenteste Musikerin der Matinee war Deanne Swoboda. Sie ist „Assistant Professor“ für Musik an der Arizona State University und Dozentin für Tuba, Euphonium und Kammermusik. Es gebe kaum eine Instrumentengattung, die für das Miteinander von Profis und Amateuren besser geeignet ist, als die Blasmusik, waren sich sämtliche Dozenten einig. Und wahrscheinlich gibt es auch kein Ensemble, das wie Rekkenze Brass schon immer für seine Grenzgänge zwischen E- und U-Musik bekannt ist. Das Blechbläserensemble mit Rene Jamben, Benjamin Sebald, Peter Knudsvig und Rainer Streit diesmal verstärkt durch den Amerikaner Nat Dickey begeisterte das Publikum unter anderem mit Mozart und Bach.

„Unser Ziel ist es, die Grenzen zwischen Amateuren und Profis aufzuheben“, sagte Verwaltungsleiter Ulrich Wirz von der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau.  „Brass im Frankenwald“, möchte drei musikalische Leistungsebenen zusammenführen: die der Laien und Amateure, die der Musikstudenten und die der Profis mit einem Solisten der absoluten Weltspitze wie Deanna Swoboda.

Das Konzert in Kulmbach machte dabei deutlich, dass dieses Ziel einmal mehr gelungen ist, vor allem im zweiten Teil des Konzerts, wenn sich die festen Formationen unter die Kursteilnehmer mischen, zum „No-Name-Ensemble“ werden, wie Teilnehmerin Anne Müller erläutert. Das gibt es Bach-Choräle („Jesu bleibet meine Freude“), Unbekanntes wie die „Hymne an die Musik“ vom fränkischen Benediktinerkomponisten Valentin Rathgeber arrangiert für Sprecher und Blasorchester, aber auch Jazz-Standards oder ein Scott-Joplin-Medley.

Wunderbar hat Peter Knudsvig Roy Orbisons Schlager „Crying“ oder das „James-Bond-Theme“ arrangiert und das Ensemble, das sich erst vor einer knappen Woche kennen gelernt hat, spielt mit einer Exaktheit, die kaum zu übertreffen ist. Natürlich darf John Philipp Sousa, der amerikanische Marschmusikkönig, nicht fehlen, ebenso Fritz Kreisler „Liebesleid“, das Deanne Swoboda kurzerhand zu einer Komposition für Blasorchester und Solotuba umfunktioniert. Welche herausragenden Entertainer-Qualitäten die US-Amerikanische Musikerin hat, zeigt sie auch bei einer Solo-Zugabe, bei der sie auf Tuchfühlung zum Publikum geht und die Zuhörer zum begeisterten Mitmachen animiert.

Bilder:
1. Rekkenze Brass spielten im Mönchshof-Biergarten auf.
2. + 3. Hier spielen Profis und Laien gemeinsam Miteinander: die No-Name-Brass-Band stellte das Ergebnis des Meisterkurses für Blechbläser vor.

4. Sie spielt nicht nur virtuos auf der Tuba, sondern hat auch wahre Entertainer-Qualitäten: Deanne Swoboda von der Ariziona State University.

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19.07.2015

„Klassik auf der Burg“: Vivaldi meets Piazzolla / Senta Berger und die Münchner Kammerphilharmonie gastierten zum Abschluss der Open-Airs auf der Plassenburg

Kulmbach. Eine hübsche Idee: Die Kompositionen der Vier Jahreszeiten des Barockkomponisten Antonio Vivaldi und des zeitgenössischen Tango-Königs Astor Piazzolla an einem Abend zu spielen. Freilich, andere haben das auch schon gemacht, aber lange nicht in einem solch stimmungsvollen Umfeld wie dem Schönen Hof der Plassenburg. Mit „Klassik auf der Burg“ sind gleichzeitig am Sonntagabend die Plassenburg-Open-Airs 2015 zu Ende gegangen und zum Abschluss zeigte das Wetter dann doch noch einmal seine Unberechenbarkeit.

Immer wieder fielen einige Tropfen, immer wieder kamen starke Winde auf und am Ende wurde es tatsächlich kühler. Schon bei dem ersten kleinen Schauer noch vor der Pause kam Unruhe auf,  Schirme wurden aufgespannt, einige suchten Unterschlupf in den Arkaden oder zogen den Regenschutz über. Senta Berger nahm das Wetter gelassen und ging souverän damit um: „Ich sehe, sie sind tapfer“, sagte sie einmal, „Regnet es? Mein Gott, was mach ma denn jetzt?“, ein anderes Mal.“

Dabei hatten die Musiker der Kammerphilharmonie da capo München unter ihrem Dirigenten Franz Schottky interessante Kompositionen im Gepäck. Nicht nur geographisch, auch historisch unterscheiden sich beide Werke fundamental. Hier Venedig, dort Buenos Aires, hier frühes 18. Jahrhundert, dort späteres 20. Jahrhundert. Um es gleich vorwegzunehmen: die Musiker der Kammerphilharmonie bewältigten diesen Spagat hervorragend, auch wenn nicht jeder Tempowechsel, in sich logisch war, und man sich die eine oder andere stärkere dynamische Differenzierung gewünscht hätte.

Die Musiker, allen voran der kroatische Violinsolist Mario Korunic, lassen die jeweils dreisätzigen Violinkonzerte Vivaldis atmosphärisch erklingen. Die Stärke des Solisten liegt in diesem Fall in der Lust des sinnlichen Auskostens von Kontrasten, in der artikulatorischen und agogischen Gestaltung. Dazu kommt ein ausgeprägter Sinn für die eminente Bildlichkeit von Vivaldis musikalisierten Jahreszeiten-Impressionen, etwa in den Wetterphänomenen wie Sturm, Wind, Blitz und Donner, im Rufen der Vögel, in der Ernte oder in der Jagd.

Ganz anders, und doch irgendwie ähnlich ist die Musik von Astor Piazzolla. Der argentinische Komponist gilt, indem er Elemente der Klassik, der argentinischen Folklore, der Neuen Musik und auch des Jazz in den Tango einfließen ließ, als großer Erneuerer des Tango. Ein beeindruckendes Beispiel für dieses Verfahren sind die zwischen 1967 und 1970 entstandenen „Cuatro Estaciones“, in denen sich Piazzolla auf vielfältige Weise auf Vivaldi bezieht.

Sein Frühling klingt strahlend und hell ganz wie bei Vivaldi. Der Sommer ist in besonderer Weise geprägt von der Verbindung von Tango und Barockzitaten. Den Sommer Vivaldis aber zitiert Piazzolla im Winter, beginnt der Winter in Argentinien doch, wenn in Venedig der Sommer Einzug hält. Auch hier beweist sie Münchner Kammerphilharmonie und der Geiger Mario Korunic eindrucksvoll, zu welch variablen klangfarblichen Möglichkeiten die Musiker fähig sind. Die verschobenen Akzente in der Melodik, das Pulsieren der Musik, all das macht Piazzollas Komposition aus und die Musiker geben das an diesem Abend überaus transparent und mit hörbar großer Lust am Musizieren wider.

Und dann ist da noch Senta Berger, die weltberühmte Schauspielerin, die den Abend mit einer ganzen Reihe stimmiger Texte bereichert. Man lernt die Lebensläufe von Antonio Vivaldi und Astor Piazzolla kennen, Vivaldis Sonette liest Senta Berger zunächst auf Italienisch, dann auf deutsch. Vivaldi hatte diese Sonette  seinem Werk als eine Art Inhaltsangabe beigestellt. Aber auch Tango-Texte interpretiert Senta Berger, ebenfalls zunächst in der Originalsprache dann in der Übersetzung.

Bilder:
- Die Münchner Kammerphilharmonie interpretierte am Sonntagabend im Schönen Hof der Plassenburg die Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi und die gleichnamige Komposition von Astor Piazzolla.
- Die weltberühmte Schauspielerin Senta Berger trug beim  Plassenburg-Open-Air Texte von Antonio Vivaldi und Astor Piazzolla vor.
-
Der Geiger Mario Korunic und Dirigent Franz Schottky.

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18.07.2015

Weltmusik aus Niederbayern: Haindling macht den Moonwalk / Hans-Jürgen Buchners „Haindling“ gastierte im Schönen Hof der Plassenburg

Kulmbach. Den Begriff „Alpenpop“ mag er gar nicht: Hans-Jürgen Buchner, einer der bekanntesten Musiker Deutschlands und ein eigenwilliger wie erfolgreicher Komponist.  Zum einen liegt das 130-Seelen-Dorf Haindling nicht in den Alpen, sondern in Niederbayern. Zum anderen ist es nicht unbedingt Popmusik, was Buchner macht, sondern eher eine Mischung aus bayerisch angehauchter Weltmusik, Ethno-Pop, Avantgarde, Walzer, Landler. Eigentlich könnte man jedes Stück anders einordnen, und es bleibt doch immer wieder eine geniale Haindling-Komposition

Am Samstagabend gastierte Hans-Jürgen Buchner bei den Plassenburg-Open-Airs, zehn Jahre nach seinem letzten Auftritt in Kulmbach, und es ist schon bezeichnend, dass dieses Open Air schon seit Wochen restlos ausverkauft war, so beliebt und bekannt ist Haindling auch im Fränkischen. Vom Kleinkind bis zum Senior, solche Künstler sind selten, die alle Generationen ansprechen.

Freiheit ist für ihn, den kreativen Kopf, wichtig. Progressiv, idealistisch und ohne Rücksicht auf Trends oder Zeitgeist, eher ganz bewusst dagegen. Vielleicht kommt deswegen auch im Schönen Hof der Plassenburg eine ganz eigenwillige gute Stimmung auf.

Der musikalische Einzelgänger Hans-Jürgen Buchner ist freilich untrennbar mit dem Wallfahrtsort Haindling verbunden. „In Haindling hat sich die Musik erfunden“, sagt er. Dort hatte er, der Multi-Instrumentalist, alle erdenklichen Blas- und Tasteninstrumente, Glocken, Klangschalen, Trommeln auf ein Mehrspurtonband eingespielt und so den typischen Haindling-Sound erfunden. Das riesige Instrumentarium, vom Klangholz bis zur Maultrommel, bevölkert auch in Kulmbach die Bühne. Dort bedient er sich der Hilfe befreundeter Musiker: Michael Braun, Michael Ruff, Peter Enderlein, Reinhold Hoffmann und Wolfgang Gleixner. Sie alle können, genauso wie ihr Meister, so ziemlich jedes Tasten-, Blas- oder Schlaginstrument spielen und geben den typischen Haindling-Sound ganz im Sinne Hans-Jürgen Buchners wider.

Noch eine Spur politischer scheint er geworden zu sein, zumindest aber direkter. Hans-Jürgen Buchner wettert gegen Plastik-Müll und setzt das Haindling-Müllsack-Plastik-Orchester dagegen. Die chemischen Inhaltsstoffe eines einfachen Kuchens aus dem Flugzeug liest er vor, unterlegt das Ganze mit einer Haindling-Komposition und schlägt Perfekt die Brücke zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP. Und natürlich die letzten 70 Kilometer freifließende Donau zwischen Straubing und Vilshofen, sein Lieblingsthema. Seit Jahren kämpft er zusammen mit dem Bund Naturschutz dagegen und es scheint tatsächlich so als habe die Donau dank Haindling gewonnen.

 „Lang scho nimmer g´sehn“, dieser Titel brachte ihm 1984 den Durchbruch, auch im Norden der Republik. Beim Konzert in Kulmbach ist das die letzte Zugabe. In den zurückliegenden Jahren ist Hans Jürgen Buchner aber auch immer mehr als ernsthafter Filmkomponist in Erscheinung getreten, unverwechselbar etwa seine Tonmalereien in der TV-Serie „Cafe Meineid“, „Irgendwie und sowieso“ oder „Madame Bäuerin“. In Kulmbach gibt es beides: die Haindling-Hits aber auch die verträumt melancholischen Filmklänge, fast schon kleine Sinfonien, die an diesem Abend im Schönen Hof der Plassenburg so richtig zur Geltung kommen.

Kaum zu glauben, dass der Ur-Bayer Hans-Jürgen Buchner ein gebürtiger Preuße ist, dass er als Keramiker den Meisterbrief besitzt, und dass er tatsächlich schon 1945 geboren wurde. Über zweieinhalb Stunden spielt er, gibt sich witzig, selbstironisch, nachdenklich, spornt das Publikum zum Mitschnippen, Mitklatschen und sogar zum Mitschunkeln an. Der musikalische Botschafter des modernen Bayern lädt zu einer musikalischen Traumreise durch den Freistaat, sorgt für Gänsehautstimmung mit dem Titel „Das ewige Lied“ und rockt ab beim Haindling-Medley, zu dem er sogar den Moonwalk macht.

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17.07.2015

Prinzen rockten Plassenburg / Witzig und kreativ - Songs ohne erhobenen Zeigefinger

Kulmbach. Früher waren sie Chorknaben, heute sind sie Popstars und das schon seit 25 Jahren: Die Prinzen, Kultband und erfolgreiche A-Capella-Künstler aus Leipzig, gehören mit fast sechs Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten deutschen Bands. Sie haben schon in Kirchen gespielt, auf der Berliner Waldbühne, in der Dresdner Semperoper, sie füllten Hallen in ganz Deutschland und am Freitagabend mit einer Art Best-Of-Programm auch den Schönen Hof der Plassenburg.

Drei Dinge machen die Prinzen live aus: Perfektion, Perfektion und Perfektion. Da ist nichts dem Zufall überlassen, jedes Arrangement ist bestimmt hundertfach einstudiert. Für Improvisation ist da kein Platz, selbst die Bewegungen, alles stimmt, alles ist auf den Punkt gebracht. So perfekt, dass man es schon bewundern muss, wie es die Prinzen da auch noch schaffen die über 1000 Besucher des Open Airs vom ersten Ton an mitzureißen. Da wird mitgeklatscht, mitgesungen und spätestens bei „Ich wär so gerne Millionär“ hält es keinen mehr auf den Sitzen, dicht gedrängt säumen die Fans die Bühne bis zur letzten Zugabe in dem knapp zweistündigen Programm ohne Pause.

Songs aus ihrer neuen Doppel-CD „Familienalbum“  haben sie im Gepäck, aber auch unzählige „alte Hits im neuen Gewand:  „Du musst ein Schwein sein“, Alles nur geklaut“ wer kennt diese Hits nicht? Charismatiker Sebastian Krumbiegel, Blondschopf Tobias Künzel, Bariton Henri Schmidt und der musikalische Chef Wolfgang Lenk sowie Keyboarder Jens Sembdner, Bassist Mathias Dietrich und Schlagzeuger Ali Zierner, ihre Markenzeichen sind Songs ohne erhobenen Zeigefinger, aber auch nie nur seichte oder plumpe Unterhaltung, und immer witzig und kreativ. „Wichtig ist es, eine eigene Linie zu haben und sich selbst treu zu bleiben“, sagt Frontmann Sebastian Krumbiegel. Genau das macht die Erfolgsgeschichte der sieben Leipziger aus. Augenzwinkern und Selbstironie gehören dazu. Dazu kommt, dass die Prinzen eine Boy Group sind, die gerne live spielt und deren Mitglieder so richtig gut singen können.

Schon vor Jahren waren sie mal auf der Plassenburg, damals hat es geregnet, diesmal hat es selbst nach Anbruch der Dunkelheit noch fast 30 Grad. Vielleicht ist deshalb manch einer etwas enttäuscht, dass schon nach knapp zwei Stunden Schluss ist. Dafür gibt es viele Lieder, die sie noch nie live im Programm hatten. Ruhige Nummern, wie „Angst, dass du gehst“, die man so gar nicht mit den Prinzen in Verbindung bringen möchte, aber auch echte Kracher wie „Mann im Mond“, „Mein Fahrrad“, „Gabi und Klaus“ oder das damals so umstrittene Lied „Deutschland“, mit dem sie schon vor über zehn Jahren kritisch den Finger am Puls des Zeitgeistes hatten. Augenzwinkernd singen sie auch „Es war nicht alles schlecht“, in dem so manche Ostalgie auf die Schippe genommen wird.

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12.06.2015

Plädoyer für den Frieden und gegen den Krieg / „Frauen, verweigert euch!“: Naturbühne Trebgast zeigt die antike Komödie „Lysistrata“

Trebgast. Mit der Komödie „Lysistrata“ hat die Naturbühne heuer einen echten Klassiker der Weltliteratur auf dem Spielplan. Am Freitagabend war Premiere und die überaus gelungene, nicht ganz ausverkaufte  Aufführung hat einmal mehr gezeigt, dass dieses, fast 2500 Jahre alte Werk des griechischen Dichters Aristophanes nichts an Aktualität verloren hat.

Im Gegenteil: ein solches Plädoyer gegen den Krieg ist aktueller denn je. In der Komödie, die ursprünglich zur Zeit des Peloponnesischen Kriegs zwischen Athen und Sparta über 400 Jahre vor dem Beginn unserer Zeitrechnung spielt, sind es die Frauen, die einen ausgeklügelten Plan entwickeln und damit einen jahrzehntelangen Krieg beenden. Der letztlich auch erfolgreiche Plan ist einfach und wirkungsvoll zugleich: Die Frauen streiken und verweigern sich ihren Männern so lange, bis sie Frieden schaffen.

Wenn das alles nur so einfach wäre. Aristophanes gilt als der griechische Komödienschreiber par excellence. Dabei sind seine Werke niemals oberflächlich, es ging ihm viel mehr immer um Politik und Gesellschaftskritik. Unter dem Motto „Frauen, verweigert euch!“ war „Lysistrata“ von Anfang an als Protest gegen den Krieg gedacht.

Die Titelfigur Lysistrata wird von Christine Kammerer mit absoluter Bühnenpräsenz und darstellerischer Überzeugungskraft verkörpert. Sie ruft Frauen von überall her zusammen, um durch die einzig effektive Maßnahme, die ihr zur Verfügung steht, dem Krieg ein Ende zu bereiten und den Frieden zu erzwingen. Darstellerinnen sind  mit viel Witz und Spielfreude Henrike Reineke (Lampito), Sabrina Schmitt (Myrrhine), Julia Krolak (Kalonike), Annika Ködel (Daita), Melanie Eheim (Philippa), Silke Ködel (Skythe), Andrea Vießmann (Prytane), Georgia Lauterbach (Ekklesia) und Hilde Volkmann (Xanthia). Sämtliche Darstellerinnen setzen das alles mit viel Klamauk um, sorgen gleichzeitig aber auch dafür, dass ihr Spiel nie zur reinen Klamotte verkommt. Auch dann, wenn sie die Kriegskasse standhaft verteidigen, mit Nudelhölzern, Teppichklopfern und Pfannen.

Die männlichen Partien spielen Gerd Kammerer (Chremes), Daniel Ganzlleben (Kinesias), Jochen Böhm (Georgias), Florian Heise (Kleon) und Paul Konrad (Demos) ebenfalls voller Komik, mit viel Witz sowie darstellerischer Sicherheit. Natürlich gibt es einige Verwicklungen und Rückschritte, doch am Ende zeichnet sich ab, dass Lysistrata und ihr inszenierter Liebesentzug auf der ganzen Linie siegen wird.

Überhaupt das Ende: der Regisseur fügt dem Stück den eindrucksvollen Epilog des Dichters Erich Fried an, in dem alle zehn Frauen, jede einzeln im Spotlicht, ein Plädoyer gegen den Krieg und für den Frieden halten, das hat schon fast Gänsehautcharakter, was sich Regisseur Rainer Streng da hat einfallen lassen, auch wenn er ganz am Ende ein augenzwinkerndes Ausrufezeichen setzt und alle Darstellerinnen ihre Hände zur berühmte Merkel-Raute formen.

Trotzdem stellt der Regisseur in seiner Inszenierung zumindest gleichwertig zum Verlangen nach Frieden den Kampf der Geschlechter heraus. Die Erwartungshaltung des Publikums an die klassische Komödie durchkreuzt er dabei völlig, indem er eine eigene, ganz moderne Textfassung präsentiert. Die Sprache kommt so zeitgemäß rüber, die Handlung wird schlüssig vorangetrieben, und auch wenn der Original-Text recht derb ist, ein bisschen weniger Schlüpfriges und Zweideutiges wäre vielleicht mehr gewesen.

Zumal sich Rainer Streng ja komplett auf den Wortwitz verlässt. Eine zeitliche Einordnung gibt es bei ihm nicht. Trotz Peace-Fahne und den Flower-Power-Kostümen in Regenbogenfarben (von Wolfram Müller-Bröder) auch nicht ins Zeitgenössische, was so manche Inszenierungen immer wieder gerne machen. Rainer Streng verzichtet dabei auch weitestgehend auf Ausstattung und Bühnenbild, er lässt die Naturbühne abgesehen von der angedeuteten Burg für sich alleine stehen.

Die antike Komödie „Lysistrata“ des griechischen Dichters Aristophanes steht bis zum 14. August insgesamt noch neun Mal auf dem Spielplan. Die nächsten Aufführungen sind am 20. und 25. Juni, sowie am 1, 2, 18. Juli, jeweils um 20.30 Uhr.

Bild: „Make love, not war“: Lysistrata, gespielt von Christine Kammerer (sitzend) und ihren Mitstreiterinnen bei der Premiere der antiken Komödie auf der Naturbühne Trebgast.

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03.06.2015

Zeit für Begegnung / Kunststadt Kulmbach: Bund Fränkischer Künstler verwandelt Hofstube der Plassenburg in riesiges Atelier

Kulmbach. Es ist wie eine kleine Familienfeier: 19 bildende Künstler, teilweise aus ganz Deutschland, haben in diesen Tagen die Große Hofstube der Plassenburg in ein riesiges Atelier verwandelt. Zum 6. Mal schon veranstaltet der Bund Fränkischer Künstler dieses Symposium. Die hier entstandenen Werke sind ab Samstag, 6. Juni bis Samstag 13. Juni eine Woche lang zu sehen. Danach werden sie in Selb im Rosenthal-Theater ausgestellt.

„Viele Künstler kennen sich gegenseitig gar nicht“, beschreibt Angelika Kandler-Seegy die Situation. Die Nürnbergerin ist seit 2009 Ehrenpräsidentin des Bundes Fränkischer Künstler, Kuratorin des Künstlersymposiums auf der Plassenburg und wird bei der Ausstellung auch selbst mit ihren Werken vertreten sein. Das Klischee vom Maler, der in seinem stillen Kämmerlein mit Pinsel und Staffelei sitzt, sei so falsch nicht. Deshalb seien alle Beteiligten froh, sich im Rahmen des Symposiums einmal austauschen zu können, über Ideen, Motive, Techniken, aber auch über Persönliches. Über Schicksale zum Beispiel, oder über Ängste und Erfolge. „Wenn sich Motive beispielsweise durch eine Krankheit verändern, dann könne das durchaus ein Thema sein, über das ein Teilnehmer mit den anderen sprechen möchte, denn die Gesamtverfassung eines Menschen spiegle sich immer auch in seinen Werken wider.

Soweit der interne Part des Symposiums. Angelika Kandler-Seegy spricht von einem Urbedürfnis eines jeden Künstlers, seine Werke auch öffentlich zu zeigen. Deshalb die Ausstellung, die am Samstag, 6. Juni mit einer Vernissage eröffnet wird, und die eine Woche lang im Rahmen des üblichen Museumsrundgangs und zu den üblichen Eintrittspreisen zugänglich ist.

Die Plassenburg ist schon immer so etwas wie das Hauptquartier des Bundes Fränkischer Künstler. Vor über 75 Jahren fand hier die erste Gemeinschaftsausstellung statt, seitdem kommt die bildende Künstlerelite Frankens und auch darüber hinaus immer wieder gerne hierher. „Kulmbach wird dadurch zu einem kulturellen Zentrum in Franken“, schreibt Oberbürgermeister Henry Schramm in seinem Grußwort zum Symposium. Tatsächlich ist die Plassenburg für einige der Teilnehmer so etwas wie ein Zuhause geworden. „Hier haben wir Platz, hier werden wir unterstützt und hier haben wir alle Möglichkeiten“, so Marion Kotyba, neben Detlev Röse einzige Kulmbacherin unter den Teilnehmern, die zusammen mit Hans-Dieter Jandt aus Eckental und Helga Hopfe aus Mainleus kräftig an der Organisation gearbeitet hat.

Außer Öl sind diesmal wieder alle Techniken, von Acryl über Collagen bis hin zur Mischtechnik vertreten. Manch einer malt eine Woche lang an einem einzigen Bild, andere, wie etwa die bekannte Bayreuther Malerin Christel Gollner, hat schon zehn Werke fertig. Eines bunter als das andere, einige Stillleben sind dabei, aber auch ein kleiner Zyklus zum Thema „Begegnungen“.

„Durch die Bündelung entsteht ein unheimliches Energiefeld“, sagt Angelika Kandler-Seegy und freut sich besonders darüber, dass es unter den Künstlern keinen Neid gibt. „Jeder freut sich über die Erfolge des anderen, Ellenbogendenken gibt es hier nicht“, so die Ehrenpräsidentin.

Nach elf Teilnehmern im vergangenen Jahr, haben sich heuer wieder 19 Malerinnen und Maler auf der Plassenburg gefunden. Fünf davon waren schon beim ersten Künstlersymposium 2010 dabei. Die Teilnehmer mit der weitesten Anreise sind Rose Meerwein aus Berlin und der gebürtige Oberfranke Klaus Klein, der mittlerweile bei Bingen lebt und arbeitet. Sie sind in der Regel durch Ausschreibungen auf das Symposium aufmerksam geworden.

Die teilnehmenden Künstler sind: „Ursula Bock (Eckental), Margot Brünig (Nürnberg), Christel Gollner (Bayreuth), Elke Handtke (Pleinfeld), Helga Hopfe (Mainleus), Hans-Dieter Jandt (Eckental, Angelika Kandler-Seegy (Nürnberg), Martina Karsch (Altenplos), Klaus Klein (Bingen), Heike Knoll (Nürnberg), Marion Kotyba (Kulmbach), Marianne Kriegel (Erlangen), Rose Meerwein (Berlin), Jutta Perrey (Nürnberg), Anneliese Raab (Nürnberg), Ute Röse (Elmshorn), Detlev Röse (Kulmbach), Eva Schreppel (Karlsruhe), Monika Stock (Weidenberg).

Bilder:
- Teilnehmer des Künstlersymposiums verwandeln die Große Hofstube der Plassenburg derzeit in ein Maleratelier.
- Die Bayreuther Malerin Christel Gollner arbeitet beim Symposium des Bundes Fränkischer Künstler auf der Plassenburg bereits an ihrem zehnten Bild.
- Sie sorgen dafür, dass organisatorisch alles funktioniert: Marion Kotyba, Angelika Kandler-Seegy und Hans-Dieter Jandt vom Bund Fränkischer Künstler.

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01.06.2015

Musik in Alten- und Pflegeheimen: Blechbläserquintett Rekkenze Brass startet ungewöhnlich Konzerttournee durch Oberfranken

Bamberg/Bayreuth. Unter dem Motto „Mit Tönen Brücken schlagen“ hat das prominente Blechbläserquintett  Rekkenze Brass aus Hof eine Tour mit Sozialkonzerten gestartet. Im Auftrag des Bezirks Oberfranken und mit Unterstützung der Oberfrankenstiftung geben die fünf Musiker in diesen Wochen zahlreiche Konzerte in Alten- und Pflegeeinrichtungen der Region. „Wir wollen klassische Musik zu den Menschen bringen, die sonst nicht so ohne weiteres in ein Konzert kommen können“, sagt der Trompeter Benjamin Sebald.

Der gebürtige Pegnitzer bezieht die teilweise hochbetagten Herrschaften immer in seine Moderationen mit ein, animiert sie zum mitklatschen und mitsingen. Eine Dame darf sogar die Triangel schlagen und bekommt als Lohn eine CD dafür. Freilich ist es kein schweres und ernstes Programm, mit dem Christy Belicki und Rene Jamben (beide Posaune), Benjamin Sebald und Peter Knudsvig (beide Trompete) sowie Rainer Streit (Tuba) ihr Publikum begeistern. Zur Aufführung kommen vor allem Volkslieder wie „Am Brunnen vor dem Tore“, „Horch, was kommt von draußen rein“ oder „Weißt du wieviel Sternlein stehen“. Fränkische Kerwa-Musik („Wo ist denn des Gergla“) hat das Blechbläserquintett der Hofer Symphoniker genauso im Gepäck wie Ohrwürmer aus der Oper, die Barcarole aus „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach, oder einen barocken Choral.

Im Rahmen kulturellen Arbeit des Hauses Marteau, der Internationale Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken, gestaltet Rekkenze Brass alljährlich unter der Schirmherrschaft des Bezirkstagspräsidenten Dr. Günther Denzler derartige Sozialkonzerte in Alten- und Pflegeeinrichtungen, aber auch Musikhörstunden  in den oberfränkischen Schulen. Durch dieses besondere Angebot wollen der Bezirk als Veranstalter und Rekkenze Brass für Konzerte der besonderen Art sorgen und auf die musikalische Arbeit des Hauses Marteau in Lichtenberg aufmerksam machen.

„Uns geht es darum, bei den Menschen unterschiedlichsten Alters Interesse und Verständnis für Musik zu wecken“, sagt Rainer Streit, der aus Kulmbach stammt und bei Rekkenze Brass die Tuba spielt. Auch bei älteren Menschen seien viele ihr Leben lang in keinem klassischen Konzert gewesen. „Sie kennen das Erlebnis gar nicht, Live-Musik einfach so auf sich wirken zu lassen“, sagt Rainer Streit. Nach knapp einer Stunde müssen sich die fünf Musiker schon wieder verabschieden, denn in der nächsten Einrichtung warten die Bewohner schon mit freudiger Spannung auf das nächste Konzert

Bild: Rekkenze Brass bei seinem Sozialkonzert im Hof den Franz-Ludwig-Seniorenwohnzentrum in Bamberg.

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09.05.2015

Katrina rockt Bayreuth: Nordbayerns größte Partymeile / Zehntausende besuchten 27. Weißbierfest der Brauerei Gebrüder Maisel

Bayreuth. Es ist das Fest der Superlative, das Weißbierfest der Brauerei Gebrüder Maisel, mit dem alljährlich die Open-Air-Saison in der Region eröffnet wird. Rockfans kommen aus ganz Deutschland, Geschäftskunden sogar aus Südkorea, um dieses Spektakel zu erleben. Am Wochenende waren es vor allem die Auftritte der beiden weltbekannten Bands Katrina and the Waves sowie Earth, Wind an Fire, zu denen Zigtausende auf das Brauereigelände pilgerten. Das Weißbierfest findet traditionell am Wochenende vor Himmelfahrt statt, kostet keinen Eintritt und galt auch diesmal wieder als Nordbayerns größter Partymeile.

Diesmal ist alles anders, sagt Michael Angerer von der Veranstaltungsagentur Nord-Süd-Programm. "Earth, Wind and Fire Experience featuring Al McKay Allstars“, so der offizielle Name waren mit 13 Musikern angereist, das bedeutet, dass hinter der Bühne in der großen Brauereihalle eine kleine Zeltstadt mit allem Drum und Dran errichtet werden musste. Im Mittelpunkt steht dabei der Gitarrist Al McKay. Über zehn Jahre lang war er festes Mitglied von Earth, Wind and Fire in der Originalbesetzung. Zusammen mit Maurice White hatte er auch einige der großen Hits geschrieben, ohne deren funky und sexy Sound Musik in den 1970er-Jahren kaum eine Disco auskam. Mit einer Mischung aus Soul, Funk, Motown, afrikanischen Elementen und modernen Pop-Rhythmen reißen Earth, Wind and Fire in der Besetzung von 2015 auch in Bayreuth die Fans mit Songs wie „Shining Star“, „Fantasy“, „Let’s groove tonight“ oder „September“ zu Begeisterungsstürmen hin.

Typisch für das Weißbierfest ist, dass es immer zwei Top-Acts gibt. Vor Earth, Wind and Fire war das diesmal Katrina and the Waves, die berühmte englisch-amerikanische Band, die im Frühjahr 1985 mit dem Song „Walking on Sunshine“ ihren großen Durchbruch hatte. Kaum ein Tag, an dieses Lied nicht auf irgendeinem Sender zu hören ist. Genauso wie „Love shine a light“, mit dem Katrina and the Waves 1997 für das Vereinte Königreich den Eurovision Song Contest gewannen. Beide Sommerhits werden natürlich auch in Bayreuth von Frontfrau Katrina Lekanich gespielt und die Fans kommen beim Tempo der US-Amerikanerin ganz schön ins Schwitzen.

Wenn das Weißbierfest auch keinen Eintritt kostet, so bilden sich spätestens ab 21 Uhr lange Schlangen an den Eingängen. Grund dafür sind die peniblen Einlasskontrollen. In dem weitläufig eingezäunten Gelände der Brauerei sind es rund 100 Helfer, alles Beschäftigte der Brauerei, die Abend für Abend dafür sorgen, dass kein Besucher das Fest durstig verlassen muss.

Das Weißbierfest lief bereits seit Donnerstag und wurde mit „“Bayreuths größer Uni-Fete“ eröffnet. Bereits zur Opening Night tanzen sich über 2000 Besucher in der großen Brauereihalle zu den Rhythmen von DJ Steve K. schon mal warm, ehe „Die Atzen“ das Brauereigelände erzittern ließen und mit ihren Tophits „Das geht ab“ und „Disco Pogo“ für ein erstes großes Highlight des Weißbierfestes sorgten. „Cover Night“ hieß es dann am Freitag mit Remedy, vier Bayreuther Jungs, die einen Mix aus Alternative und Grunge im Gepäck hatten. Außerdem traten auf: Foreigner, performed by Juke Box Hero, sowie die tschechische Cover-Band von ZZ Top mit dem Namen ZZ Top Revival.

Höhepunkt im Rahmenprogramm war mit dem 13. Maisels Fun-Run am Sonntagvormittag Bayreuths größte Laufveranstaltung, bei der auch diesmal wieder mit über 2500 Läufern ein neuer Rekord aufgestellt wurde. Sämtliche Läufer hatten sich auf einen Viertel- und einen Halbmarathon-Rundkurs durch die Innenstadt gemacht. Die Strecke führte dabei vorbei an den Sehenswürdigkeiten der Stadt, mitten durchs Gelände der Universität und wieder zurück zum Weißbierfest. „Der Spaß steht bei diesem FunRun im Vordergrund“, sagte Brauereichef Jeff Maisel. Es komme nicht nur auf Bestzeiten an, dabei sein ist alles und gerade deshalb sei der Fun-Run bei Neueinsteigern in den Laufsport so beliebt. Läufer in Kostümen, Firmen-Teams oder andere Kuriositäten sind beim FunRun seit Jahren üblich. Maisels Worten zufolge waren dazu über 200 Helfer entlang der gesamten Strecke im Einsatz, dazu kamen weitere knapp 200 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, BRK und THW. An der Strecke sorgen nicht nur die Sportbegeisterten für Motivation, es gab auch Musik mit Samba-Gruppen, ehe das Fest am Sonntag wieder mit der „Heavy Volxmusic“ von den „Troglauer Buam“, der Hausband der Brauerei Maisel, ausklang.

Bilder: Eurovision-Song-Contest-Siegerin Katrina and the Waves heizte ihren Fans beim Weißbierfest am Samstagabend in Bayreuth mächtig ein.

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04.04.2015

Energisch, emotional und effektvoll: Jugendsymphonieorchester Oberfranken absolvierte erfolgreiche Ostertournee

Naila. Es ist schon ein eigenwilliger Klangkörper, dieses Jugendsymphonieorchester Oberfranken. Alljährlich treffen sich an Ostern seit mittlerweile über 30 Jahren bis zu 70 begabte junge Musiker zwischen 13 und 21 Jahren und studieren eine Woche lang unter der Leitung eines profilierten Dirigenten ein hochkarätiges Programm ein. Till Fabian Weser, im Hauptberuf Trompeter bei den Bamberger Symphonikern, ist dabei nicht nur Dirigent, sondern auch Pädagoge, Kollege und ein Musiker, der es versteht die jungen Leute zu fordern. In seiner kleinen Oberfranken-Tournee am Osterwochenende hat das Jugendsymphonieorchester gezeigt, was es heißt, unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm einzustudieren und aufzuführen. Die Ergebnisse konnten sich bei vielbeachteten und nahezu ausverkauften Konzerten in der Frankenhalle von Naila (Landkreis Hof), in der Bayernhalle Bad Rodach (Landkreis Coburg) und in der Aurachtalhalle von Stegaurach (Landkreis Bamberg) sehen lassen.

Hauptwerk war dabei Nikolay Rimsky-Korsakoff viersätzige sinfonische Dichtung „Sheherazade“, die Geschichte vom tyrannischen Sultan, der sich von Sheherazade und ihren Geschichten aus Tausendundeiner Nacht besänftigen lässt. Für Sheherazade steht dabei eine tiefbewegende Melodie, die von der Solovioline interpretiert wird und diese Solovioline spielte die junge Geigerin Sornitza Baharova, einst selbst Mitglied des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken, mittlerweile Konzertmeisterin der Nürnberger Symphoniker. Beschwörend umrankt die Solistin das zornige Blech des Sultans. Wer würde da nicht weiterhören wollen, so zupackend musiziert Sornitza Baharova.

Vier Episoden hat diese prächtige Tondichtung, das Meer und Sindbads Schiff, die Geschichte vom Prinzen Kalender, die Geschichte vom jungen Prinzen und der jungen Prinzessin, sowie das Zerschellen des Schiffes an einer Klippe. Das alles ist unglaublich lyrisch-poetische Musik, aber gleichzeitig auch Schwerstarbeit, vor allem für die Blechbläser. Überhaupt ist Sheherazade eine orchestertechnische Prüfung. Nicht zufällig stammen die meisten Beispiele in Rimsky-Korsakows berühmter Instrumentationslehre aus dieser Suite. Ihr Prinzip ist das Auffächern einzelner Stimmgruppen und kontrastierend dazu ein immer wieder eindrucksvolles Tutti. Till Fabian Weser hat es dabei nicht nur geschafft, das gesamte Orchester entsprechend perfekt einzustudieren, sondern auch, die Geschichte in großen Bögen zu erzählen und dabei die vielen Takt- und Tempowechsel höchst imponierend und geradezu phänomenal zu bewältigen.

Gleiches gilt für das 1. Violinkonzert von Sergej Prokofieff, bei dem, wie sollte es anders sein, Sornitza Baharova den Solopart gibt. Natürlich spielt sie technisch absolut souverän, mit energischem Vorwärtsdrängen, aber auch emotional und mitreißend. Das Jugendsymphonieorchester geht dabei sogar ein wenig über die Begleitfunktion hinaus und bietet durchaus auch mal Reibungsflächen, die dem Konzert die notwendige Spannung verleihen. Das Violinkonzert gilt als Schwellenwerk in der Biografie Prokofjews, indem es eher trotzig als lyrisch zugeht, und genau das demonstrieren alle Beteiligten mit nahezu unglaublicher Energie.

Bleibt noch die „Festliche Ouvertüre“, von Dimitri Schostakowitsch, mit der das Jugendsymphonieorchester das Programm eingeleitet und als Zugabe auch beendet hat. Eine unglaublich schwere Komposition. Till Fabian Weser und die jungen Musiker lassen dabei keinen Effekt aus und die dynamische Bandbreite der Aufführung ist riesig.

Neu war in diesem Jahr Bad Rodach als Spielort. Während das Orchester im vergangenen Jahr noch in der Stadt Coburg gastiert hatte, ging es also diesmal in den Landkreis. Dafür kehrt der Klangkörper nach einem Jahr Pause wieder von Hof nach Naila zurück. Die Arbeitsphase ging wie immer im Schullandheim und im Kurhotel von Weißenstadt (Landkreis Wunsiedel) über die Bühne. Im Kurhotel gab es bereits am Freitag eine öffentliche Generalprobe.

Froh über die Rückkehr nach Naila zeigte sich am Karsamstag Bürgermeister Frank Stumpf. Er dankte dem Bezirk für die Verbundenheit und nannte das Konzert eines der großartigsten Ereignisse im kulturellen Jahreslauf der Stadt. Die Trägerschaft des Jugendsymphonieorchesters liegt beim Bezirk Oberfranken und seiner Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau. Dessen Verwaltungsleiter Dr. Ulrich Wirz bestätigte, dass der Bezirk fest zu Naila stehe, schließlich sei die Frankenhalle eine „Urzelle“ des Klangkörpers und der vor wenigen Monaten verstorbene langjährige Nailaer Bürgermeister Robert Strobel Mitinitiator des Orchesters gewesen.

Bilder: Till Fabian Weser dirigiert das Jugendsymphonieorchester Oberfranken mit Solistin Sornitza Baharova in der Frankenhalle Naila.

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31.03.2015

Super Stimmung im Orchester / „Klangkörper auf Zeit“ - Jugendsymphonieorchester Oberfranken geht auf Oster-Tour

Weißenstadt. Nach nur wenigen Probetagen fühlen sie sich schon als kleine oberfränkische Familie, die Mitglieder des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken, die in diesen Tagen im großen Saal des Weißenstädter Kurhotels ihr Programm für die kleine Ostertournee einstudieren. Nach der Probenphase startet die Tour am Karsamstag in Naila und führt über Bad Rodach (Ostersonntag) bis in den Landkreis Bamberg nach Stegaurach (Ostermontag).

Dirigent Till Fabian Weser von den Bamberger Symphoniker hat für die Osterkonzerte diesmal ein rein russisches Programm mit Musik von Dimitri Schostakowitsch (Festliche Ouvertüre), Sergej Prokofieff (Violinkonzert Nr. 1 D-Dur) und Nicolai Rimsky-Korsakoff („Scheherazade“) ausgewählt. Er selbst spricht von einem schweren Programm, ist aber gleichzeitig auch optimistisch, denn die jungen Musikerinnen und Musiker im Alter zwischen 13 und 21 Jahren seien exzellent vorbereitet.

Die Kompositionen, die Till Fabian Weser ausgewählt hat, sind aber nicht nur anspruchsvoll, sondern auch „grandios und mitreißend“. Es seien eher Seelenlandschaften, sagt der Dirigent und ist froh, mit der jungen Geigerin Sornitza Baharova eine Künstlerin gewonnen zu haben, die nicht nur als Konzertmeisterin und Solistin im Violinkonzert von Prokofieff auftritt, sondern auch als Dozentin vor Ort die Probenarbeit des Jugendsymphonieorchesters begleitet. Sornitza Baharova war selbst von 1997 bis 2004 Mitglied im Symphonieorchester Oberfranken und startete von hier aus eine Karriere als Profimusikerin. Mittlerweile ist sie festes Mitglied der Staatsphilharmonie Nürnberg.

Die jungen Musiker selbst sprechen von einer großartigen Sache. David Hamann (15), Hornist aus Bischberg beispielsweise wollte unbedingt mitspielen, als er über Freunde auf das Jugendsymphonieorchester gestoßen war. Für ihn ist es eine riesige Chance unter solch professionellen Bedingungen mitspielen zu dürfen. Auch die junge Flötistin Maggy Geigerhilk (17) aus Kronach ist begeistert und schwärmt von der „super Stimmung im Orchester“. Beide Nachwuchsmusiker sind auch Mitglieder des Bayerischen Landesjugendorchesters und mit diesem Klangkörper nicht nur in der Bamberger Konzerthalle, sondern auch schon in Italien oder in Japan aufgetreten.

„Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken ist eine Talentschmiede für junge Musiker aus allen Teilen Oberfrankens“, sagt der oberfränkische Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler. Er spricht auch vom „Herzstück der Jugendarbeit des Hauses Marteau.“ Denzler schwärmt nicht nur vom hohen Leistungsstand des Orchesters, sondern auch von seinem Dirigenten Till Fabian Weser, der mittlerweile zum dritten Mal am Pult des „Klangkörpers auf Zeit“ steht: „Ich bin sehr froh, dass wir mit Till Fabian Weser einen so engagierten Dirigenten haben, der den erfolgreichen Weg des Orchesters führt", sagt Denzler.

Nach den Worten von Dr. UIrich Wirz, dem Verwaltungsleiter der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau, wurde das Jugendsymphonieorchester Oberfranken 1984 von dem Dirigenten und Musikpädagogen Professor Dr. Günther Weiß gegründet. Weitere Dirigenten waren Howard Golden und Raoul Grüneis. Oberstes Ziel sei es, dass die jungen Leute Freude an der Musik haben, so Dr. Wirtz. Mit über 70 Musikern habe der Klangkörper diesmal eine rekordverdächtige Größe erreicht.

Die Konzerte des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken unter Till Fabian Weser 2015:

04. April 2015 (Karsamstag), Naila, Frankenhalle, 18 Uhr

05. April 2015, (Ostersonntag), Bad Rodach, Bayernhalle, 17.30 Uhr

06. April 2015, (Ostermontag), Stegaurach, Aurachtalhalle, 17.30 Uhr

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21.03.2015

Meditation und mittelalterliche Dichtung / Kulmbacher Erstaufführung: Buxtehudes Passionszyklus „Membra Jesu Nostri“ in der St.-Petri-Kirche

Kulmbach. „Membra Jesu nostri“ von Dietrich Buxtehude gilt als Musterbeispiel der hochbarocken Concerto-Aria-Kantate: formal geschlossen, stark expressiv. Als Kulmbacher Erstaufführung war der Kantatenzyklus am frühen Samstagabend in der St.Petri-Kirche zu hören. In einer Co-Produktion mit dem evangelischen Kirchenchor Bad Steben führte die Kulmbacher Kantorei unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Ingo Hahn das für Vokalsolisten, gemischten Chor und Kammerorchester konzipierte Werk erstmals vor Ort auf.

Der dänisch-deutsche Barockkomponist Dietrich Buxtehude schuf seine Passionsmusik in sieben Teilen um das Jahr 1680. Zu dieser Zeit war er bereits zwölf Jahre Organist an der Lübecker St.-Marien-Kirche. Buxtehude galt als einer der führenden Orgelvirtuosen seiner Zeit. Seine Komposition, die im vollen Titel „Membra Jesu Nostri Patientis Sanctissima“ heißt, was so viel bedeutet wie „Die allerheiligsten Gliedmaßen unseres leidenden Jesus“ ist ein Zyklus von sieben Passionskantaten. Inhaltlich werden jeweils die Füße, Knie, Hände, die Seite, die Brust, das Herz und das Gesicht des gekreuzigten Christus betrachtet.

Wenn ein solches Werk einen Zeitraum von über 330 Jahren überdauert, dann muss es inhaltlich schon einiges zu bieten haben. Der durchwegs poetische Text kombiniert Bibelverse mit Versen einer mittelalterlichen Andachtsdichtung und basiert auf das Werk „Salve mundi salutare“ („Gegrüßest seist du, Heil der Welt“) von Arnulf von Löwen (um 1200 - 1250). Die Schöpfung dieses dichtenden Mönches aus Belgien war im 17. Jahrhundert nicht nur bei Katholiken, sondern auch bei Protestanten weit verbreitet.

Bei der Kulmbacher Erstaufführung gaben drei Vokalsolisten ihr Kulmbach-Debüt: die Leipziger Sopranistin Susen Schneider, die Dresdner Altistin Alexandra Jakob und der aktuell in Gießen engagierte Tenor Andreas Kalmbach. Die Bass-Partie übernahm Markus Simon, der den Kulmbachern von verschiedenen Oratorienkonzerten her bereits bestens bekannt ist. Alle vier sind ganz schön beschäftigt, denn in allen sieben Kantaten gibt es mindestens zwei Solonummern und jeweils eine Nummer, bei der sich drei Solisten zum Trio vereinen. Das sind auch die stärksten Stellen der Komposition und der Aufführung.

Sopranistin Susen Schneider singt klar und wunderschön, hat aber mit dem starken Nachhall im Kirchenschiff zu kämpfen. Das gilt auch für die Altistin Alexandra Jakob, die ihren Part hervorragend  gestaltet. Besonders trumpfen Tenor Andreas Kalmbach und Bassist Markus Simon auf. Kalmbach singt die Höhen makellos aus und kommt dabei überaus textverständlich rüber, was ebenso für den Bassisten gilt, der auch mal so richtig kraftvoll auftritt und seinen Arien eine damit einen ganz eigenen Glanz verleiht.

Durchwegs barocken Wohlklang präsentierten die Sängerinnen und Sänger des evangelischen Kirchenchors Bad Steben und der Kulmbacher Kantorei, die so viel zu singen haben, dass sie sich während der knapp 75-minütigen Aufführungsdauer kaum setzen können. Natürlich sind die Damen wieder einmal in der Überzahl, während sich die Tenöre und Bässe über weite Strecken zurückhalten. Insgesamt aber haben Stefan Romanciewicz und Ingo Hahn die beiden Chöre hervorragend einstudiert. Auch hier ist die Textverständlichkeit  gegeben, wobei glücklicherweise der lateinische Text auch als ausgedrucktes Programm mit Übersetzung auf allen Plätzen zum Mitlesen lag.

Dirigent Ingo Hahn wählt bei allen Nummern ein gesetztes, gut zum meditativen Charakter passendes Tempo. Zwischen den Nummern allerdings drückt er aufs Tempo und lässt fast eine Arie in die andere nahtlos übergehen. Selbst zwischen den Kantaten geht es zügig weiter. Nur das Läuten der Kirchenglocken genau zwischen der sechsten und der siebten Kantate sorgt für eine ebenso meditative Ruhepause. Die neun Streicher des Orchesters Musica Juventa aus Halle mit Stefan Romankiewicz an der Orgel als Basso Continuo hatten eine reine Begleitfunktion, die sie zuverlässig erfüllten, Platz für rein solistische Aktivitäten boten jeweils die kurzen Sonaten am Beginn einer jeden Kantate.

Schade nur, dass in etwa so viele Aufführende, also Mitglieder der beiden Chöre, Musiker und Solisten, in der Kirche waren wie Zuhörer auf den Bänken. War es der ungewöhnliche Termin am frühen Samstagabend oder das außergewöhnliche Werk, das die Kirchenmusikfreunde vom Besuch abhielt. Am Sonntagabend war „Membra Jesu Nostri“ in der gleichen Besetzung, nur mit Stefan Romankiewicz als Leiter und Ingo Hahn als Organisten noch einmal in der Lutherkirche in Bad Steben zu erleben. In Kulmbach war der Applaus kurz, aber herzlich.

Bild: „Membra Jesu Nostri“: In der St.-Petri-Kirche in Kulmbach führten der evangelische Kirchenchor Bad Steben und die Kulmbacher Kantorei den Passionszyklus von Dietrich Buxtehude auf.

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15.03.2015

Melancholie und mitleidende Empfindungstiefe / Hofer Symphoniker gastierten mit reinem Schubert-Programm in der Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Schauspielmusiken haben es schwer, vor allem, wenn das Schauspiel zur Musik kein Mensch mehr kennt. So ist das bei Schuberts „Rosamunde, Fürstin von Zypern“, von dem die Hofer Symphoniker unter der Leitung von Arn Goerke, dem Musikdirektor des Hofer Theaters, am Sonntag in der Dr.-Stammberger-Halle zwei Bühnenmusiken aufgeführt haben. „Schubert pur“ lautete etwas reißerisch das Motto des ungewöhnlichen Konzertes, bei dem neben Schuberts Zauberharfen-Ouvertüre und vier bekannte Liedern in selten gespielten Orchesterfassungen auch die 4. Symphonie auf dem Programm stand. Der Saal blieb leider halbleer, doch der Spielfreude der Hofer Symphoniker tat dies keinen Abbruch.

Das romantische Schauspiel „Rosamunde“ war von Anfang an ein Misserfolg, zumindest für die Dichterin Helmina von Chezy. Schuberts Musik dagegen, die ursprünglich nur zur Überleitung gedacht war, hat überlebt und wird bis heute immer wieder mal aufgeführt. Ein wenig belanglos ist das Werk schon, auch wenn die Hofer Symphoniker anmutig und gefühlvoll und vor allem überaus exakt musizieren. Genauso ist das mit der Ouvertüre zu dem Melodram „Die Zauberharfe“ nach dem verschollenen Text von Georg von Hofmann. Die „Zauberharfe“ wurde lange Zeit fälschlicherweise als Ouvertüre zu dem Schauspiel „Rosamunde“ bezeichnet. Insofern könnte die Programmauswahl kaum treffender sein.

Mit hohem Maß mitleidender Empfindungstiefe, geschmeidig und dunkel timbriert interpretiert der Berliner Bariton Peter Schöne überaus sensibel die vier Goethe-Lieder „Geheimes“, „An Schwager Kronos“ und die bekannte und nicht ganz unumstrittene Ballade vom „Erlkönig“ sowie das Lied „Greisengesang“ nach Friedrich Rückert. Schubert-Spezialist Peter Schöne agiert dabei als singender Erzähler im besten Sinne artikulationsgenau und deutet die Texte plastisch aus.

Zumindest teilweise setzt Peter Schöne auch auf Schuberts Ausdrucksextreme, Pathos und Melancholie bleiben deshalb nicht immer außen vor. An Dramatik und Aufregung fehlt es in der Interpretation also nicht, so differenziert deutet Peter Schöne die selten aufgeführten Orchesterfassungen von Johannes Brahms und Hector Berlioz („Erlkönig“) aus. Stimmlich wirkt der Bariton am besten in den Mittellagen. Das alles ist nicht nur „Schubert pur“, sondern auch „Tragik pur“.

Da muss praktisch die frühe 4. Symphonie folgen, die den Beinamen die „Tragische“ trägt, die aber abgesehen von der düsteren Adagio-Einleitung eher pathetisch klingt. Akzentuiert und in ausgereizter Dynamik musizieren die Hofer Symphoniker, wobei Dirigent Arn Goerke den Focus auf die aufwühlenden Momente der Komposition legt. Die Vierte ist neben der „Unvollendeten“ Schuberts einzige Symphonie in c-Moll. Kontrastierend zum Beinamen der Sinfonie gibt es aber auch strahlende Momente, die der Dirigent gekonnt heraushebt. Die Interpretation zeichnet sich besonders im ersten Satz durch ein vom Dirigenten vorgegebenes atemberaubendes Tempo aus. Aber auch in den anderen Sätzen musizieren die Symphoniker fein sauber aufeinander abgestimmt und höchst motiviert.

Bild: Die Hofer Symphoniker mit dem Bariton Peter Schöne unter Arn Goerke in der Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach.

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04.03.2015

Tanztheater, Blues und das Moliere-Projekt 2015 / Fränkischer Theatersommer startet in die neue Spielzeit

Neudrossenfeld. Heuer soll die 15000er Marke geknackt werden, sagt Intendant Jan Burdinski. Im zurückliegenden Jahr war der Fränkische Theatersommer (früher Theatersommer Fränkische Schweiz) mit exakt 14910 Zuschauern haarscharf daran vorbeigeschrammt.

Damit die Theatermacher ihr Ziel erreichen, haben sie sich für dieses Jahr einiges vorgenommen. Was, das ist in einem druckfrischen 60-seitigen Programmheft nachzulesen, das Burdinski zusammen mit dem Vorsitzenden des Trägervereins Bernd Matthes und dem neuen Büroleiter Bernd Ackermann in Neudrossenfeld der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Im Mittelpunkt steht einmal mehr der große französische Dramatiker Jean-Baptiste Moliere. Insgesamt kommt der Spielplan bis Anfang Dezember auf 221 Aufführungen an 80 Spielorten in Unter-, Mittel- und Oberfranken. Die Hälfte der Aufführungen ist als Open-Air-Theater geplant.

Offizieller Saisonauftakt ist diesmal am 2. Mai in Memmelsdorf mit der Komödie Don Juan von Moliere. Bis zum 22 August soll das Hauptstück an insgesamt 15 Spielstätten zu sehen sein, unter anderem auch in Wernstein (13. Juni), Aufseß (25. Juni), Auerbach (18. Juli), Forchheim (14. August), Betzenstein (15. August) und Kühlenfels (21. August). Zweite große Neuproduktion ist Molieres Komödie „Der eingebildete Kranke“, die am 20. Mai in Hollfeld startet und unter anderem in Kupferberg (23. Mai), Pegnitz (20. Juni), Waischenfeld (3. Juli, Hof (7. Juli), Aufseß (26. Juli) und in Kulmbach (30. Juli) zu sehen sein wird. Mit der Komödie „Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist gibt es außerdem eine attraktive Wiederaufnahme, die am 12. Juli in Weismain startet und auch in Selb (19. Juni) und Ebermannstadt (2. August) gastiert.

Daneben gibt es wie in jedem Jahr eine ganze Reihe von Sonderproduktionen, Musicals, Literatur- Musik- und Kleinkunstabende und besondere Theaterprojekte, beispielsweise gezielt für Schulen. Insgesamt stehen heuer 14 Neuproduktionen und etliche Wiederaufnahmen auf dem Spielplan. Darunter auch das Depressionsstück „Drum ist mir alle Freud entrissen“ zusammen mit dem Bündnis gegen Depression und dem evangelischen Bildungswerk, oder das Jugendstück „Voll in Ordnung“, das zusammen mit dem Bayreuther Kreisjugendring und der Polizei die Alkohol- und Drogenproblematik behandelt.

Mit dem Stück „Frau Lot und ihr Kampf gegen die Engel“ von Senouvo Agbota Zinsou gibt es auch erstmals ein Stück eines afrikanischen Autors. Zinsou lebt mittlerweile im Landkreis Bayreuth. Premiere des als Tanztheater angelegten Abends ist bereits am 23. April in Bayreuth. Weitere Aufführungen gibt es am 29. April in Hollfeld, am 12. Juni in Presseck, am 14. Juni in Veitlahm, am 3. Juli in Forchheim und am 24. Juli in Neudrossenfeld. Als absolutes Schmankerl kündigte Intendant Burdinski die Auftritte von Georg Schroeter und Marc Breitfelder an. Dabei handelt es sich um zwei Musiker aus Kiel, die 2011 als erste Deutsche Preisträger des renommierten Bluesfestivals von Memphis/Tennessee geworden sind. Beide treten unter anderem am 1. August in Auerbach und am 5. August in Hollfeld auf.

„Wir haben bereits in den vergangenen Jahren feststellen dürfen, dass es gar nicht so schwer ist, mit den Möglichkeiten des Schauspiels junge Leute zu erreichen“, so Matthes. Nicht zuletzt soll sich damit auch das Theater den Problemen unserer Zeit öffnen. Primärer Anspruch soll es aber dennoch trotz aller Problemstücke bleiben, dass der Zuschauer zwei Stunden freudiges Theater erlebt und, wenn möglich, mit einem Lachen nach Hause geht.

„Wir haben eine gute Saison hinter uns“, bilanzierte Trägervereinsvorsitzender Matthes. Er verschwieg aber nicht, dass der Theatersommer die Saison mit einer „leichten roten Null“ abschließen musste. Trotzdem besteht auch wieder das gesamte Ensemble, Schauspieler wie Regisseure, aus echten Profis.

Bildtext: Intendant Ja Burdinski, Büroleiter Bernd Ackermann und der Vorsitzende des Trägervereins Bernd Matthes (von links) stellten das Programm des Fränkischen Theatersommers vor.

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01.02.2015

Heiter-besinnliche Texte treffen auf jazzige Arrangements/ Klez´amore und die Sopranistin Ann-Kathrin Schneider gastierten in der Spitalkirche

Kulmbach. Lieder und Texte zum Jahresanfang und zur Winterzeit in eigenwilligen Interpretationen, ausgefallenen Arrangements, meditativ-melancholisch und heiter-besinnlich: „Mitten im kalten Winter“ ist das Programm übertitelt mit dem das Ensemble Klez´amore aus Würzburg und Sopranistin Ann-Kathrin Schneider am Sonntag in der Spitalkirche gastierten.

Bekanntes neu entdecken und sich von neuen Klängen aus der ganzen Welt überraschen lassen, das möchte das Ensemble Klez´amore erreichen und tatsächlich sind es vor allem die Arrangements, die an diesem frühen Abend aufhorchen lassen. Klez´amore, das sind Konrad Zellmer, Ernst-Martin Eras, Armin Höfig und Stefan Kraneburg. Ziel der Musiker ist es, einen neuen Zugang zur „stillen Zeit“ zu schaffen. Hauptinstrumente sind dabei die Klarinette, die Oboe, die Gitarre und der Kontrabass und natürlich beherrscht das Quartett nicht nur die Hauptinstrumente, sondern auch mal eine Melodica, ein Akkordeon, ein Krummhorn, oder ein Hackbrett, und das alles meisterhaft.

Mit einem ganz anderen, als dem bekanntem Rhythmus und in einem jazzig-angehauchten Arrangement erklingt das bekannte Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“, das eigentlich aus dem 16. Jahrhundert stammt. Im Folk-Pop-Stil und teilweise auf englisch gesungen geben die Protagonisten das ebenfalls nicht unbekannte österreichische Weihnachtslied „Still, still, still“ zum Besten, das sich in der Version von Klez´amore schon bald als flotter Schlager entpuppt. Die englische Weihnachtsweise „Winter day in the morning“  erhält neue, instrumentale Improvisationsteile. Daneben gibt es auch katalanische Weihnachtslieder und ein Instrumentalstück aus Galizien.

Wenn manche Kompositionen bis in das 16. Jahrhundert zurückreichen, so klingt das Ensemble dennoch modern und erzeugt einen höchst professionellen Wohlklang. Manch bekanntes Stück erkennt man anfangs gar nicht, manch andere Komposition kommt einen vor, als hätte man sie schon tausend Mal gehört, das jiddische „Sheyn vi di levone“ etwa, ein Klezmer-Tanz, bei dem die Klarinette und die Oboe im Mittelpunkt stehen. Die Zuhörer applaudieren spontan, so mitreißend musizieren Klez´amore. Wie breit das Repertoire tatsächlich ist, zeigt das Stück „Es ist ein Schnee gefallen“, von Franz Josef Degenhardt, das Gitarrist Armin Höfig in bester Degenhardt-Manier intoniert.

Unterstützt werden die Musiker von Klez´amore von Anne-Kathrin Schneider, die nicht nur mit einer reinen und makellosen Sopranstimme aufhorchen lässt, sondern auch mit ihrer ganz eigenen, mitreißenden Art, Texte mit weicher-sanfter Stimme zu interpretieren. Heiter-besinnliche Texte treffen somit auf alte und neue Winter- und Weihnachtslieder aus aller Welt. Zu den herausragenden Texten, die Ann-Kathrin Schneider mit ihrer bezaubernden Lesestimme ausgesucht hat, gehörten unter anderem Joseph von Eichendorffs „Mondnacht“ oder Erich Kästners „Parade am Weihnachtstisch“.

Ganz besonders eindrucksvoll war dabei das gegen Ende des Auftritts zitierte Neujahrsgebet des Münsteraner Pfarrers Hermann Kappen aus dem Jahr 1883. Sätze wie „Herr, setze dem Überfluss Grenzen und lass die Grenzen überflüssig werden“ oder „Bessere solche, die im öffentlichen Leben wohl tätig, aber nicht wohltätig sind“ und schließlich augenzwinkernd „Herr sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen, aber  bitte nicht sofort“ sind auch heute so treffend wie vor rund 130 Jahren.

Die Frage, warum ein Konzert mit weihnachtlichen Weisen Anfang Februar stattfindet, ist schnell beantwortet. Ursprünglich hätte Ann-Kathrin Schneider und Klez´amore bereits Ende November zu den Kirchenmusiktagen auftreten sollen. Ein Teil des Ensembles war damals mit allen Instrumenten stundenlang im Stau stecken geblieben und so musste das Konzert ganz kurzfristig abgesagt werden. Die Musiker machten nun ihr Versprechen wahr, zum nächstmöglichsten Termin erneut nach Kulmbach anzureisen. Das Programm hatten sie dabei nur unmerklich modifiziert. Schließlich gab es sogar zwei Zugaben in der gut besetzten Spitalkirche: ein katalanisches Weihnachtslied und ein Neujahrslied zum Mitsingen.

Bild: Das Ensemble Klez´amore mit (von links) Konrad Zellmer und Ernst-Martin Eras sowie (von rechts) Stefan Kraneburg, Armin Höfig und Ann-Kathrin Schneider gastierte in der Spitalkirche.

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13.01.2015

Beste Unterhaltung auf höchstem Niveau / Fulminantes Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach

Kulmbach. Typische traditionelle Marschmusik, herausragende Kompositionen der leichten Klassik, Bravour-Stücke für Solisten oder auch einmal etwas Außergewöhnliches: das Repertoire der Stadtkapelle Kulmbach ist breit gefächert. Beim Neujahrskonzert am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle zogen die gut 50 Musiker unter ihrem Dirigenten Thomas Besand einmal mehr alle Register ihres Könnens und bescherten dem Kulmbacher Publikum fast drei Stunden lang beste Unterhaltung auf höchstem Niveau.

Das Neujahrskonzert ist für die Stadtkapelle der Höhepunkt im musikalischen Jahreslauf. Dirigent Thomas Besand leitete das Konzert zum 24. Mal in Folge und auch diesmal wurde er wieder dem Motto „Von klassisch bis modern“ vollends gerecht. Die Dr.-Stammberger-Halle war schon lange vorher ausverkauft und Besand hatte den Klangkörper wie immer perfekt einstudiert. Einmal mehr war es auch Karl Heinrich Backert, der zwischen den Stücken allerhand Wissenswertes beisteuerte und so gleichzeitig den Musikern die notwendigen Verschnaufpausen ermöglichte.

Ein Markenzeichen der Stadtkapelle ist es, dass sämtliche Titel entweder in der Originalausgabe oder in absolut authentischen Bearbeitungen gespielt werden. Das gilt natürlich auch für die sogenannte leichte, aber dafür umso anspruchsvollere Klassik wie etwa bei der Ouvertüre zur komischen Oper „Der Barbier von Sevilla“, dem bekanntesten Werk von Gioacchino Rossini. Die Spritzigkeit, die eingängigen und doch so raffinierten melodischen Einfälle, sie machen diesen Geniestreich zur Buffa-Krönung schlechthin und der Stadtkapelle gelingt es hervorragend, Witz und Heiterkeit dieses Stückes zu transportieren. Ja mehr noch, indem der Dirigent das Tempo drosselt, wird das Spiel derart exakt, wie man es bei symphonischen Blasorchestern selten findet.

Eng verbunden mit der Faszination der Neujahrskonzerte sind die Namen der Strauss-Dynastie. Diesmal hatte die Stadtkapelle die Polka francaise „Im Krapfenwaldl“ von Johann Strauss Sohn ausgewählt, eine amüsante Tonmalerei, in der ein Kuckuck ruft und die Vögel herrlich jubeln. All das hatte Johann Strauss Sohn in Noten gesetzt und die Musiker der Stadtkapelle spielten die Polka so wunderbar locker und leicht. Für beschwingt gute Laune sorgten außerdem die lyrisch poetisch musizierte Lustspielouvertüre von Albert Kéler-Béla oder die bekannte und gleichsam rasant musizierte „Petersburger Schlittenfahrt“ von Richard Eilenberg.

Unverwechselbar amerikanisch erklingt das Medley mit den schönsten Melodien von George Gershwin. Bärbeißiges Blech versetzt den Hörer mühelos in die swingende Atmosphäre der Goldenen golden zwanziger Jahre, während zuvor im Potpourri aus der Operette „Im weißen Rössl“ von Ralph Benatzky Operettenseligkeit und Wiener Schmäh das mitreißende Spiel der Stadtkapelle dominieren.

Neben der leichten Klassik kamen freilich auch diesmal Freunde traditioneller Blasmusik nicht zu kurz. Die dem Blasorchester ureigenste Musikgattung bewältigte die Stadtkapelle spielend, manchmal euphorisch donnernd, manchmal mit viel Sinn für die feinen Zwischentöne, aber immer schmissig und mit den so typischen Schlussritardandi. Etwa beim 92er Regimentsmarsch „Aller Ehren ist Österreich voll“ samt Kaiserhymne von Johann Nowotny, beim Potsdamer Jubiläumsmarsch von Hans Ahrens, den die Stadtkapelle aus den handschriftliches Stimmen des Komponisten spielt, beim Konzertmarsch „Schneidig voran“ von Willi Löffler oder beim „Graf-Luckner-Marsch“ von Walter Heyer.

Ein weiterer Höhepunkt des Neujahrskonzertes sind die Solo-Stücke, von denen diesmal gleich zwei auf die Pulte kamen: Der Bravour-Walzer „Für Michaela“ des Burgenländers Johann A. Steiner für zwei Flügelhörner mit den hervorragend aufgelegten Solisten Reiner Popp und Wolfgang Diehm und die Solistenpolka Hoffmannstropfen für drei Posaunen von Ernst Hoffmann mit Christine Schergun Werner Schneider und Udo Koch. Alle drei musizierten hervorragend mit flexiblem Ton und perfektem Ansatz und verstanden es damit, ihr Spiel brillant in Szene zu setzen. Zuvor durfte natürlich eine kleine Gaudi-Einlage mit Vorstand Roland Jonak in der Hauptrolle nicht fehlen.

Bleibt noch der Slow-Rock „Summerflight“ von Hans Kaufmes, indem der fünfköpfige Saxophonsatz zeigen durfte, dass er dem Ensemble von Captain Cook in nichts nachsteht, und das hervorragend vom Vizedirigenten Werner Scheider einstudierte und dirigierte Tongemälde „Highland Cathedral“ der Komponisten Michael Korb und Uli Roever, eines von vielen Höhepunkten in einem Neujahrskonzert, das der Tradition entsprechend mit dem Radetzky-Marsch von Johann Strauss Vater als Zugabe zum Mitklatschen zu Ende ging.

Bilder: Die Kulmbacher Stadtkapelle unter Thomas Besand beim Neujahrskonzert am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle.

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21.12.2014

Entspannt, aber nicht ohne Spannung /
Weihnachtskonzerte des Kulmbacher Kammerorchesters

Kulmbach. Es ist eine schöne Tradition: die stimmungsvolle musikalische Einstimmung auf die Weihnachtsfeiertage, kurz vor dem Heiligen Abend durch das Kulmbacher Kammerorchester, diesmal in der Kirche „Unsere liebe Frau“ am Sonntagnachmittag und wieder in der Kreuzkirche am Sonntagabend.

Dirigent Thomas Grünke hatte erst im vergangenen Jahr mit dem Kulmbacher Kammerorchester sein Debüt gegeben. Grünke kommt aus Kasendorf und ist als Organist und Chorleiter in Trebgast tätig. Wie immer bei derartigen populären Weihnachtskonzerten waren auch diesmal gleich beide Kirchen überfüllt, zusätzliche Stühle mussten herbeigeschafft werden, um alle Zuhörer unterzubringen. „Bitte rücken sie noch etwas zusammen“, appellierte Grünke schon am Nachmittag in der Kirche „Unsere liebe Frau“. Trotzdem mussten viele Zuhörer stehen. Einmal mehr war das barocke weihnachtliche Programm bestens dazu geeignet, die Herzen der Zuhörer zu berühren und die Menschen auf das Fest einzustimmen.

Den Chor von der St. Johannes-Kirche in Trebgast, hatte Thomas Grünke auch heuer wieder mitgebracht und diesmal das Gloria D-Dur RV 598 von Antonio Vivaldi als Hauptwerk einstudiert. Das ist eine echte Entdeckung, denn Vivaldi hat tatsächlich nicht nur hunderte von Konzerten und viele Opern, sondern tatsächlich auch packende Kirchenmusik geschrieben. Die Aufführung durch Kirchenchor und Kammerorchester unter der Leitung von Thomas Grünke lässt den opernhaften barocken Überschwang deutlich werden, der in allen Kompositionen des venezianischen Meisters zu Tage tritt. Die unaufdringlich versierten Sängerinnen, die Sopranistin Marion Schmid und die Mezzosopranistin Birgit Muzzolini, gestalten dabei ihre kleinen aber anspruchsvollen Arien brillant und zupackend, der Chor singt fein abgestuft und das Kammerorchester spielt gekonnt und virtuos.

Eine herausragende Leistung ist der Geigerin Lena Schaefer im spielerischen Violinkonzert E-Dur, BWV 1042 von Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) zu bescheinigen. Sie zeichnet sich durch ein expressives Musizieren aus, das die virtuose Seite deutlich hervorkehrt: Wesentlich entspannter, dabei aber in keinem Moment spannungslos, agiert die Solistin im 2. Satz Adagio, in dem das Kammerorchester über seine bloße Begleitfunktion hinauswächst. Doch auch in den Ecksätzen agiert der Klangkörper alles andere als schmal und bietet eine rundum gelungene Interpretation.

Mal nicht das bekannte Weihnachtskonzert von Francesco Manfredini (1684-1762), das sonst immer gespielt wird, sondern sein „Concerto in D-Dur für zwei Trompeten und Streicher“ hatte Thomas Grünke ausgewählt. Die beiden Solisten sind mit Harald Streit und Norbert Lodes keine Unbekannten in der Region. Natürlich muszieren beide überaus zupackend und zeigen welche Virtuosität in den spätbarocken Kompositionen des italienischen Meisters stecken. Bei Harald Streit und Norbert Lodes klingt das alles nicht nach Technik, sondern nach purer Spielfreude. Die perlenden Figurenketten musizieren die beiden Trompeter makellos und die dynamischen Steigerungen gelingen bis ins Fortissimo mühelos. Das Kammerorchester begleitet dabei ganz subtil, setzt aber durchaus auch eigene Akzente.

Natürlich gehören die Lieder zur Advents- und Weihnachtszeit zu den Konzerten, Thomas Grünke hatte diesmal „Nun jauchzet all, ihr Frommen“ von Bartholomäus Gesius, „Lobt Gott, ihr Christen, alle gleich“ von Johann Herman, „Freuet euch, ihr Menschenkinder“ von Felix Mendelssohn Bartholdy und das wunderbar stimmungsvolle „Weihnacht in den Bergen“ von Michael Schmoll ausgesucht. Schon Tradition ist es, dass am Ende Georg Friedrich Händels “Halleluja” aus dem Oratorium „Der Messias” erklingt, genauso wie der gemeinsamer Schlussgesang: „O, du fröhliche“.

Bilder: Das Kulmbacher Kammerorchester unter seinem Dirigenten Thomas Grünke bei seinem Weihnachtskonzert in der Kirche „Unsere liebe Frau“.

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30.11.2014

Von der Ankunft bis zur Apotheose: Kirchenmusiktage sind mit großartiger Aufführung von Händels Oratorium „Der Messias“ zu Ende gegangen

Kulmbach. Kaum ein geistliches Oratorium ist so aufwühlend, farbig und kontrastreich wie der „Messias“ von Georg Friedrich Händel. Am Sonntag erklang das kurzweilige und auch gekürzte Werk zum Abschluss der 30. Kulmbacher Kirchenmusiktage in der leider nicht ausverkauften St.-Petri-Kirche.

Die Weissagungen von der Ankunft des Messias, sein Leidensweg und seine siegreichen Apotheose wie sie Händel interpretiert hat, bewegen seit Jahrhunderten die Zuhörer. Doch jenseits aller romantisierender Frömmigkeit und opernhafter Opulenz ist der „Messias“ auch eine Komposition, die zu den ganz großen Werken der Musikgeschichte gehört. Kaum zu glauben, dass Händel sein Werk in nur dreieinhalb Wochen geschaffen hatte.

„Ich glaubte“, so schrieb Händel damals im Sommer 1741, „ich sähe alle Himmel offen vor mir und Gott selbst. “ Diese Begeisterung hörbar zu machen, dass ist das Ziel einer jeden Aufführung des „Messias“. Dekanatskantor Ingo Hahn, der Kulmbacher Kantorei, dem Orchester „Musica Juventa“ und den vier Gesangssolisten ist es gelungen, den melodisch-packenden Schwung aufzugreifen und Händels berühmteste Komposition lebendig zu machen.

Der „Messias“ ist im Gegensatz zu anderen großen Oratorien, etwa Johann Sebastian Bachs Passionen, an keinen festen kirchlichen Termin gebunden, weil es von Jesu Geburt bis zu seiner Auferstehung reicht. Gleichwohl wird das Werk in den zurückliegenden Jahren immer öfter in der Adventszeit aufgeführt.  Zuletzt in der Petri-Kirche übrigens genau vor zehn Jahren bei den 20. Kirchenmusiktagen, ebenfalls mit der Kantorei und dem Orchester „Musica Juventa“ unter Ingo Hahn. Damals wie heute hatte Ingo Hahn mehrere Rezitative, Arien und Chöre und auch einige Wiederholungen in den Arien gestrichen. Bei der Vielfalt kursierender Fassungen von Händels Messias soll das aber nicht weiter ins Gewicht fallen.

Die Kulmbacher Kantorei unter Ingo Hahn wird den Anforderungen des „Messias“ mit seiner musikalischen Rhetorik und seinen Koloraturpassagen mehr als gerecht. Jugendlich schlank und ohne großes Pathos erklingt der Chor beispielsweise in Nummern wie „Denn es ist uns ein Kind geboren“ oder im berühmten „Halleluja“, dem Klassik-Hit schlechthin, der am Schluss als Zugabe wiederholt wird. Ingo Hahn hat es wieder einmal geschafft, aus den vielen Stimmen innerhalb eines viertel Jahres Probenzeit ein homogenes Ensemble zu machen. Kernige Bässe, helle Tenöre und glänzende Frauenstimmen machen die Aufführung aus.

Voll und opulent, dabei aber auch höchst agil spielt das etwa 20-köpfige Kammerorchester „Musica Juventa“ aus der Händelstadt Halle auf, mit dem Ingo Hahn eine 25 Jahre andauernde musikalische Zusammenarbeit verbindet. Die Musiker werden in sämtlichen Arien zu gleichwertigen Partnern der Solisten und des Chores. Akzente setzt der Klangkörper erst recht in seinen Solonummern, der Einleitung oder in der „Pifa“, der Hirtenmusik. Verstärkt werden die Instrumentalisten vom früheren Wunsiedler Dekanatskantor Hermann Bohrer an der Orgel.

Das Solistenensemble hätte mit Ausnahme der Altistin Dorothea Zimmermann durchaus etwas kraftvoller auftreten können. Vor allem im ersten Teil wirken die Meininger Sopranistin Anna Gann, der aus Gera stammende Tenor Christoph Rösel (er war schon bei der Aufführung vor zehn Jahren dabei) und der Bassbariton Tobias Freund aus Wendelstein bei Nürnberg etwas farblos, was nicht heißen soll, dass sie nicht schön, intensiv und ausdrucksvoll gesungen hätten. Nur kam in der ansonsten recht guten Akustik der St.-Petri-Kirche manchmal recht wenig an, etwa auf der ersten Empore. Zumindest steigern sich alle drei während der Aufführung noch merklich

Eine brillante Leistung ist dagegen der Altistin Dorothea Zimmermann aus Dresden zu bescheinigen, die ihre Passagen virtuos und überaus textverständlich vorträgt. Plastisch, kontrastreich gestaltet sie ihre Arien, absoluter Höhepunkt, vielleicht der gesamten Aufführung, ist die Nummer 21 „Er ward verschmähet und verachtet“. Wie sie zum Beispiel das Wort „verachtet“ mit einer kleinen Pause in den Raum haucht, das berührt tief und führt dem Zuhörer die Leiden des Erlösers plastisch vor Augen. Die Passage zeigt auch, dass Dorothea Zimmermann den sicheren Zugriff auf alle Details ihres Textes hat.

Bild: Mit dem „Messias“ führte die Kulmbacher Kantorei und das Orchester „Musica Juventa“ aus Halle Georg Friedrich Händels berühmteste Komposition zum Abschluss der 30. Kulmbacher Kirchenmusiktage in der Petri-Kirche auf.

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26.11.2014

Spitalkirche wird zum magischen Raum / Jubiläumskirchenmusiktage: „Lobgesang und Harfenspiel“ mit Alena-Maria Stolle und Julia Pritz

Kulmbach. Melancholische November-Stimmung zwischen Totensonntag und 1. Advent: mit dem Programm „Lobgesang und Harfenspiel“ haben zwei herausragende Musikerinnen ihr Publikum am Mittwochabend in der Spitalkirche im Rahmen der 30. Kulmbacher Kirchenmusiktage zu einem eindrucksvollen Dialog zwischen Harfe und Sopranstimme eingeladen. Lyrisch, stimmungsvoll und vielseitig präsentierte Alena-Maria Stolle aus Leipzig und Julia Priz aus Wetzlar Lieder, Arien und Instrumentalkompositionen der verschiedensten Epochen und aus den unterschiedlichsten Ländern.

Beide sind Wahl-Thüringerinnen und haben sich beim Musikstudium in Weimar kennengelernt. Sopranistin Alena-Maria Stolle, Bayreuther Wagnerstipendiatin des Jahres 1997, kann bereits auf feste Engagements und Gastverträge am Deutschen Nationaltheater Weimar, an der Oper Leipzig und der Semperoper Dresden verweisen. Die Lieder und Arien des Kulmbacher Programms, die vom Barock über Klassik und Romantik bis ins 20. Jahrhundert reichen, gestaltet sie durchwegs expressiv, manchmal melancholisch, aber immer stimm- und stimmungsintensiv.

Wunderbar schmachtend erklingt Georg Friedrich Händels Arie „Ombra mai fu“ aus der Oper „Xerxes“ mit einem himmlisch arrangierten Vorspiel, ungemein spannend baut sie die Arie „Podrugije milüje“ aus „Pique Dame“ von Peter Tschaikowsky auf. Aber auch die vielen, nicht so bekannten Lieder wie Christoph Willibald Glucks „Sommernacht“ nach dem Gedicht von Friedrich Gottlieb Klopstock oder Franz Schuberts „Nähe des Geliebten“ nach Johann Wolfgang von Goethe gestaltet Alena-Maria Stolle fabelhaft mit ihrem kernigen und fülligem Sopran. Fünf Mal wechselt sie innerhalb des Programms die Sprache und singt auf italienisch, englisch, französisch , russisch und deutsch.

Harfenistin Julia Pritz musiziert bereits mit den verschiedensten Ensembles und Orchestern unter anderem in der Thüringenphilharmonie Gotha-Suhl, in der Mannheimer Bläserphilharmonie oder bei den Thüringer Symphonikern Saalfeld-Rudolstadt. Wenn sie Georg Friedrich Händels anspruchsvolles dreisätziges Konzert für Harfe B-Dur (HWV 294) bravourös aufführt und dabei die Melodieführung dynamisch sorgsam hervorhebt, wird die kleine Spitalkirche zum magischen Raum.

Bei den Liedern und Arien ist die Instrumentalistin viel mehr als eine Begleiterin. Etwa in den mysteriösen und selten aufgeführten Songs „Lemady“, „The False night upon the road“ und “David of the white rock” von Benjamin Britten oder in Gabriel Faures impressionistischen Kompositionen „Apres un reve”, „Clair de lune” und „En priere” setzt sie durchwegs eigene Akzente an ihrem Instrument. Besonders bei den Kompositionen Benjamin Brittens geht der Harfenpart weit über die reine Begleitfunktion hinaus, während Alena Maria Stolle zwischen den verschiedensten Schattierungen wechselt und dabei die unterschiedlichsten Stimmungen wie Trauer, Hoffnung oder Glück glaubhaft verkörpert.

Mit Wolfgang Amadeus Mozarts sehr textverständlich gesungenem Lied „Abendempfindung” nach dem Dichters Johann Heinrich Campe, Edvard Griegs ergreifendem wie bekanntem „Solveigs Lied“ aus der Schauspielmusik zu „Peer Gynt“ und Vincenco Bellinis Weihnachtslied „Angiol die pace“ geht das etwa 75 Minuten dauernde Programm in der Spitalkirche zu Ende. Dekanatskantor Ingo Hahn und seine Kirchenmusiktage haben damit wieder einmal einen ganz besonderen Akzent in der Zeit zwischen Totensonntag und 1. Advent gesetzt.

Das nächste Konzert im Rahmen der 30. Kulmbacher Kirchenmusiktage findet heute, 28. November, um 20 Uhr in der Spitalkirche statt. Auf dem Programm stehen vorweihnachtliche Lieder und Texte mit der Sängerin Ann-Kathrin Schneider und dem Ensemble Klez´amore aus Würzburg. Schlusspunkt und zugleich Höhepunkt der Kirchenmusiktage wird die Aufführung von Georg Friedrich Händels „Messias“ am Sonntag, 30. November, um 17 Uhr in der St.-Petri-Kirche sein.

Bild: Die Sopranistin Alena-Maria Stolle (rechts) und die Harfenistin Julia Pritz gestalteten das zweite Konzert der Kirchenmusiktage in der Spitalkirche.

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23.11.2014

Melodiös und meditativ musiziert / „Die 12 Saxofonisten“ haben die 30. Kirchenmusiktage eröffnet

Kulmbach. Wenn die Herren beim Sopran und die Damen beim Bariton zu finden sind, dann kann es sich eigentlich nur um ein Instrumentalensemble handeln. Beim Eröffnungskonzert der 30. Kulmbacher Kirchenmusiktage am Sonntag in der St.-Petri-.Kirche war es mit den „12 Saxofonisten“ aus Nürnberg nicht irgendein Ensemble, sondern ein ganz besonderer Klangkörper, der in dieser Zusammensetzung eher selten zu erleben ist. Den Musikern unter der Leitung von Franz Killer gelang es dabei in der durchaus schwierigen Kirchenakustik eindrucksvoll, neue Klangerlebnisse zu schaffen und das breite Spektrum der Saxofonfamilie vom Bass bis zum Sopranino vorzustellen.

„Die 12 Saxofonisten“, beziehungsweise Saxofonistinnen, das sind Sandra Engel, Uschi Dittus, Anja Meiler, Jürgen Faas, Heymo Hirschmann, Dirk Eidner, Markus Riesbeck, Gerhard Buchloh, Stefan Frank, Elke Beer, Johannes Neuner und Bernd Aschmoneit. Sie alle sind Profimusiker meist aus Orchestern des fränkischen Raums, die sich 2001 mit großem Erfolg zu dem ehrgeizigen Projekt zusammengefunden hatten. Ihr Chef Franz Killer ist gleichzeitig Leiter der Pocket Opera Company in Nürnberg. Ein Markenzeichen des Ensembles ist das Musizieren an ungewöhnlichen Orten. Immerhin haben die Instrumentalisten auch schon in Tretbooten auf dem Wöhrder See, auf dem Nürnberger Volksfest oder in der Pottensteiner Teufelshöhle gespielt.

Gar so ungewöhnlich war es in der Petri-Kirche dann doch nicht. Das Programm erstreckt sich von der Renaissance bis in die Moderne. Höfische Musik, wie etwa die Kompositionen von Giovanni Gabrieli können beispielsweise, aufgeteilt in drei Quartette, ganz fetzig klingen, auch wenn das Saxofon im 16. Jahrhundert noch lange nicht erfunden war. Einen runden harmonischen Klang präsentieren die Musiker auch beim 2. Brandenburgischen Konzert, aus dem die Formation das wunderbare Allegro erklingen lässt. Wäre das Saxofon damals schon erfunden gewesen, Bach hätte bestimmt dafür komponiert.

Ganz andere Töne gibt es dann mit dem Moderato und Allegro des  spätromantischen schwedischen Komponisten Erland von Koch. Man könnte meinen, diese Musik wäre für die zwölf komponiert worden, in einer solchen Perfektion spielt das Ensemble auf. Das gleiche gilt für die französischen Komponisten, von Maurice Ravel erklingen drei Fantasiestücke, von Darius Milhaud „Le Boeuf  sur le toit“, was soviel heißt wie „Der Ochse auf dem Dach“. Das war eine berühmte Pariser Künstlerkneipe, in der Milhaud Stammgast war. Die Musiker breiten trotz der vielen Taktwechsel einen wunderbaren Klangteppich aus, der die gesamte Petri-Kirche durchströmt, mal heiter melodiös, mal schräg und fetzig, mal meditativ und ernst.

Nach den drei Novetten im orchestralen Klang von Louis Hardin hatten die Saxofonisten dann ein ganz besonderes Stück im Gepäck: In “Mozart goes to town” hatte der Arrangeur Jürgen Fraas Motive aus Mozart-Kompositionen zu einem beschwingtem Potpourri zusammengefügt. Jazz-Elemente, Swing und ein wenig Dixieland klingen hier durch.  Auch hier ist es wieder absolute Perfektion und das exakte aufeinander eingehen, mit denen die Musiker ihr Publikum überraschen. Ureigenste Musik für das Saxofon gab es dann zum Schluss mit Welthits von George Gershwin (“The Man I love“, „Liza“, „I got plenty of nothing“, „I got rhythm“) oder bei einem Ragtime von Jean Matitia. Hier kamen die Saxofone vollends zur orchestralen Geltung und verbreiteten ihren strahlenden Glanz.

Wie gut, dass Kirchenmusikdirektor Ingo Hahn angesichts „der fortgeschrittenen Temperaturen“ gleich am Anfang verkündet hatte, dass man auf die eigentlich eingeplante Pause gerne verzichten würde. Die Zustimmung aus dem Auditorium war ihm trotz der Sitzheizungen in der Kirche bei Außentemperaturen um die null Grad an diesem Abend gewiss.

Das nächste Konzert im Rahmen der 30. Kulmbacher Kirchenmusiktage findet am Mittwoch, 26. November, um 20 Uhr in der Spitalkirche statt. Unter dem Motto „Lobgesang und Harfenspiel“ werden dabei die Sopranistin Alena-Maria Stolle und die Harfenistin Julia Priz auftreten. Am Freitag, 28. November, ebenfalls um 20 Uhr in der Spitalkirche gibt es dann vorweihnachtliche Lieder und Texte mit Ann-Kathrin Schneider und dem Ensemble Klez´amore aus Würzburg. Schlusspunkt und zugleich Höhepunkt der Kirchenmusiktage wird die Aufführung von Georg Friedrich Händels „Messias“ am Sonntag, 30. November, um 17 Uhr in der St.-Petri-Kirche sein.

Bild: „Die 12 Saxofonisten“ aus Nürnberg haben am Sonntag in der St.-Petri-Kirche die 30. Kulmbacher Kirchenmusiktage eröffnet.

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08.11.2014

Schräg und schrill – Herb und derb: / Die Altneihauser Feierwehrkapell ´n gastierte in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle

Kulmbach. Sie sind ein echtes Phänomen: die neun Aktiven der Altneihauser Feierwehrkapell ´n aus Windischeschenbach in der Oberpfalz: als Musiker eher zweit- bis drittklassig, als Spaßmacher zwischen herb und derb, als Showtruppe im wahrsten Sinne des Wortes schwerfällig, aber als Gesamtpaket allererste Klasse. Wenn sie die Bühne betreten, rußgeschwärzt und in zerschlissener Uniform, dann gibt es kein halten mehr. Es gibt keine Kabarettgruppe, die ihnen auch nur annähernd das Wasser reichen könnte. So auch am Samstagabend beim Auftritt der Altneihauser Feierwehrkapell ´n in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle.

Dreh- und Angelpunkt dieser unglaublichen Bühnenpräsenz ist „Frontman und Feuerwehrkommandant“ Norbert Neugirg. Wenn er den verknüllten Zettel aus seiner Hosentasche fischt, dann toben die Zuhörer. Zu treffsicher sitzen die Pointen des Cheftexters, kein Thema, das er nicht zum Aberwitz treiben könnte, kein Sachverhalt und keine Persönlichkeit, die vor ihm sicher wäre. Ob Musikantenstadl, CSU, Frankenwein oder Inge Aures: nichts und niemand lässt er aus.

Viele lokale Dinge finden immer wieder Eingang in seinen perfekt gereimten Vortrag und seine kunstvoll gedrechselten Verse. Die große Politik sowieso und die vielen kleinen Dinge, die man teilweise zwar schon kennt, etwa aus dem TV-Klassiker „Fastnacht in Franken“, die man aber gerne auch noch ein viertes oder fünftes Mal hören könnte, so urkomisch ist das, was Neugirg immer wieder einfällt.

„Kulmbach, das ist Frankens Segen, Bayreuth ist da nichts dagegen“, sagt Norbert Neugirg, allerdings erst, als er darauf aufmerksam gemacht wurde, dass man an diesem Abend in Kulmbach und nicht in Bayreuth zu Gast sei. Zuvor lautete der Reim noch anders herum. Gleich mehrere Lokalgrößten bekommen an diesem Abend ihr Fett wett, Henry Schramm, Klaus Peter Söllner, immer wieder Inge Aures und auch Hagleitenwirt Günther Limmer. Das Kulmbacher Oberland besteht für Neugirg aus unendlichen Weiten, „da ist der erste erst am zweiten“. E-Mails, so meint er, würden dort noch mit der Hand abgeschrieben, in einem Umschlag gesteckt und dem Milchfahrer mitgegeben. Natürlich alles in gereimter Form und irgendwie urkomisch dargebracht.

Geradezu phänomenal ist natürlich die Kenntnis vieler Dinge vor Ort, der Streit um die Umgehung von Kauerndorf und Untersteinach etwa, zu dem Neugirg folgende Sätze eingefallen sind: „Weil jeglicher Verkehrsfluss durch das Kaff durch muss“ und „Die Planung begann konkret im letzten Jahr – als Augustus Kaiser war“. Weiter heißt es: „Man wird sich mit den Umgehungsplänen am Berliner Flughafen anlehnen.“

Basis des gereimten Frohsinns ist und bleibt der "Krieg" zwischen den Oberpfälzern und den Franken. Davon leben Neugirg und seine Mannen. Wie gut, dass die Franken so viel Mitleid kennen und die Kapelle immer wieder einladen. „Schön blöd“, würde Norbert Neugirg jetzt sagen, um sich sofort zu korrigieren und von der großen Ehre zu schwärmen, in Franken spielen zu dürfen. Seit 2006 führen die Oberpfälzer diesen "Krieg", ohne ihn bislang für sich entscheiden zu können. Zu groß ist die Toleranz und Offenherzigkeit der Franken auch an diesem Abend.

Doch auch Besucher aus anderen Gegenden Deutschlands müssen die Bosheiten der desaströsen Blaskapelle über sich ergehen lassen. „Die Bayern lieben die Hessen, solange sie das Heimfahren nicht vergessen“, meint Neugirg. Einer seiner beliebten Running Gags ist die übertrieben nasale Aussprache des Wortes „Ensemble“. Ein anderer ist, dass die große Trommel mehrfach zu Boden fällt und Trommler Reinhard Stummreiter sie jedes Mal umständlich wieder aufbauen muss, bis schließlich ein kaputter Stuhl und ein Bierkasten als Halterung dienen.

„Die Musiker sind ausnahmslos Amateure und werden dieser Tatsache stets gerecht“, sagt Kommandant Neugirg immer wieder und hat dabei natürlich nicht ganz Recht. Das schräge Spiel von Stefan Schricker (Horn), Rupert Beer (Tuba), Ludwig Schieder (Knopfharmonika), Dominik Knott (Kleine Trommel), Reinhard Stummreiter (Große Trommel), Peter Fuhrmann (Tenorhorn), Josef Treml (Trompete) und Thomas Kießling (Klarinette), kurz dem „Glanz der Oberpfalz“, ist gewollt komisch und anarchisch, fast schon eine eigene Kunstform, die von der Kapelle geschaffen wurde und die wohl deshalb auch ein Geheimnis des großen Erfolgs ist.

„Sieht man der Mannschaft den Elan und die Lust zum Spielen an“, reimt Norbert Neugirg, um gleich daraufzusetzen: „Wir sind beliebt in Franken und so gern geseh´n, wie die Merkel in Athen.“ Auch von der Leyen bewundere die Kapelle angeblich sehr, denn so Neugirg: „Wir sind besser als die Bundeswehr“.

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25.10.2014

Markante Rhythmen und eindrucksvolle Kompositionen /
Pop, Jazz und Filmmusik: Fulminantes Herbstkonzert des Musikvereins Thurnau

Thurnau. Beim Musikverein Thurnau und seinem Dirigenten Heimo Bierwirth steht die zeitgenössische Blasmusik an erster Stelle: „Piraten der Karibik“ statt „Leichte Kavallerie“, Herb Alpert statt Ernst Mosch und „Utopia“ statt „Unter dem „Rautenbanner“. Beim Herbstkonzert in der Turnhalle der Grundschule zog der Dirigent zusammen mit dem Jugendorchester und dem Hauptorchester einmal mehr alle Register und demonstrierte eindrucksvoll, dass Blasmusik alles andere als verstaubte Tradition ist.

Sinfonische Blasmusik setzt hohe künstlerische Anforderungen voraus und die rund 50 aktiven Musiker des Hauptorchesters können diese Anforderungen auch prima erfüllen. Das Besondere am Musikverein ist die große Bedeutung der Jugendarbeit. So liegt nicht nur das Durchschnittsalter des Hauptorchesters bei unter 20 Jahren, es gibt auch ein eigenes kleineres Jugendorchester, das sich mit fünf überaus gelungenen Stücken und einer Zugabe dem Publikum vorstellen durfte.

„Das Herbstkonzert ist für uns der absolute musikalische Höhepunkt im Jahreslauf“, sagte Vorsitzender Martin Koslowsky zu Beginn des Abends und die Musikerinnen und Musiker sollten das Publikum nicht enttäuschen: Filmmusik, moderne sinfonische Kompositionen, Bekanntes, Unbekanntes und auch einige Raritäten hatten sie ausgesucht.

Für beschwingt gute Laune sorgte etwa ein lyrisch, voller Poesie und trotzdem mit schärfenden Kontrasten musiziertes Concerto d´amore, angekündigt als Mischung aus Barock, Jazz und Pop des niederländischen Komponisten Jacob de Haan. Er tauchte im Programm gleich drei Mal auf. So auch mit seinem Hauptwerk „Utopia“, für das sich Dirigent Heimo Bierwirth eine interessante Einführung ausgedacht hatte. Er stellte die wichtigsten Rhythmen vor und ließ den Musikern die markantesten Themen des über zehn Minuten andauernden Werkes kurz anspielen, um sie anschließend zu erläutern. Auch die „Easy Pop Suite“, die das Jugendorchester gekonnt aufführte, stammte aus der Feder von Jacob de Haan, er hatte sie allerdings unter dem Pseudonym Dizzy Straford veröffentlicht.

Perfekt einstudiert und absolut professionell aufgeführt erklang die Filmmelodie zu „Pirates oft he Caribbean“, die der deutsche Komponist Klaus Badelt geschrieben hatte. Nicht nur die Piratenflagge wurde gehisst, auch die blutrünstigen Schlachten, in die Kapitän Jack Sparrow verwickelt wurde, machten die Musiker hörbar. Die beinahe unzähligen Taktwechsel wurden dabei spielend bewältigt, ebenso der intensive Schlagwerkeinsatz und die messerscharfen Trompetensätze.

Dynamisch sorgsam und raffiniert gespielt erklang die eigenwillige Komposition „Children of Sanchez“ des US-amerikanische Komponisten Chuck Mangione, die der japanische Musiker Naohiro Iwai eigens für sinfonisches Blasorchester arrangiert hatte. Umsichtig begleitet der Klangkörper Nele Arlt am Flügelhorn, die damit ihr Debüt als Solistin gegeben hatte. Mit dem Herp-Alpert-Medley „Golden Hits“ mit Ohrwürmern wie „Spanish Flea“, „Tijuana Taxi“ oder „So What’s New“ stellte der Klangkörper einmal mehr seine hohen musikalischen Qualitäten unter Beweis.

Von Leichtigkeit und Beweglichkeit geprägt war schließlich auch der Auftritt des 20-köpfigen Jugendorchesters unter anderem mit Alan Menkens „Under the sea“ aus dem Disney-Film „Arielle die Meerjungfrau“ oder dem Hauptthema aus „Pomp and Circumstance“ von Edvard Elgar.

Während des Konzerts wurden Jasmin Lauterbach (Querflöte) und Fabian Einwag (Trompete) mit dem Leistungsabzeichen in Gold des Bordbayerischen Musikbundes ausgezeichnet. Beide hatten die D3-Prüfung mit Erfolg abgelegt. Dabei handelt es sich nicht um irgendeine Prüfung, das Musikerleistungsabzeichen D3 stellt die höchste instrumentale Qualifikation in der Fortbildungsstruktur der Blasmusikverbände dar. Eine mehrjährige intensive Instrumentalausbildung ist die Voraussetzung für das Bestehen dieser Prüfung.

Bilder:
- Klassisch und modern, bekannt und unbekannt: Der Musikverein Thurnau unter seinem Dirigenten Heimo Bierwirth begeisterte einmal mehr das Publikum beim Herbstkonzert in der Grundschule.
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Die Flötistin Jasmin Lauterbach und der Trompeter Fabian Einwag wurden mit dem Leistungsabzeichen in Gold des Nordbayerischen Musikbundes ausgezeichnet. Links im Bild der Vorsitzende des Musikverein Martin Koslowsky, rechts Dirigent Heimo Bierwirth.

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26.09.2014

Vom Olymp der Violinliteratur /
Meisterklasse des Geigers Markus Wolf konzertierte in Thurnau

Thurnau/Lichtenberg. Eine Woche lang haben sie von früh morgens bis spät abends geprobt. Immer wieder das gleiche Stück, immer wieder dieselbe Stelle. Zum Ende des Meisterkurses für Violine mit dem prominenten Geiger Markus Wolf vom Bayerischen Staatsorchester in München konnten die acht Meisterschüler bei einem Abschlusskonzert auf Schloss Thurnau Ergebnisse präsentieren, die es in sich hatten. Herausragende Kompositionen vom Olymp der Violinliteratur, aufgeführt von jungen Geigerinnen und Geigern, deren Namen man sich schon jetzt merken sollte. Der Meisterkurs von Markus Wolf fand in der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken Haus Marteau in Lichtenberg statt.

Gemeinsam ist den sechs jungen Damen und zwei Herren, dass sie alle bereits im Vorschulalter begonnen haben, Geige zu lernen, manche schon mit drei Jahren. Gleich mehrere stammen aus Musikerfamilien, sie alle traten souverän und professionell auf und haben das Zeug zum herausragenden Solisten.  Er glaube, er könne den jungen Geigerinnen und Geigern helfen, und gegebenenfalls neue Wege aufzeigen, sagte Markus Wolf im Vorfeld. Der Echo-Klassik-Preisträger wusste auch, dass die Studenten immer auf der Suche sind, sei es in technischer oder in musikalischer Hinsicht.

Zumindest eine Zwischenetappe haben die jungen Musiker in ihrer Karriere erklommen, das stellten sie alle mit dem Abschlusskonzert in der Reihe „Haus Marteau auf Reisen“ unter Beweis. Iris Günther beispielsweise, 20 Jahre jung, stammt aus der Nähe von Landshut und hatte sich den 1. Satz aus dem bekannten Violinkonzert in A-Dur KV 219 von Wolfgang Amadeus Mozart ausgesucht. Zupackend musizierte sie mit vollem Ton und nahm dabei wunderbar die opernhafte Stimmung des Werkes auf.

Die Österreicherin Sara Mayer aus Ried im Innkreis war die jüngste Teilnehmerin und hatte sich mit dem Andantino-Satz aus dem D-Dur-Violinkonzert von Sergej Prokofieff eine ganz außergewöhnliche Komposition vorgenommen. Mit ihrem abgeklärten Spiel reizt sie die Dynamik des Stückes voll aus und musiziert so energisch, dass sogar eine Saite reißt. Nach einer kurzen Pause, setzt Sara Mayer ihr Spiel dennoch unbeirrt fort.

Die Königsdisziplin des Violinspiels sind die Solostücke von Johann Sebastian Bach, alles Bravourstücke wie die Chaconne aus der Partita Nr. 2 in d-Moll. Christian Zahlten aus München bewältigt diese Herausforderung absolut sauber und sicher und zeigt dabei nicht die kleinste Spur von Nervosität. Im Gegenteil, er meistert die vielen schwierigen Figuren mit Bravour und legt dabei ein atemberaubendes Tempo vor. Auch Severin Schmid aus Regensburg, der bei der Stargeigerin Julia Fischer in München studiert, geht in seiner Aufführung von Bachs Partita Nr. 3 in E-Dur keine Kompromisse ein. Dynamisch auf das Feinste abgestimmt, impulsiv zupackend und spontan spielt er die beliebten Zugabestücke sogar auswendig.

Katharina Haffner aus der Nähe von Dresden ist eigentlich schon ein Profi. Die 26jährige kann auf Orchesterpraktika bei den Nürnberger Symphonikern und bei der Bayerischen Orchesterakademie verweisen. Für Thurnau hat sie sich den 1. Satz aus dem einzigen Violinkonzert von Jean Sibelius ausgesucht. Sie musiziert dabei nicht nur überlegen und routiniert, sondern auch ziemlich detailversessen, ohne den großen Bogen aus den Augen zu verlieren. Keine Angst vor großen Kompositionen hat auch Jördis Bergmann aus Murnau. Die 20-Jährige musiziert den langen 1. Satz aus dem Beethoven-Violinkonzert ganz im Sinne des Komponisten, energisch drängend und im flotten Tempo.

Lilian Heere schließlich hatte sich den nicht minder gewaltigen 1. Satz aus dem Violinkonzert von Max Bruch ausgesucht, bei dem die 19-Jährige scheinbar selbstvergessen den Ton angibt, schwebend leicht, etwa bei den vielen Trillern und Verzierungen, dann aber doch wieder mit der nötigen Schwere bei den tragenden Teilen der Komposition. Bleibt noch die junge Geigerin Dorit Essaadi aus Berlin mit dem ersten Satz aus dem selten zu hörenden Violinkonzert von Camille Saint-Saens, den sie hervorragend gestaltet und besonders mit gekonnt muszierten Crescendi und Decrescendi auffällt.

Natürlich hatten die Geiger in Thurnau kein Orchester zur Verfügung, dafür aber Julian Riem, den Ausnahmepianisten, der auf dem Steingraeber-Flügel im Ahnensaal viel mehr als ein Klavierbegleiter war. Riem ging auf alle Solisten feinfühlig ein, nahm sich gekonnt zurück, hatte aber auch seine großen Auftritte, immer dort, wo das Klavier führende Solopassagen übernimmt, die der Pianist meisterhaft beherrscht und so durchaus auch eigene Akzente setzt.

Bild: Der Geiger Markus Wolf (links) und der Pianist Julian Riem (rechts hinten) zusammen mit den Meisterkursteilnehmern beim „Haus-Marteau-auf-Reisen-Konzert“ in Thurnau.

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11.09.2014

Wilhelmine im Rausch der Farben / Privaträume der Bayreuther Markgräfin sind wieder für die Öffentlichkeit zugänglich

Bayreuth. Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth gilt nicht nur als besonders kunstsinnig, sie malte Bilder, spielte Cembalo, schrieb ganze Opern, sprach mindestens ein halbes dutzend Sprachen, gilt als Literatin und schuf in Bayreuth eine Musenhof von europäischem Rang. Der Platz, an dem sich die berühmte Schwester Friedrichs des Großen verwirklichte, die Arbeits- und Privaträume im Alten Schloss der Eremitage in Bayreuth, sind jetzt nach grundlegender Überarbeitung wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.

Gearbeitet hat sie hier tatsächlich, die Markgräfin, die zunächst so unglücklich war über die Zwangsehe mit dem Bayreuther Erbprinzen Markgraf Friedrich. Von der Arbeit zeugt ein kleiner Tisch mit einem Reibestein. „Hier hat sie ihre Farben selbst zusammengestellt und die Farbpigmente entsprechend verkleinert“, sagt Peter Krückmann von der Schlösserverwaltung. Er ist nicht nur der Initiator der Wiedereinrichtung der Räumlichkeiten, er gilt auch als ausgewiesener Experte, wenn es um die Bayreuther Markgräfin geht.

„Heute würde man vielleicht von einem Atelier sprechen, oder von einem Creativ-Studio“, so Sabine Heym, ebenfalls von der Schlösserverwaltung und dort für die Museumsabteilung zuständig. Auch sie ist froh, dass das historische Inventar endlich wieder am historischen Ort im Ostflügel der Eremitage zu finden ist.

Sabine Heym nennt es ungewöhnlich, dass die eigentlichen Arbeitsräume, schlicht und ohne jeden Schmuck gleich neben den Repräsentationsräumen wie dem prunkvollen Marmorsaal, dem reich ausgestatteten Musikzimmer oder dem japanischen Kabinett mit seinen vielen Lacktafeln zu finden sind. Doch auch hier gibt es eine Verbindung, denn viele der kunstvollen Lacktafeln hat Wilhelmine zumindest entworfen, vielleicht sogar selbst angefertigt. Eine entsprechende eigenhändige Signatur der Markgräfin hat Peter Krückmann auf einer der bunten Tafeln, die heute von unschätzbarem Wert sind, schon entdeckt. Auch wenn die Signatur mit bloßem Auge kaum zu erkennen ist, für Krückmann stellt die Tafel eine absolute Sensation dar.

Zumindest ein Originalbild von Wilhelmine ist auch in den neuen Räumen auf einer Staffelei zu sehen. „Sie hat auch selbst zum Pinsel gegriffen und war eine echte Farbfanatikerin“, so Thomas Rainer, Sprecher der Schlösserverwaltung. Das Pastellbild aus den Händen der Markgräfin wurde erst vor einigen Jahren auf dem Kunstmarkt entdeckt und von der Schlösserverwaltung in Ansbach angekauft.

Das Alte Schloss der Eremitage ist nur noch bis zum 15. Oktober geöffnet, bis Ende September täglich von 9 bis 18, vom 1. bis zum 15. Oktober von 10 bis 16 Uhr. Über die Wintermonate ist das Alte Schloss nicht zugänglich, erst im März öffnen die Räume wieder.

Die Präsentation der neuen Räume bildete zugleich den Auftakt der 10. Bayreuther Residenztage an den beiden Wochenenden  13. und 14. sowie 20. und 21. September, bei denen alle Besucher in Vorträgen, Workshops, Konzerten und Themenführungen mehr über die Welt der Markgräfin Wilhelmine erfahren können.

Bilder:
1. Christine Maget, die Leiterin der Schloss und Gartenverwaltung Bayreuth betrachtet einige Bilder, die in den ehemaligen Arbeitsräumen der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth hängen.
2. Hier zogen sich die Markgrafen des Bayreuther Hofes zurück, wenn sie des Repräsentierens müde geworden sind: der Innenhof des Alten Schlosses der Eremitage in Bayreuth.
3. Eine echte Sensation: Peter Krückmann von der Schlösserverwaltung zeigt ein Bild, das die Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth gemalt hatte und das vor wenigen Jahren auf dem Kunstmarkt in Ansbach entdeckt wurde.
4. Hier spielte die Markgräfin Cembalo: das Musikzimmer im Ostflügel des Alten Schlosses der Eremitage in Bayreuth.

5. Viele der Lacktafeln im japanischen Kabinett des Alten Schlosses der Eremitage in Bayreuth hat Markgräfin Wilhelmine selbst entworfen, vielleicht sogar gefertigt.


 

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30.08.2014

Kultursommer Goldkronach: Swing, Schlager und Sau am Spieß /
Big-Band der Zollkapelle musizierte zu Gunsten des Albert-Schweitzer-Hospizes

Goldkronach. „In the Mood“, „A String of Pearls“, „Quando, Quando“, „Moon River“ oder „Liebeskummer lohnt sich nicht“: Beim Open-Air-Konzert der Big-Band der Zollkapelle aus Nürnberg  im Barockgarten von Schloss Goldkronach zogen die Musiker am Samstagabend alle Register. Veranstalter des Benefizkonzerts zu Gunsten des Albert-Schweitzer-Hospizes in Bayreuth war das Alexander-von-Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach.

Die Zollkapelle gilt als ein ganz besonderer Sympathieträger der Bundesfinanzdirektion Südost. Die musikalische Einheit des Zolls hat sich seit ihrer Gründung 1956 durch beinahe unzählige Auftritte einen Namen gemacht. Bei Messen, an Tagen der offenen Tür, Kurkonzerten, internen Veranstaltungen des Zolls und immer wieder auch mit Benefizkonzerten unterhalten die Musikerinnen und Musiker ihr Publikum auf hohem musikalischem Niveau. In Goldkronach konzertierte die Big-Band der Zollkapelle nach 2012 bereits zum zweiten Mal.

Und das mit einer Perfektion die ihresgleichen sucht. Ob jazzig oder im James-Last-Sound, ob Schlager der 50er und 60er oder moderne Klänge, hier sind hochprofessionelle Musiker am Werk, die eigentlich gar keine Profis sind. Die Mitglieder der Formation sind, anders als bei der Bundeswehr, keine Berufsmusiker. Trotzdem ist die absolute Professionalität das Markenzeichen der Kapelle, die neben den typischen Swing-Klängen auch Schlager, Oldies und Jazz-Standards im Repertoire hat. Der Klangkörper tritt regelmäßig in ganz Nordbayern und auch darüber hinaus auf. Sogar bei internationalen Engagements ist die Kapelle gern gehört und gesehen und begeistert immer wieder ihr Publikum.

„Die Zollkapelle vereint Musiker aus Leidenschaft, die tagtäglich den anspruchsvollen Dienst als Zollbeschäftigte nachgehen“, sagte der Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk stellvertretend für das Alexander-von-Humboldt-Kulturforum. Mit dem Präsidenten der Bundesfinanzdirektion Südost Jürgen Hartlich konnte er unter anderem einen der obersten Repräsentanten des Zolls beim Goldkronacher Kultursommer begrüßen.

Hier spielten die Zöllner zu Gunsten des Albert-Schweitzer-Hospizes in Bayreuth, einer Einrichtung, die sich der Pflege sterbender Menschen widmet. Unheilbar kranke Personen sollen dort in ihrer letzten Lebensphase eine respektvolle, umfassende und kompetente Betreuung erfahren. Das Hospiz wird in Form einer gemeinnützigen GmbH vom Diakonischen Werk zusammen mit dem Hospizverein und der Hospizstiftung betrieben. Zehn Prozent des Etats müssen über Spenden erwirtschaftet werden. Damit möchte der Gesetzgeber unter anderem verhindern, dass ein Hospiz mit Gewinnabsichten betrieben werden könnte. Und genau um dieses Geld aufzutreiben, leistete die Goldkronacher Swing-Night einen wichtigen Beitrag.

Sehen lassen konnte sich am Samstag aber auch das Rahmenprogramm des Kulturforums. Vor allem das gigantische Barockfeuerwerk, das Niklas Stoeber zusammen mit Tobias und Patrick Stoeber sowie Thomas Hagen aus Pegnitz arrangieren hatte, war ein ganz besonderer Glanzpunkt. Nicht nur das Schloss, die ganze Stadt tauchten die farbenprächtigen Raketen in ein ganz besonderes Licht.

Bilder:
1. Die Big-Band der Zollkapelle vor dem Alexander-von-Humboldt-Denkmal in Goldkronach.
2. Hospiz-Initiator und Pfarrer Jochen Fähler, Hospizleiterin Angelika Eck, Mitarbeiterin Stefanie Hellbach und der Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk (von links) beim Benefizkonzert zu Gunsten des Albert-Schweitzer-Hospizes in Bayreuth.

3. Ein gigantisches Barockfeuerwerk hatte Niklas Stoeber aus Pegnitz für den Goldkronacher Kultursommer initiiert.

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10.08.2014

Klangschön und stimmgewaltig: Liebe, Lust und Lebensfreude / Alexander-von-Humboldt-Kulturforum und Festival Junger Künstler präsentierten Chöre aus China und Portugal

Goldkronach. Zwei weltweit tätige und vielfach preisgekrönte Chöre machten am frühen Sonntagabend Station in Goldkronach: der Chor der Fudan Universität aus Shanghai und der Tuna-Chor der technischen Universität Lissabon. Die beiden Chöre, die Teilnehmer des 64. Festivals Junger Künstler in Bayreuth sind, könnten vom Charakter her gegensätzlicher nicht sein. Gemeinsam sind ihnen die Klanggewalt und die packende Präsentation der Klangkultur ihres Landes.

Veranstalter des außergewöhnlichen Konzertes war das Alexander-von-Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach. Im dortigen Garten fand das Konzert aufgrund der unsicheren Wetterlage und der vorliegenden Gewitterwarnung allerdings nicht statt, die Veranstalter waren kurzerhand in die Stadtkirche ausgewichen. Nachdem das Wetter aber dann doch aushielt, hatte sich der portugiesische Chor dann aber doch kurzerhand auf den Stufen vor der Kirche aufgebaut und zumindest sein Auftritt wurde doch noch zum Open-Air-Konzert.

Zuvor gab es traditionell chinesische als auch westliche Lieder und Musikstücke mit dem Chor der renommierten Fudan-Universität. Populäre Lieder ihres Landes über die Heimat und über die Liebe gehören zum Standardrepertoire des 20 Sängerinnen und Sänger starken Klangkörpers, der mit drei Instrumentalisten angereist war. Neben einem E-Piano waren es drei eigenwillige, typisch chinesische Instrumente, wie der Bambusflöte mit dem Namen Dizi, einem mandolinenähnlichen Zupfinstrument mit dem Namen Liuqin und einer Art Geige mit zwei Saiten, die Erhu genannt wird. Sämtliche dieser Instrumente wurden von den Musikerinnen  auch solistisch dargeboten.

Die traditionellen Lieder trugen dabei Namen wie „Die wunderschöne Weite“, gemeint ist die Weite der Tundra, oder einer Romanze, die zwar die typischen fernöstlichen Tonfolgen enthielt, aber auch etwas an die Violinsonaten Ludwig van Beethovens erinnerte. Für Aufsehen sorgten allerdings mehr die bekannten Songs, etwa in einem traditionellen Medley amerikanischer Spirituals oder das mexikanische „La Cucaracha“. Dann forderten die Sängerinnen und Sänger das Publikum auf, mit ihnen gemeinsam durch den Seiteneingang der Stadtkirche zum Hauptportal auszuziehen und zum Hauptportal zu gehen, wo sich bereits der portugiesische Chor postiert hatte.

Viele Musikfreunde erinnerten sich noch an das vergangene Jahr, als der „Tuna Universitaria de Instituto Superior Tecnico“, so heißt der Chor offiziell, schon einmal in Goldkronach gastierte und seine Lieder vom portugiesischen Lebensgefühl, von Sehnsucht, Liebe und Emotionen zum Besten gab. Die 26 jungen Männer, alle Studenten und Absolventen der technischen Universität Lissabon  kommen aus allen Teilen Portugals und gelten als eine der bekanntesten auf die Tradition des Fado spezialisierten Klangkörper des Landes.  Ihr Fado-Gesang handelt von Sehnsüchten, Heimweh, von unglücklicher Liebe, vergangenen Zeiten und der Sehnsucht nach besseren Zeiten. Nach Goldkronach hatte die Formation allerdings eher die lustigen Lieder mitgebracht, in denen es um überschäumende Lebensfreude, um das Studentenleben und um Lust und Liebe geht.

In eigenwilliger Besetzung mit vielen Gitarren und Mandolinen, einem Kontrabass, einen Akkordeon, einiger Schlag- und Rhythmusinstrumenten sowie den prägnanten Stimmen gelang es dem Zusammenschluss hervorragend, das Publikum mitzunehmen und die Freude an der Musik zu übertragen.  Für besonderes Aufsehen sorgten auch diesmal die tänzerischen und akrobatischen Einlagen einiger Chormitglieder Vor allem die gekonnten Spagatsprünge sollten das Publikum immer wieder zu wahren Begeisterungsstürmen hinreißen.

 „Wenn wir nach Goldkronach kommen, dann kommen wir nach Hause“, hatte die Intendantin des Festivals Sisi Thammer zur Begrüßung verkündet und viele Besucher aus der Stadt freuten sich, dass Goldkronach einmal mehr Teil des Festivals Junger Künstler war. Initiator des Konzertes war das Alexander-von-Humboldt-Kulturforum mit seinem Gründungsmitglied, dem Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten  Hartmut Koschyk. Der Abgeordnete hatte den Chor vor Jahren bei einem Besuch in Lissabon entdeckt und den jungen Sängern das Festival Junger Künstler in Bayreuth empfohlen. Tatsächlich hatte sich der außergewöhnliche Chor beworben und ist bereits im vergangenen Jahr zum ersten Mal auch eingeladen worden.

Das 64. Festival Junger Künstler in Bayreuth dauert noch bis zum 31. August. Heuer nehmen exakt 288 junge Leute aus 34 Nationen daran teil. Insgesamt stehen über 80 Konzerte, Symposien, Workshops und Events auf dem Programm.

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01.08.2014

Kirchenmusik und Kameras  / Landkreis zeichnete Pegnitzer Kantorei unter Jörg Fuhr und Trockauer St.-Thomas-Chor unter Ottmar Schmitt aus – Förderpreis für Deutsches Kameramuseum Plech

Bayreuth. „Wer in Pegnitz in der Kantorei ist, der braucht kein anderes Hobby mehr, denn dafür hätte er ohnehin keine Zeit.“ Dekanatskantor Jörg Fuhr brachte es in seiner Dankesrede augenzwinkernd auf den Punkt, was die hohe Qualität der Kantorei St. Bartholomäus ausmacht. Weil das genauso auch für den St.-Thomas-Chor und seinen Leiter Ottmar Schmitt aus Trockau gilt, wurden beide mit dem Kulturpreis des Landkreises ausgezeichnet. Landrat Hermann Hübner  überreichte die beiden mit zusammen 3000 Euro dotierten Preise beim Landkreisempfang an die beiden Chorleiter. Der Kulturförderpreis ging an das Deutsche Kameramuseum in Plech, initiiert  durch die „Stiftung Kameramuseum Kurt Tauber“ und vertreten durch den „Förderverein Deutsches Kameramuseum in Plech“.

Die Pflege der Kirchenmusik genießt seit jeher in Pegnitz als Mittelpunkt zwischen den Musikstädten Bayreuth und Nürnberg einen hohen Stellenwert. So ist es kein Zufall, dass mit der Kantorei unter Jörg Fuhr und dem St.-Thomas-Chor unter Ottmar Schmitt zwei Formationen geehrte wurden, die den Namen von Pegnitz, beziehungsweise von Trockau, weit in die Welt hinaus tragen.

„Die Kantorei St. Bartholomäus Pegnitz mit ihrem Leiter Jörg Fuhr ist als Botschafter der Stadt Pegnitz und unseres Landkreises, weit über die Grenzen hinaus bekannt, Garant für hohes musikalisches Niveau und leistet einen bedeutenden Beitrag zur kulturellen Lebendigkeit in unserer Region“, sagte Landrat Hübner. Die Liebe zum Chor und zur Kirchenmusik stellten die Sängerinnen und Sänger schon dadurch eindrucksvoll unter Beweis, dass sie der Kantorei oft über Jahrzehnte die Treue halten. Dekanatskantor Fuhr leiste eine engagierte, weit über das normale Maß hinaus gehende kulturelle Arbeit, indem er jährlich zwei Oratorienaufführungen und mehrere Konzerte im Dekanat engagiert, sowie den Gospelchor „Bartl Singers“, den Posaunenchor und Kinderchöre für verschiedene Altersgruppen leitet. Fuhr ist außerdem Bezirkschorleiter für die Posaunenchöre des Dekanats.

Noch relativ jung ist dagegen der St.-Thomas-Chor aus Trockau. Diese Formation wurde von ihrem Leiter Ottmar Schmitt 1989 gegründet. Schmitt habe sich mit Ablegung der D- und schließlich der C-Prüfung ein fundiertes musikalisches Wissen erworben, das er seitdem mit einer ansteckenden Begeisterung an die Chormitglieder weitergibt. „Ottmar Schmitts Können, aber vor allem seine Leidenschaft  für die Musik tragen entscheidend zum hohen musikalischen Niveau des St.-Thomas-Chores bei“, sagte Landrat Hübner. Immer wieder bearbeite Schmitt Noten, die er aus alten Archiven ausgegraben hat und die darauf warten neu geweckt zu werden. Als Beispiel dafür nannte der Landrat die Aufführung der seltenen Humboldt-Kantate von Felix Mendelssohn Bartholdy im September des vergangenen Jahres, die der Bundestagsabgeordnete und Kreisrat Hartmut Koschyk angeregt hatte.

Ottmar Schmitt und der St.-Thomas-Chor hatten bereits im Jahr 2001 den Kulturförderpreis des Bayreuther Landkreises erhalten. Diesmal ging der Förderpreis zwar ebenfalls in den südlichen Landkreis, aber nicht an eine musikalische, sondern museale Einrichtung. Als Förderpreisträger wurde das Deutsche Kameramuseum in Plech ausgezeichnet. Den Preis nahm Karlheinz Escher, Bürgermeister von Plech und gleichzeitig Vorsitzender des Fördervereins  für den erkrankten Museumsinitiator Kurt Tauber entgegen. Tauber habe mit der nach ihm benannten Stiftung die Gründung dieser einmaligen Einrichtung in Plech ermöglicht, die inzwischen weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt ist und einen ausgezeichneten Ruf genießt, sagte Landrat Hübner. Nach Auskunft von Fachleuten gilt das Museum als größte Einrichtung dieser Art in Deutschland. Zu sehen sind rund 15000 Exponate rund um die Fotografie, historische Fotos und Filme, Großbild- und Studiokameras, ein komplettes Fotofachgeschäft aus den 1950er Jahren sowie Reminiszenzen an die fränkische Fotoindustrie mit den Marken Franka, Foto-Quelle, Porst und Braun.

Bilder:
1. Landrat Hermann Hübner, Jörg Fuhr.
2. Landrat Hermann Hübner Ottmar Schmitt.
3. . Landrat Hübner und Karlheinz Escher, Bürgermeister von Plech und gleichzeitig Vorsitzender des Fördervereins Deutsches Kameramuseums.

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24.07.2014

„Wunderbare Botschafter Kulmbachs“
Stadtkapelle stimmte mit großer Serenade auf die Bierwoche ein

Kulmbach. Es war keine Serenade, es war ein komplettes Konzert mit dem die Stadtkapelle Kulmbach ihr Publikum am Donnerstagabend traditionell auf die Bierwoche eingestimmt hat. Kein Standkonzert, sondern ein hochklassiges Open Air, umsonst und draußen, das zeitweise mehrere hundert Zuhörer auf dem Marktplatz und rundum in der Gastronomie verfolgten.

Die einen mit einem Eisbecher, die anderen mit einem Cappuccino , wieder andere mit einem Weißbier. Wenn sich viele einen Campingstuhl mitnahmen, dann zeigt das, dass sie schon öfter die Serenaden der Stadtkapelle erlebt haben. Diesmal zwei Stunden lang, fast bis in die Dunkelheit hinein erfüllte der Klangkörper die Innenstadt mit seinen perfekt einstudierten Klängen.

„Das einzige, was plätschert ist der Brunnen“, sagte Dirigent Thomas Besand in Anspielung auf das vergangene Jahr, bei dem es bereits während des zweiten Stücks zu regnen begonnen hatte. Diesmal war keine Regenwolke in Sicht und so gab es das ganz große Programm.

Traditionelle Märsche und Polkas, wie der Laridah-Marsch von Max Hempel oder die Antonia-Polka von Franz Watz, gehören genauso dazu, wie breite Symphonik mit Bela Kelers Lustspielouvertüre oder große Oper mit bekannten Arien und Chören von Giuseppe Verdi. Auch der Mega-Hit der Blasmusik, Norbert Gälles Böhmischer Traum, der bekannte Münchner-Kindl-Walzer von Karl Komzak oder ganz Traditionelles wie der Große Kurfürsten-Reitermarsch mit Daniel Richter als Solisten an der Trompete hatte die Stadtkapelle im Gepäck.

Eine Überraschung machten der Stadtkapelle Jörg Naumann, Michael Pfitzner und Günter Heidenreich vom Lions-Club Bayreuth-Kulmbach. Sie hatten einen Scheck in Höhe von 1000 Euro dabei, mit dem die Kapelle Notenmaterial für den Nachwuchs anschaffen möchte. „Wir unterstützen die Stadtkapelle nicht zum ersten Mal“, sagte Lions-Distrikt-Gouverneur Jörg Naumann bei der Übergabe des Schecks an den Vorsitzenden Roland Jonak und an Dirigent Thomas Besand.

Die Stadtkapelle sei aus dem kulturellen Leben Kulmbachs nicht mehr wegzudenken, so Michael Pfitzner, und weiter: „Ohne Stadtkapelle kein richtiges Bierfest.“ Auch Oberbürgermeister Henry Schramm hatte Komplimente im Gepäck: „Ihr gehört untrennbar zu unserer Stadt“, so Schramm zu den Musikern, die er als wunderbare Botschafter Kulmbachs bezeichnete. Dirigent Thomas Besand nannte das kulturelle Engagement des Lions Club eine großzügige Geste. „Wir freuen uns, dass unser Engagement so angenommen wird“, sagte er.

Bilder:
Die Stadtkapelle Kulmbach bei der traditionellen Bierfestserenade am Donnerstagabend auf dem Marktplatz (oben).

Mit 1000 Euro für neues Notenmaterial überraschte der Lions-Club die Stadtkapelle (von links): Günter Heidenreich, Henry Schramm, Michael Pfitzner, Thomas Besand, Roland Jonak und Jörg Naumann (unten).

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20.07.2014

Tosca im Donnergrollen / Ljubka Biagioni zu Guttenberg dirigierte zum Abschluss der Plassenburg Open Airs das Sofia Philharmonic Orchestra

Kulmbach. Dem Regentanz zum Trotz: nicht ein Tropfen war gefallen, beim Klassik-Open-Air am Sonntagabend auf der Plassenburg. Und das, obwohl Ljubka Biagioni zu Guttenberg und ihr Sofia-Symphonics-Orchester so mutig waren, den Regentanz des bulgarischen Komponisten Marin Goleminov aufzuführen.

Fast auf den Tag genau ein Jahr nach ihrem Debüt auf der Plassenburg setzte die prominente Dirigentin am Sonntag zum zweiten Heimspiel an. „Jetzt bin ich auch musikalisch in Oberfranken angekommen“, sagte sie mit Blick auf das Plassenburg-Open-Air im Interview. Zusammen mit dem Sofia Philharmonic Orchester, dem Chor „Svetoslav Obretenov“ und den Solisten Marta Torbidoni (Sopran), Sarah Ferede (Mezzosopran), Michail Michailov (Tenor) und Vladimir Sazdovski (Bariton) trat die Musikerin zum Abschluss der Freilichtkonzerte auf und überraschte ihr Publikum erneut mit einer ganz ungewöhnliche Programmkonstellation.

„Die Plassenburg hat ein ganz besonderes Ambiente“, sagte die Dirigentin mit italienisch-bulgarischen Wurzeln. Der schöne Hof sei groß und repräsentativ, aber auch gemütlich. Und damit genau das Richtige für eine „Best-of-Classic“-Programm, was bei einem sommerlich leichten Open-Air-Konzert auch völlig in Ordnung ist.

Wenn da nicht der dunkle Himmel und die schlechten Wetteraussichten gewesen wären. Schon eine halbe Stunde vor Beginn machte sich bei den Veranstaltern Nervosität breit. Regenponchos lagen bereit und die Technik verschanzte sich vorsichtshalber schon mal hinter dicken Planen. Punkt 20 Uhr hebt Ljubka Biagioni, Ehefrau des Dirigenten Enoch zu Guttenberg, den Taktstock zu Peter Tschaikowskys wundervollem Capriccio Italiano.

Später wird sie in ihrer charmanten Art verkünden: „Wir müssen auf die Pause verzichten, es sei denn, sie wollen nass werden.“ Und so bleiben die Steaks und Bratwürste auf dem Grill liegen und das Orchester zieht unter der Stabführung der Dirigentin das Programm im Eiltempo durch. Die Arie „E lucevan le stelle“ aus Puccinis Tosca, meisterhaft interpretiert von dem Tenor Michail Michailov, ein Chor aus Puccinis Madame Butterfly, eine Arie aus Verdis Macbeth, eindrucksvoll gesungen von Sarah Marta Torbidoni und die Habanera aus Bizets Carmen, lupenrein intoniert von der Mezzosopranistin Sarah Ferede.

Auch Abstriche am ursprünglich geplanten Programm werden gemacht, als man meint, ein Donnergrollen aus der Ferne zu vernehmen und sich der Himmel zusehends verfinstert. Ljubka Biagioni verzichtet auf die für sie typischen Ansagen und entschuldigt sich: „Es ist nicht so, dass wir unhöflich sein wollen und ihren Applaus nicht annehmen, aber wir möchten nicht, dass sie nass werden“, sagt sie und blickt besorgt nach oben. Die große Ensembleszene aus Verdis La Traviata erklingt trotzdem in einer solchen Perfektion, wie man sie aufgrund der äußeren Umstände nie erwartet hätte.

Am Ende bleibt es allen Vorhersagen zum Trotz trocken und außer einigen wenigen Windstößen konnte nichts dem Open-Air etwas anhaben. Da stand auch zwei Zugaben nichts im Wege, zumal die über 1000 Besucher die Musiker gar nicht mehr von der Bühne lassen. Ljubka Biagioni liebt die große Geste und da muss es schon Beethovens Schlusschor aus der 9. Sinfonie mit allen vier Solisten und dem großen Chor sein, dem sie auch noch das Trinklied aus La Traviata draufsetzt.

Bilder:
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Das hat man selten, den Schlusschor aus Beethovens 9. Sinfonie als Zugabe mit dem Sofia Philharmonic Orchester und Chor sowie den Solisten Marta Torbidoni, Sarah Ferede, Michail Michailov und Vladimir Sazdovski unter der Leitung von Ljubka Biagioni zu Guttenberg.
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Zusammen mit dem Sofia Philharmonic Orchestra gastierte Ljubka Biagioni beim Open Air im Schönen Hof der Kulmbacher Plassenburg.
- Banger Blick gen Himmel: das Donnergrollen glaubte man schon zu vernehmen, doch am Ende blieb es trocken.

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19.07.2014

Spider Murphy back to the roots / Umjubeltes Konzert mit den bayerischen Rock´n Rollern auf der Plassenburg

Kulmbach. Kaum zu glauben, eine echte Rock`n Roll Band wie die Spider Murphy Gang kann auch ein Akustik-Konzert geben, unplugged und ohne Strom spielen. Naja, so ganz stimmt das freilich nicht mit dem Strom, aber Frontman Günther Sigl und seine fünf Musiker hatten zu ihrem schon lange vorher ausverkauften Auftritt am Samstagabend auf der Plassenburg ausschließlich akustische Instrumente mitgebracht, das heißt vor allem keine E-Gitarren. Der Auftritt war aber trotzdem genauso dynamisch und mitreißend wie viele andere Auftritte auch, von denen es in den zurückliegenden Jahren in der Region immer wieder welche zu erleben gab.

Das Open-Air auf der Plassenburg war freilich mehr als ein Konzert. Günther Sigl scherzte zwischen den Songs voller Ironie, nahm sich und die Gang kräftig aufs Korn, schwelgte in den Anfangsjahren der Band und spannte einen großen Bogen von Elvis Presley und Chuck Berry bis hin zu Peter Kraus und Rocco Granata. Das alles brachte er so sympathisch rüber, dass schon allein dieser Part das Eintrittsgeld wert war. Musikalisch sind freilich alle Hits dabei, und da gibt es viele in über 35 Jahren Bandgeschichte.

„Skandal im Sperrbezirk“ von 1981 wurde zum größten Hit der Spider Murphy Gang. Weil das Wort „Nutten“ drin vorkam, wurde es vom Bayerischen Rundfunk damals nicht gespielt. Heute undenkbar. Die ersten Platten der Band „Rock‘n Roll Schuah“ und „Dolce Vita“ hatte jeder im Schrank oder auf Kassette. Die Münchner Band setzte auf bayerische Mundart zu Rock‘n’Roll, ein absolutes Novum so um das Jahr 1980 herum.

Und so steppten auch am Samstagabend die „Rock´n Roll Schuah“, bei tropischen Temperaturen schwärmte man vom „Sommer in der Stadt“ und vom „Kastanienbaum“, mit „Peep Peep“ gab es eine Reminiszenz an die Neue Deutsche Welle. Günther Sigl sang „Pfüati Gott, Elisabeth“ und widmete den Song „Die schöne Münchnerin“ dem Schauspieler Helmut Fischer. Man kennt sie einfach alle, die Lieder der Spider Murphy Gang, und so springt, wenn auch etwas verzögert, der Funke über, 1400 Zuschauer wippen im Takt, klatschen, jubeln, tanzen Rock´, Roll und feiern die Spiders.

Neben all den Hits gab es am Samstagabend aber vor allem auch die Klassiker des Rock´n Roll, die von besonderem Einfluss auf die Band waren. Und da gibt es viele, Hank Wiliams, Chuck Berry und natürlich Elvis Presley, aus dessen Song Jailhouse Rock der Bandname stammt. „Ganz besonders die Stücke von Elvis lassen sich sehr gut unplugged verarbeiten“, sagt Günther Sigl. Songs wie „That´s alright Mama“ oder Johnny B. good“ durften deshalb freilich nicht fehlen. Schließlich dürfe man nicht vergessen, dass der Rock´n Roll am Anfang gar nicht so elektrisch war. Damals seien ja lediglich die Gitarren verstärkt worden. Deshalb sei der Abend immer auch ein Stückweit „back to the roots“.

Gegründet hatte die Band Günther Sigl bereits 1977 zusammen mit dem Gitarristen Barny Murphy, der eigentlich Gerhard Gmell heißt. Er reißt noch immer seine Witze, kommentiert trocken die Moderation von Günther Sigl und raucht auch gerne mal eine Zigarette auf offener Bühne. Das ist wirklich selten geworden. Die Gründungsmitglieder Michael Busse (Keyboard) und Franz Trojan (Schlagzeug) sind dagegen schon lange nicht mehr dabei. Letzterer, viele wissen es noch, war nicht nur der erste Schlagzeuger der Spider Murphy Gang, sondern auch gebürtiger Kulmbacher. Komplettiert wurde die Band mittlerweile mit dem Gitarristen Willie Duncan, Otto Staniloi am Saxophon, Paul Dax am Schlagzeug und Ludwig Seuss am Piano. Letzterer ist nicht nur ein ausgezeichneter Pianist, sondern auch ein vielseitiger Musiker, was er solo und ganz alleine auf der Bühne nach der Pause eindrucksvoll mit einem rasanten Boogie-Woogie unter Beweis stellt.

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02.07.2014

Opernreformator aus der Oberpfalz / Sonderpostwertzeichen zum 300. Geburtstag von Christoph Willibald Gluck vorgestellt

Erasbach. An seinem Denkmal unweit des Geburtshauses in Erasbach bei Berching ist am Mittwoch die Sonderbriefmarke zum 300. Geburtstag des Komponisten Christoph Willibald Gluck vorgestellt worden. Der Gluck-Freundeskreis und die Stadt Berching, zu der Erasbach gehört, feierten den runden Geburtstag  mit einem kleinem Bürgerfest und einem Festkonzert in der Kirche Maria Heimsuchung.

Im Ortsteil Erasbach wurde Christoph Willibald Gluck 1714 geboren und im benachbarten Weidenwang getauft. So jedenfalls ist es Stand der Dinge, noch vor wenigen Jahrzehnten ging die Musikwelt von Weidenwang als Geburtsort aus. Ein „Berchinger“ ist Christoph Willibald Gluck erst seit 1972 mit der Gemeindereform geworden. Doch nach den Worten des Musikwissenschaftlers und renommierten Gluck-Experten Gerhard Croll aus Salzburg, ist es gar nicht entscheidend, wo er geborgen wurde. Wichtig sei es vielmehr, dass Gluck Teil unserer Heimat und Teil der Metropolregion Nürnberg ist.

Heute werde in allen Ortsteilen an den großen Sohn der Gemeinde gedacht, sagte der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, der Bundestagsabgeordnete  Hartmut Koschyk (Bild links) aus Bayreuth. So hätten beide Orte ihr Denkmal: Erasbach eine Steinstele und Weidenwang eine gegossene Büste des Komponisten auf einem Steinsockel. Wer mehr über Christoph Willibald Gluck erfahren möchte, sei es seine Geburt, die Herkunft der Familie aber auch den weiteren Lebensweg und seine Bedeutung als Komponist von europäischem Rang, der könne dies auf einem eigens angelegten Rundwanderweg, der mit zehn Informationstafeln ausgestattet ist, selbst erwandern.

Christoph Willibald Gluck gehöre zu den Persönlichkeiten, die durch ihr Schaffen oder ihre Wirkung auf die Menschen die geschichtliche und gesellschaftliche Entwicklung weit über die Grenzen unseres Landes hinaus nachhaltig beeinflusst haben, sagte Koschyk. Er würdigte den Komponisten als einen der bedeutendsten Söhne der Oberpfalz und Bayerns. Gluck zähle zu den herausragende Persönlichkeiten in der europäischen Musikgeschichte und sei als „der große Opernreformator des 18. Jahrhunderts” weltweit anerkannt. Gluck habe Bühnenwerke geschaffen, die von traditionellen Operntypen bis hin zur Erneuerung des französischen Musikdramas reichen und durch seinen individuellen Kompositionsstil geprägt sind.

„Unser Ziel ist es, Gluck modern und erlebbar zu machen“, sagte die Vorsitzende des „Freundeskreises Christoph Willibald Gluck e.V.“ Ursula Lindl. Wenn es schon zwei Geburtshäuser und zwei Denkmäler gebe, dann gebe es aber auch einen Weg, der die beiden Orte Erasbach und Weidenwang miteinander verbindet, so der Berchinger Bürgermeister Ludwig Eisenreich. Die Sonderbriefmarke schlage ein neues Kapitel auf, um Christoph Willibald Gluck noch bekannter zu machen, so der Landrat von Neumarkt in der Oberpfalz Willibald Gailler.

Hans Peter Schmidt, Aufsichtsratsvorsitzender der Nürnberger Versicherungsgruppe, nannte Gluck das musikalische Gesicht der Metropolregion Nürnberg. Nordbayern sei eine Kulturregion ersten Ranges, die noch viel stärker als bisher mit ihren Pfunden wuchern sollte. Neben Persönlichkeiten wie Albrecht Dürer Jean Paul oder Alexander von Humboldt sei Gluck gehöre Christoph Willibald Gluck unbedingt zu den kulturellen Aushängeschildern.

Herausgeber der Sondermarke ist wie bei allen deutschen Briefmarken das Bundesfinanzministerium. Verkauft werden die Marken in Lizenz von der Deutschen Post. Die Sondermarke zeigt das Wort Oper in den Gläsern einer zeitgenössischen Opernbrille, Darunter ist ein Scherenschnittprofil von Christoph Willibald Gluck angebracht. Der Entwurf stammt von dem Grafiker Matthias Beyrow aus Berlin. Die neue Briefmarke mit dem Wert von 90 Cent, was dem Porto eines Kompaktbriefs bis 50 Gramm entspricht ist ab sofort in den Verkaufsstellen der Deutschen Post erhältlich. Die Auflage beträgt 4,8 Millionen.

Eine Vergrößerung der Marke überreichte Koschyk an Bürgermeister Ludwig Eisenreich, wertvolle Ersttagsalben erhielten unter anderem der örtliche Bundestagsabgeordnete Alois Karl, Bürgermeister Eisenreich, Landrat Willibald Gailler, der bedeutende Gluck-Forscher Gerhard Croll aus Salzburg, der Aufsichtsratsvorsitzende der Nürnberger Versicherung Hans-Peter Schmidt sowie die Vorsitzende des Freundeskreises Ursula Lindl.

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31.05.2014

Kraftvoll, klangschön und gekonnt /
Puerto-ricanischer Pianist Samuel Perez eröffnete Himmelkroner Kultursommer

Himmelkron. Was den puerto-ricanischen Pianisten Samuel Peréz auszeichnet, ist die gewaltige Bandbreite seines Repertoires sowie sein unglaubliches pianistisches Können. Was er etwa in George Gershwins Soloversion der „Rhapsody in Blue“ auf engstem Raum an Anschlagsveränderungen bewältigt, wie er jedes schon verhauchende Pianissimo mit einem Decrescendo ins Verstummen führt, das alles hört man selten so intensiv, wie am Samstagabend bei der Eröffnung des Himmelkroner Kultursommers.

Tempokonstanz kennt Perez dagegen nicht unbedingt, er variiert gerne, aber immer im Zusammenhang, schlüssig und nachvollziehbar und für den Zuhörer vor allem ungemein spannend. Auch nach den expressivsten Ausbrüchen setzt er sein Spiel geradezu unberührt fort. Was für Gershwins Rhapsody gilt, das betrifft bei Perez ganz besonders auch die impressionistische Musik eines Claude Debussy oder die donnernden Kompositionen eines Sergej Rachmaninoff. Bei Rachmaninoffs „Glocken von Moskau“, dem Prelude Nr. 3, Nr. 2, arbeitet er die Themen plastisch heraus und beim verträumten Clair de Lune von Debussy zeigt Samuel Perez, dass er seinen Ruf als Supervirtuose nicht umsonst hat.

Kraftvoll, aber nicht unangemessen donnernd, spielt der 61-Jährige am Yamaha-Flügel der Begegnungsstätte an der Autobahnkirche auf. Die Stärke von Samuel Perez ist weniger die akribisch durchdachte Interpretation. Aufgesetzte Effekte in Klang und Diktion hat der Pianist nicht nötig, was etwa seine Interpretation von so populären Kompositionen wie dem Liebestraum von Franz Liszt oder zwei der „Lieder ohne Worte“ von Felix Mendelssohn Bartholdy zeigen.

Rein technisch ist das Spiel des Puerto-Ricaners zweifellos von hoher Qualität. Doch der Pianist möchte mehr. Er moderiert den Abend auf deutsch und vermittelt so immer auch etwas an  musikalischem Wissen an seine Zuhörer. Aber auch damit nicht genug. Zunächst stellt er Franz Liszts „Bagatelle ohne Tonart“ vor, eine vergessene und späte Komposition Liszts. Das Stück ist freilich nicht atonal, wie die Musik Arnold Schönbergs, verläuft aber extrem chromatisch, so dass selbst Experten beim ersten Hören kaum auf Liszt tippen würden. In der Interpretation von Samuel Perez zielt der Pianist auf einen freien deklamierenden Stil ab, und dort, wo Effekte in den Noten stehen, spielt sie Perez auch gerne aus.

Immer wieder fasziniert der virtuoser Zugriff von Samuel Perez bei gleichzeitiger scheinbar außergewöhnlich pianistischer Leichtigkeit, so auch in der Komposition mit dem Titel: „Partita Jibara“ des zeitgenössischen puerto-ricanischen Komponisten Luis Manuel Alvares. Der ist ein Freund von Samuel Perez und genauso wie er an der dortigen Musikhochschule tätig. Nach den Worten des Pianisten erklingt das tonale, fast schon melodiöse Drei-Minuten-Stück zum ersten Mal in Deutschland. Ob Himmelkron damit in die Musikgeschichte eingeht, werden spätere Generationen zu beurteilen haben.

Lebendig, flüssig, drängend, um sein Spiel zu charakterisieren gäbe es viele geeignete Adjektive. Der Pianist besitzt aber in jedem Fall die perfekte Technik, eine glasklare Artikulation und eine beeindruckende Musikalität, so auch bei den beiden Zugaben, Gershwins „That certain feeling“ und des Folksongs „El Coqui“ seines Landsmannes Jose Quinton.

Samuel Peréz studierte und promovierte unter anderem im US-amerikanischen Michigan. Drei Jahre war er Rektor des Konservatoriums von Puerto Rico. Er konzertierte bislang unter anderem in den Vereinigten Staaten, Europa, in der Karibik und in seiner Heimat Puerto Rico. Neben seinem internationalen Repertoire widmet sich Pérez auch immer wieder der Klaviermusik seines Landes. Pérez ist Professor an der Universität von Puerto Rico.

Bürgermeister Gerhard Schneider, der den Kultursommer zuvor offiziell eröffnet hatte, erinnerte am Ende noch einmal daran, dass der Yamaha-Flügel im Begegnungszentrum ausdrücklich dem Pianisten Samuel Perez zu verdanken sei. Perez, der seit vielen Jahren in der Region regelmäßige Kontakte zu Musikfreunden pflegt, hatte zur 725-Jahr-Feier der Gemeinde eine Spendensammlung für ein derartiges Instrument angeregt, nachdem das alte überhaupt nicht mehr zu gebrauchen war, was Perez zugleich amüsant vorführte.

Bild: Liebestraum und Lieder ohne Worte: der puerto-ricanische Pianist Samuel Peréz bei seinem Klavierabend am Samstagabend in Himmelkron.

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30.05.2014

Eifersucht, Intrigen und Liebesleid / Dritte Premiere auf der Naturbühne mit William Shakespeare Komödie „Viel Lärm um nichts“

Trebgast. Liebe und Intrigen stehen im Mittelpunkt von William Shakespeares 1600 erschienen Komödie „Viel Lärm um nichts“. Auch wenn es vier Jahrhunderte sind, sie uns heute von Shakespeares Werk trennen, die Thematik hat doch nichts an Aktualität eingebüßt, so dass der Klassiker als einer der beliebtesten und meist gespielten Stücke Shakespeares gilt. Zu Recht, wie es die brandneue Inszenierung von Michal Sykora auf der Trebgaster Naturbühne gezeigt hat. Am Freitagabend war Premiere und trotz der kühlen Temperaturen gab es nicht nur am Ende großen Jubel, sondern auch immer wieder herzlichen Zwischenapplaus.

Bei Shakespeare, dessen 450. Geburtstag die Theaterwelt in diesem Jahr feiert, geht es um Liebe und Intrigen, um Eifersucht und Liebesleid und um das Spiel mit dem Schein und Sein. Regisseur Michal Sykora setzt dies gekonnt mit allerhand witzigen Einfällen um. Besonders sticht die ironische Darstellung der höfischen Selbstinszenierung hervor. Auch so etwas gibt es heute noch, will uns der Regisseur sagen und Recht hat er. Eine herausragende Idee Michal Sykoras und seines Kostümbildners Wolfram Müller-Broeder war es, die adelige Gesellschaft ausschließlich in schwarz-weiß Kostüme zu stecken, die Damen gepunktet, die Herren gestreift, und alles selbst genäht, wie Müller-Broeder im Vorfeld verraten hatte.

Der florentinische Graf Claudio und Benedikt, ein Edelmann aus Padua, kehren von einem erfolgreichen Feldzug nach Messina zurück und werden von Leonato, dem Gouverneur, empfangen und beherbergt. Claudio hält um die Hand von Leonatos Tochter Hero an und wird auch bald verlobt. Benedikt wirbt dagegen zunächst vergeblich um Leonatos Nichte Beatrice, da sich diese als männerfeindlich erweist. Nach scheinbar endlosen, aber für Shakespeare so typischen Wirrungen kommt es zum Happy End und das Stück endet mit einer fröhlichen Doppelhochzeit.

Was Shakespeares Werk noch immer so interessant macht, ist unter anderem das amüsante Paar Beatrice und Benedikt mit seinen vielen spitzzüngigen Kommentaren und boshaften Dialogen. In der Regie von Michal Sykora wird die Komödie zu großen Teilen mit Synthie-Pop-Klängen unterlegt, was das ganze etwas zeitgemäßer macht, aber nicht immer passt. Opulent sind die maskierten Szenen, gekonnt die tänzerischen Einlagen bis hin zu einer kleinen Moonwalk-Einlage. Sehr gut genutzt hat der Regisseur die Naturbühne mit all ihren Spielebenen. Sogar der Felsen im Hintergrund wird als Projektionsfläche für die Schattenspiele eingesetzt.

Regisseur Michel Sykora hat Shakespeares Klassiker bereits vor zehn Jahren im Römischen Theater der Eremitage, und damit ebenfalls auf einer Freilichtbühne inszeniert. Diesmal beherrschen Bäume und Hecken das Bühnenbild von Andre Putzmann. Sie werden ständig bewegt, schaffen immer neue Räume und werden so zum Teil der Inszenierung.

Einzelne Schauspieler hervorzuheben wäre den anderen gegenüber ungerecht. Das gesamte Ensemble agiert mit höchster Spielfreude und identifiziert sich stets zu 100 Prozent mit dem nicht immer leicht zu durchschauenden Stoff in einer auch nicht immer einfachen Sprache.

Martin Besold als Claudio und Frank Ziegler als Benedikt sind dabei in jeder Hinsicht so etwas wie Idealbesetzungen. Sie bringen die verschiedenen Gefühlsebenen teils witzig, teils ernsthaft rüber und sind zu jeder Sekunde absolut präsent. Nicht minder glanzvoll agieren Mona-Isabell Peter als Hero und Patricia Wagner als Beatrice. Die beiden Damen sind in den Dialogen besonders gefordert und können sprachlich wie darstellerisch geradezu glänzen. In weiteren Rollen sind Philipp Gehringer als heldenhafter Don Pedro, Rainer Dohlus als ein über den Dingen stehender Leonato und Tobias Kolloch als boshafter Don Juan zu erleben. Außerdem spielen Benedikt Lehmann den Borachio, Julia Krolak den Konrad, Melanie Ehaim und Lea Fischer die „Kammerfrauen“ Margarethe und Ursula sowie Kilian Roskopfs den Pater Franziskus. Als tölpelhafte und einfältige Gerichtsdiener Holzapfel und Schlehwein sind David Ganzleben und Linda Wagner zu erleben, die ihre Sache bestens machen, doch hier wäre offen gestanden weniger mehr gewesen.

William Shakespeares  Komödie „Viel Lärm um nichts“ steht bis zum 15. August noch insgesamt zwölf Mal auf dem Spielplan.

Bilder:
1. Maskenball bei Shakespeare: Mit der Komödie „Viel Lärm um nichts“ wurde auf der Naturbühne Trebgast die dritte Premiere gefeiert.
2. Männerfeindin und Frauenverächter Beatrice und Benedikt, auf der Naturbühne Trebgast gespielt von Patricia Wagner und Frank Ziegler, finden sich am Ende doch.
3. Gepunktet und gestreift sind die Kostüme in der Komödie „Viel Lärm um nichts, die derzeit in Trebgast auf dem Spielplan steht.

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24.05.2014

Slade und Smokie rockten Bayreuth / Mehrere zehntausend Besucher beim Weißbierfest der Brauerei Gebrüder Maisel

Bayreuth. Es ist das größte Fest in der Stadt, sagt Pressekoordinator Andreas Türk. Größer als Bürgerfest oder Volksfest, das Weißbierfest der Brauerei Gebrüder Maisel in Bayreuth. Musikfans kommen aus ganz Deutschland, Geschäftskunden sogar aus Südkorea, um dieses Spektakel zu erleben. Am Wochenende lockte das Weißbierfest mehrere zehntausend Besucher nach Bayreuth.

Das Weißbierfest findet traditionell an den Tagen vor Himmelfahrt statt und gab auch diesmal wieder mit Nordbayerns größter Partymeile den inoffiziellen Startschuss zur Open-Air-Saison in Oberfranken. Höhepunkt ist seit eh und je die Rock-Classics-Nacht am Samstagabend, diesmal mit zwei Bands, die ihre größte Zeit in den späten 1970er, und frühen 1980er Jahren hatten: Slade und Smokie und beide bei freiem Eintritt.

Slade, Mitgründern des Glam Rocks, stehen für eine Erfolgsserie, wie es sie seit den Beatles nicht mehr gab: Bis 1976 landen alle ihre Singles in den Top 20, sechs davon auf Platz eins, bis heute gelten sie als erfolgreichste Band der 1970er Jahre. Ab 1980 feierten sie ein furioses Comeback, die Singles „My Oh My“ und „Far Far away“ hatten auf beiden Seiten des Atlantik Erfolg und wurden auch am Samstagabend an der Hindenburgstraße in Bayreuth regelrecht zelebriert. Mit Gitarrist Dave Hill (68) und Schlagzeuger Don Powell (67) waren immerhin noch zwei der Gründerväter dabei und ihr Auftritt büßte nichts von der Faszination früherer Zeiten ein.

Dann zu mitternächtlicher Stunde der Auftritt von Smokie, ohne Sänger Chris Norman freilich, der ist schon seit fast 30 Jahren nicht mehr dabei, aber mit Bassist Terry Uttley wenigstens ein Musiker der Originalbesetzung dieser Band, die seit 1974 ein Stück Musikgeschichte geschrieben hat. Mit Hits wie „Oh Carol“, „Mexican Girl“ und natürlich „Living Next Door To Alice” brachte Smokie die vielen tausend Besucher, darunter auch Fans, die eigens aus den Niederlanden und aus Belgien angereist waren, in der ausgeräumten Weißbierhalle zum Toben.

Das Weißbierfest lief bereits seit dem vergangenen Donnerstag als zur Opening-Party mit Roy Le Freak, Udo H. Steve K. und Oliver Veron gleich vier angesagte DJs die Brauereihalle zum Dancefloor werden ließen. Zur Cover-Night am Freitag sorgten dann „Psycho Sexy – a tribute to Red Hot Chili Peppers” dafür, dass die Grenzen zwischen Original und Fälschung fast verwischten, ehe AC/DX eine AC/DC-Tributeshow der Extraklasse präsentierten.

Zum Endspurt am Sonntag traten die Singer-Songwriterin Suzan Backer mit ihrem Gitarristen Dennis Lüddicke sowie die „Maisel’s Weisse-Hausband“, die Troglauer Buam auf. Zuvor hatten sich rund zweieinhalbtausend Läufer zum 12. Maisel’s FunRun 2014 aufgemacht. Hier gab es einen Viertel- und einen Halbmarathon sowie einen Kinder- und Bambinilauf und erstmals einen 2,5-Kilometer langen Schülerlauf für die Jahrgänge 1999 bis 2000. „Wir wollten damit ambitionierten Jugendlichen, für die der Viertel- und Halbmarathon noch zu viel ist, eine spannende Wettkampfmöglichkeit bieten“, so Edwin Bauer, der in der Brauerei für die Organisation des FunRun zuständig ist.

Seinen Worten zufolge waren dazu über 200 Helfer entlang der gesamten Strecke im Einsatz, dazu kamen weitere knapp 200 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, BRK und THW. Die große Strecke führte durch die Innenstadt, vorbei an den Bayreuther Sehenswürdigkeiten ins Uni-Gelände und zurück zum Maisel´s Weissbierfest. „Der FunRun ist ein echtes Erlebnis, und das nicht nur wegen der Streckenführung“, so einer der Läufer. Die Teilnehmer konnten sich über 3500 Liter Getränke freuen, darunter eineinhalbtausend Liter alkoholfreies Weißbier, sowie über rund 1000 Äpfel und Bananen. Auch in diesem Jahr säumten tausende begeisterte Zuschauer die Strecke, Musik-, Trommel- und Samba-Gruppen feuerten die Teilnehmer an. Trotzdem soll der Spaß im Vordergrund stehen, sagte Brauereichef Jeff Maisel. Es komme nicht nur auf Bestzeiten und Rekorde an. „Dabei sein ist alles, und gerade deshalb ist der FunRun bei Neueinsteigern in den Laufsport so beliebt“. Und auch die Kuriositäten durften nicht fehlen: Läufer in Kostümen beispielsweise oder ganze Firmen-Teams.

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10.05.2014

Champions-League der jungen Stargeiger / Fédor Roudine aus Frankreich gewinnt 5. Henri-Marteau-Violinwettbewerb

Hof/Lichtenberg. Über 100 junge Geiger aus 26 Ländern hatten sich gemeldet, 64 davon sind zur ersten Runde angetreten, zwölf haben sich in einer viertägigen ersten Runde durchgesetzt. Nach dem Finale stehen die drei Sieger fest: Den 1. Platz erreichte Fédor Roudine aus Frankreich. Der 21-Jährige erhält damit als Sieger des  Internationalen Violinwettbewerbs Henri Marteau für seine außergewöhnliche und überzeugende Leistung ein Preisgeld von 10000 Euro, gestiftet von den Sparkassen in Oberfranken, sowie eine CD-Produktion mit dem Bayerischen Rundfunk.

Auf den 2. Platz spielte sich die Japanerin Misako Akama. Die 21-jährige kann sich über 7500 Euro Preisgeld freuen, das von der Oberfrankenstiftung zur Verfügung gestellt wurde. Den 3. Platz belegt der 18-jährige Minkyum Kim aus Südkorea, der 5000 Euro, gestiftet vom Freundeskreis Haus Marteau für seine hervorragende Leistung erhielt.

Bei dem Wettbewerb wurden außerdem mehrere Sonderpreise vergeben: Den mit 1000 Euro dotierten Magister-Wilfried-Schönweiß-Preis für die beste Interpretation eines Max-Reger-Präludiums sowie den ebenfalls mit 1000 Euro dotierten Publikumspreis gewann der Spanier Francisco Garcia Fullana (23). Der Preis für die beste Henri-Marteau-Interpretation ging an Celina Kotz (19) aus Polen und der Preis für die beste Mozart-Interpretation an die Zweitplatzierte Misako Akama. Auch elf Violinschüler der Musikschule der Hofer Symphoniker durften während der Endrunden einmal richtige Jury sein und wählten unter den sechs Finalisten ihren Favoriten. Den Jugendjurypreis, der mit 500 Euro versehen ist, erspielte sich dabei der Gesamtsieger Fédor Roudine.

Fédor Roudine, der Franzose ist, russische Wurzeln hat und in Köln lebt, zeigte beim Abschlusskonzert mit den Hofer Symphonikern unter der Leitung von Christoph Poppen, dass er völlig zurecht den Gesamtsieg davon trug. Er hatte sich dazu das Violinkonzert in d-Moll op. 40 ausgewählt, das er hochkonzentriert, aber auch absolut routiniert musizierte und dabei viele Feinheiten und Details kenntnisreich herausarbeitete. Es sieht ganz danach aus, als würde man noch viel von diesem Talent hören.

Zwei lange und anstrengende Vorrunden lagen hinter den Teilnehmern, ehe der Juryvorsitzende Gilbert Varga die Finalisten am Freitagnachmittag bekannt gegeben hatte. Die Vorrunden fanden im Haus Marteau, der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken und früheren Wohnstätte des berühmten Geigers und Komponisten Henry Marteau, in Lichtenberg statt. Marteau hatte sich dort auch immer wieder der Lehre verschrieben und gab Unterricht und Meisterkurse. Für Henri Marteau war es wichtig, dass der Geist der Musik an junge Künstler weiter getragen wird.

Der Intension nachgehend hatte der Freundeskreis der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau 1999 beschlossen, dem Meister zu Ehren einen Violinwettbewerb im dreijährigen Turnus auszutragen. Und so fand der Wettbewerb zunächst ehrenamtlich organisiert, seit 2005 unter der Leitung der Hofer Symphoniker und unter der Trägerschaft des Bezirks Oberfranken mittlerweile zum 5. Mal in Lichtenberg, beziehungsweise in Hof statt.

Bezirkstagspräsident Günther Denzler nannte den Wettbewerb einen kulturellen Glanzpunkt, der weit in die Welt hinausstrahle. „Es ist uns wichtig, dass der Wettbewerb in der Region verankert ist“, sagte Denzler. So sei es eine der Besonderheiten, dass sämtliche Teilnehmer in Gastfamilien untergebracht sind. Auf eine andere Besonderheit wies Juryvorsitzender Gilbert Varga hin. So sei es üblich, dass alle ausgeschiedenen Teilnehmer nicht einfach davongeschickt werden, sondern ein umfangreiches Feedback aus den Reihen der Jury bekommen.

Allein schon die Besetzung der zehnköpfigen Jury zeigte das große Format des Wettbewerbs: Die jungen Geigerinnen Fanny Clamagirand oder Lena Neudauer gehörten genauso dazu, wie die renommierten Lehrmeister Walter Forchert, Igor Ozim oder Ilya Kaler. Auch die Klavierbegleiter sind vielen Musikfreunden aus aller Welt ein Begriff: Lauma Skride, Tomoka Nishikawa und Nigel Clayton. Lichtenberg und Hof spielten mit dem Henri-Marteau-Violinwettbewerb in der ersten Liga der Musikwettbewerbe, so Gilbert Varga. Dies unterstreiche nicht zuletzt die Aufnahme des Wettbewerbs in die „World Federation of International Music Competitions“.

Bild:
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 Michael Maurer (links) vom Bezirksverband der Sparkassen überreichte einen Scheck mit dem Preisgeld in Höhe von 10000 Euro an den Gewinner des 5. Henri-Marteau-Violinwettbewerbs, an den jungen Franzosen Fédor Roudine. Rechts im Bild der Moderator des Abschlusskonzertes Tobias Föhrenbach.
- Unter 64 Teilnehmern setzte sich der französische Geiger Fédor Roudine durch und gewann damit den 1. Preis des Henri-Marteau-Violinwettbewerbs.

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08.05.2014

Bier und Bratwürste in Bayreuth / Eine Genießerregion auf 256 Seiten und 450 Bildern: Buchneuerscheinung: „Lebensart genießen – in und um Bayreuth“

Bayreuth. Es gibt verschiedene Bayreuth-Bücher, in denen mal Kunst und Kultur, mal Essen und Trinken, mal andere Themen wie Architektur oder Ausflugsziele im Vordergrund stehen. Doch ein Bayreuth-Buch, in dem all diese Aspekte umfassend beleuchtet werden, gab es bislang nicht.  „Lebensart genießen – in und um Bayreuth“ ist das erste Werk dieser Art: ein reich bebildertes, hochwertiges Genuss-Buch, wie geschaffen, um sich selbst und anderen eine Freude zu machen.

Für Touristen, die nur einige Stunden in Bayreuth halt machen ist das Buch nichts, sagt Herausgeber Oliver van Essenberg aus Bamberg. Ähnliche Bücher hat er bereits mit großem Erfolg über Bamberg, Würzburg und Nürnberg herausgegeben, die verkaufte Auflage lag jeweils bei bis zu 10000. Nun also ist Bayreuth am Zug und die Planungen für einen weiteren Band über das Fichtelgebirge haben bereits begonnen. Dann wäre eine Oberfranken-Trilogie komplett, so Regierungspräsident Wilhelm Wenning bei der Buchvorstellung in Bayreuth.

Herausgeber Essenberg stellt nicht nur viele empfehlenswerte Adressen vor, sondern lässt auch etliche Kenner der Region zu Wort kommen. Die Kabarettistin und gebürtige Bayreutherin Mia Pittroff etwa, sie beschreibt in ihrem Leitartikel die Wonnen der oberfränkischen Gemütlichkeit, speziell in Bayreuth. Der Spezialitätenkenner Georg Lang nimmt sich auf humorvolle Weise der Heiligtümer Bier und Bratwürste an, während Uta Hengelhaupt Anliegen und Angebote der „Genussregion Oberfranken“ darstellt.

Handwerkskammerpräsident Thomas Zimmer liefert einen erhellenden Beitrag zur Geschichte des oberfränkischen Handwerks. Peter Krückmann, Museumsdirektor bei der Bayerischen Schlösserverwaltung, wandelt auf Wilhelmines Spuren, die frühere Kulturreferentin Karla Fohrbeck auf den Wegen von Jean Paul. Nicht minder prominent vertreten ist Richard Wagner und die Geschichte der Festspiele, mit denen sich die Autoren Frank Piontek, Stephan Müller und Monika Beer auseinandersetzen. Der Musikstadt Bayreuth mit ihren vielfältigen Festivals hat der Journalist Stephan Herbert Fuchs einen eigenen Beitrag gewidmet.

Interviews mit Regierungspräsident Wilhelm Wenning und mit dem Leiter des Fränkischen Theatersommers, Jan Burdinski, erweitern das Spektrum. Abgerundet wird das Kompendium mit einem ebenso informativen wie anregenden Streifzug durch die Fränkische Schweiz und hinein in den Nachbarlandkreis Kulmbach. Da geht es dann unter anderem um die Naturbühne Trebgast, das Theater „Das Baumann“, um Thurnau als Ausflugsziel, um das Schloss Neudrossenfeld oder um die Kulmbacher Kommunbräu.

Bei der Auswahl der Adressempfehlungen wurden besonders handwerklich arbeitende Betriebe und Hersteller berücksichtigt, wobei auch Händler mit entsprechendem Know-how vorgestellt werden. Als weiteres Kriterium spielte das Angebot beziehungsweise das Programm eine Rolle, in diesem Zusammenhang vor allem Aspekte wie Regionalität, Naturnähe und Vielfalt. Zu guter Letzt waren auch Faktoren wie die Atmosphäre und der Service entscheidend.

Info:

Herausgeber: Oliver van Essenberg. Mit Beiträgen von: Monika Beer, Inge Eggers, Oliver van Essenberg, Karla Fohrbeck, Stephan Herbert Fuchs, Uta Hengelhaupt, Peter Krückmann, Cornelia Masel-Huth, Stephan Müller, Frank Piontek, Mia Pittroff, Eric Waha, Thomas Zimmer u.a. Preis: 19,80 Euro. 256 Seiten, ca. 450 Abbildungen. Verlag: selekt, Bamberg. ISBN: 978-3981379952

Bild: Nicht nur um Richard Wagner geht es in dem neuen Buch „Lebensart genießen – in und um Bayreuth“, das im Bamberger selekt-Verlag erscheinen ist und das Oliver van Essenberg herausgegeben hat.

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29.04.2014

Geigerelite der Welt zu Gast in Oberfranken / 5. Henri-Marteau-Violinwettbewerb gestartet

Lichtenberg. Mit 64 Teilnehmern aus 25 Ländern ist am Dienstag in Lichtenberg (Landkreis Hof) der 5. Internationale Henri-Marteau-Violinwettbewerb gestartet worden. Nach der offiziellen Eröffnung durch den stellvertretenden Bezirkstagspräsident Eberhard Siller, der künstlerische Berater, Jury-Vorsitzende und frühere Chefdirigent der Hofer Symphoniker Gilbert Varga und der Vorsitzenden des Freundeskreises Haus Marteau Ulrike Brett-Einsiedel wurden die Startnummern der Teilnehmer ausgelost. Noch vor dem Eröffnungskonzert am Abend ging es mit der Probenarbeit los.

Die Besetzung der zehnköpfigen Jury zeigt bereits das große Format des Wettbewerbs: Die jungen Geigerinnen Fanny Clamagirand oder Lena Neudauer gehören genauso dazu, wie die renommierten Lehrmeister Walter Forchert, Igor Ozim oder Ilya Kaler. Auch die Klavierbegleiter sind vielen Musikfreunden aus aller Welt ein Begriff: Lauma Skride, Tomoka Nishikawa und Nigel Clayton.

Im Mittelpunkt aber stehen die 64 Teilnehmer, die sich am Mittwoch im Haus Marteau versammelten. Sie kommen aus Japan, China, Korea, aus Mexiko und Ecuador sowie von der Juillard School in New York. Die jüngste Teilnehmerin ist 14 Jahre alt die Altersgrenze nach oben liegt bei 25 Jahren.

Der Wettbewerb habe sich seit seiner ersten Auflage 2002 zu einem richtig großen, anerkannten und internationalen Wettbewerb gemausert, sagte der stellvertretende Bezirkstagspräsident Edgar Siller. Lichtenberg und Hof spielten mit dem Henri-Marteau-Violinwettbewerb in der ersten Liga der Musikwettbewerbe, so Dirigent Gilbert Varga. Dies unterstreiche nicht zuletzt die Aufnahme des Wettbewerbs in die „World Federation of International Music Competitions“.

Durchgeführt wird der Wettbewerb in drei Runden. Sämtliche Teilnehmer wetteifern mit Interpretationen von Werken Bachs, Mozarts und Paganinis um den Einzug ins Halbfinale. Dort müssen die übrig gebliebenen zwölf Teilnehmer ihr Können in einem einstündigen Recital unter Beweis stellen. Gespielt werden muss als Pflichtstück unter anderem eine Komposition von Henri Marteau sowie ein Auftragswerk des US- Amerikaners Steven Mackey. Die übrigen sechs Finalisten werden sich schließlich mit einem großen Violinkonzert zusammen mit den Hofer Symphonikern der Jury stellen. Am Ende geht es um Preisgelder von zusammen rund 30000 Euro, eine Rundfunkaufnahme, eine CD-Produktion sowie mehrere Sonderpreise.

Der Violinwettbewerb Henri Marteau wurde vom Freundeskreis Haus Marteau 1999 ins Leben gerufen und 2002 erstmals durchgeführt. Seitdem findet er im dreijährigen Turnus statt, bis 2005 ehrenamtlich organisiert, ab 2005 unter der Trägerschaft des Bezirks und unter der künstlerischen und organisatorischen Gesamtleitung der Hofer Symphonikern.

Benannt wurde der Violinwettbewerb nach dem Geiger und Komponisten Henri Marteau. Er ist auch der Namensgeber der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken in Lichtenberg. Henri Marteau starb am 4. Oktober 1934 in seiner Wahlheimat in Lichtenberg. Seine dortige Künstlervilla hatte der Bezirk Oberfranken 1982 erworben. Neben dem Violinwettbewerb finden dort seit mittlerweile 30 Jahren Meisterkurse für nahezu alle klassischen Musiksparten mit namhaften Dozenten statt.

Der Violinwettbewerb 2014 endet am 10. Mai um 19.30 Uhr mit einem Galakonzert unter der Leitung des prominenten Dirigenten Christoph Poppen in der Hofer Freiheitshalle. Sämtliche Wertungsrunden dazwischen sind öffentlich und können bei freiem Eintritt besucht werden.

Bilder:
- Der britische Geiger und Dirigent Gilbert Varga ist künstlerischer Leiter des Henri-Marteau-Violinwettbewerbs und Vorsitzender der Jury.
-
Ganz im Zeichen des Henri-Marteau-Violinwettbewerbs steht in den kommenden Tagen und Wochen dessen ehemalige Künstlervilla in Lichtenberg (Landkreis Hof).

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19.04.2014

Musikalischer Botschafter Oberfrankens / Perfekt, populär und pointiert: Jugendsymphonieorchester feierte 30. Geburtstag

Hof. Mit drei Konzerten in Hof, Coburg und Stegaurach bei Bamberg hat das Jugendsymphonieorchester Oberfranken an Ostern seinen 30. Geburtstag gefeiert. An musikalischer Durchschlagskraft mangelt es dabei vor allem einem nicht: dem Dirigenten Till Fabian Weser. Er hat es bereits im zweiten Jahr in Folge geschafft, aus 70 jungen Musikerinnen und Musikern zwischen 11 und 21 Jahren mit unterschiedlichem Kenntnisstand und unterschiedlicher Motivation einen homogenen Klangkörper zu formen. Und das in nur sieben Tagen konzentrierter Arbeit in der Abgeschiedenheit des Weißenstädter Schullandheims und mit der Hilfe einiger namhafter Orchesterdozenten, unter anderem von den Bamberger und den Hofer Symphonikern.

Aaron Coplands imposante und blitzsauber intonierte „Fanfare for the Common Man“ machte den Anfang in einer äußerst populären, aber nicht minder anspruchsvollen Programmauswahl. Coplands lyrisch nostalgische Komposition „Letter from home” musizierte das Orchester überaus transparent, ruhig und völlig unaufgeregt, so dass die vielen kleinen Einzelheiten, die Coplands Werk zu bieten hat wunderbar zum Tragen kamen. Auch George Gershwins klangmalerischer Spaziergang durch Paris mit dem Titel „Ein Amerikaner in Paris“ gelingt den jungen Leuten hervorragend. Orchestral wolkiger Big-Band-Sound, ganz so wie von Gershwin beabsichtigt, trifft auf schmiegsame Leichtigkeit und Eleganz. Gershwins Welterfolg zwischen Klassik und Jazz erklingt verblüffend perfekt und ungemein engagiert musiziert.

Höhepunkt der Konzerte waren die Ausschnitte aus der populärsten und am meisten gespielten Oper der Musikgeschichte, aus Georges Bizets „Carmen“. Fesselnd zügig musizierte das Orchester, ebenso pointiert und verführerisch mit aufregenden Steigerungen. In der Habanera der Carmen zeigte die junge Münchner Mezzosopranistin Idunnu Münch, dass sie stimmlich und darstellerisch riesiges Potenzial hat. Nicht minder wusste der fabelhaft disponierte thailändische Tenor Nutthaporn Thammathi in der Blumenarie des Don Jose  zu überzeugen. Beim Duett Micaele/Don Jose aus dem 1. Akt gesellte sich die aus Bamberg stammenden Sopranistin Victoria Kunze als Micaela dazu, die ihre Partie ebenfalls blitzsauber intonierte. Mit der Auswahl der Gesangssolisten war dem Dirigenten Till Fabian Weser ein echter Coup gelungen, völlig zurecht feierte das Publikum frenetisch die drei Solisten. Alle drei sangen kraftvoll und doch überaus natürlich und legten eine große Bühnenpräsenz an den Tag. Die Namen der drei Gesangssolisten kann man sich schon mal getrost merken, den von allen dreien wird man sicherlich noch viel hören.

Das „Feuerwerk der Klassik“ zum 30. Geburtstag des Orchesters endete mit dem berühmten spanischen Bolero, dem Tanz aller Tänze mit hypnotischer Wirkung von Maurice Ravel. In rituell spanischer Ruhe beginnend und sich, nur nicht zu rasch, zur flammenden Ekstase steigernd, dafür stand Till Fabian Weser mit seinem eindrucksvollen Dirigat. Weser setzte die Akzente scharf und die jungen Musiker folgten ihm. Von Takt zu Takt wurde das Orchester immer ein klein wenig lauter und die jungen Musiker schafften es, ganz wie ein Profiorchester dem leisesten Pianissimo zu Beginn das lauteste Fortissimo am Ende folgen zu lassen.

Mit dem berühmten Lied „Summertime“ von Georges Gershwin gesungen von der fabelhaften Idunnu Münch und dem Trinklied aus der Verdi-Oper „La Traviata“ mit Victoria Kunze und Nutthaporn Thammathi hatte Till Fabian Weser mit dem Orchester zwei Zugaben einstudiert, die  so recht zum Programm passten und große Lust auf das machten, was der Dirigent zuvor angekündigt hatte, einem Auftritt des Jugendsinfonieorcesters außerhalb des Regierungsbezirks als musikalische Botschafter Oberfrankens.

Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler bezeichnete das Jugendsymphonieorchester Oberfranken beim Festakt in Hof als musikalisches Aushängeschild der musikalischen Nachwuchsförderung in Oberfranken. Denzler sprach von einer tollen Plattform für die jungen Musikerinnen und Musiker, Orchestererfahrung zu sammeln und sich gegenseitig auszutauschen. Er erinnerte auch an den allerersten Auftritt am 21. April 1984, damals noch unter dem Namen „Marteau-Orchester“ in der Frankenhalle in Naila.

Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde auf Initiative des ersten Künstlerischen Leiters des Hauses Marteau, Professor Dr. Günther Weiß gegründet. Ziel war es damals, ein verbindendes Element zwischen der musikalischen Elitebildung in Haus Marteau und der musikpädagogischen Arbeit in der Region zu fördern. Andererseits sollten jungen Musiktalenten aus Oberfranken die Möglichkeit eröffnet werden, Orchestererfahrung in einem Repertoire zu gewinnen, das Schul- oder Musikschulorchester nicht oder nur äußerst selten bieten können.

Weiß stand zehn Jahre lang an der Spitze des Klangkörpers. Nachfolger waren Howard Golden von den Hofer Symphonikern und der aus Kulmbach stammende Dirigent Raoul Grüneis. Seit 2013 steht Till Fabian Weser am Pult des Jugendsymphonieorchesters. Der aus Amerika stammende Dirigent ist außerdem Trompeter bei den Bamberger Symphonikern und künstlerischer Leiter der Sommeroper Bamberg.

Bilder:
1. Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken unter der Leitung von Till Fabian Weser beim Festkonzert zu seinem 30. Geburtstag am Karsamstag im Festsaal der Hofer Freiheitshalle.
2. Die berühmte Habanera aus Carmen sang die Münchner Mezzosopranistin Idunnu Münch, begleitet wurde sie vom Jugendsymphonieorchester Oberfranken unter Till Fabian Weser.
3. Bereits im zweiten Jahr in Folge schaffte es der Dirigent Till Fabian Weser aus 70 jungen Musikerinnen und Musikern zwischen 11 und 21 Jahren einen homogenen Klangkörper zu formen.

4. Großer Applaus für das Jugendsymphonieorchester Oberfranken, den drei Gesangssolisten und Dirigent Till Fabian Weser im Festsaal der Freiheitshalle Hof.

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12.04.2014

Orchester auf Zeit feiert Geburtstag / Jugendsymphonieorchester Oberfranken: Probenauftakt in Weißenstadt

Weißenstadt. Aaron Coplands Komposition „Letters from home“ und George Gershwins „Amerikaner in Paris“ bildeten den Auftakt: Mit einer Durchspielprobe hat am Wochenende im Schullandheim von Weißenstadt im Landkreis Wunsiedel die Übungsphase des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken begonnen. Während das Orchester heuer seinen 30. Geburtstag feiert, steht der Dirigent Till Fabian Weser dabei erst zum zweiten Mal am Pult. Seine Aufgabe ist es, die jungen Talente aus allen Teilen des Regierungsbezirks in nur einer Woche zu einem einzigen Klangkörper zusammenzuführen. Unter der Stabführung des aus Amerika stammenden Dirigenten werden die gut 70 jungen Musikerinnen und Musiker zwischen 11 und 21 Jahren über Ostern zu einer kleinen Oberfranken-Tournee aufbrechen.

Im Weißenstädter Schullandheim finden nicht nur die ersten Proben statt, auch die Nachwuchsmusiker werden dort untergebracht sein. Die Generalprobe soll dann am Karfreitag im Kurhotel von Weißenstadt über die Bühne gehen. Auftakt der Konzertreihe ist am 19. April (Ostersamstag) in der Hofer Freiheitshalle, am 20. April (Ostersonntag) im Coburger Kongresshaus Rosengarten sowie am 21. April (Ostermontag) in der Aurachtalhalle von Stegaurach bei Bamberg. Prominente Gratulanten werden zum Auftakt in Hof der oberfränkische Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler und der Präsident des Bayerischen Musikrates und frühere Staatsminister Dr. Thomas Goppel sein.

Neben Coplands „Letters from home“ und Gershwins „Amerikaner in Paris“ werden Ausschnitte aus Georges Bizets Oper „Carmen“, Coplands bekannte “Fanfare for the common man” und Maurice Ravels „Boléro“ auf dem Programm stehen. Gesangssolisten sind die Sopranistin Victoria Kunze, die Mezzosopranistin Idunnu Münch und der Tenor Nutthaporn Thammathi. Vitoria Kunze ist gebürtige Bambergerin, sie gab im Oktober 2013 ihr Operndebut als Zerlina bei der Sommer Oper Bamberg. Idunnu Münch aus München wirkte 2013 in Mendelssohns „Sommernachtstraum“ bei den Salzburger Festspielen mit. Dritter im Bunde der herausragenden Solisten ist der 1988 in Thailand geborene Tenor Nutthaporn Thammathi, der seit 2011 Salzburger Mozarteum studiert.

„Mit unserem ehrgeizigen Projekt eines eigenen Jugendsymphonieorchesters möchten wir jungen Nachwuchsmusikern aus der Region alljährlich zu Ostern die Möglichkeit geben, ihr Können unter professioneller Anleitung öffentlich zu präsentieren“, sagt Bezirkstagspräsident Günther Denzler. Als „Orchester auf Zeit“ setzte sich das Jugendsymphonieorchester Jahr für Jahr neu zusammen. Der Präsident bezeichnet die intensive Zusammenarbeit mit dem professionellen Dirigenten als eine einzigartige Erfahrung für die jungen Leute. Denzler: „Das oberfränkische Jugendsymphonieorchester ist das Herzstück der Jugendarbeit unserer Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau.“

Dirigent Till Fabian Weser war selbst als Jugendlicher Mitglied in vergleichbaren Klangkörpern, unter anderem im Landesjugendorchester Baden-Württemberg, im Bundesjugendorchester und in der Jungen Deutschen Philharmonie. Weser versteht das Orchester in erster Linie als eine Art Talentschmiede, in dem sich junge Musiker aus allen Teilen Oberfrankens im Bekenntnis zu ihrer Heimat zusammenfinden. „Ich sehe es aber auch als Sprungbrett“, so Weser. In dem Klangkörper hätten die jungen Talente eine hervorragende Möglichkeit, sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.

Ein Sprungbrett war das Jugendsymphonieorchester unter anderem für die heute prominente Geigerin Sornitza Baharova, die zum Probenauftakt die Geigen verstärkte. Sornitza Baharova musizierten mehrere Jahre lang mit dem Jugendsymphonieorchester, heute ist sie Konzertmeisterin der Staatsphilharmonie in Nürnberg. Eigens zum 30. Geburtstag des Orchesters ist Sornitza Baharova zurückgekehrt und wird während der Probephase als Orchesterdozentin mitwirken. Ein weiterer prominenter Ehemaliger ist der Dirigent Axel Kober, Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein und aktueller Tannhäuser-Dirigent bei den Bayreuther Festspielen.

Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken wurde 1984 von dem Musikpädagogen und Dirigenten Professor Günther Weiß (1933 – 2007) gegründet, der viele Jahre als künstlerischer Leiter der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau tätig war. Seit der Gründung kommen junge Musikerinnen und Musiker aus ganz Oberfranken jeweils kurz vor Ostern zu einer Probenwoche zusammen und erarbeiten unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm. „Die ersten Proben fanden damals noch im Haus Marteau, der einstigen Wohnstätte des berühmten Geigers Henri Marteau und heutigen Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken, statt“, erinnert sich Verwaltungsleiter Dr. Ulrich Wirz. Mittlerweile wird in Weißenstadt geprobt, ehe die kleine Oberfranken-Tournee von Hof über Coburg nach Stegaurach bei Bamberg startet.

Bilder: Probenauftakt am Wochenende in Weißenstadt: Till Fabian Weser dirigiert das Jugendsymphonieorchester Oberfranken

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31.03.2014

Alltägliches aus jüdischen Landgemeinden / Fränkische-Schweiz-Museum zeigt Genisa-Funde aus fränkischen Synagogen

Pottenstein. Es ist keine einfache Ausstellung, denn sie fordert den Betrachter schon ein wenig heraus. Projektleiterin Martina Edelmann vom Jüdischen Kulturmuseum in Veitshöchheim weiß, dass nicht jeder mit den Papierfetzen etwas anfangen kann, die derzeit im Fränkische-Schweiz-Museum in Tüchersfeld bei Pottenstein zu sehen sind. Wer allerdings bereit ist, sich in die Ausstellung „Genutzt – Abgelegt – Gefunden“ ein wenig zu vertiefen, der wird mit Hilfe der gezeigten und bislang verborgenen Schätze aus fränkischen Synagogen einen Blick in die Vergangenheit werfen können, einen Blick in den Alltag jüdischer Landgemeinden, wie er heute nicht mehr existiert.

Zunächst war es ganz normaler Dachbodenschutt, der bei Sanierungsarbeiten nun mal anfällt. Bis irgendjemand 1986 in Veitshöchheim mal genauer hinschaute und eine Genisa entdeckte. Dabei handelt es sich um Schriftstücke, die aus religiösen Gründen nicht einfach weggeworfen werden dürfen. Das Wort Genisa steht dabei für Depot oder Speicher und meint einen Aufbewahrungsort nicht mehr benötigter jüdischer liturgischer Schriften, also nicht mehr lesbare Torarollen oder andere Texte. So haben wichtige Schriftstücke der jüdischen Liturgie, der jüdischen Geschichte aber auch profane Schriftstücke die Zeit überdauert.

Weil solche Schriften nicht nur in Veitshöchheim sondern auch in vielen anderen Synagogen Frankens verwahrt wurden, startete das Jüdische Kulturmuseum ein Genisa-Projekt, das alles Erhaltenswerte archiviert, katalogisiert, auswertet und der Öffentlichkeit in Form von Ausstellungen wie der jetzigen im Fränkische-Schweiz-Museum zugänglich macht.

„Natürlich können wir nicht jeden einzelnen Papierfetzen archivieren“, sagt Martina Edelmann. Trotzdem seien zu den meisten Funden Inventarblätter angelegt worden, auf denen alles festgehalten wurde, was zu dem jeweiligen Objekt bekannt ist. Die Historikerin sprach von einer ganz neuen Quellengattung, die über das innerjüdische Leben informiert. Nicht über besondere Vorgänge, sondern über ganz alltägliche Dinge.

Zu sehen sind unter anderem fragmentarische Gebetsbücher, Warenlisten, private Notizen, medizinische Rezepte oder Schulmaterialien. Sie alle stammen aus Genisa-Funden von Altenkunstadt, Altenschönbach, Lichtenfels, Memmelsdorf, Reckendorf, Veitshöchheim und Wiesenbronn. Ein Höhepunkt der Schau ist eine Pergamenthandschrift, die aus der Genisa von Dormitz bei Forchheim stammt. Sie stammt aus der Zeit vor 1600 und  enthält Gebete aus allen Lebenslagen, Liturgien für die hohen Feiertage und religiöse Belehrungen.

Die Ausstellung ist in Tüchersfeld am richtigen Ort, sagte der Pottensteiner Bürgermeister Stefan Frühbeißer bei der Eröffnung. Als Grund dafür nannte er die Tatsache, dass in den Räumlichkeiten während des 18. Jahrhunderts die örtliche jüdische Gemeinde ansässig war und deren einstige Landsynagoge bei einem Rundgang noch heute besichtigt werden kann. „Die Synagoge ist das Kernstück der Präsentation“, so Museumsleiter Rainer Hofmann. Er versprach tiefe Einblicke in den jüdischen Alltag, in das religiöse, aber auch in das kulturelle und geschäftliche Leben.

Die Ausstellung „Genutzt – Abgelegt – Gefunden, Verborgenen Schätze aus fränkischen Synagogen“ ist noch bis einschließlich 11. Mai täglich, außer Montag, zwischen 10 und 17 Uhr im Fränkische-Schweiz-Museum Tüchersfeld in 91278 Pottenstein zu sehen.

Bilder:
1. Erstmals öffentlich zu sehen ist bei der Ausstellung im Fränkische-Schweiz-Museum dieser Pergamentband mit über 200 Seiten, der aus Dormitz stammt und aus der Zeit vor 1600 stammt.

2. Martina Edelmann vom Jüdischen Kulturmuseum in Veitshöchheim und Museumsleiter Rainer Hofmann haben eine ganze Reihe fränkischer Genisa-Funde zusammengetragen und für die Sonderausstellung in Tüchersfeld aufbereitet.

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24.03.2014

Professionalität, Ernsthaftigkeit und Ehrgeiz / 5. Henri-Marteau-Violinwettbewerb vom 29. April bis 10. Mai in Lichtenberg und Hof

Hof/Lichtenberg. Tobias Feldmann denkt noch immer an das Jahr 2011: „Ich erinnere mich heute noch sehr gerne an die tolle Zeit in Lichtenberg und Hof vor drei Jahren und möchte mich noch einmal ganz herzlich beim Freundeskreis und meiner Gastfamilie bedanken“, sagt Tobias Feldmann, Sieger des Henri-Marteau-Violinwettbewerbs 2011. Er habe schon an vielen Wettbewerben teilgenommen, die herzliche und familiäre Atmosphäre beim Henri-Marteau-Wettbewerb sei jedoch wirklich einzigartig, so Feldmann, der mittlerweile zahlreiche nationale und internationale Preise erspielt hat und weltweit mit großen Orchestern und namhaften Dirigenten auftritt. Beim Henri-Marteau-Violinwettbewerb wurde sein erster Preis unter anderem mit einer CD-Produktion und einem Preisgeld in Höhe von 10000 Euro honoriert. Zweiter wurde damals Edouard Mätzener aus der Schweiz, dritte die junge koreanische Geigerin Ji Young Lim.

In seiner mittlerweile fünften Auflage ist der Henri-Marteau-Violinwettbewerb gefragt wie nie zuvor. Über 100 Anmeldungen aus 25 Ländern konnten der Bezirk Oberfranken und die Hofer Symphoniker mittlerweile verzeichnen. „Damit haben wir echte Rekordzahlen erreicht“, sagt Ingrid Schrader, Intendantin der Hofer Symphoniker. Der Wettbewerb bringe Menschen aus der ganzen Welt nach Oberfranken und trage den Namen des Regierungsbezirks weit in die Welt hinaus, so Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler.

Der Wettbewerb füge sich auch wunderbar in das Gesamtkonzept der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau des Bezirks Oberfranken ein, bekräftigt Denzler. Dabei sollen nicht nur junge Musiker aus der ganzen Welt von dem Wettbewerb profitieren, sondern auch junge Talente aus der Region, entweder durch ihre Teilnahme oder durch den Besuch der zahlreichen Wertungsspiele und Konzerte. Durch die Unterbringung der Teilnehmer bei Gastfamilien entstünden immer wieder wertvolle Kontakte, die teilweise über viele Jahre hinweg halten.

Lichtenberg und Hof spielten mit dem Henri-Marteau-Violinwettbewerb in der ersten Liga der Musikwettbewerbe, sagt der britische Dirigent Gilbert Varga, künstlerischer Leiter des Wettbewerbs und Juryvorsitzender. Anmeldungen liegen den Verantwortlichen unter anderem bereits aus Japan, China, Korea, aus Mexiko und Ecuador sowie von Absolventen der Juillard School New York vor. Die jüngste Teilnehmerin ist 14 Jahre alt und kommt aus Deutschland. Die Altersgrenze nach oben liegt bei 25 Jahren.

Mit der Aufnahme des Violinwettbewerbs in die „World Federation of International Music Competitions“ gehöre die Veranstaltungsreihe mittlerweile zur ersten Liga der Musikwettbewerbe auf der ganzen Welt, so Gilbert Varga, der von 1980 bis 1985 als Chefdirigent an der Spitze der Hofer Symphoniker stand. International wie die Teilnehmer seien auch die zehn Juroren, die aus acht verschiedenen Nationen kommen. Varga sprach von einem ganz besonderen Wettbewerb, der wie kaum ein anderer auf Professionalität, Ernsthaftigkeit und Ehrgeiz setze.

Der Violinwettbewerb Henri Marteau wurde vom Freundeskreis Haus Marteau 1999 ins Leben gerufen und 2002 erstmals durchgeführt. Seitdem findet der Wettbewerb im dreijährigen Turnus statt, bis 2005 ehrenamtlich organisiert, ab 2005 unter der Trägerschaft des Bezirks und unter der künstlerischen und organisatorischen Gesamtleitung der Hofer Symphonikern. Benannt wurde der Violinwettbewerb nach dem Geiger und Komponisten Henri Marteau. Er ist auch der Namensgeber der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken in Lichtenberg. Henri Marteau starb am 4. Oktober 1934 in seiner Wahlheimat in Lichtenberg. Seine dortige Künstlervilla hatte der Bezirk Oberfranken 1982 erworben. Neben dem Violinwettbewerb finden dort seit mittlerweile 30 Jahren Meisterkurse für nahezu alle klassischen Musiksparten mit namhaften Dozenten statt.

Der Violinwettbewerb 2014 beginnt mit einem Eröffnungskonzert am 29. April um 19 Uhr im Haus Marteau in Lichtenberg und endet am 10. Mai um 19.30 Uhr mit einem Galakonzert unter der Leitung des prominenten Dirigenten Christoph Poppen in der Hofer Freiheitshalle. Sämtliche Wertungsrunden dazwischen sind öffentlich und können bei freiem Eintritt besucht werden.

Bild: „Professionalität, Ernsthaftigkeit und Ehrgeiz“: der britische Geiger und Dirigent Gilbert Varga ist künstlerischer Leiter des Henri-Marteau-Violinwettbewerbs und Vorsitzender der Jury.

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11.03.2014

Drei Komponisten und ein Universalgelehrter: Humboldt und die Musik
Von Goldkronach nach Berlin: Musikalisch-literarische Soiree über Mendelssohn, Meyerbeer, Wagner und Alexander von Humboldt

Goldkronach / Berlin. Alexander von Humboldt war musikalisch. Davon ist nicht nur Professor Dr. Sieghart Döhring vom Meyerbeer-Institut Thurnau fest überzeugt. Bei einem musikalisch-literarischen Abend in der Berliner Sophienkirche zeigte des Alexander-von-Humboldt-Kulturforum Goldkronach anhand von Briefen und Kompositionen am Dienstagabend eindrucksvoll auf, dass zwischen dem Universalgelehrten Alexander von Humboldt und den drei bedeutende Komponisten Giacomo Meyerbeer, Felix Mendelssohn Bartholdy und Richard Wagner ein reichhaltiges Beziehungsgeflecht besteht.

Ordnung in dieses Beziehungsgeflecht brachte der Musikwissenschaftler Sieghart Döhring: Humboldt und Meyerbeer hätten sich nachweislich 1825 in Paris kennen gelernt. Humboldt sei auch mit der Bankiersfamilie Mendelssohn eng befreundet gewesen und hatte ab 1842 in einem Haus in der Berliner Oranienburgerstraße gewohnt, das den Mendelssohns gehörte. Später sei Alexander von Humboldt die treibende Kraft für die königliche Berufung sowohl Meyerbeers als auch Mendelssohns zum preußischen Generalmusikdirektor in Berlin gewesen.

Sicher nicht persönlich gekannt habe Humboldt dagegen Richard Wagner. Nicht auszuschließen sei allerdings, dass Humboldt eine der frühen Aufführungen des Fliegenden Holländers in Berlin gesehen hat. Allerdings war es auch Richard Wagner, der in seiner 1850 erstmals erschienen und 1869 stark erweiterten Hetzschrift „Das Judentum in der Musik“ gerade Mendelssohn als auch Meyerbeer angriff, sie schwer diffamierte und beiden jegliche Fähigkeit zu künstlerischen Aktivitäten absprach. Noch wenige Jahrzehnte zuvor habe Wagner beide als künstlerische Vorbilder bezeichnet und besonders an Meyerbeer unterwürfige Briefe verfasst. Sowohl Mendelssohn als auch Meyerbeer waren zum Erscheinungszeitpunkt der Hetzschrift bereits tot.

Überzeugt ist Döhring davon, dass Alexander von Humboldt musikalisch war. So habe Humboldt beispielsweise die Uraufführung von Meyerbeers Oper „Die Hugenotten“ 1836 in Paris besucht und sich noch vor Erscheinen der Kritiken in Briefen fundiert  dazu geäußert. Darüber hinaus sei Humboldt die Nachwuchsförderung ein Herzensanliegen gewesen, auch von jungen Musikern.

Ihre Sicht auf Mendelssohn, Meyerbeer und auch auf Richard Wagner stellten bei dem musikalisch-literarischen Abend das vor zwei Jahren gegründete Bläserensemble Athalia unter der Leitung des früheren Pegnitzer Kirchenmusikdirektors Roland Weiss sowie das Berliner Jazz-Duo Nouveau mit Matti Klein am Klavier und Philipp Sindy an der Trompete vor. Der Schauspieler Wolfram Ster von der Studiobühne Bayreuth rezitierte dazu aus Briefen und Tagebucheinträgen. Wenn bei der Aufführung auch ausschließlich Bearbeitungen erklangen, so hatte dies durchaus einen eigenen ästhetischen Wert und einen eigenen musikalischen Reiz, wird doch die Kunst der Bearbeitung gerade wieder neu entdeckt.

„Das Wirken Alexander von Humboldts ist auch heute noch von größtem Interesse und hat nicht an Aktualität verloren“, sagte Hartmut Koschyk, Beauftragter der Bundesregierung für nationale Minderheiten und Bundestagsabgeordneter aus Bayreuth. „Alexander von Humboldt und auch sein Bruder Wilhelm von Humboldt haben für Deutschland und die Welt großartiges bewirkt. Auf die Initiative des Politikers geht nicht nur der literarisch-musikalische Abend in Berlin, sondern auch das „Alexander-von-Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach“ zurück. Der Zusammenschluss wurde 2008 gegründet und hat es sich zu Ziel gesetzt, an Leben und Werk Alexander von Humboldts zu erinnern, der von 1792 bis 1795 im Fichtelgebirge und vor allem im Goldkronach gewirkt hatte.

Bilder:
- Das Bläserensemble Athalia mit hatte mehrere Kompositionen Mendelssohns und Meyerbeers neu arrangiert.
- Das Berliner Duo Nouveau mit Matti Klein am Klavier und dem Trompeter Philipp Sindy an der Trompete verjazzten unter anderem Richard Wagners „Lied an den Abendstern“.
- Dem frühere Pegnitzer Kirchenmusikdirektor Roland Weiss
.

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04.02.2014

Internationale junge Geigerelite kommt nach Oberfranken / Bezirk und Hofer Symphoniker starten heiße Phase des 5. Henri-Marteau-Violinwettbewerbs

Hof. Mit 105 Anmeldungen aus 25 Ländern haben der Bezirk Oberfranken und die Hofer Symphoniker die heiße Phase des 5. Violinwettbewerbs Henri Marteau gestartet. „Damit haben wir echte Rekordzahlen erreicht“, sagte Ingrid Schrader, Intendantin der Hofer Symphoniker. Der Wettbewerb bringe Menschen aus der ganzen Welt nach Oberfranken und trage den Namen des Regierungsbezirks weit in die Welt hinaus, so Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler. Lichtenberg und Hof spielten mit dem Henri-Marteau-Violinwettbewerb in der ersten Liga der Musikwettbewerbe, so der britische Dirigent Gilbert Varga, künstlerischer Leiter des Wettbewerbs und Juryvorsitzender.

Anmeldungen liegen den Verantwortlichen unter anderem bereits aus Japan, China, Korea, aus Mexiko und Ecuador sowie von Absolventen der Juillard School New York vor. Die jüngste Teilnehmerin ist 14 Jahre alt und kommt aus Deutschland. Die Altersgrenze nach oben liegt bei 25 Jahren. Der Violinwettbewerb beginnt mit einem Eröffnungskonzert am 29. April um 19 Uhr im Haus Marteau in Lichtenberg und endet am 10. Mai um 19.30 Uhr mit einem Galakonzert unter der Leitung des prominenten Dirigenten Christoph Poppen in der Hofer Freiheitshalle. Sämtliche Wertungsrunden dazwischen sind öffentlich und können bei freiem Eintritt besucht werden.

Der Wettbewerb füge sich wunderbar in das Gesamtkonzept der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau des Bezirks Oberfranken ein, sagte Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler. Dabei sollen nicht nur junge Musiker aus der ganzen Welt von dem Wettbewerb profitieren, sondern auch junge Talente aus der Region, entweder durch ihre Teilnahme oder durch den Besuch der zahlreichen Wertungsspiele und Konzerte. Durch die Unterbringung der Teilnehmer bei Gastfamilien entstünden immer wieder wertvolle Kontakte, die teilweise über viele Jahre hinweg halten. Denzler bezeichnete es als einmalig, dass ein Violinwettbewerb in der ehemaligen Künstlervilla eines ehemals weltberühmten Geigers stattfindet.

Mit der Aufnahme des Violinwettbewerbs in die „World Federation of International Music Competitions“ gehöre die Veranstaltungsreihe mittlerweile zur ersten Liga der Musikwettbewerbe auf der ganzen Welt, so Gilbert Varga, Künstlerischer Berater und Juryvorsitzender. Der Geiger und Dirigent war von 1980 bis 1985 Chefdirigent der Hofer Symphoniker. International wie die Teilnehmer seien auch die zehn Juroren, die aus acht verschiedenen Nationen kommen. Varga sprach von einem ganz besonderen Wettbewerb, der wie kaum ein anderer auf Professionalität, Ernsthaftigkeit und Ehrgeiz setze.

Durchgeführt wird der Wettbewerb in drei Runden. Sämtliche Teilnehmer wetteifern mit Interpretationen von Werken Bachs, Mozarts und Paganinis um den Einzug ins Halbfinale. Dort müssen die übrig gebliebenen zwölf Teilnehmer ihr Können in einem einstündigen Recital unter Beweis stellen. Gespielt werden muss als Pflichtstück unter anderem eine Komposition von Henri Marteau sowie ein Auftragswerk des US- Amerikaners Steven Mackey. Die übrigen sechs Finalisten werden sich schließlich mit einem großen Violinkonzert zusammen mit den Hofer Symphonikern der Jura stellen. Am Ende geht es um Preisgelder von zusammen rund 30000 Euro, eine Rundfunkaufnahme, eine CD-Produktion sowie mehrere Sonderpreise.

Der Violinwettbewerb Henri Marteau wurde vom Freundeskreis Haus Marteau 1999 ins Leben gerufen und 2002 erstmals durchgeführt. Seitdem findet der Wettbewerb im dreijährigen Turnus statt, bis 2005 ehrenamtlich organisiert, ab 2005 unter der Trägerschaft des Bezirks und unter der künstlerischen und organisatorischen Gesamtleitung der Hofer Symphonikern.

Bild: Sie haben den 5. Violinwettbewerb Henri Marteau auf die Beine gestellt (von links): Dr. Ulrich Wirz, Verwaltungsleiter des Hauses Marteau, der künstlerische Berater Gilbert Varga, Ulf-Martin Keller und Susan Löschner-Döhler von den Hofer Symphonikern, Intendantin Ingrid Schrader, Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler, Ulrike Brett-Einsiedel vom Freundeskreis und Peter Nürmberger, Fachbereichsleiter Kultur bei der Stadt Hof.

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19.01.2014

Romantik, Emotion und schräger Humor /
„Phantom der Oper“: Opulente Ausstattung und ausgezeichnete Darsteller

Kulmbach. Wer die weltberühmten Ohrwürmer von Andrew Lloyd Webber hören wollte, der war sicher enttäuscht. Wer zweieinhalb Stunden anspruchsvolle Unterhaltung mit ausgezeichneten Sängern und Schauspielern suchte, der war am Sonntagabend in der Stadthalle beim „Phantom der Oper“ genau richtig.

Die Version tourt schon seit einiger Zeit kreuz und quer durch Europa. „Morgen sind wir in Basel, so der Manager, später geht es weiter nach Italien, sagt Deborah Sasson. Die US-amerikanische Sopranistin ist so etwas wie der Dreh- und Angelpunkt der Produktion. Deborah Sasson singt und spielt nicht nur die Hauptrolle der Christine, von ihr stammt auch der größte Teil der Musik, sie hat das Buch geschrieben und die künstlerische Gesamtleitung inne. Dazu kommt der Münchner Sänger, Tänzer und Choreograph Jochen Sauter als Textdichter und das legendäre Produzententeam Roland Heck und Gerd Köthe, das als „musikalischer Ideengeber“ genannt wird. Sie alle schufen aus dem Roman von Gaston Leroux eine Version des Phantoms, die nahe an der Romanvorlage ist, viele Opernzitate enthält und die hauptsächlich von Romantik, Emotion und einer Prise schrägen Humors lebt.

Die Geschichte des Phantoms ist die des Titelhelden Eric, der mit verunstaltetem Gesicht in den Gewölben der Pariser Oper lebt und das Haus in einen Ort des Schreckens verwandelt. Anders als im Musical von Andrew Lloyd Webber orientiert sich die vorliegende Version inhaltlich geschlossener an der Bestseller-Vorlage und stellt die Rivalität zwischen dem Phantom und dem Grafen Raoul um die Chorsängerin Christine in den Mittelpunkt. Auch wenn die Textverständlichkeit aufgrund der technischen Verstärkung manchmal etwas litt, so kam die Handlung dennoch absolut schlüssig und nachvollziehbar rüber, was vor allem auch an den vielen aufwändigen Projektionen, Videozuspielungen sowie Licht- und Toneffekten lag.

Wenn die Aufführung auf jeden Fall einen Besuch wert war, dann sicherlich vor allem wegen der ausgezeichneten Sängerdarsteller, allesamt langjährige Musical-Profis von den bedeutendsten europäischen Bühnen. Allen voran Deborah Sasson in der Hauptrolle der Christine. Sie hatte im Laufe ihrer über 30-jährigen Deutschland-Karriere bereits den Grünen Hügel in Bayreuth erklommen und eine beispiellose Bühnen-, Platten- und TV-Karriere folgen lassen. Stimmlich wie darstellerisch kann Deborah Sasson auch in der „Phantom“-Aufführung auf eine beeindruckende Bühnenpräsenz verweisen, zumal das Musical ohnehin immer ihr Schwerpunkt war. Nuancenreich und modulationsfähige ist ihre Stimme, wenngleich auch hier etwas weniger Mikrofon-Verstärkung mehr gewesen wäre.

Ganz Profi erläuterte Deborah Sasson entspannt in der Pause, dass sie bewusst eine ganz andere Fassung, als die von Andrew Lloyd-Webber schreiben wollte. „Manche Menschen glauben ja, Lloyd-Webber habe den Roman geschrieben“, sagt die Sängerin. In Wirklichkeit war es natürlich der französische Schriftsteller Gaston Leroux. Ein Grund für die eigene Fassung sei es auch gewesen, dass die Version von Lloyd-Webber nicht verändert werden dürfe. Aber Theater lebe nur einmal non Veränderung und Neuinterpretation, gerade eine derartige Tourneeproduktion. Also schuf man sich ganz einfach eine eigene Version, die auf jeden Fall das Zeug zum Klassiker hat.

Die Partie des Phantoms verkörperte Axel Olzinger, der als „Grease“-Darsteller und in der „West Side Story“ bei den Bregenzer Festspielen bekannt wurde. Auch Olzinger ist ein absoluter Bühnenprofi in darstellerischer wie gesanglicher Hinsicht, der die Partie des Phantoms glaubhaft rüberbringt und schauspielerisch stimmlich in allen Lagen stets bestens präsent ist. In weiteren tragenden Rollen des fast 50-köpfigen Ensembles waren Textdichter Jochen Sautter als leidenschaftlicher Graf Raoul und Annette Kuhn als überdrehte Charlotta, sowie Niels Schwarzenbeck und Thomas Hartkopf als herrlich komische, rivalisierende Operndirektoren zu erleben. Ihnen allen merkte man in Spiel, Tanz und Gesang an, dass sie auf viele Jahre Bühnenerfahrung zurückblicken können.

Kammermusikalisch mit nur rund 15 Musikern besetzt, aber kräftig mit Keyboard, Bassgitarre, Schlagzeug und Percussion aufgepeppt, erklang das Orchester unter der Leitung des polnischen Dirigenten Piotr Oleksiak ziemlich rockig und perfekt aufeinander abgestimmt. Zu den Höhepunkten gehörten immer die Szenen, bei denen sich das Arrangement einzelne Nummern großer Komponisten wie Giacomo Puccini, Charles Gounod Giuseppe Verdi oder Johann Strauss ausleiht, die dann geschickt mit den modernen Songs verwoben werden

Die Zuschauer in der fast ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle dankten am Ende mit einem langen und herzlichen Applaus, so dass sich das Team mit einer kleinen Szene aus der Fledermaus von Johann Strauss und Deborah Sasson mit der Habanera aus Georges Bizets Oper Carmen verabschiedeten.

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14.01.2014

Blitzendes Blech und vollendeter Klang /
Fulminantes Neujahrskonzert mit der Stadtkapelle Kulmbach – Elke Höhn und Thomas Besand überraschten als Gesangssolisten

Kulmbach. Für Überraschungen ist die Stadtkapelle Kulmbach immer gut. Was sich die Musiker und ihr Dirigent Thomas Besand diesmal zum Neujahrskonzert einfallen ließen, das war allerdings die ganz große Klasse. Als Gesangssolisten bewiesen Flötistin Elke Höhn und Dirigent Besand wahre Entertainerqualitäten. Elke Höhn legte kurzerhand ihr Instrument beiseite und Dirigent Besand steckte den Taktstock weg, beide ergriffen die Mikrofone und gaben Nancy und Frank Sinatra mit „Something stupid“ und zuvor Gershwins „They can´t take that away from me“, die Stadtkapelle lieferte dazu die dezente Begleitung. Die Zuhörer tobten, klatschten frenetisch, der Jubel kannte kaum Grenzen.

Dabei war das Neujahrskonzert auch ohne die Gesangseinlagen schon einsame Spitze. Von klassisch bis modern, so lautet seit jeher das Motto der Stadtkapelle. Natürlich war die Dr.-Stammberger-Halle auch diesmal wieder ausverkauft und natürlich gab es auch heuer traditionelle Marschmusik, leichte Klassik, anspruchsvolle Solostücke aber auch Jazziges, Dixieland, Filmmusik und moderne Popsongs. Alles in trefflichen Arrangements, in der perfekten Einstudierung von Thomas Besand und exzellent dargebracht von den rund 50 Musikerinnen und Musikern. Thomas Besand (49) leitete das Konzert seit 1991 ohne Unterbrechung zum 23. Mal und wie immer, so dirigierte er auch diesmal das gesamte Programm auswendig.

Die Palette der Ideen scheint bei der Stadtkapelle schier unerschöpflich. Auch wenn einige der Stücke schon in den zurückliegenden Jahren immer mal wieder auf dem Programm standen. Gilbert O Sullivans „Matrimony“ etwa, eigentlich ein Popsong, im Arrangement von Erwin Jahreis zum Posaunensolo umfunktioniert und im Konzert hervorragend intoniert von Marco Hofmann.

Die klassischen Märsche, wie etwa Carl Teikes „Observier-Marsch“, der „Admiral-Stosch-Marsch“ des Thüringer Militärtmusikmeisters Carl Latann oder Johannes Everts berühmter „Telefunken-Marsch“, beherrschen die Musiker natürlich exzellent. Einer alten Tradition folgend wurde auch diesmal wieder ein Stück von Vizedirigenten Werner Schneider geleitet: „Adventure“, die Musik zu einem nicht existierenden Film  von Markus Götz. Auch der Vizedirigent hat den Klangkörper bestens vorbereitet, so dass ihm glatt der Taktstock aus den Händen schießt. Manche Formation würde sich glücklich schätzen, zwei derartige Musiker wie Besand und Schneider an der Spitze zu haben, bei der Stadtkapelle Kulmbach ist dieser Umstand seit Jahren an der Tagesordnung.

Bestens besetzt waren auch die anderen beiden Solostücke, das "Concertino für Klarinette“, von Carl Maria von Weber, blitzsauber intoniert und dynamisch sorgsam ausbalanciert vom Solisten Roland Schaller sowie der berühmte Präsentiermarsch mit dem Titel „Der alte Dessauer“ von Alvin Franz, ein Solo für Trompete, das Daniel Richter so exakt umsetzte, das es an Exaktheit selbst von langjährigen Profis wohl kaum zu überbieten sein wird. Ehrensache, dass alle Solisten zu Zugaben gebeten wurden. Höchste Klangkultur und sensibles Musizieren, das macht die Stadtkapelle aus und erst recht ihre Solisten, die stets aus den eigenen Reihen kommen, für einen derartigen Zusammenschluss ebenfalls keine Selbstverständlichkeit.

Ein Markenzeichen der Stadtkapelle Kulmbach ist es, dass sämtliche Titel entweder in der Originalausgabe oder in absolut authentischen Bearbeitungen gespielt werden. Das gilt natürlich auch für die sogenannte leichte, aber dafür umso anspruchsvollere Klassik wie etwa bei Franz von Suppes dramatischer Ouvertüre zur komischen 0per „Leichte Kavallerie“ oder bei der Annenpolka von Johann Strauss. Gerade bei derart „klassischen Evergreens“, auch Franz Lehars Ouvertüre zu seinem sehr anspruchsvollen „Früh-)Werk „Wiener Frauen“ gehört dazu, schafft es die Stadtkapelle immer wieder, symphonisches Gewicht und kammermusikalische Tugenden miteinander zu verbinden, so dass etwa die Ouvertüre im vollendeten Mischklang von blitzendem Blech und klarem Holz ertönt.

Mitreißend und flott musiziert die Stadtkapelle schließlich auch die wunderschöne Melodienfolge mit Werken von Cole Porter oder John Warringtons „Original Dixieland Concerto“, mit einigen gelungenen Kalauern, für die in der Regel Vorstand Roland Jonak zuständig ist. Bleiben noch die Titelmelodie zu „Police Academy” von Robert Folk und der „Colonel Bogey March“ (Die Brücke am Kwai“) von Kenneth J. Alford, ebenfalls zwei echte Juwelen der Blasmusikliteratur. Einmal mehr war es Karl Heinrich Backert, der zwischen den Stücken allerhand Wissenswertes beisteuerte und gleichzeitig den Musikern die notwendigen Verschnaufpausen ermöglichte.

Bilder:
- Symphonisches Blasorchester der Extraklasse: Die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand beim Neujahrskonzert am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle.
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Wahre Entertainerqualitäten: Elke Höhn und Thomas Besand als Nancy und Frank Sinatra.

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02.01.2014

Musik im Dienst der Freundschaft /
Von der Hofer Freiheitshalle zu den Vereinten Nationen nach Genf: Bayreuther Zamirchor startet ehrgeiziges Tourneeprojekt zum Holocaust-Gedenktag

Bayreuth. Nach dem Auftritt im Jahr 2010 vor der UN-Vollversammlung in New York will der Zamirchor aus Bayreuth auch in diesem Jahr Maßstäbe setzen. Im Umfeld des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar startet die erst 2006 gegründete Vereinigung zusammen mit befreundeten Chören aus Israel eine fünfteilige Konzertreihe. Neben Auftritten in Bad Steben,  Bayreuth und Hof werden die rund 25 Sängerinnen und Sänger auch die zentrale Gedenkfeier des Bayerischen Landtags im Nürnberger Dokumentationszentrum ausgestalten, die der Bayerische Rundfunk live im Fernsehen überträgt. Höhepunkt und Abschluss ist ein Konzert mit dem Deutschen Radioorchester unter Walter Schreiber am 28. Januar bei den Vereinten Nationen in Genf.

„Für mich ist das Ganze absolute Friedensarbeit“, sagt die Sopranistin Barbara Baier aus Bayreuth, Gründerin, Leiterin und Organisatorin des Zamirchors. Ihr geht es darum, Musik in den Dienst der Freundschaft zu stellen. Zur anstehenden Konzertreihe ist es der Künstlerin gelungen, den Jerusalem Chamber Oratorio Choir und den Tivon Chamber Choir zu gewinnen. Von den zusammen über 60 aktiven Sängerinnen und Sängern wird ein Teil zum ersten Mal in Deutschland sein. Die meisten Chormitglieder werden nicht im Hotel übernachten, sondern wollten bewusst den Alltag in deutschen Gastfamilien kennenlernen.

Während die Konzerte in Bad Steben und Bayreuth reine Acapella-Konzerte sind, bei denen die jeweiligen Chöre zunächst einzeln, später gemeinsam die verschiedensten Werke aufführen werden, gastieren sie in Hof zusammen mit den Hofer Symphonikern, in Nürnberg mit den Nürnberger Symphonikern und in Genf mit dem Deutschen Radioorchester. „Die gesamten Planungen haben über ein Jahr gedauert, sagt Barbara Baier, die für die Gäste aus Israel auch ein touristisches Programm unter anderem mit Stadtführung in Bayreuth und Thermenbesuch in Bad Steben ausgearbeitet hat.

Gespielt und gesungen werden Werke unter anderem von Felix Mendelssohn Bartholdy, Johannes Brahms und Joseph Haydn. Daneben gibt es eine Uraufführung des zeitgenössischen israelischen Komponisten Isaak Tavior mit dem Titel „In your blood life“ für Chor und großes Orchester. Isaak Tavior ist dem Zamirchor seit Jahren eng verbunden und hat den Klangkörper bereits mehrfach dirigiert. So auch seine Komposition „“The vision oft the dry bones“, die auch diesmal wieder zur Aufführung gelangt und für die Isaak Tavior 2012 aufgrund einer CD-Einspielung mit dem Zamirchor den Kulturpreis der israelischen Regierung erhalten hat.

Bei den Acapella-Konzertenhaben die israelischen Sängerinnen und Sänger vor allem deutsche Chorliteratur ausgewählt, während der Zamirchor  unter anderem Lieder des in Auschwitz ermordeten österreichischen Komponisten Viktor Ullmann singen wird. In Bayreuth gibt es außerdem eine Begleitveranstaltung zusammen mit der Wilhelm-Leuschner-Stiftung, bei der die Holocaustüberlebende Ayala Gabay und Jackie Metzger von der Gedenkstätte Yad Vashem zusammen mit Bayreuther und Pegnitzer Schülern in der Zamirhalle diskutieren werden. Termin ist der 24. Januar um 10.30 Uhr.

Schirmherren des Konzertprojektes sind der neue Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich aus Hof und der Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk aus Bayreuth. Finanziert wird das Großprojekt unter anderem über den Bayerischen Kulturfond, die Oberfrankenstiftung, dem Bayerischen Landtag, der Bertl-Müllerstiftung Hof, den Verein Pro Hof, dem Hofer Lionsclub, den Städten Bayreuth und Hof, der Sparkasse Bayreuth und den Botschaften der Schweiz, Israels, der USA, Großbritanniens, Polens und Kanadas sowie von mehreren Firmen und Einzelpersonen aus der Region.

Bild: Der Zamirchor aus Bayreuth bei einem Auftritt in der Goldkronacher Stadtkirche.

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28.12.2013

Mit Bach, Brahms und Bruckner in den Jahreswechsel /

Kammermusikalisch besinnliches Konzert zum Stiftungstag in Himmelkron

Himmelkron. Musik berührt die Herzen und vermag das auszusprechen, was durch Worte nicht gesagt werden kann. Ganz unmittelbar wird diese Erkenntnis bei besinnlichen Klängen deutlich, wie sie beim Weihnachtskonzert zum Stiftungstag in der Himmelkroner Stiftskirche St. Maria am Samstagabend zum Tragen kamen.

Unter dem Motto „Laudate Dominum – Lobet den Herren“ hatten die Sopranistin Stephanie Simon, die Cellistin Ulrike Gossel und der Organist Julian Horn ein ganz besonderes und vor allem hochkarätiges Programm zusammengestellt, das bereits am Vortag in Küps erklungen war. Das Programm passte aufgrund seiner populären und doch anspruchsvollen Zusammenstellung nicht nur exakt in die Zeit „zwischen den Jahren“ sondern auch zum Himmelkroner Stiftungstag, einer Art Geburtstag des ehemaligen Klosters.

So geht die alljährliche Erinnerung an den Stiftungstag auf die Gründung des einstigen Himmelkroner Klosters durch Graf Otto III. von Weimar-Orlamünde im Jahr 1279 zurück. Die Stiftungsurkunde trägt das Datum 28. Dezember 1279, in dem Stiftungsbrief wird der Name Himmelkron erstmals für das neue Kloster genannt. Das will natürlich gefeiert werden, gerade jetzt in den Tagen kurz vor dem Jahreswechsel. Zusammen mit der Volkshochschule Himmelkron und der evangelischen Kirchengemeinde taten das die Künstler freilich nicht laut und krachend, sondern kammermusikalisch besinnlich, doch nicht minder eindrucksvoll.

Stephanie Simon, die in Würzburg bei Cheryl Studer Gesang studiert hat, verbindet mit Ulrike Gossel, die ihre musikalische Ausbildung unter anderem am Salzburger Mozarteum erfuhr, seit vielen Jahren eine musikalische und private Freundschaft, die durch regelmäßige Konzerttätigkeit unterstützt wird. Mit Julian Horn haben die beiden einen jungen Organisten an ihrer Seite, der in Freiburg seine Ausbildung zum C-Musiker absolviert und in mehreren Gemeinden als Organist tätig ist. Musiziert wurde von der Orgelempore herab, womit die ohnehin exzellente Akustik, praktisch ohne Nachhall bestens zur Geltung kam.

Den Künstlern gelang es etwa mit einer Nummer aus dem Oratorium „Die Jahreszeiten“ von Joseph Haydn, den barocken Klang mit lebendiger, zeitgemäßer Gestaltung zu verknüpfen und vor allem mit einer einzigartigen Vielfalt den verborgenen Geist der Werke aufzuspüren. Mal in der Kombination Orgel, Cello und Sopran, mal Orgel und Sopran, Cello und Orgel oder die Orgel solo, die drei jungen Musiker waren in jeder Zusammenstellung überzeugend. Höhepunkt für viele Zuhörer war das meditative Weihnachtslied „In the bleak midwinter“ des englischen Spätromantikers Gustav Holst, bei dem der Organist Julian Horn zum Bariton wurde und zusammen mit der Sopranistin absolut gekonnt zweistimmig sang.

Insgesamt wirkte die Interpretation der Sopranistin Stephanie Simon nie unangemessen forciert, vielmehr folgte sie stets dem musikalischen Impetus des jeweiligen Komponisten. Mit absolut wandelbarer Stimme, jederzeit textverständlich sehr kraftvoll im Forte und glasklar im Piano bewältigt die Sängerin beispielsweise die wunderbaren aber nicht unbedingt gängigen Weihnachtslieder von Peter Cornelius oder das beeindruckende Schubert-Lied „Du bis die Ruh“.

In Anton Bruckners Ave Maria-Bearbeitung gelang den Ausführenden, diesmal wieder Orgel, Cello und Sopran, eine lebendige, spannende und anspruchsvolle Wiedergabe. Ganz geheimnisvoll erklang die Bearbeitung des Largo aus dem „Winter“ der Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi, eigentlich der langsame Satz eines Violinkonzert, das auch in der Cello-Version nichts an Attraktivität eingebüßt hatte. Zumal mit Ulrike Gossel eine Künstlerin am Werk war, die absolut akzentuiert spielt, jeden Ton wunderbar kontrolliert und so Momente innigster Spannung schafft. So auch Julian Horn, der sich als zuverlässiger und vielseitiger Begleiter und Solist an der Orgel erweist. Zurückgenommene Tempi, hohe Virtuosität und technische Versiertheit, das sind die Markenzeichen des gekonnt aufspielenden Organisten, etwa beim Choralvorspiel von Johannes Brahms zu dem bekannten Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“.

Das Weihnachtskonzert in der nur knapp zur Hälfte besetzten Himmelkroner Stiftskirche entließ die Zuhörer nicht nur froh gestimmt in den Jahreswechsel, sondern hat es auch vermocht, die Herzen zu berühren, was am großen und lange andauernden Beifall deutlich wurde. Sogar eine Zugabe gab es mit Cesar Francks bekanntem Weihnachtslied „Panis Angelicus“.

Bild: Stephanie Simon (rechts), Ulrike Gossel und Julian Horn gestalteten das Weihnachtskonzert zum Stiftungstag in der Himmelkroner Stiftskirche St. Maria

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28.12.2013

Pfefferkuchen an der Ölschnitz /
Bad Berneck veranstaltet eigene Jean-Paul-Festtage

Bad Berneck. Das Jean-Paul-Jahr 2013 zum 250. Geburtstag des Dichters ist vorbei. Das Comeback, das Jean Paul dank des engagierten Einsatzes unermüdlicher Fürsprecher erfahren durfte, soll aber nicht wieder abebben, wie das so oft nach Gedenkjahren passiert. In Bad Berneck etwa plant die Stadt schon für Herbst 2014. Ideengeber der ersten Jean-Paul-Tage und Garant dafür, dass die Sache auch wirklich realisiert wird, ist Hans Jürgen Schatz, Schauspieler aus Berlin und einer, der sich seit Jahrzehnten um Jean Paul verdient gemacht hat. Hans-Jürgen Schatz hat die Leitung der Jean-Paul-Tage vom 10. bis 12. Oktober 2014 übernommen, die Werbung dafür startet in diesen Tagen.

Wie gut, dass Hans-Jürgen Schatz nicht nur für Jean Paul schwärmt, sondern auch für Bad Berneck. Seit 25 Jahren kommt er bereits regelmäßig hierher. „Bad Berneck ist für mich zur zweiten Heimat geworden“, sagt er. Der Schauspieler hatte bereits 1992 in der Bayreuther Markgrafenbuchhandlung seine allererste Jean-Paul-Lesung gegeben, seitdem zahlreiche CDs mit dem Werk Jean Pauls aufgenommen und sich in herausragender Art und Weise für den Ausbau des Dichterstübchens in der Bayreuther Rollwenzelei stark gemacht. „Wer sich mit Jean Paul beschäftigt, der weiß, der Weg ist das Ziel“, sagt Schatz.

Einen Jean-Paul-Platz und einen Jean-Paul-Rundweg gibt es schon in der Kurstadt, die in den zurückliegenden Jahren immer wieder mal Federn lassen musste und bei Gästen wie Touristen an Anziehungskraft verloren hatte. Doch wenn es mit der Kultur aufwärts geht, dann kommen auch die Gäste, so glaubt man, und will deshalb verstärkt als Jean-Paul-Ort wahrgenommen werden. „Die Jean-Paul-Tage sollen auch den Kulturtourismus ankurbeln“, sagt Hans-Jürgen Schatz.

Jean Paul soll in Bad Berneck hoch oben über dem Ölschnitztal mehrfach Station gemacht haben. Die Stadt selbst beschreibt er als einladend und freundlich. Bemerkenswert ist, dass neben Jean Paul, auch schon die Dichter der Romantik, Ludwig Tieck und Wilhelm Heinrich Wackenroder, die Bayreuther Markgräfin Wilhelmine, das Universalgenie Alexander von Humboldt, der Biedermeier-Schriftsteller Nikolaus Lenau und der Lyriker Joseph von Eichendorff von der idyllischen Lage und dem romantischen Gepräge der Stadt angetan waren und sie als verstecktes Paradies beschrieben haben.

Namentlich genannt wird Bad Berneck bei Jean Paul in dem Roman „Siebenkäs“, wo sonst möchte man fast schon sagen: „In Berneck übernachteten sie zwischen den hohen Brückenpfeilern von Bergen, zwischen welchen sonst die Meere schossen, die unsere Kugel mit Gefilden überzogen haben“ heißt es da. Eine besondere Vorliebe soll Jean Paul auch für die Bernecker Pfefferkuchen gehabt haben. Im September 1820 bat er seinem Sohn Max in einem Brief, zusammen mit dem Freund Emanuel Osmund nach Berneck zu fahren, um neue Pfefferkuchen einzukaufen: „„Schon seit drei Monaten sitz' ich an meinem Schreibtische ohne einen Bissen Bernecker Pfefferkuchen; denn eine Maus in meinem Koffer hatte allen Vorrat, um ihn gut auszukernen, fein zersiebt.“

Die historischen Verbindungen sind also tatsächlich belegt, so dass den Jean-Paul-Festtagen eigentlich nicht mehr im Weg stehen sollte. Ehrensache ist, dass sich Hans-Jürgen Schatz auch selbst einbringen wird, ein entsprechender Vertrag zwischen der Stadtspitze und dem Schauspieler wurde bereits unterzeichnet, die Flyer sind gedruckt und ein Antrag auf Fördergelder beim Kulturfonds Bayern ist positiv beschieden.

Die ersten Bad Bernecker Jean-Paul-Festtage werden vom 10. bis zum 12. Oktober 2014 über die Bühne gehen, ein Zeitraum, der ganz bewusst außerhalb der Ferien- und Festspielzeiten liegt und zu dem ganz gezielt auch Besucher von außerhalb anreisen und ein paar Tage im herbstlichen Fichtelgebirge verweilen sollen. „Es geht nicht um ein Event, es geht um ein kulturelles Alleinstellungsmerkmal“, sagt der Schauspieler, der bereits für 2015 plant. Die ersten Jean-Paul-Tage in Bad Berneck sollen also keine Eintagsfliege sein.

Höhepunkt der 1. Bad Bernecker Jean-Paul-Festtage ist eine Konzertlesung mit Hans-Jürgen Schatz und dem Ensemble Berlin, dem mehrere Mitglieder der weltberühmten Berliner Philharmoniker angehören, am Samstag, 11. Oktober in der der evangelischen Dreifaltigkeitskirche. An gleicher Stelle wird Hans-Jürgen-Schatz im Festgottesdienst am Sonntag, 12. Oktober die „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei“ lesen. Dekan Hans-Martin Lechner wird seine Predigt diesem Text widmen.

Unter dem Motto „Hoppelpoppel und Schnepfendreck“ werden die Kulturjournalistin Cosima Lutz und die Köchin Beate Roth bereits am Freitag, 10. Oktober im Gemeindehaus einen Einblick in die Esskultur zur Zeit Jean Pauls geben. Außerdem stehen ein Vortrag über den Maler und Zeichner Ludwig Richter und eine Märchenlesung auf dem Programm.

Bilder:
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Hans-Jürgen Schatz, Ideengeber und künstlerischer Leiter der ersten Bad Bernecker-Jean-Paul-Festtage.
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Marktplatz Bad Berneck.
- Der Jean-Paul-Weg führt mitten durch den Bad Bernecker Kurpark.
- Die Evangelische Dreifaltigkeitskirche mit der Hey-Orgel aus dem Jahr 1991 ist Schauplatz des zentralen Konzerts der Jean-Paul-Festtage in Bad Berneck.

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22.12.2013

Klanggewaltige Einstimmung auf das Fest / Thomas Grünke gab gelungenes Debüt bei den Weihnachtskonzerten des Kulmbacher Kammerorchesters

Kulmbach. Es war ein überaus gelungenes Debüt, das Thomas Grünke am Sonntag bei zwei Konzerten mit dem Kulmbacher Kammerorchester geboten hat. Das traditionelle  Weihnachtskonzert fand diesmal bereits am Nachmittag in der Bartholomäuskirche in Ludwigschorgast und am Abend dann in der Kreuzkirche statt und zum ersten Mal stand der neue Dirigent aus Kasendorf bei den Auftritten am Pult. Thomas Grünke ist seit rund zwei Jahrzehnten als Organist in Trebgast tätig und leitet dort auch den Kirchenchor, den er gleich bei seinen Debütkonzerten in das Programm integriert hat.

„Unsere Kirche platzt aus allen Nähten“, sagte Pfarrer Martin Wolff, und tatsächlich mussten schon lange vor Beginn zusätzliche Stühle in den Kirchenraum gebracht werden, um alle Zuhörer unterzubringen. Orchester und Chor war aber auch mit einem populären, barocken weihnachtlichen Programm angetreten, das bestens geeignet war, die Herzen der Zuhörer zu berühren und die Menschen auf das Fest einzustimmen. So gleich zu Beginn mit dem Eingangschor und dem Sopransolo aus Georg Philipp Telemanns Kantate „Machet die Tore weit“, bei dem zunächst der hervorragend disponierte Trebgaster Kirchenchor und dann die junge Kulmbacher Sopranistin Lisa Stenglein stimmgewaltig die frohe Botschaft verkündeten.

Musikalischer Höhepunkt war sicherlich Georg Friedrich Händels D-Dur-Suite für Trompete und Orchester mit dem jungen und bereits international gefeierten Solisten Moritz Görg, der schon öfter in der Region zu erleben war. Klar durchgestuft und differenziert phrasierend spielte er das fünfsätzige Werk, das auch vom begleitenden Orchester fein gegliedert und in der Struktur gut durchhörbar aufgeführt wird. Der Ton des aus Ulm stammenden Trompeters ist in allen Bereichen fein ausbalanciert und seine Linienführung elastisch und präzis, so dass Händel an diesem Abend in einem ganz wunderbaren und kräftigen Glanz erstrahlte.

Fünf Weihnachtslieder, acapella von dem über 60 Frauen und Männern starken Chor aufgeführt, standen im Zentrum des Konzertes, darunter auch das so bekannte „Es ist ein Ros entsprungen“, dessen vierstimmiger Chorsatz von dem protestantischen Kirchenkomponisten Michael Praetorius stammt. Kraftvoll in den Frauenstimmen, vielleicht etwas dünn bei den Tenören und Bässen erklang der Chor, der von zahlreichen Gastsängern des Plassenburg Singkreises und des Untersteinacher Chores Verstärkung erfuhr.

Angenehme Tempi und ganz der Partitur entsprechend ein Gleichgewicht zwischen Solisten und Orchester: das ist es, was die Aufführung des Doppelkonzerts für zwei Violinen von Johann Sebastian Bach ausmachte. Bachs Konzert war nie auf den solistischen Effekt ausgerichtet und so verstanden es die Solisten Katharine und Albert Huber auch bestens, sich nicht etwa in den Vordergrund zu spielen, sondern auch dem umsichtig geleiteten Orchester genügend Raum zur Entfaltung zu lassen. Richtiges Teamwork sozusagen, dazu ein Bach mit Vitalität und ein Orchester, das durchaus mehr bot als die Übernahme einer reinen Begleitungsfunktion.

Zwei Chorsätze und ein Instrumentalsatz aus Händels „Messias“ rundeten das Programm ab, wobei Chor und Orchester die Kontraste hervorragend herausarbeiteten, dabei rhythmisch präzise und dynamisch lebendig musizierten. Bei Händels Weihnachtslied „Tochter Zion“ durften schließlich alle mitsingen, ein Angebot, das auch gerne angenommen wurde.

Am Ende dann gab es nicht nur eine Zugabe aus Händels „Messias“, sondern auch viele Worte des Dankes an den neuen Dirigenten und vor allem an seinen Vorgänger Horst Degelmann, der 35 Jahre lang an der Spitze des Orchesters stand. Oberbürgermeister Henry Schramm berichtete von genau 269 Auftritten Degelmanns, davon fast 100 Orchesterkonzerte unter Degelmanns Leitung. „Für sie  war es mehr als ein Job, für sie war es eine Herzensangelegenheit“, sagte der zu Degelmann und überreichte ihm ein Ehrenwappen der Stadt.

Bilder:
- Das Kulmbacher Kammerorchester und Thomas Grünke bei seinem traditionellen Weihnachtskonzert in der Kulmbacher Kreuzkirche.

- Der neue Dirigent des Kulmbacher Kammerorchesters Thomas Grünke und sein Vorgänger Horst Degelmann, dem Oberbürgermeister Henry Schramm (von links) ein Ehrenwappen der Stadt überreichte.

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09.12.2013

Brass statt Pauken und Musik statt Mathe / Rekkenze Brass auf Tour durch oberfränkische Schulen

Hof. Dennis spielt kein Instrument. Dennis spielt Fußball, so sagt er. „Aber Fußball kann doch jeder“, entgegnet Benjamin Sebald an diesem Morgen in der Grundschule am Schlosspark in Konradsreuth bei Hof. Benjamin Sebald ist Profimusiker. Beim Blechbläserquintett Rekkenze Brass spielt der gebürtige Pegnitzer die Trompete. In einer sogenannten Musikhörstunde, einer außergewöhnlichen Schulstunde, gelingt es Benjamin Sebald schnell, den Grundschüler für die Musik zu begeistern. Für sein engagiertes Spiel auf der Triangel bekommt Dennis sogar eine CD, die sich die Klasse in der nächsten Musikstunde bestimmt noch einmal genauer anhören wird.

„Uns geht es nicht nur darum, den Kindern die klassische Musik nahe zu bringen, sondern auch allgemein ihr Interesse und Verständnis für Musik zu wecken“, sagt Rainer Streit, der aus Kulmbach stammt und bei Rekkenze Brass die Tuba spielt. Viele von den Schülern seien noch nie in einem klassischen Konzert gewesen. „Sie kennen das Erlebnis gar nicht, der Musik einmal leise zuzuhören und sie einfach so auf sich wirken zu lassen, sagt Rainer Streit. „Wenn wir dann bei dem einen oder anderen Kind etwas bewirken können, hat sich unser Engagement schon gelohnt.“

Das Engagement, von dem der Musiker spricht, das sind die Schulstunden ganz besonderer Art, für die sich die international bekannte Formation mehrmals im Jahr Zeit nehmen. Sie tut dies im Auftrag des Bezirks Oberfranken, der mit den Musikhörstunden seiner kulturellen Verpflichtung zum Wohl des musikalischen Nachwuchses gerecht wird. Während anderswo Musikstunden gekürzt werden, sollen die oberfränkischen Schüler davon profitieren, ein derart renommiertes Ensemble vor Ort zu haben, das sich wie kaum ein zweites der musikalischen Förderung verschrieben hat. Weitere Bausteine zur Förderung des musikalischen Nachwuchses in Oberfranken sind das Jugendsymphonieorchester, das sich alljährlich an Ostern trifft und die Internationale Musikbegegnungsstätte Haus Marteau mit rund 40 hochkarätigen Meisterkursen pro Jahr.

Soweit sind die Grundschüler in Konradsreuth freilich noch nicht, wenngleich auf die Frage, wer denn ein Instrument spielt, schon einige Finger in die Höhe schnellen. Noch etwas schüchtern wippen die Jüngsten zunächst im Takt mit, wenn Rekkenze einen Jahrhunderte alten Bläsersatz des Komponisten Michael Prätorius erklingen lässt. „Die Musik war auch schon vor ein paar hundert Jahren ganz schön rockig“, sagt der Trompeter Benjamin Sebald. Immer wieder bezieht er die Schüler aktiv mit ein, etwa wenn es gilt, das höchste und das tiefste Instrument zu erkennen, an den richtigen Stellen zu Klatschen oder den verschiedensten Trompeten selbst einmal einen Ton zu entlocken.

Eine Minute lang tatsächlich mucksmäuschenstill zu sitzen, das ist für einige gar nicht so einfach. Dafür kommt die Nummer mit dem Gartenschlauch immer wieder gut an. Den Schlauch hat die Hornistin Debra Lutrell mit einem Mundstück am einen und einem Trichter am anderen Ende präpariert, um ihn über die erstaunten Köpfe kreisen zu lassen und dabei auch noch richtige Musik zu machen. Das Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“ kennt an diesem Morgen niemand, dafür bringt einer, warum auch immer, die bekannte Volksweise „Muß i denn zum Städtele hinaus“ mit Benjamin Blümchen in Verbindung. Den Musikern ist das diesmal egal, ihnen kommt es darauf an, den Schülern etwas mitzugeben von der Faszination der Musik, denn Musik, und davon sind alle fünf überzeugt, ist für die Persönlichkeitsbildung eines jeden Kindes von enormer Bedeutung.

Nach gut einer Stunde müssen sich die fünf Musiker schon wieder verabschieden, denn im Nachbarort steht bereits die nächste Musikhörstunde auf dem Programm. Die Schüler sind begeistert, die Konzentration auf Mathe und Deutsch fällt in den verbleibenden Unterrichtsstunden sicher schwer. Und die fünf Blasmusikstars sind froh, dass sie wieder ein bisschen dazu beitragen konnten, Schwellenängste zur klassischen Musik abzubauen. Bei entsprechender Motivation und am Besten in einer Gruppe könne man die Schüler für fast alles begeistern, glaubt Rainer Streit. „Wenn sie dann aber einmal andere Kinder oder uns spielen hören, kann das mitunter ein riesiger Ansporn sein das selber einmal auszuprobieren.“

Bilder: Rekkenze Brass bei einer Musikhörstunde in der Grundschule am Schlosspark in Konradsreuth.

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03.12.2013

Beatles Cover mit den Cavern Beatles /
Fab Four in Kulmbach: Tribute-Show erweckte Aura der Pilzköpfe zum Leben

Kulmbach. Mit Cover-Bands ist das so eine Sache: Erstens kommen sie sowieso nicht an das Original heran und zweitens wirkt das Ganze halt doch meist wie ein billiger Abklatsch. Mit der Band „The Cavern Beatles“, die am Dienstagabend die Dr.-Stammberger-Halle gerockt hat, ist das ganz anders. Die 1989 gegründete Gruppe, die inzwischen mehrfach ihre Besetzung änderte, gilt als eine der besten, bekanntesten und beliebtesten Beatles-Coverbands der Welt. Das kommt natürlich nicht von ungefähr: Die vier Mitglieder stammen tatsächlich aus Liverpool, atmeten also auch die Luft, die schon John, Paul, George und Ringo geatmet hatten. Außerdem dürfen sie sich auch ganz offiziell mit dem Prädikat „Cavern“ schmücken. So heißt der Club, in dem die echten Beatles ihre ersten Auftritte hatten.

Steve White (Gitarre und Gesang), Paul Tudhope und Craig Gamble (beide Bass und Gesang) sowie Simon Ramsden (Schlagzeug) kommen tatsächlich ganz nah an das Original heran, zumindest so, wie man sich einen Auftritt der Beatles heute vorstellt, denn die wenigsten dürften einen echten Beatles-Auftritt erlebt haben. Kreischende Mädels und zertrümmertes Mobiliar gibt es freilich nicht mehr, aber auch in Kulmbach tanzt und klatscht das begeisterte Publikum mehr, als es auf den Stühlen sitzt. Schade nur, dass einige Plätze ganz leer blieben.

Akustisch kommen die vier absolut authentisch rüber, optisch zeigen sie eine verblüffende Ähnlichkeit zu ihren Vorbildern. Die vier Jungs von „The Cavern Beatles“ haben ihre Vorbilder genau studiert. Mimik und Gestik, Gesang und Bewegungen - alles stimmt bis ins kleinste Detail. Doch nicht nur das, „The Cavern Beatles“ schaffen es, das wahre Wesen der Künstler und die Stimmung der Zeit zu erfassen, und dies dem Publikum zu vermitteln.

Das Konzert war zweigeteilt, entsprechend der beiden bekannten Best-Of-Alben. Das Besondere an dem Auftritt war es dabei, dass nicht nur die Songs der ersten Beatles-LPs zu hören waren, sondern im zweiten Teil auch Stücke wie „Strawberry Fields Forever“, „Lucy in the sky with diamonds“ oder „Let it be“.  Die späteren Lieder hatten die echten Beatles nie live auf der Bühne gespielt, denn ab Sommer 1966 gab es keine Tournee mehr. Für wahre Beatles-Fans kommt es deshalb einer Offenbarung gleich, wenn ausgerechnet diese Songs so echt, so gekonnt und so tief berührend  plötzlich live erklingen.

Doch auch ohne das Spätwerk: das Repertoire der Band war eine einzige Hitparade, live zu hören in der ersten Hälfte. Fast alle Nummer-Eins-Singles hatten die Cavern Beatles im Gepäck: „I wanna hold your hand“, „She loves you“, „A hard days night“, „I feel fine“, „Eight days a week“, „Help“, „We can work it out“ bis „Paperback Writer“. Die gesamten geradlinigen Yeah-Yeah-Yeah-Rock‘n‘Roll-Nummern eben, die das Publikum noch immer von den Sitzen reißen. Wie eine Schülerband stehen sie zunächst da, in eng sitzenden Anzügen der Zeit und rocken mächtig los.

Nach der Pause dann die bunten Fantasiekostüme aus Yellow Submarine, und schließlich die „Peace- & Revolution“-Zeit mit einem weiß gekleidetem John Lennon mit Nickelbrille. Stehend forderte das Publikum am Ende des rund zweieinhalbstündigen Power-Konzerts mit authentischer Technik, Instrumenten und Kostümen und ohne jeglichem „Schnick-Schnack“ mehrere Zugaben ein. Für alle Beatles-Fans, die den Abend in Kulmbach verpasst haben, ist der Auftritt der Cavern-Beatles am 21. Januar im Zentrum in Bayreuth ein absolutes Muss.

Bild: Absolut echt und authentisch: „The Cavern Beatles“ auf der Bühne der Dr.-Stammberger-Halle in Kulmbach.

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30.11.2013

Von der Hoffnung und der Sehnsucht auf Freiheit / In Bayreuth erklang am Wochenende mit der Polonia-Ouvertüre eine absolute Wagner-Rarität

Bayreuth. Zum Abschluss des Richard-Wagner-Jahres in Bayreuth war es dem Städtischen Musikschulorchester unter der Leitung von Nicolaus Richter gelungen, mit der Polonia-Ouvertüre eine absolute Rarität von Richard Wagner aufzuführen. Dem Ereignis entsprechend platzte der Musikschulsaal aus allen Nähten, ein Großteil der Besucher konnte nur noch einen Stehplatz ergattern oder musste auf den Gängen Platz nehmen. Eigens nach Bayreuth war für die Aufführung auch der polnische Botschafter Jerzy Marganski gekommen, der seit über 20 Jahren enge Verbindungen zur hiesigen Deutsch-Polnischen Gesellschaft und zum Bundestagsabgeordneten und Parlamentarischen Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk pflegt.

Die Polonia-Ouvertüre in C-Dur hatte Richard Wagner 1836 in Berlin geschrieben. Ob die Uraufführung noch unter Wagners Leitung im selben Jahr in Königsberg stattfand ist nicht gesichert, sicher ist dagegen, dass die Ouvertüre am 2. Januar 1905 und damit lange nach dem Tod Wagners in der Queens Hall von London gespielt wurde. Die Anregung zu der Komposition soll Wagner von seinem polenbegeisterten Freund, dem Schriftsteller, Kritiker und Theaterleiter  Heinrich Laube erhalten haben.

Die Aufführung markierte gleichzeitig den Höhepunkt der Feierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Bayreuth und die Finissage der Wanderausstellung „Frühling im Herbst - Vom polnischen November zum deutschen Mai. Das Europa der Nationen 1830-1832“. Gegenstand der Ausstellung war der polnischen Aufstand im russisch besetzten Teil Polens im November 1830 bis zum Hambacher Fest im Mai 1832, das als Geburtsstunde der deutschen Demokratie gilt.

Hier setzt auch Richard Wagner Polonia-Ouvertüre an. „Ohne Polens Freiheit keine deutsche Freiheit!“ lautet eine der Forderungen des Hambacher Fests, bei dem deutsche Patrioten um mehr Demokratie und Pressefreiheit in deutschen Ländern warben. Sie haben sich dem polnischen Volk verbunden gefühlt, welches gerade im Novemberaufstand 1830/1831 seine politische Freiheit zu gewinnen versuchte – und den Kampf verloren hatte. Nach dem gescheiterten Aufstand mussten viele Polen ins Exil flüchten. Begeistert wurden sie auf ihrem Weg durch einige deutsche Staaten von der Bevölkerung empfangen, worauf eine große Welle der Polenbegeisterung, deren Zeuge auch Richard Wagner in Leipzig wurde, folgte.

Seine Polonia-Ouvertüre ist stark von jenen Ereignissen und Eindrücken geprägt. „Es geht um die Hoffnung, und die Sehnsucht auf Freiheit“, hatte die Vorsitzende des Deutsch-Polnischen Gesellschaft Barbara Sabarth im Vorfeld erläutert. Das knapp 15-minütige Werk beginnt düster, endet aber im Triumph, in der Komposition finden sich auch Motive polnischer Volkslieder jener Zeit wieder.

Die Deutsch-Polnische Gesellschaft (DPG) von Bayreuth wurde im Herbst 2003 gegründet. Zweck und Aufgabe des Vereins ist die Förderung der Verständigung zwischen den Menschen in Polen und Deutschland durch die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen in kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bereichen. Sämtliche Aktivitäten kommen durch das ehrenamtliche Engagement  und durch Spenden von Mitglieder und Sponsoren zustande, so auch das Konzert in der Musikschule, bei dem außerdem Wagner Festouvertüre zum Neujahrsa sowie die Meistersinger-Ouvertüre in einer Bearbeitung für Jugendorchester und die Ballettmusik „Don Juan von Christoph Willibald Gluck erklangen.

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27.11.2013

Schlicht und erhaben: Hörner und Orgel in der Spitalkirche /
Zweites Konzert der Kulmbacher Kirchenmusiktage

Kulmbach. Zum zweiten Konzert der Kulmbacher Kirchenmusiktage waren am Mittwochabend in der Spitalkirche zwei denkbar unterschiedliche Instrumente zu hören. Der Oberhausener Solohornist Reiner Cwienczek hatte unter anderem neben seinem Waldhorn ein stattliches Alphorn mitgebracht und neben einigen Solostücken zusammen mit Dekanatskantor Ingo Hahn auch einige Werke für die ungewöhnliche Konstellation Horn und Orgel ausgewählt.

Das Alphorn ist schon ein seltsames Instrument: ein fast vier Meter langes archaisches Blasinstrument. Archaisch klingt es auch und füllt den Raum der Spitalkirche eindrucksvoll aus. Weil Ventile, Klappen oder Grifflöcher fehlen, können auch nur Natur- oder Obertöne gespielt werden. Melodik und Harmonik beschränken sich auf einige wenige Dur-Dreiklänge und die daraus abgeleiteten einfachen Harmonien. Das allerdings erhebt das Instrument nicht nur im kirchlichen Raum zu großer Schlichtheit und Erhabenheit. Trotzdem ist es gerade hier der denkbar größtmögliche Gegenpart zur „Königin der Instrumente“, der Orgel.

Solohornist Reiner Cwienczek musizierte unter anderem das  „Rezitatif pour cor des Alpes solo“ des Komponisten Etienne Ysoz (1905 – 1986) und zusammen mit Ingo Hahn an der Orgel mehrere traditionelle volksmusikartige Alphornmelodien, die natürlich aus dem Land des Alphorns stammen, aus der Schweiz. Eine ganz besondere Komposition ist das „Giocoso“ des Schweizer Alphornvirtuosen Hans-Jürg Sommer. Dann leuchtete Ingo Hahn auf der Ott-Orgel Johann Sebastian Bachs berühmtes Choralvorspiel „Nun komm der Heiden Heiland“ virtuos aus, ehe die beiden wieder zusammen musizierten. Allerdings nicht mit dem Alphorn, sondern von der Orgelempore herab mit einem klassischen Waldhorn.

Auf dem Programm standen von Andre Babinec, einem langjährigen Hornisten aus dem Bayreuther Festspielorchester, ein „Gebet für Waldhorn und Orgel“ sowie von Camille Saint-Saens, bekannt für ungewöhnliche Konstellationen, die sehr introvertierte Romanze für Waldhorn und Orgel in F-Dur op.3. Reiner Cwienczek und Ingo Hahn gelang es bestens sowohl die unterschiedlichen Stimmungen und Charaktere der Musik lebhaft wiederzugeben als auch die ganz eigenen Klangfarbenspiele, zu denen diese Besetzung fähig ist, schattierungsreich auszuspielen.

Abschließend standen zwei Stücke des von Franz Liszt geschätzten Dirigenten und Organisten Theodor Kirchner auf dem Programm Reiner Cwienczek überzeugte mit meist kernigem Ton, auch in den höheren Lagen, so wie der Solist überhaupt ein Meister der Flexibilität ist. Mit einfühlsamen Spiel auf der Orgel gelingt es Ingo Hahn, die beiden so gegensätzlichen Instrumente fast schon zu verschmelzen, wobei Solist und Dekanatskantor abwechselnd den Part des Impulsgebers einnehmen.

Bild: Auf zwei Instrumenten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, musizierten der Oberhausener Solohornist Reiner Cwienczek und Dekanatskantor Ingo Hahn an der Ott-Orgel der Spitalkirche.


24.11.2013

Totenmesse am Totensonntag: Kulmbacher Erstaufführung: 29. Kirchenmusiktage mit Aufführung des Salieri-Requiems eröffnet

Kulmbach. Der Komponist Antonio Salieri (1750 – 1825) gilt fälschlicherweise als Rivale Mozart. In Wirklichkeit ist er der Lehrer unter anderem von Ludwig van Beethovens und Franz Schubert. Schon allein deshalb hat er eine wichtige musikhistorische Bedeutung. Umso erstaunlicher, dass sein Requiem so selten gespielt wird. Der Kulmbacher Dekanatskantor Ingo Hahn hat das Werk zum Auftakt der Kirchenmusiktage aus der Schublade geholt und es zusammen mit der Kantorei und dem Orchester Musica Juventa aus Halle einstudiert. Die Kulmbacher Erstaufführung der Totenmesse am Totensonntag in der St.-Petri-Kirche markierte nicht nur den Beginn der 29. Kirchenmusiktage sondern gab auch eindrucksvolles Zeugnis von der Qualität des Werkes ab.

Ein Grund dafür, dass dieses Requiem so selten gespielt wird, ist sicher seine relativ kurze Aufführungsdauer von nur rund 40 Minuten. Der unsicher einsetzende Beifall und die Tatsache, dass viele Zuhörer noch lange im Kircheninneren verweilten, machten deutlich, dass viele auf ein abendfüllendes Werk eingestellt waren. Dabei hatte das Orchester Musica Juventa aus der Händel-Stadt Halle eigens noch ein kleines Oboenkonzert ihres Genius loci mitgebracht, das Ulrich Hellem als Solist hervorragend musizierte. Daneben ist das Saliere-Requiem aber auch für die Gesangssolisten äußerst undankbar. Es erfordert vier herausragende Solisten, doch keiner davon darf ein wirkliches Solo singen. Trotzdem hat es das c-Moll-Requiem durchaus verdient, aufgeführt zu werden.

Salieris Lebenswerk galt dem Theater, erst spät hat er sich der Kirchenmusik zugewandt und das großartige Requiem, und zwar für seine eigene Trauerfeier, so makaber das auch klingen mag. Salieri überlebte sein Werk allerdings über 20 Jahre lang. In seiner sakralen Musik führte er den typisch biedermeierlichen Tonfall des frühen 19. Jahrhunderts ein, der später einen besonders starken Einfluss auf die geistlichen Werke seines Schülers Franz Schubert ausüben sollte.

Konzeptionell, wie auch interpretatorisch klar und schlüssig führten die rund 25 Musiker des Orchesters Musica Juventa und die 60-köpfige Kulmbacher Kantorei unter der Gesamtleitung von Ingo Hahn  die Komposition auf. Starke dynamische Kontrastsetzungen in den Chorsätzen ließ Ingo Hahn aufgrund der doch relativ kleinen Orchesterbesetzung kaum zu. Ruhig und fließend erklang das Requiem, alle Hektik in den Tempi wurde unter der Stabführung des Dekanatskantors konsequenterweise vermieden.

Der stets präsente, in gewohnter Klangkultur agierende und ständig geforderte Chor sowie das perfekt aufspielende Orchester erschienen in der ohnehin prächtigen Akustik der St.-Petri-Kirche ausgewogen. Die Kantorei befand sich in sehr guter Verfassung und bot ein in sich geschlossenes Klangbild sowie eine dichte Gestaltung. Dezent zwar, doch als aufmerksame und sichere Begleiter erwiesen sich die Mitglieder der Musica Juventa. Ingo Hahn dirigiert in lockerer Führung, lässt die Musik atmen und sich flexibel entfalten. Homogen erklang das Solistenquartett mit Maria van Eldik (Sopran), Katharina Heiligtag (Alt), Stefan Romankiewicz (Tenor) und Rudolf Hillebrand (Bass ). Aufgrund der Struktur des Werkes und der fehlenden Soloarien blieben die vier Solisten naturgemäß allerdings im Hintergrund.

Bild: Zum Auftakt der Kirchenmusiktage führte Ingo Hahn in der St.-Petri-Kirche mit der Kulmbacher Kantorei und dem Orchester Musica Juventa aus Halle das Requiem von Antonio Salieri auf.

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08.11.2014

Konzert zum 250. Geburtstag von Jean Paul: Barock und Zeitgenössisches – Banalität und Philosophie

Kulmbach. Größer könnte die Bandbreite kaum sein: Da treffen die „Daily songs“ des 1956 in Hamburg geborenen Komponisten Michael Maierhof aus dem Jahr 2012 auf Flötenmusik von Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788). Ein anderes Beispiel: Flötenmusik von Johann Joachim Quantz (1697-1773) wird in Bezug gesetzt zur „Musik durch bratende Äpfel“, eine Komposition, die tatsächlich so heißt und die der 1987 geborene Rouven Emanuel Hoffmann aus Limburg geschaffen hat. Die Aufführung in Kulmbach war sogar die offizielle Uraufführung.

Hinter all dem steckt der Dichter Jean Paul, an dessen 250. Geburtstag die literarische Welt heuer erinnert. In einer gemeinsamen Veranstaltung der Stadt und des Vereins „Jean Paul 2013 e.V“ mit dem Titel „Ton-Dichtungen“ am Freitagabend in der Kulmbacher Musikschule war es das Ziel, Verbindungslinien zwischen Jean Paul und der Musik aufzuzeigen.

„Daily songs“ etwa war im Rahmen des Kompositionswettbewerbs „Wär‘ ich ein Ton“ entstanden und wurde im März 2013 in Bayreuth uraufgeführt. „Musik durch bratende Äpfel“ entstand ebenfalls im Rahmen dieses Kompositionswettbewerbs. Alltagstauglich sind die Kompositionen sicher nicht und sie werden wahrscheinlich auch schnell wieder in Vergessenheit  geraten. Das liegt schon daran, dass die Aufführung dieser Stücke eher einer Performance als einem Konzert gleicht. Außerdem sind die Bezüge zu Jean Paul weit hergeholt.

Trotzdem, die Komponisten haben sich viele Gedanken gemacht, die sich beim bloßen Hören nicht so ohne weiteres erschließen. „Daily songs“ beispielsweise soll sich auf zwei Textstellen aus Jean Pauls berühmten Roman „Siebenkäs“ beziehen. Präsent ist der Text nur durch eine verzerrte und bruchstückhafte Zuspielung, die eher an eine defekte Tonanlage, als an eine Textkomposition erinnert. Überhaupt geht es in der Komposition Maierhofs mehr um verschiedene Geräusche, denn um Musik.

Alles was Musik ausmacht, also Rhythmus, Dynamik oder eine tonale oder auch atonale Linie bleiben außen vor. Stattdessen setzt der Komponist auf allerhand Schnickschnack wie Sonic-Motoren, nichts anderes als das, was man von modernen elektrischen Zahnreinigungsgeräten kennt. Dazu brauchte es gut 25 Minuten, bis die Technik für das zwölf-Minuten-Stück bereit war. Alle Achtung den Ausführenden, dem Bariton Christos Pelekanos, der seine Stimme mit Hilfe eines Plastikbechers verfremdet und dem Pianisten Jacob Bussmann, der allerhand Objekte in die Saiten des kleinen Flügels einarbeitet, die da gar nicht hingehören, aber den Klang verfremdet erscheinen lassen.

Die zweite moderne Komposition „Musik durch bratende Äpfel“ vereint, wie bei Jean Paul so oft, Banalität und Philosophie und bezieht sich auf Trinksprüchen oder die Beschreibung von Traumgeschehen, wie sie in einigen Aphorismen des Dichters vorkommen. Die beiden Gesangsstimmen, zu Bariton Christos Pelekanos gesellt sich nun noch die Sopranistin Marie Link,  tragen die Aphorismen wie in einem Melodram vor, das heißt, sie singen nicht in klassischer Art und Weise, sondern deklamieren den Text, so wie man es aus Arnold Schönbergs Komposition „Pierrot lunaire“ kennt.

Was die beiden Gesangssolisten wirklich können, das konnten sie in den Lieder der der größtenteils in Vergessenheit geratenen Komponisten Gottlob Wiedebein (1779-1854), Johann Friedrich Kittl (1806-1868), Carl Reinecke (1824-1910), Heinrich Werner (1800-1833), Theodor Bradsky (1833-1881) und Ernst Friedrich Kauffmann (1803-1856) unter Beweis stellen. All diese Tonsetzer haben eines gemeinsam: sie haben einen Text von Jean Paul vertont, wobei man im Gesamtwerk Jean Paul das Lyrische suchen muss wie die Stecknadel im Heuhaufen. Jean Paul war schließlich Romancier und hat nur in ganz wenigen Stellen, wie etwa in den Flegeljahren Lyrik in sein Prosa-Schaffen einfließen lassen. Christos Pelekanos und Marie Link singen beide kraftvoll und empfindsam zugleich und  bestechen durch eine klare Textverständlichkeit.

Bleibt noch die Flötistin Betty Nieswandt, die zwei Solo-Sätzen des Bach-Sohnes  Carl Philipp Emmanuel und einigen kleinen Kompositionen von Johann Joachim Quantz virtuos spielte. Sie sollten auf Jean Pauls Affinität zur Flöte hinweisen, die gleich in mehreren seiner Romane in den verschiedensten Ausprägungen vorkommt.

Bild: Jean Pauls musikalische Reminiszenzen führten der Pianist Jacob Bussmann, die Sopranistin Marie Link, die Flötistin Betty Nieswandt und der Bariton Christos Pelekanos (von links) im Saal der Musikschule auf.

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17.09.2013

Sams-Erfinder Paul Maar ausgezeichnet / Kulturpreis der Oberfrankenstiftung für den renommierten Kinderbuchautor aus Bamberg

Bayreuth. Der „Vater des Sams“, der Bamberger Kinderbuchautor Paul Maar ist am Dienstagabend in Bayreuth mit dem Kulturpreis der Oberfrankenstiftung ausgezeichnet worden. Maar habe die deutsche Literatur reicher gemacht, sagte Bezirksheimatpfleger Günter Dippold, der die Laudatio auf den 75-Jährigen hielt.

Dippold bezeichnete Maar als „meistgespielten lebenden Dramatiker deutscher Zunge“. Maar werde nicht nur gelesen und aufgeführt, er wird auch übersetzt und verfilmt. „Paul Maar ist Gemeingut im deutschen Sprachraum“, sagte Dippold. Dank der Filme würden Sams und Bello auch diejenigen kennen, die den Namen ihres Schöpfers noch nie gehört haben. Dippold bezeichnete Maars Sprache als einfach, aber nie banal und als zeitlos schlicht, aber nicht zeitgebunden modern. Dippold: „Paul Maar erzählt ruhig, aber ohne Längen, er fabuliert vor sich hin, dass einem die Bilder nur so in den Kopf schießen.“

Paul Maar wurde 1937 in Schweinfurt geboren. Er studierte Malerei und Kunstgeschichte und unterrichtete später als Kunsterzieher in Baden-Württemberg. Als erster größerer Erfolg gilt seine 1966 ausgestrahlte Funkerzählung „Der Turm im See“. Sein erstes Kinderbuch „Der tätowierte Hund“ erschien zwei Jahre später, 1970 folgte Maars erstes Kindertheaterstück mit dem Titel „Der König in der Kiste“. Bereits 1973 erschien erstmals das Sams, Fortsetzungen folgten, zuletzt 2011. Seit 1976 ist  Paul Maar als freier Autor tätig.

Die Oberfrankenstiftung verleiht traditionell in jedem Jahr jeweils mit 15000 Euro dotierte Preise in den Kategorien Soziales, Kultur und Denkmalpflege. Statt eines Sozialpreises wurde heuer erstmals ein Förderpreis vergeben, den das Projekt „Kul(tur)-Kids“ der Universität Bamberg erhielt. Bei dem Projekt betreuen Studenten Kinder mit Migrationshintergrund. Die Denkmalpflegepreise gingen an Heidemarie und Hans Gerdes in Bamberg, Stephan Schütz in Bad Staffelstein und Petra Dierl in Hirschaid.

Nach den Worten des oberfränkischen Regierungspräsidenten und Vorsitzenden des Stiftungsrates Wilhelm Wenning hat die Oberfrankenstiftung im zurückliegenden Jahr trotz rückläufiger Erträge aufgrund der niedrigen Zinsen rund 22,5 Millionen Euro an Zuschüssen für Projektförderungen ausgegeben. Der Löwenanteil davon ging mit rund acht Millionen Euro in die Denkmalpflege, mit etwa acht Millionen Euro seien kulturelle Veranstaltungen und Ereignisse gefördert worden. Weitere sechs Millionen Euro flossen in soziale Einrichtungen, mit gut zwei Millionen Euro seien die vier oberfränkischen Hochschulen bedacht worden.

Die Oberfrankenstiftung wurde 1927 als unabhängige und eigenständige Stiftung gegründet. Das Stiftungsvermögen beläuft sich laut Stiftungsratsvorsitzenden Wenning auf rund 500 Millionen Euro.

Bild: Der prominente Kinderbuchautor Paul Maar (Mitte) ist vom oberfränkischen Regierungspräsidenten Wilhelm Wenning (links) mit dem Kulturpreis der Oberfrankenstiftung ausgezeichnet worden. Rechts im Bild: Laudator und Bezirksheimatpfleger Günter Dippold.

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14.09.2013

Streit und Harmonie der Elemente / Trockauer St. Thomas Chor führte kompositorische Rarität von Felix Mendelssohn Bartholdy auf

Goldkronach. Mit der Aufführung einer echten kompositorischen Rarität von Felix Mendelssohn Bartholdy ist am Samstag in der Goldkronacher Stadtkirche an den 244. Geburtstag des Universalgelehrten Alexander von Humboldt erinnert worden. Von dem 1828 uraufgeführten Werk sind weltweit nur ganz wenige Aufführungen verzeichnet. Erst seit 2009, dem 200. Geburtstag Mendelssohns, findet das Oratorium allmählich wieder Eingang in das allgemeine Konzertrepertoire. Für den Humboldt-Tag des Kulturforums Schloss Goldkronach hatte der St. Thomas-Chor Trockau das rund 30 Minuten dauernde Werk mit namhaften Gesangssolisten unter der Leitung von Ottmar Schmitt einstudiert.

Streit und Harmonie der Elemente, mit diesem Thema hatte sich Alexander von Humboldt zeitlebens auseinandergesetzt und Felix Mendelssohn Bartholdy sollte es sein, der dieses Thema in Töne verwandelt. Die Humboldt-Kantate (MWV D 2) komponierte Mendelssohn Bartholdy als 19jähriger 1828 für eine internationale Tagung von Naturforschern und Ärzten in Berlin. Festredner war damals Alexander von Humboldt, der die Komposition auch in Auftrag gegeben hatte. Humboldt hatte damals  an den Gemeinschaftsgeist der wissenschaftlichen Forschung appelliert, was auch im Kantatentext des Berliner Dichters und Musikkritikers Ludwig Rellstab thematisiert wird.

Nach der Uraufführung durch die Berliner Sing-Akademie wurde die Kantate erst über hundert Jahre später wiederentdeckt und im Rahmen einer Versammlung von Naturforschern und Ärzten 1930 in Königsberg aufgeführt. In der ehemaligen DDR erklang die Kantate am 2. Mai 1959 zur Staatsfeier der Regierung anlässlich des 100. Todestages von Alexander von Humboldt

Bei der Humboldt-Kantate, die den ursprünglichen Titel „Begrüßung“ trägt handelt es sich um ein weltliches Chorwerk, das ursprünglich für Männerchor, vier Gesangssolisten und Orchester komponiert wurde. Für die Goldkronacher Aufführung hatte Ottmar Schmitt eine Bearbeitung für gemischten Chor erstellt, die original Instrumentierung aber beibehalten. Dabei setzt Mendelssohn Bartholdy mit lediglich jeweils Klarinetten, Trompeten, Hörnern, tiefen Streichern und Pauken eine ungewöhnliche Orchesterbesetzung voraus und verzichtete auf hohe Registerstimmen wie Flöten, Oboen oder Violinen.

Erst 2009 zum 200. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy führte das Leipziger Gewandhausorchester unter Riccardo Chailly die Kantate als erstes Profiorchester auf. Weitere vereinzelte Aufführungen folgten in unter anderem in Polen, in den USA und in der Schweiz. In Goldkronach waren als Gesangssolisten die Sopranistin Julia Jurgasch, die Altistin Adelheid Lang, der Tenor Sven Vogl und der Bassist Thomas Höhn zu hören.

Zuvor hatte Professor Dr. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin, seine Visionen für das geplante Humboldt-Forum im Berliner Schloss vorgestellt. Das Forum soll künftig der Vielfalt und den Werten der Weltkulturen gerecht werden, sagte er. „Damit wird das neue Forum ein Universalmuseum ganz im Sinne Alexander von Humboldts.“ Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz werde die einzigartigen außereuropäischen Sammlungen ihrer Staatlichen Museen künftig an einem zentralen Ort zusammenführen. Die Grundgedanken Alexander von Humboldts würden damit in eine moderne Konzeption überführt. In Verbindung mit der Welterbestätte Museumsinsel entstehe so in der Mitte Berlins ein wahrer Ort der Weltkulturen. Deutschland widme damit die Mitte seiner Hauptstadt dem wesentlichen Beitrag, den die Kultur zur Bewältigung der globalisierten Wirklichkeit leisten kann.

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29.08.2013

Hofer Filmtage: Internationaler Glanz für Oberfranken /
Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler zeichnete Heinz Badewitz mit Ehrenmedaille aus

Bayreuth/Hof. Zum großen Bundesverdienstkreuz, zum Bayerischen Verdienstorden und zur Ehrenbürgerschaft der Stadt Hof kommt jetzt noch eine ganz besondere oberfränkische Auszeichnung dazu: die Ehrenmedaille des Bezirks. Für seine hohen Verdienste um Oberfranken ist der Gründer und Leiter der Internationalen Hofer Filmtage Heinz Badewitz am Donnerstagabend in Bayreuth mit der Ehrenmedaille des Bezirks ausgezeichnet worden.

Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler nannte die Filmtage bei der Übergabe der Auszeichnung eine „unbezahlbare Imagewerbung für Oberfranken“. Durch das Schaffen von Heinz Badewitz bekomme auch immer der Regierungsbezirk ein wenig vom Internationalen Glanz ab. Obwohl die Filmtage ohne Glamour und roten Teppich auskämen, seien sie eines der renommiertesten und traditionsreichsten Festivals in Deutschland, wenn nicht sogar in Europa.

Hof zähle in der Filmwelt neben so großen Namen wie Cannes, Venedig und Berlin zu den bedeutendsten Präsentationen nationalen und internationalen Filmschaffens in Europa. Mit Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit sei es Heinz Badewitz dabei gelungen, ein Filmfestival abseits der Metropolen zu inszenieren und zu institutionalisieren. „Heinz Badewitz ist der Garant für die Beibehaltung der hohen künstlerischen Qualität ebenso wie für die Bewahrung des speziellen Flairs des Festivals“, so der Bezirkstagspräsident.

Die Geburtsstunde der Hofer Filmtage schlug 1967. Mehr aus der Not geboren und zufällig war Badewitz zusammen mit anderen jungen Filmemachern auf der Suche nach einem Kino und wurde in Hof fündig. In seiner Heimatstadt organisierte er das 1. Hofer Kurzfilm-Festival, das später in Internationale Hofer Filmtage umbenannt wurde. Heinz Badewitz gilt damit als dienstältester Festivalleiter in Europa. „Von Amtsmüdigkeit kann keine Rede sein“, sagte Bezirkstagspräsident Denzler und zitierte den Geehrten mit den Worten: „Solange ich eine Filmrolle tragen kann, denke ich nicht ans Aufhören.“

Die Hofer Filmtage verstehen sich heute als Plattform für junge Talente, die in Hof eine Chance bekommen, sich bei Vertretern der Filmbranche und dem Publikum bekannt zu machen. Eine ganze Reihe namhafter Regisseure habe Heinz Badewitz in Hof ein Sprungbrett zur internationalen Karriere geboten, darunter klangvolle Namen wie Rainer Werner Fassbinder, Werner Herzog, Doris Dörrie, Wim Wenders, Sönke Wortmann oder Oscar-Preisträgerin Caroline Link.

Heinz Badewitz wurde 1941 in Hof geboren. 1963 war er nach München gegangen. Um Kameramann zu werden studierte er am Deutschen Institut für Film und Fernsehen. Ab 1965 arbeitete er als Kamera-Assistenz, später als Kameramann und verwirklichte eigene Regiearbeiten für Kurzfilme. Später arbeitete er als Regieassistenz, als Aufnahme und Produktionsleiter bei zahlreichen deutschen Spielfilmproduktionen. Erfolgreich habe er sich auch für die Wahrnehmung des deutschen Films in Cannes eingesetzt, Seit 1977 ist er zudem verantwortlich für das Programm „German Cinema“ bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin.

Der Bezirk Oberfranken gehört unter anderem zu den Unterstützern der Hofer Filmtage. Vorgeschlagen wurde Heinz Badewitz von der SPD-Fraktion.

Bild: Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler (links) zeichnete Heinz Badewitz mit der Ehrenmedaille des Bezirks Oberfranken aus.

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10.08.2013

Festival Junger Künstler: Fado in Franken
Chor der Technischen Universität Lissabon begeisterte Goldkronacher Publikum

Goldkronach. Portugiesisches Lebensgefühl, Sehnsucht, Liebe und Emotionen: das alles spiegelt sich in den Liedern und Songs des Chores „Tuna Universitaria de Instituto Superior Tecnico“ wider. Die 26 jungen Männer aus Portugal sind derzeit beim Festival Junger Künstler in Bayreuth zu Gast und haben am frühen Samstagabend bei einem Open-Air-Konzert vor dem Schloss Goldkronach über 150 Besucher restlos begeistert.

Sie sind schon jetzt die Stars des 63. Festivals Junger Künstler, die Sänger der Technischen Universität Lissabon, die aus allen Teilen Portugals kommen und die traditionelle Musik auf traditionellen Instrumenten spielen. Ihr Fado-Gesang handelt von Sehnsüchten, Heimweh und Lebensfreude aber auch von unglücklicher Liebe, vergangenen Zeiten oder der Sehnsucht nach besseren Zeiten.

In eigenwilliger Besetzung mit vielen Gitarren und Mandolinen, einem Kontrabass, einen Akkordeon, einiger Schlag- und Rhythmusinstrumenten sowie den prägnanten Stimmen gelang es dem Zusammenschluss hervorragend, jenes Gefühlsleben auszudrücken, dass die Portugiesen miteinander verbindet und mit dem sie als herausragende Kulturbotschafter ihres Landes den Fado in die Welt, in diesem Fall nach Franken, tragen.

Für besonderes Aufsehen sorgten allerdings die tänzerischen und akrobatischen Einlagen der drei Frontmänner des Chores. Vor allem immer wieder die gekonnten Spagatsprünge sollten das Publikum zu wahren Begeisterungsstürmen hinreißen. Aber auch die leisen Töne, die Lieder von Amália Rodrigues, der „Königin des Fado“ etwa versprühten ihre ganz eigene Melancholie und zeigten eindrucksvoll die große Bedeutung der hierzulande wenig bekannten Musikgattung des Fado.

 „Wir freuen uns, dass wir in Goldkronach Teil des Festivals Junger Künstler Bayreuth sind und dass dieses Festival nicht nur in der Stadt, sondern auch in der Region stattfindet“, sagte Bürgermeister Günther Exner. „Wie man neben einem technischen Studium auch noch so künstlerische Darbietungen liefern kann, das ist schon etwas ganz Besonderes“, so Professor Jochen Sigloch vom Vorstand des Festival in seiner Einführung.

Den würdigen Rahmen für das Konzert bot Hausherrr Hartmut Koschyk. Der Parlamentarische Finanzstaatssekretär hatte den Chor bei einem Besuch in Lissabon entdeckt und den jungen Sängern das Festival Junger Künstler in Bayreuth empfohlen. Tatsächlich hatte sich der außergewöhnliche Chor beworben und ist schließlich auch eingeladen worden.

Das 63. Festival Junger Künstler in Bayreuth dauert noch bis zum 31. August. Heuer nehmen über 400 junge Leute aus 30 Nationen daran teil. Insgesamt stehen über 100 Konzerte, Symposien, Workshops und Events auf dem Programm.

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27.07.2013

Humboldt war musikalisch / Konzert und Symposium über Mendelssohn, Meyerbeer, Wagner und Alexander-von-Humboldt

Goldkronach. Ein großer Naturwissenschaftler und drei bedeutende Komponisten: Um das Beziehungsgeflecht zwischen Alexander von Humboldt, Giacomo Meyerbeer, Felix Mendelssohn Bartholdy und Richard Wagner zu beleuchten, war das Who is Who der deutschen Humboldt-Forschung einen Tag lang in die Humboldt-Wirkungsstätte Goldkronach gekommen. Während bei einem, vom Alexander-von-Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach veranstalteten, historischen Symposium die Fakten vorgestellt wurden, gab es bei einem musikalisch-literarischen Abend Kostproben aus Briefen und Kompositionen.

Ordnung in das Beziehungsgeflecht brachte Professor Dr. Sieghart Döhring vom Meyerbeer-Institut in Thurnau. Alexander von Humboldt und Giacomo Meyerbeer hätten sich nachweislich 1825 in Paris kennen gelernt, sagte Döhring. Humboldt sei später auch die treibende Kraft für die königliche Berufung sowohl Meyerbeers als auch Mendelssohns zum preußischen Generalmusikdirektor in Berlin gewesen.

Sicher nicht persönlich gekannt habe Humboldt Richard Wagner, der in der frühen ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Gegensatz Mendelssohn und Meyerbeer ein „absoluter Nobody“  gewesen sei. Nicht auszuschließen sei allerdings, dass Humboldt eine der frühen Aufführungen des Fliegenden Holländers in Berlin gesehen hat. Allerdings war es auch Richard Wagner, der in seiner 1850 erstmals erschienen und 1869 stark erweiterten und als Buch erschienen Hetzschrift „Das Judentum in der Musik“ gerade Mendelssohn als auch Meyerbeer angriff, sie schwer diffamierte und beiden jegliche Fähigkeit zu künstlerischen Aktivitäten absprach.

Noch wenige Jahrzehnte zuvor habe Wagner beide als künstlerische Vorbilder bezeichnet und besonders an Meyerbeer unterwürfige Briefe verfasst. Sowohl Mendelssohn als auch Meyerbeer waren zum Erscheinungszeitpunkt der Hetzschrift bereits tot. Döhring bezeichnete Wagners Argumentation vor allem deshalb als rassistisch, weil Mendelssohn bekanntlich als Christ getauft wurde und sich ein Leben lang als Christ verstand.

Fest überzeugt ist Döhring davon, dass Alexander von Humboldt musikalisch war. So habe Humboldt beispielsweise die Uraufführung von Meyerbeers Oper „Die Hugenotten“ 1836 in Paris besucht und sich noch vor Erscheinen der Kritiken in Briefen fundiert  dazu geäußert. Darüber hinaus sei Humboldt die Nachwuchsförderung ein Herzensanliegen gewesen, auch von jungen Musikern.

Von einer weiteren Beziehung Alexander von Humboldts zur Familie Mendelssohn wusste Dr. Ingo Schwarz, der Leiter der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle an der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg zu berichten. So habe Humboldt ab 1806 in Berlin geomagnetische Messungen unter anderem im Garten des Hauses von Abraham Mendelssohn Bartholdy, dem Vater von Felix und Fanny, durchgeführt. Humboldt sei mit der Bankiersfamilie Mendelssohn Bartholdy nicht nur eng befreundet gewesen, sondern habe ab 1842 in der Berliner Oranienburgerstraße in einem Haus gewohnt, das den Mendelssohns gehörte.

Schwarz sprach von wichtigen wissenschaftlichen Untersuchungen, die unter anderem den Einfluss der Sonne auf das Magnetfeld der Erde nachweisen sollten. Ähnliche Messungen wie im Garten der Mendelssohns an der Leipziger Straße, unternahm Humboldt auch an anderen Teilen der Erde, unter anderem in Russland. Ein Terracotta-Fries am „Roten Rathaus“ von Berlin zur Geschichte der Stadt zeige noch heute zahlreiche Geistesgrößen der damaligen Zeit, darunter auch Alexander von Humboldt, Felix-Mendelssohn Bartholdy und Giacomo Meyerbeer. Das Fries habe wahrscheinlich nur deshalb die Nazi-Zeit unbeschadet überstanden, weil damals niemand die abgebildeten Persönlichkeiten erkannt habe, so Schwarz.

Nach den Worten von Dr. Thomas Lackmann, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Mendelssohn-Gesellschaft, steht die Humboldt-Familie, Alexander, sein Bruder Wilhelm und dessen Ehefrau Caroline, mit ihrer Haltung zum Judentum exemplarisch für einen Teil deutscher Geschichte. Während Alexander von Humboldt als „Judenfreund“ eine absolut liberale Haltung an den Tag legte, habe Bruder Wilhelm diese Haltung nur in der Theorie gelebt. In der Praxis habe Wilhelm eher Abstand genommen. Ganz anders dessen Ehefrau Caroline von Humboldt, geborene von Dacheröden. Von ihr seien „richtig schlimme Vorstellungen“ überliefert, während sie konkret auf unterschiedlicher Ebene mit Juden in Kontakt gewesen sei. Über Humboldts vielfältigen Blick auf die Kulturen der Welt sprach schließlich der renommiert e Historiker und Humboldt-Kenner Frank Holl, der erst im vergangenen Jahr das Buch „Alexander von Humboldt in Franken“ veröffentlicht und damit erstmals eine Publikation zum Wirken des Universalgelehrten in der Region vorgestellt hatte.

Das Historische Symposium mündete in der Goldkronacher Stadtkirche in einen musikalisch-literarischen Abend bei der das im vergangenen Jahr gegründete Münchner Bläserensemble Athalia unter der Leitung des früheren Kirchenmusikdirektors Roland Weiss sowie das Berliner Jazz-Duo Nouveau mit Matti Klein am Klavier und Philipp Sindy an der Trompete ihre Sicht auf Mendelssohn, Meyerbeer und auch auf Richard Wagner vorstellten. Wolfram Ster rezitierte dazu aus Briefen und Tagebucheinträgen, Professor Döhring sorgte für die Einordnung in den historischen Kontext.

Bilder:
- Das Berliner Duo Nouveau mit Matti Klein am Klavier und dem Tromper Philipp Sindy an der Trompete verjazzten unter anderem Richard Wagners „Lied an den Abendstern“.
-
 „Alexander von Humboldt war musikalisch“: Professor Dr. Sieghart Döhring vom Meyerbeer-Institut in Thurnau.
- Das im vergangenen Jahr gegründete Ensemble Athalia mit dem früheren Pegnitzer Kirchenmusikdirektor Roland Weiss (2. von links) hatte mehrere Kompositionen Mendelssohns und Meyerbeers neu arrangiert.

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25.07.2013

Investition in die Zukunft Oberfrankens: Bezirk fördert junge Talente / 5. Henri-Marteau-Violinwettbewerb findet vom 28. April bis 10. Mai 2014 statt

Bayreuth/Lichtenberg. Mit der Vertragsunterzeichnung zwischen dem Bezirk Oberfranken und den Hofer Symphonikern ist der Weg frei für den 5. Internationalen Violinwettbewerb Henri Marteau, der vom 28. April bis zum 10. Mai 2014 stattfinden wird. „Wir werden alles daran setzen, dass auch die fünfte Auflage des Wettbewerbs wieder ein großer Erfolg wird“, sagte die Intendantin der Hofer Symphoniker Ingrid Schrader. Der oberfränkische Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler bezeichnete den Wettbewerb als Aushängeschild für ganz Oberfranken mit einer weltweiten Ausstrahlung.

Der Bezirk werde mit dem Wettbewerb einmal mehr dem Erbe des weltberühmten Geigers und Wahl-Oberfranken Henri Marteau gerecht. „Der Wettbewerb hat international hohe Anerkennung erfahren und Oberfranken bei Musikfreunden auf der ganzen Welt bekannt gemacht“, sagte Dr. Denzler, der auch künftig an dem dreijährigen Turnus festhalten möchte.

Bei dem Wettbewerb stehen traditionell technische Perfektion und musikalische Ausdrucksstärke im Vordergrund. Für den Bezirk geht es vor allem darum, junge Talente nachhaltig zu fördern. „Wir möchten jungen Musikern Lust machen, sich den Herausforderungen eines solchen Wettbewerbs zu stellen“, so der Bezirkstagspräsident. Gleichzeitig sollten aber auch alle Musikfreunde und Nachwuchsmusiker aus der Region davon profitieren, indem sie als Zuhörer die öffentlichen Wertungsspiele besuchen können. „Kunst und Kultur sind eine Investition in die Zukunft Oberfrankens“, sagte Dr. Denzler, dem der Wettbewerb ein echtes Herzensanliegen ist.

Sieger des Henri-Marteau-Violinwettbewerbs 2011 war Tobias Feldmann aus Würzburg, der mittlerweile zahlreiche nationale und internationale Preise erspielt hat und weltweit mit großen Orchestern und namhaften Dirigenten auftritt. Beim Henri-Marteau-Violinwettbewerb wurde sein erster Preis damals unter anderem mit einer CD-Produktion und einem Preisgeld in Höhe von 10000 Euro honoriert. Zweiter wurde im vergangenen Jahr Edouard Mätzener aus der Schweiz, dritte die junge koreanische Geigerin Ji Young Lim.

Die ersten beiden Internationalen Henri-Marteau-Violinwettbewerbe wurden 2002 und 2005 noch vom Freundeskreis der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau durchgeführt. 2008 und 2011 wurde der Wettbewerb dann bereits in Trägerschaft des Bezirks Oberfranken und in enger Kooperation mit der Hofer Symphoniker realisiert. Juryvorsitzender und künstlerischer Leiter wird diesmal der britische Dirigent Gilbert Varga sein. Bei den Abschlusskonzerten wird der langjährige Chef des Münchner Kammerorchesters Christoph Poppen am Pult der Hofer Symphoniker stehen.

Benannt wurde der Violinwettbewerb nach dem Geiger und Komponisten Henri Marteau. Er ist auch der Namensgeber der internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken in Lichtenberg. Henri Marteau starb am 4. Oktober 1934 in seiner Wahlheimat in Lichtenberg (Landkreis Hof). Seine dortige Künstlervilla hatte der Bezirk Oberfranken 1982 erworben. Neben dem Violinwettbewerb finden dort seit mittlerweile 30 Jahren Meisterkurse für nahezu alle klassischen Musiksparten mit namhaften Dozenten statt.

Bild: Die Intendantin des Hofer Symphoniker Ingrid Schrader und der oberfränkische Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler haben mit der Vertragsunterzeichnung die Weichen für den 5. Internationalen Henri-Marteau-Violinwettbewerb gestellt.

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24.07.2013

Pocket-Ring in Bayreuth: Wagners Gesamtkunstwerk im Zeitraffer

Bayreuth. In diesem Ring ist alles drin, obwohl er von 16 Stunden auf vier und von vier Abenden auf einen reduziert wurde: Am Tag vor Eröffnung der Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele hatte am Fuße des Hügels, im gerade generalsanierten Jugendkulturzentrum Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ in einer „Pocket“-Fassung des britischen Dirigenten David Seaman aus dem Jahr 1990 Premiere.

Keine Persiflage oder Parodie sollte es sein, die Musiker spielten Original-Wagner, nur eben, dass David Seaman die Partituren für ein Kammerorchester mit neun Streichern, sieben Bläsern sowie Harfe und Schlagwerk reduziert hatte. Die Fassung war bereits 1990 von der Pocket Opera in Nürnberg gezeigt und im Jahr 2006 in Bayreuth aufgeführt worden. Übrigens damals wie heute unter dem Dirigat des städtischen Kulturbeauftragten und Bayreuther Musikschulchefs Nikolaus Richter sowie in einer Inszenierung des international renommierte Opernregisseur Philippe Arlaud.

Alter Wein in neuen Schläuchen könnte man meinen, doch Arlaud hatte sich zumindest eine neue Inszenierung ausgedacht. Damals wie heute ist in dieser Ring-Fassung fast alles drin: Vom Raub des Rings bis zum sektkorkenknallenden Einzug der Götter in Walhall, über den Feuerzauber aus Walküre, Brünnhildes Erwachen aus Siegfried sowie Siegfrieds Tod und der Trauermusik aus der Götterdämmerung. Der Kenner wird etwas abstrahieren müssen, denn die „Winterstürme“ oder den Walkürenritt sucht er vergebens. Der Ring-Neuling dagegen wird Appetit auf Mehr bekommen, trägt das Arrangement doch das Prädikat „für Wagner-Einsteiger bestens geeignet“.

Arlauds Inszenierung ist dabei vor allem zeitlos und sparsam. Ein richtiges Bühnenbild gibt es gar nicht, vielmehr zeichnet sich Arlaud auch für „Raum und Konzeption“ verantwortlich. Stellwände und sparsame Requisiten deuten lediglich an. Gezeigt wird eine tragische Familiengeschichte, weniger mit Göttern, Riesen und Nibelungen, mehr mit Menschen, Typen und sonderbaren Gestalten. Einige gute Regieeinfälle gibt es zwar, dafür aber auch einige unfreiwillig komische Momente, etwa wenn Fafner Fasolt erschlägt oder Wotan umständlich Brünnhilde im angedeuteten Feuer einschließt.

Von den Sängerinnen und Sängern übernehmen einzelne bis zu fünf Partien. Tillmann Unger vom Gärtnerplatztheater als Siegfried, Siegmund und Froh ragt dabei ganz besonders heraus. Der kraftvolle Tenor gestaltet seine Rollen mitreißend und mit großer Leidenschaft. Er hält nicht nur gut durch, sondern kann mit großer Textverständlichkeit auftrumpfen. Stimmlich ebenso bestens präsent ist die schwedische Sopranistin Magdalena Bränland als Brünnhilde und Wellgunde. Sie hat besonders in den lyrischen und liedhaften Szenen ihre stärksten Momente. Der amerikanische Bariton Gary Martin  glänzt als kraftvoller dreifacher Wotan sowie als Gunther und der französische Bariton Jean-Marc Salzmann besticht stimmlich wie darstellerisch als Alberich und Fasolt. Daneben sind Melinda Heiter, Albrecht Kludszuweit, Stefanie Rocco-Jonas und Matthias Wippich in den verschiedensten Rollen zu erleben, alle sind am Premierenabend gut disponiert und empfehlen sich mit ihrer Leistung als kommende Wagner-Stimmen.

Obwohl der eigens zusammengestellte und als „Bayreuther Wagner Kammerorchester“ benannte Klangkörper mit 18 Musikern alles andere als Wagner-mäßig besetzt ist, bietet die gespielte Fassung puren Musikgenuss: Dirigent Nicolaus Richter stellt Höhepunkte und Akzente klar heraus und bringt Ordnung in Töne, Leit- und Personenmotive. Abstriche am Wagner-typischen Klang gibt es überraschend wenig, auch die Pocket-Version erklingt voll und bringt Wagners Klangbild identisch rüber. Was in den ersten Takten noch gewöhnungsbedürftig erscheint, lässt einem schnell nichts mehr vermissen.

Weitere Aufführungen: 26., 28., und 30. Juli sowie  01. und 03. August jeweils 18 Uhr im Internationalen Jugendkulturzentrum („Zentrum“) in Bayreuth.

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21.07.2013

Von Beethoven bis Sinatra: Überschwang der Klänge / Ljubka Biagioni zu Guttenberg dirigierte zum Abschluss der Plassenburg Open Airs das Sofia Philharmonic Orchestra

Kulmbach. Lange hat es gedauert, das erste Heimspiel der Dirigentin Ljubka Biagioni zu Guttenberg. Am Sonntagabend war es endlich soweit: Zusammen mit dem Sofia Philharmonic Orchestra trat die Musikerin, Ehefrau des Dirigenten Enoch zu Guttenberg, beim Plassenburg Open Air auf und überraschte ihr Publikum gleich mit einer ganz ungewöhnliche Programmkonstellation. Im ersten Teil ganz klassisch Ludwig van Beethovens 3. Sinfonie, im zweiten Teil ganz populär, Ohrwürmer der leichten Klassik plus romantische Songs der U-Musik mit dem fabelhaften bulgarischen Sänger Vasil Petrov als Überraschungsgast. Besser könnte man ein sommerliches Open-Air-Konzert nun wirklich kaum zusammenstellen.

Dabei ist eigentlich Beethovens Dritte schon eine ganz populäre Komposition. Zumindest so, wie sie Ljubka Biagioni aufbaut, sinnfällig und zu einem harmonischen Ganzen zusammengefügt. Die überschwängliche Begeisterung, mit der Beethoven die Komposition anging, als sie noch als Hommage an Napoleon gedacht war, ist in dieser Interpretation durchaus zu spüren. Filigrane Klänge im ersten Satz, ein liebevoll gestalteter Trauermarsch im zweiten und viel tänzerischen Schwung im Finale, das alles macht Ljubka Biagionis Interpretation aus. Es ist eine souveräne Deutung in erstaunlich transparentem Klangbild. Sämtliche Motive werden ganz logisch in Stimmungen umgesetzt, mit großer Detailtreue und rhythmischer Akkuratesse. Da macht es auch nichts, dass zwischen den Sätzen applaudiert wird, Ljubka Biagioni ist zu sehr Profi, als dass sie das Klatschen ernsthaft stören könnte.

Dann die Ohrwürmer, eine Art „Best of Classic“, was bei einem Open-Air-Konzert auch völlig in Ordnung ist. Georges Bizet Ouvertüre zur Oper „Carmen“ etwa, mit beinahe ungezügelten Tempi, doch nicht minder Detailversessen. Das Sofia Philharmonic Orchestra musiziert mit Hingabe, auch beim Pietro Leoncavallos Intermezzo aus seinem Welterfolg „Cavalleria Rusticana“ als Gegengewicht zur schmissigen „Carmen“-Ouvertüre. Wunderbar opernhaft, mit breiten Tempi und einer Betonung auf die lyrischen Schönheiten der Partitur spielen die Musiker, die noch am Abend zuvor in Schloss Herrenchiemsee aufgetreten waren. Neue Perspektiven in der unerschöpflichen Vielschichtigkeit zu erschließen ist an diesem Abend nicht Sinn und Zweck der Aufführung. Trotzdem spielen die Musiker atmosphärisch-dicht und dabei enorm klangschön.

Temperament und Musizierlust lassen die Musiker unter Ljubka Biagiotti auch bei der Ouvertüre zur „Fledermaus“ von Johann Strauss zur Geltung kommen. Strauss strotzt nur so vor Energie und Witz und Ljubka Biagiotti weiß genau, wie man diese Lebenslust im Drei-Viertel-Takt fühlbar und den Überschwang der Klänge hörbar macht. Zugegeben ein wenig fremd sind da die weihnachtlichen Klänge von Peter Tschaikowskys „Nussknacker-Suite“. Doch stets perfekt und eindrucksvoll musiziert die Dirigentin, so dass Tschaikowsky auch zum lauen Sommerabend im Schönen Hof taugt.

Absoluter Höhepunkt waren freilich Songs wie das Love-Story-Thema „Where do I begin“, „Killing me softly with this song“, oder „My Way“. Der Jazz- und Popsänger Vasil Petrov, der in seiner Heimat ein Star ist, klingt wie Frank Sinatra und hat eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Mit samtener Stimme und seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung wird er zu Recht als bulgarischer Sinatra gefeiert, der bereits weltweit aufgetreten ist. Ljubka Biagioni leitet dazu den riesigen Klangkörper, als wären derartige Cross-Over-Projekte ihr ureigenstes Anliegen. Davon würde man gerne noch mehr hören.

 „Diese musikalische Vielfalt ist nicht nur für die Besucher spannend, sondern erlaubt es auch dem Orchester, seine Stärken und seinen Facettenreichtum unter Beweis zu stellen“, hatte Ljubka Biagioni im Vorfeld gesagt. Und genau diese Vielfalt war es auch, die von diesem außergewöhnlichen musikalischen Abend noch lange in Erinnerung bleiben wird. Wie bei den legendären Neujahrskonzerten in Wien musizierte das Orchester als letzte Zugabe den Radetzky-Marsch zum Mitklatschen, ein weiteres Beweis für die ungeheure musikalische Bandbreite der Dirigentin

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20.07.2013

Glitzer-Outfits und Plateau-Stiefel / Abba-Fever auf der Plassenburg

Kulmbach. So etwa muss es gewesen sein: ein Live-Konzert des legendären Pop-Quartetts Abba. Am Samstagabend gastierte die Coverband Abba Fever bei den Plassenburg-Open-Airs und interpretierte dabei zweieinhalb Stunden lang alle großen Hits der vier Schweden gekonnt, perfekt und vor allem so mitreißend, dass es schon nach wenigen Minuten keinem mehr auf seinem Sitz hielt.

180 Millionen verkaufte Platten und allein 21 Top-Ten-Hits in Deutschland: in den rund zehn Jahren ihres Bestehens hat Abba alle Rekorde gebrochen, vergleichbar allenfalls noch mit den Beatles oder mit Elvis Presley. Genauso wie bei den Beatles und bei Elvis der Fankult ungebrochen ist, war auch Abba eigentlich nie richtig weg. Seit mittlerweile zehn Jahren hat Abba Fever das Erbe dieser einzigartigen Formation angetreten. Mit mehr als 100 Konzerten pro Jahr im In- und Ausland entwickelte sich die Show der sieben Hamburger vom Geheimtipp zur absoluten Nr. 1 der Abba Tribute Shows.

Mit Abba zurück in die 70er: vieles aus dieser Zeit ist geblieben, doch Abba ist vielen absolut gegenwärtig. Sei es durch das Musical und den Film „Mamma Mia“, durch immer wieder neue Fernsehdokumentationen oder durch Soloaktivitäten, wie der jüngsten CD von Abba-Mitglied Agnetha. Und dann gibt es noch die Tribute-Shows und Coverbands, von denen Abba-Fever mit Sicherheit zu den Besten gehört. Würde Abba heute noch auf der Bühne stehen, dann würde die Gruppe wahrscheinlich auch so klingen wie das Konzert von Abba Fever.

Bereits bei den ersten Songs rissen die Stars auf der Bühne auch den letzten noch sitzenden Zuschauer vom Hocker. Große Nummern wie „Gimme, Gimme, Gimme“ oder „Super Trouper“ gaben Abba Fever zum Besten und führte die Zuhörer auf eine kleine Zeitreise. Emotional, rockig und poppig, auch das grelle Bühnenbild und die an Abba angelehnten Disko-Outfits der Akteure sollte so richtig zum Flair passen. Nette Einfälle hatten die Musiker auch: einige langsamere Lieder wurden „unplugged“ an der vorderen Bühnenkante zelebriert, später gab es leuchtend bunte Disko-Stäbchen für alle und kaum war der letzte Ton verklungen schrieb die Band unermüdlich Autogramme.

Hinter Abba Fever stecken die beiden Sängerinnen Anja Bublitz und Barbara Vorbeck. Stimmlich nah am Vorbild und optisch können die beiden gut mit Agnetha und Anafrid mithalten. Doch darauf kommt es eigentlich gar nicht so an, denn die beiden interpretieren Abba-Songs wie „One of us“, „Dancing Queen“ oder „Quiquitita“ auf ihre ganz eigene Art: nah am Original, aber doch mit dem ganz eigenen etwas.

Ergänzt werden die beiden Frontfrauen von einer fünfköpfigen Band mit Keyboarder Tom Aeschbacher, den Gitarristen Sebastian Treu, Axel Roesler, dem Drummer Rainer Brockmann sowie den Bassisten Henning von der Lippe und Heiko Behrendt. Natürlich sind alle wahre Könner auf ihren Instrumenten. Sie alle waren bereits in den verschiedensten Formationen aktiv und haben sich in den rund zehn Jahren Abba Fever komplett mit dieser Musik identifiziert. Freilich, eigene Interpretationen der Abba-Songs gibt es kaum, Abba Fever ist eine reine Cover-Band, deren Ziel es ist, möglichst nah am Original zu sein, und das sind sie allemal.

„Mir fiel ziemlich früh auf, dass bei der Musik von ABBA Menschen ganz unterschiedlichen Alters immer ganz besonders reagierten! Ende der 70ziger Anfang der 80ziger Jahre wollte ich natürlich nicht zugeben, dass auch ich Abba  gut finde“!, sagt Gitarrist Axel Roesler und spricht das aus, was viele so oder ähnlich erlebt haben dürften. Schließlich musste es doch eher AC/DC, Kiss oder Police sein, aber bestimmt niemals Abba. Viel später erst habe er verstanden wie intelligent die Musik von Abba ist und warum die Menschen so besonders reagierten.

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06.07.2013

Humoristisch und historisch: „Der Anfang einer langen Reise“ / Premiere des Theaterstück über Alexander von Humboldt auf Teneriffa in Bayreuth und Goldkronach

Goldkronach. Mit einer Open-Air-Aufführung des Theaterstücks „Der Anfang einer langen Reise“ im Barockgarten von Schloss Goldkronach hat das Alexander-von-Humboldt-Kulturforum am Wochenende den Kultursommer 2013 fortgesetzt. Das Stück, das den einwöchigen Aufenthalt des Universalgenies Alexander von Humboldts auf der Kanareninsel thematisiert wurde bereits am Freitag im Gymnasium Christian Ernestinum (GCE) in Bayreuth vor rund 150 Schülern gezeigt.

In dem Zwei-Personen-Stück lässt die spanische Theatergruppe Jasteatro unter der Leitung von Antonia Jaster den einwöchigen Aufenthalt Alexander von Humboldts auf Teneriffa im Jahr 1799 aufleben. Kurz darauf hatte Humboldt damals zusammen mit dem französischen Naturforscher Aimé Bonpland seine Südamerika-Reise angetreten. Die Dialoge des bekannten Forschers und seines kanarischen Begleiters Domingo basieren zum Teil auf Originaltexten von Alexander von Humboldt. Sie sind gleichermaßen historisch interessant wie humoristisch unterhaltsam. Verkörpert werden Alexander von Humboldt und seine Zeitgenossen auf Teneriffa von Antonia Jaster und Ulises Hernández, die auch gleichzeitig Autoren und Regisseure des Theaterstücks sind, dessen wichtigstes Ziel es ist, Kulturen zu verbinden.

Die bisher bereits rund 60 Vorstellungen auf Teneriffa und den anderen Kanareninseln zeugen von der Qualität dieses Stücks, urteilte der Kanaren-Express im vergangenen Jahr. Das Kleine Ensemble war bereits an mehreren Orten in Deutschland und in Madrid zu Gast. Mittlerweile hat der Verlag Baile del Sol das Stück auch als Buch verlegt.

Es lebt vor allem von den historischen Fakten und der zweisprachigen Präsentation. Es ist ein Schauspiel an sich, wie die Dialoge auf der Bühne in Deutsch und Spanisch das Publikum für sich gewinnen: Dabei muss man nicht einmal beide Sprache sprechen. Wer beide kann, hat das volle Vergnügen, aber auch wer nur eine der beiden Sprachen beherrscht, konnte dem Geschehen auf der Bühne folgen und es genießen.

Für die 150 Kollegiaten des GCE stellte die Aufführung am Freitag nicht nur eine willkommene Abwechslung im Schulalltag dar, die Schüler konnten außerdem ihre Spanischkenntnisse aufbessern. Sowohl im schulischen Umfeld, als auch im Goldkronacher Barockgarten konnte das Stück durch Wortwitz, Szenenkomik, tiefgründigen Humor und vor allem durch die schauspielerische Leistung von Antonia Jaster und Ulises Hernandez  begeistern. Ulises Hernandez kam  in zahlreichen wechselnden Rollen mächtig ins Schwitzen und fand auf seiner Forschungsreise sogar fremdartige Moose (in den Haaren der Zuschauer), Steine und vor allem seinen geliebten Drachenbaum, den er einer ausführlichen Vermessung unterzog.

Alexander von Humboldt habe eine neue Dimension der Wissenschaft begründet, das werde in dem Theaterstück deutlich, sagte Hartmut Koschyk, Parlamentarischer Finanzstaatssekretär und Motor des Humboldt-Kulturforums Schloss Goldkronach. Unter den zahlreichen Zuschauern, die bei hochsommersommerlichen Temperaturen in den Barockgarten gekommen waren, konnte der Abgeordnete unter anderem Jose Franco, den Präsidenten der Akademie der Wissenschaften in Mexico, den früheren niedersächsischen Landtagsabgeordneten Alfred Reckhmann aus Schaumburg und Professor Dr. Richard Nebel, den Vorsitzenden der Deutsch-Spanischen Gesellschaft Bayreuth begrüßen. Auch die beiden Buchautoren Frank Holl und Eberhard Schulz-Lüpertz waren nach Goldkronach gekommen. Beide hatten erst vor wenigen Monaten ihr Forschungsergebnisse über Alexander von Humboldts Wirken im Fichtelgebirge unter dem Titel “Ich habe so große Pläne dort geschmiedet - Alexander von Humboldt in Franken” vorgestellt.

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04.05.2013

Mit den Superstars der 80er in die Open- Air-Saison / Nordbayerns größte Partymeile: E.L.O und Mike Rutherford zogen bei Maisels Weißbierfest alle Register

Bayreuth. Trotz kühler Temperaturen haben am Wochenende mehrere zehntausend Besucher das Weißbierfest der Brauerei Gebrüder Maisel in Bayreuth besucht. Mit der britischen Rockband E.L.O (Electric Light Orchestra) und Mike & the Mechanics waren es vor allem die beiden Spitzenbands der 1980er Jahre, die bei freiem Eintritt teilweise sogar Fans aus dem Ausland anlockten und die aus dem Brauereigelände an der Hindenburgstraße Nordbayerns größte Partymeile machten.

Sowohl „E.L.O – The Orchestra“, so die offizielle Bezeichnung, als auch Mike & the Mechanics hatten ihre großen Erfolge in den 80er Jahren. Klassischer Rock, ehrlich und engagiert, war das Motto für die Rock-Classics-Nacht am Samstag. Den Auftakt machte E.L.O mit der für die Formation typischen Mischung aus orchestralen, elektronischen Klängen und typischen Streicherarrangements sowie Hits wie „Can’t geht you out of my head“, „Xanadu“  oder dem legendären „Don’t bring me down“, das erst als Zugabe erklang. Bereits 1970 wurde die Band gegründet und 1987 offiziell aufgelöst. Erst 2000 kam es zu einer Neugründung, allerdings ohne den bekannten Frontman Jeff Lynne.

Noch einen drauf setzten zur mitternächtlichen Stunde Mike & the Mechanics. Mit den damaligen Top-Ten-Hits „Silent Running“ und „All I Need Is A Miracle“ brachten Genesis-Gründungsmitglied Mike Rutherford und seine Band die ausgeräumte Weißbierhalle zum Toben. Von seiner Ausstrahlung hat Mike Rutherford in all den Jahren nichts eingebüßt, waren sich die Fans einig. Eigentlich hatte Mike Rutherford die Formation Mike & The Mechanics 1984 als reines Nebenprojekt ins Leben gerufen. Kaum jemand hätte damals ahnen können, dass die Band in den folgenden zwanzig Jahren mehr als zehn Millionen Alben weltweit verkaufen würde. Nach fast zehnjähriger Pause war im April 2011 mit „The Road“ ein neues Album der legendären Formation - in neuer Besetzung erschienen. Mit Andrew Roachford war es Mike Rutherford dabei gelungen, einen der erfolgreichsten britischen R&B-Sänger der 90-er Jahre zu verpflichten. Zusammen mit Tim Howar leiht er der Band dabei nicht nur seine Stimme, er ist auch als Co-Songwriter in die Entstehung des neuen Hitmaterials eingebunden.

Als lokale Band zwischen den Weltstars heizten am Samstag Christine Set the Scene den Besuchern ein. Vor den Auftritten hatten jeweils ein halbes Dutzend Fans die Gelegenheit, sowohl E.L.O als auch Mike & the Mechanics bei einem so genannten „Meet and Greet“ persönlich kennen zu lernen. Sämtliche Bandmitglieder schrieben fleißig Autogramme, gaben Interviews und ließen sich bestens gelaunt mit ihren Fans fotografieren.

Auch in diesem Jahr waren beim Brauereifest, das traditionell als inoffizieller Auftakt der Open-Air-Saison gilt, wieder an allen vier Abenden prominente Live-Acts zu erleben. Zum Opening gab es bereits am Donnerstag Guildo Horn und seine Band „Die orthopädischen Strümpfe“ bei Bayreuths größter Uni-Fete. Am Freitag ließen Cover-Hits mit Bonnie & Clyde, der Band Paranotes und Quarterpack, einer neuen, regionale Formation von den Gründern der Sound Xpression die Festhalle beben.

Höhepunkt im Rahmenprogramm war mit dem 11. Maisels Fun-Run am Sonntagvormittag Bayreuths größte Laufveranstaltung, bei der auch diesmal wieder mit über 2500 Läufern ein neuer Rekord aufgestellt wurde. Sämtliche Läufer hatten sich auf einen Viertel- und einen Halbmarathon-Rundkurs durch die Innenstadt gemacht. Die Strecke führte dabei vorbei an den Sehenswürdigkeiten der Stadt, mitten durchs Gelände der Universität und wieder zurück zum Weißbierfest. „Der Spaß steht bei diesem FunRun im Vordergrund“, sagte Brauereichef Jeff Maisel. Es komme nicht nur auf Bestzeiten an, dabei sein ist alles und gerade deshalb sei der FunRun bei Neueinsteigern in den Laufsport so beliebt. Läufer in Kostümen, Firmen-Teams oder andere Kuriositäten wie einem Rückwärtsläufer (!) sind beim FunRun seit Jahren üblich. An der Strecke sorgen nicht nur die Sportbegeisterten für Motivation, es gab auch Musik mit Samba-Gruppen, ehe das Fest am Sonntag wieder mit der „Heavy Volxmusic“ von den „Troglauer Buam“, der Hausband der Brauerei Maisel, ausklang.

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21.04.2013

Superstar der Geige: Bezirk Oberfranken führt in Lichtenberg das Erbe von Henri Marteau fort / Freundeskreis Haus Marteau feierte 30-jähriges Bestehen mit Konzert und Tag der offenen Tür

Lichtenberg. Unter dem Motto „Kunst braucht Freunde“ hat der Freundeskreis Haus Marteau am Wochenende sein 30-jähriges Bestehen gefeiert. Nach einem Festkonzert in der Lichtenberger Kirche nutzten am Sonntag zahlreiche musikinteressierte Ausflügler die Möglichkeit, einmal hinter die Kulissen der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken zu blicken.

Der Freundeskreis wurde auf den Tag genau vor 30 Jahren gegründet: am 21. April 1983. Nur ein Jahr zuvor war die Villa des einst weltberühmten Geigers Henri Marteau als Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken wiedereröffnet worden. „Andere Städte und Länder beneiden uns um diese Einrichtung“, sagte Brett-Einsiedel. In Lichtenberg seien die Chancen  durch den Gedanken Henri Marteaus Wirklichkeit geworden. „Gastfreundschaft und Mitmenschlichkeit werden hier großgeschrieben.“ Der Vorsitzenden zufolge habe der Freundeskreis in den vergangenen 3o Jahren das Haus Marteau mit rund 200 000 Euro gefördert und weitere 65.000 Euro zu den Wettbewerben beigesteuert.

Ulrike Brett-Einsiedel erinnerte auch an den Gründungsvorsitzenden des Freundeskreises Dr. Günter Bendorf, der zehn Jahre lang bis zu seinem Tod an der Spitze des Zusammenschlusses stand. Nachfolger wurde der Pfarrer Wilfried Schönweiß, Initiator des Internationalen Violinwettbewerbs Henri Marteau und heutiger Ehrenvorsitzender. Mit dem Engagement des 240 Mitglieder zählenden Zusammenschlusses würden nicht nur junge Talente unterstützt, es gehe vielmehr auch um ein herausragendes kulturelles Angebot für die Region und nicht zuletzt auch um das Vermächtnis des weltberühmten Musikers Henri Marteau, einem „Superstar der Geige“, wie ihn Verwaltungsleiter Dr. Ulrich Wirz bezeichnete.

Noch zur Eröffnung  der Internationalen Musikbegegnungsstätte 1982 hätten es sich viele nicht vorstellen können, dass überhaupt jemand zu Meisterkursen nach Lichtenberg kommen würde, sagte Wirz während seiner Führung durch das Haus. Heute veranstalte der Bezirk regelmäßig zwischen 35 und 40 Meisterkurse. Dozenten sind namhafte Musiker, Studenten hoffnungsvolle Nachwuchstalente aus der ganzen Welt. Sie alle profitieren nach den Worten des Verwaltungsleiters von der Ruhe und Abgeschiedenheit der Villa, in der sie sich jeweils fünf Tage lang ausnahmslos auf die Musik konzentrieren können. „Es gibt nicht einmal einen Internetanschluss im Haus“, sagte Wirz.

Ziel des vom Dirigenten, Musikpädagogen und langjährigen künstlerischen Leiter Professor Dr. Günther Weiß (1933 - 2007) entworfenen Konzeptes sei es von Anfang an gewesen, das Haus im Sinne von Henri Marteau weiterzuführen. Wirz erinnerte daran, dass Henri Marteau selbst Meisterschüler in seinem Lichtenberger Zuhause unterrichtet hatte und die Bevölkerung genauso wie heute auch zu Konzerten eingeladen war. „Das ist die Idee, die wir heute fortführen“, so der Verwaltungsleiter.

Beim Festkonzert in der Lichtenberger Kirche konnte die Vorsitzende des Freundeskreises Ulrike Brett-Einsiedel die folgenden Gründungsmitglieder mit einer Miniatur-Porzellangeige der Künstlerin Barbara Flügel auszeichnen: Johanna Bendorf, Günter Findeiß, Adolf Markus, Erika Munzert, Reinhard Strößner und Roswitha Hagemann. Darüber hinaus wurden zahlreiche weitere Einzelpersonen sowie Vertreter von Kommunen, Institutionen und Unternehmen für ihr, seit 25 Jahren andauerndes Engagement im Förderkreis Haus Marteau ausgezeichnet.

Bilder:
- Verwaltungsleiter Dr. Ulrich Wirz führte alle musikinteressierten Besucher durch die einstigen Wohnräume des Geigers Henri Marteau
- Die Vorsitzende des Freundeskreises Ulrike Brett-Einsiedel, der Pianist Alan Brown von der Royal Academy of  Music London und die Geigerin Sophie Wang beim Tag der offenen Tür in der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau des Bezirks Oberfranken.

 

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19.04.2013

Musik als Chance für den Glauben / Mareile Schmidt und Matthias Neumann sind die jüngsten Orgelprofessoren Deutschlands

Bayreuth. Mit 30, beziehungsweise 29 Jahren sind sie die beiden jüngsten Orgelprofessoren Deutschlands, doch als Überflieger sehen sie sich nicht: Mareile Schmidt und Matthias Neumann. Beide kommen aus dem Norden, beide unterrichten an der Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth.

Professoren in dem Alter, das habe es doch schon immer gegeben, beschwichtigt Matthias Neumann bescheiden. Er stammt aus Hamburg und wird demnächst sein Antrittskonzert geben. Mareile Schmidt kommt aus Westfalen und lebte zuletzt in Köln. Zumindest das kirchliche Umfeld wurde beiden in die Wiege gelegt: Neumann ist der Sohn eines Pastors, Schmidt die Tochter eines Religionslehrer-Ehepaars.

Mareile Schmidt war bereits 1999 als Jungstudentin an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf eingeschrieben. Von 2001 bis 2008 studierte sie an der Hochschule für Musik in Köln die Fächer Kirchenmusik, Orgel, Cembalo und Klavierpädagogik. Ihren ersten Lehrauftrag nahm sie von 2008 bis 2012 im Fach Orgelimprovisation an der Hochschule für Musik in Köln wahr, ein zweiter Lehrauftrag kam zwischen 2009 und 2010 im Fach Orgelimprovisation an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart dazu. Seit 2010 ist sie Professorin in Bayreuth.

Matthias Neumann studierte Kirchenmusik und Dirigieren in Hamburg und Wien. Seit Oktober 2009 war er Kantor an St. Marien in Fuhlsbüttel/Ohlsdorf in Hamburg, 2012 bekam er den Bach-Preisträger der Stadt Leipzig und seit dem Wintersemester 2012 ist er Professor in Bayreuth.

An ihren ersten Gottesdienst erinnern sich beide noch sehr genau. Matthias Neumann denkt an die schöne Orgel in der winzigen Dorfkirche im Weserbergland und für Mareile Schmidt war es sogar ein katholischer Gottesdienst in einer kleinen Kirche nahe der holländischen Grenze, bei dem sie aushelfen durfte. Nervös seien sie damals beide gewesen, längst klar war es zu diesem Zeitpunkt für beide aber auch, dass die Musik später ihr Leben bestimmen werde.

„Ich will die erste Frau bei den Wiener Philharmonikern werde“, habe sich Mareile Schmidt gedacht, als noch die Geige ihr Hauptinstrument war. Das Klavier fand sie dann doch spannender und schließlich landete sie bei der Orgel. Bei Matthias Neumann war das Klavier das erste Instrument, über den Umweg der Trompete kam auch er zur Orgel. Neumann hätte sich schon vorstellen können, Dirigent zu werden. Ein Erlebnis, an das er gerne denkt, war ein Konzert mit dem 2002 verstorbenen Dirigenten Günther Wand in Lübeck. Auf dem Programm damals: Bruckners Neunte.

Man müsse nicht gläubig sein, um Kirchenmusik zu hören, sagt Matthias Neumann. Kirchenmusik habe schließlich auch etwas Spirituelles, außerdem sei Glaube ja auch nicht messbar. Für ein Studium sei der Bezug zum Glauben und zur Kirche allerdings schon wichtig, schon allein deshalb, weil die Kirche ja in den meisten Fällen der spätere Arbeitsplatz sein wird. Mareile Schmidt beobachtet während ihrer regen Konzerttätigkeit aber auch, dass immer wieder Leute in die Kirche kommen, die normalerweise nicht in einen Gottesdienst gehen würden. Mareile Schmidt: „Damit liegt in der Musik auch die große Chance, die Leute anzusprechen und neugierig zu machen.“

Keine Berührungsängste haben die beiden Kirchenmusiker mit der Popularmusik im Gottesdienst. Im Gegenteil: Beide sind froh darüber, dass die Hochschule mittlerweile auch in diesem Bereich eine professionelle Ausbildung anbietet. Die Professionalität ist Matthias Neumann wichtig, denn gerade die Popularmusik benötige ein hohes Niveau, wenn sie Eingang in die Gottesdienste finden will.

Während Mareile  Schmidt zum Abschalten auch gerne mal gar keine Musik hört, hat Matthias Neumann während seiner Studienzeit in Wien die Oper für sich entdeckt. Puccini, Richard Strauß, Wagner und Verdi, das alles hat er in höchster Vollendung von den berühmten Stehplätzen der Wiener Staatsoper erlebt.

An der Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth sind derzeit rund 50 Vollzeit- und Gaststudenten eingeschrieben. „Gerade diese Größe macht die Schule für viele Studenten attraktiv“, sagt Mareile Schmidt. Die Arbeit sei angenehm, man kennt sich eben. Aktuell kommen die Studenten nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Ungarn, Rumänien, Korea und Taiwan.

Wie es sich gehört, rühren beide auch kräftig die Werbetrommel für die kleine, aber feine Bayreuther Hochschule. Die Aussichten für Kirchenmusiker seien derzeit bestens. Noch nie sei es einfacher gewesen, eine Stelle zu bekommen. Grund dafür ist die riesige Pensionswelle, die auf die Verantwortlichen derzeit zukommt. Beide beziffern die Zahl der Stellen bundesweit auf rund 1000. „Es muss also nicht immer die Schulmusik sein“, sagt Mareile Schmidt.

Die Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth ist die einzige Hochschule in Bayern, die in kirchlicher Trägerschaft und staatlicher Anerkennung evangelische Kirchenmusiker ausbildet.

Matthias Neumann wird am 15. Mai 2013 um 20 Uhr sein offizielles Antrittskonzert in Bayreuth geben. Unter dem Motto des Pfingsthymnus „Veni creator spiritus“ hat er dazu ein Programm mit Werken von Matthias Weckmann, Johann Sebastian Bach, Olivier Messiaen und Maurice Duruflé zusammengestellt. Karten gibt es zum Preis von 10 Euro (ermäßigt fünf Euro) an der Abendkasse.

Bild: Mareile Schmidt und Matthias Neumann von der Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth sind die jüngsten Orgelprofessoren Deutschlands.

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30.03.2013

Tiefgründig und technisch perfekt – Musikalischer Botschafter des Regierungsbezirks / Jugendsymphonieorchester Oberfranken absolvierte erfolgreiche Ostertournee

Es waren die Veranstaltungshöhepunkte an Ostern: die Konzerte des Jugendsymphonieorchesters Oberfranken in Coburg, Naila und Stegaurach. Drei Mal hieß es ausverkauft und drei Mal ließ das Publikum die jungen Musiker nicht ohne Zugabe von der Bühne. Einen spektakulären Einstand konnte dabei der neue Dirigent Till Fabian Weser feiern.

Ihm war es gelungen, die exakt 65 jungen Musiker zwischen 13 und 24 Jahren in nur einer Woche Probenzeit im Schullandheim von Weißenstadt zu einem fulminanten Klangkörper zusammenzuführen. „Eine Woche gemeinsames Musizieren, das schweißt zusammen“, sagte Weser. Gestärkt werde aber auch das Selbstbewusstsein der jungen Teilnehmer. Till Fabian Weser, im Hauptberuf Trompeter bei der Bayerischen Staatsphilharmonie der Bamberger Symphoniker, weiß wovon er spricht. Er habe selbst auch prägende Erfahrungen „menschlicher und musikalischer Art“ in Jugendorchestern gemacht, so der Dirigent. Die Probewoche sei schon anstrengend gewesen, aufgrund der ausgezeichneten Qualität aber auch sehr beglückend.

Der professionelle Anspruch, den Till Fabian Weser an die jungen Musiker stellte, wurde bereits in der Programmauswahl deutlich. Nach einer blitzsauber intonierten einleitenden Fanfare „La Péri“ für großes Blechbläserensemble des französischen Impressionisten Paul Dukas hatte zunächst die junge Cellistin Verena Obermayer, wie Till Fabian Weser ebenfalls Mitglied der Bamberger Symphoniker, als Solistin in Camille Saint-Saens 1. Cellokonzert a-Moll ihren großen Auftritt. Bei Saint-Saens geht es weniger um eine tiefgründige Interpretation als um Eleganz, die wiederum technisch Perfektion voraussetzt. Verena Obermayer meisterte die spieltechnischen Hürden absolut gekonnt und Till Fabian Weser ließ das Orchester diskret begleiten. Sogar eine Zugabe hatte die gebürtige Münchnerin im Gepäck: zusammen mit der Cellogruppe des Jugendsymphonieorchesters musizierte Verena Obermayer den Schwan aus dem „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens.

Höhepunkte des Konzertes waren die spektakuläre „Rienzi“-Ouvertüre von Richard Wagner und Anton Dvoraks 9. Sinfonie mit dem Beinamen „Aus der neuen Welt“. Langsam und subtil beginnend steigert Till Fabian Weser die „Rienzi“-Ouvertüre nach und nach ins Dramatische und schafft es dabei die Spannung bis zur letzten Note intensiv zu halten. Voller Effekte musiziert das Orchester auch das Hauptwerk des Abends, Dvoraks Neunte. Unter der Stabführung Till Fabian Weser gelingt es, die sinfonischen Qualitäten des Werks zu betonen, nicht ohne die vielen folkloristischen Anklänge herauszuarbeiten. Bei allem Melodienreichtum ist diese Neunte auch ein dramatisches Werk zumal es Till Fabian Weser und den jungen Musikern gelingt, große Spannungsbögen aufzubauen und so eine schlüssige Interpretation vorzustellen. Bei allen drei Konzerte bedankte sich das Orchester mit dem Slawischen Tanz Nummer 7 von Dvorak.

„Mit diesem Konzert ist das Jugendsymphonieorchester Oberfranken seiner Rolle als musikalischer Botschafter des Regierungsbezirks mehr als gerecht geworden“, freute sich Bezirkstagspräsident Dr. Günther Denzler über die erfolgreichen Konzerte. Die Aufführungen hätten gezeigt, dass in Oberfranken viele junge Talente zu Hause sind, die unter der Stabführung des phänomenalen Till Fabian Weser zu einem grandiosen Klangkörper zusammengeführt werden konnten. Das Orchester steht im Zentrum der Jugendarbeit des Hauses Marteau in Lichtenberg (Landkreis Hof), das als Internationale Musikbegegnungsstätte des Bezirks Oberfranken im In- und Ausland nicht nur in Fachkreisen einen ausgezeichneten Ruf als Aus- und Weiterbildungsstätte genießt.

Gegründet wurde das Jugendsymphonieorchester Oberfranken 1984 von dem Musikpädagogen Professor Günther Weiß gegründet, der viele Jahre als künstlerischer Leiter der Musikbegegnungsstätte Haus Marteau tätig war. Seit der Gründung kommen junge Musikerinnen und Musiker aus ganz Oberfranken jeweils kurz vor Ostern zu einer Probenwoche zusammen und erarbeiten unter professionellen Bedingungen ein anspruchsvolles Konzertprogramm.

Bilder: Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken unter Till Fabian Weser bei seiner Konzertpremiere an Ostern in der Frankenhalle in Naila.

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19.01.2013

„Der Weg ist das Ziel“: Jean-Paul-Jubiläumsjahr mit Festakt eröffnet / Markgrafenbuchhandlung bietet ein Jahr lang täglich eine Jean-Paul-Lesung

Bayreuth. „Mehr Mut zu Jean Paul“, fordert der Bayreuther Buchhändler Rolf J. Geilenkirchen. Er habe vom Dichter selbst den Auftrag bekommen, Bayreuth zu „jean-paulisieren“, so der Chef der Markgrafenbuchhandlung augenzwinkernd. An den kommenden rund 250 Werktagen bis Jahresende werden deshalb er, seine Mitarbeiter und eventuell auch Gäste jeden Tag jeweils zehn Minuten öffentlich aus dem Werk Jean Pauls vorlesen. „Wir rechnen mit einer reinen Lesezeit von insgesamt etwa 42 Stunden“, sagte der Buchhändler, der das Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag des Dichters am Samstag in Eigenregie mit einem hochkarätigen Festakt in seiner Buchhandlung eröffnet hatte.

Prominentester Gast war der Berliner Schauspieler und bundesweit bekannte Jean-Paul-Rezitator Hans Jürgen Schatz. Der Schauspieler hatte im März 1992 in der Bayreuther Markgrafenbuchhandlung seine allererste Jean-Paul-Lesung gegeben, seitdem zahlreiche CDs mit dem Werk Jean Pauls aufgenommen und sich in herausragender Art und Weise für den Ausbau des Dichterstübchens in der Rollwenzelei stark gemacht. „Wer sich mit Jean Paul beschäftigt, der weiß, der Weg ist das Ziel“, sagte Schatz.

Einen ähnlichen Vergleich wählte auch Buchhändler Geilenkirchen. Bei Jean Paul sei der Gipfel nur über Etappen zu erreichen, sagte er. Umso erhabener sei allerdings dann das Gefühl, wenn man das Dach der Jean-Paulschen-Gedankenwelt erklommen hat. Bis es soweit ist, wird es jeweils von Montag bis Freitag immer um 17 Uhr, Samstag um 11 Uhr zehn Minuten Jean Paul geben. Geilenkirchen hofft damit, den einen oder anderen Zuhörer zum Anhänger Jean Pauls werden zu lassen. Die ganze Aktion sei als Würdigung gedacht, die vielleicht auch notwendig ist.“ Denn nicht nur das Verhältnis der Bayreuther zu Jean Paul sei gespalten, auch andersherum sei das Verhältnis durchaus ambivalent gewesen.

Unter dem Titel „Das Schreibwunder aus der Friedrichstraße“ hatte Geilenkirchen eine Würdigung für Jean Paul verfasst, in der er den Dichter neben Johann Wolfgang von Goethe als umfassendstes Talent seiner Zeit bezeichnete. Jean Paul sei weder der Klassik noch der Romantik zuzuordnen, sei schnell zu einem der meist gelesenen Autoren seiner Zeit  aufgestiegen und zeitweise in Vergessenheit geraten. „Vielleicht ist es unserer heutigen Spaßgesellschaft zuwider, schwierige Literatur zu lesen“, sagte Geilenkirchen. Doch das Eintauchen in die Welt Jean Pauls kann eines der beglückendsten und erfüllendsten Erlebnisse sein.

Zwei, die bereits einen beachtlichen Beitrag zum Jean-Paul-Jubiläumsjahr geleistet haben sind die Kulturwissenschaftlerin Karla Fohrbeck und der Kulturpublizist Frank Piontek. Unter den Titeln Jean Paul in Oberfranken“ und „Jean Paul in und um Bayreuth“ haben sie zwei stattliche Bildbände herausgegeben, die den von ihnen entscheidend mit ins Leben gerufenen Jean Paul-Weg von Joditz bis Sanspareil sowie innerhalb Bayreuths von der Eremitage bis Schloss Fantaisie nachzeichnen. Für ihre Idee des Jean-Paul-Wegs haben Fohrbeck und Piontek 22 Gemeinden, vier Landkreise und unzählige Freunde und Förderer gewinnen können. Ihr Ziel sei es von Anfang an gewesen, „Jean Paul in  die Köpfe der Menschen zu bekommen.“

Bild: Schauspieler und Rezitator Hans-Jürgen Schatz, Buchhändler Rolf J. Geilenkirchen und der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk (von links), der Ende April eine großangelegte Veranstaltung für Jean Paul in Berlin organisiert, haben das Jean-Paul-Jubiläumsjahr in der Bayreuther Markgrafenbuchhandlung eröffnet.

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15.11.2012

Altes Werk neu rekonstruiert
Verschollen geglaubtes Violinkonzert von Henri Marteau liegt wieder vor

Lichtenberg. Fast 100 Jahre nach seiner Entstehung und Jahrzehnte nach seinem ominösen Verschwinden liegt das Violinkonzert des einst weltberühmten Geigenvirtuosen Henri Marteau (1874 – 1934) in neuer Orchestrierung wieder vor. Vertreter der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau, des Bezirks Oberfranken und des Steingräber-Musikverlages aus Offenbach haben eine Partitur des Werkes in Lichtenberg bei Hof an den berühmten Münchner Geiger Ingolf Turban überreicht. Turban sagte zu, sich in den kommenden Jahren dem Werk zu widmen und sowohl eine Aufführung als auch eine CD-Einspielung realisieren zu wollen.

Henri Marteau hatte sein Violinkonzert, das die Opus-Zahl 18 trägt, 1916 inmitten der Wirren des Ersten Weltkriegs und während einer persönlichen Lebenskrise geschrieben. Als Halbfranzose und zudem französischer Leutnant der Reserve hatte Marteau wegen des Krieges neben seiner Professur in Berlin alle Möglichkeiten des Konzertierens verloren und wurde in der Folge mehrmals inhaftiert.

Das Autograph der Partitur gilt heute als verschollen, ebenso die damals erschienenen Originalpartituren sowie sämtliche Einzelstimmen. Zuletzt gab es lediglich einen Klavierauszug und eine Tonaufnahme aus den 1970er Jahren. Die jetzt endlich wieder vorliegende Partitur hatte der in Würzburg geborene Dirigent Raoul Grüneis rekonstruiert. Grüneis ist in der Region kein Unbekannter, er leitete zwischen 2005 und 2012 das Jugendsymphonie-Orchester Oberfranken. Seit 2010 steht er an der Spitze der Türkischen Staatsoper in Istanbul. Das nicht vorhandene Aufführungsmaterial sieht Raoul Grüneis auch als den Hauptgrund dafür, dass „die spätromantisch-üppige Schöpfung“ bislang noch nicht den Weg ins Repertoire der großen Geiger gefunden hatte.

Das Violinkonzert hat eine Aufführungsdauer von gut 50 Minuten und wird von Musikwissenschaftlern in eine Reihe mit den Violinkonzerten des Marteau-Freundes Max Reger aus dem Jahr 1908 und des Violinkonzertes des Briten Edvard Elgar aus dem Jahr 1910 gestellt. Es ist in drei Sätze (Allegro risoluto/Allegro energico – Adagio - Rondo) aufgegliedert und für ein Solokonzert in den Bläsern (Englischhorn, Bassklarinette, Kontrafagott) ungewöhnlich groß besetzt.

Die Komposition hebt zu Beginn bereits nach wenigen Orchestertakten mit zwei kurzen Kadenzen des Solisten an. Sprüht der erste Satz nur so vor Vitalität, verrät erst der zweite, in welch depressiver und aussichtsloser Lage Marteau sich in dieser Zeit befunden habe, so Raoul Grüneis. „In memoriam“ überschrieben, entfalte sich ein Adagio von großem Ernst. Die Fähigkeit Marteaus, rhythmisch prägnante, charakteristische Themen zu entwerfen, zeige auch der Beginn des Finales (Rondo): über ungestümen Orchestertriolen spannt sich ein sechstaktiger Gedanke, der sofort den Charakter des ganzen Satzes bestimmt.

Erschienen ist das Notenmaterial in dem heute in Offenbach angesiedeltem Steingräber Musikverlag, dem Henri Marteau persönlich bereits zu Lebzeiten eng verbunden war. Neben zahlreichen Kompositionen Marteaus hatte der Verlag viele Werke der Violinliteratur herausgegeben, darunter auch die Ausgabe der Sonaten und Partiten für Solovioline von Johann Sebastian Bach, in der noch heute erhältlichen und gespielten Bearbeitung von Henri Marteau. Firmengründer des Verlages ist der 1830 geborene Theodor Leberecht Steingräber, ein Cousin von Eduard Steingraeber, dem Gründer der heute in Bayreuth ansässigen gleichnamigen Pianofabrik.

Von einem ganz besonderen Werk sprach Verwaltungsleiter Dr. Ulrich Wirz. Henri Marteau sei nicht nur ein sehr guter Interpret, sondern auch ein hervorragender Techniker gewesen. Dies sei auch im bislang verschollen geglaubten Opus 18 zu spüren. „Hier werde dem Solisten einiges abverlangt“, sagte Wirz und drückte seine Hoffnung aus, dass mit dem vorliegenden Violinkonzert Henri Marteau auch als Komponist wieder bekannter werde.

Geiger Ingolf Turban, der im Haus Marteau einen Meisterkurs gegeben hatte, bezeichnete es als große Ehre, dass er als Interpret für das wiederentdeckte Werk auserkoren worden sei.  Die Komposition endlich wieder in Händen halten zu können, sei auch für ihn ein großer Moment. Turban gilt nicht nur als Kenner Henri Marteaus, sondern auch als Spezialist für verloren geglaubte Werke der Musikliteratur. Von seinen bislang rund 40 CD-Einspielungen sind etwa die Hälfte Ersteinspielungen.

Bild: Im einstigen Musikzimmer von Henri Marteau ließ der Münchner Geiger Ingolf Turban nach Jahren des Dornröschenschlafs das wiederentdeckte Violinkonzert  erklingen. Erste Zuhörer waren der Verwaltungsleiter der Internationalen Musikbegegnungsstätte Dr. Ulrich Wirz, der Sprecher des Steingräber-Musikverlages Joachim Schröder und der künstlerische Leiter des Hauses Marteau Professor Dr. Dr. h.c. Peter Sadlo (von links).

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18.09.2012

Ausnahmemusiker und Weltstar:
Kulturpreis der Oberfrankenstiftung für Peter Sadlo

Kronach. Mit dem Kulturpreis der Oberfrankenstiftung ist am Dienstag in Kronach der international bekannte Soloschlagzeuger Peter Sadlo ausgezeichnet worden. Sadlo ist seit 2007 künstlerischer Berater der Internationalen Musikbegegnungsstätte „Haus Marteau“ des Bezirks Oberfranken. Der Preis ist mit 15000 Euro dotiert und wurde vom oberfränkischen Regierungspräsidenten und Stiftungsratsvorsitzenden Wilhelm Wenning im Festsaal des Alten Rathauses von Kronach überreicht.

In seiner Laudatio bezeichnete Bezirksheimatpfleger Günter Dippold Sadlo als Ausnahmemusiker und Weltstar. Wenn Sadlo dennoch mit einem regionalen Kulturpreis geehrt werde, dann vor allem deshalb, weil er sich auch um das oberfränkische Kulturleben verdient gemacht habe. Neben seiner Arbeit mit den Hofer Symphonikern, deren Musikschule und der Berufsfachschule für Musik in Kronach sei Sadlo in ganz besonderer Art und Weise mit dem Haus Marteau in Lichtenberg verbunden.

In der Musikbegegnungsstätte habe er nicht nur seit Januar 1989 bislang 15 Meisterkurse abgehalten, als Nachfolger des verstorbenen Günther Weiß übernahm er 2007 die künstlerische Beratung und habe seitdem eine ganze Reihe neuer Impulse gesetzt. Nach den Worten Dippolds hatte Sadlo unter anderem die Dozentenschaft mit Augenmaß und Kennerblick erneuert und verjüngt sowie den Anteil aktiver Musiker erhöht. Nicht zuletzt sei es dem hohen Ansehen Peter Sadlos in Kollegenkreisen geschuldet, dass die Dozenten für ein vergleichsweise maßvolles Honorar immer wieder gerne in den Frankenwald kommen. Nach dem Motto: „Musik muss unter die Menschen“ habe Sadlo außerdem die Reihe „Haus Marteau auf Reisen“ eingeführt, bei der die Abschlusskonzerte der Workshops nicht mehr nur in Lichtenberg, sondern an vielen Orten Oberfrankens stattfinden.

Sadlo wurde 1962 in Zirndorf geboren, besuchte bereits als Zwölfjähriger das damalige Nürnberger Meistersinger-Konservatorium und später die Musikhochschule Würzburg. Im Alter von 20 Jahren wurde Sadlo unter dem weltberühmten Dirigenten Sergiu Celibidache Solopauker bei den Münchner Philharmonikern. Ein Jahr später erhielt er einen Lehrauftrag für Pauke und Schlagzeug an der damaligen Hochschule für Musik und Theater München. Mit 28 Jahren erhielt er einen Ruf auf einen Lehrstuhl am Mozarteum in Salzburg. In München und Salzburg lehrt Sadlo noch heute als Professor.

1997 hatte Sadlo seine Stelle bei den Münchner Philharmonikern aufgegeben, um als freier Solist zu tätig zu werden. Er musizierte bereits mit vielen großen Orchestern der Welt, trat bei vielen nationalen und internationalen Musikfestivals auf und wurde unter anderem mit dem begehrten Echo-Klassikpreis als Instrumentalist des Jahres 1998 und 2006 mit dem renommierten E.ON-Kulturpreis Bayern ausgezeichnet. Daneben setzt er sich immer für zeitgenössische Musik ein, er komponiert selbst und entwarf eine eigene Schlägelserie für einen Hersteller von Schlagzeuginstrumentarien.

In der Region ist Sadlo wieder Anfang November in Naila und Stegaurach zu erleben. Sadlo wird vom 5. bis zum 9. November einen Meisterkurs im „Haus Marteau“ geben und die Ergebnisse zusammen mit den Teilnehmern bei öffentlichen Konzerten am 8. November in der Frankenhalle in Naila (Landkreis Hof) und am 9. November im Bürgersaal von Stegaurach (Landkreis Bamberg) aufführen. Beginn ist jeweils um 19 Uhr, der Eintritt ist frei.

Bilder:
- Live-P
erformance statt Dankesworte: Mit einer Kostprobe seines Könnens bedankte sich Peter Sadlo im Alten Rathaus von Kronach für den Kulturpreis der Oberfrankenstiftung.
-
Der oberfränkische Regierungspräsident und Stiftungsratsvorsitzender Wilhelm Wenning (links) überreichte den Kulturpreis der der Oberfrankenstiftung an Peter Sadlo (Mitte). Bezirksheimatpfleger Günter Dippold hatte den künstlerischen Berater des Hauses Marteau zuvor als Ausnahmemusiker und Weltstar bezeichnet.

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15.06.2012

TV-Stars und vielversprechende Newcomer bringen den Berg zum Beben / Am 22. Juni beginnen die Luisenburg-Festspiele Wunsiedel mit Shakespeares „Romeo und Julia“

Wunsiedel. „Wir sind kein Theatermuseum“, sagt Michael Lerchenberg, Intendant der Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel, die am Freitag (22.06.) mit William Shakespeares Tragödie „Romeo und Julia“ beginnen. Gleichwohl stehe das Regietheater nicht im Vordergrund: „Im Zentrum unserer Arbeit befinden sich die Bühne und die Schauspieler“, so Lerchenberg.

Die Bühne, das ist ein Ausläufer des benachbarten Felsenlabyrinths, das seit Millionen Jahren existiert. Die Schauspieler, das sind zum einen prominente Stars, wie der US-Entertainer Ron Williams oder die TV-Serienhelden Arthus Brauss und Gerd Lohmeyer. Zum anderen soll aber auch immer wieder bewusst ganz jungen Schauspielern eine Chance gegeben werden, so Lerchenberg mit Blick auf Hanna Plaß und Bastian Semm. Beide stehen in diesem Jahr als Romeo und als Juli auf der Luisenburg-Bühne. „Julia“ Hanna Plaß (23) ist im benachbarten Thiersheim aufgewachsen, hat in der Statisterie der Luisenburg-Festspiele ihre erste Bühnenerfahrung gesammelt und mittlerweile die renommierte Otto-Falckenberg-Schauspielschule in München absolviert. „Romeo“ Bastian Semm (33) kommt aus Bochum, hat im zurückliegenden Jahr bereits in Bad Hersfeld den Hamlet gespielt und sich vor allem als Sänger und Gitarrist mit seinem Johnny-Cash-Programm einen Namen gemacht. Eine Kostprobe davon gibt Semm am 26. Juli im Museumshof von Wunsiedel.

Beim zweiten Stück, handelt es sich mit dem Musical „Blues Brothers“ um eine Wiederaufnahmepremiere (ab 28. Juni). "Damit haben wir „den Berg zum Beben gebracht“, sagt Intendant Lerchenberg. Noch nie sei es auf der Luisenburg vorgekommen, dass das gesamte Publikum am Ende tanzt und singt. „Kein Wunder, bei der wahnsinnig geilen Musik und dem spielfreudigem Ensemble“, so der Intendant.

Mit dem dritten Hauptstück „Wast – Wohin“ von dem österreichischen Gegenwartsdramatiker Felix Mitterer will Lerchenberg auf der Luisenburg eine 2004 begonnene Reihe fortsetzen, die sich dem „anspruchsvollen, ernsten und sozialkritischem Volkstheater“ widmet (Premiere 13. Juli). Der Umgang mit behinderten Menschen sei noch immer ein topaktuelles Thema, so Lerchenberg. In dem Stück geht es um einen zurückgebliebenen jungen Erwachsenen auf einem Bergbauernhof, der von seiner Familie weggesperrt wird. Ein Knecht, der ihn fördern will, scheitert letztlich an der Dorfgemeinschaft. Das Theaterstück hatte bei der Uraufführung 1977 für Furore gesorgt, für Wunsiedel hat Mitterer eine eigene Fassung angefertigt.

Auf dem Programm der Luisenburg-Festspiele stehen als Eigenproduktionen außerdem das Kinderstück „Ritter Kamenbert“ und der Monolog „Cherubim“ des im benachbarten Waldsassen geborenen Autors Werner Fritsch (Premiere 19. Juli). Gastspiele gibt die Operettenbühne Wien mit Carl Zellers „Vogelhändler“ (ab 9. August), die Kultband Haindling (16. Juli) und das Münchner Blechbläserensemble „Blechschaden“ unter der Leitung von Bab Ross (23. Juli).

Über mangelndes Zuschauerinteresse können sich die Luisenburg-Festspiele seit Übernahme der Intendanz durch Michael Lerchenberg nicht beklagen. Zwei Zusatzaufführungen der „Blues Brothers“ wurden bereits eingeschoben, selbst für den traditionellen Opernabend zum Schluss der Spielzeit gibt es bereits eine zusätzliche Aufführung am 20. August. Mit Carl Maria von Webers „Freischütz“ stehe diesmal „die Open-Air-Luisenburg-Oper schlechthin“ (Lerchenberg) in einem Gastspiel der Landesbühne Sachsen auf dem Spielplan. Einzelkarten seien für alle Aufführungen aber immer wieder an der Abendkasse erhältlich.

Nicht rechtzeitig zu den Festspielen fertig geworden ist indes der rund 15 Millionen Euro teure Umbau des Betriebsgebäudes der Festspiele. Alles, was für den Zuschauer wichtig ist, sei aber fertig, beruhigt Bürgermeister Karl Willi Beck. Der neue, auch bei Regen, rutschfeste Bühnenbelag gehöre genauso dazu, wie die Generalüberholung der exakt 1898 Sitze. Die Qualität eines Stuhles sei schließlich für den Wert einer Theateraufführung nicht zu unterschätzen, so Lerchenberg.

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12.05.2012

Paul Young und Roger Chapman zogen alle Register / Eisheilige und Pokalendspiel: Weniger Besucher als in den Vorjahren bei Maisels Weißbierfest

Bayreuth. An den Stars kann es nicht gelegen haben, denn Roger Chapman (links im Bild) und Paul Young (rechts im Bild) zogen beim Weißbierfest der Brauerei Gebrüder Maisel in Bayreuth am Samstagabend alle Register. Dennoch waren in diesem Jahr deutlich weniger Besucher zu dem gigantisch angelegten Brauereifest gekommen als in den Vorjahren. Die Verantwortlichen machten dafür vor allem das DFB-Pokalendspiel verantwortlich, aber auch die Kälte hielt sicher den einen oder anderen davon ab.

Doch auch diesmal dürften es einige tausend Besucher gewesen sein, die das Brauereigelände zur größten Partylocation Nordbayern machten. Hauptsächlich wegen der jeweils fast zweistündigen Auftritte der britischen Pop- und Rockstars Paul Young und Roger Chapman waren viele teilweise auch von weither angereist. Sowohl Paul Young (56) als auch Roger Chapman (70) hatten ihre großen Erfolge in den frühen 80er Jahren. Klassischer Rock, ehrlich, englisch, engagiert, war das Motto für die Rock-Classics-Nacht am Samstag. Den Auftakt machte Roger Chapman, der nicht nur seinen großen Hit „Shadow on the Wall“ aus dem Jahr 1981 (als Zugabe) erklingen ließ sondern auch noch viele anderen Hits zum Mitsingen und Mitgrölen.

Noch einen drauf setzte zur mitternächtlichen Stunde Paul Young (Bild links). Mit „Whereever I lay my hat“, „Everytime you go away“, „Love of the common people“ oder „Love will tear us apart“ brachten Paul Young und seine Band die ausgeräumte Weißbierhalle zum Toben. Von seiner Kraft und Ausstrahlung hat Paul Young in all den Jahren nichts eingebüßt, waren sich vor allem die weiblichen Fans einig. Nicht umsonst wurde er gleich drei Mal mit dem renommierten Brit-Award ausgezeichnet. In Bayreuth erschien er im klassisch-eleganten Anzug, tänzelte im Bühnennebel und setzte dabei von Anfang an auf die bekannten Songs in absoluter Perfektion.

Als Vorgruppe heizen am Samstag die Weißbierfest-erfahrenen „Bursting Pipes“ den Besuchern ein. Zwischen den beiden Top-Acts präsentiert sich mit der Suzan Baker (Bild unten) eine bezaubernde Sängerin und Songwriterin aus der Region nur mit einem Gitarristen als Begleitung. Unplugged coverten beide bekannte Songs und waren dabei weit mehr als nur eine Pausenüberbrückung.  Davor hatte ein halbes Dutzend Fans die Gelegenheit, sowohl Paul Young als auch Roger Chapman bei einem so genannten „Meet and Greet“ persönlich kennen zu lernen. Beide schrieben fleißig Autogramme, gaben Interviews und ließen sich bestens gelaunt mit ihren Fans fotografieren.

Auch in diesem Jahr waren beim Brauereifest, das traditionell als inoffizieller Auftakt der Open-Air-Saison gilt, wieder an allen vier Abenden prominente Live-Acts zu erleben. Zum Opening gab es bereits am Donnerstag Bayreuths größte Uni-Fete unter anderem mit einem Auftritt von Kim Sanders, Zweitplatzierte der erfolgreichen TV-Show „Voice of Germany“. Am Freitag ließen „Hollywood Rose“ und „Metakilla“, die Coverbands von „Guns N´Roses“ und „Metallica“, die Festhalle beben. Mit der Gruppe „Waste“ konnte sich an diesem Tag auch eine Band aus der Region erstmals vor großem Publikum präsentieren.

Höhepunkt im Rahmenprogramm war mit dem 10. Maisels Fun-Run am Sonntagvormittag Bayreuths größte Laufveranstaltung, bei der diesmal mit über 2500 Läufern ein neuer Rekord aufgestellt wurde. Sämtliche Läufer hatten sich auf einen Halbmarathon-Rundkurs oder die Zehn-Kilometer-Strecke durch die Innenstadt gemacht. Die Strecke führte dabei vorbei an den Sehenswürdigkeiten der Stadt, mitten durchs Gelände der Universität und wieder zurück zum Weißbierfest.  An der Strecke sorgen nicht nur die Sportbegeisterten für Motivation, es gab auch Musik mit der Band „Afro Samba“, dem „Beat Percussion Ensemble“ und „Laurel und Hardy`s Marching Band“, ehe das Fest am Sonntag wieder mit der „Heavy Volxmusic“ von den „Troglauer Buam“, der Hausband der Brauerei Maisel, ausklang.

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28.04.2012

„Suchet der Stadt Bestes“ / Wagner, Wilhelmine, Jean Paul: Die „Bayreuther Geister“ der Kulturwissenschaftlerin und Kulturpolitikerin Dr. Karla Fohrbeck

Bayreuth. Markgräfin Wilhelmine, Jean Paul, Richard Wagner: Für Karla Fohrbeck sind es die „Bayreuther Geister“, denen sie seit ihrem Eintritt in den „Un-Ruhestand“ mit den verschiedensten Projekten ihr Engagement schenkt. In den Vordergrund treten, das ist nicht ihre Sache, sie stößt lieber an, ist für kulturpolitische Visionen und die Initialzündung zuständig, recherchiert, vernetzt, organisiert, hilft Weichen stellen und Finanzen besorgen und freut sich, wenn das eine oder andere später eine eigene Dynamik entwickelt.

Wenn Karla Fohrbeck von Bayreuth spricht, dann ist das ihre Heimatstadt. „Ich bin eine engagierte Bayreutherin – schon in der 3. Generation“, sagt sie, die während der letzten Kriegsjahre in Aachen geboren wurde. Beim Spiegel-Verlag in Hamburg begann nach den Universitätsjahren ihr Berufsleben, siebzehn Jahre leitete sie das noch immer existierende Zentrum für Kulturforschung, erst in Hamburg, später in Bonn, das unter anderem die empirischen und strukturellen Grundlagen für den Aufbau der Künstlersozialversicherung, einer Bundeskulturpolitik oder den Deutschen Kulturrat  erarbeitete, aber auch auf europäischer und internationaler Ebene tätig war. Von 1990 bis 1996 sorgte sie als parteilose und relativ unkonventionelle Nürnberger Schul- und Kulturreferentin auch überregional für Schlagzeilen.

Heute lebt sie in einem alten Bauernhaus in Neudrossenfeld, hat aber seit 2007 ihr Büro in Bayreuth bei der Agentur KulturPartner, wo ein Projekt nach dem anderen erfindet. Karla Fohrbeck war unter anderem am Wilhelmine-Doppeljubiläum beteiligt, ist verantwortlich für den 200 Kilometer langen Jean-Paul-Weg quer durch Oberfranken und kümmert sich um ein würdiges Gedenken an den Aufenthalt Richard Wagners im Hotel Fantaisie in Donndorf.

Ihr bislang wichtigstes Projekt hat indirekt auch mit den „Bayreuther Geistern“ zu tun: der Wiederaufbau der jüdischen Infrastruktur in Bayreuth. Von Ende 2007 bis Herbst 2010 habe sie dafür viel Zeit investiert und eine Gesamtvision realisieren helfen, die überfällig war. Entstanden ist während dieser Zeit unter anderem ein Stadtplan mit sämtlichen jüdischen Stationen, ein umfangreiches Buch („Jüdisches Bayreuth“), eine Sonderausstellung sowie eine Bestandsaufnahme der rund 1000 Gräber des jüdischen Friedhofs. Auch für die jetzt laufenden Bauprojekte, wie die Errichtung einer „Mikwe“ (rituelles Tauchbad), die Restaurierung der barocken Synagoge an der Münzgasse und die Errichtung eines jüdischen Kultur- und Gemeindezentrums im Iwalewa-Haus hat sie die Grundlagen schaffen helfen und  die vielen Projektpartner vom Schreibtisch ihres Büros aus koordiniert. Nebeneffekt einer dadurch notwendigen und erfolgreichen Gebäuderochade in der „Kulturmeile Münzgasse“ sei die Wölfelstraße 2 als künftiges neues Afrika- und Iwalewa-Zentrum der Universität.

All dies geschieht ehrenamtlich, sagt Karla Fohrbeck wie selbstverständlich. Nach dem Motto „Suchet der Stadt Bestes“ möchte sie etwas an die Gesellschaft zurückgeben, „aus Liebe zu ihrer Heimatstadt und der Region“, wie sie sagt. Die drei „Bayreuther Geister“ spielten dabei schon in ihrer Kindheit eine Rolle. Beim Blick aus dem Fenster der ersten elterlichen Wohnung in der Ludwigstraße auf das Neue Schloss etwa, oder beim späteren Schulweg vom Luitpoldplatz durch die barocke Kanzlei- und die Friedrichstraße zur Oberrealschule (heute Richard-Wagner-Gymnasium), wo sie 1962 das Abitur ablegte.

„Wilhelmine war die erste, mit der ich zu tun hatte“, so Karla Fohrbeck. Ihre Parks und das Neue Schloss seien ihr Spielplatz gewesen. „Früh“ habe aber auch schon das Interesse für Jean Paul begonnen, „vor allem für seine Doppelgänger“. Völlig selbstverständlich habe sie seine Werke aus der großen Bibliothek ihres Elternhauses verschlungen. Schwieriger sei da schon der Zugang zu Richard Wagner gewesen. Für den im Widerstand aktiven Vater sei Wagner tabu gewesen. Dafür gab es zuhause Anton Bruckner, Hugo Wolf oder Max Reger. Mit den Kindern Wolfgang und Wieland Wagners sei sie befreundet gewesen, aber die Verbindung zum Werk Richard Wagners, die sie in den prägenden Jahren Neu-Bayreuths in nahezu alle Proben und Generalproben führte, geschah eigenständig.

Wagner sei auch ausschlaggebend für ihr Mythologie-Studium gewesen, sagt Karla Fohrbeck, die in Freiburg, Frankfurt, London und Paris außerdem Soziologie, Philosophie, Anthropologie, Religionswissenschaften und Volkswirtschaft studiert hatte. „Die umfassende Weltsicht der Bayreuther Geister – wozu auch Vater (Arzt) und Großvater (Ingenieur) gehörten - war die Vorstufe für alle diese Fächer“, so die promovierte Wissenschaftlerin, die auch in den zurückliegenden Jahrzehnten kontinuierlich die Festspiele besuchte und die ihre Karten für den Chereau-Ring von Spiegel-Gründer Rudolf Augstein persönlich bekam.

Die Ideen gehen Karla Fohrbeck nicht aus. Noch in diesem Jahr sollen zwei groß angelegte, reich illustrierte Bände über Jean Paul in Bayreuth und Jean Paul in Oberfranken erscheinen. Sie unterstützt Pläne für einen Umzug des Jean-Paul-Museums in das Dichterhaus in der Friedrichstraße. Ein Stadtplan zum Thema „Richard Wagner in Bayreuth“ ist in Vorbereitung. Für das sogenannte Chamberlain-Haus in der Wahnfriedstraße hat sie gerade Stichworte für ein Dokumentationszentrum in der Achse München-Nürnberg-Bayreuth ausgearbeitet, das sich nicht nur historisch, sondern auch aktuell mit Antisemitismus und Rassismus  auseinandersetzen könnte.

Es gäbe auch schon einen vierten „Bayreuther Geist“, dem sie gerne später einmal ihre Aufmerksamkeit schenken würde: der in Bayreuth geborene und mittlerweile mehr oder weniger in Vergessenheit geratene Philosoph Max Stirner.

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25.04.2012

Musik als Brücke zwischen Christen und Juden / Völkerverständigung im Vordergrund: Bayreuther Zamirchor gastierte zum wiederholten Mal in Israel

Bayreuth. „Das ganze Projekt ist ein Abenteuer“, sagt Barbara Baier, Sopranistin und Gesangslehrerin aus Bayreuth. Die Künstlerin, die bereits an mehreren Bühnen in Deutschland fest engagiert war und unter anderem mit der Partie der Eliza Doolittle in dem Musical „My Fair Lady“ Triumphe an vielen Häusern Europas feierte, spricht dabei nicht von ihrer beachtlichen Karriere, sondern von ihrem Projekt, dem „Zamirchor“. Dabei handelt es sich um einen 2006 gegründeten gemischten Laienchor mit 30 bis 40 Mitgliedern, der es trotz seines relativ kurzen Bestehens schon zu Auftritten bei den Vereinten Nationen in Genf und in New York geschafft hat. Dabei steht für Barbara Baier nicht nur die Musik, sondern  auch die Völkerverständigung im Vordergrund: „Das Miteinander von Israelis und Deutschen, von Christen und Juden ist unser Hauptanliegen.“

Die Erfolgsgeschichte des Zamirchores ist eng mit vielen Zufällen verbunden. Beim Skifahren in der Schweiz lernte die in ihrer Freizeit auch als Skilehrerin tätige Künstlerin den israelischen Dirigenten und zeitgenössischen Komponisten Issak Tavior kennen. „Wir wollten zusammen Musik machen“, erinnert sich Barbara Baier, aber Isaak Tavior wollte nicht unbedingt nach Deutschland. Wieder in Bayreuth angekommen, gründete Barbara Baier einen Projektchor aus Schülern und Freunden und studierte zwei Kantaten aus der Feder von Isaak Tavior ein. Noch im gleichen Jahr wurde die Komposition „Chazon Ha Azamot“ („Auferweckung des Volkes“) uraufgeführt, und zwar in Bayreuth unter der Leitung des Komponisten zum Internationalen Holocaust-Gedenktag.

„Es war zum ersten Mal in der Geschichte, dass Israelis und Deutsche, Juden und Christen ein gemeinsames Gedenkkonzert veranstalteten“, sagt Barbara Baier. Es war aber auch die Geburtsstunde des Zamirchors, der bis heute ohne öffentliche Fördergelder auskommt und sich komplett über Spenden und Sponsoren finanziert. „Uns geht es um das völkerverbindende Element“, so Barbara Baier, die sich schon immer für andere Kulturen und deren Geschichte interessiert hat.

Nächstes großes Projekt war ein Konzert zum 60. Gründungsjubiläum des Staates Israel zusammen mit den Hofer Symphonikern und dem Israel Oratorio Chamberchoir. Auch in Israel war man inzwischen auf den Chor aus Bayreuth aufmerksam geworden und so übernahm der israelische Botschafter die Schirmherrschaft. In Bayreuth sei das Engagement mit offenen Armen aufgenommen worden, erinnert sich Barbara Baier, auch wenn der Aufwand damals gigantisch gewesen sei. Der israelische Chor habe während seines Aufenthaltes in Deutschland rund um die Uhr unter Polizeischutz gestanden, sogar Spürhunde mussten die Stadthalle vor dem Konzert durchkämmen.

Absoluter Höhepunkt in der Geschichte des Zamirchors war freilich der Auftritt vor der Vollversammlung der UN anlässlich des Holocaust-Gedenktages 2010 in der Assembly-Hall in New York und 2011 in Genf unter anderem mit Werken von Isaak Tavior aber auch mit Ausschnitten aus dem Requiem von Johannes Brahms. „Es war ein Riesenakt mit vielen schlaflosen Nächten“, bringt es Barbara Baier auf den Punkt. Die Organisatoren hatte damals eine DVD des Chores überzeugt. Es war das erste Mal, dass sich Deutschland und Israel gemeinsam daran beteiligten, und damit ein historisches Konzert.

Auch die jetzige, erste Israel-Tournee, von der Barbara Baier (Bild) und ihre Mitstreiter gerade zurückgekommen sind, war zusammen mit dem Israel Oratorio Chamberchoir für alle Beteiligten ein großes Erlebnis. „Wir schweben noch immer auf Wolke sieben“, so Barbara Baier. Wieder einmal sei festzustellen gewesen, welche völkerverbindende Kraft in der Musik liegt und wie wertvoll für alle Beteiligten der deutsch-israelische sowie der christlich-jüdische Dialog sein kann. Mit dabei war diesmal das Israel Chamber Orchestra unter der Leitung von Ronen Borshevsky, einem Assistenten des weltberühmten Dirigenten Zubin Mehta. Die Konzerte fanden unter anderem im Theater Jerusalem und im Auditorium in Herzliya statt. Ein A-Cappella-Konzert bestritten beide Chöre außerdem in der Christchurch von Jerusalem.

Heute ist der Zamirchor längst als Verein organisiert, seine Mitglieder sind Hausfrauen, Schüler und Studenten genauso wie Krankenschwestern, Lehrer, Schauspieler und Erfinder. Die Altersspanne reicht von 15 bis 75 Jahren. Geprobt wird mindestens einmal pro Woche in der eigenen Zamirhalle, einer kleinen ehemaligen Fabrikhalle in Bayreuth, die von den Mitgliedern in liebevoller Kleinarbeit zum Veranstaltungsort umfunktioniert und ausgestattet wurde. Und Barbara Baier selbst ist unermüdlich am Planen, Organisieren und Managen: „Ich sitze jeden Tag sechs bis sieben Stunden an unserem Chorprojekt“ sagt sie, die noch immer jede Menge Gesangschüler unterrichtet und auch eigene Liederabende gibt und an neuen Programmen arbeitet.

Aber auch mit dem Zamirchor stehen ehrgeizige Vorhaben an. Im Oktober gastiert der Zamirchor erneut in Haifa und wird Isaak Taviors neues Oratorium „König David“ zur Aufführung bringen. Im kommenden Jahr sind Auftritte unter anderem in Warschau, Breslau und Auschwitz geplant. “Es geht immer weiter mit den Ideen“, sagt Barbara Baier. Der Name des Chores kommt übrigens aus dem Hebräischen: Zamir heißt Nachtigall.

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27.11.2011

Flott, lebendig und zeitgemäß: Adventliches Konzertereignis von hoher Qualität / Glanzvolle Aufführung von Bachs Weihnachtsoratorium in der Petri-Kirche

Kulmbach. Es war eine ausgesprochen gute Idee von Kirchenmusikdirektor Ingo Hahn, einmal die Kantaten vier bis sechs und damit den zweiten Teil von Johann Sebastian Bachs ohnehin fast schon inflationär gespieltem Weihnachtsoratorium aufzuführen. Das Abschlusskonzert der Kulmbacher Kirchenmusiktage am Sonntag in der Petri-Kirche war dennoch, oder gerade trotzdem, ein musikalischer Höhepunkt zum ersten Advent. Alle Nummern der drei Kantaten fügten sich in natürlichem Fluss ineinander. Die Aufführung durch die Kulmbacher Kantorei und das Orchester „musica juventa“ aus Halle an der Saale war aufs Beste ausgewogen und unter der Leitung von Ingo Hahn markierten die Ausführenden immer wieder neue Höhepunkte.

Bachs überaus populäre Komposition erzählt die Weihnachtsgeschichte, wie sie im Lukas- und teilweise auch im Matthäus-Evangelium nachzulesen ist. Jede der insgesamt sechs Kantaten des Weihnachtsoratoriums hat seinen von den anderen Abschnitten unabhängigen Platz im Kirchengeschehen zwischen Weihnachten und Epiphanias, verstreut über die Festtage zweier Wochen. Die Bestimmung der Kantate, wie sie sich aus der Leipziger Praxis zu Bachs Zeit ergab, bestand darin, im Gottesdienst aufgeführt zu werden. Damit war die komponierte Musik Bestandteil des religiösen Ablaufs.

In Zeiten der modernen Aufführungspraxis und einer unbegrenzten Reproduzierbarkeit von Musik hat sich das Werk von seinem liturgischen Kontext gelöst. Eine Konzertaufführung, wie die in Kulmbach, fügt das, was zu Bachs Zeiten in der Liturgie verankert und auf mehrere Feiertage verteilt war, zu einem neuen Ganzen zusammen. Das Weihnachtsoratorium hat längst unabhängig von seiner gottesdienstlichen Funktion ein Eigenleben als eigenständiges Oratorium entwickelt.

Ingo Hahn lässt die „musica juventa“ in der Kulmbacher Aufführung in authentischer instrumentaler Besetzung musizieren und schlägt dabei durchwegs überraschend schnelle Tempi an. Der Zusammenschluss musizierte perfekt, ohne falsches Pathos und zu viel feierlicher Erhabenheit. Dem Ensemble gelang es unter der Leitung des Kirchenmusikdirektors dadurch, das Bach´sche Klangbild mit einer lebendigen und zeitgemäßen Gestaltung zu verknüpfen und so dem verborgenen Geist des Werkes aufzuspüren. Dynamische Differenzierung und polyphone Abläufe kamen bestens zur Geltung, was an der hohen Transparenz liegt, die sowohl die Kantorei, als auch Instrumentalisten auszeichneten.

Der Kantorei gelang es, abgesehen von dem offensichtlich krankheitsbedingt stark dezimierten Tenören, ihr hohes Niveau präzise und mit natürlicher Frische während der gesamten drei Kantaten durchzuhalten. Insgesamt wirkte die Interpretation nie unangemessen forciert, sondern folgte einfach dem musikalischen Impetus Bachs. Dies wird vor allem im fließenden Gesangstempo deutlich, das Empfindsamkeit zulässt aber auf bedeutungsschwangere Theatralik verzichtet.

Trefflich besetzt waren die Partien der Solisten mit Gabriele Rösel (Sopran), Katharina Heiligtag (Alt), Christoph Rösel (Tenor) und Rudolf Hillebrand (Bass), die alle vier ein hohes Niveau erreichen. Eine zentrale Stellung nahm dabei Christoph Rösel ein, der nicht nur die zum Teil halsbrecherischen Tenorarien, sondern auch die Rezitative des Evangelisten mit lockerer Tongebung und vorzüglich deklamierend sang. Vom Umfang her fällt auch die Sopranpartie in den Kantaten IV bis VI reichhaltig aus, Gabriele Rösel konnte mit ihrer schlanken Stimme ihren Arien ebenfalls bestens Profil verleihen und überzeigte zudem durch beste Textverständlichkeit. Genauso wie Rudolf Hillebrand, für den die Partitur zwar nur eine Solo-Arie, dafür aber zahlreiche Rezitative vorsah, die er bestens gestaltete. Auch für die Altstimme hat Bach in den Kantaten IV bis VI relativ wenige Arien und Rezitative komponiert, die Katharina Heiligtag aber ausdrucksvoll und überzeugend interpretierte.

Die Aufführung am Sonntag in der voll besetzten Petri-Kirche entließ die Zuhörer nicht nur froh gestimmt in die Vorweihnachtszeit, sondern hinterließ auch einen überwältigenden Eindruck, was am großen Beifall deutlich wurde.

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25.11.2011

Von „Sister Act“ bis „Happy Day“
Thurnauer Gospelchor „Voices of Joy“ begeisterten bei den Kirchenmusiktagen

Kulmbach. Mit dem Auftritt des Thurnauer Gospelchores „Voices of Joy“ haben sich die Kulmbacher Kirchenmusiktage am Freitagabend in der St. Petri-Kirche erstmals einer ganz eigenen und der dennoch wohl populärsten Facette des geistlichen Musikschaffens gewidmet. Der abgesehen von der Chorleiterin, der Bayreuther Sopranistin Iris Meier komplett aus Laiensängern bestehende und dennoch absolut professionell agierende Chor zauberte eine beeindruckend fröhliche Atmosphäre in das Gotteshaus, die rund 150 Zuhörer kamen dabei musikalisch voll auf ihre Kosten.

Gospel, das heißt nicht nur pure Kirchenmusik zum Lob Gottes, sondern immer auch ein Stück Entertainment und genau darin liegt wohl das Erfolgsgeheimnis dieser Sparte. „Wir singen, weil es uns Spaß macht und wir singen das, was uns Spaß macht.“ Das ist das Motto von „Voices of Joy“, dem Chor aus dem Kulmbacher Land, den es bereits seit fünf Jahren gibt. Freilich sind die Sängerinnen und Sänger keine Profis. „jeder kann mitmachen, auch wenn er behauptet, er könne nicht singen, denn bei uns lernt man es“, sagte Chorleiterin Iris Meier. Tatsächlich hat sich der diesmal krankheitsbedingt stark dezimierte und nur mit gut 30 Mitwirkenden angetretene Chor seit seinen ersten Auftritten immens weiterentwickelt und wird mit jedem Konzert besser. Wesentlicher Bestandteil des Erfolges ist schließlich auch Florian Mehling, der den kompletten Auftritt souverän am E-Piano begleitet hat.

 „Voices of Joy“ bot gut 90 Minuten lang eine bunte und erfrischende musikalische Mischung aus altbekannten Gospelstandards, zeitgenössischen, modernen Klänge, swingende Liedern und beliebten Spirituals. Und wie bei Gospelkonzerten üblich, klatschte das Publikum am Ende begeistert mit. Höhepunkt des Auftritts war sicher das bekannte „I will follow him“ aus dem Film „Sister Act“, das Traditional „Down by the riverside“ oder das Lied „Halleluja“, eigentlich ein Schlager, mit dem die Gruppe „Milk and Honey“ 1979 den Grand Prix gewonnen hatte.

Bemerkenswert waren dabei auch die vielen hervorragenden Stimmen aus dem Chor, die immer wieder solistisch in Erscheinung traten. Hervorzuheben ist auch, dass Chor fast das komplette Programm auswendig konnte. Für viele Besucher ging der Abend viel zu schnell vorbei und so gab der Chor gerne noch zwei Songs als Zugabe, den Ohrwurm „Glory Land“ und den bekannten Weihnachtspopsong  „Rudolph The Red Nosed Reindeer“, ehe das Publikum die Sängerinnen und Sänger mit großem Applaus verabschiedete.

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10.11.2011

Karfreitag im Advent / Michael Lipperts Oratoriums „Der 4. König“ wird in der Bayreuther Ordenskirche uraufgeführt

Bayreuth – Mit der Uraufführung seines Oratoriums „Der 4. König“ am 3. und 4. Dezember in der Bayreuther Ordenskirche schließt sich für den Komponisten Michael Lippert ein Kreis. Sieben spartenübergreifende kirchenmusikalische Werke hat er seit 1998 geschaffen, das erste war ein Weihnachtsmusical, „Der 4. König“ wird ein Weihnachtsoratorium sein.

„Wer Harmonie und Beschaulichkeit erwartet, wird allerdings enttäuscht sein“, sagt Lippert, der seit fünf Jahren hauptberuflich als Kirchenmusiker an der Ordenskirche tätig ist. Zwar gebe es viele Choräle mit alten Texten, aber eben mit neuer Musik. Inhaltlich sollte der Zuhörer trotz der Adventszeit bereit sein, sich auch auf die Karfreitagsthematik einzulassen.

Lippert verknüpft in seinem Werk das Märchen „Die Sterntaler“ von den Gebrüdern Grimm mit der alten russischen Legende vom vierten König. „Nur wer bereit ist, sein letztes Hemd zu geben, kann die Sterne vom Himmel holen“, heißt es im Märchen. Der König aus der Legende ist sogar bereit sein Leben zu geben, kommt dafür aber nach schier endlosen Irrfahrten über 30 Jahre zu spät ins Heilige Land. Nun wird er nicht mehr Zeuge der Geburt Jesu Christi sondern der Kreuzigung, des Todes und der Auferstehung.

„Es wird das aufwändigste Stück, das wir je hatten“, ist sich Lippert sicher. Neben den Hofer Symphonikern wirken ein zehnköpfiges Djemben-Ensemble, die Kantorei Bayreuth St. Georgen, die Sopranistin Jasmin von Brünken, die Pianistin Anne Schneider und Silvia Guhr als Erzählerin mit. Zumindest andeutungsweise in Szene gesetzt wird das Werk unter anderem durch Lipperts Bruder Matthias, der die Handlung mit aufwändig gedrehten Videosequenzen und überraschende Lichtstimmungen visualisiert. Die Vorbereitungen haben nach den Worten des Komponisten, der auch die Gesamtleitung übernimmt, rund ein Jahr gedauert, die Chorproben laufen bereits seit der Sommerpause.

Lippert verspricht beim Blick in seine Partitur eine sehr einfache elementare Musik mit vielen archaischen Elementen für die vor allem das Djemben –Ensemble mit seinen Trommeln steht. „Sie symbolisieren das Erdverbundene, das heidnische, vielleicht auch Dämonische“, erklärt der Komponist. So soll beispielsweise die Kreuzigung als eine Art heidnisches, dämonisches Ritual dargestellt werden.

Für die beiden Aufführungen und die Generalprobe wird die Ordenskirche aufwändig umgestaltet. So gibt es in der Mitte der Kirche einen angedeuteten Golgatha-Hügel mit drei Kreuzen, der Alter wird verhüllt und am Ende soll es sogar Sterne von der Decke regnen. Für den regulären Sonntagsgottesdienst muss die Gemeinde in die Stiftskirche ausweichen, zu groß wäre der Aufwand die Aufbauten samt Orchesteraufbau und Beleuchtung zu beseitigen.

Lipperts bisherige Werke waren stets irgendwo zwischen Oratorium, Kirchenoper und Musical angesiedelt und umfassten Elemente der klassischen E-Musik genauso, wie Elemente der Avantgarde, der Pop- und der Weltmusik. Spartenübergreifendes Arbeiten und Denken habe ihn schon immer interessiert. Festlegen lassen wollte sich der aus Kirchenlamitz stammende langjährige Stadt- und Bezirkskantor von Naila noch nie. Nach seinem Studium an der heutigen Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth war er Stipendiat des Bayerischen Musikrats und wirkte drei Jahre lang im Sonderchor der Festspiele mit.

Neben seinen großen Werken, die Namen tragen wie „Der Mönch am Meer“, oder „Träumende Bäume“ und die existenzielle religiöse und philosophische Fragen durchaus unterhaltsam aufgreifen, gestaltet der Vater von drei Kindern auch den ganz normalen kirchenmusikalischen Alltag, Gottesdienste, Hochzeiten oder Beerdigungen. „Seine“ Kantorei beschreibt Lippert als bunte, Generationen übergreifende Mischung mit rund 80 Sängerinnen und Sängern, auch ein eigener Kinderchor für das Grundschulalter steht unter seiner Leitung.

Gegen die traditionelle Kirchenmusik hat er nichts, im Gegenteil, Gabriel Faures „Requiem“, Mozarts „Krönungsmesse“ und natürlich immer wieder Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“, all das hat er auch schon einstudiert und aufgeführt. Doch irgendwann habe er auch mal etwas neues, etwas anderes machen wollen und in St. Georgen sei er dabei auf offene Arme und offene Ohren gestoßen. Der Erfolg gibt Michael Lippert recht. Alle seine Werke sind inzwischen auf CD erschienen, er wird im In- und Ausland aufgeführt und in der Ordenskirche konnte er bisher stets „ausverkauft“ vermelden, manchmal sogar mehrere Male am Stück.

Das Weihnachtsoratorium „Der 4. König“ wird am Samstag, 3. und Sonntag 4. Dezember in der Ordenskirche in Bayreuth St. Georgen aufgeführt. Beginn ist jeweils um 17 Uhr. Bereits am Mittwoch, 30. September um 19.30 Uhr gestaltet er einen Einführungsvortrag im Gemeindehaus „Hinter der Kirche“.

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29.10.2012

Schönklang und Temperament
Tanzfieber mit den Hofer Symphonikern in der Dr. Stammberger Halle

Kulmbach – „In entsprechenden Dosen immer wieder ein Genuss.“  Dirigent Roger Boggasch kommt selbst ins Schwärmen bei dieser Mischung aus Wunsch- und Neujahrskonzert, mit dem die Hofer Symphoniker am Samstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle gastierten. Feuriger Czardas, und unsterbliche Walzer: „Tanz.Fieber!“ nannte der Klangkörper sein Programm. Die seltsame, dem Computerzeitalter geschuldete, Schreibweise sollte wohl modern klingen und keine Verwechslung mit einem Kurkonzert aufkommen lassen. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen. Die aufgeführten Kompositionen aus dem Repertoire des angestammten gehobenen Unterhaltungssektors wurden praktisch alle sofort nach ihrem Erscheinen zu Ohrwürmern und sind es bis heute geblieben. Sie machten ihre Schöpfer populär, ihre Verleger reich und brachten auch am Samstag die Besucher in der leider nur dürftig besetzte Stadthalle zum Staunen.

Das Programm, das wirklich mehr Besucher verdient hätte, ist gut gemixt aus bekannten, eingängigen und doch immer wieder meisterlichen Häppchen, die Dirigent Boggasch mit launigen Worten in seiner Moderation wohl dosiert serviert. Doch am Eindrucksvollsten gelingen die Zugaben: neben der Schnellpolka „Unter Donner und Blitz“ von Johann Strauss, Leroy Andersons herrlich ironischer „Blue Tango“ und der Slow Waltz „Moon River“ aus dem Film „Frühstück bei Tiffany“ von Henri Mancini. Echte Raritäten sind diese Kompositionen, zumindest in symphonischen Konzerten, und dazu noch meisterhaft auf den Punkt gebracht von Maestro Boggasch, der von 2001 bis 2006 Musikdirektor am Theater Hof war, im kommenden Jahr Operndirektor in Innsbruck wird und hoffentlich auch weiterhin immer wieder als Gastdirigent der Symphoniker auftritt.

Zuvor hatte sich das Orchester vom Barock mit einem Werk von Jean Philippe Rameau über die Klassik mit Christoph Willibald Gluck und Carl Maria von Webers „Aufforderung zum Tanz“ bis hin zur Romantik kontinuierlich vorgearbeitet. Von Anton Dvorak wählte Boggasch einen Slawischen, von Johannes Brahms den berühmten 5. Ungarischen Tanz aus. Mehr noch als Dvorak hat Brahms stilisierte volkstümliche Elemente in seine Kompositionen eingebaut, deshalb funktioniert auch in Kulmbach der Wiedererkennungseffekt sofort.

Nicht wenige dieser Art von Kompositionen  sind mit dem „Schleier einer dichterischen Versonnenheit“ versehen. Der Dirigent und seine Musiker verwechseln dies glücklicherweise nicht mit Betulichkeit. Boggasch setzt auf Schönklang und Temperament zugleich. Die Symphoniker beginnen gehörig flott und lassen die vielen Mittel- und Nebenstimmen gekonnt aufblitzen.

Einen leidenschaftlichen Dirigenten braucht es auch für die Kompositionen der Strauss-Familie, diese herzerfrischende, ganz auf Bewegung ausgerichtete Musik. Der „Frühlingsstimmenwalzer“ von Johann und die „Jockey-Polka“ mit dem Peitschenknall von Bruder Josef leben von ihrem lieblichen Zauber, aber auch vom dynamischen Schwung. Die Akzente hätten dabei gerne noch etwas scharfkantiger gesetzt werden können, einschmeichelnd klingt das alles sowieso.

Wie Boggasch, der auch selbst als Komponist und Arrangeur für Musicals und Crossover-Projekte steht, diese Art von Musik verinnerlicht hat, wird dann im zweiten Teil des Konzertes unter anderem mit der Ouvertüre zu „Orpheus in der Unterwelt“ von Jacques Offenbach, mit dem Stundentanz aus Amilcare Ponchiellis „La Gioconda“ und dem Zigeunertanz aus Georges Bizets „Carmens-Suite“ klar. Endlich blitzt die orchestrale Brillanz und Transparenz in allen Stimmen auf, die Hofer Symphoniker musizieren auf den Punkt genau und können vor allem durch emotionale Disziplin und einer beeindruckenden Beherrschung jeder einzelnen Stimme aufblitzen. Zu den drei Zugaben brauchte sich das Orchester da nicht lange bitten zu lassen.

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27.09.2011

Darstellende Kunst mit interkulturellen Aspekten / Seit 2009 leitet Hannah Kabel die Projekte des deutsch-französischen forums junger kunst

Mit dem deutsch-französischen forum junger kunst beherbergt Bayreuth eine Einrichtung, die in der öffentlichen Wahrnehmung vor Ort oft zu kurz kommt, die aber mit ihren vielfältigen Aktivitäten national wie international Außergewöhnliches leistet. „Wir versuchen alle Sparten der darstellenden Kunst abzudecken“, sagt Hannah Kabel, Projektleiterin seit 2009. Ganz wichtig ist neben dem kulturellen Aspekt auch der politische: Viele junge Leute aus Frankreich aber auch aus anderen Ländern von Ägypten bis Polen seien wegen den Projekten und Workshops zum ersten Mal in Deutschland und lernten hier Sprache, Kultur und Lebensart kennen.

Einer der jährlichen Höhepunkte ist das Musikprojekt. Ob Giacomo Puccinis Einakter „Il Tabarro“ und „Gianni Schicchi“, Sergej Prokofiews Oper „Die Verlobung im Kloster“ oder die sensationelle Aufführung von Richard Wagner „Ring an einem Abend“, sämtliche Produktionen wurden nicht nur in Bayreuth einstudiert, geprobt und aufgeführt, sondern auch für Radio und CD aufgezeichnet und auf Tournee geschickt. Am Pult der jungen deutsch-französischen philharmonie, einem Auswahlorchester mit jungen Instrumentalisten und Musikstudenten beider Nationen, steht seit vielen Jahren der Dirigent Nicolaus Richter, auf dessen Initiative beispielsweise der berühmte französische Regisseur Philippe Arlaud schon mehrfach für das forum tätig wurde.

Neben dem Musikprojekt sind es aber vor allem die zahlreichen internationalen und interdisziplinären Workshops, die das forum ausmachen. Hannah Kabel erinnert sich gerne an das eindrucksvolle Straßentheater-Projekt im Juli in Görlitz (eine Fotodokumentation darüber ist ab Mitte November im ZENTRUM zu sehen), an einen Comic-Workshop mit je sechs Zeichnern aus Deutschland und Frankreich, dessen Ergebnis als künstlerisch wertvolles und ansprechendes Comic-Heft vorliegt, oder an das Projekt „Urban Culture“ Anfang September in Bayreuth, das mit Streetdance und Streetart auch in der Region auf großen Anklang gestoßen war.

„Wir bringen Sparten zusammen, die nicht unbedingt zusammen gehören“, sagt Hannah Kabel. Neben der darstellenden Kunst spiele dabei immer auch der interkulturelle Aspekt eine große Rolle. Das spielerische Erlernen der jeweils anderen Sprache gehört genauso dazu, wie das Herausarbeiten kultureller Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Gegründet wurde das deutsch-französische forum junger kunst auf Initiative des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) im Jahr 1988 in Bourges. Durch einen persönlichen Kontakt des damaligen Vorstandes hatte sich das DFJW schon ein Jahr später an das Internationale Jugendkulturzentrum in Bayreuth gewandt, um dort das deutsche Pendant zum französischen Forum einzurichten. Nachdem sich das bayerische Kultusministerium bereit erklärt hatte, einen Teil der Personalkosten zu übernehmen, beschloss der Bayreuther Stadtrat dem Anliegen des Jugendwerks zu entsprechen.

Seitdem wurden mehr als 250 multidisziplinäre Kurse in sämtlichen Bereichen der darstellenden Kunst (Theater, Gesang, Tanz, Clownerie, Commedia dell' arte, Pantomime) organisiert. Die Teilnehmer werden von angesehenen Fachkräften aus Frankreich und Deutschland oder anderen mitwirkenden Ländern betreut. Die Workshops finden dabei allerdings nicht nur in Bayreuth, sondern auch in anderen Städten hauptsächlich in Frankreich und Deutschland statt.

Hannah Kabel stammt aus Norddeutschland, aus Ahrensbök in Schleswig Holstein. An der Universität Leipzig studierte sie Kulturwissenschaften, Soziologie und Frankreich-Studien. Ihre Auslandssemester verbrachte sie in Paris und in Montréal. 2007 kam sie erstmals nach Bayreuth und als Praktikantin für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit dem deutsch-französischen forum junger kunst in Berührung. Nach ihrer Tätigkeit als Koordinatorin des Frankreich-Zentrums der Universität Leipzig sowie als Tourmanagerin der Straßentheaterkompanie „Theater Titanic“ ist sie seit 2009 als Projektleiterin beim deutsch-französischen forum junger kunst in Bayreuth tätig.

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21.09.2011

Verliebt in Bayreuth / Dr. Marina von Assel leitet das Kunstmuseum seit 1999

Nicht einen Tag habe sie es bereut, hier her gekommen zu sein. Dr. Marina von Assel, Kunsthistorikerin und Leiterin des Kunstmuseums in der Maximilianstraße schwärmt von Bayreuth. Sie habe sich damals, 1998 von Brunsbüttel in Schleswig-Holstein kommend, sofort in die Stadt verliebt. Es sei schon sehr angenehm, hier zu leben, sagt sie. Die Stadt verbinde die Vorzüge einer Groß- oder Mittelstadt in hervorragender Art und Weise mit den Vorteilen eines ländlichen Ortes. „Ich habe auch nicht das Gefühl, hier in der Provinz zu sein“, so von Assel. Bayreuth sei ganz einfach von seiner barocken Ordnung geprägt und das sei eben alles sehr dezent. Und dann erst die Märchenlandschaft drum herum…

Ende 1998 war Dr. Marina von Assel zum ersten Mal in Bayreuth, ab März 1999 nahm sie dann die Arbeit im Kunstmuseum auf, das am 3. Dezember 1999 feierlich eröffnet wurde. Die Wurzeln gehen viel weiter zurück, auf die beginnenden 1990er Jahre. Mit dem Ziel ein Kunstmuseum zu errichten wurde damals die Dr.-Helmut- und-Constanze-Meyer-Kunststiftung gegründet, die heute einer der Grundpfeiler des Museums ist. 1993 kam die Caspar-Walter-Rauh-Sammlung dazu und im gleichen Jahr die Georg-Tappert-Schenkung. Weitere Sammlungen folgten, wie etwa die Sammlung Hertha Drescher und Günther Ruckdäschel, die Prof. Dr. Klaus  Dettmann Kunststiftung,  die Voithenberg-Stiftung und zahlreiche Schenkungen von Künstlern und Sammlern.

Der Schwerpunkt der Sammlungen im Kunstmuseum lag von Anfang an in der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts, erklärt Dr. Marina von Assel. Es seien vor allem Arbeiten auf Papier verschiedener Kunstrichtungen vertreten: vom Expressionismus und Konstruktivismus bis zum Surrealismus, von der Neuen Sachlichkeit bis zum Neo-Realismus der Zeit nach 1945, vom europäischen Abstrakten Expressionismus bis zu Abstraktion und Konkretion. Größter Unterschied zu anderen Kunstmuseen: In Bayreuth gibt es keine ständige Schausammlung sondern immer wechselnde Ausstellungen zu sehen. Der Grund dafür ist ein ganz praktischer, denn die meisten der Arbeiten sind auf Papier, ein dauerhafter Lichteinfluss wäre hier schädlich und würde so manchem Werk langfristig schaden.

Doch eigentlich ist das Kunstmuseum viel mehr als ein reiner Ausstellungsraum. Dr. Marina von Assel spricht von einem Kulturzentrum mit einer Ausstrahlung weit über die Region hinaus. „Wir führen rund 250 Veranstaltungen pro Jahr durch, sagt sie. Die Palette reicht von Kammerkonzerten im ehemaligen Sitzungssaal mit seinem wundervollen Seiler-Flügel über Tagungen und Volkshochschulvorträge bis hin zur umfangreichen Museumspädagogik. Daneben wird in den ehemaligen Räumen der Oberbürgermeister mit ihren aufwendig gestalteten Renaissancedecken die Tabakhistorische Sammlung der British American Tobacco gezeigt. Auch der Kunstverein hat hier seinen Sitz und der Verein Kunstmeile Bayreuth. Alles in allem kommt die Leiterin im Schnitt auf 13000 bis 15000 Besucher bei vier bis sieben Ausstellungen pro Jahr.

In erster Linie sind Dr. Marina von Assel und ihre elf Mitarbeiter für Bayreuth und die Region aktiv. Schulklassen kommen aus ganz Oberfranken, Fachbesucher aus ganz Europa. Bei der Per-Kirkeby-Ausstellung gab es eine Zusammenarbeit mit Dänemark, die Carl-Fredrik-Reuterswärd-Schenkung kam aus Schweden, bei der großen Ausstellung mit Werken von Max Beckmann, Otto Dix und Karl Hubbuch im Jahr 2006 gab es insgesamt 40 Leihgeber, meist renommierte Galerien und Museen aus verschiedenen europäischen Ländern.

„Das Haus hat vor allem einen Bildungsauftrag, deshalb ist uns die Museumspädagogik so wichtig“, erklärt Dr. Marina von Assel. Unter dem Motto „MiniMax“ können bereits Kinder ab drei Jahren Kunst erleben, begreifen und sich unter fachkundiger Leitung ausprobieren. Für Kinder zwischen 5 und 8 Jahren bietet Willi Dietz seine offene „WilliWerkstatt“ an, die jeden Mittwochnachmittag stattfindet  und bei der nicht nur gemalt, sondern auch mit allen denkbaren Werkstoffen gebastelt wird. Daneben gibt es eigene Angebote für Jugendliche, für Familien und sogar für kunstinteressierte ältere Bürger. Letztere haben vor allem ein Ziel, das eigene kreative Potential (wieder) zu entdecken.

Zuwachs bekommt das Kunstmuseum aller Voraussicht nach im Jahr 2012 mit der Integration des Plakatmuseums. „Wir rechnen mit rund 5000 Plakaten“, sagt Dr. Marina von Assel. Alle Plakate müssen natürlich erst einmal gesichtet, archiviert, katalogisiert und gegebenenfalls restauriert werden. Dann beherbergt das Kunstmuseum mitten in der Innenstadt einen weiteren Schatz, der Bayreuth wieder ein Stück weit attraktiver machen wird.

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23.08.2011

Internationale Jugend- und Friedensarbeit im Focus / Festival Junger Künstler sollte auch künftig uneingeschränkt vom Bund gefördert werden

Bayreuth – Für eine Förderung des Festivals junger Künstler in Bayreuth in unveränderter Höhe will sich die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär im Vorfeld der kommenden Haushaltsberatungen stark machen. Das Festival leiste hervorragende Arbeit, sowohl im Jugendbereich als auch im Kulturbereich, sagte Bär nach einem Besuch zusammen mit dem Parlamentarischen Finanzstaatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordneten Hartmut Koschyk. Hintergrund des Besuches war die Tatsache, dass die Förderung durch das Bundesfamilienministerium heuer erstmals von ursprünglich 120000 Euro auf 80000 Euro heruntergefahren wurde.

Bereits zur Eröffnung hatte Intendantin Sissy Thammer in einer sogenannten „ungehaltenen Rede“ scharfe Kritik an der plötzlichen Kürzung geübt. Das Festival sei stets seinem Auftrag der internationalen Jugend- und Friedensarbeit nachgekommen und zwar unter ganz unterschiedlichen weltpolitischen Geschehnissen und Anforderungen, beginnend von der Unterstützung des Aufbaus neuer Demokratien in Osteuropa nach 1989 bis hin zur Begegnung von Palästinensern, Deutschen und Israelis unter dem ganz besonderen internationalen Schutzschirm Bayreuths.

Darüber hinaus habe das Festival Junger Künstler in den zurückliegenden 20 Jahren keine Erhöhung der Fördermittel erhalten. Bei gleicher Aufgabenstellung hätten Kostensteigerungen stets durch neue Finanzierungswege aufgefangen werden können. Thammer bezifferte den Jahresetat des Festivals auf 450.000 Euro. Dieser „preiswerte Etat“ sei nur durch ein außerordentliches bürgerschaftliches Engagement von privaten Personen, Unternehmen und Wirtschaftsbetrieben möglich. „Es ist eines der Alleinstellungsmerkmale dieses Festivals, dass junge Kulturmanager an der Schwelle zum Berufsleben für junge internationale Künstler dieses Festival veranstalten, und dies wird nur möglich dank der Seniorpartner und Mentoren, die mit hoher Qualifikation und Einsatz die Arbeit ehrenamtlich verrichten.“

Staatssekretär Koschyk nannte das Festival ein erstklassiges internationales Aushängeschild und eines der traditionsreichsten Festivals in ganz Europa. Viele Einrichtungen müssten derzeit Sparmaßnahmen akzeptieren. Die gewünschte Förderung des Ehrenamts könne allerdings nur dann erfolgreich sein, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen staatlicher Leistung und Eigenleistung erfolge. Koschyk zeigte sich zuversichtlich, dass der Einsatz der stellvertretenden Generalsekretärin Bär für Bayreuth von Erfolg gekrönt sei, da Dorothee Bär auch als Vorsitzende der für Jugendpolitik zuständigen Facharbeitsgruppe der CDU/CSUFraktion wesentlichen Einfluss an der Ressortpolitik des Familienministeriums hat.

Zuvor konnten die Gäste aus der Politik einen Einblick in die Probenarbeit des Festivals nehmen. Unter anderem besuchten Bär und Koschyk eine Probe des Symphonieorchesters, bei der der prominente Dirigent Karl Anton Rickenbacher zusammen mit rund 120 Musikern Ausschnitte aus Richard Wagners Ring des Nibelungen einstudierte. Als herausragendes Beispiel für die internationale Friedensarbeit des Festivals konnten die beiden Politiker auch an den Vorbereitungen des Projekts „Orient meets Okzident“ teilnehmen. Dabei wird nicht nur traditioneller Jazz mit orientalischer Musik verquickt, sondern auch auf die politischen Umwälzungen im Nahen Osten eingegangen.

Bild: Internationale Jugend- und Friedensarbeit als Auftrag: Staatssekretär Hartmut Koschyk, die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär und Intendantin Sissy Thammer (von rechts) mit einigen Teilnehmern des Festivals Junger Künstler in Bayreuth.

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10.08.2010

Klassik bei Brezen, Bier und Bratwürsten / 61. Festival Junger Künstler in Bayreuth: Kleine Festspiele am Fuße des Grünen Hügels

Bayreuth – Alexander Tischendorf (rechts) hat ein klares Ziel vor Augen: Er möchte ins Orchester der Bayreuther Festspiele. Bis es soweit ist muss sich der 28-jährige Musiker der aus Halle stammt und in Weimar studiert, mit den „kleinen Festspielen am Fuße des Grünen Hügels“ begnügen. Dort nimmt der 28-jährige, der die Tuba bläst, derzeit am Festival Junger Künstler teil.

Eigentlich ist Alexander Tischendorf „nur“ ein Einspringer. Weil ein anderer Teilnehmer ausgefallen war, bekam er von seinem Lehrer die Chance, nach Bayreuth zu fahren. Erst drei Wochen vor dem Festival hat er davon erfahren, nun darf er unter dem berühmten Schweizer Dirigenten Karl Anton Rickenbacher in Richard Wagners „Bruchstücken“ aus „Der Ring des Nibelungen“ musizieren und freut sich bereits auf die Abschlusskonzerte, die heuer in Bayreuth, Bamberg und Glashütten stattfinden. Die notwendige Erfahrung bringt er auf jeden Fall mit, hat er doch schon unter so renommierten Pultstars wie Marek Janowski oder Marc Piollet musiziert. Die Voraussetzung von zu Hause aus liegen ebenfalls vor, beschreibt er doch seinen Vater als echten „Wagnerianer“. Erstes Ziel für Alexander Tischendorf ist es nun, noch eines der begehrten Tickets für das Festspielhaus zu bekommen. „Für den Parsifal würde ich mir ein Bein brechen“, sagt er halb im Scherz, halb ernst.

Für Andreas Hofmann (links), der aus Bamberg stammt und in Görlitz Kultur und Management studiert, ist Wagner dagegen nicht ganz so wichtig. Der 22-Jährige ist derzeit Jugendpraktikant im künstlerischen Betriebsbüro des Festivals und darf die Künstler betreuen, muss Noten kopieren und sich um die jungen Leute aus aller Herren Länder kümmern. Für die Semesterferien hatte er gezielt nach einem Praktikum in der Nähe von Bamberg gesucht und war dann beim Festival Junger Künstler in Bayreuth gelandet. Trotzdem steht er mit der Musik und speziell mit der von Richard Wagner in enger Verbindung. Andreas Hofmann spielt Bratsche und Klavier und singt ganz gerne. Als Mitglied des Bayerischen Landesjugendchors hatte er sogar schon die Chöre aus der Oper Tannhäuser einstudiert. „Es ist schon faszinierend, wie trotz der unterschiedlichsten Sprachen und der kurzen Zeit beim Festival alles so gut funktioniert“, sagt er. Egal wie viel Stress man habe, sei es doch immer wieder schön, miterleben zu dürfen, wie am Ende alles funktioniert. Auch Andreas Hofmann hat ein klares Ziel: Er möchte nach seinem Studium ein Rundfunkorchester oder einen Rundfunkchor betreuen, „am liebsten beim Bayerischen Rundfunk“.

Alexander Tischendorf und Andreas Hofmann sind nur zwei von insgesamt rund 450 Teilnehmern beim Festival Junger Künstler aus insgesamt 34 Nationen, die derzeit die Stadt Bayreuth bereichern. Beim sogenannten Bayreuther Abend stellten sich die jungen Musiker in den verschiedensten Formationen erstmals öffentlich dem Publikum vor. Wie in jedem Jahr gab es einen bunten Reigen von Darbietungen, Kammermusik in verschiedensten Besetzungen, Tanzmusik aus aller Welt und viele musikalische Überraschungen. Frei nach dem Motto „Mit leerem Magen studiert sich´s schlecht“ wurde auch für das leibliche Wohl gesorgt: mit fränkischen Bratwürsten, Brezeln und Bayreuther Bier.

Ziel des Abends war es einmal mehr, die freundschaftlichen Beziehungen des Festivals mit den Bürgern aus der Region zu pflegen. Neben Freunden, Gönnern und den in Zeiten knapper Kassen immer wichtiger werdenden Sponsoren, hatten auch die Musikfreunde aus ganz Oberfranken ausgiebig Gelegenheit dazu, die weitgereisten Teilnehmer kennen zu lernen, mit ihnen zu plaudern und zu feiern. „Unser Ziel ist es, die Vielzahl der unterschiedlichsten Kurse zu präsentieren“, sagte Intendantin Sissy Thammer, die bereits im 26. Jahr an der Spitze des Treffens steht. Es seien nicht nur das Geld der Stadt und die tatkräftige Mithilfe der Sponsoren, sondern auch zahlreiche Freundschaften und das zauberhafte Flair, das die notwendige Arbeitsatmosphäre erst möglich mache.

Die Stadt Bayreuth sei stolz ein Festival zu beherbergen, das längst zu einer festen Institution im Kulturleben der Stadt geworden ist, so Bayreuths Oberbürgermeister Michael Hohl. „Das Festival junger Künstler ist aus dem sommerlichen Leben Bayreuths nicht mehr wegzudenken“, sagte Hohl, schon deshalb, weil das Festival als Bühne die gesamte Innenstadt nutze und damit den Bayreuther Kultursommer ungemein bereichere. Das Stadtoberhaupt erinnerte auch an die Gründung als internationales Musikstudententreffen im Jahr 1950 durch Herbert Barth und unter der Patronage des berühmten Komponisten Jean Sibelius.

Das Festival Junger Künstler dauert heuer bis zum 30. August. Höhepunkt ist das große Konzert des Sinfonieorchesters am Donnerstag, 25. August um 20 Uhr in der Bayreuther Stadthalle.  Alle Besucher der Stadt haben in den kommenden Wochen außerdem Gelegenheit, den Ensembles des Festivals auf den Straßen und Plätzen der Stadt zu begegnen. Daneben treten die Mitwirkenden mit klassischer Musik und Folklore aus ihren Heimatländern auf den Bühnen ganz Oberfrankens und teilweise sogar weit darüber hinaus auf.

Bilder:
- Das gibt es nur beim Jugendfestspieltreffen: ein indischer Tanzworkshop mit der Tänzerin Anu Kaur.
- 450 Teilnehmer aus 34 Nationen nehmen in diesem Jahr am Festival junger Künstler teil, was beim „Bayreuther Abend“ durch ein Fahnenspalier eindrucksvoll dokumentiert wurde.

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01.07.2011

30 Jahre „Matineen zur Festspielzeit“ – 20 Jahre Schuke-Orgel
Christoph Krückl: Ein Kirchenmusiker bereichert das Kulturleben der Stadt

Weit über 200 Matineen und weitere rund 300 konzertante Veranstaltungen in gut 30 Jahren: Regionalkantor Christoph Krückl (56) ist das Paradebeispiel dafür, wie ein Kirchenmusiker neben seinem liturgischen Auftrag das Kulturleben einer Stadt bereichern kann.

Seit genau 30 Jahren gibt es bereits die „Matineen in der Festspielzeit“. Krückl hatte diese Konzertreihe neben vielen anderen ins Leben gerufen. Aus kleinsten Anfängen heraus haben sich die Matineen mittlerweile zu einer Art Geheimtipp bei Einheimischen wie Festspielgästen entwickelt. Nach einem Sonntagsgottesdienst im August blieb der damals noch ganz neue Kantor einfach am Spieltisch sitzen und improvisierte noch ein wenig. Die Gottesdienstbesucher taten es ihm gleich und zeigten sich dankbar für die musikalische Darbietung. „So waren die Matineen entstanden“, sagt Krückl, der sie später auf Samstags verlegt hatte und mit der Zeit nicht mehr nur Orgelkonzerte spielte, sondern auch kleine Ensembles einlud. Ob Musiker aus dem Festspielorchester, Teilnehmer des Festivals Junger Künstler (Jugendfestspieltreffen) oder auch Mitglieder der Bamberger Symphoniker, sie alle kamen immer wieder gerne in die Schlosskirche, um das Publikum mit ihrer Kunst zu erfreuen und ihren Darbietungen zu konfrontieren. Rund ein Drittel der mittlerweile rund 230 Matineen hat Christoph Krückl selbst bestritten, beispielsweise mit Wagner-Transkriptionen für Orgel, die der Kantor vor einigen Jahren auch auf CD eingespielt hat. Als großen Glücksfall für die Schlosskirche bezeichnet Krückl dabei die neue Schuke-Orgel, die genau vor 20 Jahren geweiht wurde. Bis zu 600 Besucher hätten sich bei den Matineen schon im Gotteshaus gedrängt, um die Transkriptionen und Paraphrasen zu hören. „Das ist um so erstaunlicher, als dass für die Matineen kaum geworben und Wagner für den Kirchenmusiker kaum etwas hergibt“, sagt Krückl.

Ganz im Gegensatz zu Franz Liszt, dessen 200. Geburtstag die Musikwelt heuer feiert. Kein Wunder dass auch die Kirchenmusik an der Schlosskirche das Jubiläumsjahr mit hochkarätigen Beiträgen bereichert. So veranstaltet Krückl vom 23. Juli bis zum 6. August eigene Franz-Liszt-Tage, bei der unter anderem Liszts „Missa choralis“ für Chor und Orgel oder seine Symphonische Dichtung „Festklänge“ aufgeführt werden soll. Franz Liszt habe weit über 60 kirchenmusikalische Werke geschaffen, weiß Krückl, der die Interessantesten im Spätwerk wieder findet. Hier sei es Liszt gelungen, seine musikalischen Gedanken fragmentarisch zu reduzieren, was die Kompositionen äußerst spannend mache. Eröffnet werden die Liszt-Tage mit der 232. „Matinee in der Festspielzeit“ am Samstag, 23. Juli um 12 Uhr. Der Fürther Organist Andreas König wird dabei Liszts „Elisabeth-Legende“ sowie die Franz Liszt gewidmete Sonate III a-Moll von August Gottfried Ritter aufführen.

Nicht zuletzt aufgrund des großen Erfolgs der Matineen hat die Konzertreihe mittlerweile sogar einen eigenen Ableger zur Adventszeit bekommen: „Viele Menschen sind dankbar dafür, wenn wir an den hektischen Adventssamstagen eine halbe Stunde meditativen Ausgleich abseits des Trubels auf dem Markt anbieten“.

Viele weitere musikalische Ideen gehen auf die Initiative von Christoph Krückl zurück. Das Neujahrskonzert in der Schlosskirche etwa oder zusammen mit Richard Lah die „Bayreuther Orgelnacht“, die früher regelmäßig in einer der längsten Nächte des Jahres im Spätherbst veranstaltet wurde und mittlerweile in einer der kürzesten Nächte Ende Juni stattfindet. Daneben wirkt Krückl beim Festival „Zeit für neue Musik“ des von ihm geschätzten Bayreuther Komponisten Helmut Bieler mit und tourt mit Jan Burdinski und dem Fränkischen Theatersommer mit Improvisationen zum Buch „Hiob“ durch Oberfranken. Bei vielen Musikfreunden noch bestens in Erinnerung ist Krückls Beitrag zum Festival „Bayreuther Barock“, das er unter anderem mit einem Händel-Zyklus und der Aufführung der Oratorien „Messiah“, „Belshazzar“ und „Saul“ bereichert hatte.

Egal ob Barock oder Avantgarde: „Ich bin offen für alles, was gute Musik ist“, sagt Krückl und räumt freimütig ein, dass die Musik sein ganzes Leben beherrscht. „Bei mir dreht sich alles um Musik, auch innerhalb meiner Familie“, bei der er sich ausdrücklich für ihr Verständnis und Bereitschaft zur Unterstützung bedankt. Krückls Musikverständnis geht dabei weit über den kirchenmusikalischen Begriff hinaus: „Mein Verhältnis zu weltlicher Musik ist absolut unverkrampft“, sagt er, auch Musik aus dem Pop-Bereich oder aus dem Jazz könne gut sein. Dennoch glaubt er nicht, dass man mehr Jugendliche zum Kirchgang verleiten könnte, wenn dort die traditionelle Liturgie mit poppigen Klängen zum Event verkommt. Im Gottesdienst werde eben etwas ganz Besonderes gefeiert, und da gehöre auch ganz besondere und liturgisch authentische Musik dazu.

Krückls unverkrampfte Haltung zu anderer Musik wird auch in einer kleinen Anekdote deutlich: Vor genau zehn Jahren wurde ausgerechnet in der Bayreuther Oberfrankenhalle ein Portrait des populären Bandleader James Last für das US-amerikanische Fernsehen aufgezeichnet. Bei der Suche nach einem Chor, der das berühmte „O fortuna“ aus Carl Orffs „Carmina Burana“ schmettern sollte, wurden die Produzenten schnell beim Kammerchor Bayreuth fündig. „Wir haben aus Neugierde und Offenheit gerne mitgemacht“, sagt Krückl. Augenzwinkernd räumt er ein, dass das Ganze nicht ganz uneigennützig war. Mit der verhandelten Gage konnte die Aufführung der Johannes-Passion von Bach entscheidend mitfinanziert werden.

Christoph Krückl wurde in Hinterschmiding (Landkreis Freiung-Grafenau) im Bayerischen Wald geboren. Sein Vater war in der Heimatgemeinde bereits als Organist und Chorleiter tätig und so fand auch er schnell seinen Platz am Spieltisch der Orgel. Nach dem Studium an der damaligen Fachakademie für Kirchenmusik in Regensburg und später an der Musikhochschule in Würzburg, unter anderem bei dem bekannten Organisten Günther Kaunzinger, bewarb er sich für die damals neu geschaffene Stelle des Regionalkantors in Bayreuth und gehört seitdem untrennbar zum Kulturleben der Stadt. Als Mitarbeiter des Amtes für Kirchenmusik in Bamberg betreut er die Diaspora-Dekanate Bayreuth, Kulmbach und Hof. Nach dem Kirchenmusikstudium erwarb Krückl Diplome in den Fächern Orgel und Konzertgesang, daneben spielte er Trompete, während seiner Studienzeit auch aushilfsweise im Orchester des Regensburger Stadttheaters. In Bayreuth folgten Lehraufträge an der Universität und der Hochschule für evangelische Kirchenmusik. Zugleich ist er Gründungmitglied und in den Vorständen des Diözesanverbandes und des Bundesverbandes katholischer Kirchenmusiker.

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25.06.2011

„Die Kunst war mir immer das Größte!“ / Kreativ und engagiert: Die Malerin und Bildhauerin Ursula Wolf lebt seit über 50 Jahren in Kulmbach

„Kulmbach ist so schön, da wollte ich eigentlich nie wieder weg.“ Über 50 Jahre und damit den Großteil ihres Lebens verbringt die aus Niedersachsen stammende Malerin und Bildhauerin Ursula Wolf (91) schon hier und hat im Stadtbild bleibende Spuren hinterlassen: Ihr bekanntestes Werk ist der Bürgerbrunnen, auch „Waafn-Brunnen“ genannt. Dabei handelt es sich um die große Granitskulptur an der Ecke Kressenstein/Fritz-Hornschuch-Straße. Auch das Relief zum Gedenken an den in Kulmbach wirkenden Theologen und Reformator Johannes Eck am Haus Oberhacken 4 stammt von Ursula Wolf. Jetzt widmet ihr der Bund Fränkischer Künstler im Rahmen seiner 82. Jahresausstellung auf der Plassenburg eine eigene Sonderschau.

Ursula Wolf ist in vielen Stilrichtungen zuhause, sie malt wahlweise realistisch oder abstrakt, vor allem Köpfe und Gesichter, aber auch Stilleben und Landschaften. Gerade in den zurückliegenden Jahren setzt sie dabei immer mehr auf starke Farben, selten ein Werk von ihr, das nicht ein knalliges Rot in sich trägt. Noch immer ist sie sehr experimentierfreudig und legt sich keinesfalls auf einen Malstil fest. Gerade hat sie entdeckt, welch außergewöhnliche Effekte sich auf gewelltem Papier erzeugen lassen. Viele ihre Werke sind aber auch ganz klassisch auf Papier, Pappe oder Leinwand entstanden. Bei ihren Kleinplastiken, die sie meist in Ton modelliert und davon Bronze-Abgüsse anfertigen lässt, dominiert dagegen eindeutig die runde Form.

Das Haus der Künstlerin in der Kulmbacher Innenstadt gleicht einem riesigen Atelier. Ob Flur, Wohnzimmer oder Wintergarten, überall stapeln sich ihre Werke und reihen sich die (unverkäuflichen) Plastiken aneinander. „Ich male meistens Nachts, weil ich nicht schlafen kann“, sagt Ursula Wolf. Manchmal entstehen so über Nacht zwei neue Kunstwerke. Beim „Tag des offenen Ateliers“, den sie vor wenigen Wochen zu ihrem 91. Geburtstag veranstaltet hatte, waren die Bilder zu sehen, im Garten und in der Garage. 3000 Euro hat sie an diesem Tag eingenommen. Geld, das sie zum wiederholten Mal selbstlos einem sozialen Zweck, in diesem Fall für das Rehbergheim stiftet. „Ich bin ein Einzelkind und immer sehr verwöhnt worden“, gibt sie zu und begründet damit ihr caritatives Engagement.

Ihr Alter sieht man der Künstlerin nicht an, spontan würde man sie wesentlich jünger einschätzen. Wenn nur der Sturz vor einigen Wochen nicht gewesen wäre, der ihr das Gehen derzeit recht schwer macht. Aber von solchen Widrigkeiten lässt sich Ursula Wolf nicht unterkriegen. Sie hat schon ganz anderes erlebt. 1939 etwa, als die Kunstakademie Weimar, wo sie bei dem berühmten deutschen Bildhauer Emil Hipp (1893 – 1965) studierte, wegen des ausbrechenden Krieges geschlossen wurde. Ursula Wolf wurde danach als Krankenschwester vier Jahre lang in einem Lazarett in Krakau eingesetzt. Als die russischen Truppen näher rückten, war es ihr gelungen, mit einem der letzten Züge nach Hannover zurückzukommen. Dort musste sie dann die schrecklichen Bombenangriffe auf die Stadt miterleben, meist im Luftschutzkeller. Von der Wohnung der Eltern blieb danach nichts mehr übrig, die eigene Wohnung wurde gleich zwei Mal vollständig demoliert.

Ihren späteren Mann Gerhard hatte sie bereits 1940 in Hannover kennengelernt. Er war ab den 1950 er Jahren bei dem damaligen Backmittelhersteller Arkady tätig, der später in dem Kulmbacher Unternehmen Ireks aufgehen sollte. 1957 übernahm Gerhard Wolf dort ein Direktionsposten, den er bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1979 innehatte. Und so kam auch Ursula Wolf nach Kulmbach. „Das habe ich nie bereut“, sagt sie heute.

Den immer wieder zitierten Begriff der „Grande Dame der bildenden Kunst in Kulmbach“ hört sie eigentlich nicht so gerne, gleichwohl sie bereits 1959 eine erste eigene Ausstellung in der Sparkasse hatte. Viele weitere sollten folgen, ebenso wie die verschiedensten Auszeichnungen: 2003 wurde sie etwa mit dem Kulturpreis des Kulmbacher Landkreises ausgezeichnet.

„Die Kunst war mir immer das Größte!“, schreibt sie in einem Bildband, der ihr im vergangenen Jahr gewidmet wurde. Und weiter heißt es: „Wenn ich eine große Karriere als gefeierte Künstlerin hätte machen wollen, dann hätte ich in eine Metropole gehen müssen. Ich wollte aber viel lieber in Kulmbach bleiben …“

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24.06.2011

Tasche, Taktstock, Tintenfass: Thüringische Landesausstellung in Weimar dokumentiert Leben und Werk von Franz Liszt

Im Stadtbild von Weimar ist Franz Liszt in diesem Sommer allgegenwärtig. Knallgelb und kreisrund sind die Informationspunkte auf Straßen und Gehwegen, sie enthalten Zitate von und über Franz Liszt und verbinden das Schiller-Museum mit dem Schlossmuseum. In beiden Einrichtungen ist bis Ende Oktober die große Landesausstellung „Ein Europäer in Thüringen“ zu sehen.

Schon im Schnelldurchgang durch die Ausstellung wird deutlich: Mit der Klassik Stiftung Weimar und der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar waren echte Kenner der Materie am Werk, die auf einen schier unendlichen Schatz an „Lisztiana“ zurückgreifen konnten. So stammen die über 350 Exponate unter anderem aus dem weltweit größten Liszt-Bestand des Goethe- und Schiller-Archivs, aus den Sammlungen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek und aus den Museen der Klassik-Stiftung Weimar.

Neben den vielen kostbaren Autographen sind viele persönliche Gebrauchsgegenstände Liszts, zeitgenössische Graphiken und Gemälde, Kunstgegenstände, Konzertprogramme, Briefe und Erstausgaben seiner Werke zu sehen. Der Besucher sollte dabei unbedingt im Schiller-Haus beginnen, in dem mit einer aufwändigen Ausstellungsarchitektur das Leben von Franz Liszt von der Geburt in Raiding bis zum Tod in Bayreuth chronologisch aufgearbeitet wird.

Zu den ganz seltenen Exponaten gehören zwei Kruzifixe aus dem persönlichen Besitz Franz Liszts, mehrere kunstvoll ausgearbeitete Taktstöcke, Abgüsse seiner Hände als Kind, sowie als alter Mann, und seltene Fotografien.  Einen riesigen, aber trotzdem tragbaren Schreibkasten hat Liszt-Ururenkelin Nike Wagner aus ihrem Privatbesitz beigesteuert. Der Kasten aus dunklem Eichenholz ist in seinem Inneren mit roter Seide ausgeschlagen und enthält allerhand Gerätschaften aus Messing, Alabaster und geschliffenem Glas, darunter eine Schreibmappe, einen Kerzenständer, ein Tintenfass und sogar eine Briefwaage mit Gewichtsmünzen: in Zeiten von E-Mail, Twitter und Facebook ein beinahe unglaublicher Aufwand, um Kommunikation zu betreiben.

Interessant ist auch Liszts Brieftasche, die zwar ein wenig abgewetzt erscheint, aber dennoch jederzeit wieder benutzbar wäre. Viele, bislang wenig publizierte Fotografien Liszts sind in der großangelegten Schau zu sehen, oft hatte sich Liszt im Kreise von Freunden, Schülern und Bewunderern ablichten lassen. Gemeinsam ist allen Fotografien, dass Liszt, obwohl oft nur so groß wie ein Stecknadelkopf, aufgrund seiner imposanten Erscheinung immer gleich auf den ersten Blick heraussticht.

Mag der Vergleich des „Superstars Liszt“ mit dem „King of Pop“ Michael Jackson, den der Audio-Guide gleich zu Beginn der Ausstellung aufgreift, auch allzu abgedroschen sein,  die Ausstellung beweist, dass die Erwartungen echter Fans kein Phänomen der Gegenwart ist. So hatte sich Liszt eigens eine Druckplatte mit seiner Unterschrift anfertigen lassen, und den vielen Anfragen nach signierten Fotografien nachkommen zu können. Auch ein Haarbüschel Liszt ist zu sehen, wie der damalige Besitzer, oder wahrscheinlich die Besitzerin, ihn ergattern konnte, ist nicht bekannt.

Im zweiten Teil der Ausstellung in den prunkvollen Weimarer Schlossräumen sind zahlreiche Klaviere, vornehmlich aus Weimarer Beständen zu sehen. Dazu gehört auch ein Nachbau des Liszt-Flügels der Marseiller Instrumentenbauer Boisselot & Fils, auf dem die Mehrzahl seiner Weimarer Kompositionen entstanden war. Eigens für die Ausstellung hatte die Klassik Stiftung Weimar den Nachbau fertigen lassen, um im Festsaal des Stadtschlosses als einzigen authentischen Weimarer Konzertsaal der Ära Liszt, die Situation der Hofkonzerte auch klanglich erfahrbar machen zu können. Daneben sind zahlreiche, von Liszt bespielte Instrumente der Klavierbauer Graf (Wien), Streicher (Wien) und Erard (Paris/London) zu sehen.

Die thüringische Landesausstellung „Franz Liszt – Ein Europäer in Weimar“ ist noch bis zum 31. Oktober täglich, außer Montag von 10 bis 18 Uhr im Schiller-Museum und im Schlossmuseum von Weimar zu sehen. Begleitend dazu ist ein fast 300 starker Katalog erschienen, der mit seinen zahlreichen Beiträgen führender Liszt-Kenner und seinen vielen farbigen Fotos und Reproduktionen schon jetzt das Zeug zum Standardwerk hat . Die Klassik Stiftung Weimar hat daneben auch ein Buch mit dem Titel „Kosmos Klavier“ herausgegeben, das die historischen Tasteninstrumente aus dem Besitz der Stiftung ausführlich vorstellt und in den historischen Kontext einordnet. Weitere Informationen zum Begleitprogramm der Ausstellung gibt es im Internet unter www.klassik-stiftung.de/liszt.

Bilder:
- "Ein Europäer in Weimar“: Im Schiller Haus der thüringischen Residenzstadt steht in diesem Sommer Franz Liszt im Mittelpunkt.
- „Kosmos Klavier“: Im Stadtschloss von Weimar sind zahlreiche Klavier und Flügel zu sehen. Sie reflektieren die Bedeutung des Klaviers und der Klaviermusik am Weimarer Hof.
- Gelbe Punkte mit Liszt-Zitaten weisen den Weg vom Schiller-Museum zum Schlossmuseum und machen Franz Liszt im Stadtbild von Weimar allgegenwärtig.

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18.03.2011

Einstiger Bestsellerautor soll wieder in Bewusstsein gerückt werden / 20 Stationen zeigen künftig die Spuren Jean Pauls in Bayreuth auf

Bayreuth – Der kommende Sonntag wird in Bayreuth ganz im Zeichen des Dichters Jean Paul stehen. Der fast 200 Kilometer lange Jean-Paul-Weg mit seinen 134 Aphorismen- und Landschaftstafeln durch die gesamte Region vom Frankenwald übers Fichtelgebirge hat dann Bayreuth nicht nur erreicht, sondern wird die Stadt bis hinaus zur Gemeinde Eckersdorf ins markgräfliche Schlösschen Fantaisie auch durchqueren. Sichtbares Zeichen sind 20 neue Stationen von der Rollwenzelei bis zu Schlosspark Fantaisie, die künftig Wanderern und Spaziergängern den Zugang zu Jean Paul eröffnen und seine Stationen in der Wagnerstadt nahe bringen möchten.

Von 1804 bis zu seinem Tod am 14. November 1825 lebte der Dichter in verschiedenen Wohnungen in Bayreuth, auf dem Stadtfriedhof an der Erlanger Straße fand er seine letzte Ruhestätte. Die 20 großformatigen Informationstafeln werden den von ihm selbst vielfach frequentierten Weg zwischen dem ehemaligen Dichterstübchen der Rollwenzelei an der östlichen Stadtgrenze bis hin zu seinem „ersten Himmel“, Schloss und Park Fantaisie im südlichen Vorort Eckersdorf/Donndorf, illustrieren. Jede Tafel soll dabei ein Thema besetzen, das zu Jean Pauls Gedankenwelt, zu Leben und Werk, aber auch zu der Lokalität, an der sie zu finden ist, einen direkten Bezug hat, so Projektkoordinatorin Dr. Karla Fohrbeck.

Für die Tafeln seien nicht nur passende Zitate und Aphorismen ausgewählt worden, sondern auch historisches Bild- und Textmaterial. Am Geißmarkt mitten in Bayreuth steht bereits eine der großen dreiteiligen Tafeln, die Bekanntes - und weniger Bekanntes wie Amüsantes über den Dichter, seine Welt und die Bayreuther Geschichte enthält. Am Standort des ehemaligen Hotels „Zur Sonne“ hängt in der Richard-Wagner-Strasse schon eine einzelne, aber wichtige Tafel, die darauf hinweist, dass hier nicht allein Jean Paul, sondern auch Johann Wolfgang von Goethe, Robert Schumann, die Wagners und Friedrich Nietzsche übernachtet haben.

Der Bayreuther Teil des Jean Paul Wegs führt den in Joditz beginnenden Weg fort, der über Hof, Schwarzenbach an der Saale, den Waldstein, Weißenstadt nach Wunsiedel und von dort über Bad Berneck zur Eremitage nach Bayreuth führt. Zahlreiche Sponsoren hätten dazu beigetragen, dass Jean Paul in der gesamten Region wieder verankert ist, sagt Karla Fohrbeck. Gefördert wurde der Weg ihren Worten zufolge vom Kulturfonds Bayern und der Nürnberger Versicherungsgruppe sowie von der Oberfrankenstiftung und den Gemeinden, Städten und Landkreisen, die der Weg verknüpft.

Wenn in zwei Jahren der 250. Geburtstag des Dichters gefeiert wird, soll der Jean-Paul-Weg als geistiges Rückgrat von Joditz über Hof, Wunsiedel und Bad Berneck nicht nur bis Bayreuth, sondern sogar noch ein Stück weiter bis zum markgräflichen Felsengarten und zum Morgenländischen Bau in Sanspareil im Landkreis Kulmbach führen und durchgängig ausgeschildert sein.

Neben der feierlichen Eröffnung durch den ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten und Schirmherrn des Projekt, Günther Beckstein, wird es am Sonntag auch zahlreiche Gratisführungen zwischen einzelnen Bayreuther Tafelstandorten geben, die das Bayreuther Leben des Dichters erschließen. Von 12 bis 17 Uhr können die neuen Tafeln mit Bus, Kutsche und zu Fuß erkundet werden. Unter dem Motto „Himmel, welch ein Bier“ geht es beispielsweise von der Harmonie am Schlossberglein zur Einkehr in die Becher Bräu. Wer sich seinen Kuchen im Café Fantaisie verdienen möchte, startet mit der Führung am Schlößchen in Meyernberg. „Jean Pauls täglicher Weg zur Rollwenzelei“ kann nicht nur zu Fuß vom Jean-Paul-Museum aus erkundet werden, hier nimmt auch eine Pferdekutsche Passagiere mit. Vom Jean-Paul-Platz aus kann man sich zum Jean-Paul-Museum führen lassen, oder man taucht in Jean-Pauls Friedrichstraße ein und entdeckt versteckte Hinterhöfe und Gärtchen. Die barocke Friedrichstraße mit ihren Gasthöfen wird sich an diesem Sonntag in eine Jean-Paul-gemäße Schlemmermeile (angeboten werden unter anderem Ofenkartoffeln mit „Siebenkäs“) verwandeln.

Ein Sonderprogramm gibt es zwischen 12 und 17 Uhr in der Rollwenzelei, der erst vor wenigen Monaten wiedereröffneten und frisch renovierten Jean-Paul-Studierstube, in der die Gästebücher, ein Jean-Paul-Film, die Originalhaube der Rollwenzelin und anderen Reliquien besichtigt werden können. Ebenfalls von 12 bis 17 Uhr bietet die Schlösserverwaltung in Fantaisie, dessen Park Jean Paul als „den ersten Himmel um Bayreuth“ bezeichnet hatte, ein Sonderprogramm im dortigen Gartenkunstmuseum an. Unter freiem Himmel finden Führungen durch den Schlosspark Fantaisie statt. Die Biedermeierfreunde aus Bad Steben werden mit Tänzen, Drehorgel und Kostümen Atmosphäre verbreiten. Wolfram Ster liest im Pavillon von und über Jean Paul, während ein Aphorismenweg und Gartenspiele, wie Petanque mit der Deutsch-Französischen-Gesellschaft, ein Steckenpferdrennen und eine Schatzsuche für Kinder zum Verweilen im Schlosspark einladen. Wissenswertes über den Dichter und seinen Weg durch Oberfranken erfahren die Besucher im Foyer des Schlosses und von Jean Paul „persönlich“ in Gestalt des Schauspielers Peter Kampschulte.

Bilder:
- Eine Station des Jean-Paul-Weges am ehemaligen Gasthof zur Sonne in Bayreuth erinnert künftig daran, dass hier nicht allein Jean Paul, sondern auch Johann Wolfgang von Goethe, Robert Schumann, die Wagners und Friedrich Nietzsche übernachtet haben.

- Hier trank und arbeitete der Dichter: Die Rollwenzelei am östlichen Stadtrand von Bayreuth mit der Studierstube kann jetzt wieder besichtigt werden.
- Vor der Stadthalle in Bayreuth steht Jean Paul überlebensgroß, in Bronze gegossen von Ludwig Schwanthaler.
- Endpunkt eines bewegten Lebens aber noch lange nicht Endpunkt des ehrgeizigen Projektes Jean-Paul-Weg: das Sterbehaus des Dichters in der Bayreuther Friedrichstraße.

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04.03.2011

Geistige Heimat in mehreren Kulturen
Sonderbriefmarke und Gedenkmünze zu Ehren von Franz Liszt vorgestellt

Erfurt/Bayreuth – Mit der Herausgabe einer Gedenkmünze und einer Sonderbriefmarke erinnert das Bundesfinanzministerium in diesem Jahr an den 200. Geburtstag von Franz Liszt. Bei der offiziellen Vorstellung am Freitag in Erfurt würdigten die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht und der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Hartmut Koschyk den Komponisten und Klaviervirtuosen als großen europäischen Künstler, dessen Lebensstationen zeigen, dass Kultur nicht an nationalen Grenzen halt macht.

Durch die Heirat seiner Tochter Cosima mit Richard Wagner pflegte Liszt auch enge Beziehungen zu Bayreuth. Während seines letzten Besuches 1886 verstarb der Künstler in Bayreuth, wo er auf dem Stadtfriedhof seine letzte Ruhestätte fand. Aufgrund der engen Beziehungen zu Bayreuth stellte das Ministerium die Sondermarke und die Gedenkmünze nicht nur in Thüringen vor, das Liszt für viele Jahre zur zentralen Wohn- und Wirkungsstätte wurde, sondern am gleichen Tag auch in Bayreuth im Vorfeld eines Klavierabends mit Preisträgern des Franz-Liszt-Wettbewerbs.

Blicke man auf das Leben Liszts, so nehme man ihn als einen von Kunst und Leidenschaft getriebenen Menschen wahr, für den ganz Europa der Ort seines Schaffens war, sagte Staatssekretär Koschyk. Schon allein die Tatsache, dass Liszts Muttersprache Deutsch, er in der Regel aber auf Französisch kommunizierte und dennoch die Sprache seiner eigentlichen Heimat Ungarn erlernt hatte, zeuge von einem Menschen, der seine geistige Heimat in mehreren Kulturen fand.

Ministerpräsidentin Lieberknecht, die mit der Präsentation von Marke und Münze gleichzeitig das Europäische Liszt-Jahr in Thüringen eröffnen konnte, kündigte für die kommenden Monate mehr als 200 Konzerte, Wettbewerbe, Ausstellungen und Installationen zum Thema Franz Liszt an. Dies zeige, dass sich der Freistaat seinem reichen kulturellen Erbe verpflichtet sehe. Liszt selbst, so Lieberknecht, habe sich zwar nichts aus Ehrungen gemacht, wäre aber dennoch glücklich gewesen, über diese Form der Erinnerung weit über seinen Tod hinaus.

Neben der thüringischen Ministerpräsidentin Lieberknecht erhielten auch Liszts Ururenkelin, Nike Wagner, die das Kunstfest in Weimar leitet, der Präsident der Deutschen Liszt-Gesellschaft Wolfram Huschke und Rolf Dieter Arens, Rektor an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar Erstausgaben der Briefmarke und Erstprägungen der Gedenkmünze.

Die 55-Cent-Briefmarke zeigt ein Portrait von Franz Liszt aus einer der frühesten bisher bekannten Fotografien um das Jahr 1843. Liszt war zu diesem Zeitpunkt Anfang 30 und Stand bereits im Zenit seiner Pianistenkarriere. Neben dem Bildnis ist ein Ausschnitt aus einer Notenzeile zur Komposition seiner Konzertetüde „Waldesrauschen“ zu sehen. Gestaltet wurde die Sondermarke von den Graphikern Jens Müller und Karen Weiland aus Düsseldorf.

Die Zehn-Euro-Gedenkmünzen sollen den von einem willensstarken Charakter geprägten Liszt in der Mitte seines Lebens zeigen, die Umschrift enthält das Zitat Liszts: „Genie oblige / Genie verpflichtet“. Der Entwurf stammt von Michael Otto aus Rodenbach, geprägt wurden die Münzen in Karlsruhe.

Franz Liszt wird mit der Marke freilich nicht zum ersten Mal philatelistisch geehrt. Bereits 1961 zum 150. Geburtstag waren in der damaligen DDR und 1986 zum 100. Todestag in der Bundesrepublik Sondermarken erschienen.

Bilder:
- Nike Wagner, Ururenkelin von Franz Liszt und Leiterin des Kunstfestes in Weimar erhielt aus den Händen des Parlamentarischen Finanzstaatssekretärs Hartmut Koschyk die neue Sonderbriefmarke und die Gedenkmünze zu Ehren des bedeutenden Komponisten und Klaviervirtuosen.
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 Erstausgaben der neuen Franz-Liszt-Marke und der Gedenkmünze zum 200. Geburtstag des Komponisten und Klaviervirtuosen überreichte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk an die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht.
- Nike Wagner bei der Vorstellung der neuen Sonderbriefmarke zum Gedenken an ihren Ururgroßvater Franz Liszt.
 

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28.02.2011

Mozart in Bamberg: „Kein Komponist ist vielschichtiger“
Angelika Kirchschlager wird mit jungen Sängern Mozarts „Hochzeit des Figaro“ einstudieren

Wien/Bamberg – „Es gibt keinen Komponisten, der vielschichtiger ist, als Mozart“, sagt Kammersängerin Angelika Kirchschlager. Die österreichische Mezzosopranistin wird im September bei einem Meisterkurs im Rahmen der Sommer Oper Bamberg zusammen mit jungen Sängerinnen und Sänger die „Hochzeit des Figaro“ einstudieren. Bei einer Vorstellung des Projekts in ihrer Heimat Wien outete sich Kirchschlager nicht nur als „begeisterter Mozart-Fan“ sondern auch als leidenschaftliche Lehrerin, die ihre Erfahrungen gerne an jungen Menschen weitergibt. „Es ist unglaublich beglückend, mit jungen Leuten zu arbeiten“, so Kirchschlager, die bereits eine Gastprofessur für Liedgesang am Mozarteum ihrer Geburtsstadt Salzburg innehatte. Ein Meisterkurs nur auf Mozart ausgerichtet, sei dabei eine einzigartige Schule „für schlicht und einfach alles“.

Künstlerischer Leiter der Sommer Oper Bamberg ist der junge, aus Amerika stammende Dirigent Till Fabian Weser. Er hatte das Projekt, an dem heuer rund 70 Nachwuchskünstler aus knapp 20 Nationen teilnehmen werden im Jahr 2005 ins Leben gerufen. Seitdem gibt es im zweijährigen Turnus wieder Oper in Bamberg. Begründet hatte die Bamberger Operntradition im frühen 19. Jahrhundert der Schriftsteller und Komponist Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann, ebenfalls ein begeisterter Mozart-Anhänger, der seinen dritten Vornamen aus Verehrung für den Salzburger Meister in Amadeus änderte und fortan als E. T. A. Hoffmann auftrat. Er wirkte als Kapellmeister in dem Bamberger Stadttheater, das heute seinen Namen trägt. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts war die Operntradition in Bamberg zum Erliegen kommen. Den Orchestergraben gibt es noch, auch wenn das Haus mittlerweile als Ein-Sparten-Theater mit Ausrichtung auf das Schauspiel geführt wird, so Dirigent Till Fabian Weser, der mit seinem Engagement für die Sommeroper auch ein Stück Musiktradition in der Weltkulturerbestadt wieder beleben möchte.

Darüber hinaus begreife sich die Bamberger Sommer Oper als europäisches Projekt zur Förderung des Orchester und Opernnachwuchses. Die Veranstaltungsreihe soll begabten Studenten und Absolventen, die sich in Probespielen an neun europäischen Musikhochschulen und Konservatorien qualifizieren mussten, eine Plattform für erste praktische Erfahrungen bieten. Dazu werden begabte Gesangstudenten und junge Sänger eingeladen, um in dem Workshop mit Angelika Kirchschlager und dem Bamberger Intendanten und Regisseur Rainer Lewandowski die komplette Mozart-Oper zu erarbeiten und anschließend mehrfach aufzuführen. „Uns geht es darum, dass die jungen Leute Erfahrungen machen können und schon ein wenig zur Routine finden“, so Till Fabian Weser.

Weitere Workshops für die Musiker gibt es unter anderem mit der Barockgeigerin Michi Gaigg vom L´Orfeo Barockorchester und der Traversflötistin Claire Genewein von der Anton-Bruckner Universität in Linz, wobei die Schwerpunkte vor allem auf den Bereichen Alte Musik und historische Aufführungspraxis liegen. Daneben gibt es ein Kammermusiktraining mit Musikern der Bamberger Symphoniker und einen Kurs in Opernitalienisch mit der Sängerin Valentina di Taranto.

„Mit diesem hochkarätigen Angebot qualifiziert sich Bamberg künftig als die musikalischen Nachwuchsförderstadt“, sagte der frühere bayerische Kunstminister Thomas Goppel, der an der Spitze des Fördervereins der Sommer Oper Bamberg steht. Mit dem Bindeglied der Symphoniker biete Bamberg ein ungeheueres Potenzial, das die Sommer Oper zu neuer Blüte bringen soll. Die Workshops und Meisterkurse der Sommer Oper Bamberg beginnen am 11. September, die Aufführungen von Mozarts „Le Nozze die Figaro“ finden am 4., 6., 7., 9., 10. und 12. Oktober im Bamberger E.T.A.-Hoffmann-Theater statt. Weitere Information: www.sommer-oper-bamberg.de.

Bilder: Der Dirigent und künstlerische Leiter der Sommer Oper Bamberg Till Fabian Weser hat die österreichische Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager zu einem Meisterkurs verpflichtet.

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25.02.2011

„Träumende Bäume“ und der „Mönch am Meer“ / Innovative Konzertprojekte sind das Markenzeichen des Kirchenmusikers Michael Lippert

„Kultur ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält“. Das sagt Michael Lippert, Kirchenmusiker an der Ordenskirche sowie Komponist und Textdichter innovativer kirchenmusikalischer Werke. Er wolle Anstöße geben, sich mit Gott, der Welt und mit dem Menschsein zu beschäftigen, sagt Lippert. Sein Anliegen ist es, weg vom oberflächlichen und stattdessen hin zu einem bewussten Leben zu gehen und die Menschen dabei mitzunehmen. „Da kann Musik ein wichtiger Weg dazu sein“, sagt der 45-Jährige, der im Jahr 2006 die Leitung der Kantorei in St. Georgen in der Nachfolge des damals verunglückten Matthias Hippe übernahm.

Sieben große Werke hat Michael Lippert bereits geschrieben, die irgendwo zwischen Oratorium, Kirchenoper und Musical angesiedelt sind und die Elemente der klassischen E-Musik genauso beinhalten, wie Elemente der Avantgarde, der Pop- und der Weltmusik. Spartenübergreifendes Arbeiten und Denken habe ihn schon immer interessiert. Festlegen lassen, das wollte sich der aus Kirchenlamitz stammende langjährige Stadt- und Bezirkskantor von Naila noch nie. Nach seinem Studium an der heutigen Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth war er Stipendiat des Bayerischen Musikrats und wirkte drei Jahre lang im Sonderchor der Festspiele mit. An den damaligen Chorleiter Norbert Balatsch hat er die besten Erinnerungen, ebenso an seine Erlebnisse im Orchestergraben. „Es ist, als ob man in der Partitur sitzt“, sagt Lippert. Da erst habe er eine Ahnung davon bekommen, was Instrumentation wirklich bedeutet.

Neben seinen großen Werken, die Namen tragen wie „Der Mönch am Meer“, oder „Träumende Bäume“ und die existenzielle religiöse und philosophische Fragen durchaus unterhaltsam aufgreifen, gestaltet der Vater von drei Kindern auch den ganz normalen kirchenmusikalischen Alltag, Gottesdienste, Hochzeiten oder Beerdigungen. „Seine“ Kantorei beschreibt Lippert als bunte, Generationen übergreifende Mischung mit rund 80 Sängerinnen und Sängern, auch ein eigener Kinderchor für das Grundschulalter steht unter seiner Leitung.

Gegen die traditionelle Kirchenmusik hat er nichts, im Gegenteil, Gabriel Faures „Requiem“, Mozarts „Krönungsmesse“ und natürlich immer wieder Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“, all das hat er auch schon einstudiert und aufgeführt. Doch irgendwann habe er auch mal etwas neues, etwas anderes machen wollen und in St. Georgen sei er dabei auf offene Arme und offene Ohren gestoßen. Der Erfolg gibt Michael Lippert recht. Alle seine Werke sind inzwischen auf CD erschienen, er wird im In- und Ausland aufgeführt und in der Ordenskirche kann er stets „ausverkauft“ vermelden, manchmal sogar mehrere Male am Stück. Erstaunt ist er immer wieder, wie jung und alt gleichermaßen angesprochen werden und wie vor allem die Visualisierung seiner Werke durch Elemente des Theaters und nicht zuletzt durch die großflächigen Videoprojektionen auch ein Publikum in die Kirche lockt, das sonst vielleicht nicht so viel damit am Hut hat. Vorbilder hat Lippert dabei keine, obwohl er Gustav Mahler als seinen Lieblingskomponisten bezeichnet. Auch Mahler habe das scheinbar Banale neben das Erhabene gestellt in dem er seine Kunstmusik des 19. Jahrhunderts immer wieder mit folkloristischen Elementen angereichert hatte.

Ins Schwärmen kommt Michael Lippert, wenn er von der Ordenskirche als Aufführungsort spricht. Mit rund 800 Plätzen sei die Ordenskirche nicht nur die Kirche mit den meisten Sitzplätzen in Bayreuth, sie biete auch eine regelrechte Konzertsaalakustik. Es gebe keinen großen Hall, und durch den quadratischen Grundriss sei ein unmittelbares Erleben des Dargebotenen möglich.

Für die Zukunft steckt Lippert voller Pläne und Ideen. Genaueres dazu möchte er allerdings noch nicht verraten. Im März steht erst einmal das Projekt „Karneval in Venedig“ an, in dem er, durchaus ungewöhnlich in der Kirche, barocke venezianische Musik mit Texten, Masken und Verkleidung verbindet. Im Dezember folgt die Uraufführung von „Der vierte König“. Innovative Konzertprojekte, das wird auch in Zukunft das Markenzeichen des Bayreuther Kirchenmusikers Michael Lippert sein.

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28.10.2010

E.ON-Kulturpreis Bayern für Heinz Badewitz
Wissenschaftspreise für Absolventen aus Bayreuth, Coburg und Hof


Bamberg – Noch bevor Heinz Badewitz am Donnerstagabend die Filmpreise in Hof verliehen hat, wurde er selbst ausgezeichnet. Der Leiter der Internationalen Filmtage erhielt bei einer Galaveranstaltung in der Bamberger Konzert- und Kongresshalle den Kulturpreis Bayern, eine Auszeichnung, die seit 2005 vom Energiedienstleister E.ON Bayern zusammen mit dem Bayerischen Wissenschaftsministerium vergeben wird. Weitere hochkarätige Preisträger in Bamberg waren unter anderem der Kabarettist Michl Müller und die Schauspielerin Cornelia Froboess. Neben der Sparte Kunst wird der Preis auch für den Bereich Wissenschaft vergeben. Dabei werden alljährlich die besten Absolventen aller bayerischen Universitäten sowie herausragende Arbeiten an Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften ausgezeichnet. Aus Oberfranken waren es in diesem Jahr Dr. Julia Fischer (Bayreuth), Susanne Korlek (Coburg) und Stephan Hiller (Hof).

In seiner Laudatio für Heinz Badewitz bezeichnete E.ON-Bayern- Vorstandsvorsitzender Thomas Barth die Hofer Filmtage als tragenden Pfeiler der bayerischen Kulturlandschaft und ihren Leiter als dienstältesten Festivalchef Europas. Badewitz hatte 1967 gemeinsam mit befreundeten Filmemachern die Filmtage gegründet, alljährlich bieten sie eine Bühne für hoffnungsvolle Talente, die dort ihre Debütfilme zeigen. Die Geschichte des Festivals sei eng verknüpft mit der Geschichte des neuen deutschen Films, sagte E.ON-Chef Barth. Die Filmtage prägten nicht nur das kulturelle Selbstverständnis einer ganzen Region, sondern seien auch ein wichtiger Motor für die bayerische und deutsche Filmlandschaft. Der Preis für Badewitz reiht sich ein in eine lange Reihe von Auszeichnungen, die der gebürtige Hofer bislang erhalten hatte. So wurde er unter anderem bereits 1991 beim Bayerischen Filmpreis mit einem Sonderpreis geehrt, 1998 erhielt er beim Deutschen Filmpreis einen Ehrenpreis.

Mit dem bayerischen Kulturpreis, Abteilung Wissenschaften für Stephan Hiller ging in diesem Jahr noch ein weiterer Preis nach Hof. Hiller ist Absolvent der Hochschule Hof und wurde für seine Diplomarbeit mit dem Thema „Regulated Electricity - Distribution in Romania – E.ON Moldova Distributie“ ausgezeichnet. Die Diplomarbeit im Bereich internationales Finanzmanagement setzt sich mit den behördlichen Regulierungen des rumänischen Strommarktes und deren Auswirkungen auf das Finanzergebnis des dortigen Netzbetreibers E.ON Moldova Distributie auseinander. Stephan Hiller gehört zu den 17 Preisträgern der Kategorie „Hochschulen für angewandte Wissenschaften/Fachhochschulen“, für seine exzellente Diplomarbeit wurde er mit einem Preisgeld von 2.500 Euro gewürdigt.

In der gleichen Kategorie erhielt auch Susanne Korlek, die aus Schönwald stammt und die Hochschule Coburg besucht, eine Auszeichnung. Die Absolventin wurde für ihre Diplomarbeit mit dem Thema „Der Beitrag der Wirtschaftssozialarbeit zum Wohlbefinden von Mitarbeitern und zum Unternehmenserfolg“ ausgezeichnet. Susanne Korlek, so heißt es in der Laudatio, leiste mit ihren Untersuchungen Pionierarbeit auf einem Gebiet, zu dem bisher kaum Forschung stattfand und keine aktuelle Literatur existiert. Als beste Doktorandin der Universität Bayreuth erhielt schließlich Julia Fischer eine Auszeichnung. Ihre Arbeit trägt den Titel „Optimal Control Problems Governed by Nonlinear Partial Differential Equations and Inclusions“ und beschäftigt sich mit der mathematische Theorie der optimalen Steuerung.

Die mit insgesamt 170000 Euro dotierten Ehrungen wurden in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Wissenschafts und Kunstministerium heuer zum sechsten Mal verliehen. Mit dieser Auszeichnung leiste der Energieversorger E.ON Bayern einen Impuls zum Erhalt der kulturellen Vielfalt und biete zugleich eine Bühne für Kunst und Wissenschaft in der Region, sagte der Minister Wolfgang Heubisch bei der Preisvergabe. Er nannte den Kulturpreis einen wichtigen Beitrag zur Vielfalt der bayerischen Kunst- und Wissenschaftslandschaft. Kultur sei letztlich ein gesellschaftliches Gemeinschaftsprodukt, an dem mitzuwirken alle aufgefordert sind: der Staat, die Bürger und die Wirtschaft. Nach den Worten von E.ON-Vorstandschef Barth soll die Auszeichnung bewusst den Focus auf das kulturelle und künstlerische Schaffen in den bayerischen Regionen lenken. Der Kulturpreis Bayern zeichne deshalb einerseits Persönlichkeiten aus, die sich in besonderer Weise um Kunst und Kultur verdient gemacht hätten. Andererseits will das Unternehmen laut Barth bewusst die besonderen Leistungen junger Menschen im Bereich von Wissenschaft und Kunst ins Rampenlicht rücken.

Bilder:
1. Der Leiter der Hofer Filmtage Heinz Badewitz erhielt einen der begehrten bayerischen Kulturpreise aus den Händen von E.ON-Vorstandschef Thomas Barth.
2. Professor Gunther Schweiger (rechts), Präsident der Hochschule Ingolstadt, zeichnete Stephan Hiller, einen Absolventen der Hochschule Hof mit dem E.ON-Kulturpreis Bayern aus.
3. Für ihre herausragende Arbeit an der Fachhochschule Coburg wurde die aus Schönwald stammende Susanne Korlek von Professor Günther Schweiger von der Hochschule Ingolstadt mit dem E.ON-Kulturpreis Bayern geehrt.
4. Julia Fischer (links) ist die beste Doktorandin der Universität Bayreuth. Sie erhielt deshalb aus den Händen von Birgit Liss, Professorin für Physiologie aus Ulm, einen der bayerischen E.ON-Kulturpreise.

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23.09.2010

Renommierter Liedermacher und einflussreicher Songpoet /
Alexander Wolfrum aus Bayreuth feiert sein 30. Bühnenjubiläum mit neuem Album und einem „Festival der Liedermacher“

Bayreuth – Das 12. Festival der Liedermacher in Bayreuth findet in diesem Jahr am 9. Oktober im Bayreuther Lindenhof statt. Hinter der Veranstaltungsreihe steckt seit Beginn an der Bayreuther Musiker Alexander „Sandy“ Wolfrum (Bild), vielen noch bekannt als Kopf der legendären Folkband „Feelsaitig“. Er hat sich in diesem Jahr die Austro-Liedermacher „Bach drei Barden“, den Münchner Entertainer Rainer Rumpf, die Dresdner Liedermacherin Sylvia Schweikl und den Bayreuther Newcomer „Capote“ eingeladen. Daneben wird Alexander Wolfrum, der mittlerweile überaus erfolgreich Solopfade beschreitet, auch einige Songs aus seiner neuen CD „Es bleibt dabei“ vorstellen.

In dem Album, mit dem Wolfrum gleichzeitig sein 30. Bühnenjubiläum feiert,  steckt jede Menge Folk und Rock und wie immer auch ein wenig Sarkasmus. Kritisch und humorvoll zugleich skizziert Wolfrum, der in der Fachpresse als einer der renommiertesten Liedermacher Deutschlands und einflussreicher Songpoet bezeichnet wird, ein ironisches Bild aktueller Gegebenheiten. Musikalisch reiht er sich dabei zwischen Ray Davies, Reinhard Mey und Colin Wilkie ein. Seine akustische Gitarre trägt die Melodien und bietet außerdem das Fundament für seine warme Stimme. Unterstützt wird Wolfrum dabei nicht nur von zahlreichen Gastmusikern aus der fränkischen Szene, sondern erstmals auch von Sohn Constantin an der E-Gitarre.

Daneben gehört Alexander „Sandy“ Wolfrum aber auch zu den Musikern, die den fränkischen Dialekt in der Musikszene etabliert haben. Der Bayreuther hatte seine Erfahrung in fast drei Jahrzehnten „Feelsaitig“ gesammelt, eine Zeit, die auf der zweiten CD-Neuerscheinung mit dem Titel „Die Brille in den Stiefeln“ wieder auflebt. Zusammen mit der Band, teilweise auch im Alleingang stellt Wolfrum darauf 22 Studio- und Liveaufnahmen vor, die exemplarisch für die zurückliegenden drei Jahrzehnte stehen. Aufnahmen vom Bayreuther Bürgerfest 1988 (!) sind genauso dabei, wie Auftritte beim legendären Folkfestival in Rudolstadt.

Zuletzt machte Wolfrum mit seiner Benefizaktion für das Bayreuther Kinderhaus von sich reden. Unter dem Titel „Wir bauen ein Haus“ hatte er nicht nur mit einer bundesweit erhältlichen Benefiz-CD das Projekt tatkräftig unterstützt, sondern war auch bei der Eröffnung aufgetreten. Grund war der Neubau der ehemaligen Kindertagesstätte Munckerstraße und die Errichtung eines schmucken Kinderhauses im Stil des österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser.

Wenn es auch nach dem Tod des Bassisten Hanzie Scharrer vor einigen Jahren etwas ruhiger um die Bayreuther Band „Feelsaitig“ geworden ist, so sind die beiden Gründungsmitglieder Robert Wachsmann aus München und Alexander „Sandy“ Wolfrum noch immer unermüdlich „on tour“. „Feelsaitig“ wurde 1982 gegründet und hatte bis heute weitab von Trends und Modeerscheinungen ihren Platz im Musikleben verteidigt. Die Gruppe stand in den zurückliegenden Jahren immer wieder auch mit prominenten Kollegen wie Donovan, Haindling, Ringsgwandl oder Konstantin Wecker auf der Bühne und wurde mit zahlreichen Auszeichnungen, unter anderem durch die Akademie für Politik und Zeitgeschichte oder durch den Bund Naturschutz geehrt. Bei dem weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannten Festival „Songs an einem Sommerabend“ des Bayerischen Rundfunks hatten Wolfrum und Feelsaitig einen umjubelten TV-Auftritt, außerdem gastierte die Gruppe bereits lange vor der Wende in der damaligen Sowjetunion.

Sämtliche CDs sind bundesweit im Handel erhältlich, können über Amazon bestellt werden und stehen teilweise bei verschiedenen Anbietern zum Download im Netz. Erschienen sind die Alben beim Musikverlag Intraton in Bayreuth. Das Festival der Liedermacher 2010 findet am Samstag, 09. Oktober 2010 im Lindenhof des Landesbundes für Vogelschutz in der Karolinenreuther Straße in Bayreuth statt. Beginn ist um 20 Uhr, Karten gibt es beim Landesbund für Vogelschutz oder unter 0921/759420. Weitere Tourtermine und Infos zu Alexander Wolfrum und Feelsaitig gibt es auch im Internet unter www.sandywolfrum.de.

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06.08.2010

Kleine Festspiele am Fuße des Hügels / 60 Jahre Festival Junger Künstler in Bayreuth – 25 Jahre Intendanz Sissy Thammer

Die Verbindung von internationaler Jugendarbeit und der Verwirklichung anspruchsvoller künstlerischer Projekte steht im Mittelpunkt des Festivals junger Künstler, das in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen feiert. 25 Jahre davon hat Sissy Thammer als Intendantin geprägt, sie hat die kleinen Festspiele „am Fuße des Hügels“ durch Höhen und Tiefen geführt und dabei erfolgreich immer neue Herausforderungen gemeistert.

„Der internationalen Jugendarbeit kommt in dieser Zeit eine herausragende Bedeutung zu“, sagt Thammer mit Blick auf die Globalisierung, die für das Festival Junger Künstler gegenwärtig nach dem Fall des eisernen Vorhangs vor 20 Jahren erneut eine Zäsur bedeutet. Wie in der Vergangenheit auch begegnet man in Bayreuth dieser Herausforderung auf kreativer Art und Weise. So steht in diesem Jahr unter anderem ein musikalischer Dialog zwischen Musikern aus Europa und arabischen Staaten auf dem Programm. „Wege zu Parsifal“ heißt das Projekt, in dem ein Stoff, der beiden Kulturen verbunden ist, neu gedeutet werden soll. „So ergeben sich vielleicht gemeinsame Sichtweisen auf etwas, von dem man glaubt schon sicheres Wissen zu besitzen“, erläutert Thammer diesen Programmpunkt, der symptomatisch für die Arbeit des Festivals steht.

Gegründet wurde das Festival Junger Künstler 1950 in Zusammenarbeit mit der deutschen Föderation der „Jeunesse Musicale“, der musikalischen Jugend Deutschlands, als internationales Musikstudententreffen von Herbert Barth, dem damaligen Pressechef der erst im Folgejahr 1951 wiedereröffneten Richard-Wagner-Festspiele („Neu-Bayreuth“). Damit wurde der Grundstein für eine Erfolgsgeschichte gelegt, die sich ab 1957 Internationales Jugendfestspieltreffen nannte. Der finnische Komponist Jean Sibelius, der damals sogar persönlich in Bayreuth weilte, war der erste Schirmherr, die Wagner-Enkel Wieland und Wolfgang gehörten zu den prominenten Unterstützern der ersten Stunde. Im Mittelpunkt stand und steht damals wie heute, die Möglichkeit, Aufführungen der Richard-Wagner-Festspiele zu besuchen und sich mit dem Werk Wagners und seiner Interpretationen in Form von Werkstattgesprächen, Seminaren und Vorlesungen auseinanderzusetzen.

Aufgrund der großen Resonanz wurde das „Treffen“ schnell zu einer festen Institution des nationalen und internationalen Musiklebens. Herbert Barth und seiner Frau Grete, einer aus Rumänien stammenden Pianistin, war es in den Folgejahren immer wieder gelungen, führende Personen der internationalen Musikwelt für das Festival zu gewinnen. Pierre Boulez gehört genauso dazu, wie Götz Friedrich oder Martin Gregor Dellin. Prominente Teilnehmer der frühen Jahre waren Herbert Achternbusch, Peter Handke und Vaclav Havel, später tschechischer Staatspräsident.

Nach dem Tod von Grete Barth 1984 und dem Ausscheiden Herbert Barths sollte erst 1986 ein Generationenwechsel auf der Leitungsebene des Festivals stattfinden. Die Wahl fiel damals auf Sissy Thammer, die vorher bei einer Unternehmensberatung in München tätig war, Jura und Betriebswirtschaft studiert hatte, gleichzeitig aber auch eine fundierte musikalische Ausbildung (Klavier, Cello Flöte) vorweisen konnte. Für das Festival ein Glücksgriff, denn durch das Zusammenspiel von kaufmännischem und künstlerischem Wissen wurde erstmals das möglich, was man heute als Kulturmanagement bezeichnet. Sissy Thammer, aus der oberpfälzischen Gemeinde Winklarn stammend, hatte schon früh bewiesen, dass sie anpacken kann. Zunächst durch ihre Mitarbeit auf dem elterlichen Gutsbetrieb mit Brauerei, als Gruppenführerin der dortigen Feuerwehr oder später als Mitarbeiterin bei den Ansbacher Bachwochen.

„Es galt, das Festival Junger Künstler in die Nachgründerära zu führen und gleichzeitig professionelle Strukturen zu schaffen“, erinnert sich Thammer heute. Erst Herausforderung war die Wende 1989. Kamen bis dahin viele der Teilnehmer aus osteuropäischen Staaten, schien die Veranstaltung zunächst ihre Sinnhaftigkeit zu verlieren. Die Globalisierung nahm Thammer zusammen mit Vorstand und Förderverein insofern vorweg, als dass fortan auch Teilnehmer aus afrikanischen und südamerikanischen Staaten sowie aus dem nahen Osten immer mehr den Weg nach Bayreuth fanden. Die Unterstützung beim Aufbau neuer Demokratien in Osteuropa wurde dabei nicht vernachlässigt, was unter anderem die Auszeichnung für Sissy Thammer als „Frau Europas“ 1997 für ihr Engagement auf dem Feld des internationalen Kulturaustausches zeigt.

Leider geht auch die Ebbe in den öffentlichen Kassen nicht spurlos am Festival Junger Künstler vorüber. Sissy Thammer hat deshalb schon vor Jahren „strengste Sparsamkeit“ zur obersten Prämisse erklärt. Der Erfolg gibt ihr Recht. „Unsere Finanzen sind absolut konsolidiert“, sagte sie und verweist auf die für Kultureinrichtungen ungewöhnliche Tatsache, dass zwei Drittel des Gesamtetats (heuer knapp eine halbe Million Euro inklusive Sach- und Serviceleistungen) selbst erwirtschaftet werden, beziehungsweise über private Sponsoren gedeckt sind. Nur ein Drittel kommt von der öffentlichen Hand (Bund, Freistaat Bayern, Stadt Bayreuth sowie Bezirk Oberfranken und Landkreis Bayreuth).

Zu den künstlerischen Höhepunkten der zurückliegenden Jahre zählen unter anderem viel umjubelte und in der Fachpresse gewürdigte Aufführungen von Carl Orffs „Bernauerin“ oder von Richard Wagners „Liebesverbot“. International renommierte Dirigenten wie Donald Runnicles, Jac van Stehen oder Gabriel Feltz gehörten in den zurückliegenden Jahren zu den Leitern des Symphonieorchesters, als Gastdirigenten studierten etwa Adam Fischer oder Christian Thielemann immer wieder einzelne Stücke mit dem Klangkörper ein. Mit Patrick Lange, einem ehemaligen Regensburger Domspatzen und späteren Assistenten von Claudio Abbado, steht heuer ein Newcomer am Pult, der bereits Anfang der 90er Jahre als „Festspielkind“ am Festival Junger Künstler in Bayreuth teilgenommen hatte.

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23.07.2010

Wertvolles Geschenk zum 30. Geburtstag: Ur-Urenkelin übergab Bayreuther Jean-Paul-Museum umfangreiche Schenkung aus ihrem Privatbesitz

Bayreuth – Das Jean-Paul-Museum in Bayreuth ist ab sofort um einige bedeutende Exponate reicher. Adele Metzner, die mittlerweile in Nürnberg lebende Ur-Urenkelin des Dichters, übergab der Stadt am Freitag offiziell eine umfangreiche Schenkung aus ihrem Privatbesitz. Dabei handelt es sich unter anderem um mehrere wertvolle Ölgemälde, die Jean Paul, dessen Frau Karoline Mayer und seinen Sohn Maximilian Ernst Emmanuel Richter zeigen. Kernstück der Schenkung ist ein silberner Samowar (eine Teemaschine) samt Teekanne, zwei silbernen Leuchtern und einem ebenfalls silbernem Tablett, das Jean Paul im 1801 als Hochzeitsgeschenk von Königin Luise von Preußen erhalten hatte.

Gleichzeitig mit der Übergabe der Schenkung konnte das Jean-Paul-Museum sein 30-jähriges Bestehen feiern. Die Räumlichkeiten in unmittelbarer Nähe zu Richard-Wagners-Künstlervilla Wahnfried in der Bayreuther Innenstadt wurden am 24. Juli 1980 eröffnet. Das Haus in der Wahnfriedstraße 1 wurde einst von Richard-Wagners Tochter Eva und deren Mann, dem antisemitischen Schriftsteller und üblen Rassentheoretiker Houston Stewart Chamberlain, bewohnt. Grundstock für das Museum war damals die reichhaltige Sammlung des Arztes Philipp Hauser, einem Nachfahren des Bankiers Joseph Schwabacher, dem Eigentümer des zuletzt von Jean Paul bewohnten Hauses in der Bayreuther Friedrichstraße. Hauser hatte jahrzehntelang Dokumente zu Leben und Werk zusammengetragen und damit die weltweit bedeutendste Privatsammlung über Jean Paul geschaffen.

Bei der Übergabe der Schenkung kündigte Bayreuths Oberbürgermeister Michael Hohl an, das Jean-Paul-Museum in den kommenden beiden Jahren grundlegend neu zu gestalten. 2013 jährt sich der Geburtstag Jean Pauls zum 250. Mal. Die Stadt werde alles daran setzen, neben Richard Wagner auch ihren großen Dichter Jean Paul angemessen zu feiern, sagte Hohl. Bekanntlich gilt 2013 als das große Wagner-Jahr, in dem Musikfreunde aus aller Welt dem 200. Geburtstag und gleichzeitig dem 130. Todestag des Komponisten gedenken. Noch vorher soll der oberfränkische Jean-Paul-Weg auch in der Stadt Bayreuth sichtbar werden, gleichzeitig haben auch die Renovierungsarbeiten des Dichterstübchens in der Rollwenzelei renoviert.

Museumschef Sven Friedrich kündigte an, die neue Schenkung in ihrer Gesamtheit künftig in einer zentral positionierten Vitrine im Museum auszustellen. Er zeigte sich erfreut darüber, dass Jean Paul aus der Beinahe-Vergessenheit heraus heute wieder stärker nachgefragt werde und sich sogar Schulklassen immer mehr für den Dichter interessierten. „Das Museum soll künftig auch der Einstieg für all diejenigen sein, die noch nicht so viel über Jean Paul wissen“, sagte Friedrich.

Bild:
Eine neue Vitrine im Jean-Paul-Museum präsentiert künftig die Schenkung der Ur-Urenkelin Adele Metzner, hier im Bild mit dem Berliner Schauspieler Hans-Jürgen Schatz, der nicht nur als unermüdlicher Werber für den Dichter auftritt, sondern sich auch durch seine Jean-Paul-Lesungen einen Namen gemacht hat.

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07.07.2010

Berg, Bartok, Brecht: 60. Festival Junger Künstler in Bayreuth steht unter dem Motto „Zeitenwende – Wendezeiten“

Bayreuth – Unter dem Motto „Zeitenwende – Wendezeiten“ wird das 60. Festival Junger Künstler am 5. August in Bayreuth eröffnet. An die 500 angehenden jungen Künstler aus 38 Nationen werden in diesem Jahr daran teilnehmen. „Wir wollen den Versuch unternehmen, das kulturelle Erscheinungsbild von Wendezeiten in der Geschichte Deutschlands und Europas seit der Mitte des 19. Jahrhunderts anhand ausgewählter zeittypischer Texte und musikalischer Beispiele zu beschreiben“, so der Vorstandsvorsitzende des Festivals Andreas Loesch.

Neben einer Erstaufführung von Richard Wagners frühem Lustspiel „Eine Kapitulation“ mit neu komponierter Musik von Paul Leonard Schäffer sollen unter anderem eine konzertante Aufführungen von Victor Ullmanns Oper „Der Kaiser von Atlantis“ und Ausschnitte aus „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ von Kurt Weil und Berthold Brecht einstudiert werden. Ullmanns Oper ist in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager entstanden und zeichnet die realen Verhältnisse in symbolischer Schärfe nach. Nur zwei Jahre nach ihrer Entstehung war das Grauen der Nazidiktatur zu Ende, der Komponist hatte diese „Zeitenwende“ nicht mehr erlebt, er wurde 1944 im KZ Auschwitz ermordet.

Unter der Leitung des jungen deutschen Dirigenten Patrick Lange werden die Musiker des Symphonieorchesters ebenfalls Wendezeiten nachspüren. Mit Gustav Mahlers unvollendeter 10. Symphonie, Alban Bergs „Konzert für Violine und Orchester“ und Bela Bartoks „Konzert für Orchester studieren sie drei charakteristische Werke ein, die für die Zeit des Ersten Weltkriegs und seine Folgen stehen, die Europa in seinen Grundfesten erschüttert haben. Solist im Violinkonzert Bergs ist der junge Slowake Juraj Cizmarovic. Aufgeführt wird das Programm des Symphonieorchesters in der Bayreuther Stadthalle (26. August), in der Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Mehlmeisel im Fichtelgebirge (27. August), in der Glashüttener Mehrzweckhalle (28. August) sowie im Rahmen eines Open Airs auf dem Marktplatz von Nördlingen (29. August).

Ein weiteres Projekt des Festivals beschäftigt sich mit der Gegenwart und einer neuen Wendezeit, in der es um die Herausforderungen der Globalisierung und den Dialog der Kulturen geht. Unter dem Motto „Wege zu Parsifal“ will der Percussionist Vladimir Ivanoff zusammen mit den Studenten einen musikalischen Dialog zwischen Musikern aus Europa und aus arabischen Staaten initiieren. Daneben stehen 31 Workshops unter der Leitung namhafter Dozenten aus dem In- und Ausland für Kammermusik, Lied, Klavier und zahlreichen weiteren Sparten auf dem Programm.

Das Festival habe das Thema „Zeitenwende – Wendezeiten“ auch deshalb zu seinem 60. Geburtstag ausgewählt, weil es sich von Anbeginn neuen Entwicklungen in der Kunst, vor allem in der Musik, verpflichtet gefühlt hat, sagt Intendantin Sissy Thammer, die in diesem Jahr zum 25. Mal an der Spitze steht. Neue Entwicklungen sollen ihren Worten zufolge auch künftig Auftrag und Anspruch des Festivals bleiben.

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18.02.2010

Kinderzimmer und Küchen, Särge und Schwimmbäder / Das Künstlerehepaar Andrea und Volker Wunderlich aus Goldkronach bringt Kunst und Dienstleistung bestens unter einen Hut

Goldkronach. Wände anmalen kann (fast) jeder. Wände zu gestalten ist schon schwieriger. Komplette Raumkunstwerke zu schaffen ist dagegen eine absolute Sache von Experten. Zwei die sich darauf spezialisiert haben sind Andrea und Volker Wunderlich, die seit 2005 im Alten Feuerwehrhaus von Goldkronach (Landkreis Bayreuth) das Atelier Wunderlich betreiben und mit ihren Werken überall in Oberfranken und teilweise auch weit darüber hinaus viele Spuren hinterlassen haben. Selbst in Amerika und Russland hat das engagierte Künstlerehepaar schon gearbeitet und eigene Werke ausgestellt.

Das besondere an der gelernten Textil- und Mediendesignerin sowie dem Kirchenmalermeister ist es, dass sie sich eben nicht nur als Künstler, sondern auch als Dienstleister verstehen. Während Andrea Wunderlich im Auftrag eines Bestattungsunternehmens im großen Atelier gerade einen Sarg gestaltet, plant Ehemann Volker im ersten Stock am PC die großflächige Ausgestaltung einer Kantinenwand. Beide haben mit ihrer Arbeit eine Nische entdeckt und erfolgreich ausgefüllt, doch: „Wir haben die Nische nicht gesucht, sie ist zu uns gekommen“, sind sich Andrea und Volker Wunderlich einig.

Kunst und Kommerz müssen sich nicht immer ausschließen, das zeigt die Arbeit der Wunderlichs auf eindrucksvolle Art und Weise. Während Andrea das weite Feld der Kalligraphie bedient, konzentriert sich Volker auf Dekorationsmalerei im weitesten Sinn. Seine Kunden sind hauptsächlich Privatleute, die sich ein schönes Umfeld schaffen möchten. Ob Kinderzimmer oder Küche, Schwimmbad oder Garagentor, Volker Wunderlich gestaltet alles in den verschiedensten Techniken und Stilen, von der Renaissance bis zur Pop-Art, doch stets in größter Perfektion. „Wir bedienen damit auch ein Stück weit den Trend des Cocoonings, des Sich-Einigelns und Zurückziehens ins Privatleben“, sagt Wunderlich, der von der Wirtschaftskrise bislang noch nichts gemerkt hat.

Daneben möchten aber auch immer mehr Firmen ihre Philosophie in einem dekorativen Wandgemälde transportieren, dass dann, wie bei Cherry in Auerbach, bei Vitrulan in Marktschorgast oder bei Frenzelit in Bad Berneck, Außen- und Innenwände, Kantinen und Büroräume, Foyers oder Chefetagen schmückt. Besonders die Eigentümer privater Schwimmbäder fragen immer häufiger in Goldkronach an und lassen sich von Volker Wunderlich die tollsten Urlaubsgefühle an die Wand zaubern. Die Farbpsychologie spielt dabei eine große Rolle, erklärt Wunderlich, der zugibt, die Menschen mit seinen Bildern im positiven Sinne zu manipulieren.

Kaum mehr tätig ist der Kirchenmaler dagegen in Gotteshäusern. Dagegen war er in den zurückliegenden Jahren immer häufiger bei Restaurierungsarbeiten in den markgräflichen Schlössern von Bayreuth tätig. Die Vergoldungsarbeiten im Alten Schloss der Eremitage oder im wiedereröffneten Seitentrakt des Neuen Schlosses am Hofgarten stammen von Volker Wunderlich. Die Technik, mit der dort 200 Meter Wandbespannungsleiten in mehreren Schichten bearbeitet wurden beschreibt er als äußerst aufwändig. Ein weiterer Schwerpunkt sind Arbeiten für Gaststätten und Hotels. Die Kunstwerke von Volker Wunderlich sind beispielsweise am Gasthof Bräuwirt in Weiden, im Cafe Rossi in Bayreuth oder im Hotel Stein in Seulbitz zu finden, wo er ganze Hotelzimmer nach verschiedenen Themenkomplexen kreieren konnte.

Für „Kunst mit Schrift“ ist dagegen Gattin Andrea zuständig. Ob Haussegen über der Eingangstür, dekorative Urkunde, der Entwurf von Plakaten etwa für das Festival junger Künstler oder Pinselschrift auf der Wand, die freischaffende Künstlerin hat sich in eine Vielzahl historischer Alphabete eingearbeitet und möchte die Kalligraphie, die oft noch immer nicht als eigenständige Kunst anerkannt wird, auch anderen weitergeben. Die Durchführung von Kursen und Workshop ist dem Ehepaar nicht nur ein wichtiges Anliegen, sondern auch zu einem wichtigen Standbein geworden. Volker Wunderlich ist unter anderem bei der Handwerkskammer für Oberfranken als Dozent für feine Techniken, Vergolden, Marmorieren und Airbrush tätig, in Goldkronach bietet er Kurse unter anderem für die Bereiche Illusionsmalerei und Akt an.

Gattin Andrea unterrichtet an der Weidenberger Schule das Wahlfach Kalligraphie, hat für die Volkshochschule in Bayreuth den Kurs „Schreiben wie Wilhelmine“ ins Leben gerufen und dazu in zeitintensiver Arbeit die Handschriften der populären Bayreuther Markgräfin studiert. Daneben ist sie sich aber auch nicht zu schade, im 14-tägigen Rhythmus die Angebotstafeln eines Bayreuther Biosupermarktes zu gestalten, während Volker Wunderlich Kindern aus Goldkronach beim alljährlichen Ferienprogramm Kunst nahe bringt.

Ein Höhepunkt im Schaffen beider war im September 2008 die Teilnahme an der Internationalen Kalligrafie Ausstellung in St. Petersburg. Dort zeigte Andrea Wunderlich eine Auswahl ihrer freien Arbeiten, während sie zusammen mit ihrem Mann eine Wand auf dem Ausstellungsgelände gestalten durfte, die danach auch in Moskau ausgestellt wurde.

Bilder:
1. Andrea und Volker Wunderlich haben ihr Atelier im Alten Feuerwehrhaus von Goldkronach eingerichtet.
2. Vergängliche Kunst: Im Auftrag eines Bestattungsunternehmers gestaltet Andrea Wunderlich einen Sarg.
3. Perfekt in sämtlichen Techniken und Stilen: der gelernte Kirchenmalermeister Volker Wunderlich.

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12.01.2010

Postillon, Pariser Leben und O mein Papa / „Besandissimo“: Kulmbacher Stadtkapelle begrüßte mit umjubeltem Konzert  das neue Jahr

Wunsch nach Veränderung oder Sehnsucht nach Wiederkehr: Neujahrskonzerte sind der klingende Beweis dafür, dass alles so bleibt, wie es ist. Gute Vorsätze hin und her, die musikalische Begrüßung des neuen Jahres ist nicht nur ein schöner Brauch, sondern auch ein Ritual, das niemand mehr missen möchte. Gerade in Kulmbach, wie sonst wäre es zu erklären, dass das Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach bereits seit Wochen ausverkauft ist und gar keiner Werbung mehr bedarf.

Auch diesmal hatte es der Klangkörper unter seinem langjährigen Dirigenten Thomas Besand (44) wieder geschafft, rund 50 Musiker zwischen zwölf und 80 Jahren hervorragend zu motivieren und viele hundert Zuhörer schwungvoll und anspruchsvoll über drei Stunden lang zu unterhalten. Trotz intensiver Übungsphase in der Kulmbacher Musikschule hatte der Klangkörper diesmal deutlich früher als sonst mit den Proben begonnen und das eine oder andere Stück auch schon während des Jahres in die Auftritte einfließen lassen. Besand leitete das Neujahrskonzert, das einer alten Tradition entsprechend bereits am Freitag in Naila und am Sonntag in Saalfeld stattfand, schon zum 19. Mal. Mit seinen überaus gelungen vorgetragenen Heinz-Erhardt-Gedichten bewies er diesmal auch ausgesprochene Entertainer-Qualitäten.

Wilhelm Jureks bekanntem und bewährtem „Deutschmeister Regimentsmarsch“ zum Auftakt folgte gleich der erste großer „Brocken“ des Neujahrskonzertes, die Ouvertüre zur Oper „Wilhelm Tell“ von Gioaccino Rossini. Der beinahe romantische Auftakt mit seinem schönen Klarinetten- und Flötenpassagen gelingt ruhig und gefühlvoll, ehe der temperamentvolle, schmissige Teil fast schon an die akustischen Grenzen der Halle stößt.

Vom Tango über den forsch vorübergehenden Studenten im Intermezzo „Ein Student geht vorbei“ führt das Neujahrskonzert schnurstracks weiter zu Paul Burkhard Trompetensolo um die berühmte Melodie „O mein Papa“ aus der musikalischen Komödie „Das Feuerwerk“. Hier ist höchste Virtuosität gefordert und Solist Wolfgang Diehm bewältigt das Stück in gewohnt sicherer Art und Weise, während sich Besand und seine Stadtkapelle in dem extravaganten Arrangement von Walter Schacht zurücknehmen.

Ein weiterer Solist stellt sich mit Gotthard Müller aus Burgkunstadt am Tenorhorn in der Polka „Der alte Brummbär“ von Julius Fucik vor. Auch Müller bewältigt sein Solo mühelos und perfekt und wieder begleitet die Stadtkapelle behutsam aber doch zielstrebig. Spaßhaft kostet der Solist die Töne dermaßen aus, dass der Dirigent schon nervös auf die Uhr schaut. Derartige Gags sind es, die ein Neujahrskonzert ausmachen und für die Besand immer wieder zu haben ist.

Die zweite große Ouvertüre des Abends stammte aus der Feder von Jacques Offenbach. Der berühmte „Can-Can“ aus seiner Operette „Pariser Leben“ sollte nicht der einzige Ohrwurm bleiben, mit dem die Stadtkapelle an diesem Abend noch auftrumpfen kann. Kühne Temposteigerungen und ein absolut exaktes Spiel machen die Aufführung der Offenbach-Komposition aus. Auch der „Potsdamer Jubiläumsmarsch“, in dem Hans Ahrens so bekannte Themen wie „Üb´immer treu und Redlichkeit“ geschickt eingearbeitet hatte folgte nach der Pause mit dem „Hohenstaufen-Marsch“ ein typisches Werk von Carl Teike, das zwar nicht so berühmt ist wie die „Alten Kameraden“, die später auf vielfachen Publikumswunsch in den Zugaben erklingen, aber nicht minder interessant.

Mit Georg Stichs Konzertouvertüre „Sommergeschichten“, die zuletzt beim großen Jubiläumskonzert der Stadtkapelle im September 2001 in der Dr.-Stammberger-Halle erklang. setzt die Stadtkapelle wieder einmal eine klassische Ouvertüre aufs Programm, deren Schwierigkeitsgrad nicht nur ordentlich ist, sondern auch in den wundervollen Bläsersätzen und gelungenen Soli bestens bewältigt wird. In klingenden Tönen gewährt das Blasorchester darin eine beschwingte Rückschau auf den vergangenen Sommer, tiefromantisch geschrieben und dennoch spritzig aufgeführt.

Als Riesenerfolg kann die Stadtkapelle die überaus gelungene Aufführung der beiden Ungarische Tänze Nr. 5 und 6 von Johannes Brahms verbuchen. Echte Ohrwürmer sind diese beiden Werke auch in der Blasorchesterbearbeitung. Dirigent Besand kostet dabei sämtliche Verzögerungen und Beschleunigungen aufs Beste aus.

Als besondere Zugabe hatte Besand den schlichten Marsch „Schneidig voran“ von Willi Löffler ausgesucht. Informativ und unterhaltsam zugleich führte auch diesmal Karl Heinrich Backert durch das Programm. Er tauschte für seine Ansagen regelmäßig seinen Platz am Schlagwerk mit dem am Rednerpult. Am Ende eines langen Blasmusikabends gab es tosenden Applaus und Standing Ovations für die Stadtkapelle und ihren Dirigenten, die im kommenden Jahr ihren 160. Geburtstag und gleichzeitig das Jubiläum 20 Jahre Neujahrskonzerte feiern kann.

Bilder: Mit viel Schwung ins neue Jahr: Thomas Besand und die Stadtkapelle Kulmbach am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle.

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07.10.2010

Expressionistischer Ausdruck und melancholische Grundstimmung
Ausstellung widmet sich dem Andenken an den Maler Werner Froemel

Bayreuth - Werner Froemel, der im Juli 2009 verstorbene Kulturpreisträger der Stadt Bayreuth, war kein fröhlicher Maler. Vielmehr hat er wie so viele Menschen seiner Generation das Schicksal des zweiten Weltkriegs meistern müssen. Eine Gedächtnisausstellung im Alten Schloss widmet sich nun in den kommenden Wochen dem umfangreichen Werk Froemels und erinnert an den Künstler, dessen Bilder von einer eigenartigen Stille und Nachdenklichkeit umgeben sind. Die Schau zeigt Zeichnungen, Grafiken und Malerei in den verschiedensten Techniken.

Sie soll aber keine Retrospektive sein, so der namhafte Stuttgarter Galerist Rudolf Bayer. Eine Gesamtschau benötige Zeit, deshalb sei in der aktuellen Ausstellung eher der spontane Griff in das Atelier Froemels zu erleben. Zu verdanken ist die Werkschau Froemels Malerfreunden Barbara Gröne-Trux und Peter Coler. Sie hatten in mühevoller Kleinarbeit dafür gesorgt, dass im ansprechenden Ambiente im Ausstellungsfoyer des zur Regierung von Oberfranken gehörenden Alten Schlosses nun fast 70 Werke einen Überblick über das Schaffen Froemels geben.

Seine Kunst ist ehrlich und unverstellt, deshalb auch wenig heiter. Sie balanciert jedoch immer noch auf sicherem Gelände vor dem Abgrund der Depression oder Dunkelheit. Aus seinen stillen und in sich verkapselten Bildern leuchtet jedoch die positive Beharrung auf, das Wesentliche des Menschseins festzuhalten. Gemeinsam haben alle seine Werke die melancholische Grundstimmung und die beinahe expressionistische Ausdrucksform.

In ihrer Eröffnungsansprache bezeichnete die oberfränkische Regierungsvizepräsidentin Petra Platzgummer-Martin den Künstler als kreativen Kopf, der die verschiedensten Techniken perfekt beherrscht habe. Bayreuths zweiter Bürgermeister Thomas Ebersberger sprach von einer bedeutenden Persönlichkeit und erinnerte an die Kulturpreisverleihung vor ziemlich genau einem Jahr am 10. Oktober 2008. Galerist Bayer nannte Froemel schließlich einen vielfach begabten Künstler. Es sei rätselhaft, warum Froemel in der Kunstöffentlichkeit nicht entschiedener wahrgenommen werde.

Werner Froemel wurde 1927 in Schlesien geboren. Nach dem Krieg legte er in Kulmbach das Abitur ab und schrieb sich zunächst für die Nürnberger Kunstakademie ein. Letztlich entschied er sich allerdings für ein Botanikstudium. Als Verkehrs- und Landschaftsarchitekt war Froemel später unter anderem für die Verkehrs- und Außenanlagen des Bayreuther Klinikums zuständig. Erst 1978 präsentierte er seine erste Einzelausstellung, die damals in Nürnberg stattfand. Noch in den 70er Jahren war er regelmäßiger Teilnehmer der Salzburger Sommerakademie. Später betätigte sich Froemel nicht nur als Maler und Gartenarchitekt, sondern auch als Schriftsteller und Sammler.

Bild: „Dona nobis pacem“ („Gib uns Frieden“) lautet der Titel dieses Bildes von Werner Froemel, das als zentrales Werk gleich am Anfang der Werkschau des im Juli verstorbenen Malers zu sehen ist.

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06.10.2009

Kammermusikalische Perlen für Bläser und Klavier
Bläserensemble Chabot eröffnete Konzertsaison der Kulturfreunde in Bayreuth

Musik für Holzbläser hat eine lange Tradition und ist, oft zu Gunsten des Streichquartetts, ein wenig ins Hintertreffen geraten. Zu Unrecht, wie das 2005 gegründete Ensemble Chabot meint und mit interessanten Programmen widerlegt. So auch beim Auftakt der Konzertsaison der Kulturfreunde in Bayreuth am Dienstagabend in der Stadthalle.

Ziel der ungewöhnlichen Formation ist es, die eher unbekannte Literatur für Bläser, sei es als Bläserquintett oder in Kombination mit dem Klavier, dem Publikum wieder nahe zu bringen. Die Mitglieder des Ensemble Chabot sind alle seit vielen Jahren in führenden deutschen Orchestern tätig, können auf umfangreiche kammermusikalische Tätigkeiten und die Zusammenarbeit mit namhaften Dirigenten verweisen. Eine besondere Beziehung zu Bayreuth hat übrigens die Flötistin Andrea Liebknecht. Sie war zwischen 1993 und 1995 als Soloflötistin im Bayreuther Festspielorchester tätig.

Als inoffizielle Reminiszenz an den von Ludwig van Beethoven hoch verehrten Wolfgang Amadeus Mozart gilt Beethovens Quintett Es-Dur, op. 16 für Oboe (Marie Luise Moderson), Klarinette (Wolfgang Meyer), Horn (Bruno Schneider), Fagott (Dag Jensen) und Klavier (Kalle Randalu). In der überaus gelungenen Interpretation des Ensembles Chabot wird schnell deutlich, dass es sich bei der Komposition um eine kammermusikalische Perle mit höchster Eleganz und souveränem Witz handelt. Dominiert wird das Stück vom Pianopart, dem das bestens aufgelegte Bläserensemble partnerschaftlich gegenüber steht und in solistischen Stellen gut absetzt.

Absolut ausgewogen und technisch perfekt führen die Musiker Nikolai Rimsky-Korsakows Quintett B-Dur für Flöte (Andrea Liebknecht), Klarinette, Horn, Fagott und Klavier auf. Die vier Bläser beherrschen die Klang- und Ausdrucksmöglichkeiten ihrer Instrumente perfekt und entlocken dem dreisätzigen Werk alle nur erdenklichen Nuancen. Ebenso in Wolfgang Amadeus Mozarts Adagio und Allegro für eine Orgelwalze f-Moll. Das Stück hatte Mozart für eine automatisch spielende Orgel beziehungsweise eine Flötenuhr komponiert, für Bläserquintett bearbeitet hat es der Fagottist Rainer Schottstädt.

Hauptwerk des Abends ist Josef Rheinberger Sextett F-Dur op. 191b, das vom Ensemble Chabot in hervorragend geschlossener Einheit, schlüssig und stets transparent präsentiert wird. Auch diese Komposition lebt vom Wechselspiel zwischen den Bläsern und dem Klavier, das die Musiker ausdrucksstark unterstreichen. Der Klangkörper musiziert an allen Stellen absolut homogen und bestens aufeinander abgestimmt, was allerdings nicht über gewisse Längen vor allem im langsamen Satz hinwegtäuschen kann. Als Zugabe hatte das Ensemble einen kurzen und abwechslungsreichen Satz aus einen Sextett von Francis Poulenc ausgesucht, ein weiterer Beweis dafür, wie umfangreich die Literatur für kammermusikalische Bläserensembles tatsächlich ist. Auch wenn sich der Publikumszustrom diesmal in Grenzen hielt, zeigten sich die Bayreuther Kammermusikfreunde begeistert von den ungewöhnlichen Klängen.

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19.09.2010

Jet-Set zwischen Scherz und Schmerz / Festival „Bayreuther Barock“ mit eindrucksvoller Aufführung der Händel-Oper „Serse“ eröffnet

Bayreuth – Am Ende siegt die Liebe. Zumindest in diesem Punkt sind sich die Komödien der vergangenen 300 Jahre alle gleich. In der Barockoper „Serse“ („Xerxes“) von Georg Friedrich Händel ist der Weg dorthin allerdings ein weiter. Wie im Barock üblich braucht es ein verworrenes und nicht immer ganz einfach nachvollziehbares Netz aus Ereignissen Personen und Charakteren, um das Happy End herbeizuführen. Dennoch gilt Händels Serse als eines der populärsten barocken Meisterwerke, was wohl in erster Linie an dem Ohrwurm „Ombra mai fu“, auch bekannt als „Händels Largo“, liegt. Am Freitag und am Samstag eröffneten zwei restlos ausverkaufte Aufführungen des „Serse“ das kleine, aber feine Festival „Bayreuther Barock“, das mittlerweile in seiner zehnten Auflage stattfand, dessen Zukunft aber ungewiss ist. Das Markgräfliche Opernhaus als Hauptspielort wird in wenigen Wochen wegen einer Generalsanierung auf Jahre hinaus geschlossen.

Die 1738 uraufgeführte Geschichte um den Perserkönig Xerxes ist eine Art Familiendrama auf höchster Ebene, das durch die Einsicht des Titelhelden doch irgendwie zu einem guten Ende kommt. Xerxes liebt Romilda, sie ist die heimliche Geliebte seines Bruders Arsamene, der aber liebt ihre Schwester Atalante, und so weiter. Drei Stunden Konflikte und Liebeswirrungen, die, typisch für das Opernsujet jener Zeit, auch immer wieder irgendwie aufgelöst werden. Nicht immer ganz nachvollziehbar, aber dennoch theatralisch sehr wirkungsvoll.

In der gezeigten Koproduktion der Händel-Festspiele Halle, des Goethe-Theaters Bad Lauchstädt, der Festwochen Hannover-Herrenhausen und des Bayreuther Barock setzen Regisseur Andre Buecker und Ausstatter Imme Kachel auf eine überaus moderne Wiedergabe des altertümlichen Stoffes. Man glaubt eher im Hollywood der Gegenwart gelandet zu sein als im Persien des fünften Jahrhunderts vor Christus. Die Personenführung gerät in sich dennoch schlüssig und bringt die Psychologie der Protagonisten gut zur Geltung, was in der Barockoper, und besonders bei Händels feiner Rollenpsychologie gar nicht so einfach ist. Serse als Macho mit Pomade im Haar, die Damen leicht gekleidet und das übrige Personal als Jet-Set-Clique zurecht gemacht, das alles ergibt durchaus Sinn und peppt das Geschehen auf. Weil zurzeit auch das Musiktheater des 18. Jahrhunderts nicht mehr ohne Videoprojektionen auszukommen scheint, zeigt Frank Vetter mehr oder wenig überflüssige Erläuterungen und Kommentierungen des äußeren Geschehens als Projektion auf einer an der Bühnenrückwand hängenden Scheibe. Nicht alles was zu sehen ist, macht Sinn, der Videokünstler spannt eher ein weites Kaleidoskop, in dem vom umstrittenen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad bis zu Zeichentrickausschnittten aus „Wicki und die starken Männer“ so ziemlich alles irgendwann mal vorkommt.

Eine überaus reine Intonation, einen stets geschmeidigen Klang und rhythmische Präzision zeichnet das internationale renommierte Barockorchester „Lautten Compagney Berlin“ unter der Leitung des Dirigenten Wolfgang Katschner aus. Auf Originalinstrumenten musiziert der Klangkörper temporeich und transparent. Die kleingliedrige und für die damalige Zeit moderne Partitur wird überaus frisch und ansprechend realisiert.

Die starken Charaktere und beachtenswerte Stimmen des hervorragenden Sängerensembles kosten die italienischen Kantilenen mit Verve aus und skandieren gekonnt die Rezitative. Treibende Kraft des Bühnengeschehens ist dabei die Dresdner Sopranistin Heidi Maria Taubert als Romildas Tochter Atalanta. Sie besticht durch ihre bewegliche Stimme, einem bemerkenswert timbrierten Sopran und den vielen glänzenden Koloraturen. Daneben gibt die Mezzosopranistin Susanne Kreusch mit ihrem gut geführten Mezzosopran einen überaus präsenten, liebeshungrigen und dabei erfolglosen Perserkönigs Serse. Der französische Countertenor Jean Michel Fumas singt und spielt den zwischen Scherz und Schmerz pendelnden und durchaus berührendem Arsamene, Luciana Mancini mit markantem Mezzo Serses Braut Amastris. Klangschön und mit sonorem Bariton ist Matthias Vieweg als Fürst Ariodate zu erleben. In weiteren Rollen sind die Sopranistin Paula Turcas als umworbene Romilda und der wandlungsfähige Bariton Florian Götz mit überschäumender Spiellaune in der komischen Rolle des Dieners Elviro zu erleben.

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18.04.2009

Der markgräfliche Hof als fiktive Zauberinsel
Händels „Alcina“ beim Osterfestival: Drei Stunden barocker Glanz im Opernhaus

Mit „Alcina“, uraufgeführt am 16. April 1735 in London, feierte Georg Friedrich Händel einen seiner größten Erfolge als Opernkomponist. Auch heute, im Rahmen der weltweiten Renaissance der Händel-Oper ist dieses Meisterwerk noch immer ein Publikumsfavorit. Anlässlich des Jubiläumsjahres 2009, in dem die Musikwelt des 250. Todestage Händels gedenkt, warten viele Opernhäuser mit Aufführungen aus dem reichhaltigen Schatz auf, den der Meister der Nachwelt hinterlassen hat. Auch in Bayreuth: hier wurde „Alcina“ am Wochenende im Rahmen des 15. Osterfestivals gleich drei Mal aufgeführt.

Händels Oper „Alcina“ erzählt die Geschichte der tapferen Verlobten Bradamante, die ihren Mann Ruggiero aus den Armen der schönen Zauberin Alcina zurückerobern will. Mit Erfolg, allerdings stellt sie dabei ein ziemlich undurchschaubares Durcheinander an erotischen Verwicklungen auf Alcinas Zauberinsel an. Der Liebste verlässt mit ihr das Reich, Zauberin Alcina verliert durch den Schmerz des Verlusts und des Verrats all ihre Zauberkraft. Nicht nur die Uraufführung, auch die Komposition der Oper datiert auf das Jahr 1735. In der Folgezeit verschwand das Werk wie alle Händel-Opern für fast zwei Jahrhunderte von der Bildfläche. Nur wenige Bühnenwerke Händels wurden allerdings zu seinen Lebzeiten häufiger aufgeführt und bewundert als die Oper „Alcina“.

Allzu spektakuläre Neudeutungen des Barockkomponisten, wie etwa in Berlin, wo die „Alcina“ aufgrund einer freizügigen Regie erst vor wenigen Tagen für einen kleinen Skandal sorgte, waren in Bayreuth freilich nicht zu erwarten. Der erst 26-jährige Regisseur Dirk Schmeding, der hauptberuflich als Regieassistent am Nationaltheater in Weimar tätig ist, hatte für das Osterfestival dennoch etwas Neues zu bieten: er spürte Parallelen auf zum Leben und Wirken der Bayreuther Markgräfin Wilhelmine, in deren Opernhaus die Aufführungen stattfanden. Sowohl Alcina, als auch Wilhelmine waren Frauen, die sich ihr eigenes Reich schufen, die eine auf der fiktiven Zauberinsel, die andere am Hof von Bayreuth, so lautet das schlüssige und auch aufgehende Konzept des jungen Regisseurs. Verdeutlicht wird es in der Bezugnahme auf die Biographie und das Umfeld Wilhelmines.

Die diesjährige Opernaufführung beim Bayreuther Osterfestival war im Vorfeld von zahlreichen Problemen und Schwierigkeiten gekennzeichnet. Der ursprünglich vorgesehene Regisseur hatte abgesagt, die ursprüngliche Hauptdarstellerin fiel wegen einer akuten Blinddarmentzündung aus. In Rekordzeit musste Ersatz gefunden und ein völlig neues Konzept realisiert werden, was hervorragend gelang, dem barocken Zauber des exotischen Werkes war nichts von den vorhergehenden Schwierigkeiten anzumerken.

Geleitet wurde das dreiaktige musikalische Drama vom ehemaligen Bayreuther „Tannhäuser“-Dirigenten Christoph Ulrich Meier, der bereits in den zurückliegenden beiden Jahren die Verantwortung des Opernprojektes beim Osterfestival innehatte. Die Musiker setzten sich aus der Kammerphilharmonie Leipzig, einem Ensemble mit Mitgliedern der großen Leipziger Orchester zusammen. Sie sorgten für einen runden und warmen Klang und setzten die farbenreiche Partitur präzise und überaus durchsichtig hervorragend um. Besondere Herausforderung war es dabei sicherlich, den Spannungsbogen über drei Stunden zu halten, was Christoph Ulrich Meier mit seinem sorgsam ausdifferenzierten, dynamisch abwechslungsreichen Dirigat bestens gelang. Die Musiker der Kammerphilharmonie spielten dabei nicht etwa auf historischen Instrumenten, selbst auch die typische, etwas tiefere Barockstimmung verzichtete die Kammerphilharmonie, was der Aufführung deutlich mehr an Aktualität verlieh, als so manches Originalklangexperiment.

Das Opernensemble der Internationalen Jungen Orchesterakademie 2009 vereinte diesmal zwölf internationale junge Sänger und angehende Solisten verschiedener Hochschulen und Opernensemble, die sowohl Arien als auch Rezitative in italienischer Originalsprache aufführten. Die perfekte Verkörperung der Alcina war die ehemalige Richard-Wagner-Stipendiatin Johanna Winkel, die bereits in den beiden Vorjahren beim Osterfestival immer wieder Hauptrollen übernommen hatte. Sie meisterte ihre wunderschönen Kantilenen mit absoluter Bravour. Als Ruggiero überzeugte Yvonne Berg stimmlich wie darstellerisch, auch wenn es aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehbar erscheint, wenn eine männliche Partie von einer Sopranistin verkörpert wird. Zu Händels Zeit wurden die männlichen Partien von Kastraten wie dem berühmten Farinelli gesungen. In weitere Rollen waren als Bradamante Anna Bineta Diouf, als Morgana Maike Leluschko, als Oronte Markus Gruber, als Melisso Jea Seoung Yu sowie als Oberto Esther Mertel zu erleben.

Bild: Regisseur Dirk Schmeding (links) und Dirigent Christoph Ulrich Meier

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01.04.2009

Klavierduo bei den Kulturfreunden: Brüderliche Harmonie an den Flügeln
Hans-Peter und Volker Stenzl gastierten in der Stadthalle

International berühmte Klavierduos bleiben gerne in der Familie. Man denke nur an die Kontarsky-Brüder, die Labeque- oder die Pekinel-Schwestern. Seit Jahren zur internationalen Spitze der Klavierduos gehören auch die Brüder Hans-Peter und Volker Stenzl, die zuletzt im Jahr 2001 bei den Kulturfreunden in Bayreuth gastierten. Am Mittwochabend waren sie wieder in der Stadthalle und überzeugten ihr Publikum einmal mehr mit großartigen Interpretationen im Doppelpack.

Es ist der brüderliche Atem, der das stets auswendig musizierende Duo Stenzl auszeichnet. Die einzigen Klavierduo-Professoren in Deutschland ergänzen sich ideal, harmonieren perfekt und stellten zudem ihren Ruf als formidable Techniker mit variabler Anschlagskultur eindrucksvoll unter Beweis. Ein Spiel wie aus einem Guss eben.

Die Stenzl-Brüder beginnen und beenden ihr Programm mit Maurice Ravel. Am Beginn steht die Märchenerzählung der Mutter Gans „Ma mere l´Oye” für Klavier zu vier Händen, am Ende die überwältigende Walzerapotheose „La Valse“. Nicht knauserig gehen die beiden Pianisten mit der Vielfalt der Farbwerte dieser Musik um. Im „Mutter-Gans-Ballett“, das Ravel später selbst für Orchester umgeschrieben hat, setzen die Stenzls auf breite Tempi und können mit technischen Nuancen und weiten Ausdrucksfacetten überzeugen. Ihr Spiel ist sehr subtil, dennoch leuchtend und aussagekräftig und auch die kleinen Zwischenmoderationen waren durchaus hilfreich.

Eine perfekte Bravourleistung stellen die Haydn-Variationen von Johannes Brahms op. 56b dar. Das Klavierduo Stenzl betont dabei scharfe Charakterisierungen und eine virtuose Kontrastsetzung. Überaus zügig gehen die beiden die Variationen 3 und 5 an, während der Rest warm und expressiv ausgespielt wird. Nach der Pause dann Mozart, und zwar die von sämtlichen Klavierduos gern gespielte Sonate für zwei Klaviere D-Dur KV 448 aus dem Jahr 1782. Dieses bewegte und bewegende Werk, die einzige Sonate Mozarts für zwei Klaviere, atmet bereits das feurige Temperament eines „Figaro“, wobei die Stenzls ein anregendes Zwiegespräch führen, dem man gerne lauscht. Die beiden Weltklasse-Pianisten musizieren absolut geschlossen, nie geht die Artikulation auf Kosten des melodischen Flusses oder lässt den Klang spitz werden.

Den volltönenden Gipfel erklimmt das Duo schließlich mit Ravel „La Valse“. Hans-Peter und Volker Stenzl legen bei größter Deutlichkeit des Strukturellen ganz klar den zwiespältigen, katastrophischen Charakter dieser Musik offen und machen trotz des Fehlens der substanziell wichtigen Orchesterfarben die bestürzende Unmittelbarkeit des Überkippens vom zerfetzten Tanz ins grelle Inferno mehr als deutlich. Belohnt werden die beiden Künstler mit donnerndem Applaus, das Publikum mit zwei Zugaben aus dem Raritätenkabinett.

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20.03.2009

Mediterran, melancholisch und meditativ: Hochkarätiger Auftritt der Bamberger Symphoniker unter Andris Nelsons in der Stadthalle

Bayreuth – Mit einem rein nordischen Programm machten die Bamberger Symphoniker am Donnerstagabend zum ersten Mal in diesem Jahr Station in der Bayreuther Stadthalle. Geographisch umfasst Skandinavien die nordeuropäische Halbinsel, auf der Norwegen und Schweden liegen, kulturell gehören auch Dänemark und Finnland dazu. Neben Werken des zeitgenössischen Komponisten Rolf Martinsson aus Schweden hatten die Symphoniker deshalb auch die „Helios“-Ouvertüre von Carl Nielsen aus Dänemark und die erste Sinfonie von Jean Sibelius aus Finnland im Gepäck. Dazu mit Hakan Hardenberger den schwedischen Startrompeter überhaupt und mit dem viel versprechenden jungen lettischen Dirigenten Andris Nelsons (Jahrgang 1978) eine der profiliertesten Musikerpersönlichkeiten der Gegenwart.

Carl Nielsens „Helios“-Ouvertüre op. 17 beschreibt allerdings nicht die finnischen, sondern die griechischen Naturschönheiten, so wie sie Nielsen Anfang des 20. Jahrhunderts kennen gelernt hatte. Atmosphärisch dicht gibt das Orchester unter Andris Nelsons, früherer Chefdirigent der lettischen Nationaloper Riga und seit 2008 Direktor des berühmten City of Birmingham Symphonie Orchestras, diese kompositorische Perle des völlig zu Unrecht etwas in der zweite Reihe stehenden Sinfonikers Nielsen wider. Schön ausgewogen, ruhig fließend lassen die Bamberger immer wieder das mediterrane griechische Licht aufflackern, wobei Nielsens nordisches melancholisches Naturell nicht zu kurz kommt.

Mit Hakan Hardenberger stellte sich einer der größten Trompeter seiner Generation mit dem für ihn komponiertem und ihm gewidmeten Trompetenkonzert Nr. 1 Op. 47 mit dem Beinamen „Bridge“ von Rolf Martinsson vor. Der wiederum gilt als einer der meist gespielten schwedischen Komponisten der Gegenwart, auch wenn er hierzulande gänzlich unbekannt ist. Martinssons Komposition ist zeitgenössische Musik im besten Sinne und durch die Kombination mit der Trompete als Soloinstrument reichlich ungewohnt. Wie zwei Brücken („Bridges“) verbinden zwei Solokadenzen die drei Sätze des impulsiven, zerklüfteten Werkes, das eher an breitwandige Filmmusik, als an ein klassisches Konzert erinnert. Der Trompeter Hakan Hardenberger allerdings wird seinem Ruf mehr als gerecht: höchst virtuos, mit exzellenter Technik ausgestattet musiziert er das vor genau zehn Jahren uraufgeführte Konzert. Für den dennoch relativ schwachen Applaus bedankt er sich mit einer eigenen Variationen über ein Volkslied aus seiner Heimat als Zugabe.

Ganz tief in die nordische Gedanken- und Gefühlswelt taucht der Klangkörper mit der 1. Sinfonie in e-Moll op. 39 von Jean Sibelius. Fast schon meditativ und transzendent wirkt die Aufführung, in der Dirigent Nelsons nie nur auf die musikalischen Höhepunkte hin musiziert, sondern, beinahe wie bei einer Bruckner-Symphonie, die großen formalen Bögen hörbar macht und dem durch und durch organisch gearbeiteten Werk trotz vieler vollends ausgekosteter Generalpausen die nötige Spannung verleiht. Überhaupt gelingt dem jungen Dirigenten die Sinfonie sehr überzeugend. Wunderbar innig, lyrisch und auch etwas Detail verliebt machen sich die Musiker ans Werk, nicht ohne die großen dynamischen Differenzierung außen vor zu lassen.

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04.03.2009

Melancholisch und mitreißend musiziert / Gesellschaft der Kulturfreunde startete mit Konzert der Ungarischen Symphoniker in die Frühjahrssaison

Bayreuth – Mit einem Konzert der Ungarischen Symphoniker ist die Gesellschaft der Kulturfreunde in Bayreuth am Dienstagabend in der Stadthalle in die Frühjahrssaison gestartet. Mit dem Orchester stellte sich dabei einer der führenden Klangkörper Ungarns unter seinem neuen Generalmusikdirektor Andras Keller vor, mit dem erst 21-jährigen Joseph Moog ein Pianist der ganz zurecht als kommender Star gefeiert wird. Das Programm mit Werken von Franz Liszt, Claude Debussy und einer Brahmsbearbeitung von Arnold Schönberg reichte von der Hoch- über die Spätromantik bis hinein in den Impressionismus.

Man mag es kaum glauben, die Ungarischen Symphoniker sind tatsächlich als Postorchester gegründet worden. Das ist zwar schon lange her, doch war es eine Telekommunikationsstiftung, die zur Wendezeit 1990 glücklicherweise den Fortbestand des Klangkörpers gesichert hat. Mittlerweile ist das Orchester weltweit aufgetreten und hat mit dem Ungarn Andras Keller auch einen namhaften Dirigenten, der die Musiker sicher zu weiteren Höhenflügen anspornen wird. Keller war selbst lange Jahre Konzertmeister des Staatlichen Ungarischen Symphonieorchesters und trat auch als Gründer des nach ihm benannten Keller-Quartetts hervor.

Ganz der Jahreszeit entsprechend startete das Orchester, das derzeit auf Deutschland-Tournee ist, den Abend mit Claude Debussy wenig gespielter zweisätziger sinfonischer Suite „Printemps“. Die Musiker zaubern dabei eine ganz starke poetische Atmosphäre auf das Parkett. Die zelebrierte Hymne auf die Schönheit des Frühlings erklingt mit einer Fülle orchestraler Details und in einer elektrisierenden Darstellung. Besonders bemerkenswert in dem kurzen Stück ist, dass die Streicher bei den weiten Bögen nie durchhängen, sondern sich vielmehr eindrucksvoll steigern, was dem Klangbild Debussys sehr zu Gute kommt.

Joseph Moog ist der Solist in Franz Liszts Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 A-Dur. Der junge Mann, der bereits vielfach ausgezeichnet und auf sämtlichen Festivals gefeiert wurde, bewies, dass er nicht nur die virtuosen Oktav- und Akkordkaskaden donnernd und mitreißend interpretieren kann. Vielmehr musiziert er wohlüberlegt manchmal empfindsam, melancholisch und poetisch, um dann wieder verwegen und dämonisch zu klingen. Vor allem die Entschlossenheit und die Flexibilität sind es, die Moog auszeichnen, die Ungarischen Symphoniker unter Andras Keller, die in diesem Liszt-Konzert weit mehr als eine Begleitfunktion einnehmen, erweisen sich als adäquater Partner, der den Dialog mit dem Klavier glänzend bestreitet. Als Zugabe überraschte Moog das Publikum mit einem Stück von Domenico Scarlatti und den reizenden „Papillons“ von Moritz Rosenthal.

Als Hauptwerk nach der Pause hatten die Ungarischen Symphoniker das Klavierquartett g-Moll op. 25 von Johannes Brahms in der Orchesterbearbeitung von Arnold Schönberg auf die Pulte gelegt. Mit Orchesterbearbeitungen von Klavierquartetten ist es ja immer so eine Sache. Anders als im intimen Musikzieren kommt bei den Orchesterbearbeitungen weniger das drängende impulsive Moment sondern eher die klassische Ausgewogenheit der Satzstruktur zum Tragen. Beherzte virtuose spontane Zugriffe sind im Orchester nicht so möglich, wie beim Musizieren von vier Individuen, Spannungsbögen fallen da gerne ab.

Wenn die Interpretation des Brahmsschen Klavierquintetts dennoch von Erfolg gekrönt war, so liegt dies daran, dass es sich bei dem Werk ohnehin um eine „verkappte“ Sinfonie handelt. Klangliche Ausgewogenheit ist diesmal allerdings nicht so die Sache des Dirigenten. Die Mittelsätze hätte man sich ein wenig mehr sanft fließend und gesanglich elegant vorstellen können, während die Ecksätze durch ihre artikulatorische Prägnanz wieder sehr positiv ins Gewicht fielen. Das Orchester bedankte sich bei seinem Publikum gleich mit zwei Zugaben, darunter ein Satz aus dem Sommernachtstraum von Felix Mendelssohn Bartholdy.

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14.01.2009

Von Marschmusik bis Maffay: Blitzendes Blech und klares Holz
Umjubeltes Neujahrskonzert der Kulmbacher Stadtkapelle

Kulmbach – Altes bewahren, Neues erfahren: Das ist der Leitsatz, mit denen die Verantwortlichen der Stadtkapelle Kulmbach alljährlich das Programm für das traditionelle Neujahrskonzert zusammenstellen. Nach Naila am Freitag und Saalfeld am Sonntag war es am Dienstagabend in der seit Wochen ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle wieder einmal so weit und auch diesmal ist es gelungen, eine bunte Mischung aus traditionellen Märschen, klassischen Evergreens und neuen, modernen Stücken zusammenzustellen.

Der Mann, der seit 18 Jahren für die hohe Qualität des Blasorchesters steht, ist der Dirigent Thomas Besand. Einmal mehr schaffte er es, die rund 50 Musiker zwischen 11 und 78 Jahren so zu motivieren, dass der Kulmbacher Jahresauftakt gleich zu einem der Höhepunkte im musikalischen Jahreslauf wurde. Zweiter im Bunde ist Werner Schneider, seines Zeichens Vizedirigent. Auch er hatte wieder zwei Stücke mit der Stadtkapelle vorbereitet, die er ebenfalls bereits einer kleinen Tradition folgend im ersten Teil des Abends dirigierte. Als dritter im Bunde trug einmal mehr Moderator Karl-Heinrich Backert mit seinen kurzweiligen und informativen Ansagen zum Gelingen des Neujahrskonzertes bei und sorgte damit nicht zuletzt auch für die notwendigen Pausen, die für die Bläser der Stadtkapelle zum durchschnaufen von großer Bedeutung sind.

Bewährtes für alle Freunde der klassischen Blasmusik stand gleich am Anfang des Abends mit dem „König-Karl-Marsch“ von Carl Ludwig Unrath, den die Musiker der Stadtkapelle klangvoll und schmissig musizierten. Auch der zweite Teil des Abends wurde mit einem Marsch, dem „Borussia-Marsch“ von Carl Teike tänzerisch eröffnet. Dazwischen erklang der bei vielen Musikkorps beliebte „Exerzier-Marsch“ von Johann Valentin Hamm, der offizielle Teil wurde mit Julius Fuciks Konzertmarsch „Unter der Admiralsflagge“ beendet. Völlig zu Unrecht wird diese Form der konventionellen Marschmusik oft verpönt. In den glänzenden Interpretationen der Stadtkapelle schimmern dabei wahre Kleinode der Musikliteratur durch. Die Marschmusik lebt vor allem von der Homogenität ihrer Aufführung. Wenn dazu noch die Balance und Freiheit kommt, die man sonst nur von Streichorchestern gewohnt ist, lässt sich erahnen, welchen Schatz die Marschmusikkompositionen in sich bergen.

Evergreens aus dem klassischen Bereich hatten die Musiker etwa mit Franz von Suppes Ouvertüre zur komischen Oper „Pique Dame“ im Gepäck. Bei der Stadtkapelle werden symphonisches Gewicht und kammermusikalische Tugenden miteinander verbunden, so dass die Ouvertüre im vollendeten Mischklang von blitzendem Blech und klarem Holz sowie mit einem wunderschön gespielten Flötensatz ertönt. Auch Albert Wiliam Ketelbeys mitreißend wiedergegebenes Intermezzo „Auf einem persischen Markt“ gehört in die Kategorie der bei vielen Blasorchestern beliebten Evergreens und zum ersten Mal stellte die Stadtkapelle auch Emil Waldteufels Konzertwalzer von den „Schlittschuhläufern“ vor, ein Ohrwurm, bei dem die Stadtkapelle durch Klangkultur und sensibles Musizieren besticht, so dass sich der komplett auswendig dirigierende Besand auch einmal entspannt zurücklehnen kann.

Flott und mitreißend musizierte das Blasorchester im zweiten Teil Albert Keler-Belas „Lustspielouvertüre“ sowie das große Popourrie aus der Operette „Im weißen Rössl“ von Ralf Benatzky. Auch hier sind Fingerspitzengefühl auf der einen Seite und sorgsames ausbalancieren auf der anderen gefragt. Immer wieder gerne werden schließlich auch die mediterran angehauchten Kompositionen von Heinz Winkler aufgeführt. Mit seinem „Neapolitanisches Ständchen“ hatte sich die Stadtkapelle diesmal eines seiner bekanntesten Intermezzi ausgesucht, das sie spritzig und elegant musizierte.

Was wäre ein Neujahrskonzert ohne Solisten. Mit Mutter Ilka und Tochter Janina Bleyl stellten sich in Zdenek Gursky böhmischer Polka „Zauberhafte Klarinetten“ zwei hervorragende Klarinettistinnen mit ausgeprägt akzentuiertem Spiel vor, während Dirigent Besand das Kabinettstück „Buglers Holiday“ von Leroy Anderson gleich mit vier statt der komponierten drei Trompeten besetzte. Benjamin Schuberth, Hans-Christian Leuschner, Michael Schubert und Benjamin Kremer, letzterer ein Schüler des Dirigenten, machten ihre Sache ausgezeichnet und mussten prompt das ganze Stück als Zugabe noch einmal zum Besten geben.

Vizedirigent Schneider hatte diesmal nicht nur die von vielen schwierigen Taktwechseln durchzogene „Serenade“ von Derek Bourgeois „Serenade“ einstudiert, sondern auch den Popsong „Nessaja“ aus dem Kindermusical „Tabaluga“ von Peter Maffay und Rolf Zuckowski. Für das Moderne stand schließlich auch die Benny-Goodman-Selection, bei der die Stadtkapelle beste Big-Band-Qualitäten in den einzelnen Instrumentengruppen bewies. Hier glänzte nicht nur das Schlagwerk, sondern auch Jürgen Schaller an der Klarinette und eine ganze Reihe weiterer Solisten.

Nach den Dankesworten von Vorstand Ralf Müller standen als Zugabe Jaroslav Labsys „Olympia-Marsch“, der „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauss Vater und die Alten Kameraden von Carl Teike auf dem Programm. Alles Stücke, die bestens zum Mitklatschen geeignet sind, wovon das überaus begeisterte Publikum in der Stadthalle auch rege Gebrauch machte.

Bilder: Symphonisches Blasorchester mit Big-Band-Qualitäten: Die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand beim Neujahrskonzert am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle.

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21.12.2008

Impulsivität verbindet sich mit Leichtigkeit / Georgisches Kammerorchester Ingolstadt gastierte bei den Kulturfreunden in Bayreuth

Bayreuth – Zugegeben, ein weihnachtliches Konzert war es tatsächlich nicht, mit dem die Gesellschaft der Kulturfreunde am Samstagabend in der Bayreuther Stadthalle ihr Publikum in die Winterpause entließ. Mit dem 1964 in Tiflis gegründeten, seit 1990 in Ingolstadt ansässigen und als kultureller Botschafter der Audi-Stadt wirkenden Georgischen Kammerorchester Ingolstadt hatten die Kulturfreunde jedoch einen renommierten Klangkörper eingeladen, der vornehmlich auf Spielfreude und Entdeckerlust setzt. Das Ensemble, das schon 1993 und 2001 in Bayreuth zu Gast war, überzeugte diesmal unter der Leitung seines neuen Chefdirigenten Ariel Zuckermann nicht nur mit hoher Qualität, sondern auch mit einem außergewöhnlichen Programm.

Das Georgische Kammerorchester setzte sein Programm unter das Motto Jugend- und Frühwerke großer Komponisten. Mit dem Divertimento in F-Dur erklang ein Werk des 16-jährigen Mozart, mit der dritten Streichersonate in C-Dur eine Komposition des erst zwölfjährigen Gioacchino Rossini und mit Arnold Schönbergs „Verklärter Nacht“ ein frühes spätromantisches Werk des 25-Jährigen. Auch einige der Miniaturen des georgischen Komponisten Sulchan Zindadse könnten noch als Frühwerke gelten, da der Cellist und spätere Professor am Moskauer Konservatorium bereits als 20-jähriger mit der Komposition dieser Kabinettstücke begonnen hatte.

Dirigent Zuckermann startete mit gehobener Unterhaltungsmusik des jungen Mozart. Das auch als dritte Salzburger Sinfonie bekannte Divertimento KV 138 musizierte das Kammerorchester stilistisch perfekt, energiegeladen, keck und frisch. Insbesondere in den Ecksätzen klingt dieser intime Mozart bestechend klar, Impulsivität verbindet sich in dem eleganten Dirigat Zuckermann mit Leichtigkeit. Die Bögen spannen sich dabei meist wie aus einem Atem, der Klang ist solistisch und durchhörbar bis zum zartesten Pianissimo.

Ein weiteres, wenn auch viel seltener aufgeführtes Jugendwerk hatten sich die Gäste aus Ingolstadt mit Gioacchino Rossinis Streichersonate Nr. 3 in C-Dur ausgesucht. In vibratoarmen, aber doch farbenreichem Klang lässt die kleine Besetzung die Obertöne dabei nur so knistern. Die Streichinstrumente werden dadurch in die Lage versetzt, eine ganze Palette an Orchesterinstrumenten nachzuahmen. Virtuose Brillanz und ohrenfällige Eingängigkeit sind die Merkmale dieses Werkes, das Rossini zwar fantasievoll komponiert, formal aber doch eher schlicht gehalten hatte. Gleichwohl macht das Georgische Kammerorchester  auch deutlich, dass Rossini mit dieser Komposition manchen seiner späteren Opernohrwürmer vorweg nimmt.

Eine absolute Neuentdeckung sind die Miniaturen des erst 1991 verstorbenen Georgiers Sulchan Zinzadse, die das Kammerorchester aus seiner ursprünglichen Heimat mitgebracht hat. Dezent, ernsthaft, aber auch ein wenig ironisch und doch einfühlsam musiziert das Orchester unter der Leitung seines Chefs diese rechte Mischung, die auf georgische Volkslieder und Folklore zurückgeht. Zinzadse ist in seiner Heimat längst nicht so unbekannt wie hierzulande, er gilt als Schöpfer vier großer Sinfonien, mehrerer Klavier und Violinkonzerten, sowie einiger Opern und Ballette. Seine Melodien sind eingängig, der kammerorchestrale Apparat wird fantasievoll und kurios in Szene gesetzt, etwa durch rhythmisches Klopfen auf den Instrumenten oder durch gesprochene Wortfetzen als Einleitung und Ausklang.

Die Werke von Arnold Schönberg, dem Erfinder der Zwölftonmusik, waren von Beginn an mit Skandalen verbunden. Dies gilt erstaunlicherweise auch für seine frühen spätromantischen Kompositionen, nicht zuletzt auch für sein Opus 4, die sinfonische Dichtung „Verklärte Nacht“. Basierend auf ein Gedicht von Richard Dehmel, in dem das schicksalhafte Gespräch eines Liebespaars in heller Mondnacht geschildert wird, hatte Schönberg die „Verklärte Nacht“ schon 1899 für jeweils zwei Violinen, Bratschen und Celli übertragen. Erst 18 Jahre später schrieb er die gespielte, knapp halbstündige Fassung für Streichorchester. Heute gilt die „Verklärte Nacht“ als eines seiner populärsten Werke und die in jeder Note perfekte Interpretation des Georgischen Kammerorchesters machte dies auch deutlich. Ganz dicht und ineinander verwoben präsentierte der Klangkörper die sinfonische Dichtung und erhielt dafür großen Applaus in der ausverkauften Stadthalle.

Nachdem die regulären Abonnementkonzerte der Kulturfreunde wegen der Winterpause erst Anfang März fortgesetzt werden, präsentiert die Gesellschaft bereits am 25. Januar zusammen mit dem Forum Junger Musiker ein Sonderkonzert im Markgräflichen Opernhaus. Dort gastiert die österreichische Sinfonietta Baden unter Florian Krumpöck mit Werken von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart.

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13.10.2008

Musikantentum im besten Sinne / Brünner Philharmoniker eröffneten Konzertsaison der Kulturfreunde

Bayreuth. Beste tschechische Tradition in zeitgemäßen Gewand: Mit einem Konzert der Brünner Philharmoniker unter ihrem Chefdirigent Petr Altrichter hat die Gesellschaft der Kulturfreunde in Bayreuth am Montagabend im Großen Haus der Stadthalle die neue Saison eröffnet. Das Orchester, das 2006 sein 50-jähriges Bestehen feiern konnte, gilt zu Recht als einer der bedeutendsten europäischen Klangkörper und als einer der größten dazu.

Eigentlich geht die Historie der Brünner Philharmoniker auf den Komponisten Leos Janacek zurück, der schon in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts das Fundament für das heutige Orchester gelegt hatte. Mit seinen selten aufgeführten vier Lachischen Tänzen zollten ihm die Musiker zu Beginn ihres mährisch-böhmischen Programms Tribut. Unbefangen und gemütvoll spielt der Klangkörper dabei auf. Petr Altrichter, seit 2002 an der Spitze des Orchesters entlockt den Musikern volle warme Klänge ohne allzu großes Sentiment. Klassisch ausgewogen fächert er die Partitur auf und bringt so die prägnanten Motive der vier kurzen folkloristischen Sätze aus der Lachei, der Gegend um Janaceks mährischen Geburtsort, zum Sprechen

Ebenfalls äußerst selten taucht der Name Franz Krommer auf Konzertprogrammen auf, obwohl der 1759 ebenfalls in Mähren geborene Komponist doch fast 100 Streichquartette geschrieben hat. Eine besonders glückliche Hand bewies Krommer allerdings bei seinen Arbeiten für Blasinstrumente, wie das aufgeführte Oboenkonzert F-Dur op. 52 zeigt. Mit Jan Adamus haben die Brünner Philharmoniker einen ausgezeichneten Solisten verpflichtet, der bereits im Mai 2001 im Rahmen der „Musica“ in Bayreuth gastierte.

Adamus versteht es glänzend, die verschiedenen Nuancierungen plastisch herauszuarbeiten und demonstriert dabei brillantes Virtuosentum. Dass der Solist offensichtlich Probleme mit der Feuchtigkeit im Mundstück seines Instruments hatte und während des ruhigen zweiten Satzes mehrfach zur Reinigung ansetzen musste, störte dabei nur am Rande. Makellos stuft Adamus in den schwierigen Läufen des dritten Satzes die Dynamik ab, während er in den ruhigen Passagen mit einem seelenvoll romantischen Ton auftrumpft. Kantable Phrasierungen wechseln sich mit markigen Crescendi ab und die Brünner Philharmoniker begleiten dabei mit tschechischem Musikantentum im besten Sinne.

Leichtfüßig, ohne dick aufzutragen erklingt schließlich auch die Interpretation von Anton Dvoraks 7. Sinfonie d-Moll op. 70. Chefdirigent Altrichter zeigt dabei eine kammermusikalisch transparente Sicht auf Dvoraks 7., die zu unrecht etwas im Schatten der achten und natürlich der berühmten neunten Sinfonie des Komponisten steht. Dvorak hieß auch der Komponist der bestens ausgewählten Zugabe. Einfühlsam und sensibel musizierten die Brünner Philharmoniker den langsamen Satz aus der amerikanischen Suite A-Dur.

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02.05.2008

Untrennbar mit Richard Wagner und Bayreuth verbunden /
Zum 80. Geburtstag von Horst Stein

Vielleicht war es der Höhepunkt im Wirken des Dirigenten Horst Stein, als er am 10. September 1993 zusammen mit „seinen“ Bamberger Symphonikern die neue Konzert- und Kongresshalle „Sinfonie an der Regnitz“ einweihen durfte. Auf dem Programm stand Gustav Mahlers Symphonie Nr. 8 Es-Dur, die „Symphonie der Tausend“. Der damals 65-Jährige stand auf dem Zenit seiner Laufbahn, Ohrenzeugen sprechen noch heute von einer denkwürdigen Aufführung und die Musiker von einem historischen Ereignis. Drei Jahre später, zum 50. Geburtstag des Orchesters am 9. März 1996, bekam Horst Stein den Titel „Ehrendirigent auf Lebenszeit“ verliehen. Schon bald danach nahm er Abschied vom Dirigentenpult in Bamberg und zog sich allmählich aus dem Konzertleben zurück.

Exakt 450 Mal hatte Stein während der drei Jahrzehnte zuvor die Bamberger Symphoniker geleitet, zunächst als Gast, ab 1985 als Chefdirigent. Den Richard-Wagner-Festspielen hatte der als Pragmatiker geltende und ohne irgendwelche PR-Aktivitäten auskommende Maestro zu diesem Zeitpunkt schon den Rücken gekehrt. Mit 138 Aufführungen zwischen 1969 und 1984 gehört Horst Stein dennoch zu den mit am meisten beschäftigten Dirigenten auf dem Grünen Hügel. Außer „Lohengrin“  und dem „Holländer“ brachte er alle für Bayreuth bestimmten Werke Richard Wagners zur Aufführung.

Schon 1952 war Horst Stein zum ersten Mal in Bayreuth. Er assistierte zunächst Herbert von Karajan, dann Hans Knapperstbusch und Joseph Keilberth. Somit ist die Persönlichkeit Horst Stein für immer untrennbar mit Richard Wagner und den Bayreuther Festspielen verbunden. Doch auch abseits von Wagner war Stein mehrfach in Bayreuth zu Gast und leitete in den 1980er Jahren „seine Bamberger“ bei den Abonnementkonzerten der Gesellschaft der Kulturfreunde im Großen Haus der Stadthalle.

Geboren wurde Horst Stein am 2. Mai 1928 im heutigen Wuppertaler Stadtteil Elberfeld, dem gleichen Ort, in dem 40 Jahre zuvor auch Hans Knappertsbusch das Licht der Welt erblickt hatte. Nach dem Studium in Köln bei dem unvergessenen Günther Wand trat Horst Stein 1947 seine ersten Stellen als Korrepetitor an den Städtischen Bühnen Wuppertal und 1951 als Kapellmeister an der Staatsoper Hamburg an. Vier Jahre später wechselte er an die Staatsoper „Unter den Linden“ nach Berlin, die er 1961 nach dem Bau der Berliner Mauer aus Protest verließ. Mit dem Hinweis auf die „Abschnürung“ Ost-Berlins war Horst Stein nach einer Gastspielreise nicht mehr dorthin zurückgekehrt und hatte in einer ohnehin angespannten Situation auch politisch für großes Aufsehen gesorgt.

Nächste herausragende Station war 1963 die des Operndirektors am Nationaltheater Mannheim, 1969 wechselte er als erster Dirigent an die Wiener Staatsoper. 1972 wurde er wieder nach Hamburg gerufen, diesmal als Generalmusikdirektor. Gleichzeitig gastierte Horst Stein an beinahe allen Großen Opernhäusern und in allen bedeutenden Konzerthallen dieser Welt. Gastspiele führten ihn in die USA, nach Südamerika und nach Japan, wo er später auch zum Ehrendirigent des NHK-Symphony-Orchestras Tokyo ernannt werden sollte. 1980 wurde Horst Stein schließlich als Nachfolger von Wolfgang Sawallisch zum Chefdirigenten des Orchestre de la Suisse Romande in Genf berufen, bis ihn schließlich 1985 der Ruf aus Bamberg ereilte.

Horst Stein gehört einer heute eher seltenen Musikertradition an, die ihr Handwerk „von der Pike auf“ gelernt hatte, auf ein unglaubliches breites Repertoire verweisen konnte und die stets in guter alter Kapellmeistermanier aufgetreten war. Eitelkeiten und Starallüren waren seine Sache nicht, für ihn zählte allein die Partitur. Dennoch verzeichnet der Plattenmarkt eine ganze Reihe herausragender Einspielungen, wie etwa eine Gesamtaufnahme der Symphonien Franz Schuberts und Johannes Brahms oder eine nahezu komplette Edition der Werke Max Regers. Seinen 80. Geburtstag am 2. Mai feierte Horst Stein an seinem Alterswohnsitz in der Nähe von Genf, leider nicht bei bester Gesundheit, wie aus dem Umfeld zu erfahren war. Im Foyer der Bamberger Konzert- und Kongresshalle erinnert seit 1993 ein großformatiges Portrait des Bamberger Malers Michael Cleff an den großen Dirigenten.

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04.06.2008

Stars und Hits vor ernstem Hintergrund / Über ein dutzend namhafter Showstars engagierte sich mit fulminantem vierstündigem Programm für den schwerkranken Tenor Peter Hofmann

Wunsiedel. Es ist einer der anrührendsten Momente der vierstündigen Peter-Hofmann-Charity-Gala auf der Luisenburg: Ein Kurzfilm zeigt den Startenor mit seiner damaligen Ehefrau Deborah Sasson im Duett, die Einspielung wird ausgeblendet und die Sopranistin singt alleine live auf der Bühne weiter. Peter Hofmann selbst konnte nicht kommen, nicht einmal als Zuhörer. Sein Gesundheitszustand, so heißt es, mache dies unmöglich.

Kaum zu glauben, dass der einst weltweit gefeierte Heldentenor, Rockstar, Fallschirmspringer und aktive Zehnkämpfer aufgrund seiner heimtückischen Krankheit vom Schicksal so gebeutelt wurde, dass ganz offensichtlich kein Kontakt mehr zur Außenwelt möglich ist. Filmeinspielungen aus den achtziger Jahren zeigen den blonden Hünen auf der Höhe seiner Zeit und mit den ganz großen dieser Welt: Leonard Bernstein, Richard Burton und Mick Jagger. Unfassbar, dass der einstige Opernstar kein Geld mehr hat, doch unermesslich hohe Behandlungskosten haben offensichtlich alles aufgezehrt.

Fast wie ein kleines Wunder scheint es da, dass es in der flüchtigen Welt des Showbusiness noch so etwas wie Solidarität und Zusammenhalt gibt und sich Stars aller Genres stundenlang dafür hergeben, Geld für Peter Hofmann zusammenzutrommeln. Fast alle haben einen persönlichen Bezug zu ihm. Johnny Logan, der unumstrittene Abräumer des Abends, bezeichnet ihn als Freund, den er damals über die gleiche Plattenfirma kennen gelernt hatte. Stimmungskanone Tony Marshall versichert glaubhaft, dass er auch zum Nordpol geflogen wäre, um etwas für Peter Hofmann zu tun. Synthesizer-Legende Harold Faltermeyer, der mit Peter Hofmann mehrere Alben produzierte, bezeichnet ihn bereits zuvor als größten Tenor aller Zeiten und Ex-Ehefrau Deborah Sasson, die von 1983 bis 1990 mit Peter Hofmann verheiratet war, berichtet Positives von einem Besuch am Nachmittag. „In einer Zeit, in der ewige Jugend angesagt ist wollen wir Öffentlichkeit herstellen und auf ein Schicksal aufmerksam machen“, so der Entertainer Michael Schanze. Trotz der fulminanten Gala erinnert Schanze immer wieder an den ernsten Anlass. „Wir wollen uns um das Thema nicht herummogeln“, sagt er, als er Rudolf Leipold vorstellt, einen Parkinson-Betroffenen, der dem Auditorium offen von seiner Krankheit erzählt. Peter Hofmann sei der erste Promi gewesen, der sich öffentlich zu Parkinson bekannt hatte. Der bayerische Barde Fredl Fesl und Kabarettist Ottfried Fischer seien gefolgt. In Amerika gehe man offener damit um, sagte er mit Blick auf Muhammed Ali, Michael J. Fox, Audrey Hepburn oder Johnny Cash. Leipold berichtete von 250000 Betroffenen in Deutschland, die allesamt große Hoffnungen auf die Stammzellenforschung setzten. Doch dazu müsse nicht nur der Wille der Öffentlichkeit, sondern auch viel Geld vorhanden sein.

Das Schicksal des Startenors, dem es dem Vernehmen nach nicht nur wegen seiner Parkinson-Krankheit wirklich schlecht gehen soll, war auf jeden Fall ein typischer Fall für den Promi-Golfclub „Eagles“: Der lockere Zusammenschluss von Stars aus Gesellschaft, Sport und Showbusiness versammelte mehr als ein Dutzend Stars der nationalen und internationalen Schlager- und Popszene für die Wohltätigkeitsveranstaltung. „Es ist seit Jahren eine gute Tradition, dass sich Stars bei uns für eine gute Sache engagieren“, sagte Manfred R. Müller, Präsident des Golfclubs Fahrenbach und Fördermitglied der „Eagles“. Die Stadt Wunsiedel hatte dazu die Luisenburg mietfrei zur Verfügung gestellt und sämtliche Stars traten ohne Gage auf.

Trotz des ernsten Hintergrundes ist die Gala allerdings auch auf musikalischem Gebiet ein einmaliges Ereignis. Vermutlich werden die Künstler nie mehr in dieser Zusammensetzung auftreten. Die ungewöhnliche Bandbreite reicht dabei von der klassischen Musik bis hin zu Pop und Schlager. Für die so genannte E-Musik stehen neben Deborah Sasson, die über die vier Stunden verteilt eine unglaubliche Bühnenpräsenz an den Tag legt, auch der Dredener Bassbariton Gunther Emmerlich und der stimmgewaltige Tenor Bernhard Hirtreiter. Für internationalen Glanz sorgt der dreifache Grand-Prix-Gewinner Johnny Logan aus Irland. Er reißt das Auditorium nicht nur mit seinen Hits wie „Hold me now“ oder „What´s another year“ von den Stühlen, sondern auch mit einem umwerfenden Elvis-Medley und einer schier unübertrefflichen Komik. Harold Faltermeyer („Axel F.“) hatte seine Neuentdeckung Regine Sauter mitgebracht, die im Sarah-Connor-Stil drei neue Titel vorstellt. Deutsche Schlagertradition verkörpern Ireen Sheer und Tony Marshall. Er ist der einzige, bei dem zumindest drei Titel lang die Musik vom Band kommt, alle anderen wurden vom fabelhaft aufspielenden Dirk-Jecht-Orchester, vom versierten russischen Pianisten Iwan Urwalow und den Streicher der „Konzertanten“ unter der Leitung des namhaften Dirigenten und Arrangeurs Peter Moss begleitet. Fast hätte man ihn vergessen: Auch DSDS-Teilnehmer Daniel Küblböck steuert in gewohnter Manier drei Titel aus seinem „Jazz- und Country-Programm“ bei. Schillernd besetzt ist schließlich auch das Auditorium. Unter den knapp 1500 sind unter anderem Peter Hofmanns Ehefrau Sabine, TV-Mann Peter Bond, Schauspieler Arthur Brauss, die Diskuslegende Lars Riedel, Sibylle Beckenbauer und natürlich Luisenburg-Chef Michael Lerchenberg. 

Bilder:
1. von links: Tony Marshall, Sabine Hofmann, Gunther Emmerlich, Ireen Sheer, Daniel Küblböck, Deborah Sasson und Bernhard Hirtreiter.
2. Sabine Hofmann und Deborah Sasson.
3. Deborah Sasson

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20.04.2008

Ausblick auf ein himmlisches Wiedersehen: Kantorei St. Bartholomäus führte Bachs Oster- und Himmelfahrtsoratorium auf

Pegnitz. Mit dem Oster-Oratorium (BWV 249) und dem Himmelfahrtsoratorium (BWV 11) hat die Pegnitzer Kantorei St. Bartholomäus am Sonntag „Kantate“ die bisherigen Aufführungen der Evangeliumsvertonungen von Johann Sebastian Bach abgerundet, die vom Weihnachtsoratorium über die Johannespassion bis hin zu Ostern und Himmelfahrt reichen. Unter der Gesamtleitung von Jörg Fuhr harmonierten die Pegnitzer Kantorei, das Breslauer Instrumentalensemble und die vier Gesangssolisten in hervorragender Art und Weise und sorgten für einen eindrucksvollen musikalischen Frühlingsauftakt in der St. Bartholomäuskirche.

Sowohl das Oster-Oratorium „Kommt, eilet und laufet“ als auch das Himmelfahrtsoratorium „Lobet Gott in seinen Reichen“ ist wesentlich kürzer als die großen Passionsoratorien Bachs, da sie relativ wenig biblischen Text zur Grundlage haben. Das ökonomisch angelegte Oster-Oratorium ist etwa dem biblischen Bericht Lukas 24 angelehnt und mit einer knappen Stunde Spieldauer nicht wesentlich länger als eine durchschnittliche Kantate. Die Aufführung der Pegnitzer Kantorei am frühen Sonntagabend in der gut besuchten St. Bartholomäuskirche machte dennoch deutlich, dass es sich um zwei besonders repräsentative und klangvolle Werke Bachs handelt, die der Komponist selbst deutlich von seinen Kantaten abgegrenzte.

Großartig fällt gleich zu Beginn die Darstellung des Eilens und Laufens im ersten Vokalsatz des 1725 entstandenen Osteroratoriums aus. Sie gibt in hervorragender Art und Weise die frohe und heitere Stimmung wider, mit der Petrus und Johannes zum Grab eilen, weil sie gehört haben, dass der Leichnam Jesu verschwunden sei. Dort finden sie nur noch das Grabtuch vor und schöpfen daraus die Hoffnung, selbst zum ewigen Leben erweckt zu werden. Nach zwei einleitenden Instrumentalstücken und einem Eingangschor wechseln sich die vier Vokalsolisten in den sieben Nummern ab, ehe ein mächtiger Abschlusschor stimmgewaltig Lob, Preis und Dank verkündet.

Ein noch ein Stück weit festlicherer Charakter herrscht im Himmelfahrtsoratorium vor, das als zentrales Thema die frohe Botschaft von der Wiederkehr Jesu hat. Der Tod hat ausgespielt, die Macht des Bösen ist ein für alle Mal gebrochen. Diese Botschaft soll von dem Werk ausgehen, bei dem das Lukas- und das Markusevangelium sowie ein Stück weit die Apostelgeschichte Pate standen. In dieser Komposition sind auch Anleihen aus dem Weihnachtsoratorium und Anklänge an die h-Moll-Messe zu finden. Im Mittelpunkt des Werkes steht im Gegensatz zum Oster-Oratorium wieder ein Choral, das Himmelfahrtsoratorium schließt mit dem Ausblick auf ein himmlisches Wiedersehen.

Einmal mehr konnte Kantor Jörg Fuhr für die Solopartien gewohnte vorzügliche Stimmen finden. In ihren Arien tadellos, durchwegs textverständlich und angenehm timbriert agieren die junge souveräne polnische Sopranistin Marzena Lubaszka, die stimmgewaltige Altistin Margot Diefenthal, der routinierte Tenor Hannes Böhm und der wohlklingende Bass Florian Herrmann. Denkbar schlank und durchsichtig sowohl in der polyphonen Stimmführung als auch in den Chorälen überzeugt auch wieder die von Jörg Fuhr glänzend einstudierte Kantorei St. Bartholomäus mit einem stets homogenen, kompakten und runden Klang. Im Oster-Oratorium hat der Chor allerdings naturgemäß wenig zu singen, denn entgegen sonstiger kompositorischer Gepflogenheiten Bachs gibt es dort ausnahmsweise keinen einzigen Choral. Umso eindrucksvoller erklingt dafür der große, zentrale Choral des Himmelfahrtsoratoriums „Nun lieget alles unter dir“. Außerdem hatte Fuhr zwischen die beiden Oratorien die vierstimmige Mottete „Lobet den Herrn, alle Heiden“ (BWV 230) gesetzt, in der der Klangkörper noch einmal gesondert sein Können unter Beweis stellen durfte.

Das Ensemble Harmonologia Breslau, das schon mehrmals in Pegnitz zu Gast war und die Kantorei begleitet hatte, musizierte unter der Leitung von Kantor Fuhr im historisch angelehntem Originalklang. Auch diesmal findet der Klangkörper wieder die richtige Balance zwischen der bedeutungsschweren Handlung und ihrer freundlichen positiven Grundstimmung. Deutlich wird dies durch das leichte und beschwingte Aufdecken polyphoner Strukturen, einer stets transparenten und flotten Musizierart und der souveränen Leitung von Kantor Jörg Fuhr.

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08.04.2008

Voller Extreme aber ohne falsches Pathos Bamberger Symphoniker unter Jonathan Nott gastierten mit Mahlers 9. Sinfonie bei den Kulturfreunden

Bayreuth. In gewisser Art und Weise ist Gustav Mahlers 1908 und 1909 entstandene 9. Sinfonie ein Schritt zurück: Kein Chor, keine Solostimmen, allenfalls das Riesenorchester ist geblieben. Dennoch ist das Werk wie kein anderes des Komponisten voller emotionaler Exzesse, bitterer, zweifelnder und ironischer Anklänge, und es dauert: fast eineinhalb Stunden. Das ist auch der Grund dafür, dass der Sinfonie beim vorletzten Abonnementkonzert der Kulturfreunde in der laufenden Saison am Dienstagabend in der Stadthalle mit den Bamberger Symphonikern unter Chefdirigent Jonathan Nott keine zweite Komposition zur Seite gestellt wurde.

Langsam, aber nicht schwerfällig geht Nott das riesige Werk ganz vom Geist der Kantabilität getragen an und er lässt es im finalen Adagio auch so ausklingen. Fast bleibt die Musik stehen, aber eben nur fast. Für den Zuhörer wird es in der stets überaus detailgetreuen Interpretation der Bamberger nachvollziehbar, wie einzelne Melodien entstehen und organisch heranwachsen. Kammermusikalische Strukturen werden hörbar, Farben und Schattierungen erlebbar.

Der Klangkörper stellt auf wunderbare Art und Weise die lyrische Linie und den Sinneszusammenhang von Mahlers aufwühlendem Abschiedsepos heraus. Die substantielle Schönheit und innere Abgeklärtheit der Ecksätze lassen die Symphoniker vollends entfalten, ohne jemals aufgesetzt zu wirken oder falsches Pathos zu platzieren. Auswendig dirigierend trifft Jonathan Nott, der in der Vergangenheit immer wieder als Mahler-Dirigent für Furore sorgte, den Gestus der Musik, die mit ihrer Mischung aus Abschied, Charme und Ironie fasziniert.

Der Maestro lässt den ersten Satz in seiner ganzen Kantabilität natürlich fließen, wobei das Wechseln der Klangfarben wunderbar transparent erfolgt und die emotionale Tiefe des Werkes vom ersten Takt an deutlich wird. Grob und bizarr erklingt der Ländler des zweiten Satzes, aufs äußerste differenziert das Rondo des dritten Satzes. Lyrisch fließend und unprätentiös erklingt schließlich der Adagio-Schlusssatz mit seinem Atem beraubenden stillen Ende. Trotz aller extremen Gefühlswelten bleiben Ruhe und Gelassenheit zurück, so dass die Zuhörer zunächst mit ergreifender Stille, dann mit zögerlichem aber schließlich umso heftigerem Applaus und Bravorufen auf den außergewöhnlichen Abend in der fast ausverkauften Stadthalle reagieren.

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16.03.2008

Sensibel,  empfindsam und emotional / Gelungene musikalische Einstimmung auf die Karwoche: Pergolesis Stabat Mater in der St. Bartholomäuskirche

Pegnitz. Das Leid der Mutter angesichts der Kreuzigung ihres Sohnes: Kaum ein Motiv hat die Schöpfer geistlicher Musik so angeregt wie dieses Bild. Ein, auch nach Jahrhunderten noch herausragender Geniestreich ist dem Neapolitaner Giovanni Battista Pergolesi mit seinem weit voraus weisendem Stabat Mater gelungen. Nur ganz wenige Komponisten haben darüber hinaus mit zwei so unterschiedlichen Werken, wie der heiteren Oper „“La serva padrona“ („Die Magd als Herrin“) und der Vertonung des spätmittelalterlichen Stabat-Mater-Textes so viel Bedeutung erlangt, wie der allzu früh verstorbene Pergolesi.

Beim Passionskonzert der Kantorei St. Bartholomäus am Sonntag in Pegnitz war der visionäre Ausblick auf den frühklassischen Stil und eine der sinnlichsten Kompositionen im Umfeld des Osterfestes wieder einmal in der Region zu hören. Überaus sensibel, aber auch glänzend disponiert führte das Amabile-Quintett aus Nürnberg mit Kantor Jörg Fuhr am Orgelportativ das Werk auf. Pointiert in der Artikulation und mit gestalterischer Kraft setzten die Musiker auf ruhige Tempi und unaufgeregte Dynamik. Das Streichquintett warf zusammen mit Fuhr einen empfindsamen Blick auf die empfindsame Komposition und traf die spezifisch italienische Aura Pergolesis als auch dessen Verweis auf die frühklassische Stilistik. Sie ist es gerade, die das 1736 entstandene Werk so überaus besonders macht. Dies gelingt unter anderem durch die Aufwertung des instrumentalen Geschehens weg von der reinen Begleitung hin zum eigenständigen Part mit seiner häufigen Wiederholung kurzer melodischer Bausteine und einer durchhörbaren Gliederung der Motivik.

Perfekt miteinander harmonierten die beiden gut disponierten Solistinnen, die Sopranistin Carolin Axmann und die Altistin Bernadetta Michaldo-Fuhr. Sowohl in den Duetten, als auch in den jeweiligen Solopartien verfügten beide über ein weites musikalisches Ausdrucksspektrum. Mit leichtem Vibrato in Momenten großer Intensität und einem zart gehauchten Piano in den emotionalen Stellen des rund einstündigen Werkes wusste Carolin Axmann ihre Partie strahlend, durchschlagskräftig und effektvoll auszugestalten. Souverän zwischen Nüchternheit und Eleganz in der Tongebung und akzentreich in der Dynamik agierte Bernadette Michaldo-Fuhr. Zwecks der Textverständlichkeit waren im Programmblatt sowohl der lateinische Originaltext, als auch eine deutsche Übersetzung ausgedruckt.

Vor Pergolesis Stabat Mater hatte Kantor Fuhr Claudio Monteverdis „Marienklage“ gesetzt, ein etwa zehn Minuten dauernder geistlicher Klagegesang für Altstimme und Orgel, der eine Wiedergabe in beinahe meditativer, kammermusikalischer Intensität erfuhr. Zu Gunsten einer eher gedämpften Ausdruckssensibilität nahm die Solistin dabei jedes Pathos zurück. Musiziert wurde an der großen Orgel, die Altistin sang von der Empore. Kantor Fuhr hatte bei der Komposition auf eine Bearbeitung des zeitgenössischen Komponisten Helmut Bornefeld zurückgegriffen, der Monteverdis Marienklage mit kurzen Orgelzwischenspielen sinnvoll und ganz und gar nicht aufdringlich ergänzt hatte. Statt Applaus stand zum Auftakt der Karwoche diesmal  ein nicht minder beeindruckendes Schweigen am Ende des Konzertes, mit dem sich das Publikum stehend für die intensive musikalische Darbietung in der stellenweise von der Abendsonne eindrucksvoll durchfluteten Bartholomäuskirche bedankte.

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11.02.2008

Strahlend, schlüssig und schön / Vom Impressionismus zurück in die Romantik: Bamberger Symphoniker unter chinesischer Stardirigentin Xian Zhang

Bayreuth. Der Fasching ist vorbei und die Kulturfreunde halten wieder Einzug in die Bayreuther Stadthalle. Zum ersten Abonnement-Konzert des laufenden Jahr hatte die Staatsphilharmonie der Bamberger Symphoniker mit Xian Zhang gleich eine Überraschung am Dirigentenpult parat. Wer sich mit chinesischen Vornamen nicht auskannte, weiß spätestens seit Montagabend, dass Xian eine Dame ist. In ihrer Heimat gilt die 32-Jährige als Stardirigentin, nachdem sie mit ihrem breiten Repertoire bereits alle großen Orchester in den USA und viele in Europa geleitet hatte. Mit dem jungen russischen Trompeter Sergej Nakariakov stand ihr ein Senkrechtstarter zur Seite, der bereits als einer der ganz Großen der Trompetenzunft gehandelt wird und sich auf vielen renommierten Festivals einen Namen machen konnte.

Doch vor dem virtuosen Trompetenkonzert haben die Symphoniker mit Claude Debussys „Prelude a l´ apres-midi d´un faune“, dem „Nachmittag eines Fauns“ bestechend schöne Orchesterartistik in der Sprache des Impressionismus gesetzt. Die junge Dirigentin ist eine recht genaue Zeichnerin, Debussys herausragende Komposition bekommt ganz klare, gut durchhörbare und schlüssige Umrisse. Der Orchesterklang ist brillant und kräftig und trotz der ganz offensichtlich überaus peniblen Einstudierung kommt durchaus auch ein Gefühl der Spontaneität auf.

Im Trompetenkonzert As-Dur des 1920 geborenen armenischen Komponisten Alexander Arutjunjans zeigt der junge Virtuose Sergej Nakariakov ganz deutlich auf, dass er herausragende technische und musikalische Fähigkeiten besitzt und zu Recht als Weltklasse-Solist gilt. Er entwickelt seinen plastischen und enorm strahlenden Ton ohne erkennbare Anstrengung und meistert die vielen lyrischen Kantilenen atemberaubend schön. Beflügelnd wird Nakariakov dabei von den Bamberger Symphonikern in der gemäßigt spätromantischen Tonsprache begleitet, wobei die Dirigentin vor allem auf den ausgeprägten melodischen Erfindungsgeist und die Verschmelzung von Folklore und Tradition in der viel zu selten gespielten Komposition setzt.

Als Inbegriff musikalischer Romantik erklang im zweiten Teil Robert Schumann 4. Sinfonie d-Moll op. 120 in einer früheren Fassung, zwar nicht attaca ineinander übergehend, aber doch ohne Satzpausen. Klassisch heiter und strahlend hell, mit diesen Adjektiven ist sowohl die Symphonie, als auch die Interpretation der Bamberger Symphoniker am treffendsten charakterisiert. Großes Format erreichen Xian Zhang und das Orchester im atemberaubenden Allegro vivace des ersten Satzes sowie im Brillant-Feuerwerk des Schlusses. Emotional ausgekostet wird dabei auch der langsame Satz mit seinen breit ausladenden Themen, wobei die Dirigentin auf eine in sich geschlossene Interpretation setzt. Die Bamberger musizieren diesen Schumann trotz des durchwegs flotten Tempos überhaupt äußerst konzentriert und virtuos, aber niemals allzu routiniert. Niemand merkt es den Musikern an, dass der Bayreuther Auftritt nach einer kleinen Tournee über Schweinfurt, Fürth und schließlich Bamberg schon der vierte Abend in Folge mit dem gleichen Programm ist, bei dem sich das Publikum in der nicht ganz ausverkauften Stadthalle am Ende mit großem und lang anhaltendem Applaus bedankt.

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09.01.2008

Familientreffen mit Feuer und Fingerspitzengefühl / Beste Werbung für die Blasmusik: Stadtkapelle Kulmbach unter Thomas Besand beim traditionellen Neujahrskonzert

Kulmbach. Eine Reise durch Zeit und Raum, durch die Welt und die Jahrhunderte, oder ganz einfach ein Familientreffen: Das alljährliche Neujahrskonzert der Stadtkapelle Kulmbach ist immer beides zugleich. Am Dienstagabend hatten es die 50 Musiker unter ihrem Dirigenten Thomas Besand in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle wieder einmal geschafft, ihr Publikum vollends zu begeistern, beste Werbung für die Blasmusik zu machen und die große Bandbreite von traditioneller Marschmusik über konzertante Blasmusik bis hin zu Swing, Musical und Filmmelodien aufzuzeigen.

Besand leitete das Konzert zum 17. Mal seit 1992 in Folge und einmal mehr dirigierte er das über zweieinhalbstündige Programm komplett auswendig Sämtliche Stücke hatten die Musiker im Alter zwischen 12 und 77 Jahren übers Jahr hinweg vorbereitet, nach der Sommerpause intensiv einstudiert und bei einem Probenwochenende Ende November in Wunsiedel noch einmal vertieft. Diesmal hatte Besand viele Stücke ausgewählt, die selten zu hören sind, die nicht jedes Blasorchester in seinem Repertoire hat und die gleichzeitig „das gewisse Etwas“ besitzen. Neben dem Neuen kam aber auch das Bewährte nicht zu kurz. So zum Beispiel der „Schönfeld-Marsch“ von Carl Michael Ziehrer, der erste Marsch, den Besand 1983 selbst als Mitglied der Stadtkapelle mit einstudiert und aufgeführt hatte. Gemächlich im Tempo und routiniert im Dirigat erklang Franz von Suppes Ouvertüre „Leichte Kavallerie“ mit einem besonders gelungenen Trompetensatz.

Schon im vergangenen Jahr mit von der Partie war der junge Kulmbacher Trompeter Peter Weiß, Student an der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen. Mit dem Bravourstück „Der Karneval von Venedig“ von Jean-Baptiste Arban, bekannt auch als Paganini-Variationen oder unter dem volkstümlichen Titel „Mein Hut, der hat drei Ecken“, wusste der versierte Solist auch diesmal das Publikum mit den beinahe unzähligen Staccati in seinen Bann zu ziehen, belohnt wurde er dafür mit reichlichem Szenenapplaus.

Bei der Hymne und dem Triumphmarsch aus der Oper „Aida“ von Giuseppe Verdi waren wieder die Trompeter besonders gefragt, aber auch das fünfköpfige Schlagwerk. Unter der Leitung des Vizedirigenten Werner Schneider erklang diesmal die spanische Ouvertüre „Alcazar“ des niederländischen Komponisten Kees Vlak und Norbert Gälles „Böhmischer Traum“, eine Komposition die in der Tradition eines Ernst Mosch steht und der die Stadtkapelle ihren eigenen Stempel aufdrückte. Beide musizierte die Stadtkapelle absolut transparent, homogen und exakt.

In memoriam seines großen dirigentischen Vorbilds, des 2007 verstorbenen Musikschaffenden Günther Weiß, der alljährlich eigens aus dem Oberbayerischen zu den Neujahrskonzerten der Stadtkapelle angereist war, hatte Dirigent Besand die große Konzertouvertüre „Marinarella“ von Julius Fucik ausgewählt. Dieses wohl längste Stück des Abends gingen Besand und seine Musiker mit Feuer und akribischer Präzision, aber durchaus  auch mit Fingerspitzengefühl an. Den unterhaltsamen Teil eröffnete in diesem Jahr ein Potpourri aus dem Musical „My fair Lady“ von Frederick Loewe, gefolgt von Richard Rodgers Musicalmelodie „The Lady is a tramp“, die Frank Sinatra einst berühmt gemacht hatte. Von dem Briten John Barry stammen die bekannten Melodien aus der „James-Bond-007-Selection“. „All time high“ oder „For your eyes only“ heißen die Titel, die es bis in die Popcharts gebracht hatten und als spektakulären Schluss des Medleys ließ die Stadtkapelle die berühmte „Goldfinger“-Melodie erklingen. Hier war das Schlagwerk gefordert, genauso wie Hörner und Trompeten. Schwierige Taktwechsel und eine sich immer wieder aufs neue verändernde Dynamik machten den unberechenbaren Charakter von „Mister Goldfinger“ deutlich, was für die Musiker der Stadtkapelle alles kein Problem ist, zumal diese Filmkomposition am besten die Vielseitigkeit konzertanter Blasmusik aufzeigt und deutlich macht, worin musikalisch der Reiz moderner Blasmusikkompositionen liegt.

Mit dem Marsch „Götterfunken“, eine erklärte Lieblingskomposition Besands ging nur der offizielle Teil des von Karl Heinrich Backert unterhaltsam und lehrreich moderierten Konzertes zu Ende. Als Zugabe hatte die Stadtkapelle diesmal den Marsch „Hoch Heidecksburg“ und einer guten Tradition folgend den „Radetzky-Marsch“ ausgewählt. Zuvor wurde Hermann Stübinger aus Melkendorf geehrt. Wenn er auch diesmal nicht mitmusizieren konnte, so gehört er dennoch seit 60 Jahren zur Stadtkapelle und gilt als Meister seines Faches, als gute Seele des Vereins sowie als unkopierbares Original.

Bilder: Die Stadtkapelle Kulmbach unter ihrem Dirigenten Thomas Besand sorgte beim traditionellen Neujahrskonzert am Dienstagabend in der Dr.-Stammberger-Halle für wahre Begeisterungsstürme.

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05.01.2008

Von Bach bis Buena Vista: Latinformation „Banda do Patio“ und die Hofer Symphoniker entfachen Beifallsstürme

Kulmbach - Heiße Rhythmen, beschwingter Jazz und tänzerischer Swing: zu einem etwas anderen Neujahrskonzert hatten die Hofer Symphoniker zusammen mit der Formation „Banda do Patio“ am Freitag eingeladen. Lateinamerikanischer Schwung statt Wiener Walzerseligkeit zum Neuen Jahr, so lautete das Motto und das Publikum in der ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle dankte mit wahren Begeisterungs- und Beifallsstürmen.

Schon der Bühnenaufbau verrät es: das wird kein „normales“ Neujahrskonzert. Mischpulte inmitten des Publikums, ein riesiges Drumset auf der Bühne, jede Menge technisches Gerät drumherum und ein Orchester, das ganz nach hinten versetzt wurde. Solopauker Claudio Estay und Solotrompeter Peter Lawrence, beide Mitglieder der Hofer Symphoniker, hatten zusammen mit dem Dirigenten Roger Boggasch ein ungewöhnliches Konzept mit Musik von Bach und Händel bis Louis Armstrong und Glenn Miller entworfen, das in erster Linie auf das  Zusammenspiel von klassischem Orchester und einer Jazz-, Swing- und Latin-Formation beruht.

Die Rechnung ging vollends auf, in jedem Stil absolut sicher und engagiert agierten die vielseitigen Musiker der Hofer Symphoniker und der Formation „Banda do Patio“, die sich im Wesentlichen aus Orchestermitgliedern zusammensetzen. Claudio Estay (Schlagzeug), Peter Lawrence (Trompete), Kim Barth (Saxophon), Christy Belicki (Posaune) sowie Pit Uhden (Klavier), Stefan Engels (Bass) und Lennart Seydewitz (Gitarre und Gesang), sie alle sind absolute Könner und wahre Meister ihres Faches und hätten den Abend auch alleine bestreiten können. Doch gerade das Zusammenspiel mit dem Orchesterapparat machte den besonderen Reiz dieses ungewöhnlichen Neujahrskonzertes aus.

So leiten an diesem Abend die berühmten Paukenschläge Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium ein, doch statt eines Chores jauchzen und frohlocken die swingenden Blechbläser. Wie vor fast 300 Jahren Tanzmusik klang, erläutert Dirigent Roger Boggasch an Georg Friedrich Händels Feuerwerksmusik, um gleich danach einen Zeitsprung in die späte Romantik zu Anton Dvoraks bekannter Slawischer Tanz in g-Moll zu starten. Das Largo aus Anton Dvoraks 9. Symphonie hat Peter Lawrence zu seinen „New World Variations“ umgearbeitet, indem die wunderschöne Melodie zunächst auf dem Englischhorn, dann auf Saxophon, Trompete und Posaune und schließlich in bester Dixieland-Manier von allen zusammen spielen lässt. Aus dem Neujahrskonzert ist längst eine unterhaltsame Musikstunde geworden, Dirigent Roger Boggasch wird zum Conferencier und die Musiker der „Banda do Patio“ bei Glenn Millers „In the mood“ zur perfekten Big Band.

Als einer der Höhepunkte des zweiten Teils darf sicherlich Jerry Hermanns Titelmelodie aus dem Musical „Hello Dolly“ gelten, das Multitalent Roger Boggasch in bester Louis-Armstrong-Manier singt und dafür jede Menge Bravorufe erntet, genauso wie Lennart Seydewitz, der den Latinklassikers „Girl from Ipanema“ intoniert. Mit „Phoenix Cumbia“ stehen an diesem Abend auch indianische Rhythmen auf dem Programm und mit „Dos Gardenias“ ein Lied, das durch den Film „Buena Vista Social Club bekannt wurde. Noch lange im Ohr werden schließlich die Zugaben bleiben, denn ganz ohne Wiener Walzerseligkeit ging es dabei dann doch nicht, auch wenn Dirigent Boggasch, der zwischenzeitlich sogar als Posaunist aufgetreten ist, die Rituale des traditionellen Wiener Neujahrskonzertes gehörig aufs Korn nimmt. Die schöne blaue Donau und der Radetzky-Marsch gehören einfach dazu, wenn dabei auch außergewöhnliche Instrumente wie etwa Sambatrommeln zum Einsatz kommen und das Ganze nur in den ersten Takten so klingt, wie es der Hörer gewohnt ist.

Bilder:
1. Da staunen sogar die Orchestermusiker der Hofer Symphoniker: Dirigent Roger Boggasch legte ein fetziges Posaunen-Solo aufs Parkett.
2.
Stilsicher in allen Richtungen: die Latinformation „Banda do patio“ mit Kim Barth, Pete Lawrence, Christy Belicki, Dirigent Roger Boggasch an der Posaune und Lennart Seydewitz (von links).

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16.12.2007

„Jauchzet, frohlocket!“: Barocker Klang in zeitgemäßer Gestaltung / Glanzvolle Aufführung von Bachs Weihnachtsoratorium

Pegnitz. Ein musikalischer Höhepunkt der Vorweihnachtszeit für die gesamte Region war am Sonntag die Aufführung des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach in der St. Bartholomäuskirche. Alle 46 Nummern der vier aufgeführten Kantaten fügten sich nahtlos und in natürlichem Fluss ineinander. Die komplette Aufführung der Kantaten I, II, III und VI durch Kantorei und Jugendkantorei St. Bartholomäus sowie das Ensemble Harmonologia aus Breslau war aufs Beste ausgewogen und unter der Leitung von Dekanatskantor Jörg Fuhr markierten die Ausführenden immer wieder neue Höhepunkte.

Bachs überaus populäre Komposition erzählt die Weihnachtsgeschichte, wie sie im Lukas-Evangelium und teilweise auch im Matthäus-Evangelium nachzulesen ist. Jede der insgesamt sechs Kantaten des Weihnachtsoratoriums hat seinen von den anderen Abschnitten unabhängigen Platz im Kirchengeschehen zwischen Weihnachten und Epiphanias, verstreut über die Festtage zweier Wochen. Die Bestimmung der Kantate, wie sie sich aus der Leipziger Praxis zu Bachs Zeit ergab, bestand darin, im Gottesdienst aufgeführt zu werden. Damit war die komponierte Musik Bestandteil des religiösen Ablaufs und mit diesem unlöslich verbunden.

In Zeiten der modernen Aufführungspraxis und einer unbegrenzten Reproduzierbarkeit von Musik hat sich Bachs Musik freilich von ihrem liturgischen Kontext gelöst. Eine Konzertaufführung, wie die in Pegnitz, fügt das, was zu Bachs Zeiten in der Liturgie verankert und auf mehrere Feiertage verteilt war, zu einem neuen Ganzen zusammen. Das Weihnachtsoratorium hat längst unabhängig von seiner gottesdienstlichen Funktion ein Eigenleben als eigenständiges Oratorium entwickelt. Dekanatskantor Jörg Fuhr hat gut daran getan, die Kantaten vier und fünf wegzulassen, die Aufführung hätte dann statt gut zwei Stunden wohl über drei Stunden gedauert. Eine gute Idee war es trotzdem, nicht wie oft üblich, nur die ersten drei Kantaten aufzuführen, denn durch die sechste Kantate bekommt das Weihnachtsoratorium einen sinnfälligen Abschluss.

Was sich einigermaßen als historisch echt bezeichnen ließe, stellte in der Pegnitzer Aufführung das authentische Klangbild des Ensembles Harmonologia dar. Der Zusammenschluss musizierte perfekt auf teilweise historischen Instrumenten und fing so etwas vom barocken Originalklang Bachs ein. Sehr schön war dies beispielsweise in der stimmungsvollen Passage der langsamen, konzertanten Hirtenmusik zu Beginn der zweiten Kantate zu erleben. Dem Ensemble gelang es unter der Leitung von Jörg Fuhr durchaus auch, den barocken Klang mit lebendiger, zeitgemäßer Gestaltung zu verknüpfen und vor allem mit der einzigartigen Bläservielfalt den verborgenen Geist des Werkes aufzuspüren. Dynamische Differenzierung und polyphone Abläufe kamen bestens zur Geltung, was an der hohen Transparenz liegt, die sowohl Chöre, als auch Instrumentalisten auszeichneten.

An festlichem Schwung und mitreißender Pracht kaum zu überbieten triumphierten Kantorei und Jugendkantorei der Bartholomäuskirche nicht nur in den relativ zügig genommenen prächtigen Eingangschören etwa der ersten und dritten Kantate auf. Vielmehr gelang es den Laiensängern, ihr hohes Niveau während der gesamten vier Kantaten durchzuhalten. Neben den mit natürlicher Frische gesungenen Chorälen waren auch die großen Chorsätze in ihrer Präzision durchwegs bestens gelungen. Im gemischten Choral-Rezitativ „Er ist auf Erden kommen arm“ der ersten Kantate lässt Fuhr anstatt des Soprans sieben Mitglieder der Jugendkantorei singen, eine gelungene Idee, da so der Kontrast zum Bass-Rezitativ noch stärker herauskommt. Insgesamt wirkt die Interpretation nie unangemessen forciert, sondern folgt einfach dem musikalischen Impetus Bachs. Dies wird vor allem im fließenden Gesangstempo deutlich, das alle Empfindsamkeit zulässt aber auf bedeutungsschwangere Theatralik verzichtet.

Trefflich besetzt waren die Partien der Solisten Silke Mändl (Sopran), Margit Diefenthal (Alt), Rüdiger Husemeyer (Tenor) und Michael Lion (Bass), die alle vier ein hohes Niveau erreichen. Eine zentrale Stellung nahm dabei Rüdiger Husemeyer ein, der nicht nur die zum Teil halsbrecherischen Tenorarien, sondern auch die Rezitative des Evangelisten mit lockerer Tongebung und vorzüglich deklamierend sang. Lediglich in den Höhen hatte der Tenor mit zunehmender Dauer der Aufführung seine Probleme Auch dem Alt hat Bach einige eindrucksvolle Höhepunkte wie etwa die Arie „Schlafe, mein Liebster“ in die Partie geschrieben, die Margit Diefenthal ausdrucksvoll und überzeugend interpretierte. Mit seiner Bass-Arie „Großer Herr, o starker König“ sorgte Michael Lion für einen Höhepunkt der Aufführung. Vom Umfang her fällt die Sopranpartie am bescheidensten aus, doch konnte Silke Mändl mit ihrer schlanken Stimme ihren Arien ebenfalls Profil verleihen.

Die Aufführung am Sonntag in der voll besetzten Bartholomäuskirche entließ die Zuhörer nicht nur froh gestimmt in die Weihnachtszeit, sondern hinterließ auch einen überwältigenden Eindruck, was am großen und lange andauernden Beifall deutlich wurde.

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11.08.2005

Molieres „Gaunereien des Scapin“: Irrungen und Wirrungen mit Happy-End / Theatersommer Fränkische Schweiz begeisterte rund 120 Zuschauer im Plassenburg-Festsaal

Kulmbach - Situationskomik, Pantomime und die gekonnte Darstellung der verschiedenstes Charaktere: Dies alles stellte die Schauspielertruppe des Theatersommers Fränkische Schweiz in den Mittelpunkt ihrer Aufführung von Jean-Baptiste Molieres Komödie „Die Gaunereien des Scapin“ am Donnerstagabend auf der Plassenburg.

Weil dieser Sommer kein echter Sommer ist, musste die ursprünglich geplante Freilichtaufführung von der unvergleichlichen Kulisse des Schönen Hofes in den Festsaal der Plassenburg verlegt werden, was sich im Nachhinein freilich als überaus gelungen darstellte. Ohne Bühnenbild und ohne Podest gingen die Schauspieler geradezu auf Tuchfühlung mit dem Publikum und der Zuschauer konnte dank des engagierten Spiels aller Beteiligten das Gefühl bekommen, mitten in der Welt Molieres gelandet zu sein. Die Akteure des Theatersommers sind es freilich längst gewohnt, spontan auf jeden Spielort einzugehen. In ihren bisherigen elf Spielzeiten wurden sie bereits mit ganz anderen Widrigkeiten fertig und kamen deshalb auch in Kulmbach mit dem ungewöhnlichen Aufführungsort bestens zurecht.

Regisseur Jan Burdinski, der gleichzeitig künstlerischer Leiter des Theatersommers ist, erzählt die Geschichte zweier junger Männer aus bestem Haus, die jeweils heimlich zwei angeblich arme Mädchen heiraten. Ihre Väter sind wütend, arbeiten mit allen Tricks, werden am Ende aber dann selbst getäuscht, denn auch die Commedia dell´arte kannte schon ein Happy-End. Ein typischer Moliere also mit ständigen Irrungen und Wirrungen, die sich, wenn auch immer recht umständlich, alle in Wohlgefallen auflösen.

Eine gute Idee hatte Regisseur Burdinski, den Fortgang der Handlung durch die Couplets und Moritaten des Komponisten Jürgen Heimüller aus Ebermannstadt und der beiden Textdichter Rolf Böhm und Jan Burdinski voranzutreiben. Stimmlich bewältigen das die Darsteller bestens und die Handlung gewinnt vor allem an Abwechslung. Überhaupt hatte der Regisseur die Komödie stark bearbeitet, modernisiert und entstaubt, was bei Moliere ja nie schaden kann. Burdinski hat mit seiner Bearbeitung freilich einen absoluten Treffer gelandet.

Zu danken ist dies in erster Linie dem Darsteller Nico Jilka als ausgebuffter Diener Scapin, der die bürgerliche Welt im wahrsten Sinne des Wortes turbulent durcheinander wirbelt. In Auftreten, Mimik, Sprache und all seinen akrobatischen Verrenkungen gibt Jilka seine Paraderolle und führt die Handlung schließlich schlitzohrig einem guten Ende zu. Jilka bezieht auch schon mal den einen oder anderen Zuschauer mit ein und stellt sein Können als hervorragender Stimmakrobat sowie Nachahmer aller nur denkbaren Dialekte unter Beweis. Die anderen Spieler werden deshalb nicht nur wegen des Textbuches mehr oder weniger zu Nebendarstellern degradiert, obwohl sie nicht minder starke Bühnenpräsenz zeigen.

Peter Baumann als Argante und Heijko Bauer als Gerante etwa verkörpern die spießigen Väter polternd, naiv und bauernschlau. Glaubhaft spielen beide das Hin- und Hergerissensein zwischen der Macht des Geldes und der Liebe zu ihren Söhnen und bringen ganz nebenbei auch noch ein gekonntes Fechtduell mit ihren Spazierstöcken auf die Bühne.

Christian Johannsen als Oktave und Andre Fischer als Leandre sind die idealen Gegenparts, junge Lebemänner, die die Sache selbst in die Hand nehmen. Claudia Kurrle und Lenia Burdinski als Cerlinette und Hyacinthe mimen ihre zurückhaltenden, aber auch berechnenden Angebeteten, die der eigentliche Anlass für all die turbulenten Verwicklungen sind. Dazu kommen noch Volker Traumann als hervorragend aufgelegt spielender und nicht minder wirbelnder Sylvestre, sowie Christina Koch in der kleinen Rolle der Norine. Das Publikum honorierte am Ende mit lange anhaltenden Beifall und Bravo-Rufen die hohe schauspielerische Leistung aller Beteiligten.

Molieres „Gaunereien des Scapin“ zeigt der Theatersommer Fränkische Schweiz in dieser Spielzeit nur noch zwei Mal: An diesem Samstag, 13. August, um 17 Uhr im Rathaushof (Ausweichort ist die Aula der Jean-Paul-Schule) in Schwarzenbach an der Saale, sowie am Sonntag, 14. August, um 19 Uhr auf der Burg in Egloffstein.

Bild: Irrungen und Wirrungen: Zwei turbulente Stunden bescherte das Ensemble des Theatersommers Fränkische Schweiz mit Nico Jilka in der Titelpartie seinem Publikum im Festsaal der Plassenburg.

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